1878 / 122 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 May 1878 18:00:01 GMT) scan diff

effsen, daß wir in einer Reihe von Geseßen- derartige Fälle bereits Haben. unächst kommt darauf nihts an, ob man in dem Verbot eines Vereins oder einer Druckschrift eine Maßregel der Exekutive oder der Legiélative guebt; in jedem Falle erscheint die Stellung, welche die Vorlage dem Bundesrathe und dem Reichstage geben will, ?gerecht- fertigt. Wir haben neulich erst bei der Gewerbeordnungs-Novelle bes{lofsen, daß der Bundesrath von einer Reibe von Bestimmungen, die dort über Kinderarbeit in Fabriken u. dergl. getroffen sind, Aus- nahmen beschließen kann, daß aber diese usnahmebes{lüsse des Bundesraths dem Reichstage vorgelegt werden müssen, und wenn der Reichstag seine Genehmigung versagt, außer Kraft zu seßen sind. Ganz mit denselben Worten, wie dort, haben wir die Sache hier in der Vorlage geordnet. Es liegt also ein Verstoß gegen die Verfassung, wie der Hr. Abg. Windthorst gemeint hat, keincêwegs vor. Meine Herren, ih gestatte mir, da ich hier vom Bundesrathe spreche, noch eine thatsächliche Berichtigung dessen, was Hr. von Bennigsen gestern angeführt hat. In dieser Beziehung ist {on gestern festgestellt worden, daß die Vertagung des Bundesraths während einer gewissen Zeit im Jahre kein Hinderniß bilden würde, ihm die Funktionen zu seben, die das Gesetz ihm geben will. Aber au die Zahl von 58 inistern, Ge- sandten und hohen Beamten, die der Hr. Abg. von Bennigsen hier gewissermaßen wie ein Schreckbild vorgeführt hat, ist, wenn O e bei Lille besieht, m@t o s{blimm. Die Zahl von 58 Stimmen ist allerdings das Marimum der Zahl der Bevollmächtigten. Es kann jeder Staat so viel Bevollmächtigte ernennen, äls er Stimmen führt, und es ist davon auch Gebrauch gemacht; aber es bedarf keineswegs der An- wesenheit dieser 58 Bevollmächtigten, um die volle Zahl der Stim- men abzugeben. Denn die Gesammtzahl der Stimmen, die ein Staat hat, wird immer nur von Einem Bevollmächtigten «eführt. Die Abgabe der 17 preußischen Stimmen z. B. geschieht und kann nur gesehen dur einen einzigen Bevollmächtigten. Dazu kommt, daß die Staaten, deren stimmführende Bevollmächtigte nit ständig hier in Berlin wohnen, durch Substituirung den hier ständig wohnenden Bevollmächtigten eines anderen Staates mit Abgabe ihrer Stimme beauftragen können. Hierdurch gestaltet sich das zer- hältniß faktisch so, daß in der Zeit, in welcher der Bundesrath nicht vollzählig versammelt ist, die Anwesenheit von 9 Mitgliedern erforc- derlich ist und genügt, um die Gesammtheit der 58 Stimmen zu repräsentiren.

Hierauf führte der Abg. Graf Moltke aus:

Meine Herren! Jch wünsche aufrichtig, daß die geehrten Mit- glieder, die gestern und heute die Regierungsvorlage bekämpft haben, nicht allzu bald in die Lage gerathen mögen, eben dieses Geseß oder ein ähnliches, vielleiht ausgestattet mit noch größeren Beschränkungen, felbst von der Regierung zu verlangen. Es mag ja sein, daß die Vorlage an manchen Punkten einer Verbesserung bedarf, daß manche Paragraphen geändert werden müssen; aber die Ueberzeugung scheint mir do allgemein Plaß gegriffen zu haben, daß wir eines besseren Schutzes bedürfen gegen die Gefahren, welche dem Staate in seinem Inneren Cra durch * die fortschreitende Organisation der Sozialdemokratie. Jch fürchte, daß die Leiter dieser Organisation schon heute bede*klich nahe an die Grenze gedrängt nd, wo man s ihnen die Erfüllung ihrer Zusagen und Verheißungen ordert. Diese Herren werden am besten wissen, daß das seine Schwierig- keit haben wird. Sie können sich nicht da egen verschließen, daß die erste Gütervertheilung die hundertste involvirt, daß in dem Augen- blicke, wo wir alle gleich reich sind, wir alle gleich arm geworden find; daß Noth, Elend und Entbehrungen untrennbare Bedingungen des uen] PlGen Daseins sind, daß keine Form der Regierung, keine Gefeßgebung und überhaupt keine menschlihe Einrichtung Elend und Noth jemals aus der Welt schaffen werden. Wohin wäre es auch mit der Entwickelung des Menschengeschlechts gekommen, wenn diese zwingenden Eleménte nit in G Weltordnung enthèlten wären! Nein, ohne Sorge und Arbeit wird, auch die Zukunft nicht fein; aber ein Mensch, der hungert und friert, fragt nicht viel nach den Konsequenzen der Zukunst; er greift nach den Mitteln, welde die Gegenwart ihm bieten kann. Lange zurückgedrängte Leidenschaften; enttäushte Hoffnungen werden zu gewaltsamen Ausbrüchen drängen, welche die Leiter am aller- wenigsten verhindern können; denn die Revolution hat bisher noch immer ihre Führer zuerst verschlungen. Wie steht nun die Regie- rung dem gegenüber? Meine Herren, man sollte doch aufhören, die Regierung immer gewissermaßen als eine feindliche Potenz zu be- trachten, die nur möglichst zu beschränken und einzuengen ist. Ge- währen wir doch der Regierung die Machtfülle, welche sie braucht, um alle Interessen zu s{üßen! Was das auf si hat, wenn die Regierung die Zügel der Herrf{chaft aus ihren Händen ents{lüpfen läßt, wenn die Gewalt an die Massen übergeht, meine Herren, darüber belehrt uns die Geschihte der Kommune in Paris. Da war die Gelegenheit geboten, wo die Demokratie ihre Ideen in die Wirklichkeit überführen konnte, wo sie, wenigstens eine

eit lang, eine Regierung na ihren Idealen einrihten konnte.

ber geschaffen, meine Herren, ist doch nihts, wohl aber Vieles zer- stört. Die aktenmäßigen Berichte aus französischer Feder über u traurige Episode der französischen Geschichte lassen uns in einen Ab- grund der Verworfenheit blicken, sie shildern uns Zustände und Be- ebenheiten im 19. Jahrhundert, welhe man für geradezu unmögli halten follte, wenn sie nicht unter unsern Augen verlaufen wären vor dem ftaunenden Blicke unserer Ofkupations- Armee, welche den Dingen bald ein Ende gemaht hätte, wenn fie niht genöthigt gewesen wäre, mit „Gewehr beim Fuß“ dem Verlaufe zuzuschauen. : ;

Meine Herren! Solche Dinge beabsihtigen ganz gewiß unsere arbeitenden Klassen nicht, auch nit der irregeleitete Theil derselben, aber auf dem Wege des Umsturzes werden die besseren Elemente sehr bald überholt dur die s{lechteren, gg? dem gemäßigt Liberalen steht gleich Jemand, der viel weiter ge en will, wie er. Das ift über- haupt der Irrthum so Vieler gewesen, daß je glauben ungefährdet nivel- liren zu können, bis auf ihr Niveau, dann solle die Bewegung stille stehen, als ob ein in voller Fahrt heranbrausender Eisenbahnzug plößlich Halt machen könnte, wobei ja auch die den Hals brechen würden, welche darin sind. Meine Herrren! Hinter dem ehrlihen Re- volutionär tauchen dann jene dunklen Eristenzen auf: die sogenannten Bassermannschen Gestalten vom Jahre 1848, die professeurs de barricades und die Petroleusen der Kommune vom Jahre 1871.

Meine Herren! Sie können ja heute das Gesey ab- lehnen in der begründeten Erwartung, daß die Regierung stark genug sein wird, um gewaltsamen Ausschreitungen entgegen zu treten, sie nöthigen Falls mit gewaffneter Hand nieder- zuwerfen, aber, meine Herren, das ift ein trauriges Mittel, es beseitigt die Gefahr des Augenblicks, aber es heilt nit den Scha- den, aus welchem die Gefahr hervorgeht. Wenn uns nun hier ein Weg angedeutet wird, auf dem es vielleicht möglih sein wird, die Anwendung solcher beklagenswerthen Mittel zu vermeiden, dur vorbeugende Maßregeln , durch eine verständige vorübergehende Be- s{hränkung der gemißbrauhten Freiheit , jo meine ich, daß wir dazu die Hand bieten sollten im Interesse aller s\taat- lien und gesellshaftlihen Ordnung, im Interesse besonders der leidenden Klassen unserer Mitbürger, denen niemals geholfen werden kann dur einen plößlichen Umsturz, sondern nur allein auf dem zwar langsamen Wege der Gefeßgebung, der sittlichen Erziehung und der eigenen Arbeit. Jch meinestheils werde dem Gesetze zustimmen,

Im weiteren Verlaufe der Sibung erklärte nah dem Abg. Dr. Lasker, dessen Rede wir bereits gestern im Auszuge mitgetheilt haben, der Königlich sächsische Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats-Minister von Nostiz-Wallwiß, daß nir- gend ein amtlicher Einfluß auf -die Wahl des Abg. Bebel ausgeübt worden sei.

Damit {loß die erste Lesung. Persönlih bemerkte der

Abg. Dr. Lasker, daß er nur von höheren Gesellschaftskreisen, niht von höheren Beamten c O en habe. ,

In der zweiten (Spezial-) Berathung wurden die §8. 1 und 6 in der Debatte vereinigt. 8.1 der Vorlage lautet :

„Druckschriften und Vereine, welhe die Ziele der Sozial- demokratie verfolgen, können von dem Bundesrathe verboten werden. Das Verbot ist öffentlih bekannt zu machen und dem Reichstag sofort, «oder, wenn derselbe niht versammelt ift, bei seinem nächsten Zusammentritt mitzutheilen.

Das Vecbot if außer Kraft zu seßen, wenn der Reithstag dies verlangt.“

8. 6 der Vorlage lautet:

„Dieses Gesetz tritt sofort in. Kraft. Dasselbe gilt für den Zeitrauntk von drei Jahren.“ T

Die Abgg. Dr. Beseler und Dr. Gneist beantragten :

1) “8. 1 Abs. 1 statt „welche die Ziele der Sozialdemokratie verfolgen“ zu sagen: „welche den auf Umsturz der bestehenden Ge- sellshaftsordnung gerihteten Bestrebungen der Sozialdemokratie dienen“. Abs. 2 zu streichen,

2) S. 6 dahin zu fassen: „Dies Gese gilt bis zum Ablauf von 6 Wochen nach dem Zusammentritt des nähsten Deutschen Reichstags“.

Der Abg. Dr. Lucius trat zunächst den Ausfüh- rungen des Abg. Richter (Hagen) entgegen, die die Mei- nung verbreiten könnten, als ob die Sozialdemokratie haupt- sählich ein Werk der fonservativen Parteien und des Fürsten Bismarck sei; es sei der Bewegung eben damals der Spiel- raum gewährt, welher der Bedeutung derselben entsprochen habe. Der Redner erinnerte dann an den Waldenburger Strike, bei dem ein Mitglied der Fortschrittspartei cine bemerkenswerthe Rolle gespielt habe. Anstatt sih Vorwürfe zu machen, daß man mit der Sozialdemokratie kokettire oder mit ihr spiele, sollte man sich vereinigen in der Verurtheilung des Charakters, den die Bewegung angenommen habe. Die Sozialdemokratie sei ein Produft des Verkehrs und Gewerbs- lebens der neueren Zeit, und die moderne Gesezgebung habe ihre Ausbreitung dur die Gewerbefreiheit und Freizügigkeit erleihtert. Der ‘Abg. Bamberger habe bei der Berathung der Novelle zum Strafgeseßbuch anerkannt, daß die sozialistischen und kommunistishen Bestrebungen sich für eine Ausnahme- geseßgebung eignen. FJebt, wo das Attentat gezeigt habe, wie ein FFndividuum durch sozialdemokratische Versammlungen und Agitationen verwildern könne, sei es an der Zeit, eine solche CeIegOung zu unternehmen. Befremdlich sei es aber, wenn die „Nat.-Ztg.“ in der R l der leßten Sizung die Aus- lassung des Ministers Grafen zu Eulenburg dahin inter- pretire, die Anwendung der Geseße werde niht nur bis an die Grenzen des Fine felde 4 sondern wohl bis zur Grenzen- losigkeit gehen. Eine folche Kritik im Voraus fei _doh für ein so angesehenes Organ wie die „Nat.-Ztg.“ niht ange- messen. Durch die Verhandlungen gehe überhaupt ein Ton des Mißtrauens gegen die Regierung, welcher er und seine Freunde volles Vertrauen schenktèn. Der Redner bat um An- nahme der Anträge und der Vorlage.

Der Abg. Dr. Beseler R ecoine des Gesetzes als nothwendig ; der Reichstag dükfe die Stimme des Volkes, welches allgemein verlange, daß etwas geschehe, niht über- hören, ohne sein Ansehen zu s{mälern. Man dürfe es nicht abweisen, wenn die höchste Exekutivbehörde des Reiches, der Bundesrath, bere sei, derartige Funktionen zu übcrweisen. Redner empfahl die von ihn gestellten Anträge, welGhe eine bessere und glüclichere Fassung darböten.

Der Präsident des Reichskanzleramts Staats-Minister Hofmann, erklärte, die Regierung sei der Ansicht, daß die von ihr gewählte Fassung vollkommen genügend sei, um dem Bundesrathe als Richtschnur zu dienen. Die Sozialdemokra- ten hätten in ihrem Programme selbst dafür gesorgt, daß man die Ziele der Sozialdemokratie von dem, was sie auf dem Boden der heutigen Gesellschaft erstreben wollen, genau scheiden könne. An der Hand des Parteiprogramms wäre also der Bundesrath vollständig in der Lage, die Ziele zu bezeih- nen, welche unter das Geseg fallen. Da aber das Amendement Beseler den Absichten des Bundesrathes entsprehe, so werde die Regierung der Annahme desselben niht widersprehen. Wenn nah dem Antrage der Reichstag auf seine Mitwirkung verzichten solle, so könne die Regierung damit zufrieden sein; sie habe geglaubt, ihm eine gewisse Kontrole einräumen zu sollen. Wenn s{ließlich das ganze Geseh als cin provisorisches bezeichnet werden solle, so ent- spreche dies lediglich der Absicht der Regierung. Wenn der Abg. Dr. Lasker gesagt, daß das Geseß so \{lecht sei, daß es Ungen nicht zulasse, jo beweise eben die juristishe Auto- rität der Abgg. Dr. Beseler und Dr. Gneist, die der des Abg. Dr. Lasker doch glei zu stellen sei, daß dieser Vorwurf nicht berechtigt gewesen sei.

Damit {loß die Debatte. lier Bemerkungen. Jn namentlicher Abstimmung wurde darauf das Amendement Beseler mit 243 gegen 60 Stimmen abgelehnt,

Darauf wurde §. 1 der Regierungsvorlage mit 251 gegen 57 Stimmen abgelehnt.

Da nach der Ablehnung des 8. 1 die Regierung nah einer Erklärung des Staats - Ministers Hofmann keinen Werth mehr auf die Abstimmung über die anderen Para- ey legte, so war damit das ganze Gesetz erledigt. (Schluß 4 Uhr.

In der gestrigen Abendsizung, die um 73/, Uhr eröffnet wurde, erledigte der Reichstag noch die Frage, ob die Mandate der bag. Struckmann und von Reden, von denen der erstere zum ber-Verwaltungsgerihts-Rath, der zweite zum Ober-Gerichts-Rath ernannt is, noch fortbestehen sollen, und bejahte diese Frage auf Grund mündlicher Berichte der Geschäftsordnungskommission, die von den Abgg. von Bernuth und Kloß erstattet wurden. ;

Der Präsident von Forckenbeck gab die übliche Uebersicht über die Thätigkeit des Reichstages während der Session (f. Reichstags-Angelegenheiten).

Der Abg. Windthorst forderte darauf die Mitglieder des Reichstages auf, sich von ihren Pläßen W erheben, um ihrem verehrten aaa für die Umsicht, Energie und vollendete Unparteilichkeit in der Führung der Geschäfte zu danken. Der Präsident nahm die von allen Seiten mit Wärme gezollte Anerkennung für \sich und die Mitglieder des Bureaus dankbar an.

Sodann verlangte der Präsident des Reichskanzler-Amts Staats-Minister Hofmann das Wort und erklärte:

__¡¿Se. Majestät der Kaiser haben mi beauftragt den hohen Reichstag zu \{ließen. Jch gestatte mir die Allerhöchste Bot- schaft zu verlesen :

„Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher

Kaiser, König von Preußen 2c. thun kund und fügen hiermit zu wissen, daß Wir den Präsi-

Es Noi eine Reihe persön-

denten des Reichskanzler-Amts Unseren Staats-Minister Hof- mann ermächtigt haben, in Gemäßheit des Artikel 12 der Verfassung die gegenwärtige Sizung des Reichstages in Un- serem und der verbündeten Regierungen Namen am 24. d. M. zu schließen.

Urkundlich 2c.

Gegeben Berlin, den 18. Mai 1878.

Wilhelm. von Bismarck.“

Jm Namen Sr. Majestät und der verbündeten Regierun- gen danke ih Jhnen für den Eifer und die Ausdauer, womit ie sich in dieser langen und anstrengenden Session den Arbeiten des Reichstags gewidmet haben, und erkläre auf Be- fehl Sr. Majestät und im Namen der verbündeten Regierun- gen die Session des Reichstags für geschlossen.“ E Der Präsident von Forckenbeck {loß Zuf die Sißung mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser, in welches die Versammlung begeistert dreimal einstimmte.

Jn den deutschen Münzstätten sind bis zum 18. Mai 1878 geprägt worden, an Goldmünzen; 1 200190220 6 Doppelkronen, 365 296020 M Kronen, 27 969 845 6 halbe Kronen; hiervon auf O auds: 274 005 560 J; an Silbermünzen: 71 652 415 M4 5-Markstüe, 97 810 530 / 2-Markstüce, 148 847 743 M 1-Markstücke, 71 486 388 A 6b0-Pfennigstücke, 35717718 M 20 20-Pfennigstücke. Die Gesammtausprägung an Goldmünzen Es: 1593 465 085 Æ, an Silbermünzen: 425 514 794 4 0 „S.

An Zöllen und gemeinschaftlichen Ver- brauchssteuern sind im Reiche für die Zeit vom Beginn des Etatsjahres bis zum Schlusse des Monats April 1878 zur An- schreibung gelangt (eins{hließlih der kreditirten Beträge und verglihen mit der Einnahme in demselben Zeitraum des Vorjahres) : Solleinnahme: Zölle 7690316 (— 287912 M), Rübenzuckersteuer 3443970 E 1 936 349 6), Salzsteuer 2 150424 M4 (+ 39 035 4),

abakssteuer 94635 M (— 35651 U), Branntwein- steuer 1011739 ## (4 176471 M), Uebergangsabgaben von Branntwein 6591 A (— 1443 M), Brausteuer 1936482 M (— 73809 M), Uebergangsabgaben von Bier 71792 (+ 2658 H) ; Summa 9 518009 (— 2 117 000 é). Die zur Reichskasse gelangte Jst-Ein- nahme (abzüglih der Bonifikationen und Verwaltungs- kosten) beträgt bis Ende dcs Monats April 1878: Zólle 7 248 051 Me (+ 315 945 A6), Rübenzudersteuer 8 864 979 (+ 514914 M), Salzsteuer 2949 510 A (+ 378 861 M), Tabakssteuer 80 161 / (— 28 308 H), Branntweinsteuer und Uebergangsabgabe von Branntwein 2 922506 (+ 115 898 6), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 1 707 638 M (— 60 210 4); Summa 23 772 845 M (+ 1 237 100 A6).

Die Einnahmen der Post- und Telegraphen-, sowie der Reihseisenbahn-Verwaltung haben für die Zeit vom Beginn des Etatsjahres bis zum Schlusse des Monats April 1878 betragen: 1) Post- und Telegraphenver- waltung 9 803 607 M (+ 402 869 8 2) Reichseisenbahn-

Verwaltung 2 829 610 M (— 47 440 M).

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Die Verwaltung des RNeichhs- und Staats- Anzeigers hat in dem Etatsjahr 1877/78 gegen den Etat, welcher in Ausgabe und Einnahme balancirte, einen Ueber- schuß von 40 458 M ergeben. Hiervon erhält die Kasse des Deutschen Reiches ein Drittel mit 13486 #, während zwei Drittel, also 26 972 A der Preußischen General-Staatskasse

zufließen.

Die durch ein und dieselbe Aeußerung verübte Belei- digung zweier Personen ist, nah einem Erkenntniß des Ober- Tribunals vom 19. März 1878, nur ein Vergehen, dur welche die Strafe des §. 185 des Str. G. Bs. nur einmal verwirkt wird. Jn einem anderen JInjurienprozesse hatte der Appellationsrihter das Verlangen des Verklagten, die ihm zur Last gelegte Beleidigung gegenüber einer vom Kläger ihm zugefügten Beleidigung zu kompensiren, nicht für gereht- fertigt erklärt, weil die Thatsache der Gegenbeleidigung von dem Verklagten selbst niht behauptet worden, sondern bei der Beweisaufnahme nur gelegentlih zur Kenntniß des Richters

elangt war. eitsbeshwerde wurde vom Ober-Tribunal durch Erkenntniß vom 19. März 1878 zurückgewiesen , indem es folgenden Rechtssaÿ aussprach: „Für den FJnjurienprozeß sind, soweit niht durch §8. 6 des Geseßzes vom 11. März 1850 und Art. 101—103 des Geseßes vom 3. Mai 1852, Ausnahmen gemacht worden, die Regeln des Civilprozesses maßgebend. Diesen Regeln aber entspricht es, daß die Entscheidung nur auf Thatsachen gegründet werden kann, welche von den Par- teien jelbst angesührt werden, nicht aber auf solche, welche nur gelegentlih einer über andere Behauptungen erfolgten Beweisaufnahme zur Kenntniß des Richters gelangt sind, und bezüglih dereh, weil sie von der Partei nit vorgebracht worden, eine ordnungsmäßige Erklärung der Gegenpartei nicht hat abgegeben werden können.“

Sachsen. Dresden, 24. Mai. Die Erste Kammer begann die Berathung des Königlichen Dekrets, die Reform der direkten Steuern betreffend. Die Finanzdeputation der Kammer beantragte in ihrer Majorität die Annahme des von der Regierung vorgeschlagenen und von der Zweiten Kammer bereits ggen Kompromisses, das in dem Geseßentwurfe A, die direkten Steuern betreffend, Ausdruck gefunden hat, wo- gegen die Minorität die Ablehnung vorschlägt. Jn der Generaldiskussion erklärten sich die Herren von Erdmannsdorf (Referent der Majorität), Freiherr von Fink, P von Burgk und Bürgermeister Hirschberg für den Ge eßentwurf, Seiler Referent der Minorität), Pelt, von Schönberg (Bornitz), Graf Rex, von der Planiß und von Böhlau gegen denselben. Der Staats-Minister Freiherr von Könneriß führte aus, daß unter den gegenwärtigen Verhältnissen eine andere, als die vor- geschlagene Lösung der Steuerfrage nicht möglich; eine andere, welche Aussiht auf Den hätte, auch von den Gegnern des Geseßes nicht vorgeschlagen worden sei. Der Gesetzentwurf sei keineswegs unbillig und ungerecht, er erfülle vielmehr die von den Grundbesißern seit t ren verfolgte Tendenz: die Gewerbe- und Personalsteuerpflihtigen höher als bisher zur Steuer A unter gleichzeitiger Leon Gun des Grundbesißes. Der Minister machte endlih darauf ausmerk- sam, daß der Gedanke eines Grundsteuerpräzipuums weder neu, no originell sei, daß vielmehr der heutige Referent der Mi-

(Dresd. Journ.)

Die dagegen vom Verklagten eingelegte Nichtig-

ität selbst als Mitglied der Zweiten Kammer im Jahre m d Er Auflegung eines gam s auf den Grund- besiß geneigt gezeigt habe. Die Kammer trat hierauf in die Spezialberathung ein und genehmigte zunächst ohne Debatte die einzelnen Artikel des Geseßentwurfs A. mit Ausnahme der Art. 4 und 5, über welche die Abstimmung bis nach Er- ledigung des Geseßentwurfs B. ausgeseßt wurde. Hierauf wurden die §8. 1—13 des Geseßentwurfs B. ohne erhebliche Debatte im Wesentlichen nah den von der Zweiten Kammer gefaßten Beschlüssen angenommen und die Weiterberathung auf morgen vertagt. Die Zweite Kammer berieth das Ausgabebudget des Departements des Fnnern.

Oesterreih-Ungarn. Wien, 24. Mai. (W. T. B.) Die „Polit. Korresp.“ enthält folgende Meldungen. Aus Cattaro, 24. d.: Die Spannung zwischen den Mon- tenegrinern und den Türken ist im Wachsen, die Montenegriner haben in den leßten Tagen mehrere Be- wegungen ausgeführt, denen türkischerseits der Zweck bei-

elegt wird, daß das alte Gelüste der Montenegriner auf odgorißa realisirt werden solle. Als Repressalie und nach- dem ihre in Cettinje erhobenen Beschwerden keine Be- rücksihtigung gefunden hatten, haben die Türken die Montenegriner vom Besuche des Bazars in Skutari aus- geschlossen. Aus Belgrad: Der hier eingetroffene Bis hof Stroßmayer wurde bei seiner Ankunft festlich empfangen, auch der österreichische General - Konsul Wrede war zur Be- grüßung anwesend. Leßterer begleitete den Bischof am Nach- mittag zu einem Besuche bei dem Minister Ristics. Die Ab- reise des Bischofs sollte heute erfolgen. Aus Konstan- tinopel: Die Pforte ist entschlossen, von dem russischen Haupt- quartier die forme!le Fixirun g einer Demarkationslinie für die russishen Truppen in der Umgebung von Konstan- tinopel zu verlangen. Aus diplomatischen Kreisen verlautet mit Bestimmtheit, die Pforte werde ‘demnächst an die öster- reihishe Regierung das freundschaftliche Ersuchen, richten, die Donauinsel Adakaleh, welhe von der türkischen Gar- nison geräumt wird, bis auf Weiteres zu besezen. q tür- kischen Regierungskreisen ist man überzeugt, daß Oesterreich diesem Ersuchen, falls es thatsächlich gestellt werde, Folge gebe. Der Aufstand im Rhodope-Gebirge dauert mit un- eminderter Stärke fort, auch die aufständishe Bewegung der Lazen bei Batum macht Fortschritte. Gerüchtweise verlautet, daß bei der Feuersbrunst in der Hohen Pforte auch der tür- kishe Driginaltext des Friedensvertrages von San Stefano mitverbrannt sei.

26. Mai. (W. T. B.) Der Ausgleihsaus- \{huß des Abgeordnetenhauses hat das Gesetz, betreffend das Uebereinkommen mit der Bank in Betreff der 80-Mil- lionenshuld in der Fassung des Herrenhauses angenom: men, sodann den Zollsaß für Rohkaffee mit 24 F[., ‘für ge- brannten Kaffee mit 30 Fl.,, die Position für Baumwollen- und Wollenwaaren, sowie das Zoll- und Handelsbündniß nah der Regierungsvorlage genehmigt. Damit sind sämmt- lihe Ausgleihsvorlagen im Sinne der leßten Ver- einbarungen der Regierung im Ausschusse angenommen, bis auf zwei Punkte, nämlih die Restitutionsfrage und eine unwesentliche stylistishe Abänderung des Bankstatuts. Die Verathung der Ausgleichsgeseße im Plenum des Abgeordneten- hauses findet am Montag statt.

(W. T. B.) Die „Presse“ meldet, über die Anerbie- tungen des Grafen Shumwaloff in London seien offizielle Mit- theilungen bisher zwar nicht hier eingetroffen, man sei indeß in hiesigen Regierungskreisen so weit informirt, daß man den Kongreß als gesichert betrahte. Das Blatt fügt hinzu, gegenwärtig sei dringender als je Vorsorge zu treffen, daß

der Frieden sih so gestalte, wie er den österreichishen Znter-

essen entspreche.

Großbritannien und Jrland. London, 23. Mai. (E. C.) Die Königin und die Prinzessin Beatrice sind am Dienstag Nachmittag auf Schloß Balmoral in Schottland angekommen. Der Umstand, daß die Monarchin diesmal so frühzeitig ihren Aufenthalt in Schotiland nimmt, wird von vielen Seiten als ein entschieden friedliches Anzeichen gedeutet.

24, Mai. (W. T. B.) Die amtliche R veröffentliht die Ernennung des Obersten Wel esley zum Botschaftssekretär in Wien. Jm Unterhause zeigte heute Fawcett an, daß er bei der Debatte über den Nachtragskredit für die indishen Truppen eine ent- sprechende Verminderung der militärishen Aus- gaben für Jndien beantragen werde, da die Verwendung indisher Truppen in Europa ein Beweis sei, daß die in Jn- dien befindlihe Armee größer sei, als die Umstände erforder- len, Auf eine Anfrage Dillwyns erklärte der Sch azkanz- ler Northcote, die Pfingstferien würden voraussichtlich vom 7. bis zum 13. Juni dauern. Jm Oberhause zeigte Lord Beaconsfield an, daß er am Montag beantragen werde, die Pfingstferien des Hauses vom 7. bis zum 17, Juni dauern zu lassen.

25. Mai. (W. T. B.) Der gestern stattgehabte Kabinetsrath, welcher über die Vorschläge des Grafen Shuwaloff berieth, dauerte drei Stunden. Heute wird die Berathung sgrigelos Der „Standard“ schreibt, er könne mit ziemlicher uversicht die gestern gemachte Mittheilung wiederholen, daß die Schwierigkeiten in der Hebung begriffen

Bi die Friedensaussichten günstigere seien als seit geraumer eil,

(W. T. B.) Der Prinz von Wales gab gestern zu Ehren des deutschen Kronprinzen - und der Kronprinzessin ein Galadiner, an dem der Herzog von Connaught, der erzog von Cambridge, Graf Münster, Lord Beaconsfield , Marquis von Salisbury , Lord Craanbrook,

arquis von Hartington, General Napier und eine Anzahl Persönlichkeiten aus der höchsten Aristokratie theilnahmen.

Malta, 24. Mai. (W. T. B.) Die Transport-

dampfer „Goa“ und „Athole“ sind mit einem Regiment

Infanterie an Bord heute Morgen aus Bombay hier ein- getroffen.

Frankreich. Paris, 25. Mai. (W. T. B.) Bei dem Banket, welches gestern Abend von den Deputirten des „Cercle national républica in“ zu Ehren der Delegirten er auswärtigen Sektionen veranstaltet worden war, sprach Gambetta den leßtexen den Dank dafür aus, daß sie anch Frankreih gekommen seien und daß sie seiner Ver-

siherung, Frankreich wolle vor Allem den Frieden und die friedliche Arbeit, Glauben geschenkt hätten.

Türkei. Konstantinopel, 24. Mai. (W. T. B.) Das Großvezirat und das Ministerium des Aus- wärtigen sollen ihre Geschäftslokalitäten in dem Gebäude der Deputirtenkammer erhalten. General Totleben ga neuerdings einen Tagesbefehl erlassen, worin den rusfischen Offizieren untersagt wird, Konstantinopel zu besuchen.

Numänien. Bukarest, 24. Mai. (W. T. B.) Die Kammer hat 250 000 Frcs. zum Ankauf von Pferden und 500 000 Frecs. zur neuen Bekleidung der Feld- truppen bewilligt.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 24. Mai. (W. T. B.) Die „Agence Russe“ schreibt, daß bis jeßt Alles einen baldigen Zusammentritt des Kongresses in Aussicht zu stellen heine. Der Reichskanzler Fürst Gorts\a- koff, dessen Befinden sich nicht vershlimmert hat, wurde heute vom Kaiser und später auch vom Schah von Per- sien mit einem Besuche beehrt. Die zu Ehren des Schahs auf heute anberaumte große Parade wurde des Regenwetters wegen abgesagt. Gestern fand eine Galavorstellung in der Oper statt, welcher der Schah beiwohnte.

Amerika. New-York, 24. Mai. (W. T. B.) Laut Meldung aus Panama, vom 16. d. M., is der von dem Delegirten der internationalen Kommission und dem Minister des Auswärtigen von Columbia abgeschlossene Vertrag wegen Ausführung des Kanals über den JFsthmus unterzeichnet und ratifizirt worden. Nach dem Vertrage ist die Gültigkeit der Konzesfion auf 99 Jahre bemessen, von dem

Tage der Eröffnung des Kanals an gerehnet.

Süd-Amerika. Peru. Lima, 9. April. Die hier ersheinende „Patria“ enthält heute über die Beilegung der Differenz zwischen dem Deutschen Reiche und Nikaragua folgende Mittheilung :

Der Norddampfer tat uns eine wihtige Nachricht gebracht.

Die Differenz zwishen Deutschland und Nikaragua ist in einer für beide Theile sehr zufriedenstellenden Weise aus- geglihen worden. Die Tribunale und das Ansehen zweier Pesreimbüte Nationen erlangen durch diesês Uebereinkommen die glänzendste Genugthuung.

Dies zufriedenstellende Resultat ist in hohem Grade der emäßigten Haltung und dem versöhnlichen Geiste zu verdan- en, welchen die deutshe Regierung in diesem Falle be- wiesen hat.

Wir glauben, daß dies der erste Konflikt zwischen einer südamerikanishen Republik und Deutschland ist; um so mehr ist die Lösung, welche derselbe gefunden hat, zufriedenstellend

wegen des ehrenvollen Präzedenzfalles , welcher damit ge- schaffen ist.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Stockholm, Sonnabend, 25. Mai, Nachmittags. Der Reichstag ist heute ohne besondere Feierlichkeit und ohne Thronrede ges{chlossen worden. Die in das Budget eingestell- ten Einnahmen und Ausgaben {ließen mit dem nämlichen Betrage ab, zur Aufnahme der neuen Anleihe von 182/, ib Kronen hat der Reichstag seine Zustimmung ertheilt.

Die Nr. 21 des „Central-Blatts für das Deutsche Rei h“, herausgegeben im Reichskanzler-Amt, hat folgenden Inhalt: Allgemeine Verwaltungssahen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. Münz- und Bankwesen: Uebersicht über die Ausprägung von Reichsmünzen; Goldankäufe der Reichsbank; Ueber- sicht über die bis Ende April d. J. eing-zogenen Landesmünzen. Finanzwesen: Nachweisung der Einnahmen an Zöll-n und gemein- \haftlihen Verbrauchssteuern für den Monat April d. J.; desgl. Einnahmen der Post- und Telegraphen-, fowie der Reichs-Eisenbahn- Verwaltung. Post- und Telegraphenwesen: Erweiterte Zu- lassung von Wechseln zur Accepteinholung mittelst Postauf- trages; Postaufträge nah der Schweiz; Herausgabe eines to- Para O larestiiGen Handbuhes „Das Reichs - Postgebiet“

ersonal-Veränderungen 2c.: Anstellung eines Beamten bei der Reichs-Hauptkasse. Zoll- und Steuerwesen : Uebersicht über Rüben- zuersteuer, sowie Zucker-Ein- und Ausfuhr im Monat April 1878; Steuerpflichtigkeit der mit Hefenfabrikation verbundenen Essigberei- tung ; Befugniß einer Zollstelle. Marine und Schiffahrt: Ge- \{äftsordnung für das Ober-Seeamt ; Beginn von Seesteuermanns- Prüfungen. Eisenbahnwesen: Eröffnung der Bahnstrecke Schnabel- waid-Kirchenlaibach-Holenbrunn ; Eröffnung des Personenverkehrs auf den Stationen Altenessen und Borgholz, sowie Aufhebung desselben auf den Stationen Caternberz und Schalke. Konsulatwesen : Er- nennungen ; Ermächtigung zur Vornahme von Civilstandsakten.

Nr. 21 des „Justiz-Ministerial-Blatts“ enthält eine allgemeine Verfügung vom 10. Mai 1878, betreffend die Nicht- vollstreckbarkeit der Erkenntnisse preußischer Gerichte in Schweden und Norwegen.

Neichstags - Angelegenheiten.

Der Reichs tag war in der leßten Session vom 6. Februar bis 12. April und vom 30. April bis zum 24, Mai, also 91 Tage, versammelt. /

Es haben während dieser Zeit

56 Plenarsißungen, , 84 Sizßungen der einzelnen Abtheilungen und 248 Sißungen der verschiedenen Kommissionen stattgefunden. L E : i Die am meisten beschäftigte Petitions-Kommission hat allein Sitzungen; S die Kommission Br die Rehtsanwaltsordnung und die Ren ür das Gerichtskostengeseß 2c. haben je 29; die Kommisfion für den Reichshaushalts-Etat 21 ; die Kommission Lir die Gewerbeordnung 2c. 20; die Kommission für den Etat der Post- und Telegraphen- verwaltung 17; H die Wahlprüfungs-Kommission, die Rehnungs-Kommission und : ' die Kommission für den Gesetzentwurf, betreffend die Beför- derung von Auswanderern je 13; die Kommission für den Gesehentwurf, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln 12; 7 die Kommission für den Gesehentwurf über den Feingehalt von Gold- und Silberwaaren 9 ; die Kommission für die Geschäftsordnung 7; die Kommission für den Geseßentwurf, betreffend die Re- vision des Servistarifs 2c. 6; die anderen Kommissionen je 3 E abgehalten.

Dem Reichstage wurden folgende Vorlagen gemacht :

35 Gesezentwürfe, einshließlich des Reichshaushalts-Etats

fle das Etatsjahr 1878/79 und eines Nachtrags zu den- elben ;

5 SUEnE: Ne g

2 Allgemeine Rechnungen über den Haushalt des Deutschen Reichs für das Jahr 1873 und für Ee 1874; ap

2 Rechnungen der Kasse der Ober-Renungskammer bezüglich R be 1575 eider die Reihsverwaltung betrifft, Ur das Jahr und für die Rechnungsperiode voi

{l Sanuar 1876 bis 31. März 1877; Me 7

ebersi er Ausgaben und Einnahmen des Deutschen Reichs für die Rechnungéperiode vom 1. Januar 1876 bis 31. März 1877;

1 Zusammenstellung der von den betheiligten Regierungen und Verwaltungen fernerweit liquidirten, aus der franzôsi- schen Kriegskostenentshädigung zu erseßenden Beträge;

2 Berichte der Reichs\ chulden-Kommission;

16 Denkschriften und Uebersich:en ;

1 Militärkonvention;

2 Shhreiben wegen Ertheilung der Ermächtigung zur Ein- leitung ftrafrechtlicher Verfolgungen wegen Beleidigung des Reichstages.

Von diesen Vorlazen haben 25 Geseßentwürfe und 4 Verträge die Zustimmung des Reichstages erhalten. Die Allgemeine Rechnung für das Jahr 1873, die beiden Rechnungen der Kasse des Rechnungshofes und die beiden Berichte der Reichs\chulden-Kommission sind durch Ertheilung der Decharge erledigt worden. Die Uebersiht über die Ausgaben und Einnahmen für die

__ Re bnungsperiode vom 1. Januar 1876 bis 31. März 1877;

die Zusammenstellung der fernerweit liquidirten, aus der fran-

_zôsischen Kriegskostenentshädigung zu erseßenden Beträge ;

die Denfkschri1ten und Uebersichtea ; die Militärkonvention und 1 Schreiben wegen Ertheilung der Ermächtigung zur strafrehtlihen Verfolgung haben durch bezügliche Beschlüsse des Reichstages bezw. durch Abdruck und Vertheilung an die Mitglieder ihre Erledigung gefunden. Abgelehnt wurde: 1 Gejegentwurf. Unerledigt blieben:

9 Gesetzentwürfe,

1 Vertrag,

1 Allgemeine Rechnung für 1874 und

1 Schreiben wegen-Ertheilung der Ermächtigung zur ftraf- retliben Verfolgung.

Von den Mitgliedern des Reichstages sind 9 Interpellationen und 34 Anträge

eingebracht worden.

Von den Interpellationen sind 8 seitens des Bundesraths beantwortet worden ; 1 Interpellation bleibt unerledigt.

Von den aaa Anträgen haben Le ues Beschlüsse des Reichstages ihre Erledigung ge-

unden; 2 find gegenstandslos geworden und 15 bleiben uncrledigt. Die Zahl der eingegangenen Petitionen beträgt 1495. Davon

wurden der Petitions-Kommission 928, den übrigen Kommissionen 567 zugewiesen. Von diesen Petitionen sind: 98 dem Reichskanzler überwiesen; 7 durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt; 282 dur die über bezügliche Geseßentwürfe und Anträge ge- faßten Beschlüsse des Reichstages für erledigt erklärt ; 570 zur Erörterung im Plenum für nit geeignet erklärt; und d find später wieder Mr IC egen worden ; 181 Petitionen, über welche die Kommissionen bereits Beschluß gefaßt, beziehungsweise bereits Bericht erstattet haben, önnen nicht mehr im Plenum zur Berathung gelangen, und 392 Petitionen haben wegen zu späten Eingangs beziehungs- weise wegen des Schlusses der Session auch in den Kom- , missionen niht mehr zur Berathung gelangen können. Berichte wurden erstattet; von den Kommissionen, 32 schriftlihe und 43 mürdliche; von den Abtheilungen : 1 \{riftliher und __3 mündliche. Bei den im Laufe der Session stattgehabten Wahlprüfangen sind 19 Wahlen für gültig, 2 für ungültig erklärt worden, j 1 Wahl bleibt beanstandet und 1 Wahl bleibt ungeprüft. Gegenwärtig sind 5 Mandate erledigt.

Statistische Nachrichten.

Nah dem nunmehr erfolgten Abschluß der Stadthaupt- kasse von Berlin für die Etatsperiode d28 Jahres 1877 und des ersten Quartals 1878 ergiebt ih bei einer Anzahl Verwaltungen ein Ueber\chuß von 2806000 M und bei drei Verwaltungen ein Defizit von 342 000 (4, mithin im Ganzen genommen ein Ü ebe r- \ch von 2464000 #, wovon etwa die Hâlfte in Baar und die andere Hälfte in Resten von Steuern und Beiträgen der Adjazenten auf Pflasterkosten vorhanden sind. Obwohl die Berwaltungen des Waisenhauses, des Arbeitshauses und des Sriedrih-Wilhelms-Hospi- tals günstig abshlossen, so hat doch die Armenverwaltung ein Defizit von 278 H, ferner {ließt die Park- und Gartenverwaltung mit einem Defizit von 57 000. 4 und die Polizeiverwaltung mit einem Defizit von 7000 Æ ab. An Ueberschüssen ergaben sih bei der Kämmereiverwaltung 100 000 M4 Mehrübershuß aus den Kalkbrüchen bei Rüdersdorf, bei der Schuldenverwaltung 188 000 Coursgewinn bei Veräußerungen von Stadtanleihescheinen, bei der Schulverwaltung 244 Á durch Mehreinnahmen und namentli 197 000 Minderausgaben bei Schulen jeder Art und bei Turn- hallen, bei den E nabtalen 31 000 Æ durch Erspar- nisse, bei der Straßenbeleuhtung 48 000 M, bei der Straßen- reinigung in Folge pee Qultigen Winters sogar 293 000 Æ, bei der Militärverwaltung 11 t, bei den Standesämtern 10 000 X dur Mehreinnahmen und Ersparungen. Ferner wurden Ueberschüsse erzielt 71 000 M bei dem Titel : Verschiedene Ausgaben und Einnahmen durch weniger Ausgaben, 152 000 # bei -unvorhergesehenen Ausgaben, dur Zinsen und Mehreinnahmen bei der Dotation des r Ber- lin und der staatlichen Chausseebaurente, 164 000 A dur Ueber- tragungen auf andere Bag, Bei der Hocbauverwaltung ergiebt sich ein Uebershuß von 278 000 4 dur Ersparungen in Folge der niedrigen Löhne und Materialienpreise, beim Strabenan 184 000 G durch Nichtverwendung von zur Verfügung stehenden Summen, 616 009 dur Mehraus\{hreibung von Pflasterkosten, welche die Adjacenten der neuen Straßen zu tragen ha en, in Ver- anlassung des Erlasses des neuen Ortsftatuts. Von dea Pflaster- kosten sind aber noch 964000 (72000 Æ mehr als 1876) Rest und werden zum Theil erst nah Jahren eingehen.

Auf den Ei L ARgen kamen nach dem „Statistischen Jahrbuch der Stadt Berlin 1878“ im Jahre 1876 4717 747 Per- sonen in Berlin an, 4 761 330 verließen auf den Eisenbahnen die Stadt. An Gütern {aften die Eisenbahnen 3 805 388 627 ke heran und 1 622 408 697 kg fort. Für die ankommenden Güter war