— Der General - Lieutenant und Remonte Jnspecteur von Rau ist von seiner Dienstreise ur Musterung 2c. der - Remonten in den Depots hierher zurückgekehrt.
Bayern. München, 30. Mai. (W. T. B.) Jn der Mie stattgehabten Versammlung der Delegirten des ayerischen- Landesvereins für die katholische Reformbewegung, in welher die Gemeinden München, Kempten, Straubing, Dachau, Simbach, Nürnberg, Bayreuth, Erlangen, Würzburg vertreten waren, wurdc beschlossen, daß nach der gegenwärtigen Lage der bayerischen Geseßgebung einem auf Aufhebung des Cölibatsgeseßes gerichteten Antrage auf der Synode nicht zugestimmt werden könne.
Württemberg. Stuttgart, 28. Mai. Der Erz- herzog Albrecht von Oesterreich ist heute Nachmittag wieder von hier abgereist.
Sachsen - Weimar :- Eisenach. (Leipz. Ztg.) Nach einer sehr erregten Debatte, in welcher für die Zuweisung des Neustädter Kreises zum Landgericht Wei- mar, eventuell für die Errichtung eines einzigen Landgerichts für das ganze Großherzogthum lebhaft plaidirt wurde, hat der Landtag heute den mit dem Fürstenthum Reuß j. L. ab-
eschlossenen Vertrag über Errichtung eines gemein- Ea ftliGen Landgerichts zu Gera mit einigen Modifi- kationen mit 18 gegen 13 Stimmen genehmigt und ist darauf bis zum nächsten Herbst wieder vertagt worden.
Schwarzburg- Nudolstadt. Rudolstadt, 29. Mai. Der Landtag des Fürstenthums is zu einer außerordent- lichen Session einberufen und heute eröffnet worden. Haupt- egenstand der Berathung sind die wegen der Justizorga- ati on abgeschlossenen Staatsverträge.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 29. Mai. (W. T. B.)
In der österreihiscchen Delegation erklärte Graf
Andrassy auf die Fnterpellation des Abg. Sturm, betreffend die Vorlegung des Vertrages von San
Stesano und die Bezeichnung der Pugkte, welche die öster- reihishen Jnteressen berühren, behufs Mittheilung des Vertrages habe er {on Vorkehrungen getroffen, bezüglich der
zweiten Frage sei es nicht möglich, eine detaillirte Auskunft
u geben. Er wolle aber die Hauptpunkte mittheilen: Die
egierung verlange einen wirklihen Frieden und nicht einen solchen, welcher den Keim neuer Komplikationen in sih trage. Die Ausdehnung der Grenzen Bul- gariens errege begründete Besorgnisse. Die freie Ent- widelung der christlihen Völker im Orient sei nicht gegen die Jnteressen Desterreihs und Europas. Anders stehe es um die Konstituirung eines Staates, welcher andere
Nationalitäten unterdrücken könne. Keine Regierung habe ein ueree daran, für die Jntegrität des status quo in der
ürkei einzutreten. Dagegen habe Oesterreich und Europa ein Jnteresse daran, daß das, was der Türkei verbleibe, au bleibend erhalten werde. Besorgniß errege ferner die Frage des Ueberganges von dem Kriege zum Frieden. Eine zwei- „jährige Ofkupation Bulgariens, sowie die theilweise Beseßung
„Rumäniens mit dem freien Durchzug der russishen Truppen sei zu lange bemessen. Es sei zu fürchten, daß in Folge dessen das Vertrauen auf eine bleibende Lösung lange auf sih warten lasse und ‘daß die Handelsinteressen iu suspens0 blieben. Ei weiterèr Punkt sei die Begrenzung der kleinen Nachbarstaaten. Oesterrei wolle der Entwickelung der rist- lichen Völker im Orient nicht entgegentreten. Die Konstanti- nopeler Konferenz habe auch eine Vergrößerung Montenegros in Aussicht genommen, Oesterreih habe im Allgemeinen kein Bedenken gegen einen Gebietszuwahs für Serbien und Mon- tenegro.' Es handele sich aber darum, daß die natürlichen Verbindungen Oesterreihs mit dem Oriente nicht abgeschnitten würden und daß keine weiteren Okfupationen und Formatio- nen entstünden. Diese Punkte seien den Mächten und Ruß- land offen gekennzeichnet worden, für dieselben werde die Re- gierung auf dem Kongreß offen und ehrlih wirken.
— (W. T. B.) Die „Polit. Korresp.“ veröffentlicht fol- gende Meldungen: Aus Athen, 29. d.: Die Nationalver- sammlung auf Kreta Ey bereits die englishen Vorschläge zur
Pazifikation des kretensishen Aufstandes beantwortet. Jn dieser Antwort auf den Vorschlag Englands, einen Waffenstillstand abzuschließen und administrative Reformen anzunehmen, wird hervorgehoben, daß die Vereinigung Kretas mit Griechenland die einzige Form zur Lösung der kretensishen Frage sei. Als .Vorbedingung für die Fortseßung der Verhandlungen über einen Waffenstillstand wird gefordert, daß dieser nah den Be- stimmungen des Völkerrehts förmlih abgeschlossen werde. — Aus Bukarest vom 28. d.: Vorgestern ist die Uebergabe einer neuen Note des’ Ministers der Auswärtigen Angelegenheiten, Cogalniceanu, an den rufsishen Agenten in Bukarest, Baron Stuart, erfolgt. Fn derjelben wird der Protest gegen die . russische militärische Offupation Rumäniens erneuert und über das Verhalten der russishen Okkupationstruppen Klage geführt. 3umänischerseits 4st man mit der Aushebung eines neuen Kontingents von 24 000 Mann beschäftigt. Aus dem Auslande treffen fortgeseßt Waffensendungen ein. Alle be- urlaubten Mannschaften und die Reservisten sind zu ihren Truppentheilen zurüdgekehrt. — Aus Cattaro vom 29. d.: Der türkische Gouverneur von Skutari, Hussein Pascha, ver- langt die unverweilte Räumung der von den Montenegrinern beseßten strategishen Punkte bei Podgoriza. Fürst Nikita sucht Hussein Pascha zu beschwichtigen. Bis jeßt liegen keine Anzeichen vor, daß die Montenegriner jene Positionen gut- willig aufgeben werden.
_— 830. Mai. (W. T. B.) Jn der heutigen Aus \chu ß- sibung der ungarischen Delegation erklärte Graf Andrassy sih bereit, auf eventuelle Fragen sofort zu ant- worten. Fn Folge dessen interpellirte Csernatonyi, ob die Einberufung des Kongresses für den 11. Zuni defintiv
esihert und ob der Minister von einem Erfolge der neuesten erhandlungen zwischen England und Rußland unter- rihtet sei. Graf Andrassy erwiderte: Seitens Deu t\ch{ch- lands, welches eine intervenirende Rolle insofern es zwischen Rußland und England eine unmittelbare Verständigung zu Stande gebracht, sei zuerst in Wien über den zweckmäßigsten Zeitpunkt für den Zusammentritt des Kongresses angefragt. Er, Graf Andrassy, habe geantwortet, er stehe vom 11. Juni an. 44 Verfügung. Die Antwort sei S erseits den anderen Mächten mitgetheilt, eine positive
_Festseßung habe jedoh noch nit stattgefunden. Wenn aber -auh der Lab noch nicht bestimmt sei, so sei doch Ee a
übernommen s
Weimar, 29. Mai. -
. hatte, mit Ausarbeitung der Reformbill beauftragt. Diese: brachte
handlungen sei ihm nichts bekannt, er habe aber den Eindruck, daß zwishen England und Rußland ein Uebereinkommen, welches die Jnteressen Oesterreih-Ungarns irgendwie schädigen könnte, nit getroffen wäre. Auf eine Anfrage Graf Apponyi's erllärte Graf Andrassy, Deutschlands tervention habe darin bestanden, daß es geltend gemacht habe, es sei vor dem P des Kongresses nöthig, zwischen den bei Kon-
antinopel aufgehäuften englischen und russishen Streitkräften gewe Grenzen zu ziehen. Deutschland habe diesbezüglich
urchaus keinen Vorschlag gemacht, aber ausgewirkt, daß die beiden interessirten Mächte mit einander in unmittelbare Be- rührung getretcn seien. Gegenüber Graf Szechenyi bemerkte Graf Andrassy, dasjenige, was er über die nationalen Ver- hältnisse Neubulgariens gesagt habe, beziehe sich zuvörderst darauf, daß dort mit offener Unterdrückung des griechi- {hen Elementes ein neuer Staat gegründet werde. Auf die Aeußerung des Grafen Szechenyi, daß Seitens Oester- reichs der nationale und ethnographische Gesichtspunkt nur sehr vorsich.ig betont werden dürfe, entgegnete Graf Andrafsy, die österreihisch-ungarishe Monarchie existire auf Grund der historishen Entwickelung, „garde, qui y touche!“ Ex habe Rußland gegenüber mit ganzer Offenheit seinen Standpunkt in Betreff des Vertrages von San Stefano gekennzeichnet. Seitdem seien wohl von Rußland wiederholt Antworten ge- fommen, jedoch eine folhe, welche die divergirenden An- shauungen ausgeglichen hätte, noch nicht. Auf eine Jnter- pellation Sziraks antwortete Graf Andrassy, die gestern in der österreichishen Delegation erwähnten Punkte ershöpften lange nicht alle jene Punkte des Friedensvertrages, welhe mit den Interessen Desterreih-Ungarns zusammenhingen. Die Ver- hältnisse in Numänien, die Frage der Donaufreiheit, die öster- reichishen Handels- und. Verkehrsinteressen im Orient habe er nur deshalb niht erwähnt, weil er vorausgeseßt habe, daß sie selbstverständlich als wichtig zu gelten hätten. Eine theilweise Verwendung des bewilligten Kredites werde selbst für den Fall eintreten müssen, daß der Kongreß zu einem Resultate führe, weil die Ausführung der Kongreßbeschlüsse namentlih in der nächsten Nachbarschaft Schwierigkeiten begegnen könnte. Die Neugestaltung der Dinge im Orient werde selbst dann niht ohne Schwierigkeit durhgeführt wer- den können, wenn darüber zwishen den Mächten eine voll- fommene. Einigung erzielt wäre. (A Betreff der Beseßung Adakalehs durch Oesterreih-Ungarn sagte Graf Andrassy, die- selbe sei erfolgt im Einvernehmen mit der Pforte, und werde jo lange dauern, bis der Kongreß das Schicksal dieser Jnsel entschieden habe. Die Verhandlungen mit der Pforte in Be- treff der bosnischen Flüchtlinge seien noch niht zum Abschluß gelangt. Auf eine weitere Anfrage erwiderte Graf Andrassy, Desterreih-Ungarn habe in Betreff Bulgariens keine Gegen- vorschläge Lane aber sich vorbehalten, bei Gelegenheit des Friedens\chlusses in der Sache mitzusprehen. Der Aus\{huß Ee sodann das Budget des Auswärtigen Amtes un- verändert. 5
Schweiz. Luzern, 29. Mai. (N. Zürch. Ztg.) Der Große Rath hat adt fast einstimmig beschlossen, die Frage der Bewilligung einer Nachsubvention für die Gotthard- bahn bis auf Weiteres zu verschieben.
Großbritannien und Jrland. London, 30. Mai. (W.
B B.) Jm Unterhaus s heute auf eine Anfrage des De- utirten Fißmaurice der Unter-Staatssekretär Bourke,
der Schah von Persien“habe den Wunsch zu erkennen ge- geben, daß sein diesmaliger Besuch als ein privater angesehen werde; es werde diesem Wunsche entsprohen werden. — Auf eine Anfrage Dodsons erklärte der Shaßbkanzler North- cote, von den der Pforte zur Einlösung des Februar-Cou- pons der türkischen Anleihe von 1855 vorgeschossenen 77 448 Pfd. seten etwas weniger als 8000 Pfund durch den Khedive ae worden ;* bezüglich der Hälfte des Vorschusses habe Frankreih seine bezüglichen Verpflihtungen anerkannt. Jn Bezug auf die England gehörigen Suez-Kanal- Aktien sei der Khedive seinen Verpflihtungen vollständig nach-
gekommen.
“— S1 Mai. (W. D, B))- Die Regierung: hat den Hinterbliebenen Earl Russel s das Anerbieten gemacht, daß der Verstorbene ein Staatsbegräbniß in der West- minsterabtei erhalte, und daß beide Häuser des Parlaments zu der Beerdigungsfeier eingeladen werden.
— Aus Port Said’ meldet „W. T. B.“ unter dem 30. Mai: Das englische Panzerschiff „Minotaur“ ist von hier nah Kreta abgegangen.
— (Engl. Corr.) Earl Russell, besser bekannt unter dem Namen Lord John Russell, starb, wie {on gemeldet, am 28. d. M., Abends kurz vor 11 Uhr, in seinem Landhause Pembroke Lodge bei Richmond an Alters\{chwäche.
Er war geboren zu London am 18. August 1792 als Sohn des 6. Herzogs von Bedford, war somit der Großoheim von Lord Odo Russell (britishem Botschafter in Berlin) und Lord Arthur Russell. Seine Schulbildung empfing er zu Sunbury und auf der bekannten Schule ron Westminster. Später bezog er die Universität von Edinburgh und ward kucz, nachdem er fie verlassen, uämlih im Jahre 1813, zum Unterhausmitgliede für Tavistock (einem der Fa- milie Bedford gehörigen Burgflecken) erwählt. Den Üeberlieferungen seiner Familie getreu gesellte er sich zu den Whigs, die sih damals in der Opposition (gegen das Miniflerium Liverpool) befanden. Seine erste größere Rede hielt er im Februar 1819 bei Gelegenheit eines von Brougham gestellten Antrages auf Vorlage einer Abschrift des Heil. Allianzvertrages, indem er das Ministerium wegen seiner Willfährigkeit gegen die Heilige Allianz heftig angriff. Sm darauf folgenden Jahre that er sich dur seinen, zunächst freilich erfolg- losen, Widerstand gegen die Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte hervor, im Jahre 1820 dur sein mannhaftes Eintreten für die Königin Karo- line. Auch die-Katholiken-Emancipation fand in ihm {hon früh einen unermüdlichen Fürspreher. An die Hauptaufgabe seines Lebens, deren schlie lihe Durchführung ihm auf immer einen Plaß in der engliigen eshihte sichert, an die Wahlreform, trat er im Jahre 1520 Heran und erneuerte seine vorläufig erfolglosen Versuche in dieser Richtung, ohne je zu ermüden. Bei den Parlamentswahlen von 1826 fiel er mit seiner Bewerbung um die Vertretung der Graf- {haft Huntingdon, hauptsählich wegen seiner Stellung in dec Ka- tholikenfrage, durch; wurde aber von dem irishen Flecken Bandon erwählt. Der erste wesentliche Sieg, den er für die liberale Sache erfoht, bestand darin, daß er im Jahre 1828 gegenüber einem konserva- tiven Ministerium seinen Antrag auf Beseitigung der. gegen die Katholiken gerichteten Korporations- und Testakte durchseßte. Die Folge davon war, daß sich das Minifterium im folgenden Jahr zur Emanzipation der Katholiken verstehen mußte. Durch die neu ins Unterhaus ein- tretenden katholishen Mitglieder unterstüßt, nahm Lord John im Jahre 1830 seine Bestrebungen für die Wahlreform wieder auf, wurde im selben Jahr unter dem Ministerium Grey zum Zahlmeister des reis ernannt und bald darauf, obwohl er keinen Siß im Kabinet
er im März 1831 ein. Es bedurfte aber mehrfacher Ministerwechsel,
“Aussicht vor hen, paß der Kongreß in kurzer Zeit zusammen- treten werde. Von den Resultaten der englisch-rusfishen Ver-
über die Hej,
dere liberale Maßregeln, wie namentlich das Gese pater aus
rathen der Diffenter, verdanken ihr Entstehen eben einen Be, mühungen. Von 1835 bis 1841 war er unter Lord Melbourne
Minister des Innern, später Minister der Kolonien; führte dann von 1841 bis 1846, während Sir Robert Peel Premier war, die Opyo, sition und war ron 1846—1852 Premier. Während dieser Zeit wurde keine wihtigere Reformmaßregel durchgeführt, was die Zah, seiner Anhänger nicht unerheblich lihtete. Das damals eintretende Mizaisterium Derby konnte sih nur kurze Zeit halten. Ihm folgte das Koalitions-Ministerium Aberdeen, in welhem Lord Joßy erst Auswärtiger Minister, dann Minister ohne Portefeuille und pater Conseils-Präsident war... In leßttgedachter Eigen- schaft brahte er im Jahre 1854 eine neue Reformbill ein, deren Berathung aber dur die orientalischen Wirren bei Seite geschoben ward. Er zog sich aus dem Ministerium zurück, kurz bevor Roebuck seine en ngriffe gegen dafselbe wegen seines Verhaltens gegen, über Rußland richtete, übernahm 1855 unter Lord Palmerston dag Kolonialamt, vertrat England bei den Wiener Konferenzen und dankte dann abermals ab und zwar wegen der Mißbilligung, die sein Ner- halten auf diesen Konferenzen im Lande fand. As 1859 Lord Palmerston wieder ins Amt kam, übernahm Lord John Rufsfel[ das Auswärtige Ministerium, in dessen Leitung er kein beson- deres Glück hatte. Seit dem Jahre 1841 hatte er die City von London im Unterhaus ununterbrochen vertreten bis er am 30. Juli 1861 unter dem Titel Earl Ruffell in den Peersstand erhoben wurde. Nach Lord Palmerstons Tode, im Jahre 1865, wurde Earl Russell Premier und stand mit Gladstone an der Spiße der liberalen Partei. Mangelndes Einverständniß mit ihren Anhängern brachte im Jahre 1866 Beiden gelegentlich der Be- rathung der von ihnen vorgelegten Reformbill eine Sclappe bei durch welche Lord Russell sich zur Niederlegung der Premierschaft bewogen fand. Seitdem enthielt er sh der Regierungsgeschäfte. Seine öffentliche Laufbahn {loß er mit einer Kundgebung zu Gunsten der von der preußischen Regierung gegen die. Ultramontanen ergriffenen Maßregeln. Als Schriftsteller war der Verstorbene mehrfach thätig und neben vielen politishen Aufsäßen schrieb er u. A. einen Roman und eine Tragödie. VBekannter sind seine geiwtliden Arbeiten; „Das Leben Lord William L. Russells“, „Leben und Zeiten ron Charles James For“, „Versuch einer Geschichte der englischen Re- gierung und Calins Sein Erbe und Nawhfolger ist sein Enkel, bisher Lord Amberley.
Frankreich. Paris, 29. Mai. (W. T. B.) Der Postkongreß hat Lissabon zu seinem nächsten Ver- sammlungsort bestimmt. — Midhat Pascha ist hier ein- getroffen. Derselbe wird einige Tage hier verweilen.
, Italien. Rom, 31. Mai. (W. T. B.) Die amtliche Zeitung veröffentlicht ein Königliches Dekret, betreffend die Einführung eines neuen Zolltarifes, der auf Waaren derjenigen Länder zur Anwendung gelangen wird, mit welchen keine, eine andere Behandlung bestimmende Handelsverträge bestehen. Dieser Zolltarif tritt mit dem 1. Zuni 1878 in Kraft. — Der italienisch-belgi\che Handelsvertrag ist bis zum 30. Juni cr. verlängert worden.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 27. Mai. (H. C.) Die Königin hat, wie die „Post- och Jnrikes Tid- ning“ E vorgestern Heidelberg verlassen, um einige Wochen auf Segenhaus, bei ihrer Schwester, der Fürstin- Mutter von Wied, zu verweilen. Der Aufenthalt in Heidel- berg hat dur die ungestörte Ruhe, in welcher die Königin die Zeit hat zubringen können, und durh den Einfluß des milden Klimas, heilbringend auf das Nervensystem der Königin eingewirkt und ihre Kräfte gehoben. Jm Laufe der ersten Hälfte des Juli-Monats wird die Königin die Rückreise in die Heimath antreten und später einen längeren Aufenthalt am Christianiafjord (bei Moss) nehmen. — Das Staatsbudget pro 1879 ist wie folgt vom Neichs- tage festgestellt worden: Einnahme 73 850 000 Kronen (von der Regierung verlangt 74700 000 Kronen), Ausgabe 73 850 000 Kronen, nämli ordentliche 56 490 858 Kr. 47 Oere (verlangt von der Regierung 56 849 048 Kr. 47 Oere) und außerordentliche 7 017 141 Kr. 53 Oere (verlangt 7 800 951 Kr. 53 Oere), sowie ferner di: vom Reichs\huldenbureau aus: zuzahlenden Beträge für Zinsen und Amortisirung der Staatsschuld u. st#. w. 10342 000 Kr. Unter den Einnahme- posten figuriren folgende Positionen: direkte Einnahmen 18 900 000 Kr., indirekte Einnahmen 43 800 000 Kr. (Zoll 22 500 000 Kr., Post 5 000000 Kr.,, Stempelabgaben 3 100 000 Kr., Branntweinsteuer 13 150 000 Kr. und Rüben- zucktersteuer 50 000 Kr.), persönliche Steuern 4 000 000 Kr. Unter den Ausgaben figuriren : das Heer mit 17 289 610 Kr. (ordinär) und 1 610 390 Kr. (extraordinär), die Flotte mit 5 348 000 Kr. (ordinär) und 1 676 000 Kr. (extraordinär). Endlich wurden außer dem Budget zu Eisenbahnzwecket 4/200 000 Kr. bewilligt, davon 3 000 000 Kr. für die Bergs- lagsbahn im Jahre 1878. Sodann wurde die Aufnahme einer neuen Staatsanleihe von 18 618 255 Kr. beschlossen ; dieselbe ist zu beschaffen entweder durch Verkauf von bereits autorisir- ten Obligationen odèr durch Emission von neuen Obligatio- nen zu höchstens 4/7 Prozent Zinsen und mit bestimmten Rückzahlungsterminen.
Dänemark. Kopenhagen, 28. Mai. Der Kron- prinz und die Kronprinzessin sind E früh um 6 Uhr miSdem Dampfschiff „Najaden“ von Lübe hier ein-
9,
getroffen.
Amerika. Washington, 29. Mai. (W. T. B.) Der Kongreß genehmigte einen Geseßentwurf, nah welchem. die gegenwärtigen Gehälter der Gesandtschaften bestehen bleiben. — Das Repräsentantenhaus beschloß definitiv, seine Sihungen am 17. Juni zu vertagen. — Die Blätter veröffentlihen ein Schreiben des Kongreßmitgliedes Stephens, worin derselbe sth über die Resolution Potters miß- billigend ausspriht. — Auf der Jnsel Vancouver sollen Befestigungen errichtet werden.
New-York, 29. Mai. (W. T. B.) Der General- Postmeister Key hat sih an die Bevölkerung in den Sü d- staaten mit einer Zuschrift gewendet, worin er erklärt, die Resolution Potters sei thatsählih eine Erneuerung des von den Demokraten des Nordens im Jahre 1871 ge- gebenen Versprechens, dem Süden beizustehen ; die Bewegung um Sturze des Präsidenten Hayes könnte indeß nur um den Preis eines blutigen Bürgerkrieges gelingen. Er hoffe, die
eiter der Bewegung würden-im Süden nicht diejenige Únter-
stüßung finden, auf die sie mit so viel Vertrauen recneten.
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des statistishen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in dex Woche vom 19, Mai bis incl. 25. Mai cr. zur Anmeldung gekommen: 191 Ehe- sließungen, 807 Lebendgeborene, 27 Todtgeborene und 629 Sterbefälle.
— Die Polizeidirektion von Wien hat unter dem Titel
bis sie endlih am 7. Juni 1832 zum Geseß wurde. Mehrere an-
» Polizeiverwaltung Wiens 1876“ bei Alfred Hölder in Wien
j nen lassen, in welchem zum ersten Male die ge- ein Werk e bätigkeit dec Wiener Polizei. in überschtliher Weije us estellt wird. Wir geben im Nawstehenden die wihtigsten Daten dieses Berichtes. Der Polizeirayon von Wien umfaßt nah der ¿hlung vom 17. April 1875, einen Gesammtflähenraum von 20967 ha mit 21774 Häusern und 1020 770 Einwohnern, wovon 2376 ha mit 9988 Häusern und 346 905 Bewohnern aure L [b und 5590 ha mit 11726 Häusern und 673865 Cin- ha hnern innerhalb des Wiener Gemeindegebietes lieaen. Um das Ende es Jahres 1876 ist eine Bevölkerung von 1 061 505, also eine Zu- bme von 40 735 Einwohnern angenommen. Die gesammte Polizei- e waltung Wiens ift in sech8s Sektionen eingetheilt. Den exekutiven Polizeidienst besorgen 17 Kommissariate und 9 Exposituren, wovon P auf den Bahnhöfen. Im Jahre 1876 bestanden im Wiener
sizeirayon 1684 Vereine, davon 58 religiöse und Kultusvereine, T8 MWohlthätigkeitsvereine, 222 Leichenvereine, 227 Unterhaltungs- nd Lesevereine, 9 Turnvereine, 57 Assekuranzvereine und 55 ee Geschäftsbetriebde in Wien zugelassene auéländische Aktien- t esellschaften. Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenshaften mit O ibesränkter Haftung existirten 66, mit beschränkter 47. Die Zahl der Mitglieder der politischen Vereine betrug 11 567. Wegen begangener strafbarer Handlungen (Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen) wurden 35 883 Thäter an die verschiedenen Gerichte bgeführt (in 3090 Fällen waren die Thäter unbekannt). Das Detektivcor s wirkte mit bei 1482 Entdeckungen von Geseßverleßern. Wegen dertretungen mußten 54 605 männliche und 12 221 weib- liche Perscnen arretirt werden ; davon waren 2097 unmündig und 96799 minderjährig; wegen Mangels an Subsistenzmitteln, Umherstreifens während der Nacht 2c. 25 353, wegen Trunkenheit 5797, unter welchen leßteren 31 unmündig waren. Wegen Ueber- \hreitung des Hausirpatentes wvrden 2692, wegen Excesses 16851 Personen verhaftet. Von diesen 66 826 Arretirten waren 217 im Polizeirayon von Wien zuständig. Ferner wurd-en 7435 Bettler arretirt, von welchen 5466 männliche und 1969 weibliche, 570 unmündige, 1358 minderjährige, 2668 aus Wien und 118 Ausländer waren. Von 16 851 Erxcedenten waren 15 078 männlich, 1773 weiblich und 94 gehörten dem Militärstande an. Die Anzahl der Sicherheitswahmannschaft beträgt 2688. Dem Militärstande gehören oder gehörten an_2264 Mann und zwar 35 Offiziere, 1587 Unteroffiziere und 642 Soldaten. Die Gewölbe- shußwache zählte am Ende des Jahres 1876: 2 Dberinspektoren, § Unterinspektoren und 102 Mann. Das Gefangenhaus erforderte im Jahre 1876 zur Besorgung des Dienstes 100 Mann (1 Komman- danten, 3 Revierinspektoren, 8 Inspektoren und 88 Wachmänner). Die Zahl der Arrestanten betrug 35583. In der photographischen Anstalt der Polizei wurden im Jahre 1876 149 persönliche Auf- nahmen und 34 Reproduktionen angefertigt. Die Zahl der ange- fertigten Exemplare in Kabinetsform war 10 376.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Der Verein der deutschen Irrenärzte tritt am 14, und 15. Juni in Cassel zu seiner Jahressißung zusammen. Auf der Tagesordnung steben bis jeßt: Was kann von Seiten der deut- \hen Irrenärzte zur Beseitigung des Alkoholmißbrauchs geschehen? (Referent Nasse, Andernach.) Bericht des Vorstandes über die in der vorjährigen Versammlung zu Nürnberg ihm zur Prüfung und An- tragsstellung überwiesene Frags: Staatsaufsiht über die Jrrenan- stalten, ihre Nothwendigkeit und Ausführungsart? (Zinn, Gbers- walde); Besprechung über die Formulare der amtlichen Irrenanstalts- ftatistif, (Nasse); geschäftliche Mittheilungen und Wahlen; die §8. 13 und 83 der dreantiden Vormundschastsordnung und die Jrrenan- stalten (Zinn); Ideen zur allgemeinen Psychiatrie (Pelmau-Grafen- berg) und tx 0 epileptishen Schlaf und den Schlaf überhaupt Siemens-Harburg).
( — ahn ben Werke „Die Grundbuch-ODrdnung vom 5, Mai 1872 mit Ergänzungen und Erläuterungen“ herausgegeben von W. Turnau, Kreisgerichts-Rath in Bielefeld, ist im Merlage von Ferd. Schöningh in Paderborn vor Kurzem eine zweite, umgearbeitete Auflage erschienen. Bei dieser Neubearbeitung der verdienstlihen gründlichen Arbeit, deren erste Auflage von der sahkundigen Presse allgemein mit Beifall aufgenommen wurde, find im Wesentlichen die bei der ersten Auflage angewandten Grundsäße maß- gebend gewesen. Die Fülle des Materials, welche aus Geseßgebung, Wissenschaft und Praxis aufzunehmen war, haben den Verfasser, wie er in dem Vorworte zu der vorliegenden Auflage mittheilt, zu einer an- deren Vertheilung des Stoffes veranlaßt. Diese Anordnung des behan- delten Materials ist als eine sehr zweckmäßige zu bezeihnen. Um die Vor- schriften der Grundbuh-Ordnung nicht durch die Last der Anmerkungen zu erdrücken und die Uebersichtlichkeit niht vecloren gehen zu lassen, ist, durch Ausscheiden alles dessen, was dem Grundbuchrihter als solhem überhaupt oder doch für den täglichen Gebrauch entbehrlih sien, Raum für das aufzunehmende Neue geschaft worden. Zu diesem Behufe ist gestrihen. was niht unbedingt nothwendig war, und das Beibehaltene gekürzt, so weit es ohne Schädigung der Ver- ständlihkeit anging, Der Stoff, welher vorwiegend nur fär den erkennenden Richter von Interesse ist, wurde aus dem Kommentar zur Grundbuch-Ordnung entfernt und zu dem Gesehe über den Cigen- thumserwerb u. f. w. abgedruckt. Die Ministerialverfügungen, welche nicht Theile der Grundbuch-Ordnung bilden, sind in den Anmerkungen durch kurze Auszüge oder Hinweisungen auf“ den Ort, wo sie ab- gedruckt sind, erseßt worden. Durch diese und noch einige andere als zweckmäßig erkannte Abänderungen ergab si gleihsam von selbst die Theilung des Buches in zwei Theile. Der erste und Haupttheil enthält die Grundbuchgeseze mit den gekürzten, aber durch die Vufnahme des mannigfachen Neuen vervoliständigten Anmerkungen. Eine den Gebrauch des Werkes we- sentlih erleihternde Verbesjerung ist die in der vorliegenden Auflage getroffene Anordnung, daß den Aninerkungen, welche sih über meh- rere Seiten ausdehnen, Inhaltsanzeigen vorgeseßt sind. In den zwei«. ten Theil ist aufgenommen, was dem Grundbuchrichter nicht stets zur Hand zu sein braucht, was aber bei Gelegenheit zu wissen für ihn von Werth ist. Der Verfasser hat nach dieser neuen praktischen Eintheilung seine Aufgabe, dem Grundbuchrichter das gesammte zur Bearbeitung der Grundbuchsachen erforderliche Material in geordneter Weise zu liefern, vollständig erfüllt. Jn den Nachträgen ift die während des Druckes erschienene Literatur mitgetheilt. …_— Das illustrirte Werk „Unser Vaterland“ (Verlag der Ge- brüder Kröner in Stuttgart) ist nunmehr bereits bis zum 16. Hefte vorgeschritten. In den beiden leßten Lieferungen wirb der Leser in Te t und Bild durh das \{chöône malerishe Pusterthal weiter- eite und zwar berühren die einzelnen Touren folgende interessante unkte: Welsberg—Niederndorf, Prags, Toblach, das Ampezzaner- thal, Innichen, das Sextenthal, Jnnichen-Lienz, das Iselthal mit seinen Nebenzweigen, das Virgen- und Tauernthal und den Groß- venediger. Die wohlgelungenen Holzschnittbilder im Text zeigen: Niederndorf (nach einem Karton von A. Obermüllner); den Pragser Wildsee, von A. Obermüllner, den Monte Cristallo mit dem Dürren- see, von R. Püttner; Tortina, von demselben; den Misurinasee, von G, Seelos; das Sextenbad, nach einem Karton von A. Obermüllner; die Lienzer Klause, von demselben; Lienz, von R. Püttner; Stheibenschießen, von Gabl; Windish - Matrei, von A. bermüllner; Kals von R. Püttner; Teffereggerin, von Math. Schmid und das Virgenthal, von R. Püttner. Besonderes Lob ver- dienen in künstlerisher wie tehnisher Beziehung wieder die großen xylographischen Beilagen, welche folgende Darstellungen zum Inhalt _haben: Der unterbrochbene Tanz, von A. Gabl; der Haider See mit Blick auf die Ortles-Gruppe, von R. Püttner; Schafesalzen, von Fr. von Pausinger, und Bozen, von R. Püttner.
Land- und Forstwirthschaft. Von der Niederelbe schreibt man dem „Hamb. Korr.*: Der kurzen Stagnation in der Vegetation ist bei baldiger Wieder- kehr der fruhtbaren Witterung eine erneuetc Veppigkeit im Pflanzen- leben gefólgt und die durch den Reif hin und wieder angerichteten
bald überwunden worden. Der Roggen, welcher unter den Ein- wirkungen des scharfen Ostwindes auf einige Tage etwas spip und einftämmig aussah, hat sich wieder aus- gebreitet und sein dichter kräftiger Stand verkündet beim Hervorbrehen der Aehren eine gesegnete Ernte. Ebenso ent- widckelt sich der Weizen jeßt mit einer wunderbaren Ueppigkeit. Der Hafer, die Erbsen und die Kartoffeln stehen grün, und Eines überbietet das Andere an Kräftigkeit des Wuchses und gedeihlihem Aussehen. Besonders üppig und grasreih sind die Weiden, Wiesen und Grasfelder. Die Buchweizensaat ist theils {hon bestellt, theils wird selbige in den nächsten Tagen zu Stande gehracht. Auf den Brachländereien beginnen die erneuerten Pflugarbeiten, da die Winter- falge bereits hinlänglich von Sonne und Luft mürbe gemacht und E ist. Diejenigen holsteinischen Landwirthe, welche im Besitz von
eichniederungen find — welche seit Jahren durchweg zur Weide oder Wiesennuß:ng trocken gelegt waren — haben seit Jahresfrist diese Gründe behufs Anlegung von Karpfenzuht wieder untergestaut, da bei den jeßigen hohen Preisen, namentlich für Sebßkarpfen , dieser Betrieb mehr einbringt, als wenn die trocken gelegten Teiche für landwirthschaftliche Zwecke ausg. nüßt werden. Die OENLEGIEE welche anfänglich in Folge der Unbilden des vorjährigen Sommers und des damals gewonnenen wässerigen Honigs sehr kränkelten, haben sich in den leßten Wochen ganz vorzüglich erholt, und es werden bei günstiger Witterung noch im Laufe dieses Monats große und volk- reihe Schwärme zu erwarten sein.
Gewerbe und Handel.
Helsingfors, 22, Mai. Wie finnische Zeitungen melden, haben folgende Personen Konkurs angemeldet: 1) Landwirth V. Ramstedt in Abo, 2) Kaufmann E. Teßmann in Uleaborg, 3) Pre- diger C. A. v. Pfaler in Helsingfors, 4) Schneider Nicolai Ja- cobson daselbst, 5) Baumeister O. Lindfors daselbst, 6) Kaufmann A. Syrjönen in Tammerfors, 7) Baumeister J. C. Sandström da- selbst. Dagegen is der Konkurs über das Vermögen des Tapet- fabrikanten J. E. Jurgew aufgehoben. i
— Die Ostpreußische Südbahn hatte im Jahre 1877 eine Gesammteinnahme von 6 733 457 M, eine Gesammtausgabe von 2738 126 M, mithin einen Ueberschuß von 3995331 A Dieser Betrag ist verwendet worden: zur Verzinsung der Anleihe von 7 400 090 Thlr. 5'/o Obligationen mit 944628 4, zur Amortisation der 5% Obligationen I.,II. und IIl. Emission mit 126 300 4, zur Do- tirung des Reserve: und Erneuerungsfonds pro 1877 mit 561 597 M4, zum Erneuerungsfonds, Rest der Rückstände 279 686 #Æ, für 135 Millionen Mark Stamm-Prioritäts-Aktien-Dividende: auf Divi- dendenschein pro 1877 5% 675000 F, auf Dividenden- hein pro 1869 restliche 2% 270000 H, auf Dividenden- hein pro 1870 5%/ 675 000 4, auf Dividendenschein pro 1871 13% 225000 Æ,- für Remunerationen pro 1877 und Cisenbahnabgabe, Vortrag pro 1878 238120 Im Ganzen sind also 133 9% auf die Stamm-Prioritäten vertheilt worden. Von den Einnahmen entfallen: auf den Uebertrag aus 1876 12477 A, auf den Personenverkehr 937 874 M, auf den Güterverkehr 5598 162 M, auf verschiedene Einnahmen 184 944 4 Von den Ausgaben kommen: auf die allgemeine Lerwaltung 450 482 4, auf die Bahnverwaltung 642761 f, auf die Transportverwaltung 1 644883 #4 Die Ge- sellschaft hat an rückständigen Stamm-Prioritätszinsen noch zu zahlen: pr. 1871 37%, pr. 1872 5 %%e, pr. 1873 5%, pr. 1874 13%, in Summa rund 15 9%. ai
— Nach dem Rechensckaftsberiht der Vaterländischen Lebensversicherungs-Aktien-Gesellfchaft zu Elberfeld sind an neuen Versicherungen eingereiht worden 1259 mit 5 217 200 f Ka- pital und 2466 M jährlicher Rente. Abgeshlossen wurden 847 Versiche- rungen mit 3 299 200 (6 Kapital und 2366 ( jährliher Rente Der-Ver- sicherungsbestand hob si um 327 Versicherungen mit 1 474 700 Æ Ka- pital und 2366 f jährlicher Rente und betrug am 31. Dezember 1877 3350 Versicherungen mit 12 466 300 4 Kapital und 66 591 4 jährlicher Rente. Hierunter sind Versicherungen auf den Todesfall 2802 mit 11-089 900 6 Kapital, wovon 730 000 A auf 59 Personen bei anderen Gesellschasten rücversihert waren. Die gesammte Einnahme des Jahres betrug 537 671 A und unter Hinzurehnung der Ueber- träge aus dem Vorjahre 1164920 A, während die Ausgaben sih auf 1 117428 M beliefen, so daß ein Üebershuß von 47 492 M. resultirte. Dieser Uebershuß if zur Tilgung des als Verlust im Jahre 1875 gebuchten Postens verwandt worden. Die dann ver- bleibenden 2051 4 sind als Gewinn-Uebertrag auf neue Rechnung vorgetragen worden. Das Vermögen der Gefellshaft hat sich um 176 089 M. gehoben, speziell die zinstragenden Bestände um 169 247 4
— Nach dem Geschäftsbericht der Deutschen Grundkredil- bank in Gotha für 1877 beträgt die Zahl der zum endgültigen Austrag gebrachtea Zwangsverkäufe, bei denen die Bank betheiligt war, 35 (23 städtishe Grundstückde und 12 ländlihe Grundstücke); die Bank hat aber in keinem Falle einen Schaden erlitten. Das im Abschluß von 1876 mit 1011 225 M figurirende Grundstücskonto ist in der 1877er Bilanz durch Verkäufe auf 854 817 M. erudiar. E im vorjährigen Bericht erwähnte Quote der im Jahre 1876 emittir- ten Abtheilung II[b. der 5°/gigen Pfandbriefe im Betrage von 7 500,000 e ist von dem Konsortium vertragsmäßig abgenommen, und zwar zum größten Theile 1877. Die Gefammtbewilligung von Darlehen beziffert \sch für 1877 auf 130 Anträge im Betrage von 15682133 A Hiervon entfallen 21 Anträge mit 1952100 M auf ländlihen und 109 Anträge mit 13730033 Æ auf städtishen Besitz, terer fast qaus- \{ließlich in Berlin, Hannover und Breélau belegen. Der Saldo der ausgegebenen und im Umlauf verbliebenen unkündbaren Pfand- briefe übersteigt den des Jahres 1876 um 6 526 200 „#4 Der Ueber- \{huß des Gewinn- und Verlustkontos beträgt: 1212 165 4 Aus diesem Betrage werden 122 165 f der Ertrareserve zugeführt und der sih dann auf 1090 000 s beziffernde Rektngewinn derartig ver- theilt, daß erhalten: 109 000 M der Reservefond, 240 000 M die Aktionäre als 8 0/6 Dividende, 95 200 & der Aufsichtsrath als Tantième, 22400 4 der Vorstand als Tantième, 11200 A die Herzoglich gothaische Regierung zu gemeinnüßigen Zwecken, 11 200 M der Beamten-Wittwen- und Pensionsfond, während die übrigen 1000 Æ auf neue Recnung vorgetragen werden.
Stettin, 31. Mai. (W. T. B.) Die heutige Generalver- sammlung der Berlin-Stettiner Eisenbahngesellschaft genehmigte ohne Debatte die vorgeschlagene Dividende von 71/10 %, — In den Verwaltu::g2rath wurden die ausscheidenden Mitglieder Geheimrath Brumm und Stadtrath Meister O und Baurath Waesemann (Berlin) durch Akklamation wiedergewählt, neu gewählt zu Mitgliedern des Verwaltungsrathes- wurden Geheimer Finanz-Rath Schumann, Banquier Heidenreih (Berlin) und Stadtrath Schlutow
Stettin).
h Wien, 29. Mai. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Nordwestbahn genehmigte sämmtliche Anträge des Verwaltungs- rathes mit allen gegen 10 Stimmen und erth.ilte das erforderliche Absolutorium. Zu dem Aatrag auf Kürzung des am 1. Juli cr. fälligen Coupons um 1,70 Fl. war von 10 Aktionären ein die Kürzung als rechtswidrig bezeichnender Protest überreicht worden.
London, 30. Mai. (W. T. B.) Die Bank von England hat heute den Diskont von 3 auf 23 °/o herabgeseßt.
Verkehrs-Anstalten.
New-York, 29. Mai. (W. T. B.) | Der Dampfer ä aTTEANS von der National-Dampfschiffs-Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.
Berlin, 31. Mai 1878.
Die 5. Ausstellung der Königlichen Nationalgalerie, welche durch die Bemühungen des Hrn. Direktors Jordan zu Stande
fass er und H. Funk bezeichnet. Dieselbe gewährt namentlich von fruchtbaren Schaffen des erstgenannten Künstlers, des popu- lärsten deutschen Illustrators, ein so vollständiges Bild, wie es nicht leiht wieder geboten werden dürfte. Gerade in der Vereinigung und chronologischen Ordnung der sonst weit verstreuten Einzelwerke zu einem Gesammtgemälde des Wirkens, zu einer lebendigen Entwicke- lungegeshichte hervorragender vaterländisher Künstler liegt der Werth dieser Ausstellungen, für die das kunstsinnige Publikum der Reichs- hauptstadt dem Beranzialier gewiß zu hohem Danke verpflichtet ist. Die in dem ersten Kabinet, dem Korridor und dem si R den Oberlichtsaale des 3, Stockwerks der Nationalgalerie ausgestellten Werke Ludwig Richters zeigen uns den Künstler in seinem allmäh- lihen Werden, von den ersten Versuchen im Radieren und Kupfer- steben unter Anleitung seines Vaters und scinen italienischen Studien an bis zu seiner Vollendung als genialer Jllustrator und selbständig poetisch \chaffender Zeichner. Entsprechend der Kunst des lyrischen Dichters, sagt der liebenswürdige Cicerone durch die Ausstellung, verfährt Richter mehr andeutend als ausführend. Mit dem Bleistift oder in leiht getuschten E HNEngn und zartgetönten Aquarellen behandelt er seine Segenstände, aber er {lägt den Ton des Herzens an, der die Ein- bildungsfraft weiterleitet. Und wie \sich in seinem Gemüth Humor und tiefe Frömmigkeit durhdringen, waltet in seinen Darstellungen neben erquickliher Lebensfrische das Stilgefühl, vermöge dessen er dem Augenblicksbilde dauernden Reiz verleiht. Dadurch zumal ist er vor Anderen der Scilderer deutscher Art und Sitte geworden. Begabt mit dem Hellblick der Sonntagskinder, denen die Tiefen der Menschenbrust offenbar, Baum und Blume verständlih werden und die Thiere zu reden beginnen, drang er ein in den gemüthvollen Reiz der kleinen Welt, die thn, der selber in den allerbesheidensten Ver- hältniffen lebte, umgab, schilderte ihre treuherzige Einfalt und weihete sie als ein eter Dichter, der das eigene Herz in den Erscheinungen des Außenlevens sprechen läßt. Seine Zeichnungen für den Holz- schnitt, welche erst in Gestalt besheidenerJllustrationen, dann immer reicher in selbsterfundenen Bilderfolgen hervortraten uno im Laufe der Jahre auf dritthalbtausend anwuchsen, sind ein Schaß von anspruchsloser Schönheit, reiner Poesie und Lebenéfülle geworden, wie kein anderes Volk ihn aufzuweisen hat. Seine Illustrationen zu Dullers Geschichte, zum „Landprediger von Wafkefield“, zu „Musäus' Volksmärchen“, zu den Stüdenten- und Volksliedern, zu den JIugendschriften des Wigandschen und Brockhausschen Verlags, zu Horns „Spinnstube“, seine Kompositio- nen mit dem Titel „Beschaulihes und Erbauliches“, sein Gocthe- Album, die „Christenfreude in Lied und Bild“, das „Vaterunser“, „Fürs Haus“, „Der gute Hirt“, „Der Sonntag“, das Kinderbuh „Es. -- war -einmál®, ¿Unser ‘Tagli@ Brod u. \. w:,_fe sind durch Vervielfältigung in allen deutschen Landen ver- breitet, und viele von ihnen trcten uns hier als liebe Bekannte in den Originalen (in Blei, Sepia, Tusche und Aquarell) entgegen. Als Maler ist Richter nur dur einige wenige Werke hier vertreten, dafür aber dur eines seiner s{hönsten, den „Brautzug im Frühling“ aus der Dresdener Galerie (a. d. J. 1847). Bei aller andâhtigen Sorgfalt, mit der hier, nur wenig idealisirt, die . chöne Gottes- natur einer deutschen Frühlingslandschaft wiedergegeben ift, ist doch der Gesammteindruck ein durhaus einheitliher und Land- haft wie Staffage klingen in so bewunderungswürdiger poetischer Harmonie zusammen, daß das Bild als Meifterwerk seiner Art g:lten darf. Auch die im Besiße der Nationalgalerie befindliche „Landschaft aus dem Riesengebirge“ zeugt von eminenter Herrschaft im Gebiete der Stimmungsmalerei. | l
An -die niht weniger als 284 Nummern zähle:de Richteraus- stellung {ließt sih in den folgenden Kabinetten eine Sammlung von Bildern, Studien und Entwürfen der Brüder August Friedrich (geb. 1810 in Berlin, f 1845 in Rom) und Julius Elsasser (geb. 1815 in Berlin, £1859 in R an. Die ausgestellten Skizzen zeugen von bedeutendem Können und lassen nur bedauern, daß beide Künstler {on in der Blüthe ihrer Kraft aus dem Leben scheiden mußten. Neben den keck ausgeführten effektvollen Oelstudien verdient von den ausgeführten Gemälden namentlich das „Campo Santo zu Pisa bei Mondschein“ Een.
Von außerordentlihem Intereffe ist der anstoßende Saal, welcher uns einen Künstler in seinem Wirken zeizt, der seinem Bil- dung8gange und seinen Leistungen nach zu den bemerkenswertheften Er- \cheinungen der neueren deutschen Kunft gehört: Theodor Min- trop (geb. 1814 auf dem Gute Barkhofen bei Werden a. d. Ruhr, + 1870 zu Düsseldorf). Sein Lbensgang, dez den für den Bauern- stand Erzogenen erst im dreißigsten Lebentjahre (1844) vom Pfluge der Kunst zuführte, ist bekannt. Nach der einmal geschehenen Wendung entfaltete sich das Taleat Mintrops in der wunderbarsten Weise: immer wacsend, nahm es entschieden die Richtung auf eine Idealität, die bereits seinen Erstlingswerken ein Rafaelishes Gepräge gab. Seine Madonna aus der städtischen Gemälde - Galerie zu Düsseldorf, die hier ausgestellt ift, legt davon redendes Zeugniß ab; auch die zahlreihen Feder- Entwürfe erinnern lebhast an Rafaelshe Konzeptionen. „Reine Poesie und lauterer Humor" leuchten aus den Kompositionen, die, wi: das „Kirchenjahr“, der „Christbaum“, das „Engelständchen“, der „Kindermord“ bald dem religiösen, bald, wie die Bacchanten- Kinderfries*, die „Jahreszeiten“, namentlih die reizende „Winters Flucht“ und die „Mai-Bowle“ (aus dem städtishen Museum zu Cöln) dem dekorativen Gebiete angehören, meist aber „freie Monologe einer \{önheitstrunkenen Künstlerseele sind." Indessen hat Mintrop immer unter der Ungunst des verspäteten Ein- tritts in die eigentliche Berufsthätigkeit gelitten. „Das Handwerk feiner Kunst zu beherrschen, gelang ihm nicht, aber die Verheißungen, die sein Talent gab, sind als solche {hon so edel und {höôn, daß er, auch ohne ein fertiger Maler geworden zu sein, doch zu den genialsten Künstlern unseres Sakrlnmnterts zählt.“ Der phantasie- volie Märchencyklus in 70 Bildern, betitelt „König Heinzelmanns Liebe“, welche, in Feder und Bleiitift ausgeführt, die Herzens- erfahrungen des Künstlers schildern, sowie die schon erwähnten Kompositionen, denen noch die „Grazien an der Wiege des Künstlers“ anzureihen sind, werden dem Leßteren, der lange Zeit nur in dem Fe Se am Rhein, dem die Mehrzahl der auëgestellten Ar-
eiten gehört, die- verdiente Würdigung gefunden hat, auch in weiteren Kreisen Anerkennung verschaffen. r
Den letzten Raum der Ausstellung nehmen 42 Bleistift- und Tuschzeichnungen -des im vorigen Jahre verstorbenen Landschafts- malers Heinrich S ein (geb. 1897 zu Herford in Westfalen). Dieselben carakterisirt neben hohem Ernst des Studiums ein feiner malerischer Sinn, der ihnen viele Freunde erwerben wird.
Paris, 30, Mai. (W. T. B.) Die Jahrhundertfeier Voltaire”s ist heute allein durch zwei literarische Festlich- keiten, die cine im Theatre Gaîté, die andere im Cirque Myers, begangen worden. Die Feier verlief ohne bemerkenswerthen Zwischen- fall. Victor Hugo hielt eine Rede, in welcher er Voltaire als Freund der Gerechtigkeit und als Feind des Fanatismus feierte.
Im Wallner-Theater findet morgen die erste Auffüh- rung der Possen-Novität „Ein Kassenstück“ mit den Damen Herzog, Jules, Hofer, Schaller und den Herren Gitzrdi, Link, Liebwerth, Liebold und Lorenz in den Dae siatt. _\ ;
— Im National «Theater eröffnet\ am Sonntag Fr. -
Lotte Mende im Verein mit Frl. Schaß,\ Hrn. Kinder, Hrn- Denzau, Hrn. Reimers und Hrn. Louis Mende eù Gesammtgastipil mit den plattdeutshen Stücken: „Hambuger Leiden“ „De Leew in Veerlan’n.“ Sowohl die hier {on \ekannten Leitun- gen der genannten Künstler, als die S EE der vorz(úfüh- renden Stücke werden gewiß nicht verfehlen, die iUgemeiné Auf- merksamkeit wachzurufen.
gekommen und vor Kurzem eröffnet worden ist, wird durch die
unwesentlichen Beschädigungen an zarten Gewächsen sind leiht und
Namen Ludwig Richter, Theodor Mintrop, A. und J. El-