1878 / 133 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 08 Jun 1878 18:00:01 GMT) scan diff

Von den auch heute zahlreich. en agendes Kundge- bungen aus Anlaß des zweiten Attentats auf Se. Majestät den Kaiser lassen wir nachstehende folgen:

Wongrowiß, 6. Juni. Die Kunde von dem zweiten Attentat auf das theuere Leben unseres -allgeliebten greisen Landesvaters hat hier unter den Einwohnern aller Kon- fessionen tiefen Schmerz und sittliche Murg hervorgerufen. «zedermann fühlte das Bedürfniß, seine Theilnahme in Für- bitten zu dem Herrscher der Heershaaren für das bedrohte Leben Sr. Majestät Ausdruck zu geben. S

So wurde zunähst unter sehr reger Betheiligung der hiesigen Bevölkerung, der Spigen der Behörden, des Krieger- vereins und des Gymnasiums ein Bittgebet in der evange- lischen Kirhe am 3. d. M. abgehalten. Der Pastor Schulz wies in ergreifenden Worten auf die Nuchlosigkeit des meud- lerischen Es hin und {loß mit einem Gebet für die baldige Genesung Sr. Majestät.

Am folgenden Tage Vormittags versammelte der Gymnasial-Direktor Ronke die Schüler des hiesigen König- lihen Gymnasiums in der Aula; nah einem einleitenden Kirchenliede hielt derselbe eine Ansprache an die Zöglinge der Anstalt und indem er sie in treffenden Worten auf die schwere Prüfung hinwies, die das deutsche Volk betroffen, ermahnte er sie zur Treue gegen Kaiser, König und Vaterland. Des S@hluß der Fürbittfeier bildete ein von demselben gesprochenen Gebet und der Vortrag der Nationalhymne. Auch hier hatten sih die Spißen der Behörden und ein zahlreihes Publikum eingefunden. i ;

Desgleichen vereinigte sih gestern in der Synagoge die jüdtsche Gemeinde zu einem Bittgebet für Se. Majestät en Kaiser und König. 2 /

Heute früh 71/2 Uhr fand in der hiesigen katholischen Klo sterpfarrkirche ein feierliches Hochamt statt. Propst Alberti celebrirte dasselbe, während auf dem Chor die Gym- nasiasten unter Leitung ihres Musiklehrers die Gesänge auf- führten. Den Schluß der erhebenden Feier bildete der Psalm 69 und das Kirchengebet pro imperatore et rege. i

Seitens der hiesigen Einwohner wird morgen eine Adresse abgesandt werden, die den tiefen Schmerz über das Attentat, die innige Theilnahme an dem herben Schifsale, das unseren allverehrten Kaiser und König betroffen und den Ausdruck unverbrüchlicher Treue an das angestammte Königs- haus bekundet. ;

- Cassel, 6. Juni. (Hess. Tagebl.) Von Seiten des Königlihen Konsistoriums ist unterm 4. d. M. an sämmt- lihe Geistlichen des Konsistorialbezirks Cassel nachstehender Erla § ergangen :

„Die ecrshütternde Nachricht, daß am 2. d. M. abermals ein Mordversuch gegen Se. Majestät den Kaiser unternommen, ja daß durch. die ruclole That des Verbrechers eine ernste Verwundung unseres theuren Landesvaters herbeigeführt worden ist, hat das ge- sammte deutsche Volk in eine noch weit größere Erregung verseßt, als die Kunde von der am 11. v. M. verübten Srevelthat, Alle treuen deutschen Herzen sind voll aufrihtigen Dankes für die gnädige Ab- wendung der größten Gefahr und einigen sich in der Bitte um Gottes ferneren Segen und Beistand zur Erhaltung des Lebens, wie zu ciner baldigen vollen Wiedergenesung Sr. Majestät des Kaisers und Königs. Mit Genehmigung .des Herrn Ministers weisen wir deshalb die Geistlichen unseres Bezirkes an, sobald als thunlih

in ihren Gemeinden eine außerordentlihe gottesdienstlihe Feier ab- öuhalton, in welcher dep unsoey Volk tief bewegenden Gefühlen fo

wohl in einer kürzen Predigt oder Ansprache, als auch dur Gebet und gemeinsamen Gesang ein entsprebender Ausdruck gegeben wird. In denjenigen Parochien, in wel{hen wegen nit zeitigen Eintreffens dieser Verfügung die Feier niht mehr im Laufe dieser Woche statt- finden kaun, fowie an den Filialorten ist dieselbe mit dem ersten öffentlichen Gottesdienste am Pfingstfeste zu verbinden. Schmidt.“

7. Juni. Fn den hiesigen Kirchen fand gestern Abend der feierlihe Dank: und Bittgottesdienst aus Anlaß der glücklihen Errettung Sr. Majestät des Kaisers statt. Sämmtliche Kirhen waren überfüllt. Die Feier wurde mit den Glocken von sämmtlichen Kirchthürmen eingeläutet. Die auf gestern Abend 8 Uhr in den großen Stadtbausaal behufs Berathung und Beschlußfassung über eine an Se. Ma- jestät den Kaiser zu richtende Adresse einberufene Bürger- versammlung war, wie nicht anders zu erwarten, in im- posanter Anzahl aus allen Ständen besuht. Die Unterschrif- ten sollen am Sonnabend geschlossen und die Adresse am Sonntag an Se. Majestät abgesandt werden. Mit einem enthusiastishen Hoch auf Se. Majestät den Kaiser trennte sich die Versammlung. Jn der am Montag Abend vom hiesigen Krieger-Vereine abgehaltenen Generalversammlung ist folgendes Telegramm an Se. Majestät den Kaiser abge- jandt worden :

„Ew. Majestät drückt der Casseler Krieger-Verein seine tiefe Trauer únd Entrüstung über das ruchlose Attentat auf Ew. Ma- jestät \{merzlich bewegt aus und bittet zu Gott, er möge Ew. Ma- jestät recht bald genesen laffen.“

Lübeck, 3, Juni. Jn der heutigen Sizung der Bürger- \chaft gab der Wortführer vor Eintritt in ‘die Tagesordnung der tiefen Entrüstung Ausdruck, welche die gestern eingetroffene Nachricht über den wiederhölten Angriff gegen die Pcrson Sr. Majestät des Kaisers hervorgerufen háâbe, und be- antragte sodann folgende Erkläxung:

Die versammelte Bürgerschaft Lübecks, - tief erschüttert von dem neuen rulosen Angriff, welcher das geheiligte- Haupt: Sr. Majestät des Kaisers. so \hwer getroffen, von banger Sorge um Sein th:ures, dem Glücke des Vaterlandes, dem Frieden des Welttheils geweihtes Leben erfüllt, giebt fich der tröstenden Hoffnung hin, die Vorsehung, welche bisher so sichtbar Deutschlands -Kaiser s{hirmte, werde auch jeßt {were Folge frevelhafter That gnädig abwenden. Die Vürger- 1a beauftragt: ihren Vorstand, Dém höchsten Orts Ausdruck zu geben.

Nachdem die Bürgerschaft sich mit Einstimmigkeit der beantragten Resolution zustimmend. erklärt hatte, brachte der Wortführer ein Hoch auf Se. Majestät | den Kaiser aus, in welches die Versammlung dreimal einstimmte.

Als Senatskommissare erschienen Senator Dr. Zen und Senator Eschenburg. Der erste Senatsfommissar theilte mit, daß in Anlaß des gestrigen wiederholten frevelhaften Attentats

egen die Perfon des Reichs-Oberhauptes der Senat, unter

orausseßung der Zustimmung der ürgerschaft, bes{lossen u sofórt ein Teélegramm an Se. Majestät ‘den

aiser abzusenden, in welchem der e der hiesigen Be- völkerung über die Errettung des- Kaisers und dén Wünschen für die fernere Erhaltung desselben Ausdruck gegeben werde. Die Bürgerschaft gab ihre Zustimmung zu dieser Kundgebung dur einmüthiges Erheben von den Sißen zu erkennen und

erklärte si, der Anregung des Forirers gemäß, damit ein-

verstanden, daß hiermit der béim E der Sihung ihrem Vorstande ertheilte Auftrag seine Erledigung gefunden habe. Leipzig, 5. Juni. Beim Beginne der gestrigen öffent- lihen Plenarsißzung der Handelskammer gab der Vor-

sißende, Hr. Dr. Wachsmuth, zunächst dem Schmerze und dem Gefühle der Shmach aus An des neuen Attentates gegen Se. Majestät den Kaiser, sowie dem innigen Wunsche Ausdruck, daß Gott das Leben des verehrten Monarchen noh lange erhalten und Jhm das Vertrauen zu Seinem Volke, troß des Geschehenen bewahren Me: Die Anwesenden bezeigten ihre Uebereinstimmung durch Erheben von den Sißzen.

Stuttgart, 7. Juni. Der „St. Ln f. W.“ meldet: Wie uns mitgetheilt wird, haben Se. Königliche Majestät an- zuordnen geruht, daß am kommenden Sonntag in sämmtlichen evangelishen Kirchen des Landes ein Gebet für die Er- haltung des Lebens Sr. Majestät des Deutschen Kaisers gesprohen werde, und wird hierüber demnächst Seitens des evangelischen Konsistoriums ein Ausschreiben an sämmtliche Pfarrämter ergehen.

(W. T. B.) Die Zahl der Städte, von welchen Adressen an den Kaiser gerichtet werden, wird täglich größer. Eine in Ludwigsburg abgehaltene Versammlung beshloß, eine Adrs6sse an den Fürsten Reichskanzler zu rihten und denfelben zu ersuchen, daß er den Elementen der Zerstörung kraftvoll entgegentreten möge, um die in augenscheinlicher Gefahr schwebende Ordnung und Sicherheit sammt der bürgerlichen Freiheit vor dem Untergange zu retten.

Weimar, 8. Juni. (W. T. B.) Das Kultus - Depar- tement hat die Kirchen des Landes angewiesen, in das sonn- tägliche Kirchengebet eine Fürbitte für die Wiederher- stellung des Kaisers aufzunehmen.

Der Bundesrath hielt am 6. d. M. eine Plenar- sigung unter Vorsiß dcs Präsidenten des Reichskanzler-Amts, Staats-Ministers Hofmann.f

Vor dem Eintritt in die Tagesordnung gab der Königlich bayerische Bevollmächtigte anläßlih des gegen Se. Majestät den Kaiser gerichteten Attentats den Gefühlen der Versamm- lung wie folgt Ausdruck:

„Die neuecrliche ruhlose Frevelthat gegen das Leben Sr. Majestät des Kaisers hat die Mitglieder %es Bundes- raths mit Abscheu und Entseßen erfüllt.

Gleich allen gut:n Deutschen vereinigen sie sich in dem heißesten Wunsche, daß die göttlihe Vorsehung, nahdem sie in so sihtbarer Weise die größte Gefahr von dem N Haupte Sr. Majestät abgewendet hat, Allerhöchstdemselben baldige und völlige Wiedergenesung gewähren möge.

Die Mitglieder des Bundesraths ersuchen ihren Herrn Vorsißenden, den ehrerbietigsten Ausdruck ihrer Gefühle und Wünsche zur Allerhöchsten Kenntniß Sr. Majestät des Kaisers bringen zu wollen.“

Der Vorsißende gab sodann Kenntniß von dem Aller- hödsten Erlaß Sr. Majestät des Kaisers vom 4. d. M., be- treffend die Uebertragung der Stellvertretung in den Regie- rungsgeschäften auf Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit den Kronprinzen des Deutschen Reiches und von Preußen, sowie von dem Erlaß Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen vom 5. d. M. wegen Uebernahme dieser Stell- vertretung.

Der Vorsißende brachte ferner einen Antrag PreUßens wegen Auflösung des Reichstags ein.

Ein Schretiveat Ves Kbrrigkich preußischen Dustiz-Ministora, betreffend Beleidigußgen® des Bundesraths in dem „Berliner Börsen-Courier“ und in der „Berliner Freien Presse“ wurde dem Ausschuß für Justizwesen überwiesen.

Hierauf kamen zur Vorlage drei Zusammenstellungen der für das Fahr 1877 eingegangenen Nachweise über die bei den deutschen Münzstätten erfolgten Gold- und Silberausprägungen, sowie die Uebersichten, betreffend die Ergebnisse des Heeres- Ergänzungsgeschäfts im Reichsgebiet für 1877,

Ueber einen vom Vorsitzenden eingebrachten Antrag, be- treffend das Pensionsverhältniß eines Beamten der Landes- verwaltung von Elsaß-Lothringen, soll in einer der nächsten Sizßungen Beschluß gefaßt werden.

Anträge, betreffend das Pensionsverhältniß von mehreren Beamten der Heeresverwaltung, wurden genehmigt.

Ausschußberihte wurden erstattet über a. die Vorlage, betreffend den Erlaß von Bestimmungen über die Konstruktion und Ausrüstung der Eisenbahnen Deutschlands. Der vorlie- gende Entwurf wurde mit einigen Aenderungen genehmigt ; b. die Abänderung verschiedener Bestimmungen der Eisenbahn- polizei-Reglements und den Erlaß von Bestimmungen über die Befähigung von Bahnpolizei-Beamten 2c. Die bezüglichen Ausshußanträge wurden angenommen ; c. bahnpolizeilihe und Signalvorschrifsten für \{chmalspurige Eisenbahnen 2c. Die von Ausschüssen vorgelegte Bahnordnung wurde ge- nehmigt; d. den Geseßentwurf, betreffend den Spiel- kartenstempel ; e. den Geseßentwurf, betreffend die Tabak- enquete. Die Geseßentwürfe zu d. und e. wurden in der vom Neichstag angenommenen Fassung genehmigt; f. die Unter- e. über die gewerbliche Gefangenenarbeit. Der bezüg- lichen Resolution des Reichstags foll mit Rücksicht auf die in der Angelegenheit vom bleibenden Ausschusse des deutschen Handelstags gethanen Schritte zur Zeit eine weitere Folge nicht gegeben werden ; g. die Vorlage, betreffend die Revision der pharmacopoea Germanica. Es joll eine Kommission Sach: verständiger zu diesem Zweck berufen werden; h. eine Pe- tition, betreffend die Einräumung einer Verkaufs stelle auf dem Marktplaze zu Leipzig während der Messe. Die Petition wurde für unbegründet erachtet; i. zwei Petitionen des landwirthschaftlihen Vereins und des Vereins praktischer Landwirthe zu Zinten (Ostpreußen) wegen Einführung er- höhter indirekter Steuern u. st. w. Die Petitionen sollen zu den Akten genommen werden, da die darin erörterten wirth- schastlihen Reformen den Bundesrath fortdauernd beschäftigen.

Endlich wurde eine an den Bundesrath gerichtete Eingabe elsässisher Fabrikanten von groben Leinen- und Jute-Geweben, betreffend“ Zollerhöhung, vorgelegt und den zuständigen Aus- \chüssen Überwiesen. i i

Nach: der vom R rose NN In «Amt auf- gestellten, in der Ersten Beilage veröffentlichten Nachweisung Über im Monat April d. J. beförderte Züge „und deren Verspätungen wurden auf 58 größeren Eisen- bahnen Deutschlands (exkl. Bayerns), - mit einer Ge- ammtlänge von 26 182,68 km, an fahrplanmäßigen Zügen efördert: 11 160 Courier- und F On edUee, 75 206 Personen- üge, 36 465 gemischte und 65053 Güterzüge; an außer- fa rplanmäßigen Zügen : 1172 Courier-, Personen- und ge- mischte, und 26 766 Güter-, Materialien- und Arbeitszüge. Jm Ganzen wurden 555 887 696 Achskilometer bewegt, von denen 164 706 913 Achskilometer auf die fahrplanmäßigen Züge mit Personenbeförderung entfallen. Es ver päteten von

‘fupponiïtem Feind.

den 122 831 fahrplanmäßigen Courier-, Schnell-, Personen- und gemischten Bonen im Ganzen 588 oder 048 pCt, (gegen 0,49 pCt. in demselben Monat des Vorjahres, und 0,41 pCt. im Vormonat). Von diesen Verspätungen wurden jedoch 201 durch das Abwarten verspäteter Anshlußzüge hervor- gerufen, so daß aus im eigenen Betriebe der betreffenden Bah- nen liegenden Ursachen 387 Verspätungen oder 0,32 pCt. (gegen 0,28 pCt. im Vormonat) der beförderten Züge entstanden. Jn demselben Monat des Vorjahres verspäteten auf 55 Bahnen durch im eigenen Betriebe liegende Ursachen 375 Züge, glei ebenfalls 0,32 pCt. Jn Folge der Verspätungen wurden 87 Anschlüsse versäumt (gegen 96 in demselben Monat des Vor- jahres und 94 im Vormonat).

Die Zeiteintheilung für die Herbstübungen des Garde-Corps pro 1878 ist Allerhöhsten Orts ‘wie folgt genehmigt worven: 17. August: Eintreffen des Füsilier-

ataillons 3. Garde-Grenadier-Regiments Königin Elisabeth in Spandau. Marsch der 3. und 4. Escadron Regiments der Gardes du Corps nah Potsdam und Gegend. 17.—22, August: Regimentsübung des 3. Garde-Regiments zu Fuß bei Berlin, 19.— 23. August: Regimentsübungen des 1. Garde-Regiments zu Fuß, des 4. Garde - Regiments zu Fuß, des 3. Garde- Grenadier - Regiments Königin Elisabeth, des Regiments der Gardes du Corps, des Garde - Husaren - Regi- ments, des 1. und 3. Garde - Ulanen - Regiments bei Potsdam bezw. Spandau. 20.—24. August: Regiments- übungen des 2. Garde-Regiments zu Fuß, des Garde-Füsilier- Regiments, des Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiments Nr. 1, des Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiments Nr. 2, des Garde-Kürassier-Regiments, des 1. Garde-Dragoner- Regiments, des 2. Garde-Ulanen-Regiments und des 2. Garde- Dragoner-Regiments bei Berlin. 23. August: Mars des 3. Garde-Regiments zu Fuß nah Potsdam. 24. August: Marsch des 4. Garde-Regiments zu Fuß, des 3. Garde- Grenadier-Regiments Königin Elisabeth und des Regiments der Gardes du Corps nah Berlin und Gegend. 24. bis 29. August: Brigadeübungen der 1. Garde - Jnfanterie- Brigade und der 2. Garde-Kavallerie-Brigade bei Potsdam. 26.—30. August: Brigadeübungen der 2. Garde-Jnfanterie- Brigade, der 3. Garde - Jnfanterie - Brigade , Der kombinirten Garde-Fnfanterie-Brigade (Kaiser Franz Garde- Grenadier-Regiment Nr. 2 und 4. Garde-Regiment zu Fuß), der 1. Garde-Kavallerie-Brigade und der 3. Garde-Kavallerie- Brigade bei Berlin. 30. August: Marsch der 1. Garde-Jn- fanterie-Brigade und der 2. Garde-Kavallerie-Brigade nah Berlin und Gegend. 31. August: Große Parade bei Berlin. 1. September: Ruhetag. 2. 4. September: Kriegs- märshe der kombinirten Garde - Divisionen resp. fkom- binirten Garde - Jnfanterie - Brigaden in das Manöver- terrain, unter gleichzeitiger Üebung des Ausfklärungs- und Sicherheitsdienstes. 5. Scptemker : Ruhetag. 6. und 7. September: Detachementsübungen der kombinirten Garde-Jnfanterie-Brigaden. 8. September: Ruhetag. 9. und 10. September: Detachementsübungen der kombinirten Garde- Infanterie-Brigade. 11. September: Ruhetag. 12. bis eins{l. 17. September: Uebungen im Divisionsverbande, und zwar nach Abre{hnung von einem Ruhetage am 15. September, 3 resp. 4 Tage Feldmanöver in je 2 Abtzeilungen gegeneinander und. L xefp. 1 Tag Divisionsinanöver mit markirtem oder Das 4. Gardbe-Grenadier- Regiment Königin nimmt an den Herbstübungen des VI1l, ÄAxmee- Corps Theil.

Unter dem 3. Juni ist die mit 7000 Unterschriften bedeckte Adresse, welhe die Münchener Bürgerschaft aus Anlaß des ersten Attentats auf den Kaiser an Sé. Majestät gerichtet hat, hier eingegangen. Dieselbe lautet :

Allerdur{lauchtigster, Großmächtigster Kaiser und König, Aliergnädigster Kaiser, König und Herr !

So erschütternd die Kunde von dem Verbrechen, welches Ew. Majestät durch verworfenen Frevler bedrohte, alle Herzen ergriff und mit tiefstem Leid erfüllte, um so lebhaftere Freude bewegt jede deutsche Brust, daß der nichtswürdige Anschlag mißlang und dié geplante Gefahr von dem theucren Haupte dur gütig {ütßende höhere Hand glücklih abgewendet wurde. Auch die Bewohner Münchens drängt es, ihre gehobenen Empfindungen mitdem heißen Wunsche zum Ausdrucke gelangcn zu lassen, daß Ew. Majestät für den Schmerz über die sreche That einen s{wachen Ersaß finden möge in der gesteigerten Verehrung und Liebe, welche vom ganzen Vaterlande nur um so dankbarer seinem Kaiserlihen Schirm:r und Helden entgegengebracht

wird. In tiefster Ehrfurcht Ew. Kaiserlichen und Königliben Majestät Allerunterthänigste treugehorsamste (folgen die Unterschriften.)

München, am 12. Mai 1878

Die Adresse ist von Seiß in Aquarellfarben gemalt und zeigt über den Worten einen \{chwebenden geflügelten Engel von edler Gestalt und germanishem Typus in präch- tiger Nüstung, der zornigen Blickes mit flammendem Schwerte die Jnsignien des Kaiserthums, die strahlende Kaiserkrone, den Hermelin, das mit Lorbeer und Palme gezierte Kaiser- lacian und Schild gegen finstere Mächte zu vertheidigen ein!

Der stattlihe Band ist in s{hweren blauen Sammet ebunden und auf das reiste ausgestattet. Auf der Vorder- eite des Einbandes ist in der Mitte ein großer Kaiser- adler aus Goldbronze, mit dem Hohenzollernschilde auf der Brust und dem bayerischen Schilde auf dem linken, dem Münchener Stadtwappen auf dem rechten Flügel, eingelassen. Der kreisförmige Broönzerand, der den Adler umschließt, ist mit einer in Emaille imitirten Shnur in den preupisen Landesfarben ausgefüllt. Je vier große bronzene Buceln auf der Vorder- und Rüdckseite, die auf den von gebleihtem Leder gefertigten, den Band umschließenden riemenartigen und in shnallenförmigen Schlössern endigenden Fesseln angebracht sind, vollenden die prächtige äußere Ausstattung der Adresse.

Sachsen. Dresden, 7. Juni. (Dr. J.) Seitens des Königlichen Ober-Hofmarschall-Amtes ist das mit Aller- höchster Genehmigung au1gestellte Festprogramm zur Feier des silbernen Ehejubiläums Jhrer Königlichen Majestäten heute zur Veröffentlihung gelangt. Hier ei wird der jeßt begründeten Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die seit- Saa günstigen Nachrichten über den Gesundheitszustand

r. Majestät des Deutschen Kaisers und Königs von Preußen fortdauern und die Ausführung der in Ausficht genommenen Festlichkeiten gestatten werden.

Baden. Karlsruhe, 4. Juni. Die Großherzogin hat dem hiesigen Stadtrathe den Betrag von 1000 46 für die

wee der städtischen Armenkinderpflege mit folgendem Begleit- reiben übersandt : f „An den Stadtrath der Stadt Karlsruhe.

_ Von dem Wunsche erfüllt, die Mich bewegende Dankbarkeit für die Mit von Seiten der hiesigen Bevölkerung entgegengebrachte freundliche Theilnahme in cine sihtbare Kundgebung zu gestalten, übersende, ich dem Stadtrathe der Stadt Karlsrube beifolgende 1000 Æ mit der Bitte, cs mödbte diese Summe zu einer wohlthä- tigen Verwendung gelangen. Wie diese Gabe an die Erlebnisse der leßten Zeit anschließt, fo wünsche Ih, daß sie für solche Zwecke christlißer Nächstenliebe verwendet werde, die na den eben durch- lebten ernsten Erfahrungen ganz besonders eine Berücksichtigung darbieten. Hat der 11. Mai einen traurigen Blick thun lassen in ein von Jugend an innerer Zerrissenheit zugewandtes Gemüth, fo liegt in diesem Bilde eine Mahnung, überall in wahsendem Maße der Pflege der Jugend in den ärmeren Kreisen der Bevölkerung lie- bede und ernste Fürsorge zu widmen. Die in biefiger Stadt treff- lih organisirte Armenkinderpflege hat sich der eben erwähnten Auf- gabe in bereits segensreih wirkender Weise angenommen. Jch be- stimme daher den beifolgenden Geldbetrag den Zwecken dieser städti- A Fürsorge. Wie es Dank dem Entgegenkommen der tädtischen

ehörden gelungen ist, die Mitbetheiligung des badishen Frauen- vereins an der Aufsicht der Armenkinder in ersprießlicher Weise dem oben erwähnten sittlich veredelnden Ziele dienstbar zu machen, so hoffe Ich, daß in wabseadem Maße das in hiesiger Stadt \chon erprobte und zweckentsprechende Verfahren in immer weiteren Kreisen Nach- ahmunz finden wird. Ich ersuche den Gemeinderath, Meine Gabe der Dankbarkeit in der erwähnten Weise zur Verwendung bringen zu wollen.“

Karlsruke, den 1. Juni 1878. Im Namen der Großherzogin: Friedrich, Großherzog von Baden.

Sachsen-Coburg-Gotha. Gotha, 6. Juni. (Leipz. Ztg.) Heute ist dem Führer der hiesigen Sozialdemokraten an Stadtrathsstelle eröffnet worden, daß die Abhaltung des auf die Tage vom 15.—18, Juni angeseßten Kongresses verboten sei; dieser Eröffnung wurde beigefügt, daß in Zukunst alle sozialdemokratischen Versammlungen polizeilich jharf überwacht und sofort aufgelöst werden würden, sobald irgend etwas zur Sprache gebraht werden sollte, was si mit dem Stagatsinteresse nicht vereinbaren lasse,

Neuß ä. L. Greiz, 5. Juni. (Dresd. J.) Nachdem der Vertrag zwischen Sachsen-Weimar und Reuß j. L. über die Errichtung eines "gemeinschaftlichen Landgerichts in Gera von dem weimarischen Landtage angenommen worden, hat die Regierung von Reuß ä. L. dem eben zusammengetretenen Landtage des Fürstenthums die Vorlage über die Errichtung eines selbstständigen Landgerichts in Greiz gemacht, dessen Bezirk nur ein sehr kleiner sein würde und das daher nur auf 7 Richter berechnet ist.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 7. Juni. (W. T. B.) Das Herrenhaus trat den Beschlüssen des Unterhauses in Betreff der Bankstatuten bei, nur ein Paragraph wurde in der ursprünglihen Fassung des Herrenhauses beibehalten ; der Gesehentwurf über die Quote und die Restitution wurde in zweiter und dritter Lesung angenommen. Das Abgeordnetenhaus nahm das Geseh Betreffs der Be- dedung des 60-Millionen-Kredites endgültig an. Der Acerbau-Minister erklärte in Beantwortung einer bezüglichen ainterpellation, daß hinsichtlich des Pferdeausfuhrverbots Er- e im Zuge seien. i

_— (W. T. B.) Die ungarische und die öster- reihishe Delegation haben die Anträge ihrer beiden Comités angenommen, durh welche bezüglich sämmtlicher divergirender Budgetposten eine Uebereinstimmung erzielt wird. Das Gesammterforderniß des gemeinsamen Aus-

abenetats beträgt hiernah 106 673 466 Fl. Die Ses- fion der österreichischen Delegation wurde geschlossen, nachdem Graf Andrassy derselben für ihren patriotischen Eifer den Dank und die Anerkennung des Kaisers ausgesprochen hatte.

(W. T. B.) Die „Polit. Korresp.“ enthält folgende Meldungen : Aus Athen von heute: Der Minister des Aus- wärtigen, Delijannis, begiebt sich morgen über Paris nach Berlin und wird dort während der Dauer des Kon- gresses verweilen. Die Regierung hofft auf eine günstige Erledigung der Frage in Betreff der Zulassung Griechenlands zum Kongresse. Auf Kreta haben 5300 Au fständische die Türken bei Kalyvae angegriffen. und nah hartnäckigem Kampfe zum Rückzuge in die Küstenstädte genöthigt. Jn Folge dieses Sieges sind die Kandioten entschlossen, den Kampf bis zur Vereinigung mit Griechenland fortzuseßen. Aus Konstantinopel: Dem Vernehmen nach hätte der Minister- rath beschlossen, dem Drängen Rußlands auf Uebergabe der Festungen insofern nahzugeben, als Sh umla geräumt werden joll, während Varna von den Türken beseßt bleiben sollte. Die Russen verbleiben bis auf Weiteres in ihren bisherigen Stellungen bei San Stefano.

—-8. Zuni. (W. T. B,) Das „Fremdenblatt“ be- spricht die Vorlage des Reichskanzlers Fürsten Bismarck we en Auflösung des Deutschen Reichstages und findet die- selbe sowohl dur die Anforderungen der Situation, wie durch den konstitutionellen Brauch vollkommen gerechtfertigt. Das Vlatt spricht den aufrichtigen Wunsch aus, daß die Auflösung den Regierungen und den Völkern des Deutschen Reiches zum Heil und Segen gereihen möge. Die „Presse“ hält es für sicher, daß Fürst Bismarck aus den Neuwahlen als Sieger hervorgehen werde.

Großbritannien und Jrland. London, 7. Juni E T. B.) Jn der heutigen Sißung des Unterhauses ündigte Ashley eine Adresse an, die er nach den bevor- stehenden Feiertagen beantragen will. Jn derselben soll die Königin gebeten werden, die Vertreter Englands auf dem Kongresse dahin anzuweisen, daß sie von den. übrigen Kongreßmächkên eine Bekräftigung der auf den Kon reffen von Wien und Verona I Erklärungen zu er angen suchen sollten, wonach die Sklaverei mit der Civilisation im Widerspruch eye und demnach keine Macht, die die Skla- verei beibehalte, den übrigen Mächten gleichzustellen sei.

__— 7. Juni. (Cöln. Ztg.) Die Sammlungen für die Hinterbliebenen der bei der Katastrophe des „Großen Kur- fürst“ Verunglückten haben bereits 1500 Pfd. Sterl. ergeben. Die Gelder sollen Jhrer Königlichen Hoheit der Kronprin- zessin zur Vertheilung eingesandt werden. Außerdem soll zum Besten der Hinterbliebenen ein Konzert unter dem Patronat des Prinzen von Wales veranstaltet werden.

8. Zuni. (W. T: B) Der „Times“ wird aus St. Petersburg, vom 7. d. Mts., emeldet, die engli}sch - russische Verständigun g=gestalte sih immer befriedigender Und lasse ein gutes Resultat des Kongresses anticipixen.

Bradford, 7. Juni. (W. T. B.) Jn einer hier statt- gehabten Versammlung von Deutschen wurde eine Adresse an den Kaiser Wilhelm angenommen, in welcher der Entrüstung über das Attentat und dem tiefsten Beileid Ausdruck gegeben und zugleih der Wunsch ausge- sprohen wird, daß der Kaiser baldigst wieder genesen und noh lange erhalten bleiben möge.

Frankreih. Versailles, 7. Juni. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung der Deputirtenkammer entwidelte Renault seine Fnterpellation über die Politik der Regierung in der orientalischen Frage und bezeichnete es als wünschenswerth, daß dieselbe nah wie vor eine neutrale und der Erhaltung des Friedens günstige bleibe. Darauf nahm der Minister des Auswärtigen, Waddington, das Wort. Derselbe gedahte zunähst der Ursprünge des orien- talischen Konflikis, sowie der kriegerischen Ereignisse und der verschiedenen Zwischenfälle, welhe zum Zusammen- tritt des Kongresses geführt hätten. Frankreih habe stets eine dem Frieden günstige Aktion ausgeübt. Bezüglich des Kongresses formulirte Frankreih den Vorbehalt, daß die Fragen betreffend Egypten, den Libanon und die heiligen Orte, von den Berathungen des Kongresses ausgeschlossen blieben. Frankrei sei stets eingedenk gewesen, daß es die Verträge von 1856 und 1871 mitunterzeihnet habe. Was die Regelung der Einzelheiten der orientalishen Frage anbelange, so sei die Regierung der Ansicht gewesen , daß der Kongreß allein dieselben regeln könne. «In Betreff des Kongresses sei nunmehr ein Einverständniß erzielt worden. Der - Minisier verlas darauf die der Regierung zugegangene Einladung zum Kongresse, sowie die von Franfk- reich darauf ertheilte Antwort; in derselben wird die Einladung unter der Bedingung angenommen, daß auf dem Kongresse keine anderen Fragen, als solche, welche mit dem leßten Kriege in Zusammenhang stän- den, diskutirt würden. Der Minister fügte hinzu, die Erhaltung des Friedens erscheine fast als eine Gewißheit. eFrankreich werde an dem Kongresse theilnehmen, ohne sih von Sonderbestrebungen leiten zu lassen, ausschließlich erfüllt von dem Wunsche, den Frieden und die Neutralität zu erhalten. Er hoffe, man werde si erinnern, daß auf der Balkaninsel noch andere i Sig als die bulgarischen existiren. Dex Minister {loß seine Rede, indem cer die Zuversicht aussprach, daß seine Politik die Zustimmung des Hauses finden werde. (Allseitiger Beifall.) Der Deputirte Renault brachte darauf eine Tagesordnung ein, nah welcher die Kammer ver- trauensvoll die Erklärung des Ministers entgegengenommen habe und gewiß sei, daß \ich die Aktion Frankreichs nur zu Gunsten des Friedens, der Neutralität und der großen Interessen Europas vollziehen werde. Die Tagesordnung wurde einstimmig angenommen. Ein Antrag, wonach die Regierung Fu gelocde wird, die Verhandlungen mit Jtalien Behufs Modifikation des Handelsver- trages wieder aufzunehmen, fand die Zustimmung der Ver- sammlung. Bei der anderweiten Berathung des Geseßent- wurfs, betreffend die Pensionen der in Ruhestand ge- tretenen Offiziere, und des Geseßentwurfs, betreffend die direkten Steuern, welche beide vom Senate abgeändert worden waren, wurde, unter Ablehnung der vom Senat be- \{hlossenen Abänderungen, die. ursprüngliche Fassung wieder- hergestellt.

Jtalien. Rom, 7. Zuni. (W. T. B.) Jn der heutigen Sizung der Deputirtenkammer fand eine längere De- batte über den Geseßentwurf , betreffend die Wiederher- stellung des Handels-Ministeriums statt. Der Minister-Präsident Cairoli führte wiederholt aus, daß die von dem Ministerium Depretis erlassenen Dekrete, dur welche das Handels-Ministerium abgeschafft wurde, ungeseßlih und den Rechten des Parlamentes zuwiderlaufend gewesen seien. Der Minister wies alle Tagesordnungen M mit Ausnahme der von Derenzis, Comin und Genossen eantragten, welche sih im Sinne der von dem Minister-Präsidenten ab- gegebenen Erklärungen ausspricht. Diese Tagesordnung wurde mit 235 gegen 32 Stimmen angenommen; 20 Deputirte ent- hielten fih der Abstimmung.

Numänien. Bukarest, 7. Juni. (W. T. B.) Jn der Deputirtenkammer wurde ein Geseßentwurf eingebrat, betreffend die Anwendung des mit Oesterreih gültigen Tarifes mit einem Aufschlag von 15 Prozent gegenüber denjenigen Ländern, welhe, wie Frankreih, England und Deutschland, keine Handelskonvention mit Rumänien Se ferner wurde ein Geseßentwurf vorgelegt, dahin gehend, die Crawley ertheilte Konzession zurück zu nehmen und die Re- gierung zu ermächtigen, die Eisenbahn Plojesti-Predeal entweder im Wege eines neuen Kontraktes, oder in Regie auszubauen. Nach der öffentlihen Sißzung hielt die Kammer noch eine Heye, Auf dringendes Ansuchen der Kammer übernahm Rosetti für die Dauer der Abwesenheit Bratiano's das Ministerium des Jnnern; der Justiz-Minister Statescu wird interimistisch das Ministerium des Auswärtigen leiten.

8. Juni. (W. T. B.) Das amtlihe Blatt meldet: Bratiano behält das Präsidium des Ministerraths und wurde Je Minister für die öffentlihen Arbeiten ernannt an Stelle Aurelians, welcher seine Entlassung gegeben hat. Der Präsident der Kammer, RNosetti, ist zum Minister des Jnnern ernannt worden.

Nußland und Polen. Sit. Petersburg, 7. Juni. Graf Shuwaloff und der diesseitige Botschafter in Berlin, Baron von Oubril, begaben sich heute zu dem Kaiser nach Zarskoje-Sselo. Morgen findet hier ein Kabinet srath statt, an welchem auch der Reichskanzler, Fürst Gortschakoff, Theil nehmen wird. Am Sonntag oder Montag erfolgt so- dann die Abreise der Kongreßbevollmächtigten nach Berlin.

8. Gun, (W. 2. D.) Das Vournal de S. Pétersbourg“ meint, die Ansicht, ‘daß der Mare nur aht Tage dauern werde, sei hypothetisher Natur. Wenn auch über die hauptsählihsten Fragen in Betreff des Friedensver- trages von San Stefano ein Einverständniß erzielt worden sei, so könnten doch noh verschiedene Fragen an den Kongreß herantreten, deren Berathung seine Dauer -verlängern würde.

Schweden und Norwegen. Gothenburg, 4. Juni. (H. C.) Gestern Abend fand hier eine von Shweden und Deut- schen zahlreih besuhte Versammlung statt, um in einer Adresse dem Gefühle Ausdruck zu geben, welches sih jeden ut gesinnten Bürgers bei der Nahriht von dem verab- cheuungswürdigen Mordversuch auf den Deutschen Kaiser bemächtigte. Nachdem die Versammelten beschlossen hatten, diese Adresse in Form eines Telegrammes abzusenden, wur-

den Pastor Adam, Konsul Krafft, Rabbiner Dr. Wolf, Pastor

Schneider und Fabrikant Aug. Lampe g es das Tele-

gramm abzufassen und zu unterzeihnen. Dasselbe lautet : “Sr, Majestät dem Kaiser Wilhelm! Berlin.

Die Kunde von einem „neuen Mordversuch auf Ew. Majestät geweihtes Haupt hat uns mit namenlosem Schrecken und unaus- Iprechlihem Weh erfüllt, Mit tiefstem Danke gegen die Vorsehung, die Ew. Majestät unerseßlich theures L:-ben wieder \i{tlich behütet hat, geben wir dem innigsten Wunsche Ausdruck, daß Ew. Majestät

bald genesen und noch lange zu segen8vollem und freudereichem Wirken erhalten bleiben möge.“ y Y

Nachdem das Telegramm verlesen und gene migt, wurde von der Versammlung ein Hoch auf Kaiser Wilhelm und König Oscar ausgebracht.

Asien. China. Peking, 21. März. Die amtliche „P eking-Zeitung“ veröffentliht unter dem 16. d. M. aus Anlaß des siegreihen Feldzuges der chinesischen Truppen in Kashhgar folgendes Kaiserliche Edikt:

Nachdem am heutigen Tage die mit einer Schnelligkeit von über 600 Li expedirte Siegesbotschaft mit der Rothen Flagge von Co Ann, Chin Shun und Liu Tien ein- getroffen ist, welche die Nachricht überbraht hat, von der Wiedereroberung der vier westlihen Städte und von der voll: ständigen Niederwerfung der Rebellion im mohamedanischen R C wird die Kaiserliche Willensmeinung verkündet, wie folgt :

__ Nachdem das Kaiserliche Heer im vergangenen Jahre die

vier östlihen Städte des Gebietes südlich vom Tienshan er- obert hatte, ersann Liu-chin-t'ang alsbald einen Plan, um die vier westlihen Städte gleichfalls in seine Gewalt zu bringen. Er entsandte daher ein Hauptcorps unter dem Kom- mando des Generals Yü-h’u-ên und Kollegen auf dem Wege von Afsu aus über Bartshuk und Maral-Baschi, und ein Streifcorps unter Anführung H'uan -wan-p'êng’'s und Kol: legen von Usch aus, Beide mit dem Auftrage, zu ciner vor- her verabredeten Zeit direkt gegen die Stadt Kaschgar ihren Angriff zu richten. Liu-chin-t'ang selber bezog, um die sra- tegish wichtigsten Punkte in der Hand zu haben, unterdessen zunächst Standquartiere in Bartshuk und Maral-Baschi, am 15. Tage des 11. Monats (19. Dezember), jedoch begann er seinen Vormarsch und eroberte am 21. Dezember E Am 24. Dezember erreichte er mittelst eines forcirten Marsches - die Festung Yangi Hissar und brate die dortige Turki-Be- völkerung zur Unterwürfigkeit zurü. Ohne Aufenthalt weiter vorwärts dringend, langte er sodann am 26. Dezember vor Kaschgar an, wo er den Yü-h'u-ên und die Anderen, welche am 17. Dezember in ihre dortigen Stellungen eingerüdt waren, bereits antraf.

Nachdem nun in den vor Kaschgar entbrannten Kämpfen zunächst das]Corps des Rebellen-Unterfeldherrn Wang-yüan-lin aufgerieben worden war, hatte man den Angriff eines zur Hülfe herbeigeeilten zweiten J'isurgenten-Corps von 3- bis 4000 Mann Fußvolk und Reiterei zu bestehen. Dem General Yii-h’u-ên gelang es, diesen Angriff siegreih zurüczuschlagen, worauf die Rebellen aus den geöffneten Thoren der Stadt sich flüchtig nah verschiedenen Richtungen hin zerstreuten.

Den Fliehenden folgte Yü-h'u-ên, und auf einem anderen Wege H'uang-wan-p'êèng nah. Gleichzeitig wurden auf kür- zeren Seitenpfaden kleinere Detachements nach vorwärts be- ordert, um den Rebellen, welche jeßt vollständig den Kopf ver- loren, den Weg zu verlegen.

Der Jnsurgenten- Chef Yü-siao-h'u wurde lebendig ge- fangen, die Bande des Lan-tê-hin aber im Kampf bis auf den leßten Mann niedergemacht.

Bei weiter fortgeseßter Verfolgung gelang es dem Fuß: volk unter Anführung des Generals Siau-yüan-h'êèng, im Verein mit den Leuten des H'uang-wan-p'êng, den Rebellen- feldherrn Ma-yüan lebendig gefangen zu nehmen, und seinen Unterfeldherrn Pai-yen-lung im Kampfe zu tödten. Auch dieser ganze Rebellenhaufe wurde vernichtet. Liu-cin-t’ang ließ die beiden abtrünnigen Muhamedaner, Chin-siang-yin, Vater und Sohn, sowie den Yii-siao-h'u und den Ma-yüan, dur Zerstückeln mit dem Messer zu Tode bringen und ihre Köpse ausstellen; außerdem wurden, um jeden Rest von auf- rührerishem Geist zu ersticken, über 1100 Rebellen von ver- shiedenen Banden in Kaschgar öffentlich hingerichtet.

Der Kaiserliche General Tung-fu-siang machte sih darauf in Eilmärschen auf den Weg nah Khoten; am 29. Tage des 11. und am 2. Tage des 12. Monats (2. und 4. Januar 1878) hatte er theils gegen den Feind zu kämpfen, theils für die zum Gehorsam zurückehrende Bevölkerung Sorge zu tragen, und so ist auch der Distrikt von Khoten bereits wieder zur Unterwürsfigkeit zurückgebraht und gesäubert. i :

Mehr als 10 Jahre sind es jegt her, seit abtrünnige Buruttenhäuptlinge im dritten Jahre "ung-chih das Signal zum Aufstand gaben und die mohamedanischen Rebellen, Chin-siang:yin und Genossen, Kaschgar in ihre Gewalt brachten, Dn die Znsurrektion in dem Achtstädteland \südlih vom T'ienshan immer weiter um sih fraß, und dann au Turfan, Urumtsi und andere Städte der Reihe nah uns verloren

ingen.

: PÄlsbald unternahm, unter dem Beistande des Himmels, der Kaiserlihe Hof den Züchtigungskrieg. Tso-tsung-t’ang wurde zum Kaiserlihen Spezial-Bevollmächtigten und Höchst: kommandirenden ernannt und ihm die Leitung des Feldzuges übertragen. : / i

Auf Ausrottung der Widerspenstigen und milde Be- handlung der si freiwillig wieder Unterwerfenden gleihmäßi Bedacht nehmend, stellte er seinen Plan fest, der si zunächst auf Wiedergewinnung der Gebiete nördli vom DT'ienshan richtete. Vor Allem wurde Urumtsi wie- der erobert, um den wichtigsten Punkt des Gan- zen in Händen zu haben. Nicht lange darauf ward Manas eingenommen. Dann ging es von vers iedenen Seiten aus gleichzeitig vorwärts. Turfan und verschiedene andere strategish bedeutende Punkte wurden mit Aufwendung der größten Se in unsere Gewalt gebracht, darauf aber der Feldzug nah Westen mit Macht angetreten, und ein Strei nah dem andern, gleihsam wie mit der Axt in einem Walde von Bambusstauden, geführt, bis endlih nun jeßt das Acht- städteland südlih vom Gebirge wieder in seiner ganzen Aus- dehnung erobert ist.

Nr. 34 des Amtsblatts der Deutschen Reihs-Pofstt- und Telegraphenverwaltung hat folgenden Inhalt: Ver- fügungen: Vom 29, Mai 1878: Dun der kleinen Padete im Wechselverkehr zwishen dem Reichs-Postgebiete und Bayern und Württemberg. Vom 3. Juni: Postverbindung mit Helgoland. O OERg nach den cinesishen Orten Urga, Kalgän, Peking und Tientsin.