1843 / 100 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Zeitung auf seine thatsählihe Grundlage zurügeführte Ereigniß aus Posen in folgender Weise : “R R „Der Kugelregen es sollen über 20 Schüsse auf die Wagen des Kaisers und seines Gefolges gefallen sein hat wie durch ein Wunder Niemand verleßt; es war übrigens bei der starken Finsterniß unmöglih gewesen, auch nur Einen der Thäter zu ergreifen.“ ie Redaction der Augsburger Allgemeinen Zeitung macht selbst in einer Anmerkung darauf aufmerksam, daß diese Nach- riht „mit Mißtrauen aufzunehmen“ sei. Jun der That kann unter Hin weisung auf die öffentliche Bekanntmachung des Ober-Präsidenten der Provinz Posen vom iten d. M. auf das bestimmteste versichert wer- den, daß die obige Korrespondenz Nachricht alles Grundes entbehrt. Es is, wie wir dies in unserem Eingangs gedachten Artikel ange- deutet haben, nur ein Schuß, und zwar in der Nähe eines Wa gens gefallen, der mehrere Stunden nah der Durchreise des Kaisers

mit dem Kaiserlichen Kanzlei-Personal die Stadt Posen passirt hat.

Koblenz, 2. Okt. (Rh.u. M. Z,) Se. Durchlaucht der Her- zog Prosper von Arenberg hat der Elisabethen-Stiftung für Blinden- Unterricht in der Rhein - Provinz ein Kapital von 2000 Rthlr. mit der Bedingung zugesichert , daß demselben und seinen Nachkommen das Recht zur Vergebung von zwei Stellen in der Anstalt, für welche jedo je 50 Rthlr. jährlich gezahlt werden sollen, eingeräumt werde.

AuslanudD.

Deutsche Bundesstaaten.

Bayern. München, 2. Okt, (N. K.) Wer aus dem, im Vergleich mit auderen Zeiten, gestern Vormittags ziemlich geräusch losen Treiben in der Stadt etwa auf ein völliges Stören des Haupt- Festtages geschlossen hatte, der mußte sich Nachmittags auf der The resienwiese höchst überrascht finden. Gleich, als begünstige der Himmel

das Fest, waren die Zugänge zur Wiese, und besonders die Höhe hinter derselben, von Tausenden von Schaulustigen eingenommen, und mit jeder Minute mehrten sich die Massen. Kurz nach 2 Uhr, wo es auch aufgehört hatte, zu regnen, begann der feierliche Aft der Preis = Vertheilung an die Landwirthe, Thierzüchter 2c. , und gegen 3 Uhr nahm das Haupt-Pferderennen seinen Anfang. Unter tausend stimmigem Zuruf umkreisten neunzehn Pferde mit ihren kleinen und großen Reitern die genau eine Viertelmeile betragende Rennbahn viermal, und zwar gerade in 11 Minuten. Nach beendigtem Rennen, welches ohne außergewöhnliche Unfälle abging, fand noch die Ver theilung der ausgeseßten siebzehn Preise statt. Den ersten Preis, eben so den dritten, errangen ausländische Pferde, den zweiten ein inländishes. Die Wiese wurde unmittelbar nach dem Rennen von der Menge verlassen.

Würzburg, 2. Oft. (N. W. Z.) Die Königl. Majestäten werden künftigen Sonntag, den 8ten d. M,, früh 9 Uhr von Aschaf= fenburg abreisen, an diesem Tage im Schlosse zu Würzburg übernach= ten und am 9. Oktober die Reise nah München über Weissenburg, woselb#| wieder Nachtlager gehalten wird, fortseben, Tags zuvor, am 7, Oktober, kommt Ihre Königl. Hoheit die Prinzessin Hildegarde hier an, reist jedoch nah eingenommenem Gabel = Frühstück noch bis Ansbach.

Lüneburg, 2. Oft. (H, C) Heute Morgen

Hannover. unmittelbar nach ihrem Ausrücken durch den

wurden die Truppen

Regen bis auf die Haut durhnäßt; doch heiterte sih später der Himmel auf und es blieb während des ganzen Manövers das schönsté

Wetter. Die allgemeine Jdece des Tages war: Es operirten zwet Armeen zwischen der unteren Elbe und der Aller gegen einander? Die südliche Armee ist von Verden ausgegangen und steht bei Boibenz burg und Visselhövede. Sie hat ein Flanken-Corps, unter dem Na men des Aller - Corps, in Celle stehen gehabt, welches befehligt isl, über Uelzen vorzurücken, und wo möglich Lüneburg zu beseben. Die nördliche Armee is bei Harburg über die Elbe gegangen und im Begriff, die Offensive zu ergreifen. Sie hat ein Flanken-Corps, unter“ dem Namen des Elb = Corps, bei Artlenburg über die Elbe gehen* lassen, mit der Bestimmung, auf Uelzen und Celle vorzudringen. Das Elb-Corps hat am Abend des 1. Oftober ein Lager bei Vresdorff, unweit Bardowiek, bezogen und Lüneburg mit Vortruppen beseßt. Das Aller-Corps lagert am Abend desselben Tages bei Melbe, feine vorgeschobene Avant-Garde findet Lüneburg vom Feinde besebt, macht am hafenburger Mühlenbache Halt und läßt die Stadt durch Vor- posten beobachten. Das Elb - Corps war das stärkere und zählte 18 Bataillone, 20 Schwadronen und 25 Geschüße, eine Gesammtstärke von ungefähr 13,000 Mann. Dasselbe wurde von Sr. Durchlaucht

con Treitschke brav nah dem Ftalienischen bearbeitet, P acx hat be- fanntlich schon früher als Beethoven das nämliche Libretto komponirt, diejer aber dem Îtaliener (der übrigens früher in Vergesscnheit geräth, als er es

verdient) längst den Vortritt abgerungen, ut,

Durch die Nückkehr des Herrn und der Frau Taglioni von Stod holm, wo ihre Leistungen verdiente Anerkennung fanden, is das Elite-Corps unseres Ballets wieder vollständig. Beide traten in dem Divertissement „Der Geburtstag“ am 5ten d. wieder auf, wurden freundlich empfangen und erhielten ihren Antheil am Beifall, den der Tanz der Torolienne fand, Die Mythologie erzählt, die Musen hätten, nachdem sie die Töchter des Achelous, von denen sie auf Juno's Anstiften zum Kampf herausgefordert worden, besiegt, denselben die Federn von den Flügeln gerupft und sich Kro- nen daraus gemacht ; und schon die altfranzösischen Jkonologisten (\. „Nou- veau sujels de peinture et de sculpture“) waren jo gescheidt herauszusin- den, dies solle uns lehren, „daß man in den Wissenschasten und in den Kün- en Mere cinen {weren Geist noch eine {were Hand haben müsse. Nun Ps erp ore diejenige Muse, welche gerade am allerwenigsten eine schwere

van i oder einen schweren Fuß, oder einen {weren Geist vertragen kann: Den. ganzes Wesen ist aus J'gend, Lebhaftigkeit, Aufgeräumtheit, Freube, nmuth und Ungezwungenheit zusammengeseßt , sie will dem Geiste die drückenden Lasten abnehmen und ihn, wenn innli i i ie '1yn, auch durch sinnliche Mittel, einer Jd ee zuwenden, Also auch beim Tanze sind immer geistige Hebel in Be- wegung, wo diese fehlen, entstehen Bockssprünge. Die Griechen wußten die höchsten, die Menschheit bewegenden Jdeen durch ihre Chor-Reigen zu ver- anschaulichen. Alle National-Tänze lassen auf die geistigen Eigenthüm- lichkeiten des Volkcs schließen, dem sie angehören. Der Walzer z. B fonnte nur bei einem so sittlichen Volfe, wie das deutsche ift r Ursprung nehmen; bei manchen andcren würde man es für ein Aergerniß erachten, daß zwei, oft einander ganz fremde Personen verschie- denen Geschlechts sich umschlingen, und Hand in Hand unter R E tGaie Musikwirbel dahinfliegen, Die Galanterie des Franzosen, die den gge Menschen durchzuckende Leidenschaftlichkeit und herausfordernde ildhcit des Spaniers, der friegerishe Stolz dcs Polen und Ungarn, wer sähe das nicht sogleich in den Tänzen dieser Völker geistig abgespiegelt? Muß also {on der Solotanz einen anderen als blos ma- terjellen Boden haben, um wie vielmehr ist dann das geistige Element

620

dem Landgrafen zu Hessen befehligt. Die Feinde trafen sich auf dem hasenburger Berge, wo durch die Tirailleure das Gefecht eröff= net wurde. Die Aller - Armee hatte das Schleusenholz mit Vortruppen beseßt und sich hinter diesem Holze auf einer Anhöhe postirt. Ein harter Kampf entbrannte in diesem Holze, welches aber nach heftiger Gegenwehr endlih ver- lassen wurde, und die Vortruppen sich auf das Haupt =- Corps zurückzogen. Dasselbe hatte auf den Anhöhen hinter dem Holze eine feste Position eingenommen. Sein rechter Flügel lehnte si an die Flmenau, sein Centrum hatte ein Gehöft an der Chaussee nach Uelzen besetzt, und der linke Flügel lehnte sich an das Dorf Häklingen. Es war ein imposanter Anblick, wie wir durch das Holz kamen und die feindlihen Truppen auf der Höhe erblickten, welche uns mit einem Artillerie-Feuer begrüßten, das wahrlich nicht zu verachten war. Die stärkere Elb-Armee entwickelte aber nun ihrerseits ihre ganze Macht vor dem Holze und eröffnete cin sehr 1

Sie hieb mehreremale auf den Feind cin, mußte aber, da sie in den Be-

reich der feindlichen Artillerie gerieth, sih wieder zurückziehen. Die | Jufanterie ging nun abermals in geschlossenen Reihen vor, um die | Anhöhen zu erstürmen, wurde aber mehreremale zurückgeschiagen. Die |

Reserve rückte jeßt vor, und im Vereine mit dieser wurden die An- höhen erstürmt. Der Feind zog sih hierauf fehtend zurück und lehnte sich au das Dorf Melbeck. i Feldpläne, wo die Kavallerie beider Armeen sih trafen ; cs war ein

wundershönes Schauspiel, wie sie, Regimenter gegen Regimenter, |

einhiebenz dies geschah) zweimal, worauf der Ober - General Waffen- stillstand blasen ließ. Die Aller-Armee steht gegenwärtig in Melbeck, wo sie morgen von der Elb-Armee wieder angegriffen werden soll.

Lüneburg, 5. Okt. (H. N. Z,)

sein eingetroffen und vor dem Schlosse abgestiegen. : durch welche der König fuhr, bis zum Schlosse hin, waren Militairs aller Farben und Uniformen gufgestellt, #o daß gleich im Moment alle Kontingent-Regimenter repräsentirt wurden. Der große Zapsen- streich, alle Tambours mit einbegriffen, aus 1080 Mann bestehend, begaun um 8% Uhr und machte einen wunderbar imposanten Eindruck, Heute is wieder Feld- Manöver südlich von Lüneburg nach Melbeck hin, auf zwei Meilen Weite. Ein besonderes Schauspiel wird sich in der Haide, gegen Bienenbüttel hin, darbicten. Der König von Haunover hat hier nämli ein einzeln stehendes Bauernhaus ange fauft, welches erst vom Feinde als Deckung vertheidigt, dann aber angegriffen, zusammengeschossen werden und demnach 15 „Flammen gus-

gehen soll. Morgen Abend ist großer Hofball,

Baden. Karlsruhe, 2. Oft, Das Mannheimer Journ al berichtet: Gestern Vormittag wurde ein gedruckter Brief an Herrn Moriß von Haber, in vielen Exemplaren zerstreut, in allen Straßen der Stadt gefunden, vou Georg von Sarachaga unterzeichnet, hat er offenbar den Zweck, die bekannte Streitsache noch weiter auszudehnen ; es sind in der Macklotschen Druerei die vorräthigen Exemplare von der Polizei mit Beschlag belegt. Wir glauben übrigens gern, daß die ganze Sache eine Mystification ist. Von der Broschüre „Voll= ständige Darstellung der Streitfrage zwischen J. von Göler und M. von Haber, von Georg von Sarachaga““, ist die vierte Auflage

vergriffen | eine französische Ueberseßung- So viel vermag ein Wort, das zeit gemäß. Herr M. vont Haber is neuerdings einige Tage in Ver= haft gewesen und gestern früh in sicherem Geleite an den Rhein gebracht; derselbe hat jeßt vermuthlich die pfälzer Gränze bereits überschritten.

Direkten Nachrichten zufolge beruht die Bemerkung des Mann h eimer Journals, daß Herr von Haber über die Gränze „ge- bracht“ worden sei, auf einem Mißverständnisse. Herr von Haber ist nämlich freiwillig in Begleitung seines Bruders von hier abgereist ; und die Gensdarmen, die ihm das Geleit gaben, waren nur zu seiner Sicherheit aufgeboten. Uebrigens hat Herr von Haber guf dem kür: zesten Wege das badische Gebiet verlassen, denn er ist auf der fnic- linger Brücke über den Rhein gegangen und hat sich zuvörder]t nach Germersheim gewandt. Die Untersuchung wegen des Auflaufes, der dur den traurigen Ausgang des Zweikampfes zwischen Herrn von Göler und von Werefkin hervorgerufen war, wird ununterbrochen fortgeseßt; von Zeit zu Zeit werden sogar noch neue Verhaftungen vorgenommen. Ueber das Ergebniß is bis jeßt natürlich noch nichts mit einiger Zuverlässigkeit bekannt geworden,

erforderlich, wenn die vereinzelten Tänze sich zu einem Ensemble verbinden, wenn cin Ballet cntsteht 7? Die berühmtesten unter lezteren rückten uns auch immer eine {chöne Jdee vor Augen. Jm „Gott und die Bajadere‘“ sehen wix die Enthüllung des Trostes, daß die Unsterblichen verlorene Kinder uit feurigen Armen zum Himmel emporhebenz; in der „Svlphide“, daß den höheren Wesen keine andere Neigung zu dem Sterblichen gegönnt ist, als die des shüßenden Erbarmens, ebenso wie umgekehrt alle Jrdischen dem Unheimlichen verfallen, wenn sie in liebevolle Beziehungen zu geristerhaften Wesen treten; in der „Aschenbrödel“, daß wahre Demuth den Lohn durch sich selber findet u, st. w. Da abgeschlossene Tanzsagen und Tanzmythen, wie die genannten, selten sind, so hat man versucht, berühmte Dichtwerke, des Wortes entkleidet, durh Pantomine, Musik und Tanz vor die Sinne treten zu lassen; mit Glück geschah dies mehrmals auch hier, 3. B. mit Dichtungen von Thomas Moore und Lord Byron. Wo Neuere dieie poetischen und geistig-leuchtenden Vorbilder verließen, und ohne Ideen- Grundlage ein Ballet hafen wollten, geriethen sie in das Flache, Nichts- sagende, und auf die Dauer Langweilende, Wer möchte z. B. ein o völlig geistloses Ballet, wie die „Tarantel‘““ mehrmal sehen“ Auch das Diver- tissement „Der Geburtstag“ enthält und besagt Nichts, was dem Geistigen nur den entferntesten Anhaltepunkt böte. Ein alter Herr erlebt seinen Geburtstag, die Dienstleute und Nachbarn unterhalten ihn durch Tänze und Ueberreichung von Geschenken, ein verlorner Sohn kommt mit Frau und Kindern dazu und bittet seinen Vater um Verzeihung, dieser is aber unerbittlich, endlich legt man ihm das jüngste Kind in den Arm, und er vergiebt. Das is doch die nacteste Unbedeutendheit , die je geboren wurde! Wodurch soll man sich bei einer solchen ,„ Zerstreuung ‘“ zerstreuen? Streuen möchte man, aber ketne Lorbecrfränze._ Und wie unendlich reich is die poetische Literatur an Geschichten und Sagen, aus denen sich solche kleine Tanzbilder entnehmen und anordnen ließen? Man schlage nur, um ein cinziges Vorbild anzuführen, Grimm's, des wahr- haft dichterischen und einhelligen Bruderpaars, „Kindermärchen nach, und eine ganze Welt liegt ausgebreitet, woraus sich die Tanzkunst Stoffe für Ballcte, Züge, Festspiele herholen könnte; wie dies denn auch son an- derwärts geschehen ist, z. B. in München, wo das „Dornröschen ‘““ (das nämliche Grimm'sche Märchen, wonach Uhland sein berühmtes Gedicht „Ihr habt gehört die Kunde gebildet hat) im dies ährigen Karneval bei Hofe und unter Mitwirkung der Höchsten Herrschaften als Pantomime ge- eben ward. Fast alle diefe Grimm'shen Sagen wie häufig wurden Ke vou unseren namhaftesten Dichtern, z. B. Chamisso, metrish umschrie- ben! bieten Süjets für pantomimische und balletartige Zweckez ich will nur Schneewittchen und Rothkäppchen nennen. Hat Jmmermann doch schon das nach legterem gebildete Tiek'sche Märchen auf dem Düsseldorfer Theater

mörderishes Artillerie - Feuer. | Nachdem dieses gut vorgearbeitet hatte, wurde mit klingendem Spiel zum | Sturme vorgeschritten ; dieses hielt aber der Feind nicht aus, sondern zog sich fechtend auf die Höhen, welche sich vom Reesterberge gegen die Jlmenau | erstrecken. Hier war für die Kavallerie ein besseres Terrain zu manövriren. |

Vor diesem Dorfe is eine große |

Der König von Preußen | ist gestern Abend pünktlich um 6 Uhr 10 Minuten im besten Wohl- | Ju den Straßen, |

und die fünste im Drucke, zu gleicher Zeit auch mit ihr |

Karlsruhe, 3. Okt. (F. J.) Die kalte Witterung hat wieder etwas nachgelassen, was namentlih für unsere Truppen, die täglich ihre Uebungen fortseben, sehr erwünscht is. Das in Durlach liegende Bataillon des Leib-Regiments muß seit gestern jeden Morgen hierher marschiren, um mit den übrigen zwei Bataillonen des Leib-Regiments und dem Jufanterie-Regiment Nr. 1 auszurücken und in der Brigade zu exerziren. Morgen wird das freiburger Regiment Nr. 2 hier er- wartet und übermorgen das rastatter und mannheimer, Nr. 3 und 4, leßteres mit der Eisenbahn, hier eintreffen, damit Uebungen der gan- zen Jufanterie--Division stattfinden können, worauf Sonntag den Sten d. das ganze Armee-Corps hier zu einer Revue versammelt werden und am Montag den 9ten zu den Manövern ausmarschiren wird. Ein hier seit gestern verbreitetes Gerücht neuer Unruhen in Heidel= berg scheint sehr übertrieben zu sein; doch is als Vorsichts-Maßregel Gendarmerie-Verstärkung von hier aus dahin beordert worden. Was die Untersuchung wegen des dortigen Tumults am 20sten v. M. be- trifft, so scheint sie noch nicht die gewünschten Resultate geliefert zu laben, da heute das Ober-Amt Heidelberg einen Preis von 500 Fl. auf Entdeckung der Anstifter und Leiter aus\chreibt und Verschweigung des Namens der Angeber zusihert. Das landwirthschaftliche Cen= tral - Fest, das diesmal am 29, und 30. September und 1. Oktober in Offenburg abgehalten wurde, war niht vom Wetter begünstigt, das Preisschießen konnte sogar nicht zu Ende geführt und soll am 8ten d. fortgeseßt werden,

Kurhessen. Kassel, 4. Okt. (K. Z5 Bei der vorjährigen Ver= sammlung deutscher Philologen und Schulmänner, welche zu Ulm gehalten wurde, war Kassel zum Vereinigungsorte fux dieses Jahr ausersehen und die Geschäftsführung dem Direktor des hiesigen Gymnasiums, Dr. Weber, als erstem, und dem Dr. Bergf, Professor zu Marburg, als zweitem Vorstande übertragen worden, Der süddeutschen Stadt sollte eine norddeutsche folgen, und Kassel, wo das gesammte Schul- wesen in den leßten Jahren wesentlih umgestaltet und gefördert wor den is, wo außer den Namen, welche der Stadt selbs angehören, die Nähe mehrerer Universitäten einen zahlreichen und achtbaren Besuch erwarten ließ, und das daneben des Sehenswürdigen und Fnteressan= ten so Manches darbietet, chien um so mehr dazu geeignet, da cs von allen bisherigen wissenschaftlichen und praktischen Vereinen dieser Art unberührt geblieben ist.

Am 2. Oktober, Morgens 9 Uhr, wurde die vorbereitende Sihung der hier versammelten deutschen Philologen und Schulmänner gehalten. Der Präsident der Versammlung, Direktor Weber, sprach einleitend iber die Verdienste, welhe Hessen und die hessischen Regenten seit den ältesten Zeiten um Schulbildung und humanistishe Studien ge=- (abt hätten, und hieß den gesammten Verein in unserer Stadk will fommen. Das ihm übertragene Präsidium lehnte er für die folgenden Sibungen wegen mangelnder Schärfe zweier Sinne ab und übertrug cs dem Vice-Präsidenten, Professor Bergk. Sodann wurde das Ver zeichniß der eingetragenen Namen verlesen, deren Zahl sich zu Anfang der Sihung auf 133 belief. Hierauf wurden Professor Cäsar aus Marburg, Professor Rein aus Eisenach, Bibliotheks-Secretair Schu- barth und Gymnasial-Lehrer Theobald von hier mit dem Sekretariat beauftragt uud vorläufig die Tagesordnung für die Sißungen festch gestellt, Zum Schlusse wurde ein vom Professor K. F. Hermann gestellter Antrag auf Aenderung eines Paragraphen der Statuten vorgelesen, die Diskussion aber auf den folgenden Tag verschoben.

Die am 3. Oft. gehaltene erste Sißung der Versammlung erdssneke Professor Bergk mit einigen einleitenden Worten, worin er „als jüngerer Mann, als einer aus dem Geschlechte der Epigonen ,“ sich bei Uebernahme des Präsidiums der Nachsicht empfahl, und hierguf die Rücksichten hervorhob, durch welche der vorjährige Bere fich mit Recht bewogen gefunden habe, Kassel für dieses Jahr zum Mittelpunkte der Versammlung zu wählen. Nach ihm nahm Hofrath Thiersh das Wort, um guf das Wesen und die Bedeutung des Vereines, und auf den Zusammenhang hinzuweisen, in dem die Bestrebungen desselben mit den wichtigsten Angelegenheiten des Lebens stehen. Hierauf hielt der Geheime Hofrath und Professor Göttling aus Jena einen Vortrag über eine zu Florenz besind= lihe Statue, in welcher man bald eine Sabinerin, bald eine Polyhymuia oder auch eine Göttin des Stillschweigens zu erken nen glaubte, in der jedoch, wie erx wahrscheinlih machte, Thus-= nelde, Hermann's, des Befreiers von

Deutschland, Gemahlin, dargestellt is. Zugleich machte er wahrscheinlih, daß in eiz ner antifen Büste eine Abbildung von Hermaun's Sohn , dem zu Rom in der Gefangenschaft gebornen Thumelicus, erhalten sei. Der Vortrag zeichnete sich durch scharfsinnige Combination aus, und er weckte zugleich durch Anknüpfung an die bildliche Darstellung HYer- mann's und Thusneldens in unserer Zeit ein besonderes Jutere)je. Jn der Diskussion, die sich daran \{chloß, entwickelten Hofrath Fr. Thiersch und Professor Walz theilweise abweichende Ansichten, di€

zir allgemeinen Ergößung darstellen lassen, Es [01 oe E eine vorläufige Andeutung sein, an die sich später Bemerkungel über Balletwesen im Allgemeinen anreihen werden. Berlin bietet in dieser Rich- tung soviel Schöncs, ja Einziges, daß man im Interesse des Ruhms,

den sein Ballet in ganz Europa genießt, die Unterbleibung gehaltlsser Tanz-

spiele wünschen und diesen Wunsch aussprechen muß. u,

Musikalisches.

„Wanderlieder für cine Tenor- oder Sopran-Stimme mit Begleitung des Pianoforte , fomponirt von Julius Weiß. Berlin, bei Bote und Bock.“

Jndem wir diese Lieder die nämlichen , deren wir bei Gelegenheit eines Berichts über das neulich in der Sing - Akademie aufgeführte act- stimmige Nequiem von Julius Weiß bereits kurz erwähnten dem Publikum angelegentlichst empfehlen, können wir sie mit gutem Gewissen dem Besten, was in dieser Gattung geliefert is, an die Seite stellen. Ausprechende gefällige Melodieci bietend, sind sie zu_ gleicher Zeit leicht singbar, und auch die Begleitung ist (niht nah der Sitte S Komponisten , die ihre Lieder mit wahren Etüden begleiten As je u let fach und doch nicht gewöhnlich, so daß sich Jede diese Lieder selbsi vegiet- ten kann. Nr. 1. „Abschied ‘’ (& Takt G-dur) ist ausdrucksvoll aufgefaßt 3 die Worte „Ach weine nicht, ih kehr ja bald zurück" sind besonders schön wiedergegeben. Nr. 2. Wanderers Gruß/ (4 Taft C-dur), ein mun- teres, recht ansprechendes Liedchen. Nr. 3. ,, Heimkehr athmet tiefes, in- niges Gefühl und is vielleicht das schönste, das empfundenste der Sammlung. Nr, 4, „Wiedersehen“ (wieder ; Takt G-dur), mit ange- messener Wiederholung des Hauptthema's von Nr. 4, hat besonders zarte Stellen, wie z. B. bei Auffassung der Worte „Dein dacht? ih da so gerne !

Es freut uns, aus der Masse jeßt erscheinender Liedersammlungen diese wirklich gchaltvollen „,Wanderlieder hervorzuheben, denen zu ihrer allgemeinen Verbreitung weiter Nichts fehlte, als daß sie einmal ô ffentli c in einem Konzerte von einem beliebten Sänger vorgetragen würden ; in Privatzirkeln is es bereits mehrseitig geschehen, und haben sie dann immex , viel Anklang gefunden,

—__—_—

jedo, da Alles auf hypothetishem Grunde beruhte , zu keinem ent- scheidenden Abschlusse führten. Den zweiten Vortrag hielt Pro- fessor Osann aus Gießen über den Weinbau in Attika, den er mit den dahin einschlagenden mythologischen Ueberlieferungen in Verbin-= dung brachte, worauf Bibliothekar Bernhardi Erläuterungen zu sei- ner „Sprachkarte von Deutschland und Andeutungen zu einex wei= teren Verwirklihung der zu Grunde liegenden Idee gab. Den Schluß machte ein Vortrag des Professors Schneidewein, welcher über Augu= ]tus Verhältnisse zu Britannien, einen noch wenig erörterten Gegen-= stand, neues Licht verbreitete.

Frankrei.

Paris, 2. Okt. Der Herzog und die Herzogin von Nemours sind gestern Abend von Lyon im Schloß von St. Cloud eingetroffen. Die Auflösung des Lagers von Lyon hat vorgestern begonnen. Am Hofe scheint man mit dem Resultate der Reise des Herzogs und der Herzogin von Nemours nach Lyon weit zufriedener zu seyn , als mit dem Ergebniß ihrer Reise nach den westlichen Departements. Vie Bevölkerung von Lyon soll den Prinzen sehr herzlich aufgenommen haben. Vor seiner Abreise von Lyon ließ Se. Königliche Hoheit dem Maire 10,000 Fr. für die Armen zustellen. 4

Man hatte behauptet, Herr Olozaga habe von der französischen Regierung eine Intervention gefordert. Dem wird aber jeßt wider= sprochen. Er hat blos verlangt, daß die Regierung den Verkehr zwischen den Einwohnern von Barcelona und den frauzösischen Repu- blifanern und Kommunisten verhindern solle, so wie, daß das Tuile= rieen-Kabinet der spanischen Regierung das Negoziüren einer Anleihe erleihtern möge, da der Zustand der Finanzen die einzige Ursache sei, daß man die Unterdrückung der Unruhen in Catalonien nicht auf eine energischere Weise betreiben könne. Indessen glaubt man nicht, daß es so bald möglich sein werde, für spanische Rechnung hier oder in London cine Anleihe zu Stande zu bringen.

Man glaubt, daß nicht eher ein Botschafter von hier nach Ma- drid abgehen werde, bis es sich gezeigt habe, ob die provisorische Regierung die Majorität bei den Cortes erlange.

Die Finanzen Spaniens sollen so übel daran sein, daß das Mi- nisterium Lopez sogar kein Geld mehr für die Unterhaltung des Haushalts der Königin Isabella herbeischaffen könne. Es heißt, die Königin Christine helfe ihrer Tochter seit dem Sturze Espartero's mit ihren Geldmitteln aus.

In Folge der Nachrichten aus Griechenland is der Befehl nach Toulon abgefertigt worden, daß sofort drei Linienschiffe nah dem Piräus abgehen sollen.

Der Minister des Jnuern und der Minister der öffentlichen Bauten haben den Präfekten Justructionen ertheilt, welche Maß- regeln sie ergreifen müßten, um die Verheerungen zu verhüten, die das jährlich wiederkehrende Austreten der Flüsse um diese Zeit zu veranlassen pflegt.

_ Dem Constitutionnel zufolge, würde nächstens ein fran-= zösisches Kriegs - Dampfschiff von 200 Pferde Kraft nah China ge= {hickt werden, um den Einwohnern des Reichs der Mitte zu zeigen, daß die Franzosen eben so gut Dampfschiffe haben wie die Engländer. : Die Presse hatte vor kurzem in ihrem Feuilleton einen Auf= saß von Herrn Buchon über den Tod des Herzogs von Enghien enthalten. Die darin aufgestellten Behauptungen zur Rechtfertigung Napoleon'szwurden vom Grafen von Choulot in einem der France zugesandten Briefe in Zweifel gezogen, namentlich die Authentizität einer im Februar 1840 gepflogenen Unterredung über das Schifsal des Herzogs von Enghien, an welche Joseph Bonaparte Theil ge= nommen haben sollte. Dies veraulaßte Herrn Buchon, an Louis Napoleon, der bei jener Unterredung zugegen gewesen, zu schreiben und diesen um sein Zeugniß zu ersuchen. Darauf ging von dems-= selben aus Fort Ham am 29. September eine Antwort ein, worin es unter Anderem heißt: „Sie erinneren sich ohne Zweifel, daß ich ein so großes Gewicht auf die Erinnerungen legte, welche der älteste Bruder des Kaisers über diesen Gegenstand gesammelt hatte, daß ich meinen Oheim dringend bat, er möge Jhnen Alles sagen, was er über dieses düstre Drama wissez und neulih noch, als ih erfuhr daß Herr Thiers in seiner Geschichte des Kaiserreiches guf den Kaiser allein die Schuld der Hinrichtung des Abkömmlings des großen Condé's werfe, bat ich Herrn Vieillard, dem Herrn Thiers ‘wissen zu lassen, daß Sie, Herr Buchon, authentische Dokumente über dieses Ereigniß besäßen, die Ihnen durch den König Joseph selbst zugegangen wären. Die Unterhandlungen des Kaisers auf St. Helena mit dem General Montholon, die Memoiren des Herzogs von Ro= vigo, die Memoiren des Herrn von Menneval, die Erinnerungen meiner Mutter, die Bestätigung des Königs Joseph: alle diese Zeug- nisse von Zeitgenossen beweisen entschieden, daß der erste Konsul den Tod des Herzogs von Enghien uicht wollte; er konnte ihn auch nicht gewollt haben, denn er war großmüthig, und dieser Tod war ihm unnüß.“ j

Jn diesem Augenblick sind 1400 Arbeiter am Bau der Eisen- bahn von Orleans nach Tours beschäftigt, die zu nächstem Frühjahr fertig werden soll. 0

Admiral Lalande, der gefährlih krank war, befindet sih jeßt in der Besserung. :

Die Grafen Lovatelli, Rasponi und Ravennes, die bei den lebten Unruhen in Bologna betheiligt waren, sind in Paris eingetroffen.

Man hofft, daß Meyerbeer in diesem Winter hier eine seiner neuen Opern, den „Prophet‘“/ oder die „Afrikanerin““, zu welchen bei= den wieder Scribe das Textbuch geliefert hat, zur Aufführung bringen werde. Der „Prophet“ wäre schon in der vorigen Saison in Scene egangen, wenn die Direction der großen Oper si zu den für die bte) dd Partieen derselben erforderlihen Engagements hätte verstehen

Gróssbritanien und Irland.

London, 30, Sept. Die Stellung O'Connell's zu seiner

H a in Jrland is noch immer dieselbe schwierige U ge- fähr 0 N sie in leßter Zeit die Ungeduld des irländischen Volks eas 4 welches der endlosen Wiederholung derselben Declama=- ul Dl t die verheißenen praktischen Resultate der Agitation sehen s e ebten Repeal-Versammlungen uach der Rückkehr O'Connell's aus Clifden, zu Lismore am 24sten und an der Korn-Börse zu Dub-= den E September zwangen den Agitator gewissermaßen sich über berbei eft Ai Antrag Connor's während seiner Abwesenheit Wetten ‘Dla Vorfall zu äußern, und damit zugleich seine Veo cid e zu offenbaren. William Connor hatte mit seinem L k Antrag den wahren Willen des Volkes ausgedrückt ; ine M E Verein getreten, als derselbe hier verworfen wurde, bede wiffe U wie O'Connell jenem Willen des Volkes zu Gi Fels E: Aber die Persönlichkeit des Agitators, die dee Qua ede sicherte demselben den gewohnten Sieg. Auf lich M Anzabl f Lismore, wo die Geistlichkeit in außerordent- Sbimiuns tue Er ff, eingefunden hatte, herrschte eine entschiedene erflärie her erung von thatsächlichen Feindseligkeiten ; ein Priester ride Bod folie us der Agitation zur Aufhebung der Union din e l Ph: n ern sich an die Spihe derselben stellen. „Jch dos 1 L por neter hier“, sagte er, „kann euch aber versichern, ause 7000 Mann zurückgelassen habe, die bereit sind,

621

mit mir in den Kampf zu ziehen.“ O'Connell hatte Mühe, die Auf- geregten zu beshwitigen. D fürchte“, spra er, „meinen Beruf als Agitator aufgeben zu müssen, denn das Volk und die Geistlichkeit gehen weiter als ih; früher war es meine Pflicht, aufzuregen, heute muß ih bedacht sein, zu mäßigen; es liegt mir ob, die Kraft des Volkes zu regeln| und seine Energie in den Schranken zu halten. Jch habe genugsame Stärke hinter mix moralische und physische die mir den Erfolg sichert. Das große Geheimniß wird sein, diese Stärke zusammenzuhalten und nicht zuzulassen, daß sie zum Theil in den unrehten Kanal ausströme. Jh predige euch nun. Jhr seid, meine ehrwürdigen Freunde, eures Beschäftes müde geworden und habt euren Priesterrock abgeworfen. Jch aber nehme ihn auf und halte euch meine Sermone.“ 2

So manövrirt der Agitator, und vorläufig noch mit Erfolg. Seine Verurtheilung des Antrags O'Connor's auf der dubliner Ver= sammlung am 27sten steht damit im Einklang. O'Connell erklärte den Antrag für eineu Verrath an der Repealsache, und bestrafte den Antragsteller noch nachträglich mit einer feierlihen Ausstoßung aus der Versammlung und der Ausstreihung seines Namens aus der Repealliste. O°Connor hatte bereits früher seinen freiwilligen Austritt aus dem Verein angezeigt. Auch das Geld, welches derselbe für die Zwecke des Vereins beigesteuert hatte, sollte ihm zurüerstattet werden. Die Anträge des gewaltigen Agitators wurden einstimmig angenommen. Wie es möglich is, daß durch die bloße Gegenwart und Rede O'Connell’s die aufgeregten Gemüther beschwichtigt und zu einmüthigen Beschlüssen wieder veranlaßt werden, das liegt in der Persönlichkeit und dem Talente des Agitators, der dadurch zum Abgott des irländischen Volkes geworden und von denen ein Beobachter neulich folgende Schilderung entwirft. „O'Connell's Beredsamkeit reißt Alles mit sih fort und ertroßt selbst von dem Gleichgültigen, ja von dem Gegner Bewunderung. Die Hast, mit welcher seine Argumente sich drängen, Schlag auf Schlag, läßt Niemanden Zeit zur ruhigen Prüfungz die Sprache i} der Ta-= lisman, wodurch er herrscht, befiehlt, verbietet. Der Styl seiner Re den is} nicht elegant, wohl aber kräftig und treffend, Er schickt mit irländischer Sorglosigkeit die gesundesten Gedanken in Menge in die Welt, aber ohne die nothdürftigste Hülle, ihre Blöße zu bedecken. O'Conuell’s Kopf, wie überhaupt seine ganze Statur, is sehr groß, frische Farbe, eine kleine und stumpfe Nase; sein braunes Augenpaar verräth Wohlwollen und Penetrationskrast; um seinen Mund spielt immer ein freundlich -lächelnder Zug, gleichviel, ob er im Parlament pricht, oder im Familienkreise wirkt, oder das Volk bewegt.“

X London, 30. Sept. Die Regierung soll den Entschluß gefaßt haben, freilich etwas spät, eine donnernde Proclamation gegen die Ruhestörer in Wales zu erlassen, um die Rebekka dur das volle Gewicht der Königlihen Ungnade zu vernichten; hohe Belohnungen für die Denunciation derjenigen Personen sollen zugleich ausgeseßt werden, welche einer Theilnahme an diesem merkwürdigen Aufstande überführt werden könnten. Alles dies wäre vortrefflih gewesen, wenn es 4 Monate früher veranlaßt worden wäre, aber jeßt wird vielleicht man darüber spotten. Der Reporter der Times in Wales hat durch seine Thätigkeit bei Untersuhung und Veröffentlichung der wahren und eingebildeten Beschwerden der waliser Pächter viel Glaubwür= digkeit gewonnen, Es is ein neues Schauspiel, dergleichen Provin=- zial - Interessen, die gar nicht nah Oeffentlichkeit streben, in einem der ersten Journale Europa's vertreten und, mehx Raum in seinen Spalten einnehmen zu schen, als die Revolutionen von Köng= reichen. Doch is die Folge davon eher eine nachtheilige als wohl: thätige gewesen, denn die Waliser sind dadurch zu dem Glauben verleitet worden, daß fie in England eine große Partei für sich haben, und ihr Treiben überhaupt von größerer Bedeutung sei, als man demselben füglih beimessen kann. Aus eben dem Grunde, weil dasselbe von so geringer Bedeutung ist, hat die Regierung feine größe= ren Kräfte zur Unterdrückung desselben aufgewandt, Jch muß indeß gestehen , daß nah meiner Ansicht, diese Mäßigung durchans schlecht angebracht worden is, obgleich auf der anderen Seite Maßregeln unge= wöhnlicher Strenge die ganze welsche Bevölkerung aufgeregt haben und die National - Leidenschaften des gesammten Adels dort in offe= nen Haß gegen die Sachsen ausgeartet sein würden. England hätte sicherlih wieder die Kriege Eduard's 1, beginnen müssen,

In Juland wird bez weitem mehr deklamirt, aber es giebt dort nicht ein Viertel so viel Ruhestörungen. OD'Connell fährt mit dem alten Liede fort und s{leudert seine wilden Schmähungen über das Haus Braunschweig, Ludwig Philipp, Espartero, das Journal des Débats und die Timesz aber alles dies hilft nichts, ihn von der ungemeinen Schwierigkeit seiner Lage zu befreien. Jch habe von jeher auf die Repeal-Bewegung mit großer Geringshäßung geblickt und sie hauptsächlih den pecuniairen Bedürfuissen O'Connell's und seiner Freunde zugeschrieben, welche dies Mittel als den leßten ver- zweifelten Ausweg anwandten, um von dem irländischen Volke Geld zu erpressen. Jch finde jeßt, daß O'Connell niht weniger als 40,000 Pfd. St. der National - Bank von Jrland schuldet. Seine außergewöhnliche Stellung giebt ihm unumschränkte Macht über jede Zettelbank des Landes. Wenn er dem Volke gebietet, irgend ciner Bank ihre Noten zur Baarzahlung zu präsentiren, so kann er dieselbe zwingen, ihre Zahlungen einzustellenz wenn er auf der anderen Seite seine Aegide auf den Zahltisch des Banquiers pflanzen will, so kann er denselben vom Bankerott retten. Es ist noch nit sehr lange her, daß ein römisch - katholisher Bischof in Cork, als eine Bank unter drohenden Anzeichen in der Handelswelt wegen Baar= forderungen zu wanken schien, sich selbst au die Kasse stellte und Jedem, der eine Note zur Auszahlung präsentirte, ohne sein Geld wieder abzugehen anbefahl; und sie thaten es. Die National-Bauk von Jrland is deshalb in O°'Connell’s Gewalt, aber O'Connell is auch in der Gewalt der Bank; denn es wird einige Zeit vergehen , ehe die Repeal - Rente eine Schuld von 40,000 Pfd. tilgt. Die Repealbewegung i eine Mischung von Trug, Falschheit und Täuschung. Trug von Seiten der Führer ; Falschheit von Sei= ten der Tausende, welche sih der Bewegung angeschlossen haben, ohne an den Erfolg zu glauben oder denselben zu wünschen, sondern aus dem einfachen Grunde, weil sie niht die moralische Kraft besißen, einem Volksgeschrei zu widerstehenz und endlih und hauptsächlich Täuschung von Seiten der Masse eines unwissenden dem Priester= Despotismus preisgegebenen Volkes. Die Bewegung wird deshalb mit einer vielleicht lächerlichen plöblihen Katastrophe cin Ende neh= men und der Verachtung onheimfallen.

Lord Brougham hat cin Pamphlet über Reform in dem Kri= minal-Recht veröffentlicht, welhem er eine Nachschrift über sich selbst von ausgezeichnetem Wiß und großer Gewandtheit beigefügt hat. Er rechtfertigt sich gegen die unaufhörlichen Angriffe der Whig=-Zournale und {mäht aufs empfindlichste die Parteifarbe, die er selbst hon lange abgelegt hat. Wird nun noch Einer, der unser Land kennt, leugnen wollen, daß die Vortheile wohldisziplinirter Parteien durch die feierliche Anerkennung der höchsten Autorität der Partei-Jnteressen, ihre Sympathieen, Gefühle, ja sogar der Partei=Moral theuer erkauft werden? Eine solhe Knechtschaft unter einem so unedlen Tyrannen würde unerträglich (ein, denn sie erheischt die Verléugnung der edelsten Beweggründe und stellt den Gehorsam höher, selbst als die Reinheit der

Gesinnung, wenn diese Leidenschaften des Parteigeistes niht in großem Maße in dem englischen Charakter vorherrshten. Es kostet einem Manne hier außerordentlih wenig Ueberwindung, seine Ueberzeugung seiner Partei zu opfern, und es würde ihm unendlih viel mehr ko- sten, die Partei seiner Ueberzeugung zu opfern. „„Vixit ad aliorom sententiam non ad suam” fanu das Motto englischer Politiker sein, und es giebt wenige solcher Charaktere, welche die Zufriedenheit mit sich selbst über den Tadel ihrer Mitmenschen zu stellen wagen.

will nicht sagen, daß Lord Brougham's Leben das Gegentheil beweist, aber wenigstens hat er die Uebelstände des Systems auf eindringliche Weise dargelegt,

UTtCcodeLiqo e C Mastricht, 2. Oft. Die zehn Kapitel des Budgets der

| Ausgaben nehmen in diesem Augenblicke die ganze Aufmerksamkeit der

| zweiten Kammer in Anspruch.

Die meisten Redner sind erschreckt

| darüber, daß die Regierung die Ausgaben vorlegt, noch ehe sie weiß,

| durch welche Auflagen dieselben gedeck werden sollen.

| Geseßes zur Sprache gebracht. | über ausgesprochen, daß das Konvertirungs- Geseß verworfen, und

| seien.

: ? Jet Viele von ihnen kommen auch auf eine Revidirung des Fundamental - Gesebes

| zurü; allein auf der anderen Seite scheint es uns, daß der assende | Augenblick noch niht gekommen ist, um sich mit dieser L

en und

s{wierigen Arbeit zu beschäftigen. Man will allgemein zuerst die

| Finanzen reguliren, indem man si der Hoffnung hingiebt, daß die Regierung in kurzem Abänderungen des Fundamental - Gesebes vor= | shlagen werde, das im Jahre 1840 gar nicht revidirt worden ist.

Die Berathungen über das erste Kapitel des Budgets haben troß dem Fundamental - Geseße, welhes die Ausgaben für das Kö-

nigliche Haus auf 1,200,000 Gulden festseßt, vier Tage gewährt. | Aber diese langen Erörterungen haben die Fragen über die Art, das | Budget obne die Mittel vorzulegen, so wie über die mehr oder weni=-

ger dringende Nothwendigkeit einer Revidirung des Fundamental= Mehrere haben ihr Bedauern dar=

daß die Finanzen dadurch in eine solche Verlegenheit gestürzt worden Endlich is} das erste Kapitel mit 32 gegen 24 Stimmen an- genommen, aber das zweite, welches die Ausgaben für die hohen Staats - Kollegien und das Kabinet des Königs betrifft, mit 33 ge=-

: S 1ZO : | gen 23 Stimmen verworfen worden. sein Gesicht rund, ohne voll und stark zu sein; er hat eine gejunde |

Man kann hiernach das Schicksal der übrigen aht Kapitel vor=

| hersehen. Die Kammer erwacht, sagen die Anhänger der Opposition,

das mag seinz aber erwacht sie zur reten Zeit ? Dies wird sich später ergeben. Diese ganze Opposition führt zu provisorischen Kre= diten, der schlimmsten von allen Ungewißheiten in Finanzsachen. Es ist leiht zu sagen: Das Budget von 70 Millionen i zu hoch ; aber man begreife do nur, daß von dieser Summe 38,700,000 Fl. durch die Staats-Renten verschlungen werden und daß diese Schuld eine heilige istz und man vergesse doch nicht, daß die Verwerfung des

| Budgets den Staat in die größtmögliche Verlegenheit versebt.

___ Es geht das Gerücht und gewinnt an Glauben, daß Herr Schoneveld zum Justiz - Minister werde ernannt und Herr van Hall, welcher unter den schwierigsten Umständen das Portefeuille der Fi= nanzen übernommen hat, auch fernerhin interimistischer Finanz -=Mi= nister bleiben werde. Diese Maßregel würde ergrissen werden, um die Kammer zufrieden zu stellen, die es nicht gern sieht, daß in ei= nem so kritischen Augenblick einem und demselben Minister zwei Por= tefeuilles, und noch dazu sür so verschiedene Verwaltuugs = Zweige, übertragen worden sind. Js dies wahr, so zeigt die Regierung bei dieser Gelegenheit große Nachgiebigkeit; denn wenn Herr van Hall Mittel genug besißt, um zwei Ministerien leiten zu fönnen, #o giebt er dur diesen Umstand, im Augenblicke des Rücktritts seines Vorgängers Energie genug zu erkennen, um das wagen zu können, wovor andere zurückshreckten. ,

Die holländishen Fonds sind etwas gefallen. Das Volk befin= det sih in einer Art Beängstigung und glaubt sich -am Vorabend einer Finanz-Katastrophe, wenn es der zweiten Kammer an Weisheit fehlt, wie es ihr zu einer anderen Zeit an Festigkeit gefehlt hat.

Pan e

París, 3, Oft. Telegraphische Depeschen aus Spanien.

_ Bayonne, 30, Sept. Am 27sstten waren die Dinge zu Sara- gossa noch in unverändertem Zustand; die Insurgenten fingen an, unter sich uneinig zu werden; General Cañedo hat das Kommando übernommen. Die Blokade is sehr streng z es fehlt an Lebensmitteln R Stadt; die Junta läßt eine außerordentliche Contribution er= heben.

Madrid war am 26. September Abends ruhigz doch hatten in der Nacht zuvor neue Verhaftungen stattgefunden. Jn Andalusien und Galicien herrsht fortdauernd Ordnung. Prim ist durch Dekret vom 26, September zum General-Major ernannt worden.

Perpignan, 1. Okt. Vierzig Jusurgenten zeigten sich am 28, September vor Puycerda, versehen mit einem Befehl der Junta von Gerona, man solle ihnen die Gelder aus den öffentlichen Kassen übergeben und die Carabiniere nah Gerona hien. Der Gouver= neur hat das Begehren abgeschlagen und gedroht, auf die Jnsur= genten Feuer geben zu lassen, falls sie weiter gingenz darauf hin haben sie sih zurückgezogen.

XX Paris, 2. Okt, Obgleich die heute eingehenden Nach= rihten aus Barcelona nicht über das Datum der durch die vorlegte Post überbrachten Mittheilungen hinausgehen, so enthalten sie doch eine Menge von interessanten Thatsachen, welche bis jeßt nur unvollständig oder gar nicht bekannt waren. Die Junta hat mehrere der auf das Land geflüchteten reichen Einwohner von Barcelona aufheben lassen, unter ihnen die Herrn Zafont, Tous und Carreras, von denen sie jeßt 25,000 und 10,000 Piaster Lö= segeld als Preis ihrer Wiederfreilassung verlangt, deren Zahlung die Gefangenen jedoch beharrlich verweigern. Das neue republikanische Blatt la Union führt eine ganz maßlose Sprache gegen diese Män= ner und überhaupt gegen alle Aristokraten , die höllischen Helfers- helfer der Tyrannei“, deren Gut und Leben es als Sühnopfer der beleidigten Volksrechte verlangt.

Die von dem General Araoz dem Aufstande gegenüber beobah= tete Haltung wird von den Anhängern der bestehenden Ordnung der Dinge dem schlimmsten Verdachte m Man findet sein Tem= porisiren und seine Schonung gegen die Aufrührer um so unbegreifli= cher, als die Jusurgenten selbst keine Gelegenheit vorübergehen lassen, um den Truppen der Regierung Schaden zuzufügen. Die Unthätig= feit des Generals Araoz war Saite nahe daran, eine Meuterei der Truppen herbeizuführen. Der Nachfolger des Generals Araoz, Ge=- neral Sanz, flößt den Freunden der Regierung dagegen roßes Ver- trauen ein, und sie sprechen die Ueberzeugung aus, daß er binnen furzem des Aufstandes werde Meister werden. Die Junta EN soll übrigens in den leßten Tagen den Mel verloren haben, und di Zahl der zu ihrer Verfügung stehenden Bewaffneten in den 2 der Stadt soll auf etwa 1000 Jusanmneiga n f

Innerhalb der Hauptstadt von Catalonien wurde, pfenden Parteien ein fast ununt enes, aber unschädlihes Feuer unterhalten. Jm Laufe d den indessen im Fort Atarazanas zwei © National = Garde durch die Kugeln von 2