1843 / 150 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

dignation im Publikum aufgenommen. Ueberhaupt hat die Art und Weise, wie man die hiesigen Vorfälle auswärts ausgebeutet hat, eine große Erbitterung selbst bei denen erregt, welhe zu den s{limmsten Auslegungen des Geschehenen geneigt sind und nur die offenbare Lüge und Verleumdung hassen. Diese Erbitterung thut sich in Aeuße- rungen fund, die wir nicht wiederholen wollen. Erfreulich war dage gen die würdigere Haltung des größeren Theiles der deutschen Presse, und insbesondere der Redactionen der süddeutschen Zeitungen, welche das Benchmen der rheinishen und sächsischen Presse auf die unzwei deutigste Weise mißbilligt haben, indem sie den daraus hervorgegan geuen, mit Schmähungen und Verleumdungen überfüllten Artikeln die Aufnahme in die Spalten ihrer Blätter beharrlih versagten.

Karlsruhe, 20. Nov. (S. M.) Die Mehrzahl der Ab- geordneten zur Stände-Versammlung ist heute hier eingetroffen, und Donnerstag, den 23sten d., wird die feierliche Eröffnung stattfinden. Eine Thron - Rede wird, in Abwesenheit Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs, nicht gehalten, sondern die Stände-Versammlung mit wenigen Worten durch den Präsidenten des Ministeriums des Junern, Greiherrn von Rüdt, sür eröffnet erklärt werden. Die auf die Dauk Adresse früher verwendete Zeit wird also für die Berathung über die Vorlagen der Regierung erspart, und dies is um \o erwünschter, als dieselben sehr zahlreich sein werden. Das Justiz = Ministerium legt einen neuen Eutwurf des Strafgeseßes, eine Strafprozeß - Orduung und Organisation der Gerichtsstellen vor, macht aber aus seinen Eut würfen noch eine Art vou Geheimniß, indem bis zur Stunde die bereits ge druckten Entwürfe nicht ausgetheilt oder in den Buchhandel gebracht sind ; das Ministerium des Juneru wird das immer dringender werdende Straßenbau-Geseb, einen Geseß-Vorschlag für Besserstellung unserer sehr gering besoldeten Volksschullehrer und die Uebereinkunft über den Bau der Main =Neckar= Eisenbabn, das Finanz-Ministerium allein 12 Geseß - Entwürfe vorlegen, welche größtentheils mehr Klarheit und Einfachheit in dem Staats -Rechnungswesen bezwecken. Bei diesen Aussichten auf einen lauge dauernden und mit wichtigen Juteressen beschäftigten Landtag hofft man, daß die Kammern durch richtige Vertheilung ihrer Mitglieder, namentlich derjenigen, die sih zu Be- rihterstattern eignen, in die Kommissionen dafür zu sorgen, daß alle Mitglieder gleichzeitig beschäftigt und nicht Einzelne durch Ueberhäu- fung mit Arbeiten genöthigt werden, ihre Berichterstattung ungebühr- lich lange zu verschieben, während ihre Kollegen sich in ungewünschter Muse herumzutreiben genöthigt sind.

Aus §Heidelberg, 21. Nov. (Maunh. J.) Die Kom- mission des achten deutshen Armee= Corps hat sich nicht aufgelöst, wie die Großherz. Hess. Ztg. berichtete, sondern sie wollte nur die Arbeiten in so lange vertagen, bis die bisher verhinderten badi-= schen Commissaire denselben beiwohnen könnten. Ju Folge dessen trat auch eine Unterbrechung ein, jedoh nur von zwei Tagen. Seit dem ist aber die Kommission wieder versammelt, und zwar vollständig. Denn von Seiten Württembergs is an die Stelle des Generals von Müller der Königl. Garde - Oberst Brandt getreten, und Baden hat gesendet die Herren: General von Fischer, die Majors vou Rog- genbah und Hol und den Hauptmann Ludwig. Sonst i} keine Veränderung eingetreten.

Freie Städte. Hamburg, 23. Nov. (Hamb. Bl.) Die Beschlüsse der Bürgerschaft auf die gestern mitgetheilten Anträge des Senats waren folgende :

Ad. 1 geuehmigt Erbges. Bürgerschaft die Niedersezung einer gemischten Deputation zur Berathung über Reformen im Kriminal- Zustiz= und Polizeiwesen, so wie zur Entwerfung eines Kriminal Geseßbuches, und erneunt dazu ihrerseits als Nechtsgelehrte aus der gesammten Bürgerschaft die Doktoren H. Baumeister, J. F. Voigt und 2: Halle; als Bürger aus den Kirchspielen: die Ehrbaren Moriß Steinthal aus St. Petri, Herm. Dreyer aus St. Nikolai, G, F. Vorwerk aus St. Katharineu, J. H. Guaden aus St. Jakobi und T. H. Suse aus St. Michaelis.

Ad Il, genehmigt Erbges. Bürgerschaft den Autrag wegen Treu- nung der Hypotheken-Verwaltung von dem Senats-Sekretariate uud die weiteren Bestimmungen hinsichtlih des leßteren, so wie wegen eines provisorischen füuften Secretairs, in allen Punkten angetragener- maßen.

AdIII, dankt Erbges. Bürgerschaft für die so lichtvolle als aus- führliche Darstellung unserer Finanz-Zustände und genehmigt die pro- ponirten Deckungen des Defizits vou 1841 und 1842, so wie des ver muthlicheu Defizits des laufenden Jahres in allen Punkten augetra- genermaßen; wie auch ebenmäßig die eventuelle Ermächtigung löbl, Kämmerei zur Aufnahme von 200,000 Mk, Bco. y

Ad IV. genehmigt Erbges. Bürgerschaft die dem Berichte der Rath- und Bürger=-Deputation augefügten beiden Anträge.

Ad V. genehmigt Erbges. Bürgerschaft die fernere Prolongation der sieben kombinirten Abgaben angetragenermaßen, jedoh die Stem= pel-Abgabe nur auf ein Jahr,“

Karte abzeichnen lassen, Mir dagegen hat er ein Exemplar seiner Neise durch Kudistan zum Geschenk gemacht, das zu unserem Ausfluge dahin von hohem Werthe is, Beide Herren bemühten sich um die Wette, uns den hiesigen Aufenthalt so genußvoll als lehircih zu machen, und der Seraskier, ein politischer Gegner des Abd-ullah Pascha von Trebisond, hat in sich alle Vollkommenheit orientalischer und occidentalischer Höflichteit rereint, Beim Volke freilich, dem die Franken noch immer selteuere Erscheinungen sind, haben wir den Namen „Gjaur Muderrisler““, d, i, der ungläubigen Pro- sessoren, erhalten. :

._ Im Plan des Herrn Koch lag es nun zunächst, die Quellen des Araxes Suzusuhen, dann am Frat und dem uno problematischen Mamakoium bis S N der antifen Nesidenz der Arsaciden und ihrer Königsgrüfte (Erdkf. X, Od 2), vouzudringen, dann die Araxcs Murad Wasserscheide näher zu er- Sidi, L ANTE Nordscite neuerl ch mehrfach bereist i, so soll nur ihre d Me e Murad auswärts bis Toprahkolch verfolgt werden, daun aber Eintritt aus rujg@dioman, Ani und Kars nach Tiflis gehen, wo nur, beim mag; doch Werden Le O die Quarantaine einigen Aufenthalt geben von Titoff in Konstantsuoyl Verwendungen des russischen Gesandten Herrn mission, zur Regulirung e 2 des Obeist, Chefs der russischen Kom-

rer Beistand diesen wohl fo tellen Angelegenheiten, auch Ande- reibt, daß unter den Ankäufen di R M9 a N Boie rühmte Kommentar zum Koran bts Beib in Artwin gemacht, auch der be- mit Gold in ausgeführten Figuren iu L O befinde, ein Astronomikum sassanidische, mehrere byzantinische und aliz di inzen: parthische, 1904 seien nicht aufzutreiben gewesen, Dex Wer CORD! vou Werth z arabische also wieder unter Indo-Europäer, wenn aus ti a n, pay Kurdistan Der englische Konsul Brant sei uter bk q \ch echte, räuberische, führen. deckung von 14 Reit i ir seie anders als mit einer Be- g vo “teltern gereist, was für sie zu fostspie( L Ct e LA

uns, [ließt er, mit Horazeus integer vitae und de, es sei, Wir trösten durch dics Land als durch das verrufene Lazistan zu vie "laus

öchsten Beistand un i ü i -. Môge des Se L stand unseren kühnen, höchst achtungswerthen MOEen stets

He1x Dr. G, Nosen giebt in cinem aus Erzerum der Königl i der Wissenschaften übersandten Bericht sehr {chäßbare und ina E theilungen über eine bisher faum mehr als dem Namen nach bekannte Sprache, das Lasische, welches in dem zum Paschalik von Trabison (ge- wöhnlich Trebisond) gehörigen Saudschakak Lasistan gesprochen wird. Wir besaßen von diesem merfwürdigen Jdiom, welches in Adelung's Mithridates noch gar nit erwähnt wixd, bis jeyt nur eine kleine Anzahl von Wörtern,

904 Replica Senatus,

\d I. bis IV. danft E. E. Rath der Erbges. Bürgerschaft für ihre Zustimmung und ernennt ad 1, Seinerscits zu Mitgliedern der niederzufeßenden Deputation die Herren Senatoren Hudtwalcker, Dr. Binder und Dr. Lutteroth-Legat.

Ad V. will E. E. Rath Sich die Prolongation der Stempel- Abgabe vorgängig für ein Jahr gefallen lassen.

Die Wahlen haben ihre Richtigkeit.

o" Lübe, 23. Nov. Ju einem Artikel des Hambu rger Correspondenten is ohulängst die Vertheilung der von den bie- sigen Bürgern zu tragenden Staatslasten und die davon handelude Glugschrift des hiesigen Kanfmanns Jacobi besprochen worden, (Vergl. Allg, Preuß. Zeitung Nr. 140, Beilage.) Später hat aber der Hamb. Correspondent vom 16. November auch eiue Berichtigung gegeben. Jun diesem leßteren Artikel wird das Wider sinnige der in jenem ersteren enthaltenen Behauptung: „daß ein be güterter Staatsbürger zur Leuchten-, Pflaster= und Militair-Steuer nur 55 pCt., die mittlere Klasse der hiesigen Bürger dagegen 153? pCt. vomEinfkommen beitragen müsse“, nachgewiesen, unter Aufklärung des zum Grunde liegenden Mißverständnisses. Die erwähnte (in Altona gedruckte) Jacobische Flugschrist beruht keinesweges auf offi ziellen Angaben, vielmehr entbält sie die gröbsten, in den hiesigen Neuen Lübecker Blättern auch bereits nachgewiesenen Jrrthü- mer. Da jedoch der Verfasser, ein woblhabender hiesiger Kaufmanu, der in ähnlicher Art wie Johannis Rössing in Bremen die Volksgunst zu ambiren scheint, scit deu im Juli hierselbst stattgehabten Unruhen eine gewisse Popularität sih erworben hat, so konnte es nicht fehlen, daß die erwähute Schrift bei unseren niederen Ständen, denen die neuen Steuern verhaßt sind, vielen Anklang fand. Es ist zu beïlg-= gen, daß der im Ganzen, sowohl bei den höchsten Staats-Behörden als bei den gebildeten Ständen, herrschende und auch in dem Stre= ben nah einer Reform unserer Verfassung sich kundgebende Geist des Fortschritts so sehr gelähmt wird dur die ungeschickten Operationen und gehässigen Machinationen Einzelner, die von der großen Menge für Freunde des Gemeinwesens gehalten werden, während e m der

I

That für dessen {limmste Feinde gelten müssen.

Sr ante? t.

Paris, 21. Nov. Vorgestern, als am Namenstage der Köui- gin Jsabella, war große Cour bei der verwittweten Kömgin Christine, zu welcher auch der König und die Königin der Franzosen, Madame Adelaide, der Prinz und die Prinzessin von Joinville von St, Cloud nach der Stadt gekommen waren.

Man spricht von einem zweiten aus der Feder des Königs ge- flossenen Cirkular an die Erzbischöfe und Bischöfe des Königreichs, worin Se. Majestät ihnen mit Leidwesen bemerélih machten, daß die alles Maß überschreitende Ausdrucksweise, deren sich einige der Prä laten in ihren veröffentlichten Briefen bedient, die Regierung gezwun- gen hätten, zu Maßregeln der Strenge zu schreiten, die man sich selbst lieber erspart haben würde.

Der Messager enthält eine offizielle Widerlegung der Angabe des National, daß das Kriegs-Ministerium die Auswanderungen nach Algier nicht mehr gestatte. Vielmehr hätten seit dem Januar 1200 Personen kostenfreie Ueberfahrt erhalten.

Da Herr Blondeau, Dekan der Rechts-Fakultät zu Paris, seine Abdankung eingereicht, so hat der Minister des öffentlichen Unterrichts durch Beschluß vom 18, November diese Function dem Herrn Rossi, Professor in dieser Fakultät, Mitglied des Justituts und des König= lichen Universitäts - Raths, übertragen. Der Grund der Abdankung des Herrn Blondeau is angeblih, weil er zu Gunsten des Herrn Nosst der Präsidentschaft bei den Konkurrenz-Prüfungen der Rechts schule, welche er seit 1830 ausgeübt hatte, entseßt worden war.

Aus Algier wird unter dem 10ten gemeldet, daß ein wichtiger Stamm in der Umgegeud von Tlemzen, der seit langer Zeit unter worfen gewesen, plöblich abgefallen uud auf das Marokfauishe Ge biet geflüchtet sei,

m Paris, 21, Nov. Der Marquis von Dalmatien, Sohn des Marschall Soult und neu ernannter Gesandter Frankreihs am Königl, preußischen Hofe, ist heute in Paris eingetroffen, nahdem er anm 14ten l, M. sein Abberufungs- Schreiben dem König von Sardinien überreiht hatte, Der Marquis von Dalmatien wird nah kurzem Auf- enthalte in Paris sich auf seinen neuen Posten begeben, um sein Be glaubigungs=Schreiben zu überreihen. Ér wird aber, wie es heißt, zunächst nur einige Wochen in Berlin bleiben, da seine Gegenwart in der Kammer bei der Diskussion der Adresse vom Ministerium ge wünscht wird.

Vor wenigen Tagen ist in den Tuilerieen ein Courier aus Tou- lon eingetroffen, welcher Briefe von Seiten des Herzogs von Aumale für die Königlihe Familie überbrachte, die mit dem Dampfboote „Neptune““ aus Neapel im obigen Hafen angelangt waren. Aus der

welche Klaproth in seiner Asía polyglotta auf zwei Seiten zusammenge- stellt hat, Von dieser dürftigen Worfsammlung, die nicht einmal die Zahl- wörter enthält, worauf bei Verwandtschafts-Bestimmungen der Sprachen o viel anfommt, sind wix nun dur Herrn G, Nosen's glückliche und ein- sicht8volle Bemühungen mit einem Mal zu einer planmäßigen und metho dischen Grammatik gelangt, die das Gepräge der Vollständigkeit an sich trägt, alle Nedetheile und ihre Biegungen beschreibt, und zum Schlusse noch eine ziemlich reiche Auswahl des Woitschaßes darbietet. Man sieht es die ser Grammatif nicht an, daß ihr Verfasser keiner gedruckten over handschrift- lichen Vorarbeiten sich bedienen konnte, sondern alles in türkischer Sprache cinem geborenen Lasen abfragen mußte, welchen der Pascha von Trabison, der sich Herrn Professor Koch durch ärziliche Behandlung verpflichtet fühlte, den beiden Neisenden als Begleiter durch sein Paschalik mitgegeben hatte. Herr Dr. Nofen begnügt sich nicht mit der bloßen Mittheilung des grammatischen Stoffes, sondern geht auh mit Scharfblick in dessen Zergliederung ein und bewährt sich überhaupt dur dieses Erstlings - Nesultat seiner linguistischen Entdecfungsreise als einen durh das Studium vieler und reihbegabter Sprachen gebildeten Grammatifer. Wie hätte er son bei einem so kurzen Aufenthalt in Lasistan der Sprachwissenschaft eine so \{chöne und neue Aus beute zuführen können? Es bestätigt sich durch diese Arbeit, daß, was schon aus den wenigen von Klaproth angestellten Wortvergleihungen erwartet werden konnte, das Lasische ein Glied des Jberischen oder Grusischen Svrach- stammes is, der unter den Jdiomen des Kaukasus eigenthümlich dasteht und auch zu anderen asiatischen Sprachen kein bis jeyt enthülltes Verwandt- hafts-Verhältniß darbietet, i V,

amburger Gedenktafeln.

x Hamburg, 23, Nov. Die künstlerische Anéëführang der für Ihre Majestäten die Könige von Bayern und Württemberg bestimmten Dank- sagungstafeln, von denen wiederholt die Rede gewesen, hatte der Senat dem Maler L, Asher von hier übertragen, welcher seine Aufgabe mit Glü und vielem Talent in folgender Weise gelöst hat, Für Bayern hat er die Wiederbelebung der Kunst gewählt, Oben, in der Mitte, sicht man in wohlgetrofenen Portraits den König auf dem Throne, umgeben vom hohen Nath seiner Künstler; zu beiden Seiten christliche und klassishe Kunstz hin- e ihm, in der Perspektive, München; rechts die Akademie und Knaben al- Er Länder , kommend, die Kunst zu erlernen z links die wichtigsten neueren B I und Knaben, welche in die zu erbauende Stadt Kunstwerke ragen, Unten sieht man den flagenden Hiob, von seinen Freunden getrö-

eine große Wichtigkeit als praktischer Staatsmann beizumessen. Her vou Lamartine 1st reich an Jdeen und e«Fantajtieen, nur hade, daß so

wahre

Eile, womit jene Briefschaften nah Paris befördert wurden, verbun- den mit dem ausgezeichneten Empfang, welchen der Herzog in Neapel erhielt, will man den Schluß ziehen, daß die Vermählung zwischen dem französischen Prinzen und einer Schwester des Königs von Nea pel durch die Gegenwart des Bräutigams ihre definitive Lösung er= hielt, und daß die Anzeige davon dann sogleich unserem Hofe mitge= theilt wurde, Der Toulonnais vom 16ten l, M. enthält eine Korrespondenz aus Algier vom 10ten, welche meldet, daß die bevor stehende Vermählung des Herzogs von Aumale mit einer neapolitanischen Prinzessin unter der dortigen Armee als eine ausgemachte Sache be trachtet wurde, weil man wußte, daß Anstalten getroffen wurden, um fr den zukünftigen General-Gouverneur von Algerien einen glänzen den Hausftaat einzurihten, der einem fleinen Hofe nicht unähulich sein wird. Der Toulonnais seßt hinzu, daß die Ernennung des Herzogs von Aumale zum Vice-König von Algerien und dessen gleich zeitige Vermählung große Freude unter der Bevölkerung jener Pro- vinz erregt habe.

Nachschrift. Die Abreise des Grafen Molé nach London soll plößlich abgesagt worden sein, Daß aber der Graf wirkli dieselbe beabsichtigte, geht schon daraus hervor, daß das Journal la Presse, dessen intime Verbindungen mit dem Ex- Präsidenten vom 15. April wohl befannt sind, diese Reise gestern anzeigte.

x Paris, 20, Nov. Jn wenigen Wochen werden die Kam mern wieder eröffnet, zahlreihe und wichtige Fragen sollen vor den selben ihre Entscheidung finden, in den verschiedenen Ministerien ist Ulles bereits in voller Thätigkeit, um die nöthigen Vorarbeiten dazu zu vollenden, Judeß werden, wie gewöhnlich, die eigentlihen Arbei- ten der Kammern erst gegen Ende Januar beginnen fönnen, da der erste Monat nach ihrem Zusammentritte stets mit der Prüfung der Wahl-Vollmachten, der Vornahme der Wahlen des Präsidenten , der Vice - Präsidenten und Secretaire, dann der Adreß -Kommisjion in Anspruch genommen wird, und bis zur Vorlegung des Adreß-Entwurss durch diese verstreihen dann in der Regel auch 10 bis 14 Tage, worauf erst die Debatte darüber beginnen kaun, die auch mehrere Tage hindurch währt, Auch diesmal wird diese Debatte lebhaft ge nug werden, da die Führer der Opposition dabei ihre erste ernstliche Lanze mit den Männern des Kabinets zu brechen gedenken. Von Herrn ven Lamartine insbesondere erwartet man heftige Angriffe auf das Ministerium, er wird die Doktrinen, mit denen er bisher das französische Publikum in seinem Bien public unterhalten hat, auch von der Tribüne aus geltend machen wollen: die Zeit wird lehren, ob mit größerem Erfolge als bisher.

Man hat vielfach die Ausicht aus\prehen hören, daß Herr von

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ZLamartine bald an die Spiße der Geschäfte des Landes berufen wer= Sden dürfte, Süberzeugen vermocht.

mih nie von der Richtigkeit jener Ansicht zu Man kanm ein aufrihtiger Bewunderer des unbestreitbaren Talentes des edlen Dichters sein, ohne ihm darum DErr

Jch habe

viele Utopien mitunterlgufen, deren Ungusführbarkeit sehr häufig selbst

* seine eigenen Freunde in der Opposition anzuerkenuen sich genöthigt

sehen. Man ‘hat von gewissen Seiten die uuglaublihsten Anstrengun gen gemacht, die monarchischen Gesiznungen des Herrn von Lama! tine der Welt anzurühmen, ihn gewissermaßen als die einzige Stüße des Throns und der Monarchie darzustellen: sein bei jeder Gelegenheit ofen abgelegtes Eingeständniß , daß er die Herrschaft / der Demokratie wolle, liefert den besten Kom mentar zu folhen Versuchen, die Meinung irrezuführen. War es nicht Herr von Lamartine, welcher als eifrigster Gegner des troß ihm durch gegangenen Antrages auf Feststellung eines für alle Zukunft geltenden Grundsaßes in Betreff der Regentschafts - Frage auftrat? Wird es unter solchen Umständen ihm je möglich sein, eine Majorität in der Kammer zu finden, die ihn in Durchführung der von ihm bekannten Grundsäße und Theorieen unterstüßen möchte? Jch zweifle sehr daran, eben so sehr, als daß ein solher Mann geeignet wäre, gerade beim Eintritt einer von mannigfachen Gefahren bedrohten Regentschaft an das Steuerruder des Staats\chiffes zu treten. Wird er, der jebt so eifrig nah der Gunst und Popularität der Demokratie strebt, dann geneigt sein, eben diese Demokratie zu bekämpfen, wenn dieselbe unter der zu erwartenden Regentschaft den Kampf gegen die Monarchie wieder offen aufnehmen müßte. Ich überlasse die Beant- wortung dieser Frage dem Urtheile jedes Unbefangenen : aber meine Ueberzeugung i, daß, so lange die Vorsehung dem König Ludwig Philipp das Leben erhält, und wahrscheinlich auch un- ter dem Herzog von Nemours als Regenten, Herr von Lamartine, ohne den Eintritt unvorhergesehener, außerordentlicher Ereignisse, nicht daran denken darf, ein Minister - Portefeuille zu erhalten, es müßte denn sein, daß eine abermalige Aenderung seiner Grundsäße statt fände. Von einem Manne, der bereits so vielfache Wechsel in dieser Beziehung durhgemacht hat, käme solche allerdings nicht unerwartet.

stet, und daneben Gott Vater, den Hiob segnend, und seine Häuser, die wieder aufgebaut werden.

Die Tafel für Württemberg stellt die romantische Poesie dar : ein geharnishtes Weib, das in die Saiten greistz neben ihr Nitter und Dichter, unter denen Schiller besonders kenntlich, und Minnesänger im Schooß von «Frauen; es ist die Zeit der Waffen und geharuischten Gesänge. Daneben Ackerbau und Wein - Kultur, wodurch Württemberg sich so auszeichnet z es öffnet sich eine Landschaft, Burgen liegen in Trümmern, der Aersmann pflügt und säct, und der Engel des Herrn gießt seinen Thau darüber aus: es is Friede! Auf dem unteren Nande findet sich die Handlung des barm- herzigen Samariters dargestellt, Die ganze Composition beider Bilder ist eben so sinnig als in der Ausführung gelungen zu nennen, und giebt ein rühmliches Zeugniß von der Geschicklichkeit und der gediegenen Kunstbildung unseres Laudsmannes,

4% Fraukfurt a. M., 22, Nov, Die vierte Aufführung der „Antigone“ fand vorgestern statt, und das Haus war so gut beseht, daß die Direction gewiß bald eine fünfte Aufführung eintreten lassen wird, Die Mitwükenden waren wiederum von dem Geiste der hehren Dichtung durch- drungen und namentlich gab Herr Baison den Kontg Kreon wieder meister- haft, wofür ihm auch lebhaster Beifall lohnte. Dlle. Lindner menagirte ihr Spiel als Antigone ctwas, augenscheinlich um dem Vorwurf zu entgehen, sie spiele mit französischem Pathos, Die beiden Virtuosen Dreyschock und Prume haben ihre Konzerte in unserer Stadt nun beendigt, Ihren Talen- ten wurde reiche Anerkennung, wenn sie sich auch vor einem minder zahl- reihen Publifum jedesmal geltend machen mußten, Ob Lißt auf seinem Wege von Stuttgart nah Weimar hier auftreten wird, is noch ungewiß, Jhm könnte es vielleicht gelingen, unser Publikum aus seiner Konzert- Lethargie wieder etwas zu erwecken. Nach Mittheilungen aus Amsterdam will ein Herr W,. Esser in nächster Zeit in unserer Stadt eine Ausstellung niederländischer Gemälde aus der modernen Schule versuchen. Wir haben seit einigen Jahren keine Kunst - Ausstellung gehabt, weil das pecuniaire Resultat immer ein unerfreuliches war und zwar deshalb, weil die Stadelsche Gemälde - Gallerie fortdauernd die Anschauung neuer Gemälde bietet. Vielleicht findet Herr Esser doch seine Rechnung, d, h. wenn er wahrhaft gute Gemälde und kein Mittelgut bringt,

—— E

Grossbritanien und Irland.

London, 21. Nov. Die bereits mitgetheilte Nachricht von einer Reise Jhrer Majestät der Königin in Begleitung des Herzogs und der Herzogin von Nemours nach Chatsworth zum Herzoge von Devonshire, berichtigt heute der Standard dahin: „Wir glauben, daß Ihre Majestät beabsichtigt, Sir Robert Peel mit einem Besuche jn Drayton Manor zum 28sten d. M. zu beehren, Jhre Majestät wird von Windsor nah Watsjord gehen, und von da auf der Cisen- bahn nach Drayton Manor sich begeben, hier bis zum 1. Dezember verweilen und alsdann den Herzog von Devonshire besuhen. Montag den 4. Dezember wird die Königin in Belvoir Castle beim Herzoge von Rutland eintreffen, und von hier nah Windsor zurückkehren. Jhre Majestät wird Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht begleiten, und, wie wir hören, hat auch Jhre Majestät die Königin Wittwe Sir Robert Peel wissen lassen, daß sie am 29sten mit den Königlichen Herr schaften in Drayton Manor eintreffen will, so daß dem Premier Minister die große Ehre werden wird, in seinem Hause zu gleicher Zeit seine Souverainin mit deren erhabenem Gemahl, sowie Jhre Majestät die Königin Wittwe mit ihrem Gefolge und ihren Be gleitern zu empfangen.“ Wie man sieht, erwähnt der Standard nihts von der Begleitung des Herzogs und der Herzogin von Ne-= mours, von der die früheren Berichte sprachen.

Jhre Königl. Hoheit die Herzogin von Gloucester i} seit eini

gen Tagen krank, so daß Bülletins ausgegeben werden. : Der Herzog von Bordeaux wird den 28sten hier eintreffen, und das Haus in Belgrave - Square, welches zuleßt der Herzog von Marlborough bewohnt hat, beziehen, Dasselbe i auf 3 Monate gemiethet, und die Dienerschaft des Prinzen nimmt heute {on Be sil davon. Herr von Chateaubriand, der täglich hier erwartet wird, wird gleichfalls seine Wohnung dort nehmen. :

Aus Dublin wird vom 17ten und 18ten geschrieben, daß die Disfussion vor der Quees-Bench in dem Staats=-Prozesse gegen O'Con nell über den Antrag der Angeklagten, die Untersuchung wegen des Fehlers in dem Prozeßverfahren niederzuschlagen, bis Mittwoch, also noch um zwei Tage länger aufgeschoben werten wird, aber auch dann, glaubt man, wird die unmittelbare Verhandlung der Sache vor der Jury nicht eher als nah mehrtägiger Debatte über die Gül tigkeit des gegenwärtig gestellten Antrags vor sich gehen können; denn die Angeklagten haben das Recht, da sie, Jeder besonders, ihre Einsprüche eingereiht haben, sich auch einzeln durch das Organ ihrer Anwälte vernehmen zu lassen. Die früher gestellte Behaup tung, daß der Prozeß în dieser Sißung, die geseßlich nur bis zum 25stten dauert, gar nicht zur Entscheidung kommen wird, gewiunt so= mit immer mehr an Bestätigung, deun selbst im günstigsten Falle, wenn nämlih das Gericht den jeßigen Antrag verwerfen und un= mittelbar zur Verhandlung der Sache übergehen sollte, was ide die Angeklagten, wie fle: offen erklären, durch: neus Einsprüche auf jede Weise verhindern wollen, steht nicht zu er warten, daß die Angeklagten \chuldig plaidiren und es auf das Verdikt der Jury ankommen lassen werden. Sie werden sich vielmehr in diesem für die Erledigung des Prozesses günstigen Falle für un schuldig erklären, und damit die Sache vor der Queens -Bench \o in die Länge ziehen, daß die Verhandlungen unmöglich in der diesmaligen Sibung abgemacht werden können. L -

Das Land befindet sich wegen der gegenwärtigen Stimmung des Volks, das jeden Aufschub der Prozeßhandlung als einen Sieg O'Connell's feiert, in bedenkflihem Zustande, Ueberall, selbs im Norden Jrlands, so der Grafschaft Cavan, wurden zahlreihe Signalfeuer zur Nacht zeit, begleitet mit Hörnerschall und Jubelruf, wahrgenommen, Bauern mit Piken und Flinten bewaffnet, durchzogen in der lebtgenannten durchzogen das Land und gaben auf eine Patrouille, die aus zwei (Compagnieen Jägern bestand, Feter , als diese den lärmenden Haufen anrief. Das Feuer wurde von den Truppen nicht erwiedert, welche indeß zehn Mann der bewaffneten Bauern gefangen nahmen, Auf O'Conuell, der sih alle Mühe giebt, den Frieden zu erhalten, werden diese Exzesse einen unangenehmen Eindruck machen, da sie auch für seine Sache nachtheilig sein müssen. Um 19ten hat für den Agitator die Einzahlung der Rente stattgefunden, welhe er vom Volke erhebt, und man geht hohe Wetten ein, daß dieselbe an 40,000 Pfd, betragen müsse.

O Loudon, 21. Nov. Es is merkwürdig, daß man jebt, nachdem O’Connell in der Laufbahn seiner Hestigkeit aufgehalten worden, mit weit ernstlicherer Besorgniß auf Jrland blickt, als vorher. Denn von dem Prozesse erwartet Niemand etwas Gutes für das Land. Die ausgedehnten militairischen Anstalten, welche die Regie= rung trifft und “welche so weit gehen, daß man sogar dein Siß der Verwaltung, das Schloß zu Dublin, befestigt, sind zwar so weit be ruhigend, daß man um so weniger au dem endlichen Triumphe der selben zweifelt; geben aber um so mehr Grund zur Beforguiß, daß ein gefährlicher Ausbruch bevorstehe. Dabei is man allgemein mit den Verstößen sowohl, als der Leidenschaftlichkeit der Behörden bei den Prozeduren höchst unzufrieden und wünscht herzlih, man hatte \sich mit der Unterbrehung der Monster = meetings begnügt, und feinen Prozeß unternommen. Inzwischen sind Gerüchte in Umlauf, die Regierung habe unbezweifelte Beweise des Hochver= raths gegen O'Connell und andere in Händen, werde aber nur daun Gebrauch davon machen, wenn der jeßige Prozeß fehlshlüge. Jch meinestheils glaube kein Wort davon. Jch bin überzeugt, daß der selbe nie Hochverrath im Sinne hatte; nud er is ein viel zu geschick ter und erfahrener Rechtskenner, als daß er hätte sollen aus Verse hen etwas begehen fönnen, das ihn der Form nah eines solchen Verbrechens \{uldig machen könnte, Beim irländischen Volke jedoch fann ihm dieses Gerücht nur dienen. Denn erstlich wäre diesem jedes Mittel recht, das seine Lieblings -= Idee zu verwirklihen ver= spräche, und zweitens kann der Glaube, daß O'Connell sich so {wer vergangen, und die Regierung es doch nicht wage, ihn darauf anzu llagen, nur seinen Muth und seine Hoffnungen beleben. Daß aber O'Connell sich für sein Volk in so große Gefahr begeben, kann ihn nur bei demselben beliebter mahen. Ju den heutigen Zeitungen fin= den Sie eine Angabe der Summe, welche leßten Sonntag zu dessen Entschädigung zu Dublin gesammelt worden. Sie beträgt über 3500 Pfund und ist beinahe 2mal so stark, als der Durchschuitts= Betrag aller früheren Sammlungen, die für ihn veranstaltet worden, eun man in den Provinzen gleihen Schritt mit der Hauptstadt gchalten, so muß der Gesammt-Ertrag 30,000 Pfd. Stk. erreichen cin schlagender Beweis, daß der Maun die Liebe und das Zutrauen seines Volkes in einem höheren Grade besißt, als je. Freilih wäre es möglich, daß man , wie vielfah vermuthet wird, bedeutende Sum- mnen aus dem Repeal - Fonds dazu hergegeben hat, um eben diese Ueberzeugung hervorzubringen ;z und da O'Connell und sein Ausschuß von diesem eine Rechuung abzulegen gedenken (wie sie ja auch vou dem Cmancipations - Fonds keine abgelegt), so wäre eine solche List selbs thunlich, Aber immer fam eine große Summe von dem Volke elbst.

„Die Regierungs= Kommission zur Untersuchung der Verhältnisse zwischen Gutsherren und Pächtern ist nun vollständig, und man sagt, der Graf von Devon, Präsident derselben, werde übermorgen Lon- don verlassen, um die Untersuchung anzufangen. Jn Vielem is den

L Â 905 Herren hon vorgearbeitet worden, zum Theil durch die alle zehn Jahre vorgenommenen Zählungen, besonders der leßten von 1841, welche für den Staatêmann in den meisten Beziehungen höchst lehr- reih is, Am meisten aber durch die Untersuchungen in Bezug aufs Armenwesen, welche aufs klarste darthun, wie der {were Grundzins, die Unsicherheit des Besißes u. #. w. das Landvolk in Armuth, Elend und Unwissenheit erhalten, Es wird also vorzüglich darauf ankom- men, wie weit die Gutsbesißer ihren gefährlihen Zustand erkannt ha ben, und wie weit die Regierung den Muth haben mag, auf diese Erkenntniß hin etwas Durchgreifendes vorzuschlagen; oder wie weit auch diese Verhältnisse auf dem Wege der Gejebgebung zu bessern scin mögen, Ge gien

Brüssel, 22. Nov. Das jebige belgische Ministerium hat in den Diskussionen der Antworts-Adressen auf die Thron-Rede sowohl im Senat wie in der Repräsentanten-Kammer seine erste parlamen- tarische Probe bestanden. Sein Ursprung fiel nämlih mit dem Schluß der leßten Session, in der ersten Hälfte des April dieses Jahres, zusammen, und es hat daher eine Zeit lang die Angelegenheiten des Landes ohne vorhergegangene Zustimmung der Vertreter desselben geleitet. Diese hat es nun von Seiten des einen politishen Körpers vollständig, von Seiten des anderen wenigstens mit nur ganz unbe- deutender Opposition erhalten, Jm Senat wurde die Adresse, wie befannt, einstimmig genehmigt, in der Repräsentanten- Kammer ift sie so eben mit 77 gegen 6 Stimmen angenommen worden, und die eigentliche ministerielle Frage wurde in beiden Kammern nur interpella tionsweise als Eingang zu deu Adreß=-Debatten verhandelt. Mitglieder der liberalen Partei waren es, von denen diese Junterpellationen aus gingen, denn obgleich das jeßige Kabinet noch mehr entschieden libe- rale Elemente in sih aufgenommen hat, als das vorige in sich \chloß, so war diese Partei doch hierdurch uicht befriedigt. Jhre Hoffnun- gen waren darauf gerichtet, wieder ganz die Oberhand zu gewinnen und’ die Bildung eines Ministeriums von der Farbe des Lebeau = Ro- giershen zu erzielen, welches im Jahre 1841 dem unter der Aegide des Herrn Nothomb zusammengeseßten gemischten Kabinet weichen mußte, dessen leitender Gedauke die Vermittelung zwischen den ein= ander gegenüberstehenden Parteien war, Dasselbe Prinzip liegt auch dem gegenwärtigen Ministerium zu Grunde, deun Herr Nothomb, der sich diese Versöhnung und Ausgleichung besonders zum Ziel gesetzt hat, war vom Könige mit der ¡Reorganisirung des Ministeriums beguf= tragt worden und führt zwar nicht den Titel eines Chefs der Ver waltung, wird aber in der That als solcher betrachtet, Auch war die Auflösung des vorigen Kabinets, welches außer Herrn Nothomb, als Minister des Junern, aus dem Grafen de Brieg, als Minister der auswärtigen Angelegenheiten, dem General de Liem, als Kriegs Minister, Herrn Volxem, als Justiz-Minister, Herrn Smits, als Fi= nauz=Minister und Herrn Desmaisières, als Minister der öffentlichen Arbeiten, bestand, nicht sowohl die Folge eines gegen seine allgemeine Politik gerihteten parlamentarischen Angriffs, sondern einiger Miß- helligkeiten, die unter den Mitgliedern des Kabinets selbs entstanden, und die bereits zwei derselben, die Minister der Justiz und der auswärti- gen Angelegenheiten veraulaßt hatten, ihre Entlassung einzureihen, wozu dann noch eine Niederlage fam, welche der Kriegs-Minister bei seinem Budget erlitt, worin die Repräsentanten-Kammer eine Verkürzung vor= nahm, in die er als Chef der Armee nicht willigen zu können glaubte, so daß auch er seine Entlassung nahm. Es war natürlich, daß unter solchen Um= ständen die drei noch übrigen Minister diesem Beispiel folgen mußten. Dies kam den Liberalen ungelegenz wenn es nah ihren Wünschen gegangen wäre, so hätte das schon halb aufgelöste Kabinet sich noch bis nah den Wahlen hiufristen sollen, denn in diesen hofften sie auf

Zuwachs ihrer Partei und dachten dann entschiedeneren Einfluß auf |

die Zusammenseßung des neuen Ministeriums auszuüben. So aber erhielt Herr Nothomb sogleih vom Könige den Auftrag, die Ver- waltung zu reorganisiren, und er führte diese Aufgabe in demselben ausgleichenden Sinn aus, wie früher, nur daß er bemüht war, si noch bedeutendere Kapazitäten beizugesellen und wo möglich allen Partei-Nüancen des Landes eine Repräsentation für das Kabinet zu gewinnen, Auf diese Weise kam das zweite Nothombsche Ministerium zu Stande, welches zu seinen Mitgliedern von der katholisch = konser= vativen Partei Herrn Deschamps, Minister der öffentlihen Bau- ten, von der entschieden liberalen Herrn Mercier, Finanz= Minister (er bekleidete denselben Posten im Ministerium Le= beau = Rogier), von einer gemäßigteren liberalen Nüance den General Joblet, Minister der auswärtigen Angelegenheiten, und einer vermittelnden Stimmung angehörend den General Dupont, Kriegs- Minister, und den Baron d'Anethan, Justiz Minister. Als sein Pro= gramm hat es die in der Thron-Rede berührten, auf Förderung des Gemeinwohls abzweckenden Fragen bezeichnet ; mit diesen will es vor den Kammern erscheinen und rechnet dabei auf die Mitwirkung der Gemäßigten von allen politishen Meinungsschattirungen. Dies waren die gleichlautenden Erklärungen des Ministeriums auf die in beiden Kammern qui dasselbe gerihteten Juterpellationen.

Ehe die Repräsentanten - Kammer gestern zur Diskussion des Adreß=Cutwurfs überging, erklärte der Finanz-Minister auf eine von Herrn Angellis gestellte Frage, daß die Regierung sich mit der Prü fung der Grundlagen eines guten Gesetzes über die Rechnungslegun gen beschäftigt habe, und gab das Versprechen, daß er dieses Geseß, so wie ein zweites, welches die Befugnisse des Rechnungshofes fest stellen folle, vor Ablauf von vierzehn Tagen den Kammern vorle gen werde.

Jn den Debatten über die Adresse wurden zwar einzelne tadelnde Bemerkungen von Oppositions =Mitgliedern über verschiedene Maß regeln der Regierung laut, do kam es zu keinem wesentlichen Amen- dements-Antrage. Ein paar unbedeutende Amendements wurden ohne Abstimmung beseitigt. Mehrere Mitglieder, namentlih die Herren Angillis, Desmet und Verhaegen, fanden cs tadelnswerth, daß in der Thron-Rede gar nichts von der Einleitung ernstliher Unterhandlungen zum Abschluß von Handels-Traktaten gesagt sei. Herr Angillis wies auf Holland, Deutschland und Frankreich hin. Herr Desmet schien si von dem Handel mit Deutschland weniger Vortheil zu versprechen und tadelte es sogar, daß man den deutschen Seidenwaaren und Weinen wiederholt ein Zugeständniß gemacht habe, weil er nicht ein- sehe, was Belgien von dort als Entgelt erhalten könnte; mit Hol- land jedoch, und selbst mit Frankreich, meinte er, könnten vortheilhafte Handelsverträge abgeschlossen werden; \ch{ließlich sprach er sih jedoch wieder allgemeiner aus und beshwor die Regierung, überhaupt den Abschluß solcher Verträge auf dem Kontinent sih angelegen sein zu lassen; hiervon seien unmittelbare Vortheile zu erwarten, wäh rend das von der Einführung von Differenzial- Zöllen zu gewär= tigende günstige Resultat noch sehr im Weiten liege. Herr Verhaegen wunderte sich darüber, daß in der Thron-Rede von dem großen internationalen Ereigniß, von der E der Eisen- bahn zwishen Köln und Antwerpen, gar nichts gesagt sei, da man dies doch als den ersten Schritt zu einer innigeren Anuäherung an Deutschland betraten könnte. „Sollten ‘‘’, sagte Herr Verhaegen, „die Reden, welhe der Minister Deschamps bei jener feierlihen Ge- legenheit gehalten, und die man uns mitzutheilen sih so beeilte, soll- ten sie von Herrn Nothomb nicht gebilligt worden sein, und sollte man kaum gesprochene Worte schon wieder zurücknehmen, von einem

Werk, das \chon als vollendet gelten könnte, wieder ablassen wollen? Möge das Ministerium \ich offen erklären; es liegt uns daran, zu as: woran wir uns hinsichtlih eines Punktes zu hal- ten haben, den wir als sehr wichtig für die Zukunft des Landes be- trahten; und man verliere es zugleih nicht aus dem Gesiht, da die mit Deutschland zu begründenden Handels - Verhältnisse den mit Frankreih angeknüpften Unterhandlungen keinen Eintrag thun dürfen, denn Belgien wird, wenn es seine geographishe Lage gehörig be- nußt und mit seinen Zugcständnissen hauszuhalten weiß, Verträge von allen seinen Nachbarn erlangen. Auf diese Aufforderung is bis jeßt von Seiten der Minister noch keine Antwort erfolgt. Die Adresse der Repräsentanten-Kammer ist übrigens, fo wie die des Senats, größtentheils eine bloße Umschreibung der Thronrede. Die selbstständigeren Paragraphen sind folgende: „Wir genießen bereits einige von den Resultaten, die man sch von den Eisenbahnen versprah; wir hoffen, daß die Zukunft uns die anderen bringen, und daß dieses große nationale Werk fortwährend einen glücklichen Einfluß auf unsere Handelsbeziehungen und unser inneres Glück üben werdc. Zebt, da diese Wege der Circulation eröffnet sind, muß die Regierung ihre Aufmerksamkeit auf das Betriebs-System richten, um die Anfor= derungen des Schaßes mit den Bedürfnissen der Jndustrie zu ver=- söhnen. Jndem wir für unsere Judustrie Abzugswege nach Außen aufsuchen, dürfen wir die Verbesserungen unseres eigenen Bodens nicht aus den Augen verlieren. Es liegt noch zu viel Land unbebaut, das sih der Landbau aneignen könnte.“ Die Annahme der Adresse er- folgte, wie oben schon erwähnt, mit 77 gegen 6 Stimmen;z diese 6

dagegen stimmenden Mitglieder waren die Herren von Chimay, Del- sosse, Savart, Verhaegen, von Tornaco und Castiau.

Der Finanz=Minister hat im Senat bei Vorlegung des Budgets einen Bericht über die finanzielle Lage des Landes verlesen. Nach=- dem er sich bemüht hatte, zu zeigen, welhen Einfluß die politischen Beziehungen und die Verträge mit den anderen Mächten auf diese Lage ausgeübt, kam er zu dem Schlusse, daß die Ausgaben die Ein- nahmen um 9,300,000 Fr. übersteigen. Er ließ die Möglichkeit durchshimmern, daß dur die neuen Hülfsquellen, welhe eröffnet werden würden, binnen wenigen Jahren die \{webende Schuld zu tilgen sei. Wenn die Kammern und die Regierung, sagte er am Schlusse, si stets mit einander verständigten, um in einer Bahn der Ordnung und Sparsamkeit zu verharren, um alle überflüssigen Aus- gaben zu vermeiden, so werde Belgien bald als einer der Staaten genannt werden, deren Finanzen sich in dem blühendsten Zustande befänden. Der Betrag der Ausgaben beläuft sich auf 109,932,274 Fr, 75 Cent., jener der Einnahmen auf 100,415,567 Fr.

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Luzern, 18. Nov. (N. Z. Z.) Nah eiuer zahlrei besuch- ten vorberathenden Versammlung vom 1, November haben Bürger und Einwohner der Stadt Luzern am sten d. auf Antrag einer Kommission beschlossen, mit einem Kapital von 60 bis 80,000 Fr. das Gleichgewicht der Getraidepreise auf dem nicht selten umgange= nen Kaufhause in Luzern aufreht zu halten, und die Staats-Behörde um Anlegung von Getraide - Vorräthen und Einführung obligatori= hen Vorwägens beim Brodverkauf, \so wie der Bezeichnung des Brodtes mit dem Namen des Bäckers anzugehen,

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Neapel, 2. Nov. (A. Z.) Man bemerkt, daß in jüngster Zeit Sir W. Temple, britischer Gesandter am hiesigen Hofe, häufi- ger als je Audienz beim König und Konferenzen mit dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten hat, Man glaubte anfangs, es handle sich darum, die leßte Hand an den Abschluß des so oft ange=- zeigten Handels-Vertrages zwischen Großbritanien und unserer Regte- rung zu legen. Die betreffenden Unterhandlungen sollen wirklich so weit vorgerückt sein, daß die Bevollmächtigten wenig mehr als ihre Unterschrift hinzuzuseben brauchen. Da indessen, kraft des projektirten Handels=Vertrages, die britische Flagge eine Begünstigung von 10 pCt, vor allen anderen Nationen in den Häfen unseres Königreichs erhal= ten soll, so verlangt der König von Neapel zum Ersatz dafür, daß die britische Regierung den Umtrieben der politischen Flüchtlinge, welche von Malta aus die Ruhe der italienischen Halbinsel fortwährend bedrohen, für immer ein Ende seten soll. Der Gegenstand is zu fiblih, als daß das Kabinet von St. James cine bestimmte Verpflichtung hierin, so wie es der König von Neapel verlangt, übernehmen könnte. Es soll jedoh bereits sich verpflichtet haben, die strengste Aufsicht über die italienischen Flüchtlinge auszuüben, Seit dem Ausbruch der lebten Unruhen in der Romagna werden von Seiten unserer Polizei alle Fremden, die aus Malta oder Marseille hier ankomnien, genau überwacht. Niemand darf ans Land steigen, der niht von dem betreffenden neapolitanischen Konsul in Malta oder Marseille das erforderliche Visa seines Passes mitbringt, wenn au sein Paß von dem Botschafter in Paris visirt worden wäre, Um von der Polizei den Aufenthalts\chein zu erhalten, muß der Fremde gleih nah seiner Ankunft von dem betreffenden Gesandten seiner Nation ein Cautions-Zeugniß sich ausstellen lassen, worin erklärt wird, daß die Legation für die Moralität und für die Subsistenzmittel des Betheiligten bürgt, Wer dieser Maßregel sich niht unterwirft, wird auf der Stelle aus dem Lande geschafft.

Der neue Gesandte des Kaisers von Brasilien an unserem Hofe, on Emanuel Mello - Mattos , is vorige Woche über Marseille auf nem hiesigen Posten angekommen.

Der allgemein geachtete frühere sähsische Staats-Minister Herr von Lindenau is hier angekommen und von den deutschen Familien auf das hberzlihste empfangen worden.

Griechenland.

Triest, 15. Nov. (A. Z.) Die Hellenen, welche gegenwärtig ihre Studien auf der französischen Universität vollenden, haben Herrn Kolettis zum Dauke für die von ihm erfahrene väterliche Unterstüßung eine Denkmünze überreicht.

Zu Deputirten von Athen sind erwählt die Herren Makrgjanni, Kallifornas, Blachon, Brypachis; von Chalkis : die Herren Kolettis, Griziotis, Pothalis, Oikonomos,

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Athen, 4. Nov. (A. Z.) Die gerechten Besorgnisse während der lebten Wochen haben sih größtentheils gelegt und der Glaube an eine ruhige und verständige Wsung gewinnt entschiedenes Ueber- gewicht. Die leideuschaftlichen Männer, welche immer die vorschnellen und lautesten sind, konnten gegen das richtige Gefühl des Volks nicht Recht behalten, das sich über drei wichtige Punkte nicht täuschte : nämlich daß die Erhaltung der Unabhängigkeit Griechenlands von der Erhaltung des Thrones abhänge, daß der Schuß gegen Anarchie und Bürgerkrieg, also der geregelte und ruhige Uebergang in die neue Ordnung nur durch die Erhaltung des Königs Otto und seiner Dy- nastie auf diesem Thron gewonnen werden könne, und daß die Bürg- schaft für das Gedeihen und die ganze Zukursft Griechenlands wieder darin liege, daß in der zu machenden Verfassung die demokra= tischen Elemente in gehöriger Unterordnung gehalten werden, j Diese drei Säbe leiten die Bestrebungen aller Männer von Einfluß, nament= lich derjenigen, welche die öffentlihe Meinung an die Spibe der drei Haupt - Parteien stellt : Maurokordatos, Metaxas und Kolettis, und es is mit Sicherheit zu erwarten, daß, wenn Umtriebe gegen die