1878 / 238 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 09 Oct 1878 18:00:01 GMT) scan diff

Landw. Inf. des Landw. Regts. Nr. 106, Richter, Naumann, Sec. Lts. der Landw, Inf. des Landw. Nr. 103, behufs Ueber- der Abschied bewilligt. itäts8- Corps. Dr. Hoffmann, Stabsarzt des

der Abschied bewilligt.

Nichtamtliches. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 9. Oktober. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm n Vormittag den Vortrag des General-Majors von Albedyll entgegen.

Jn der ECEELEeA (8.)Sißung des Reichstages, welcher der ans er Fürst von Bismarck, der Staats- Minister Graf zu Stolberg-Wernigerode, der Staats-Minister Hofmann, und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien beiwohnten, wurde der Präsident und die beiden Vize-Präsidenten auf den Vorschlag des Abg. von Bonin, dem die Abgg. von Helldorff und Windthorst, wenn auch mit SeiTen zustimmten, dur Affkklamation für die Dauer der Session wiedergewählt. Der Präsident von Forckenbeck nahm die Wahl in seinem und seiner Kollegen Namen dankend an.

Hierauf trat das Haus in die zweite Berathung des Gesehentwurfs Legen die gemeingefährlihen Be- strebungen der Sozialdemokratie.

nas stand zur Diskussion 8. 1; derselbe lautet nah der Regierungsvorlage:

„Vereine, welche sozialvemokratischen, sozialistischen oder kom- munistishen, auf Untergrabung der bestehenden Staats- oder Ge- sellshaftsordnung gerichteten Be ,trebungen dienen, sind zu verbieten.

Den Vereinen stehen glei Verbindungen jeder Art, insbeson- dere genofsenshaftlihe Kafsn“

Die Fassung der Kommission ist folgende:

„Vereine, welche durch sozialdemoktratiscbe, sozialistishe oder fommunistishe Bestrebungen den Umsturz der bestehenden Staatê- oder Gesellschaftsordnung bezwecken, sind zu verbieten.

Dasselbe gilt von Vereinen, in welchen sozialdemokratische, sozialistishe oder kommunistishe auf den Umsturz der bestehenden Staats- oder Gesellshaftsordnung gerichtete Bestrebungen in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise zu Tage treten.“

5 Hierzu beantragten 1) die Abgg. von Schmid und Ge- nossen:

„In Alinea 2 zu streichen die Worte:

„in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise.“

Eventualiter: für den Fall dex Aufrechterhaltung dieser Worte aber nah dem Worte „Frieden“ ein ,uschalten: „insbesondere die Eintracht der Bevölkerungsklassen.“

2) Die Abgg. Ackermann und Genossen:

„Im Absaß 2 einzuschalten hinter den Worten „öffentlichen Frieden“ die Worte: „insbesondere die Eintraht der Bevölke- rurgsflassen.* | :

Der Abg. Frhr. zu Frankenstein verlas im Namen: seiner Partei eine Erklärung, daß auch sie die sozialdemokratische Agitation verurtheile, daß sie aber diese Vorlage für die Frei- heit Aller gefährlich halte und deshalb gegen dieselbe stimmen, eventuell ‘dieselbe nux an einem Punkte zu“ ‘amendiren versuchen werde. Der Abg. Frhr. von Marschall befürwortete den Antrag des Abg. Ackermann. Demselben sei vor der ees der Vorzug zu geben, weil eine einzelne P ctabrli® che Versammlung, wenn auch noch so taatsgefährlih, nicht genüge, um die “Kriterien der Kommissionsfassung klar zu zeigen und die Macht des Geseßes gegen ih herbeizurufen. Der Redner Que jodann aus, daß es für eine verständige Regierung fast unmöglich sein werde, mit diesem Geseße wirk: liche E Bestrebungen zu unterdrücken und dasselbe als Parteigeseh gegen andere Parteien als gegen die Sozialdemokratie Der Abg. Sonnemann kfonstatirte zunächst, daß das vorliegende Geseg ein reinés Polizeigeseß sei, da mit den darin gegebenen Definitionen juristisch nichts anzufangen sei. Es hebe unbegründeter Weise die Wohlthaten des vor vier D beschlossenen Preßgeseßes auf. Man übertreibe viel- ah den Mißbrauch, der Seitens der Sozialdemokraten mit der Preßfreiheit gemaht worden sei, wenigstens seien andere Parteien und namentlih die konservative in den 0 ia Fehler verfallen. Das Gleiche gelte von dem freien Bereins- und Versammlungsrecht. Die Regierung habe au dhne dieses Gese genügende Waffen gegen etwaige Aus- \{hreitungen. Andere Länder hätten auch niht gleih nah bürgerlichen Unruhen zu Ausnahmegeseßen gegriffen. Allé fremden Nationen hätten sid in L großen Jour- nalen gegen diese Vorlage ausgesprochen. Die politische Klug- heit sollte die Konservativen, die Konsequenz die National- libéralen zu Gegnern dieses Geseßes machen.

Hierauf ergriff der Reichskanzler Fürst von Bismarck das Wort. Derselbe konstatirte zunächst, daß der vom Vorredner erwähnte, im hiesigen „Tageblatt“ veröffentlihte Auszug aus den Nobilingschen Protokollen, ohne jede regierungs]seitige Mitwirkung oder Konnivénz erfolgt sei. Das Journal des Vorredners coincidire merkwürdiger Weise immer mit den Aeußerungen der französischen offiziósen Presse, und sein Blatt bringe oft Tage vorher Mittheilungen, welche später durch diplomatische Berichte si als Seen der französischen Re in da erwiesen. Die Rede des Abg.

anzuwenden.

Sonnemann scheine ihm daher ein beahtenswerthes Symptom von den Ansichten der sranzösishen Regierung über die inneren Zustände Deutschlands. Ein sranzösisher Revanche- politiker hätte die eben gehörte Rede auch halten können. Es sei unrichtig, ‘daß das Ausland und namentlich Frank- réih sich in Bezug auf die sozialdemokratische Bewegung niht * vom Boden des - gemeinen Rechts entfernt habe. rankreich habe sich durch rüdsichtslose Füjilladen der ommunards von dieser Plage ziemlich befreit. Der Reichs- tanzlér ging sodann in seiner beim Schlusse des Blattes noh [Den Rede zu einer Beleuchtung des §8. 1 der Vor- age über.

___— Seit einigen Tagen {weben im General-Postamt Perserost mit den aus Brüssel in Berlin eingetroffenen Herren jarnier, Abtheilungsvorstand im Königlich Belgischen Handels- Ministerium, und Direktor Sauvignier. Verhandlungen wegen Durchführung der zum 1. November für den Mgi erkehr zwischen Deutschland, Desterrei ch- ngarn und Belgien“ in Aussicht genommenen Reform (einheitlihe ermäßigte Portotaxe und vereinfachte

Nach dem Strafgeseßbuch, welches bis zu: Emanation des fgeseßbbuches in Kraft besta hat, hatte die Verurtheilung zu einer Zuchthaus- strafe den dauernden Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte zur Folge, und dieser Verlust zog auch die Unfähigkeit, als Zeuge oder SaGver Länd ger eidlih ver- nommen werden zu können, S f, Diese Bestimmung ist, nah einem mit der bisherigen Rehtsprehung übereinstimmen- den Erkenntniß des Ober-Tribunals, vom 19. Septem- ber 1878, O das Jnkrafttreten des Reichs-Straf 4 buchs, nach welchem die E zur Zucthausstrate niht ohne Weiteres den Verlust der bürgerlihen Ehrenrechte zur Folge hat, niht aufgehoben, jedoch Es den Allerhöchsten Gnadenerlaß vom 28. Februar 1872 dahin beschränkt worden, daß die noch unter der Herrschaft des preußischen Strafgeseßz- buches pr Zuchthausstrafse verurtheilten Verbreher nur 10 ahre lang, nah Verbüßung der Zuchthausstrafe, die Un- ähigkeit, als Zeuge oder Sachverständiger vernommen zu werden, behalten sollen.

Der Königliche SGändio Graf zu Limburg-Stirum ist mit Ablauf seines Urlaubs nah Weimar zurückgekehrt und hat die Leitung der Geschäfte wieder übernommen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich E Staats-Minister Dr. von Beulwißz ist hier ein- getroffen.

Zum 2 jährigen Jubiläum Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen als Fnhaber des Kaiserlich Königlih österreichischen Fnfanterie-Regiments Nr. 20 sind folgende Offiziere von diesem Regiment als Deputation hier eingetroffen : der Dberst Mathes, Comman- deur des Regiments, der Majar von Smalawsfki, der Haupt- mann Jawonski und der Ober-Lieutenant Groß.

Der General der Kavallerie Baron von Rheinbaben, General-Jnspecteur des Militärerzichungs- und Bildungs- wesens, ist von Urlaub hierher zurückgekehrt. ;

Der Kaiserlih österreichishe Militärbevollmächtigte, Oberst-Lieutenant Prinz zu Liechtenstein ist hier wieder eingetroffen.

Als Aerzte Loebker in Greifswald, Aßmann in Wohlau, Dr. Leppmann in Leubus und Dr. in Cöln.

Bayern. München, 9. Oktober. (W. T. B.) Der Erzbischof von Bamberg, welcher gestern noch von d:m Kultus-Minister von Luß empfangen wurde, hat heute früh um 91/, Uhr in Begleitung mehrerer Kleriker die Reise nah Rom angetreten.

Kaiserslautern, 8. Oktober. (W. T. B.) Bei der im hiesigen Wahlkreise stattgehabten Nahwahl zur Zweiten Kammer ist Freiherr von Stauffenberg mit 155 von 168 Stimmen zum Abgeordneten gewählt worden.

aben sich niedergelassen die Herren Dr. Dr. Kornblum und Stabsarzt Nee olter

Oestexreich-Ungarn.- Wien, 8. Oktober. (W. T. B.) n der Angelegenheit der öfterreichishen Kabinetskrisis ist der räsident des Abgeordneténhauses, Rechbauer, heute vom aiser empfangëén worden. Herbst ist gleichfalls zum Kaiser berufen worden. Wie verlautet, sollen auch v. Schmer- Q Eichhoff, Wolfrum und Graf Taaffe zum Kaiser berufen werden. ' General-Major Zach meldet aus Zavalje an das Ge- nerallommando in Agram, daß General-Major Reinländer am 6. d. M. den ganzen Tag hindurch auf den südöstlich von Peci gelegenen Höhen ein glückliches Gefecht gegen jtarke Abtheilungen der Fnsurgenten bestanden hat. Leider sind unsere Verluste bedeutend, fie betragen zwischen 170 und 180 Mann, darunter 9 todte oder verwundete Offiziere. Das Gefecht wurde auch am 7. d. M. wieder aufgenommen, Details darüber fehlen noch. : E T. B.) Die „Polit. Korresp.“ meldet: Aus Bukarest von heute: Jn der geheimen Sißung der Depu- tirtenkammer ist eine Motion beschlossen worden, in welcher dem Schmerze über die Rumänien auferlegten Opfer Ausdruck gegeben und erklärt wird, daß das Land sich dem Kollektivwillen der Mächte unterwerfe. “Die Regierung wird einen Geseßentwurf vorlegen, betrefsend die Besißergreifung der Dobrudscha, sowie über den-Zeitpunkt, bis zu welchem die Entscheidungen des Kongresses mit -der rumänischen Verfassung in Einklang zu bringen sind. Aus Konstantinopel von eute : Der russische Botschafter, Fürst Lobanoff, erklärte dem roßvezier, . daß die Russen Adrianopel erst räumen würden, wenn sämmtliche Bestimmungen des Berliner Ver- trages, hauptsächlih aber diejenigen, betreffend die Territorial- abtretungen an Serbien und Montenegro, erfüllt worden es: Jn Folge der energischen Haltung des englischen Bot- chafters Layard in der asiatishen Reformfrage wurde ein prinzipielles Einvernehmen über einzelne Punkte erzielt.

Schweiz. Bern, 6. Oktober. (N. Zürch. Ztg.) Bis n Abend hatten nur 5664 gültige Unterschriften die An- ordnung einer Volksabstimmung über das neue Militär- pflihtersaßgeseß verlangt.

7. Oktober. Die Genfer Verfassung ist mit 8756 gegen 2591 Stimmen verworfen worden.

Großbritannien und Jrland. London, 7. Oktober.

E. C.) Am Sonnabeud starben hier zwei hervorragende ersönlichkeiten, der Präsident dex Kunstakademie Sir Francis Grant.und Lord Chelmsford, früherer Lordkanzler. Der erstere wurde im Jahre 1851 zum Mitgliede der Akademie und 1865 zum Präsidenten derselben, als Nachfolger des Sir Charles Eastlake, erwählt. Bei dieser Gelegenheit empfing er nah altem Brauch die Ritterwürde. Lord Chelmsford Frederic Thesiger) war im“ Juli 1794 ‘auf der nsel t. Vincent geboren und wurde !m Fahre 1845 zum Attorney Genexal ernannt, trat aber mit Sir Robert Peel schon. im Ie Jahre zurück. Jm Jahre 1852, während der ersten mtsperiode des verstorbenen Lord Derby, war Thesiger

wiederum Attorney nere wurde im Jahre 1858 Lord-

kanzler und empfing die Peerswürde mit. dem Titel Lord Chelmsford, kam 1866 mit. den Konservativen wiederum ins Amt und trat im Jahre 1868 zurück. Sein Nachfolger im Amte war der jeßige Lordkanzler Cairns.

Die neuesten Mittheilungen aus Fndien finden sich in einem der „Times“ aus Darjeeling unter dem

Formen).

tillerie und Batterien von 4-Pfündern, aus Pischawer na Jamrood unt . Führer und ein Regiment aus agd werden sih denselben dort anschließen. Man glaubt, daß diese Streitmacht unter dem Befehle des General Roberts das Fort Alimusjid angreifen werde. „Ein Gerücht geht, daß ein T der Soldaten des Emirs, 4 Regimenter stark mit sehs Geschüßen, bis an die Mündung des Khyberpasses vorgerückt fei. Ein Bazargerücht meldet, der Emir häufe Truppen an und habe niht die Absicht, si zu unter- werfen. Die benahbarten Stämme find völlig ruhig.“ Weiter

ßt es in dem „Times“-Telegramm, der Vormarsch auf abul sei fürs erste aufgegeben. Oberst Villiers, des Vize- königs militärisher Sekretär, begleitet die nah Famrood un- ternommene Expedition. Es wird aus Lahore gemeldet, nach Miinung Einheimischer von Einfluß würde der Einzug englisher Truppen in Afghanistan sofort die Abseßung oder gar die Ermordung des sehr unpopulären Emirs nah sich ziehen. Die Regierung so ritten wir weiter halte sehr geheim mit Angabe des Bestim- mungsortes, scheine aber den Plan zu haben, durch starke Demonstrationen an der Grenze den Emir zu einer bedin- ungslosen Unterwerfung zu bringen. Man erwarte, daß die fghanen selbst einen großen Druck auf Schir Ali ausüben werden. Erwähnt mag hier noch werden, daß am 21. in voller Versammlung Scindiah mit dem Orden des indischen pg TEE ward und sich gnädig und versöhnend ge- zeigt hat.

9, Oktober. (W. T. B.) Der „Standard“ meldet aus Alla habad von gestern: Jn Folge des Erscheinens und der drohenden Haltung einer starken afghanischen Truppenabtheilung in der Nähe von Jamrud ist die Besaßung um 7 Regimenter Jnfanterie und 3 Batterien ver- stärkt worden. Der Kommandant, General E traf Vor- bereitungen, den unteren Theil des Passes zu forciren und Alimusjid anzugreifen, als er den Befehl erhielt, weitere Verstärkungen abzuwarten, damit man sih auch nicht dem ge- ringsten Echec ausseßte.

Frankreich. Paris, 9. Oktober. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ veröffentliht ein Dekret des Prä- identen der Republik, wodurch die Munizipalräthe zur Vor- d gw der Wahl der Delegirten zur Senatorenwahl auf den 27. d. M. einberufen werden, und worin der 5. Ja- nuar k. J. als Termin für die Senatorenwahlen (Er- neuerung eines Drittels des Senats) festgeseßt wird.

__ Amerika, New-York, 5. Oktober. (Reuters Bureau.) Die Cheyenne-Fndianer überschritten die Union Pacific: Eisenbahn unweit Ogallala, hart verfolgt von den Bundes- truppen. Die „Flecks{hwanz“- und „Rothe Wolke“-Siour- Indianer haben ihre Reservationen in Dakota verlassen und bewegen sich nach dem Westen zu, wahrscheinli ju dem Zwel sih den flüchtigen en anzuschließen. Nach Berichten aus St. Paul, innesota, ist das militärische Hauptquartier daselbst aUgelLagen worden.

New-Orleans, 6. Oktober. Gestern starben hierorts 52 Personen am gelben Fieber und 45 in Memphis. Jn Vidcksburg hat das Fieber beinahe aufgehört, aber auf dem Lande nimmt es in alarmirender Weise zu. Dem Berichte des Generalarztes ‘zufolge belief sich die Zahl der Todesfälle ai der am Freitag beendeten Woche auf 360 in New- Orleans, 230 in Memp is, 70 in Vicksburg, 20 in Browns- ville, 18 in Morgan City, 18 in Chattanooga und 57 in an- deren Städten. Die Regierung hat 40 000 Rationen für die nothleidende Bevölkerung von New-Orleans verabfolgt.

Asien. Darjeeling, 6. Oktober. (Times.) Der Tod des Königs von Birma wird nas amtlich ver- kündigt. Prinz Thee Bau wurde in friedliher Weise zu seinem Nachfolger ausgerufen. Wie berichtet, herrsht zu Mandalay völlige Ruhe.

Statistische Nachrichten.

Der betr. Unfallversiherungsverein, welcher in dem in Nr. 227 d. Bl. abgedruckten Auszuge aus dem Jahresbericht des Fabr iken-Inspecktors für den Reg.-Bez1rk Frankfurt a. O. erwähnt ist, befindet fih, wie uns mitgetheilt wird, nicht in

ürstenwalde, fond-rn in Finsterwalde. Die Zahlen über die orster Tuchindustrie es in derselben Notiz irrthümlich auf 300 000 Stück =) 600 200 statt 60 000 Ctr. Tuch angegeben.

Scchiffs8unfälle. Den Statistiken des „Bureau Veritas“ zufolge gingen im Augu s 101 Segelschiffe total zu Grunde, darun- ter 33 englische, 15 französische, 10 amerikanis, 8 deutsche, 7 der Republik Nicaragua, 4 der Republik Guatemala, 4 norwegische, 3 chilenische, 3 niederländische, 3 italienische, 2 griechische, und je 1 dänisches, spanises, portugiesis bes, russishes, s{wedisches, sowie 4 deren Nationalität unbekannt ist. Unter obiger Anzahl befindet {ih ein Fahrzeug, das als vermißt gemeldet worden. An Dampfern gingen 6 verloren, und zwar 3 englische, 1 helgischer, 1 französischer und 1 italienischer.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Leipzig, 5. Oktober. Gestern Mittag verschied der seit längerer Zeit hier lebende Schriftsteller Wilhelm Schröder, der Verfasser von „Haas und Srwoinegel“, im Alter ron 70 Jahren. Der Verstorbene machte seinen Namen durch verschiedene plattdeutsche Schriften, sowie durch das Schauspiel „Studenten und Lützower“ wohlbekanut.

Straßburg, 5. Oktober. (Straßb. Ztg.) Auf dem Bau- terrain des neuen SUA ae werden fortwährend S tein- färge bloßgelegt. ieser Tage wurde ein aus gebrannten Steinen gemauerter Sarg, ebenso ein weiblihes Skelet, ohne Spuren eines Sarges bei demselben zu entdecken, aufgefunden. Die Stätte, auf welcher die genannten Funde gemacht wurden, wird von Alterthums- freunden zahlreih besucht, und es haben die daselbst beschäftigten Erdarbeiter Ordre, bei ihrer Thätigkeit möglichst vorsichtig zu sein, damit allenfallsige weitere Fundstätten niht unnöthig beschädigt, vielmehr möglichst geschont werden.

Gewerbe und Handel.

Nah der Bilanz der Harpener Bergbau-Aktien- Gesellschaft zu Dortmund für das leßte Geschäftsjahr wurde ein Bruttogewinn erzielt von 751 897 6 Das Gewinn- und Verlust- Conto war zu belasten mit 223 804 4, so daß ein Gewinn verbleibt von 528 093 4 Hiervon sollen auf Beschluß des Aufsichtsraths zu Abschreibungen 298 438 4 verwandt werden undwürde über den Rest von 229 654 M. die Generalversammlung zu beschließen haben. Der Verwal- tungsrath \chlägt folgende Vertheilung vor : Uebertrag auf den Referve- fonds 10 9/6 mit 22 965 F. Tantièmen 19 000 #, 24 9/0 Dividende (15 f. pro Aktie) mit 187500 4 und Restvortrag mit 189,30 6 Dic Bilanz per 30. Juni 1878 balanzirt in Aktiva und Passiva mit 10 377 125,91 M Das Kassakonto beträgt 10908,89 F, das Wechselkonto 102 821,77 „4 und das Debitcrenkonto 668 536,30 , das Kreditorenkonto 61 920,11 F, und das Aktienkapitalkonto 7 500 000 A Die Gesammtförderung betrug inkl. Bestand ult. Juni 1877 (36 185 Scheffel) 9 301405 Shéffel. Der Selbstverbrauch stellte

. d. M. alen Telegramme. Danach sind von jedem Besaßungs-Regiment 200 Mann, verstärkt durh reitende Ar-

sich auf 529 329 Scheffel, der Bestand ult. Juni 1878 auf 8235

Steffel, und es gelangten zum Versand 6453 200 Scheffel in 69 504 Ladungen à 100 Ctr., zur Kokesfabrikation 2 310 641 Scheffel in 15 847 Ladungen àò 100 Ctr. Die Kokesfabrikation war durchweg

flottem Betriebe und betrug die Produktion insgesammt 1 549 040 Ctr., welche an Fabrikationskosten 4,75 2 § pro 100 Ctr. erforderten. Ver erzielte durchschnittlihe Erlös für Kohlen und Kokes betrug 29,30 A pro 100 Centnerladung gegen 33,30 4 im NBorjahre aD zwar für Kohlen 26,66 M. geen 31,53 Æ im Vorjahr, für Kokes 41,72 Æ gegen 45,93 im Vorjahr.

Aus dem Jahresberiht des Märkish-Westfälischen Bergwerks-Vereins in Letmathe bei Iserlohn liegen folgende Angaben vor: Für das am 30. Juni 1878 zu Ende gezan-

ene Betriebsjahr ist ein Brutto-Uebers{uß von 141 635 4 erzielt; erselbe wird nah den Beschlüssen der Generalversammlung zu Ab- reibungen und zur Dotirung der Reserve verwendet. Das Aktien- JOrtal beträgt 2400000 Æ, die Grundschuld 264 000 Æ, Reserven find in Höhe von 235 461 M. gelegt. Die Kreditoren betragen 461175 #M Die Außeastände beziffern fich auf 258 65T M, Cassa- und Wechsel-Conto auf 25 720 4, das Effekten-Conto auf 9720 Æ, Waaren- und Materialien-Vorräthe auf 431 122 46 ; die Im- mobilien sind bis auf 1 195 024, die Bergwerke bis auf 758 000 Æ, die Maschinen bis auf 157574 # und das Apparaten-Conto bis auf 194 019 abgeschrieben worden. Ein Neubauten-Conto figurirt in dec Bilanz mit 383 950 # Die Mobilien stehen mit 7044 M, die Hütten- und B.rgwerks-Utensilien mit 73 892 H, die Fuhrwerks- Utensilien mit 8877 #4 zu Buch. ; ;

Die Thode’sche Papierfabrik Aktiengesellshaft zu Hainsberg hat im Geschäftsjahre 1877 bis 1878 bei einer Pro- duktion von 3 495 815 kg und einer Fafturirung von 1994 129 f. einen Gewinn von 406 183 ü erzielt, welcher Betrag die Vertheilung einer Dividende von 89% = 24 Æ pro Aktie ermöglicht. :

Nach dem Geschäftsberiht der Dampf- und Spinnuerei- Maschinenfabrik vorm. Wiede in Chemniß sind im leßten Geschäftsjahr 195 106 kg gangbare Zeuge 2c., jowie 247 Stü Maschinen zur Ablieferung gebracht und ist ein Bruttoübershuß von 110 576,49 A erzielt worden, von welchem 86 576,49 # zu ver- schiedenen Abschreibungen verwandt werden, während der Reingewinn von 24 009 M zur Einlösung des 6. Dividendenscheines mit 3 A be-

timmt ist. Dem Hafipflihtkonto sind 3090 Æ überwiesen und der Lei einer Hypotbek von 15 000 4 zurückgezahlt. Auf das Dar- lehen des Kommerzienraths von Zimmermann sind im Monat Okto- ber 1877 80000 Æ und im Monat März cr. 180 000 M. bezahlt worden und ist damit dieses Konto ausgeglichen. Das abgelaufene Geschäftsjahr ließ einen Bestand an Aufträgen von 51 938 4 übrig und sind seitdem die Eingänge der Bestellungen leidlih erfolgt. Die Bilanz begleicht \sih mit 3 020 736,85 #

Die Verminderung des Absatzes von \chottischem Eisen nah Deutschland macht sih, wie das-Fachblatt „Glück- auf“ meldet, immer mehr bemerklich, da die deutshe Eisenindustrie mit Erfolg bestrebt ist, ihre Produktion qualitativ zu verbessern. Einer der Haupterportpläge für schottishes Roheisen, Glasgow, hat in den ersten aht Monaten des vorigen Jahres 241 926 Ctr. Roh- eisen ausgeführt, wovon der überwiegend größte Theil nah Deutsch- land gegangen ist. In dem gleichen Zeitabschnitte des laufenden O beziffert a die Abfuhr nur auf 122 400 Ctr., woraus ein Rückgang auf fast die Hälste resultirt, was vorzugsweise dem ver- minderten Import nah Deutschland beizumessen ist. Nächst Amerika hat der Absaß nah Deutschland die empfindlihste Einbuße erlitten, namentlich in Façoneisen und Stahlwaaren, in denen eine englische Konkurrenz in Deutschland selbst ausgeschlossen scheint. Die billigen Ferie der rheinishen und \{lesischen Werke sind n Q en

bsaß auf dem Markte der Schweiz und Rußlands bereits ge ahr- drohend geworden. i: A Ao

Amsterdam, 8. Oktober. (W. T. B.) Die niederländische Bank hat den Diskont von 34 auf 4/6 erhöht.

London, 8. Oktober. (W. T. p Die Schiffsbaufirma Simons & Co. in Néênfrew_ hat ihre Zahlungen eingestellt; die Ballon betragen 40000 Pfd. Sterl. Die Zwirnfabrik Colin,

unlop & Co. in Glasgow hat ebenfalls suspendirt; die Passiva find unbekannt. : 9, Oktober. (W. T. B.) Die Bank von England hat den Preis für den amerikanischen Adler (10 Dollars) um 1 Farthing und den Preis für Napoleons um 1 Penny erhöht, da- egen den Preis für deutshe Goldmünzen um En herabgeseßt. Ln Folge dessen is gestern 1 Million Pfd. Sterl. zur Bank ge-

flofsen. Verkehrs-Anstalten.

Southampton, 8. Oktober. Das Post - Dampfschiff „Main“, Kapitän J. Barre, vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welches am 28. September von New-York abgegangen war, ist heute 11 Uhr Morgens wohlbehalten hier angekommen und hat, nah Landung der für Southampton bestimmten Passagiere, Post und Ladung, 1 Uhr Nachmittags die Reise nach Bremen fortgeseßt. Der „Main“ überbringt 112 Passagiere und volle Ladung.

New-York, 8. Oktober. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Frisia“ ist heute Mittaz hier eingetroffen.

Berlin, 9. Oktober 1878.

Der Magistrat hat der Stadtverordneten-Versammlung einen Bericht des Direktors der städtischen Wasserwerke Gill vom 23, Sep- tember d. J. übersandt, sowie Abschrift eines Gutachtens des Chemi- kFers Dr. Bischoff vom 25. September d. J. mit A auf dte un- zulängliche Beschaffenheit des in jüngster Zeit dur die ädt if chen Wasserwerk e aus den Tegeler Anlagen in den südwestlichen Theil der Stadt gelieferten Wassers. Es heißt in der Vorlage: „Das aus den Tiefbrunnen entnommene Wasser ist trübe und seßt nah kurzer Zeit einen röthlich gefärbten, von den in dem Wasser befindlichen Pflanzenformationen herrührenden Bodensaß ab. Diesem Uebelstande kann nach der Ansicht des Kuratoriums der Wasserwerke, der wir bei- treten, nur dur die Erbauung von Filterbassins in Tegel und sorg- same Filtration des Wassers der Brunnen event. des Sees dauernd abgeholfen werden. Da der Bau dieser Anlagen mindestens die Yausaison zweier Jahre in Ansyruch nehmen wird, der Prozent- faß, um welchen die Wasserkonsumenten zugenommen haben, aber son gegenwärtig ein höherer ist, als der Prozentsaß, um wélchen die cistungsfähigkeit der alten Wasserwerke durch die Er- weiterungsbauten vermehrt worden ift, so bedarf die Verwaltung der Wasserwerke, selbst wenn der Verbrauch der Abnehmer \sich vermin- dern follte, jedenfalls im Jahre 1880 der vollen Leistungskraft der Tegeler Anlagen, um den Wasserbedarf der Stadt zu decken, und würde, falls die Vorbereitungen zum Bau der Filter nicht sogleich ges werden, entweder die Lieferung zu beshränken, oder aber das

egeler Wasser in seiner jeßigen BesWaffenheit fortzuliefern ge- zwungen sein.“ Der Magistrat ersucht die Stadtverordnetenversammlüng daher beschließen zu wollen, daß die Herstellung künstlicher Filter, welhe im Stande sind, rund 45 000 chm Wasser in 24 Stunden zu filtriren, sowie der Bau einer mechanischen Sandwäsche erfolge, deren Herstellungskosten auf überschläglih 1 100 000 \ anzunehmen sind, daß’ ferner {hon jeßt der Ankauf der dazu erforderlichen Materialien bewirkt werde und daß die Kosten aus dem Rest der noch nicht ver- ausgabten, von den Kommunalbehörden zu Erweiterungsbauten der städtischen Wasserwerke bewilligten Geldsumme von 14 602 249,64 4 U. Die definitive Bewilligung der Gelder bleibt bis nach

orlage der speziellen Pläne und Kostenanschläge vorbehalten.

_ (Akademische Kunstausstellung 1878, IV.) Bevor wir das Genre weiter verfolgen, haben wir von einem Nachkömmling zu berichten, der in die Reihe der Historienbilder gehört. Der bekannte Genremaler Franz Defregger hat nachträglich ein ees Gemälde eingesandt, dessen Inhalt der Abschied Andreas Li ers von seinen Getreuen im Gefängniß am Morgen vor der Hinrichtung bildet. Der Vorgang ist ungemein \{licht darg:stelit und gerade deshvlb

von ergreifender Wirkung. Den Mittelpunkt der ten Haupt- gruppe nimmt (in Scbentaet do der heldenhafte Sandwirth ein, dessen opf und Züge vielleiht nicht dem Ba eines Jeden entsprechen mögen, die aber dafür gewiß hen Vorzug ben, porträtgetreu zu sein. Auf seinem Gesichte präg! si jene kühne Entschlossenheit aus, die er bis zum Tode bewahrt hat und die noch heute im Liede gefeiert wird, nur ganz leise ist ihr ein Zug der Rührung beigemisht über die gusetehtige Verehrung und Anhänglichkeit seiner Kampfesgenofsen, jener wettergebräunten Bergsöhne, die unter Thränen sich an ihn drängen, um seine Hand zu küssen und ihm ein leßtes Lebewohl zu sagen. Der Kontrast zu den draußen an der Feftungsmauer stramm aufge- Den Soldaten, die seiner harren und ihrem Kapitän, dem die bschiedsszene bereits zu lanze zu währen s{eint, ist vortrefflih elung; au die nebelhafte, graue Morgendämmerung, die {ih über hnen breitet, ist gescidckt für die trübe Stimmung des Ganzen verwerthet. Wenn die Mate etwas Zaghaftes an sich hat und die Figuren nit so plastisch 1modellirt sind, wie dies die Münchenèr Schule liebt, so soll man wohl bedenken, daß sich der geshäßte Künstler bisher, dem von ihm mit Vorliebe kultivirten Genre entsprechend, nur in kleinen Maßen bewegt hat, während er hier mit lebens- großen Figuren vor uns tritt. Jedenfalls hat die Ausstellung an diesem Bilde cinen ausgezeihneten Zuwachs und eine neue An- zichungsfkraft erhalten. f

Wenn wir uns nunmehr wieder dem Genre zuwenden, so iben hier glei die beiden prächtigen Studienköpfe desselben Malers Er- wähnung finden, welche wegen ihrer genreartigen Auffafsung hier sehr wohl hergehören: es sind die Köpfe eines alten Tirolers und einer jungen Tirolerin, die, was lebenswarme Incarnation und individuelle Sara CON Ung BEA si den besten Porträtleistungen ebenbürtig an die Seite stellen. : L

Ein tai Ban bayerisher Genremaler, Alois Gabl in München, hat äußerlih viel von der Manier Defreggers, besißt aber, was den Inhalt seiner Bilder betrifft, au selbs genug frishe Erfindung und Driginalität; das beweisen sein „Temperaments-Mandl“ und die „Erste Nähmaschine.“ : E L

Genrehaft gehalten, aber durch die Ereignisse in die Sphäre ge- \{chichtliher Bedeutung erhoben worden, ist das kleine Bild von dem E Professor C. J. Arnoldt, darstellend Se. Majestät den

aiser auf der Spazierfahrt Unter den Linden, von dem Publikum ehrfurchtsvoll begrüßt. Me durch seinen Gegenstand als durch sonstige Vorzüge zieht Jacob Leistens (Düsseldorf) „Wochenbesuch bei der Gutsherrshaft die Augen auf fich, besonders weil einzelne Figuren, wie namentlich die des biede- ren alten Försters, geschick aus dem Leben gegriffen sind. Des Düsseldorfers L. Bokelmann „Wanderlager“ wirkt frappant lebenswahr, wie ci L in Farben, indessen dürfte die große Gruppe, deren Mittelpunkt das kleine Mädchen bildet, Man- em râäthselhaft bleiben. Uebrigens zeugt das Bild von eminenter Beherrshung alles Technishen. Jn ähnlicher Weise ganz der ail- täglihiten Wirklichkeit entnommen sind die Berliner fgr] fgr von Julius Jakob, jedoch weiß dieser durch Stimmung ihnen we- nigstens etwas von ihrer Plattheit zu nehmen. Seine „Strand- promenade in Misdroy“ ist nicht ohne Humor und zeugt von feiner Beobachtung der Natur sowohl wie der eleganten Gesellschaft. Im gleichen Fahrwasser aufmerksamer Beobachtung der großstädtischen Bevölkerung bewegt \ich E. te e (Düsseldorf) mit seinem farben- bunten Bilde: „Vorhalle eines Museums“. Von ernsterem Studium des Volkslebens zeugt das au malerisch sehr tüchtige, figuren- reibe Bild von Wilh. Zimmer in Weimar: „Schußengelfest auf der Milzenburg in der Rhön“. Auch die „Wallfahrer an der Mosel“ von Ferdinand Brütt in Düsseldorf sind dieser Kategorie des kultur- und \ittenshildernden Genres beizuzählen. Land und Leute des Schwarzwalds giebt wenn man von der etwas ver- alteten E Malerei absieht Keiner \o vortrefflich wieder, wie Prof. Hermann Kreßs{mer („Sonntag - Morgen im Schwarzwalde"), der Spreewald aber hat seinen be- redtesten Schilderer in Adolf Burger durch den Tod verloren („Missionsfest im Spreewalde“ und „Toilette vor der Kirche“).

ièrher gehört auc das in seinem Gesammtton wie in dem land- aftlichen Hintergrunde ungemein treffend carakterisirte „polnische

uhrwerk“ von dem bereits erwähnten genialen Joseph Brandt.

ans Dahl (Düsseldorf) führt uns in gleicher Weise das Genre mit der Landschaft verbindend, nah Norwegen, während Heinrih Lang in München Land und Leute in Ungarn und der Türkei instruktiv und überzeugend in Farben wiederzugeben weiß. Professor Rud. Fordan (Düsseldorf) begegnen wir diesmal in Rom, wo er uns die „Schlangenkneipe“ mit ihrem bunten Völkchen von Gästen führt, zu denen: Künstler und ihre Modelle ein Hauptkontingent gestellt zu haben scheinen, in humorvoller Weise s{ildert.

Die wohlbekannten und beliebten Genremaler Professoren Beer und Amberg sind ebenfalls mit trefflichen Werken vertreten, indessen vermögen diese ihrem Ruhme kein neues Blatt hinzuzufügen. Auf dem von ihnen gepflegten Gebiete hat sih Joseph Scheurenberg in Düsseldorf mit vielem Glück versucht: sein „Besuch bei der Freundin“ ist ebenso herzig empfunden als wegen der anmuthigen Mädchenköpfe viel bewundert. Rein von malerishem Standpunkte aus will das Bild von Prof. Max Michael, „In der Küche“ genannt, gewürdigt fein. Der bekannte Kolorist \{chwelgt hier förmlih in jenen Farben- \calen vom hellsten Grün bis zum dunkelsten Blau, welchen er stets eine besondere Vorliebe geschenkt hat, und denen zu Gunsten alle erdenk- lichen Kohlsorten vor dem anmuthigen blondhaarigen Mädchen aus-

ebreitet liegen. Leugnen läßt sih freilich nicht, daß die dur einfühlige aiiinienftimmuüng erzielte Farbensymphonie eine hoch- distingirte und reizvolle ist, aber man wird dabei den Gedanken nicht los, daß die ganze Genre-Komposition nur künstlich für diesen Effekt gewählt und arrangirt ist. : :

Während die an Courbetshen Cynismus anklingende Wahl des Gegenstandes und Art in der Behandlung der „Enttäushung“ von Professor Struys nocch durch eine gewisse Besonnenheit und anerken- nenswerthe technische Tüchtigkeit gemildert wird, können die unerfreu- lichen Erzeugnisse von Liebermann und Goldmann unseren Hyper- naturalisten als heilsam warnende Beispiele dienen.

Friedri Kraus von feiner Beobachtung und volksthümlichem Humor zeugendes Bildchen: „Der Kaffee des Leiermanns“ leitet uns zu dem Miniaturgenre über, in welhem wie immer Julius Ehren- traut excellirt. Besonders niedlich ift die kleine Tafel, be- titelt „Zurück“ : ein Hellebardier mit martialishem Barte, aber doch jovialem Gesichtsausdruck, der, gespreizt auf der Freitreppe eines D e, unberufenen Eindringlingen als Barrière seine Waffe entgegenhält.

Archäologisch-anthropologishes Genre wäre wohi die geeignetste Bezeichnung für die Gattung, welhe der Düsseldorfer ohannes Gehrts vertritt. Er zeigt uns mit phantasievoller Vertiefung in den Geist der vaterländishen Vorzeit einen germanischen A mit Gefolgshaft auf wild dahersprengenden Rossen ein Hünengra

begrüßend und hat diese Scene unleugbar überzeugend und lebens- fähig zu gestalten vermocht. Der Aufwand an Alterthumsstudium, wodur dies möglih wurde, verdient ebenso viele Anerkennung, wie die kühne Zeihnung der Pferde und der landschaftliche Hintergrund.

Genre und Landschaft in poetisch stimmungsvoller Weise ver- einigt sehen wir auf einem Bilde des ünheners Alfred Seifert : „Vor dem Thore“. Nah dem Kostüm der {ich ergehenden oder auf dem Rasen gelagerten Gruppen, der mittelalterlihen Archi- tektur und anderen Einzelheiten zu Naila. cheint dem Maler da- bei der Spaziergang aus dem „Faust“ vorgeshwebt zu haben. Der heimathlich anmuthende landschaftliche Theil verdient besonderes Lob. Ein noch tieferes Sichversenken in die romantische deutsche eaten kennzeihnet das Gemälde von Otto Brausewetter: „Wieder in der Hei- math.“ Eine mit Thürmen und Zinnen gekrönte mittelalterliche Stadt, zu der der Maler zahlreiche, fleißig gesammelte Einzelmotive zusammen- etragen hat, liegt, durch einen Fluß von dem diesseitigen Ufer ge- frau, vor dem Beschauer. Am Ufer sißen Soldaten und Bürgers- leute, die des Fährmanns harren, in ihrer Mitte aber, wie ihre

Blicke, so das Hauptinteresse auf si ziehend, steht im härenen Ge-

wande ein Pilger, eine Art Tannhäuser, wie es \{eint, der ir stolzer, aber durch die Last einer Ee unvergebeuen Schuld dar- LRDRI Haltung, \{chmerzbewegt den ihn erkennenden Blicken ausweicht.

Magdeburg, 8. Oktober. Die erste Hauptversammlung der Evangelischen Vereine der östlichen Provinzen ward

früh 10 Uhr in der deutsh-reformirten Kirhe mit dem Eesange des Liedes: „Herz und Herz vereint zusammen“ und einem bet des Konsistorial-Raths Schott, das sid an die Bibelstelle 1. Cor. 3, 9 ff. anschloß, in Gegenwart von mehr als 200 Theilnehmern und einer IOMeN Zuhörershaft von Herren und Damen aus Magdeburg eröffnet. i

Die Versammlung bestätigte darauf die Vorshläge der Vor- versammlung wegen der Wahl des Präsidiums. Geheimrath Schrader übernahm daher den Vorsiß und richtete an die Versammlung eine kurze Ansprache, in der er den Standpunkt der Versammlung, d. h. S N PpTteN charakterisirte und das Arbeitsfeld der Vereine be- zeichnete.

Die Tagesordnung brachte die Erörterung des Themas: „Die soziale Frage im Lichte des evangelishen Christenthums“. Prof. Beyschlag erörterte die Frage vom theologischen Standpunkt, der Korreferent, Prof. Dr. Frhr. v. d. Golß-Königsberg sodann vom national-ôkonomishen Standpunkt. Beide Redner hatten ihre An- sichten in Thesen formulirt, welhe nah längerer Diskussion von der Versammlung einstimmig angenommen wurden.

Die gestrige Novität des Residenz-Theaters, eine Une Bearbeitung der „lionnes pauvres“ von Emil Augier, unter dem Titel „Die arme Löwin“ durfte ihres Erfolges um \o gewisser sein, als das vielberufene Stük des berühmten Dramatikers niht nur scit 20 Jahren schon der Literatuc und der Bühne angehört, son- dern bereits bei seiner erften Aufführung ebenso große Sensa- tion, als der französishen Censur Schwierigkeiten ema Mat Es gehört zu jenen Dramen, die in raffinirter Weise die moralisi- rende Tendenz wie einen Mantel umhängen, während tur das dünne Gewebe überall die fittlihen Blößen hirdurchs{himmern und den beabsichtigten prickelnden Reiz auf das Publikum nicht ver- fehlen. Der jüngere Dumas hat dieses Genre aufs Erfolg- reiste weiterkultivirt. Sehr phrasenhaft heißt es in dem Augierschen Stücke, zur Eutshuldigung: man dürfe die Wunden nicht verbergen, bis der Brand hinzutrete, sondern müsse sie offenlegen und ausbrennen. Dann sollte aber der Dramatiker auch wirkli{ch Arzt sein und das glühende Eisen gebrauchèn, niht aber, wie es hier geschieht, die Wunde mit einigen Thränentropfen auëswaschen.

Die Aufführung kommt hier eigentlich insofern etwas posft festum, als die femme entretenue ebenfalls das Hauptmotiv für den vielbewunderten Preisroman von Alfonfe Daudet: „Frommont jan. et Risler sen.“ abgiebt, den wir an derselben Stelle vor einigen Monaten in dramatischer Bearbeitung gesehen haben. Das Publikum drückte denn au verschiedentlih seine Ueberrashung über diesen und andere ähnliche Anklänge aus. Wem die Priorität gebührt, kann jedoch keineswegs zweifelhaft sein.

Gegeben wurde das Stück so vorzüglich, wie wir es von dem Per- sonal dieser keinen Musterbühne gewöhnt sind. Vor Allem verdient Fr. Claar-Delia hohe Anerkennung für ihre Darstelung der Therese, die sie mit so innigen, herzlichen Tönen auszustatten wußte, daß fie sih die aufrihtigste Theilnahme des Publikums gewann. Frl Ca- stelli als Seraphine verstand niht nur dur ihre natürlichen äußeren Mittel und eine Reihe prächtigster Kostüme zu glänzen, sondern die Rolle auch mit jener Coquetterie und Leichtlebigkeit auszustatten, welche dazu gehören, um den bethörenden Einfluß auf ihren \{wachen Gemahl sowohl, wie den ehrvergessenen Gatten Therese's , Leon, glaubhaft zu machen. Mit diefer sehr undankbaren Rolle fand sich Hr. Haa, wie immer, auf das Eleganteste ab. So trefflich Hr. Patonay als Pommeau war, so vermochte er doch die Erinnerung an den Risler Sonnenthals nicht zu verwishen. Daß Hr. Keppler den Bordognon mit allem ihm zu Gebote stehenden lieben8würdigen Humor aus- stattete, ist bei diesem ausgezeichneten Kükistler selbstverständlich.

Die Bearbeitung is nit frei von {hwer verständlihen spra- lihen Gewaltsamkeiten und Schwülstigkeiten einer- und geistreih seinsollenden Calembours andererseits.

Der Physiker Hr. A. Böttcher hat auch in diesem Jaÿre, und zwar seit Sonntag, seine beliebten So iréen für instruttive Unterhaltung, beslehenv aus populären Vorträgen in Verbin- dung mit vortrefflich ausgeführten Bildwerken, an der gewohnten Stätte, im Saal-Theater des Königlichen Schauspiel- hauses, eröffnet. Im gegenwärtigen Cyklus führt Hr. Böttcher in der ersten Abtheilung die romantishe Shwe iz in ihren malerischen Glanzpunkten vor. Als Ausgangspunkt dieser Wanderung erscheint vor dem Auge des Beschauers zunächst der Rheinfall bei Schaffhausen in voller Naturwahrheit. Weitere Bilder wveranschaulihen die grotesken Schluchten der Tamina und der via mala, Dann folgt die Berninakette mit ihren Glets{hern und deren impo- santer Eiskrystallisation, vornehmlich dem gewaltigen Morteratsch- gletsher. Der große St. Bernhard mit dem darüber führenden Paß und seinem weitberühmten Hospiz, im Winter-Schneesturm und in elegischer Sommernacht, das Chamounythal, der Riese der Alpen- berge, der über 14000 Fuß hohe Montblanc, vom Col de Balme aus im malerishen Alpenglühen gesehen, sein Gipfel und feine Er- steigung mit ihren Gefahren sind der interessante Gegenstand weiterer Tableaux. Einen überrashenden Anblick gewährt ferner der

roßartige Gletsher des mer de glace vom Montanvert gesehen, fowie das Giganten-Felsthor der Trientgrotte (gorg de Trient) und der pont de Niège. Eine romantische Waldschlucht {ließt die Reihe der Bilder von diesem Theile der Alpen ab. Alsdann werden wir zu den schönsten Lui der Beraer Alpenwelt geführt, in welcher uns zunächst die berühmtesten Kaskaden und Katarakte des Aarthals, vor allen der Oltschibahfall bei Mondbeleuchtung entgegentritt. Es folgen die herrlihsten Bergseen jener Gegenden, so der Bathalpsee im Alpenglühen. Ihnen schließen sich die Thäler und Gebirgspano- ramen der Grindelalp in wechselvollen Scenen an, an welche sich dann das Panorama von der Wengern-Scheideck mit seinen vielgestaltigen Naturerscheinungen , Lawinenstürzen und Gebirgsunwettern anreihen. Den Beschluß dieser langen Reihe machen die wohlzelungenen Dar- aen von Oeschinensee, Blümlisalp, dem Thunersce mit berhofen im Winter, Luzern mit dem Pilatus im farben- rächtigen Alpenglühen, dcr p Katarakt des Handeck- falle im Mondlichte, \ch{ließlich rimselpaß und Hospiz und - auterbrunnen mit dem Staubbachfall. Jn der zweiten Abtheilung des gegenwärtigen Cyklus machen wir an der Hand des Bn Böttcher eine sehr belehrende astronomische Excursion nah dem onde, auf welcher wir mit der Natur dieses Satelliten der Erde na den neuesten Ergebnissen der astronomischen Forschung bekannt ge- macht werden, In klarer Weise wird dem Beschauer die Bewegung und die Gravitationswirkung des Mondes verbildlicht, sowie seine E bildung mit ihrer wildzerklüfteten Landschaftsscenerie, ihren Wall- ebenen, Ringgebirgen und langgestreckten Felsketten in großer Plastik ur Anschauung gebracht. Wir schen den Mond in E, stärkerer und stärkster Vergrößerung, weiter eine Anzahl der grö Ringgebirge wie Tycho de Brahe, Copernikus, Archimedes, gg - us, Autolicus: die großen Wallebenen, sowie die Felskette der Mond- Apenninen mit ihren Rillen und Graten. Eine Reihe von Landschafts- Tableaux , glänzende Himmelserscheinungen, vom Monde aus gesehen, ein Zodiakalliht, die Erde mit rothglühender Atmosphäre und eine farbige Beleuchtung des Mondes \chließen diefe Abtheilung. Die dritte „soirée fantastique“ benannte Abtheilung bietet eine Samm- lung vorzüglich ausgeführter Landschafts- und Architekiurbilder mit magischen Lichteffekten und Pplastishen Skulpturen, während den Schluß der ganzen Vorstellung fogenannte „Phantasmagorien“ bilden, bestchend aus humoristishen Bildern und musivishen Ornamenten von großer FarbenprachWßt, welche vornehmlich der

Kinderwelt eine wahre ugenweide find.