Zwecke zur Verfügung gestellt wurden, wenn und so lange der Staat eine gleiche Beihülfe gewährt. Nach einer halb- stündigen Pause trat man in die Berathung der Petitionen
n Gewährung von Unterstüßungen für Erbauung von Sekundärbahnen ein. Es handelt sich zunächst um die Linie Alt-Damm, Gollnow, Naugard, Plathe, Greifenberg, Treptow Colberg, sodann um die Linie Greifswald-Grimmen , endlich um die Linie Stargard-Pyriß und weiter durch die Provinz Brandenburg nach Cüstrin. Zu allen drei Strecken batte die Wegekommission ie Bewilligung einer Unterstüßung im Betrage von 50000 # für je 7500 m der in der Provinz belegenen Strecke in der Weise beantragt, daß der Betrag zur Hälste in Stamm-, zur Hälfte in Stamm- Prioritätsaktien übernommen werden soll, wenn der Staat mindestens in gleicher Höhe sih bei - dem Unternehmen be- theiligt. Dieser Antrag wurde für die erste Linie nah einem ausführlichen Vortrage des Berichterstatters ohne Debatte mit einer an Einstimmigkeit grenzenden Mehrheit ange- nommen. Jn Bezug auf die 2. Linie erhob sich dagegen lebhafter Widerspruch; indem man dem Unternehmen eine Bedeutung für die Provinz oder für den allgemeineren Verkehr abstritt und darauf aufmerksam machte, daß sowohl Greifswald wie Grimmen bereits eine genügende Eisenbahn- verbindung besiße, andererseits aber viele Gegenden in Pommern vorhanden seien, die weit ab von jeder Eisenbahn liegen und für die zuvörderst gesorgt werden müsse. Aus diesen Gründen wurde durch den Abgeordneten von der Golß- Kreißig beantragt, über den Antrag der Kommission zur moti- vikten Tagesordnung überzugehen. Die Versammlung trat dem mit 33 Stimmen gegen 31 Stimmen bei. Bei der 3. Linie stimmte der Landtag wieder dem Antrage der Kommission ohne Diskussion beinahe einstimmig zu. És folgte die zweite Lesung des Etats, welche ohne Debatte zur unveränderter An- nahme des in der ersten Lesung festgestellten Etats führte. méi knüpfte sih die Berathung über die Anheimgabe des Provinzial-Aus\chusses und der Etatskommission, den Etat nebst zugehörigen Spezialetats auch für das Rehnungsjahr vom 1. April 1880/1 gelten zu lassen. Der Antrag fiel indeß gegen eine erheblihe Minderheit. /
Der Landtag erklärte sich sodann damit einverstanden, daß die bisher vom altpommershen Kommunal-Landtage er- wählten beiden Mitglteder des Marienstifts-Kuratoriums in Stettin künftig vom Provinzial-Ausshusse gewählt werden.
Ferner wurde dem Provinzial-Ausshusse die Vollmacht ertheilt, in der Zeit, wo der Landtag nicht versammelt is, in den Verkauf unbrauchbarer Chausseehäuser auf den Provinzial- Gauen durch die Kreise unter bestimmten Bedingungen zu willigen.
Die von dem Provinzial-Ausschusse entworfenen Regle- ments für die Verwaltung des Taubstummenbildungswesens und für die Verwaltung der Provinzial-Blindenanstzllen zu Neu-Torney wurden mit wenigen unwesentlichen redaktionellen Aenderungen angenommen.
Schließlih fam eine nacträglih eingegangene Petition zur Verhandlung, worin gebeten wird, für die Gebäudesteuer- Veranlagung im Kreise Dramburg als Normalstadt statt Dramburg die Stadt Falkenburg dem- Finanz-Minister vor-
úshläagen. Obgleich die Petition niht dhne Befürwortun eh beschlo B Í | É
man in Rücksicht auf den bereits neulich- ge- faßten Beschluß über die Petition zur Tagesordnung überzu- gehen.
_ Hiermit waren sämmtliche Vorlagen des Landtags er- ledigt, es {loß daher der Ober-Präsident Freiherr von Münch- hausen mit einigen kurzen Worten den Landtag.
Die Versammlung trennte sih, nachdem Sie ein drei- maliges Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und Köni ausgebracht und dem Vorfibenden , sowie dem Vrobinztäl- ausshusse und Landesdirektor ihren Dank ausgesprochen hatte.
Waldeck. Arolsen, 15. Oktober. Das heute aus- gegebene „Regierungs-Blatt“ R ein Ausschreiben bes Landesdirektors von Sommerfeld an die Landtagsabgeord- neten der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont, wodurch die- aag Grund Allerhöchster Ermähhtigüung Sr. Majestät
es Königs von Preußen vom 4. d. M. auf den 29. Oktober zur diesjährigen verfassungsmäßigen Landta gssizung ein- bérufen werden.
Hamburg, 15. Oktober. (Wes. Ztg.) Der Senat hat der Bürgerschaft das Staatsbudget für 1879 vorgelegt und zugleich darum ersucht, daß die Bürgerschaft si{ | der Prolongation der Einkommensteuer und der übrigen jährlih i prolongirenden Abgaben zustimmend erkläre. Das Budget ließt, da die Einnahmen auf 27 682575 M, die Ausgaben auf 30.157 201 M 50 S veranshlagt sind, mit einem aus den vorhandenen Ueberschüssen früherer Jahre zu deckenden Defizit von 2464 626 M 50 _.
_ Oesterreich-Ungarn. Wien, 16. Oktober. (W. T. B.) Die Reichs-Minister von Hofmann und Graf Bylandt- Et die österreichischen Minister von Auersperg und von Pretis und der Sektionshef Artus haben si heute Mga S Pest begeben. :
___— (W. T. B.) Die „Wiener Abendpost“ veröffentlicht die Antwort des Grafen Andrassy vom 14. d. aüf die türkische Depesche vom 8. d. Jn derselben werden mit Entrüstung die unerwarteten, der Wahrheit zuwider- laufenden / Anklagen betreffs ‘ der angeblihen Grausamkeiten der OVkkupationstruppen zurückgewiesen. Sodann heißt es: „Die Anklagen «werden Niemand in Europa irre führen, wo der Ruf der Kaiserlichen Armee zu fest begründet ist, als daß er dur verleumderishe Fnsinuationen berührt werden könnte. Auffallend sind die Dea des türkischen Rundschreibens. Die Konnivenz, welche Hafiz Pascha den Unruhen in Bosnien und der Herzogowina gegenüber an den Tag gelegt hat, ist en Niemand ein E Der Generalkonsul in Serajewo atte dieselbe seit langer Zeit erwiesen und nur aus: dem Gefühl der Schonung für die Pforte wurden die bezüglichen Stellen bei ‘der Veröffentlihung der Berichte des Venetdle fonsuls unterdrückt, um nicht den hohen Funktionär der Pforte vor der Oeffentlichkeit zu kompromittiren. Auffällig ist au der Umstand, daß es die Pforte mit ihrer Würde ver- einbar erachtet, j shwere Anklagen auf sichtlih irriger Grundlage zu - erheben, ohne \ich vorher an die Kaiserliche Regierung zu wenden, welche ihr jede Möglichkeit zur Et- langung der Ueberzeugung von der Unwahrheit der ihr zu- gekommenen Berichte geboten hätte. Jin Banzaluka beschränk- ten sih die österreichishen Truppen auf die Zurückweisung des Angriffs barbarischer Horden gegen das Hospital. Jn Serajewo wurden nur einige Häuser verbrannt als natürliche
Folge des Straßenkampfs und nicht als Repressalie. Die tadt wurde weder geplündert noch in Brand gesteckt; kein Fall von Plünderung i} vorgekommen, im Gegentheil thaten die Truppen der von den Eingeborenen verübten Plün- derung Einhalt. Die Pforte“ möge die jeßige Okkupation mit jener Omer Paschas in den Jahren 1851 und 1852 ver- gleichen. Wir kämpften gegen dieselben Elemente, welche die türkischen E noch jüngst als unbändig und wild darstellten, und vollbrahten in zwei .Monaten, wozu Omer Pascha zwei Jahre brauhte. Während dessen Armee von Re- quisitionen lebte und Omer lange Proskriptions- und Exeku- tionslisten, die wir zur Disposition der Pforte halten, und auf denen viele Personen aller Religionen, auch mehrere Paschas und viele Begs figuriren, anjertigen ließ, G en wir den Unterhalt unserer Truppen mit baarem Gelde bezahlt und unsere Militärgerichhte ließen nur einzelne “rang eng hin- richten, bei welchen die sorgfältigste Untersuhung die Theil- nahme an den an unseren Soldaten und türkischen oder fremden Beamten begangenen entseßlihen Mordthaten zur Evidenz ergeben hatte. Die Pforte möge das humane Ver- halten unserer Truppen mit der Niedermeßelung und Verstüm- melung unserer Verwundeten vergleichen. Betreffs der An- klage der O türkischer Soldaten, die nicht gekämpft aben, können wir über den Mangel an Gedächtniß, den die
forte verräth, nit genug erstaunen. Tausende solcher Männer, die die Theilnahme an der Jnsurrektion abgelehnt haiten, wur- den mit nmilitärishen Ehren in die E zurückgeschickt. Mi: Befriedigung konstatiren wir, daß im Allgemeinen die anständigen Klassen an der Bewegung nicht Theil nahmen, ausgenommen einige Orte und einzelne Jndividuen, die, um Konfiskationen und Massakres zu entgehen, bis zur Ankunft unserer Soldaten das Joch der aegen erdulden mußten. Der Geist, in welchem wir die Okkupation unternahmen, geht aus unserer Proklamation hervor. Hätten wir, anstatt der Achtung aller Konfessionen, die Fahne der Befreiung der Christen entfaltet, hätte uns die Arbeit geringere Opfer ge- kostet. Dies wäre das Signal zur Ausrottung der Musel- männer gewesen, die, sowie die Christen zu t unsere Pflicht war. Die Kaiserliche Armee hielt es für eine Ehren- sache, troß hinterlistiger Ueberfälle ihre Mission im Geiste des europäischen Mandates und unserer Proklamation auszuführen. Die gegen sie erhobenen gehässigen Verleumdungen berühren sie niht; aber sie werden das öffentlihe Gewissen in Oester- reih-Ungarn fortwährend empören.
— General Reinländer meldet telegraphisch aus Za- valje von gestern seine Rückkehr von der Expedition nah der Kraina, sowie die nahezu vollendete Dans dieses Gebietes. Nach den Gefechten vom 6. und 7. Oktober, welche den FJnsurgenten einen Verlust von 500 Todten und Ver- wundeten verursachten, war der Widerstand auch in der nörd- lihen Kraina gebrochen, die Bewohner kehrten in ihre Häuser zurück und lieferten überall willig die Waffen ab. Auf dèm Gefechtsfelde selbst waren über 100 Todte aufgefunden worden. Nur in der Feste Klados leistet cine geringe Anzahl Jnsur-
enten noch Widerstand, dieselben find jedoch eingeschlossen.
uf dem Weitermarshe wurden die Truppen überall freundlich empfangen, es wurde denselben jede Unter- Me gewährt, kleinere na verkehrtèn selbst auf entfernteren Stationen unbelästigt. er Train blieb în dem wegelosen Terrain, oft weit von der Hauptkolonne entfernt, ohne die geringste Belästigung von Seiten der Einwohner. An Waffen sind in dem Gebiete nördlih von Unna 2200 Gewehre, 2000 Pistolen und große Quantitäten von Mu- nitión weggenommen worden. Die Waffen sind, da sie wegen Mangel an Transportmitteln niht über die Grenze geschafft werden konnten, mit Ausnahme der Winchestergewehre ver- nihtet worden, Sicherlih werden noch Waffen verborgen ge- Are auch dürften noch weitere Kcnflikte mil den in der
raina stets vorhandenen Räuberbanden vorkommen, diesem
“Uebelstande wird aber nur mit der Zeit abgeholfen werden
können. Munition dürfte bei den Einwohnern nur noch sehr wenig vorhanden sein.
— Die „Polit. Korresp.“ meldet aus Konstantinopel von heute: Der ungünstige Eindruck, welchen die türki\che C ikulardepesche bei allen Großmächten gemacht hat, scheint Savfet Pascha zu häufigeren Besprechungen mit dem Grafen Zihy behufs Erörterung der zwischen Oesterreih-Ungarn und der Pforte s{webenden Fragen zu drängen. Bei denselben wurde die Eventuálität der Beseyung Novibazars dur österreichishe Truppen von Savfet Pascha spontan berührt. Fn den‘dèr Pforte nahestehenden' Kreisen {ließt man daraus Bel die Geneigtheit der Pforte, mit Oejterreih wegen der Besetzung! Novibazars zu einein militärishen Abkommen zu gelangen." Savfet Pascha gab dem Grafen Zihy Aufklärun- gen über den'Zweck der Konzentrirung von Truppen in dém Vilayet von Kossovo. — Aus Bukarest von heute: Höhere rumänische Offiziere haben sich nah der Do brud\ ha bege- ben, um Dispositionen für den Einmarsh der rumänischen Truppen zu treffen. Die russishen Truppen in Rumänien bereiten sich zum Abmarsh vor. — Der Präsident der Ver- einigten Staaten von Nordaméerika hat den Fürsten Karl dl
t.
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der Erklärung ter Unabhängigkeit Rumäniens beglücckwüns
Schweiz. Bern, 16. Oktober. (N. Lur . Ztg.) Durch Beschluß vom 26. v. Mts. hat der Große Rath von Tessin den Staatsrath ermächtigt, theils den Restbetrag der von dem dortigen Kanton unterm 16. Mai 1870 -dem Gotthard- unternehmen zugesicherten 3 Millionen Franken nah den Be- stimmungen des internationalen Vertrags vom 12. März 1878 zu bezahlen, theils sih bei einem Konsortium zu betheiligeñ, welches sih den Bau der Monte Cenere-Linie zur Auf- abe mat, in der Meinung, daß der Kanton Tessin über die ihm durch das R ROOEL vom 22. August d. J., betreffend die Subventionirung von Alpenbahnen, zur Verfügung ge- stellten 2 Millionen eFranken hinaus der Monte Cenerelinie eine weitere Subvention von 1 Millión Franken bewilligt, so aber, daß diese Subvention a fond perdu gegeben, das Maximum dessen sein solle, was der Kanton für die genannte Linie" thün * könne. Der Staatsrath“ von Tessin hat den Biündéesrath nun ersucht, die einleitenden Schritte für Mit- theilung dér am Bau der Cenerelinie interessirten Korpora- tionen in Ftalien zu treffen, und der Bundesrath in Folge dessen an die italienishe Regierung das Ansuchen gerichtet, die eigneten Erhebungen darüber zu veranstalten, in welhem Maßé sich die bei der Cenerelinie nächst betheiligte Landés- gegend für das Zustandekommen derselben anstrengen wolle. Basel, 15. Oktobér.” (Bund.) Der Große Rath hat E den Antrag det Regierung auf G LA einer tachsubvention von 400000 Fr. an die Gotthardbahn einstimmig guütgeheißen.
Niederlande. Haag, 13. Oktober. (Leipz. 2tg.) 2; Erste Kammer der Generalstaaten tf n) — d. M. zur Wiederaufnahme ihrer Sißungen einberufen, und zwar zunächst behufs Beschlußfassung über den von der Zweiten Kammer bereits genehmigten Geseßentwurf, betreffend die Zustimmung zu der Vermählung des Königs mit dex Prinzessin Emma von Waldeck-Pyrmont.
Großbritannien uno Jrland. London, 17. Oktober. (W. T. B.) Dem „Standard“ wird aus Simla vom 16. d. M. gemeldet: Es finden fortwährend Truppen- bewegungen nach der Grenze zu statt; mehrere Regimenter haben die ihnen angewiesenen Stellungen bereits eingenommen. Der englische Bote mit der Antwort des Emirs wird für den 20. d. M. in Kohat erwartet. Sollte die Antwort ungünstig lauten, so wäre der Krieg unvermeidlich, — Wie dem „Reuterschen Bureau“ aus Konstantinopel, von gestern, gemeldet wird, ist der englische Militär-Attaché dort wieder eingetroffen. Derselbe habe festgestellt, daß die russishen Truppen in die Umgebung von Tschorlu zu- rüdckgekehrt seien. — Weiter wird demselben Bureau aus Konstantinopel berichtet: Moukhtar Pascha habe die Anzeige dorthin gelangen lassen, daß die Konvention mit den Kretensern unterzeichnet worden sei.
__ Spanien. Vittoria, 14. Oktober. (Ag. Hav.) Der König hat heute in den Ebenen von Dutezana und Arriagi 30 Bataillone Revue passiren lassen. Die Truppen hielten sih ausgezeichnet.
Italien. Rom, 16. Oktober. (W. T. B.) Wie verlautet, wird das italienishe Kabinet die türkische Cir- kulardepeshe, in Betreff der angeblih von den öster- reichishen Truppen in Bosnien begangenen Grausamkeiten, weder beantworten, noch eine darauf bezügliche Mittheilung an das Wiener Kabinet gelangen lassen.
Pavia, 16. Oktober. (W. T. B.) Der Minister- Präsident Cairoli hielt heute bei einem ihm zu s von seinen Wählern veranstalteten Bankett eine Rede, in welcher er die Akte seiner Verwaltung und die Anschauungen, von welchen dieselben geleitet wurden, resumirte. Die finanzielle Prag berührend, erklärte Cairoli, daß das Kabinet auf
einen Entschließungen hinsichtlih der Reduktion und späteren gänzlichen Aufhebung der Mahlsteuer beharre. Die Lage des Staatsschaßes gestatte diese Maßregel, welche vom Lande mit Recht seit langer Zeit gefordert werde. Das Budget pro 1879 weise einen Ueberschuß der Einnahmen über die Ausgaben von 60 Millionen auf, die entfallende Steuer brauche daher nicht erseßt zu wer- den, es müßten denn unvorhergejehene Ereignisse eintreten, in welchem Falle das Land sih niht weigern werde, ein neues Opfer zu ertragen. Die Einführung eines allgemeinen Tarifs im Verkehr zwischen Ftalien und Frankreich, zu welcher die Lage der Dinge nöthigte, habe die freundschaftlichen Beziehun- gen der beiden Länder zu einander durchaus nit getrübt, noch die Hoffnung auf ein baldiges Zujtandekommen einer Vereinbarung beeinträchtigt. Die Verhandlungen mit Oester- reich oersprüben guten Erfolg. Auch mit der Schweiz seien dieselben wieder aufgenommen worden. Die Regierung des Königs bleibe der Methode der Konventionaltarife treu.
insichtlih der kirchlichen Frage lasse sih das Kabinet von der skrupulösesten Achtung vor dem in Kraft bestehenden öffentlihen Rechte leiten, ohne )chwach oder aggressiv sein zu wollen. Die Regierung werde den Kammern Geseßentwürfe über die Wahl- und Verwaltungsreform vorlegen.
Auf die auswärtige Politik der Regierung über- gehend, hob der Minister-Präsident hervor, die Zeit habe viele Jrrthümer richtig gestellt; die italienishen Bevollmächtigten, welche in Berlin treue Dolmetscher der ihnen von der Regie- rung des Königs zugegangenen Weisungen gewesen seien, sähen heute, wie auch die öffentlihe Meinung Jtaliens das Urtheil ratifizirt, welches von dem gesammten liberalen Europa über ihre Haltung auf dem Kongresse gefällt worden sei. Indem die italienishen Bevollmächtigten der von den Ver- hältnissen vorgezeihneten Richtschnur gefolgt seien und si genau auf die versöhnliche Rolle beschränkt hätten, welche von dem einstimmigen Willen des Landes der Regierung zugewiesen worden sei, hätten sie fih bemüht, nah Möglichkeit speziell in Bezug auf Rumänien und Griechenland den Grundsäßen Geltung zu verschaffen, welche die Grundlagen des nationalen Bestandes Ztaliens seien. Sie hätten n alle Religions- und Handelsfreiheiten in den diesen Gegenständen gewidmeten Berathungen unterstüßt. Was die Okkupation Bosniens und der Herzegowina dur Oesterreih anbelange, so hätten die italienischen Bevollmächtigten, den ihnen zugegangenen Weisungen gemäß, dem einstimmigen Votum ibrer Kollegen nit opponirt und ih auf L b von Forderungen beschränkt, welche eine bessere Feststellung des Charakters der Ofkupation bezweckten. So sei Jtalien aus dem Kongresse hervorgegangen, ohne sich den Gefahren einer Zsolirung oder den Chancen abenteuerliher Unternehmungen ausgeseßt zu haben. Ftalien befinde sih heute allen Mächten gegenüber in herzlicher Freundschaft und wolle dies auch fernerhin ; es werde an einer festen, würdigen und jeder gewagten Velleität frem- den Politik festhalten.
Der Minister-Präsident {loß seine Rede mit einem Trink- spruche auf das Vaterland und den König, welcher als Erbe der Tugenden seines Vaters Jtalien seinen glorreihen Ge- schicken entgegenführe.
Türkei. Konstantinopel, 16. Oktober. (W. T. B.) Der Erzbischof von Salonichi ist zum griechischen Pa- triarchen 10 worden. — Der russishe Botschafter, Fürst Lobanoff, ist wieder hierher zurückgekehrt.
__ Mostar, 16. Oktober. (W. T. B.) FML. Jovanovic hielt heute seinen feierlihen Einzug in das mit Triumph- bögen und den österreichishen Nationalfahnen geshmüdckte Mostar. Ein zahlreiches, aus Christen und Türken be- stehendes Banderium wär dem Kommandanten éntgegengeritten und regt in die Stadt, wo die ik t der türkische Geistliche, die O und die Schuljugend den Kom- mandanten erwarteten. Der Empfang war enthusiastisch. Heute wird die Stadt festlih beleuchtet.
(W. T. B.)
Numánien. Bukarest, 16, Oktober. Die Kammern sind "heute durch eine Botschaft des Ln geschlossen worden. Jn der Botschaft heißt es: eute ist die Situation Rumäniens gegenüber den Groß- mächten geregelt, Rumänien tritt in die Reihe der unab- hängigen Staaten ein. Jh habe die Ueberzeugung, daß Europa den Opfern Rechnung tragen werde, welhe wir im Bere des Friedens U B aben. Die Nation wird thnen für Jhren erleuchteten Patriotismus und Jhre poli- tische Klugheit dankbar sein, die Sie bewiesen haben, um
Rumänien neue Verwickelungen zu ersparen. Schließlich spricht der Fürst den Kammern noch seinen Dank aus für den von Jhnen gefaßten Beschluß, welchen die Regierung der Verfassung gemäß ausführen werde.
Afrika. Egypten. Kairo, 16. Oktober. (W. T. B.) Die egyptische Regierung hat zu dem englisch-französi- hen Abkommen, betreffend die Ernennung der egyptischen inister der Finanzen und der öffentlihen Arbeiten ihre Zu- stimmung ertheilt. Die egyptishe Regierung hat außerdem olgendem Vorschlage Frankreihs zugestimmt: Wenn _ Khedive einen der beiden fremden Minister ohne Zu- stimmung der interessirten Ben rung abseßt, so wird der Stand der Dinge, welcher vor dem soeben geschlossenen Ab- fommen bestand, wiederhergestellt. Wilson und Blignières werden sich am 24. d. M. nah Alexandrien einschiffen.
—
Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.
Madrid, Donnerstag, 17. Oktober. Eine Antwort der marokkanischen Regierung auf die von hier ergangene Rekla- mation wegen der in Tetuan erfolgten Ermordung spanischer Staatsangehörigen is noch nicht eingetroffen. Die Nachricht aber, daß die spanische e beschlossen habe, drei Fre- gatten nah Tanger zu ent enden, ist unbegründet.
St. Petersburg, Donnerstag, 17. Oktober, Vor- mittags. Der „Regierungsbote“ veröffentlicht die Ernennun des Staatsrathes Bavidoff zum diplomatis en Agenten un Generalkonsul für Bulgarien und die des ürsten Zereteleff um Generalkonsul für Ostrumelien. Der Großfürst Nikolai Nikolajewitsch ist heute Vormittag hier eingetroffen.
Neichsôtags- Angelegenheiten. Nach der dem „Kommunalblatt der Stadt Berlin“ beiliez n} den, vom statistischen Bureau der Stadt Berlin bearbeiteten U: be r- {iht der Resultate der Berliner Reichstagswahlen aben sich bei der Wahl am 30. Juli d. I. im ersten Wahlkreise fetkeiligt 77,75%/0; zur Wahl am 4. September erschienen nur 58,459/0, mithin weniger 19,30%. Im zweiten Wahlkreise bethei- ligten ih bei der ordentlihen Wahl 7856 9/9, bei der Neuwahl 67,24°%/0, mithin weniger 11,32°/o. Im dritten Wahlkreis erschienen zur ordentlihen Wahl 82,76 9/4 der Wähler. Dabei ist noch ein Wahlbezirk, Nr. 175 (96. Stadtbezirk, Schmidstraße, Schäferstraße, Neanderstraße, Annenstraße) mit 823 Wahlberechtigten, wovon 668 Per- sonen, mithin 81,17% gestimmt haben, wegen vorgekommener Form- fehler bei Feststellung des Wahlergebnisses nit zur Berechnung ge- zogen. Im vierten Wahlkreise erschienen zur ordentlichen Wahl 81,51 9%, zur engeren Wahl am 15. August 84,64°/06, also gegen die ordentliche Wahl mehr 3,13%. Im fünften Wahlkreise ‘stimmten bei der ordentlichen Wahl 77,91 %/. Endlich erschienen im sechsten Wahlkreise zur ordenilihen Wahl 79,23 °/- der Wähler. Die höchste ahl der zur Abstimmung erschienenen Wähler, 161 504, von der M anbe der Wählerschaft mit 199 835 in Abzug gebracht, bleiben 38 331 Personen für die sämmtlichen sechs Wahlkreise Berlins, die von ihrem verfassungsmäßigen Recht keinen Gebrauch gemacht haben.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Dem Mr. Hormuzd Rassam, Gefährten Sir Henry Layards bei dessen früheren Entdeckungen in den Thälern des Euphrat und Tigris, ist es gelungen, von der Pforte einen ausgedehnten
irman zur Erforschung von ganz Mesopotamien,
\\syrien und Bab ylonien zu erwirken. Auch hat Mr. Rafsam einen besonderen Firman echalten zur Erforshung des nordöstlichen Syriens und von Carchemish am Euphrat, der Hauptstadt des alten Hittilen-Königreichs. , : j
— Von der Expedition der internationalen Afrika- Erforschungsgesellschaft liegen die ersten zwei Berichte vor, die durch das ungarishe Zweigcomité im „Pester Lloyd“ zur Ver- öffentlichung kamen. Der eine dieser Berichte — verfaßt von dem Liter der Expedition, Hrn. Cambier — is datirt aus Zanzibar, 5, April 1878, der zweite aus Kwa Mehorapa, 20, Juli 1878: „Cambier und Marno verließen Zanzibar am 16. Januar 1878. In ihrem g e befanden fich 13 Soldaten, 32 Lastträger, 2 Diener und 1 db, also 2 Europäer und 48 Neger. In Saadaci wurden sie von dem englischen. Missionär Mackao empfangen. Hier weilten sie fünf Tage, um ihre Ausrüstung zu vervollständigen und zogen dann nah Ndumi. Von hier kamen sie nach Kifuro oder Kwa Ngombe, dann durchzogen sie mit Besiegung unsäglicher Schwierig- keiten das Gebiet Usigua und. Ukaguru, wo sie im Februar an- langten. Sie hatten auf ihrem Wege viele Dschungeln (unter Wasser geseßte Flächen) und reißende Ströme zu passiren. Von Kwa Farahani brachen sie am 11. rar auf und nahmen ihre Route nah Westen. Die Gegend ist wild und zerklüftet, sie sahen viele Raubthiere, besonders der Hippopotamos kam häufig vor. In Kitandamere {loß \sich ihnen der vorausgereiste Forscher Broyon an und gab ihnen das Geleite bis Uniamazi. Zu Kwa Kiora erfuhren sie, daß das Expeditiorsmitglied Kapitän Crespel in Zanzibar gestorben sei, und beschlossen, dorthin zurückzukehren.
m 5. März kamen sie in Zanzibar an. Am 27. Juni d. J. brach die Expedition zum zweiten Male auf. Die Karawane theilie si; ein Theil verblieb in Bagamoyo, der andere zog unter Führung Cambiers und des Dr, Dutrieux über Kingani nach Nordost. Auf ihrem Wege hat sich nihts Bemerkenswerthes ergeben, außer daß am 11, Juli T ihrem Lager Feuer ausbrach, das àber bald gelöst wurde. Die beiden Karawanen vereinigten sich im Vamethale und seßten ihren Weg bis Kingwé fort, wo sie drei Tage Rast hielten. Dann seßten sie über den Sukiudostrom und kamen nach Kwa Meho- rapa, von wo der zweite Bericht datirt ist. Das Ouzoromagebiet zu beiden Seiten des Kinganistromes, ist eine Tiefebene mit dürftiger Vegetation ; leßtere ist vielleiht eine Folge der häufigen Prairiebrände. Zwischen dem Stromgebiete des Kingani und Vame bilden kleinere Hügel die Wasserscheide. Am rechten Ufer des Vame wohnen die Wasigos, ein Stamm von Anthropophagen. Dieses Gebiet zu durchstretfen, A ted der kleinen Karawane gefährlich. Am linken Ufer des Vame ist das Land fruchtbarer und auch Wasser häufiger anzutreffen, doch herrscht fortwährendes Fieber. Der Tabak gedeiht hier in anderhalb Meter hohen Stauden; seine Blätter sind viel {öner als die in (Furopa. Der Gesundheitszustand der Karawane war ein sehr günstiger; Cam- bier hoffte in zehn bis zwölf Tagen Kwa Kiora zu erreichen und von hier in das Land der Ugoy vorzudringen.“
Gewerbe und Handel.
Wie das Gesundheitsamt zu E N so hat nunmehr auch dasjenige zu Cadiz den aus Gibraltar ankommenden Schiffen eine dreitägige Beobahtungs Quarantäne auferlegt. Der „Gibraltar Chronicle“ findet diese Maßnahme um fo auffälliger, als einerseits die von der marokkanischen Küste eintreffenden Schiffe in Gibraltar einer dreißigtägigen, in Cadiz aber nur einer fünf- tägigen Quarantäne unterliegen, und andererseits die aus den von ‘Epidemien heimgesuhten Gegenden ‘eingegängenen Berichte über den Gesundheitszustand durchaus nicht ungünstig lauten. **) :
Auch neuerdings wird aus Casablanca geschrieben, daß die Erkrankungs- und Todesfälle sich andauernd vermindern und si auf die ärmere Klasse der Bevölkerung, namentlich auf die aus den In- nern des Landes zuziehenden Nothleidenden béshränken.
*) \, Reichs-Anz. v. 12, d. M. **) s. Reichs-Anz, v. 7. d. M.
Englishe Woblthätigkeitsgesellschaften sind deshalb bemüht, dem Nothstande, da diefer einen wesentliden Grund der Krankheit bildet, durch Vertheilung von Brot- und Speise-Rationen abzuhelfen.
In Fez soll die Krankheit wieder stärker aufgetreten, auß in Rabat sollen einige Fälle vorgekommen sein. E
— Nach dem Geschäftsbericht der Bergwerksgesellschast „Lauchhammer“, vereinigte vormals Gräfl. Einsiedelsche Werke, beträgt der Uebers{huß im Petriebsjahre 1877/78 47765 « Nach Vorschlag der Direktion soll dieser Betrag und der gesammte bisher anzesammelte Reservefonds in Höhe von 161312 # zu Abschrei- bungen verwendet werden. Die Abschreibungen (im Vorjahre 167 571 M.) ftellen sih für das leßte Geschäftsjahr auf 180 304 M.
erner sollen zu Abschreibungen verwendet werden 47 765 H Ueber- chuß des Betriebsjahres 1877/78 und 161 312 #4 Reservefonds, in Summa demnach 389 381 4 Die Generalunkosten belaufen \ih auf 323 704 6 und zeigen gegen das Vorjahr eine Verminderung um 36700 H, dagegen haben sich die Ausgaben auf Zinsen- konto im Betrage von 134678 # um 5530 #, die Verluste an Außenständen mit 10672 (A um 9466 # vermehrt. Die Hypo- thekenschulden betragen 867 900 A4 Den Kreditoren im Betrage von 1 683 676 M (116 516 Æ weniger als im Vorjahre) ftehen an Debitoren, Kassa und Wesel 1 143 813 4, an Fabrikaten und Roh- materialien 2250 202 Æ gegenüber. Der Ertrag der Gießereien ift gegen das Vorjahr zurückgegangen, dagegen hat das Eisenwerk bei Riesa günstigere Ergebnisse erreiht. Die Bronzegießerei war eben- falls im ganzen Jahre lebhaft beschäftigt. Aus den Forsten wurden 6617 Festmeter Nußholz, fo wie 12678 Raummeter Brennhölzer gewonnen. Die Torfstiche lieferten 7 362 500 Torfzieael und wurden 95 087 500 Stück verkauft, der Rest zum Selbstgebrauch verwendet. Die Nebeneinnahmen aus Acerpacht, Hafer- und Grasverkäufen be- trugen 16828 Auf dem gesammten Besißstande der Gesellschaft waren am 30. Juni 1878 1904 Mann beschäftigt. Das Vermögen der Pensions- und Kup Ene betrug am Jahres\{lusfse 243 780 A Versandt und Umsaß in Lauchhammer, R Burg- hammer und Riesa betrugen insgesammt 3 685 605 (A Produzirt wurden an Gußwäaren in Lauchhammer 2588 672 kg, in Grödißz 5 701 754 kg, in Burghammer 310 172 kg. :
Antwerpen, 16, Oktober. (W. T. B.) Wollauktion. Angeboten 2454 B. Buenos-Ayres-Wollen, verkauft 1421 B. Preise unverändert, |
Paris, 16. Oktober. (W. T. B.) Die Bank von Frank- rei hat den Diskont auf 39%/0, den Lombardzinsfuß auf 4%/ erhöht.
Verkehrs-Anstalten.
Southampton, 16. Oktober. Das Post - Dampfschiff „Mosel “, Kapitän H. A. F. Neynaber vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welches am 5. d. Mts. von New-York abgegangen war, ist heute 6 Uhr Morgens wohlbehalten hier angekommen und hat, nah Landung der für Southampton bestimmten Passagiere, Post und Ladung, 8 Uhr Morgens die Reise nah Bremen fort- geseßzt. Die „Mosel“ überbringt 169 Passagiere und volle Ladung.
Berlin, 17. Oktober 1878.
Akademische Kunstausstellung 1878. V1. Der „Ulmer Festzug“ von Prof. Louis Braun in München mit seinen geschmack- voll arrangirten Gruppen im Costüm des 14., 16., 18. und 19. Jahr- hunderts (Oelskizzen zu einem Fries für das Rathhaus in Ulm) bildet den besten Uebergang zu der Grisaille-Malerei, den Aquarellen, Zeichnungen 2c. Die erstere hat ein vorzüglihes Werk von Adolf Menzel aufzuweisen, welches zur photographischen Vervielfältigung für die im Verlage von Edwin Schlömp in Leipzig erscheinende, an dieser Stelle schon früher mehrfach erwähnte Gustav Freytag-Galerie bestimmt ist. Dasselbe zeigt „Friedrih den Großen am Sarge des großen Kurfürsten"; „Im Januar 1750 wurden die Särge der Vor- fahren des preußischen Os aus den Grüften des alten Doms in den neuen übergesiedelt. König rier IL, war zugegen. Nach langem s{hweigendem Anschauen ergriff er die Hand des großen Vorkämpfers und brach, Thränen im Auge, zu seinem Gefolge in die Worte aus: Messicurs, der hat viel gethan.“ Das Vlatt is mehr als cine bloße Jllustration, es ist ein _prächtiges Charakterbild, durhaus würdig des unübertrefflihen Schilderers der Zeiten und Thaten des großen Mas, Aus den geistvoll blißenden Augen des Monarchen scheint bei jenen einfachen und doch so viel sagenden Worten nicht nur bewundernde Ehrfurcht, sondern au das stolze Bewußtsein zu sprechen, derjenige zu sein, den der große Todte meinte, als er den Ausspruch that: „Exoriare aliquis nostris €x ogsibus ultor!“ Für dieselbe Galerie bestimmt sind die ebenfalls Grau in Grau ausgeführten Gemälde von Paul Thumann: „Die Sage vom Thränenkrug“ („Bilder aus der deutschen Vergangenheit“) und von Hermann Kaulbach: „Anna Fabricius im Kreise der Landsknechtskinder“ („Marcus König“), von denen namentli das erstere wegen seiner märchenhaften Anmuth \ehr bald populär geworden ift. ie die vorigen Grau in Grau gehalten sind auch zwei reizende Serien von Blättern von Theotor Pixis, dem fruchtbaren Münchener Zllustrator, enthaltend JlUustrationen zu G. Kinkels Epos: „Otto der Shüßz“ und zu den musikalish-dramatischen Werken Richard Wagne:i8. j
Unter den Aquarellisten überwiegen die Landschafts- und Arcitekturmaler. Unter den leßteren aber nimmt wieder Prof. Carl Graeb als unübertroffener Meister mit 2 Rahmen delikatester Bild- chen von dem feinsten Sinn für das Malerische dea erstcn Rang cin, während sein Sohn Paul sichtlich bestrebt ift, seinem Vorbilde zu folgen. Louis Spangenbergs Landschaften aus dem bayerishen Oberlande und aus dem südlichen Frankrei gehören nicht nur an räumlicher Größe, sondern auch in Bezug auf Tünstlerishen Werth zu den besten Aquarellen der Ausstellung. Paul Meyerheim fehlt auch in dieser Abtheilung nicht, in der er mit zwei trefflichen italienischen Veduten vertreten ist. Außerdem finden wir Landschaftsaquarellen von A. Luttcroth, Dreßler (Berlin), Albêèrt Hertel, Pio Joris (Rom), R. von Lichteafels (Wien), G. Pflugradt (Architekturen aus Tangermünde) und Prof. Wilh. “Streckfuß. Auch das Porträt in Gouahe und Wasserfarben hat achtbare Leistun-
en aufzuweisen, während das Genre von Adolf Menzel, P. Meyer- eim, Arthur Fitger, Eduard Hübner, Oscar Pletsh, dem liebens- würdigen Schilderer der Kinderwelt u. A. kultivirt wurde.
Unter den Zeichnungen ist ein großer Karton von Max Kru- semark, betitelt: „Vom Venusfest zurück“, beahtenswerth. Derselbe zeugt von ebenso tühtigem Kompositionstalent als Formengefühl für die Antike, die indem Sinne der Wernerschen Schule hier nur wenig réalifiri erscheint. Udolf Menzel glänzt im zeihnenden Bildnißfache dur ein geist- und lebensvoll erfaßtes Bleistiftporträt des Geheimen Medizinal-Raths Prof. Dr. du Bois-Reymond, welches zur Reproduk- tion bestimmt ist. ch ehr interessant sind au die Kreidezeihnuüngen von Matt Aan welche die Mitglieder der marokkanishen Gesandt- {ha arstellen. : f: : L
Die 8 Zeichnungen von Max Klinger, die sih eigenthümlich selbstbewußt „Rathschläge zu einer Konkurrenz über das Thema Christus“ nennen, hätten wegen der an Blasphemie streifenden Un- verfrorenheit und Unfähigkeit, die sie dokumentiren, gewiß keinen Plat in der Ausstellung gefunden, wenn man nicht hätte öffentlich zeigen wollen, wohin der gepriescne Realismus nah Gebhardtshem Muster führt, und welcher Art von Kunstwerken wir uns noch in Beer Richtung, der \{chön häßlich und häßlih {ön ist, zu versehen haben werden. Eine vernichtendere Kritik konnte niht geübt werden, als durch die unmittelbar daneben hängendén 6 gungen von Prof. Pfannshmidt, welche die „Leiden des Propheten Daniel“ zum Gegenstande haben und mit ihrer klassish-edlen Linienführung und ihrem pietätvoll gewissenhaften Festhalten an der Tradition \{chwei- gend eine doch so laute überzeugende Sprache reden. Nichts scheint mehr dazu angethan, das so oft verähtlih gebrauchte Epitheton „aka- demish“ wieder zu Ehren zu bringen, als Aae Nebeneinanderst:Uung echter Kunst einerseits und ihrer genial sein follenden Auswüchse
andererseits.
Von den Federzeihnungen verdienen ferner der sinnreich erfun-- dene Fries von Professor Heinri Mücke in Düsseldorf, welcher den heinstrom von seinen Quellen an geographisch abwärts gehend bis zu seiner Mündung verherrlicht, sowie da2 „Abshiedsdiner zu Ehren E Kongresses von 1878“, vom Hofmaler Arnold, Her- vorhebung.
Außerdem enthält diese Abtheilung, unter vershiedenen anderen dekorativen oder heraldishen Zeihnungen und Entwürfen von dem erfindungsreichen Ludwig Burger sowie Emil Döpler d. J., die präh- tige, von Adolf Menzel in Gouace sinn- und geistvoll auszeführte und nah dem Attentat vom 11. Mai überreichte Beglückwünschungs- adresse der Königlichen Akademie der Künste an Se. Majestät den Kaiser und König. i :
Die Sektion der Kupferstiche hat eine wohlgelungene Arbeit, in freier Linienmanier von Carl Beer, ein Porträt Sr. Kaiser- lichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen aufzuweisez, ferner Ratirungen von Chr. Wilberg, dem Baron von Gleichen-Ruße- wurm, von Ernft Forberg (recht gut getroffene Künstlerporträts), von Bernhard Mannfeld (2 Tableaux treffliher Radirungen aus dem im Verlage von Alexander Duncker hierselb erscheinenden Pracht- werke: „Dur's deutsche Land“) u. v. a.
In ‘der Abtheilung der Bildwerke nimmt Schaper's Modell zu der Bronzestatue, welches die Stadt Cöln dem Fürsten Bismarck errichten will, ein Werk von ebenso lebensvoll chara S Auf- fassung wie historisch-monumentaler Behandlung eine hervorragende Stelle cin.
Für das Arndt-Denkmal auf Rügen bestimmt is eine treffend carafterisirte Büste E. M. Arndts von Paul Kummer, während der im Modell eingesandte kolossale Kopf Freiligraths von Prof. Donn- dorf in Stuttgart bereits auf dem Grabe des Dichters Aufstellung gefunden hat. :
Abgesehen von diesen monumentalen Werken nimmt das Portrait den breitesten Raum ein. Selbst Reinhold Begas ist nur dur die Porträtbüste einer Dame vertreten, die allerdings sh den früheren Arbeiten auf diesem Gebiete, welches er, was Delikatesse der Technik und Durchgeistigung des Steins betrifft, so souverän be- Herrlt, wie kaum ein zweiter lebender Bildhauer, durhaus würdig arreiht.
Auch an frei komponirten Arbeiten hat die Ausstellung diesmal nur wenige aufzuweisen. Der mit einem Löwen ringende „Germane im römischen Circus“, eine überlebensgroße Gruppe in Gips von Mar Klein (Berlin), leidet sehr an dem Uebelstande, daß sie nirgends einen Standpunkt für die Anschauung bietet. Die Idee kommt in rein naturalistisher Weise zum Ausdruck:; wir haben den äußeren Abklatsch, wie man ihn etwa gewönne, wenn es möglich wäre, einen Gipsabguß über dieser wildbewegten Gruppe zu formen. Da ist alles anatcmiich genau an dem Menschenkörper wie an dem Thierleibe, aber es ist nichts von der Seele des Künstlers in das Kunstwerk übergegangen. Das Werk- ist darum insofern sehr inter- ca als es beweist, wohin der Naturalismus in seinen Ertremen
ührt.
In viel höherem Sinne ein Kunstwerk ist Richard Ohmanns „Scene aus der Sündfluth“, eine für Zinkbronze bestimmte Gruppe. Bei allem Realismus, den wir im Einzelnen auch hier antreffen, ift das Ganze doch von einer hohen fünstlerischen Idee durchdrungen: Wir sehen einen Vater, der von allen seinen Lieben nur ein Kind, einen Sohn, aus den unersättlichen Fluthen gerettet hat, und in den Armen hält, eben aber, da er einen Felsen erklommen, zu seinem furcht- barsten Schmerze gewahr wird, daß die Elemente ihm au das Leßte geraubt haben, daß er nur eine Leiche im Arme hält. Diese tragische Situation hat der Künstler in ergreifender Weise plastisch zur Er- scheinung gebracht, und zwar in einer Ait der Behandlung des mus- Tulösen Mannes- und des zarten Kindeskörpers, welche erkennen läßt, daß er auch des Technischen Herr ist. Damit aber und unterstüßt von einer neuen Idee, hat der Künstler in der glücklihsten Weise dem viel variirten Thema doch noch eine fesselnde Seite abgewonnen.
Dem reichen Gedankeninhalt dieser Gruppe enan repräsen- tirt die „Phryne“ des Mailänders Francesco Barzaghi die bloße Formvollendung. Der Künstler stellt uns die berühmte Hetäre fo da, wie er sie sih vor den Richtern stehend gedacht, in dem Augen- blicke, als ihr Vertheidiger, der Redner Hyperides, zu dem leßken, äußersten Mittel seine Zufluht nimmt, um dic Hartherzigen dur ihre Schönheit umzustimmen. Die bis zur Raffinirtheit vollendete Marmorarbeit, in der die neueren Jtaliener unübertroffene Meister sind, verdient die höchste Bewunderung, die Figur O aber wendet sich mit ihrer gezierten Absichtlihkeit zu auss{ließlich an die Sinne, um jenes reine Behagen aufkommen zu lassen, an dem auch der Geist, oder doch das Gemüth einen gewissen Antheil verlangt. In letzterer L ist darum das im Sessel {hlafende „Dorn - röshen“ von Sußmann-Hellborn viel erfreulihec und von eigen- thümlichem, poetishem Zauber, wenngleich die lebensgroße realistische Wiedergabe eines so genreartigen duttigen Mährchen|{toffes eigentlich in sich einen Widerspruch enthält. Die Marmorarbeit ist auch hier ungemein zart, wenn auch nicht von jener biéquitartigen Süßlichkeit des vorangeführten Werkes. Db dasselbe aber dur die, einer Be- merkung im Katalog zufolge, „in Aussicht genommeae Aus\{müdckung des pie S Gold und Edelsteinen“ gewinnen dürfte, muß in Frage gestellt werden.
Prof. Eduard Müller Su hat drei Werke eingesandt, von denen sich namentlich eine Statue in Bronze, betitelt „Ecco il moccolo!“, viele Freunde erworben hat. Dieselbe verwendet den bekannten Hauptscherz beim römischen Karneval in geschickter Weise für die Zwecke cines Candelabers, die Figur des tanzenden Mädchens aber athmet die ganze südliche Lebhaftigkeit und Lust, wie sie sih bei diesem Volksfeste entfaltet. Die beiden Gips-Gruppen des Künstlers, ein neapolitanischer Fischer mit seinem Kinde und eine Eva mit ihren Sprößlingen, sind zwar von jener Formvollendung und Gediegenheit, die alle Erzeugnisse dieses Bilhauers kennzeichnen, vermögen jedoch nicht in gleihem Maße durch die Unmittelbarkeit der Empfindung zu fesseln. : A
Was die V., der Architektur gewidmete Abtheilung betrifft," so ist über die von Seiten des Handels-Ministeriums ausgestellten Ent- würfe zu dem Geschäftsgebäude und den Gefängnissen für die Unter- sucungs-Abtheilung des hiesigen Stadtgerichts und zu dem Geschäfts- gebäude für die Amtsgerichte und das Landgericht in Erfurt bereits in Nr. 214 berihtet worden. Von den übrigen Entwürfen zieht besonders das große Modell der S des in der Ausföhrung begriffenen Deutschen Gewerbemu}eums in der Königgräßerstraße die Aufmerksamkeit auf sich. Der Bau, mit dem die Architekten M. Gropius und H. Schmieden beauftragt sind, soll im Jahre 1881 vollendet sein. Mit dem 1ünstlerishen Shmuck find Professor Ewald, Historienmaler Geselshap und Bildhauer Sußmann-Hellborn beauf- tragt. Die Baumeister J. Hennicke und H. v. d. Hude hierselbst haben den Entwurf zu dem ebenfalls bereits seit Frühjahr im Bau begriffenen großen Eisenbahnhotel hierselb eingesandt. Das in derselben ehe der Friedrichsstraße belegene, auch {hon im Bau befindlihe Wohn- und Geschäftshaus für die Germania, Lebensver- sicherungs-Aktiengesell schaft zu Stettin, welches die Architekten Kavser und von Großheim hierselbst ausführen, verspriht dem deutschen Renaissance-Styl die glänzendfte Vertretung in unserer Stadt. Sonst begegnen wir noch den Namea Professor Dollinger (aas Gene & Lange, H. L (Erfurt), Professor E. Jacobsthal,
r. Krahn, H. Licht, J. Oyen, I. C. Raschdorff (Cöln), C. Schön- leber, A. Sturmhoefel Mera, Oscar Tiß und Triesethäu & Schäfer. ermann Ziller hat die ihm prämiirte Festdekoration für die Bühne des Königlichen Opernhauses eingesandt, in der si dieselbe bei den Subskriptionsbällen präfentirt.
In diese Abtheilung gehören endlich auch mehrere beahtens- werthe Cartons zu Glasfenstern, von denen die von Prof. Georg Eberlein in Nürnberg entworfenen trefflichen 8 Blätter (Scenen aus dem Leben der h. Elisabeth) bereits ausgeführt und für den hohen Chor des Erfurter Domes bestimmt sind, währenv die von Alexander Linnemann (Frankfurt a. M.) eingesandten 4 Cartorns zu Gla%gemälden für die St. Katharinenkirche zu Frankfurt a. M.
noch in der Ausführung begriffen sind.