1901 / 155 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 03 Jul 1901 18:00:01 GMT) scan diff

Bekanntmachung.

Jn Gemäßheit des § 46 des Kommunalabgabengeseßes T

vom 14. Juli 1893 (G.-S. S. 152) wird hiermit zur öffent- lichen Kenntniß gebracht, daß das im laufenden Jahre kom- munalabgabenpflihtige Neineinkommen aus dem Betriebsjahre 1900 bei der Breslau-Warschauer Eisen-

bahn auf 140 175 M festgeseßt worden ist.

Breslau, den 1. Zuli 1901. «0 Der Königliche Eifenbahn-Kommissar.

Di: et Guthzeit.

BVBeraunimahung.

Gemäß S 46 des Kommunalabgabengeseßes vom 14. Juli 1893 (Gesez-Samml. S. 152) wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß der im laufenden Steuerjähre zu den Kommunalabgaben einshäßbare Theder Ell aus dem Betriebe der Dortmund-Gronau-Enscheder Eisenbahn für das Betricbsjahr 1900 auf 2040000 # festgestellt worden ist.

Elberfeld, den 1. Juli 1901. 4

Der Königliche Sa ita æ& 1 C.

Abgereist: Seine Excellenz der Präsident des Reichs-Eisenbahnamts, Wirkliche Geheime Rath Dr. Schulz, mit Urlaub nach der Schweiz.

Personal-Veränderungen.

Königlich Preußische Armee. Beamte der Militär-Verwaltung.

Durch Verfügung des Kriegs-Ministeriums. 10. Juni. Staerk, Geheimer Nechnungsrath, Geheimer expedierender Sekretär im Kriegs-Ministerium, auf seinen Antrag mit Pension in den Nuhe- stand versetzt. j

11. Juni. Michalski, Noßarzt vom Kür. Regt. Graf Wrangel (Ostpreuß.) Nr. 3, auf seinen Antrag mit Pension in den Nuhestand verseßt

13. Juni. Gerlach, Nehnungsrath, Bekleidungsamts-Rendant, auf seinen Antrag mit Pension in den Nuhestand verseßt.

14. Juni. Moricinski, Ober-NRoßarzt vom Feld-Art. Negt. Nr. 52, auf seinen Antrag mit Pension in den Nuhestand versetzt.

15. Juni. Heise, Bureau-Diätar von der Intend. der 25. Div., zum Intend. Sekretär ernannt.

17. Juni. Steuding, Noßarzt der Landw. 2. Aufgebots, der Abschied bewilligt.

18. Juni. Wiechert, Kanzlei-Sekretär, Intend. Kanzlist von der Intend. VI1. Armee-Korps, auf seinen Antrag mit Pension in den Nubestand versetzt.

19. Juni. Eisermann, Proviantamts-Direktor, Nechnungs- rath in Potsdam, auf seinen Antrag mit Pension in den Nuhestand verleßt.

20. Juni. Niederstrasser, Rechnungsrath, Geheimer Kalkulator bei der Naturalkontrole des Kriegs-Ministeriums, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.

Durch Verfügung der Feldzeugmeisterei. 12: Funi. Heßhaus, Ober-Büchsenmacher von der Gewehrfabrik in Erfurt, Barß, Ober-Büchsenmacher von der Gewehrfabrik in Danzig, zur Gewehrfabrik in Spandau versetzt.

X11. (Königlich Württembergisches) Armee-Korps.

Offiziere, Fähnriche 2c. Ernennungen, Beförde- rungen und Verseßungen. Im aktiven Heere. 21. Juni. Magirus, Hauptm. und Komp. Chef im 8. Inf. Regt. Nr. 126 Großherzog Friedrich von Baden, vom 1. Juli d. Is. ab bis auf weiteres zur Dienstleistung beim Kriegs-Ministerium kommandiert.

Im Sanitäts-Korps. 26. Juni. Dr. Beck, Stabs- und Bats.-Arzt im Inf. Regt. König Wilhelm 1. Nr. 124, zum überzähl Ober-Stabsarzt mit einem Patent vom 18. April 1901 befördert. Dr. Gufimann, Stabsarzt ter Landw. 1. Aufgebots vom Landw. Bezirk Stuttgart, der Charakter als Ober - Stabsarzt verlieben. Dr. Sigwart, Unterarzt der Res. vom Landw. Bezirk Reutlingen, zum Assist. Arzt befördert.

Beamte der Militär-Verwaltung.

19, Juni. Ströbel, Zablmstr. im Inf. Negt. Alt-Württem- berg Nr. 121, zum Buchhalter beim Kriegszablamt ernannt.

Durch Verfügung des Korps-Generalarztes. 1. Juni. Ha ist, einjährig-freiwilliger Arzt im Train-Bat. Nr. 13, zum Ünter- arzt des aftiven Dienststandes ernannt und mit Wabrnebhmuna de1 bei diesem Truppentheil offenen Assist. Arztstelle beauftragt

Nichtamlliches.

Deutsches Reich,

Preußen. Berlin, 3. Juli.

Seine Majestät der Kaiser und K önig nahmen gestern Nachmittag den Vortrag des Chefs des Marine kabinets, General-Adjutanten, Vize-Admirals ¿Freiherrn von Senden-Bibran entgegen.

Vom 4. d. M. ab wird auch für den Verkehr der Reichseisenbahnen mit den preußishen Staats: cisenbahnen die Geltunagsdauer der Nückfahrkarten auf 45 Tage verlängert.

chen Zusammenstellung der Zolltarife des Jn- und Auslandes“ sind für die Bände C (Chemische ndustrie) und D (Holz und verwandte Jndustrien, Papier-, Leder- und Kautschukindustrie) weitere Nachträge, ferner für pden im Januar d. J. neu aufgelegten Band A (Tertil- ustrie) der erste Nachtrag erschienen. Sämmtliche Nachträge, welhe die seit Herausgabe der 1 Publikationen amtlih bekannt gewordenen Abän erungen

“‘gänzungen der in- und ausländishen Zolltarife in

p der im Neichsamt des Jnnern bearbeiteten „S yste mati

.

Form d Ba he eina dan bis R weiteres teser

UT andlung von E. ‘S. Mitiler U. S in Berlin 0 e 68/71, zu beziehen.

Der Kaiserlihe Gesandte in 8 Graf von Plessen- Cronstern hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub an- getreten. Während der Abwesenheit desselben wirkt der Legations-Sekretär Freiherr Langwerth von Simmern als Geschäftsträger.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich bayerischer Ministerial-Direktor von S Cn und Königlich württem- ace Präsident von Schicker haben Berlin mit Urlaub verlassen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Hertha“ am 1. Zuli von Tsingtau nah Hakodate und S. M. S „Zltis“ an demselben Tage von Tsingtau nah Futschau -in See gegangen.

Der Transport der abg elösten Besaßung von S MS. „Cormoran“, Transportführer: Kapitänleutnant Engel, ist mit dem Dampfer „Darmstadt“ am 1. Juli in Melbourne eingetroffen und hat gestern die Heimreise fortgeseßt.

Münster am Stein, 2. Juli. Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Heinrich ist heute Mittag hier eingetroffen.

Sachsen.

Nachdem die Königlich Ae Staatsbahnverwaltung beschlossen hat, eine allgemeine Verlängerung der Gültig- keitsdauer der Nücckfahrkarten auf 45 Tage ins Lében treten zu lassen, hat, wie das „Dresdner Journal“ meldet, das Königlich sächsishe Finanz-Ministerium die Einfüh- rung der gleichen Betalastiaung auch für das sächsische Staatsbahnneß angeordnet. Gleichzeitig sind mit den preußischen Eisenbahn -Direktionen telegraphishe Verhandlungen wegen Uebertragung der verlängerten Geltungsdauer auf die Nükfahr- karten zwischen sächsischen und preußischen Stationen eingeleitet worden. Die Neuerung wird im Jnteresse des Ferienverkehrs bereits am 4. Juli in Kraft treten. Baden. j

Der „Süddeutschen Reichs-Correspondenz“ zufolge hat die Großherzoglih badische Eisenbahnverwaltung ver- fügt, daß vom 4. Juli ab im Verkehr mit Stationen der preußishen Staatsbahnen die Gültigkeits- dauer der Rücckfahrkarten 45 Tage beträgt. Dem- nah werden vom 4. Zuli ab nicht nur die von Stationen der preußischen Staatsbahnen nah Baden gelösten Rückfahrkarten, sondern auch die von badishen Staatsbahn- stationen nah Orten des preußischen Staatsbahnnehes lautenden Rückfahrkarten eine 45 tägige Gültigkeit haben.

Deutsche Kolonien,

Der Kaiserlihe Gouverneur von Deutsch-Ostafrika Graf von Goezen hat dem „Deutschen Kolonialblatt“ zufolge cine auf vier Wochen berehnete Jnformationsreise nah Usambara angetreten.

Nach einer Meldung -des Kaiserlihen Gouverneurs des Schußgebiets Kamerun von Puttkamer is der Leutnant Strümpell mit seiner Abtheilung am 1. April d. J. in Tinto an der Balistraße eingetroffen und hat die Einrichtung der Station begonnen.

Die in die Gegend von Yaúnde unternommene Expedition des Hauptmanns- von Schimmelpfennig ist nach einer telegraphishen Meldung des Gouverneurs von Putt- famer wohlbehalten zurückgekehrt.

Oesterreich-Ungarn.

Bei der Ersaßwahl zum niederösterreihishen Landtage im Wiener Stadtbezirk Favoriten, welhe zum ersten Mal auf Grund des stark erweiterten Wahlrechts voll- zogen wurde, wurde, wie „W. T. B.“ erfährt, der Sozial demokrat Adler gewählt, wodurch die Christlih-Sozialen dieses Landtags mandat verlieren. Adler erhielt 4298, Rissaweg 1125 Stimmen.

Der böhmische Landtag überwies gestern den Antrag der Abgg. Graf Buquoy und Genossen auf Abänderung der Landtagswahlordnung in Böhmen, nah welchem bei den Wahlen des Großgrundbesißes analog den Neichsrathswahlen sehs Wahlgruppen gebildet werden sollen, nach längerer Debatte mit allen gegen die Stimmen der Deutschen und die Baxa's ciner Sonderkommission von 18 Mitgliedern.

Jm mähri schen Landtage führte gestern in der General- debatte über den Landesvoranschlag der Abg. d'Elvert aus, die Deutschen wollten den Frieden, aber nit um jeden Preis, sondern nur gegen dauernde Garantien für ihre nationalen Inter- essen. Der Abg. Zacek bezeichnete eg,als unrichtig, daß die Czechen überspannte Forderungen stellten r erkannte das größere Ent gegenkommen der Deutschen an und bezeichnete die nationale Versöhnung als eine Wohlthat für beide Volksstämme. Die nationale Frage sei für Oesterreih eine Eristenzfrage. Der Redner drückte die Hoffnung auf ein Gelingen des Versöhnungs- werks aus. Der Abg. Gans beantragte die Uebernahme der deutschen Privatgewerbeschule in Hoheastadt in die Verwaltung des Staats. Der Statthalter Graf Zierotin erklärte, die Regierung stehe beiden Nationalitäten in kultureller Hinsicht gleich unbefangen gegenüber und verfolge ausschließlich den Zweck, den nationalen Frieden und das Ausgleihswerk in Mähren zu fördern. Die Regierung sei bereit, die Privat gewerbeshule in Hohenstadt, ohne Präjudiz für die Zu unft, im nähsten Jahre in die Verwaltung des Staats zu übernehmen. Der Abg. von Chlumecky sagte, der Großgrund-: besiy sei von jeher bemüht gewesen, gerehten Wünschen der Czechen zu entsprehen, er werde für die Subventionierun des czechishen Privatgymnasiums in Hohenstadt stimmen, wei er es als die wihtigß: Aufgabe ansehe, die nationalen Schärfen zu mildern. Der Redner \{chloß, das Versöhnungs- werk müsse erreiht werden, und bat beide Parteien, die Ver ständigung zu fördern und Verleßungen des nationalen Gefühls zu vermeiden. Die Debatte wurde Tbat abgebrochen.

Der „Neuen Freien Presse“ wird aus Prag gemeldet, die Abordnung des Pariser Gemeinderaths und

französishe Turner hätten gestern die Büste Palacky's

gegen den Christlih-Sozialen Nissaweg |

in dem von bewohnten Palacky-Hause bekränzt einén Kra nz am Denkmal Ranis V niedergelegt. Das trage die E je Znschrift : „Dem Vater des Vaterlandes E IV. Paris“. Dem anwesenden Publikum habe der E ent des Pariser Gemeinderaths Dausset in czechischer

prache zu E: „Ein Fe der Königlichen Hauptstadt Prag! Auf Wiedersehen!“ Gestern Nachmittag seien die fran- zösischen Gäste abgereist. Auf dem Bahnhof habe der Gerichts: adjunkt Jerabek im Namen der Prager Stadtverordneten den Franzosen für ihren Besuch edankt. Dausset habe er: widert, das czehishe Volk - könne der Liebe des französischen Volkes sicher sein. Bei der Abfahrt habe das Publikum die Marseillaise angestimmt und gerufen: „Hoch die czechish-fran zósishe Allianz! Es lebe die Republik !“

Großbritannien und Frland.

Das Oberhaus verwarf, wie „W. T. B.“ meldet, in seiner gestrigen Sißung mit 88 gegen 46 Sttmmen einen Gelètentwurf: durh welchen es den Frauen ermöglicht werden sollte, Mitglieder der Londoner Bezirksräthe zu werden. Der Geseßentwurf war nicht von der Regierung ausgegangen.

m Unterhause erwiderte der Unter-Staatssekretär des Auswärtigen Lord Cranbourne i eine Anfrage, die Re- gierung habe erfahren, daß eine Mission aus Tibet in Ruß- land angekommen sei, doh habe die Regierung keine nähere Nachricht über den Charakter dieser Mission erhalten. Die britishe Regierung habe an die russishe keinerlei Mittheilung über diese Angelegenheit gerihtet, Gibson Bowles fragte, ob die “Regierung bei der Regelung der endgültigen Friedensbedingungen mit den Buren beabsichtige, die den Ein- fall Jameson's begleitenden Umstände in Erwägun; zu Men und eine Una einzusezen, welche über den Einfall eine eingehende Untersuchung anzustellen habe. Der Erste Lord des Fanaumis Balfour erwiderte, die Regierung wolle diese Angelegenheit nicht wieder aufs Tapet bringen. Der Schaß- kanzler Sir Michael Hicks Beach beantragte eine Resolution, welche als Grundlage zu einem neuen Artikel im Finanz- leg wue dienen fol Nach derselben soll von jeder See- Versicherungspolice, welche eine Klausel bezüglich der Fortdauer der Versicherung enthält, außer der bisherigen Stempelgebühr noch eine Stempelgebühr von 6 Pence erhoben werden. Die Resolution wurde angenommen.

Eine Versammlung der liberalen Partei ist auf den 9. d. M. einberufen worden. Jn parlamentarischen Kreisen wird dies als ein Anzeichen dafür angesehen, daß die Meinungs- verschiedenheiten innerhalb der Partei in ein kritishes Stadium eingetreten seien. Sir Henry Campell Bannerman hielt gestern Abead in Southampton eine Rede, worin er sagte, er wolle die kritishe Lage der liberalen Partei nicht bemänteln. Er habe“ sih nie irgend einer extremen Richtung angeschlossen, aber es sei stets s{hwer gewesen und scheine jeßt fast unmöglih zu sein, die Einigkeit der Partei aufrehtzuerhalten wegen der fortwährenden Sonderbestre- bungen einzelner Personen, welhe durch persönlihe Eifer- süchteleien oder Antipathien beeinflußt würden. Er appelliere an alle Liberalen, die Bemühungen, Ordnung und Leistungs- higreit innerhalb der Partei wieder zu ermöglichen, zu unter- tüßen.

Die marókfanishe Gesandtschaft Abend von London nah Deutschland abreisen.

wird morgen

Frankreich.

Jn der gestrigen Sihung. der Deputirtenkammer brachten, wie „W. T. B.“ berichtet, die Deputirten Fleury und Genossen den Antrag ein, den Zoll auf Stearin- säure um 6 Fr. zu erhöhen. Ferner brahte Fleury einen Antrag auf entsprechende Zollerhöhung für Kerzen ein. Der von dem Senat angenommené Antrag, daß als Nationalfeiertag der 15. Juli begangen werde, wenn der 14. Juli auf einen Sonntag falle, wurde abgelehnt und sodann Artikel 1 des Alters- und Jnvaliditätsversiherungsgeseßes ange- nommen. Jm weiteren Verlauf der Sißung nahm die Kammer einen Antrag des Deputirten de Gailhard-Bancel an, in welchem die Regierung ersuht wird, während der Ferien die Berufssyndikate über die Frage der Alters- und Invaliditäts- versicherung der Arbeiter zu Rathe zu ziehen. Ein Nachtrags fredit von 2500000 Francs für die Zivilpensionen wurde einstimmig genehmigt.

Der Marine-Aus\schuß der Deputirtenkammer, welcher mit der Prüfung verschiedener Anträge, betreffend den Bau eines Kanals zwischen dem Atlantischen Ozean und dem Mittelländishen Meer, betraut ist, wählte einen engeren Ausshuß, der die großen Kanalbauten in England und Deutschland studieren soll. Dieser engere Ausschuß be giebt fi zunächst nah Liverpool, um den Liverpool-Manchester Kanal zu besichtigen, sodann nach Hamburg zur Besichtigung des Kaiser Wilhelm-Kanals und \chließlich nach Henrichen- burg, um das Schiffshebewerk des. Dortmund-Ems-Kanals in Augenschein zu nehmen.

Shpanien. Vega de Armijo ist gestern wieder zum Präsidenten der Deputirtenkammer gewählt worden.

Belgien.

Jn der Nepräsentantenkammer kam es, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern zu stürmishen Scenen aus Anlaß einer Funterpellation des Deputirten Vandervelde (Soz.) über Aeußerungen, die ein General der Bürgergarde in Tournay gethan haben soll. Derselbe sol den Mann schaften gesagt haben, daß sie im Fall eines Aufruhrs auf das Volk schießen müßten. Der Minister des Innern de Trooz verlas eine Protesterklärung des betreffenden Generals, worin dieser in Abrede stellt, die ihm zugeschriebenen Aeußerungen gethan zu haben. Die Erklärung wurde von der Kammer mit größter Unruhe aufgenommen. Die Sozialisten ergingen fich in Schmährufen, wie Mörder 2 Der Deputirte Vandervelde nannte den Deputirten und Staats-Minister de Lantsheere cinen Lügner und wurde dafür zur Ordnung erufen Der Deputirte Pouille (So0z.) rief, wenn ein Aufruhr ausbrehe , werde er jenen General tödten, Der Deputirte de Lantsheere bemerkte, im Falle eines Aufruhrs werde die Nechte ihre Pflicht thun. Der Deputirte Woeste, welcher sagte, alle guten Bürger müßten sih bereit halten, einem Aufruhr entgegenzutreten, be antragie eine Tagesordnung, wonach die Kammer die Er- klärungen der Negierung billigt. Diese Tagesordnung wurde angenommen ; dafür stimmte die Rechte, dagegen die Sozialisten, während die gemäßigten Liberalen sich der Abstimmung ent

elten.

Türkei.

Dem Wiener „Telegr.-Korresp.-Bureau“ wird aus Kon- stantinopel vom gestri en Tage berichtet, jüngst eingelaufenen Nachrichten zufolge habe im Vilajet Mus 4 die Spannung zwishen Kurden und Armeniern eine drohende Ausdehnung angenommen. Jn Musch selbst hätten die Kurden eine allgemeine Panik verursacht. Bewaffnete Türken und Kurden hätten die Stadt durchzogen, sodaß die Armenier es nicht hätten wagen können, ihre Häuser zu verlassen, und der Bazar leer geblieben fei. Vierzehn Armenier seien von den Kurden getödtet worden. Der Verkehr zwishen Musch und mehreren umliegenden Dörfern sei unterbrochen. Die Haupt- angriffe der Kurden hätten sich gegen das Dorf Mogunk g Die Kurden beschuldigten die Armenier, den Scherif- g

a von Musch, durh den mehr als 150 Armenier einge- kerfert worden seien, getödtet zu haben.

| Eine Anzahl Dörfer sei von Kurden geplündert worden,

Aus Sjenigza, im Sandshak Novibazar, sind in Belgrad abermals Meldungen über serbenfeindliche Ausschreitungen dortiger Albanesen und e RebilE Soldaten eingetroffen. Leßtere hätten mehrere serbische Dörfer beseßt und die Bevölkerung unter dem Vorwande, daß sie Waffen bei sih versteckt halte, verfolgt.

Rumänien.

Jn der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer be- tonte, dem „W. T. B.“ zufolge, der Minister-Präsident Sturdza bei der Berathung des Vertrages mit der Nationalbank, betreffend einen Vorschuß von 15 Mil- lionen, die Nothwendigkeit dieses Vertrages und wies in Er- widerung auf die Ausführungen der Redner der Opposition darauf hin, daß die Konservativen übertriebene Budgets be- willigt hätten, welhe mit Fehlbeträgen abgeschlossen, während die Liberalen das Budget herabgemindert hätten, On machten und die alten Fehlbeträge aus den Einnahmequellen des Landes zu decken suhten. Der Vertrag wurde mit 71 gegen 4 Stimmen angenommen.

C

Bulgarien.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Sofia hat die Sobranje einen Kredit von 100000 Francs für die Festlichkeiten bewilligt, welhe zu Ehrèn des Großfürsten [lexander Michailowitsh von Rußland veranstaltet werden sollen, und sih sodann vertagt.

Asien.

Aus Tientsin vom gestrigen Tage berichtet das „Neuter- sche Bureau“, es sei dort die Meldung von einem Gefecht eingetroffen, welches bei Schenyang an der Grenze von Tschili und der Mandschurei zwishen Mohamedanern und Eingeborenen stattgefunden habe. Die ersteren seien ge- schlagen und ein mohamedanisher Priester getödtet worden.

Der „Times“ wird aus Simla vom 2. d. M. telegra- phiert, nach Mittheilungen von der Grenze des Fürstenthums Sikkim sei ein von dem Kaiser und der Kaiserin-Wittwe von China unterzeichnetes Edikt in Tibet durh öffentlichen Anschlag bekannt gemacht worden, in welhem mitgetheilt werde, daß die europäishen Mächte in Nord-China siegreih gewesen seien, und ferner anbefohlen werde, daß das Leben der Missionare und der zum Christenthum bekehrten Chinesen zu respektieren sei.

Dem „Reuter'shen Bureau“ wird aus Yokohama vom gestrigen Tage gemeldet, Berichten aus Soul zufolge habe die koreanishe Regierung plöhlih verlangt, daß Ja pan seine Postämter in Korea schließe und seine Beamten zurück rufe.

Afrika.

Dem „W. T. B.“ ist aus Kapstadt vom 2. d. M. die Meldung zugegangen, daß der Oberst Dalgety in das Ein- geborenen-Reservat Ma clear im Transkei-Distrikt einmarschiert ei, Die Buren hätten den Distrikt verlassen und zögen jeßt in der Nachbarschaft umher. Der Kommandant Fouché, der genöthigt Jjei, sich zurüc{zuzichen, müsse einen der drei Wege einschlagen, welhe von den Engländern beseßt gehalten würden.

Statistik und Volkswirthsthaft.

Arbeiterverhältnisse und Arbeiterwohlfahrts-

einrihtungen in Berlin und Charlottenburg.

In den soeben erschienenen „Jahresberihten der Königlich preußis{chen Regierungs- und Gewerberäthe und Bergbebörden für 1900" macht der Megierungs- und Gewerberath Hartmann Mit theilung über 5465 Mevisionen gewerblicher Anlagen des Aufsichts- bezirks Berlin-Charlottenburg, von denen 160 in der Naht und 146 an Sonn- und Festtagen voracnommen worden sind. Es wurden 3689 Fabriken und diesen gleihgestellte Anlagen, darunter 615 zwei- mal und 457 dreimal oder noch öfter, . mit 140 269 Arbeitern (ein- s{ließlich der jugendlichen und der weiblichen) revidiert, während sich im Bezirk 9774 revisionspflichtige Betriebe mit 229 228 Arbeitern befinden.

Ueber die Beziehungen der Aufsichtsbeamten zu dzn Arbeitgebern und den Arbeitern bemerkt der Bericht, „daß diejenigen zu den Arbeitgebern eine weitere Ausdehnung erfahren haben Und im allgemeinen als befriedigend bezeichnet werden können. In den Amtszimmern der Gewerbe - Jnspektionen und im Bureau des y egierungs+ und Gewerberaths entwickelte sich fast an jedem Wochen- lage in den Mittagstunden ein lebhafter persönlicher Geschäftsverkehr mit den Gewerbetreibenden, der ih als recht ersprießlih für die Gewerbeaufsicht und dur rechtzeitige sachgemäße Berathung und Ê ufflärung als förderli für die Interessen der Unternehmer und der arbeiter erwiesen hat. Nit so’ günstig entwickelten sich die persön- lichen Beziehungen zu den Arbeitern. „Troy wiederholter Be- kanntmachungen ist der Besuch in den Sprecch{stunden kaum nennends- werth Die \ich persönli Einfindenden sind meist Stellensucbende oder Personen, die Aufklärung über gesetzliche Bestimmungen oder dergl. nahsuchen Dagegen nimmt die Zahl der Beschwerden über mangelhafte Betriebseinrichtungen u. \. w. auf dem schriftlichen Wege immer mehr zu. Eine große Zahl dieser meist vollbegründeten Rlagen ging anonym ein.”

Vie seit dem 1. April 1900 der Gewerbe- Inspektion Berlin 11 zugewiesene weiblihe- Hilfskraft- hat ihr Hauptaugenmerk auf Selriebe gerihtet, in! welchen ausshließlich oder überwiegend Arbeiterinnen beschäftigt werden, also auf Wäschefabrilen, Konfektions- werkstätten und verwandte Branchen. Die anfänglich ablehnende daltung der Unterhebmer ist durch die Sachkenntniß und das rubige, ichere Auftreten der Assistentin bald beseitigt worden. „Durch die usübung der Nevisionsthätigkeit und durch Beziehungen aus ihrer früheren langjährigen praktischen Thätigkeit ist es ihr gelungen, in persönliche Füblan mit Arbeiterinnen zu kreten; jedoch haben sich daraus nähere Beziehungen noch nicht entwickelt. aus Kreisen der Arbeiterinnen, welche \sich meist

enheit der Betrieböstätten, fehlende

Die Beschwerden über mangelhafte Kleiderablagen,

Waschgel i i i Fat lYgelegenheiten, Aborte und ähnlihe Dinge ausließen, sind

h ießlich durch Vermittelung der Beschwerdekommission ein- gegangen.

Kind ie Zahl der in den e wig net g E 2. beshäftigten Kinder ist seit dem Vorjahre von 34 auf 45 gestiegen, die der lugendlihen Arbeiter von 14 bis 16 Jahren im Berichts- jahre 14 023 um 497 oder ‘3,7 9%. Set Zunahme, welche viel geringer Als die vorjährige ist, vertheilt sich ziemli gleihmäßtg auf fast alle Industriegruppen. Im Interesse der jugendlichen Arbeiter wurden au im vergangenen Jahre Dauer und Vertheilung der Paufen öfter, nämlich in 78 Anlagen, auf Grund des § 139 Abs. 2 der Gewerbeordnung geändert. Aus esundheitlihen Rücksichten ist dabei streng darauf gehalten worden, dah gleichzeitig mindestens eine Kürzung der Arbeitszeit auf 9 Stunden eintrat. Dieser Grundsaß ist oft der Anlaß zur Verkürzung der Arbeitszeit überhaupt geworden. Die Be- \chäftigung der jugendlichen Arbeiter war im allgemeinen, namentlich in den größeren Betrieben, den geistigen und körperlichen Kräften angemessen, Jn einigen Fällen wurde aber wieder beobachtet, daß man ge unGe Maschinen, namentli mechanisch betriebene Pressen und, Holzbear eitungs8maschinen, zu jungen Leuten anvertraut hatte. Kleinere Betriebe lassen sich öfter durch ihreschwierige wirthschaftliche Lage dazu verleiten, fi durch Annahme einer zu großen Zahl jugendlicher Arbeiter billige Hilfskräfte zu verschaffen.

s Ne M der. in „den revisions ‘flichtigen Betrieben beschäftigten Arbeiterinnen im Berichtsijahre 60 340 hat um 4048 oder (2% zugenommen. Das Mehr vertheilt sich hauptsächlich) auf die Maschinenindustrie mit 1379 oder 289% der früheren Zahl, die Nahrungsmittelindustrie mit 1718 oder. 79/9 und die Textilindustrie init 941 oder 17% der früheren Zahl. Die übrigen Gruppen haben wenig zu- oder abgenommen. Auffallend it die starke Vermehrung in der Maschinenindustrie; fie ist durch den Auf- shwung der Fabrikation von elektrischen Glühlampen und elektrischen und Telephonapparaten zu erklären, wo bei leichter körperlicher Arbeit die größere Handgeschiklichkeit der Arbeiterin zur Geltung kommt. Die Gesammtzahl dexr Arbeiterinnen beträgt 26,3 % aller Arbeiter (im Vorjahre 27 9/0), eine relative Zunahme ist alfo nicht eingetreten. Die auf Grund des § 138 a der Gewerbeordnung bewilligte Ü eber - arbeit ist gegen das Vorjahr wieder wesentlih zurückgegangen. Es wurden in 24 Fabriken im Ganzen d1 053 Ueberstunden zugelassen, im Vorjahre 98 509 Stunden in 36 Fabriken. Nachdem im Vor- jahre die Fabrikanten darauf hingewiesen worden waren, daß bèêi den hiesigen Verhältnissen wegen der Rücksicht auf Gesundheit und Sittlichkeit der Arbeiterinnen eine Ausdehnung der Arbeitszeit über 12 Stunden und 9 Uhr Abends hinaus bedenklich erschiene, ist es fast durchweg gelungen, diese Grenzen innezuhalten. Nur einigen Monogrammprägereien ist für wenige Tage vor Weihnachten, auf welche sih ihre Hauptthätigkeit verlegt, eine Stunde mehr zugestanden worden. Außerdem waren es hauptsächlih wieder die Chokoladen - und Zuckerwaarenfabriken, welche zur Bewältigung ihrer Saisonarbeiten der Ueberarbeit bedurften. Auf Grund des 9 139 Abf. 2 der Gewerbeordnung sind 84 Ausnahmen bewilligt worden. Die Genehmigung dieser Abweihungen von der ge- wöhnlihen Mittagspause der Arbeiterinnen ist auh hier nur ertheilt worden, wenn ‘die Arbeitszeit nicht mehr als 9 Stunden betrug und sonst keinerlei Bedenken vorlagen. Als be sonderer Vortheil für die Arbeiterinnen is dur solche Bewilligungen z. B. erreiht worden, daß eine Fabrik am Sonnabend bereits um 2 Uhr s{ließt, um den Arbeiterinnen Zeit zur Bestellung ihres Haus- halts zu geben, und daß in zwei großen Fabriken gute Speise- und Aufenthaltsräume eingerihtet wurden, weil die Arbeiterinnen während der gekürzten Pause nicht mehr nach Hause gehen konnten.

Die Arbeiterinnen in Konfektionswerkstätten klagen darüber, „daß sie vielfah den“ früheren Shluß am Sonnabend ganz entbehren, weil die Inhaber die ihnen an 60 Tagen zugestandene Ueberarbeit auf die Sonnabende verlegen“. In den Werkstätten, welche die Handelsgeschäfte zur Abänderung der vom Lager verkauften Stücke unterhalten, und in denen oft eine. schr große Zahl von Arbeiterinnen beschäftigt wird, klagen diese über zeitweise übermäßige Ausdehnung der Arbeitszeit überhaupt. Die genannten Werkstätten werden weder zu den Fabriken, noch zu den Konfektionswerkstätten gerechnet, ihre Arbeitszeit ist daher niht bes{hränkt.

Die Zahl dee E DaU revisionspflihtigen Betrieben xeshäâftigten erwachsenen männlichen Axbeiter im Berichtsjahre 154820 hat um 14701 oder 10,59% zugenommen. Diese Zunahme ergiebt sich namentlich aus dem Anwachsen in der Maschinenfabrikation, der Holzindustrie, den polygraphishen Gewerben und der Nahrungsmittel-Industrie, welche neben der Metallverarbeitung die meisten erwachsenen Arbeiter be- schäftigen. In der leßteren hat jedoch die Zahl dieser Arbeiter nur wenig zugenommen. Eine wesentliche Abnahme hat sie in der chemischen Industrie erfahren. Zur Verhütung unverhältnifimäßigen Zchadens (8 105 f der Gewerbeordnung) wurde in Berlin in 7 Fallen, in Charlottenburg in 5 die Genehmigung ¿zur Sonntagsarbetit ertheilt. In allen Fällen wurde befürchtet, daß ein Verlust der Kund- schaft bei verzögerter Lieferung eintreten würde.

In sehr vielen neuerdings geprüften Arbeitsordnungen ist das bedauerlihe Bestreben hervorgetreten, einzelne Bestimmungen des Bürgerlichen Gesezbuhes, welhe den Arbeitern Vortheile gewähren, unwirksam zu mathen. Dies betrifft zunächst den § 616, welcher be stimmt: „Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Ansyruches auf die Vergütung niht dadur verlustig, daß er für eine verbältniß mäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in feiner Person liegenden Grund obne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.“ „Die Auss{ließung dieses Parägraphen dur freien Vertrags\{Gluß", bemerkt der Berichterstatter, „ist zulässig; es würde deshalb nichts ingewendet werden, wenn gegen eine zu weitgehende Benußung dieses Nechtes Festsetzungen getroffen würden. Es muß aber als unbillig be- zeichnet werden, wenn ein von der bürgerlichen Gesetzgebung anerkanntes Ret vollständig zunihte gemacht wird, und wenn es sich Unter- nebmerverbände angelegen sein lassen, diefes Vorgehen allgemein zu machen.“ Mit befserem Erfolge ift bisher auf Grund des § 394 des Bürgerlichen Geseßbuchs în Verbindung mit dem Geseg über dic Beschlagnahme des Arbeitälohnes vom 21. Juni 1869 gegen die häufig i der Arbeiks8ordnungen angekämpft worden, daß Entschädigungsansprüche für verdorbene Stoffe, Werkzeuge u. . w. vom Unternehmer cinseitig festgeseut und gegen den Arbeitslohn auf- gerechnet werden können.

wiederkehrende Bestimmung

Auch gegen die Zurückbehaltung des Arbeits lobnes, welche man in solchen Fällen auf § 273 Bürgerlichen Gesey- buchs stüßen will, ift Einspruch erhoben worden, da ein Schuld- verhältniß des Arbeiters niht vorliegt, solange der Anspruch Arbeitgebers nicht vom Arbeiter anerkannt oder gerihtlich fest- gesetzt ist i i O l Die im Bezirk bestehenden Arbeitérausschüsse, deren Zahl gering ist, arbeiten nach dem Bericht vor- Arbeiterauss{chuß mit weitgehenden Befugnissen Anthbeilnabme ihrer Arbeiter die Luxus- Krause eingerichtet, seine Sahzungen Regierungs- und Gewerbéraths Harkt- Allgemeine Elektrizitätögesellschaft hat cine als Wohlfahrts- und Sicherheitsauss{hüsse bezeichnete Arbeitervertretung ins Leben gerufen, deren Thätigkeit sich unächst baurtsächli auf den Shußÿ der Arbeiter gegun Gefahren richtet. Wie aus deren gleihfalls dem Berichte beigefügten Satzungen hervorgeht, haben diese Ausschüsse weitgehende Befugnisse; sie haben regelmäßige Revisionen der Betriebe vorzunehmen und sind in allen Fällen bon Gefahr befugt und verpflichtet, sofortige Shußmaßregeln anzuordnen. Sie dürfen z. B. gefährliche Maschinen und Apparate ohne weiteres außer Betrieb setzen; bei der Unterfuhung der Unfälle haben sie mitunvirken. Die streng sachliche und erspricfiliche Arbeit der Ausschüsse hat die Direktion wie die Arbeiter in gleichem Maße befriedigt, die letteren haben ihren Dank in öffentlicher Versammlung ausgesprochen. ie Einrichtung kann däher zur Nachahmung warm empfoblen werden.

nod immer sebr ¡üalih. Einen bat unter lebhafter papierfabril von Max And dem Berichte des mann beigefügt. Die

In der Verbesserung der bygienishen Verhältnisse in den Arbeitsräumen ist man im Berichtsjahre, dank der anhaltend

regen Bauthätigkeit, einen guten Schritt vorwärts (éfontmen Einer- seits find durch den Abóruh alter Häuser zah Ee kleine, sehr suaggerzalte Betriebsftätten beseitigt worden. Andererseits konnte bei den Neubauten die Erfüllung wesentlicher Forderungen mit Leichti

erreiht werden, Es handelte si hierbei um Hunderte von mi mr und kleinen Betrieben, welhe in Miethsräumen untergebraht werden. In diesen Betriebsstätten ist von vornherein den allgemeinen Forde rungen in Bezug auf Lüftung, Beleuhtung, Wa serverforgung, Feuer- sicherheit, bequeme ugänge, Nothauêsgänge und Aborte entspro eimr.

Dié. rel e Arbeitsgelegenheit der ersten Hälfte des Jahres 1900, die günstige Geschä tslage und die Erfolge verschiedener Strike- bewegungen haben nit nur für ausgebildete, fondern au für unge- lernte Arbeiter eine Erhöhung der Lohnsäße und des Verdienstes gebracht. Die im Sommer eingetretene Beunruhigung der Industrie und Verschlehterung der Geschäftslage hat dann jedoch eine Anzahl von Fabriken zur Einf ränkung der Produktion gezwungen und die Nachfrage nah Arbeitskräften vermindert. Wenn auch Arbeiterentlassungen in bemerkenswerthem Umfange nur vereinzelt Hege nDes haben, Jo hat doch das intenfive Arbeiten mit Ueberstunden aufgehört. Jn der Maschinen- und Eisenindustrie ist in vielen Betrieben sogar eine Verkürzung der regel- mäßigen Arbeitszeit vorgenommen worden. Zu dem hierdurch hevbei- g pes Minderverdienst kam noch die Steigerung der Preise ür Lebensmittel und für Brennmaterial.

Nah wie vor wird, wie der Berichterstatter hervorhebt, der Mangel an kleinen Wohnungen {wer empfunden. Die Miethspreise haben eine weitere bedeutende Steigerung erfahren, und viele Arbeiterfamilien {ind gezwungen worden, ihre bisherigen Wohnungen mit weniger guten zu vertauschen. Diefe: Zwangslage hat das A OA für die Ziele des Berliner Spar- und Bauvereins in den Arbeiterkreisen geweckt. Der Vereim hat am 1. Oktober 1900 einen imposanten Neubau zur Ver-= miethung stellen können. Dieser umfaßt die Häuser Greifenhagener- straße 76 und 77 und Stargarderstraße 3, 4 und 5. Er enthält: 125 Wohnungen, die außer der Küche und den nöthigen Nebenräumen:

1 bis 3 Zimmer umfassen, und deren jährliher Miethspreis 264 bis 934 4 beträgt. Der Neubau enthält au, wie die Ansiedelung im Osten Berlins, ein geräumiges Versammlungslokal. Eine Hausbibliothek ist von einer Gönnerin des Vereins gestiftet. Die sofort cingerichtète Hausgenossenschaft hat bereits mehrere Vortragsabende ab ehalten. Ein geräumiger Kinderspielplay mit Turngeräthen und Badéeins richtungen ist, wie in den âlteren Ansiedelungen, geschaffen worden. Der Andrang der Vereinsmitglieder bei der Ausloosung der Wohnungen war enorm ; für manche Wohnungen waren 60 Bewerber vorhanden. 4 Ginrichtungen zur Wohlfahrt und zur Unterstüßung der Arbeiter, die über den Rahmen der geseßlihen Verpflichtungen hinausgehen, führen \sich nur langsam ein. Sie werden von den Berliner Arbeitern nicht begehrt und von den Unter- nehmern selten ins Leben gerufen, weil der häufige Wechsel der Leute ein persönliches Interesse und das Gefühl der Verpflichtung niht aufkommen läßt. Wo aber s\olhe Einrichtungen gétroffen sind und mit dem richtigen Verständniß durchgeführt werden, da finden sie volle Anerkennung und wirken nah der Ansicht des Berichterstatters segensreih. Er erwähnt besonders die Papierausstattungsfabrik von Mar Krause; dieselbe besißt an Wohlfahrtséinrihtungen feit 1890 eine Pensionskasse, zu der die Arbeiter keine Beiträge ablen, eine Sparka] e, eine Fabrikkrankenkasse, eine Fabrikküche, deren Jahresüberschuß zur Pensionskasse fließt und für welche die Firma Lokal, Feuerung und Personal unentgeltlich stellt, gewährt den Arbeitern seit dem Jahre 1896 eine Gewinnbetheiligung, all- jährlih eine Woche Ferien bei voller Bezahlung und je nach Be- darf Theuerungszulagen u. st w. Eine andere größere Firma hat Gewinnbetheiligung nach folgenden Grundsäßen eingeführt : Das Gesammtpersonal if an dem im ganzen Betriebe erzielten Nein- gewinn mit 10% betheiligt. Von diesen 109% fließen 29% in die Unterstützungskasse, während 89% pro rata des in dem betreffenden Be- triebsjahre bezogenen Gehalts bezw. Lohns einem jeden Angestellten nah Beendigung der Inventur und Ermittelung des erzielten Reingewinnes baar ausgezahlt werden. Als Reingewinn gilt der volle Brutto- gewinn nach Abzug der Kapitalzinsen, der Unkosten, der Ent- schädigung für die Arbeitsleistung der Betriebsleiter und der Ab- shreibungen. Die an die Betriebsleiter gezahlten Gehälter nehmen an der Gewinnbetheiligung nicht theil. Der Tag der Auszahlung des Gewinnantheils wird durch Anschlag bekannt gemaht. Die uiht erhobenen Beträge, welche drei Monate nah erfolgter Ankündigung aufbewahrt werden, follen zur Hälfte der Unterstützungs- kasse, zur Hälfte der Strafkasse überwiesen werden. Die Richtigkeit der Berechnung des erzielten Reingewinns ist alljährlich nach A {luß der Bücher und Aufstellung der Bilanz durch einen gerichtlichen Bücherrevisor zu prüfen und zu bescheinigen. Außer dieser Betbeiligung am Gewinn hat die Firma eine Betriebs\par- und eine Unter» stüßungskasse ihrer Angestellten eingerichtet. Auf ein freund- schaftlihes Verhältniß zwischen Arbeitgebern und Arbeitnebmern deuten die regelmäßigen Weihnachtsfeiern hin, wie sie in manchen Fabriken begangen werden, Allerhöchste Auszeihnungen sind au im Berichtsjahre an Arbeiter und Arbeiterinnen verlieben und in feierliher Weise überreiht worden.

Die Zentralanstalt für unentgeltlihen ArbeitsnaGweis in Man beta

hat vor furzem einen ausführlihen Thätiakeitsberibt erstattet und in demselben gezeigt, daß auch das ursprünglich vielfah geübte System der Vereinsthätigkeit mit Gemeinde- und Staatsunterstützung sich bewährt, wenn die rechte Leitung vorhanden ist, Die Mannheimer Anstalt, welhe zu den größten gehört, die im Reiche bestehen, ist von einer Anzahl Vereinen errihtet und wird aud beute noch zu einem kleinen Theil von denselben unterhalten, aber von den Delegirten der Vereine und der Gemeinde fortgesetzt geleitet. Während die Vereine etwa 1100—1200 M aufbringen, zahlt der Staat für die Anstalt 1500 Æ, ter Kreis 1000 A und die Stadtgemeinde 1200 „K Zuschuß, sodaß also die Vereine weniger die Geldmittel als die leitenden Perfonen ftellen. Im Ganzen ift die Anstalt im Fahre 1900 von 55 122 Arbeitsuchenden in Anspru genommen worden, während uur 22 107 Gesuche von Arbeitgebern vorlagen. Es wird darüber geklagt, daß die großen Arbeitgeber noch viel zu wenig von der Anstalt Ge- brauh machten, und es \{eint, als ob politische, d. h. sozialpolitische Fragen hindernd im Wege stehen. Der Bericht deutet dies an, indem er sagt, „die Anstalt vermag die Arbeitsuhenden den Arbeitgebern gegenüber niht so zu kennzeiGnen, wie diese es wünschten“.

Sehr eingehend hat man sih mit der Dienstbotenvermittelu und den Mißständen bei der Privatvermittelung beschäftigt ; es ist aber, da noch eine andere gemeinnüßige, zentralisierte Dienstboten- vermittelung entstanden ist, eine Erhöhung der Zahlen bei der all- gemeinen Vermittelungsanstalt nicht eingetreten, jedoch auch keine Ab« nahme zu verzeihnen. Der Dienstbotenmangel in Mannheim ifk ein llenger und bedeutender, aber die Anstalt kann gegen denselben nichts thun

Die Mannheimer Zentralanstalt hatte auch vielfa auswärtige Gesuche von Arbeitgebern zu erledigen. Von den 22107 gesuchten Arbeitskräften entfielen auf die Stadt mit Vororten nux 1906 sodaß also etwa 3000 Gesuche von auswärts kamen. Selbswerständ- lich werden die so viel sich anbietenden ungelernten Axbeiter nah aus+ wärts nicht verlangt, aber es war doch möglich, auch 125 landwirth- schaftliche Arbeiter in Stellen zu bringen.

Die Anstalt hat sich in allen Stücken gut bewährt, aber sie hat, wie nus ihrem Bericht hervorgeht, noch mit manchen den zu kämpfen, die, weil sie auf alten Gewohnheiten und auf »zial- politischen Meinungdverschiedenbeiten beruben, nur schwer bei werden können. Segenöreih wirkt indessen diese große Ark mittelungsanstalt unbedingt, und sie will ihre Grundprinzipien 1 weitet festhalten.