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O E E E
Nichtamtliches.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 27. Juli.
Jn der Zeit vom 1. April 1901 bis um Schluß des Monats Juni sind im Deutshen Reich folgende Einnahmen (einshließlich der kreditierten Beträge) an Zöllen und gemeinshaftlihen Verbrauchssteuern jowie andere Einnahmen zur eg getangt: Zölle 115 054 906 4. (gegen das Vorjahr — 94337 46), Tabacksteuer 2519744 M (— 14980 1), Zuckersteuer und W la derselben 17620 066 M (=— 13878443 H), Salzsteuer 10 389 575 M (— 182 905 46), Maischbottichsteuer 3669 901 M. (+ 85675 M6), Verbrauhsabgabe von Brannt- wein und Zuschlag 29 755 997 #4 (— 52646 416), Brenn- Feuer 444251 M (— 212736 6), Brausteuer 8596 359 (+ 268 152 M6), Uebergangsabgabe von Bier 943 622 f. (— 88657 46), Summe 188 994 421 6 (— 14 170 877 46). Stempelsteuer für: a. Werthpapiere 3409048 M (— 9290016 M), b. Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte 3710033 A6 (+ 5630 M6), c. Loose zu: Privatlotterien 1655 147 M (+ 228 633 6), Staatslotterien 4057 783 M, (+ 1911464 M), d. Siffsfrahturkunden 191772 M (+4 191 772 M6); Spiecltartenstempel 303 726 M6 (— 13740 6). Wechselstempelsteuer 3 323 652 M (+ 196513 46), Post: und Telegraphen-Verwaltung 98 983541 H. (+4 5266 287 H), Reichs-Eijenbahn-Verwaltung 22 034 000 4 (— 82000 16). Die zur RNeichskasse gelangte Jst - Einnahme, abzüglich der Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten, beträgt bei den nachbezeihneten Einnahmen: Zölle 101 472254 M. — 5 191 995 Á6), Tabadksteuer 2656 999 #6 (4 57 741 M), ucfersteuer und Zuschlag zu derselben 23364939 #6 — 6690811 M6), Salzsteuer 11 568 602 M (— 394 817 M), aischbottichsteuer 4599 057 A6 (— 745 535 4 Verbrauchs- abgabe von Branntwein und Zuschlag 27 899 125 M. + 2300527 A6), Brennsteuer 444251 M (— 212736 A6), Brausteuer und Uebergangs8abgabe von Bier 8109757 (4+ 152507 6), Summe 180 114 984 M6 (— 10 725 119 A6). — Spielkartenstempel 420 181 M. (— 6166 M).
Der Ober-Rehnungskammer-Direktor, Wirklihe Geheime Ober-Regierungsrath von N ostiß ist nah dem Harz abgereist.
Königsberg i. Pr., 26. Juli. Bei dem Diner, welches am Donnerstag im Kurhause zu Neuhäuser bei Pillau stattfand, brachte, wie „W. T. B.“ meldet, der Minister für Handel und Gewerbe Möller einen Trinkspruch auf die Königsberger Kaufmannschaft aus, in welchem er, nah den Königsberger Blättern, unter anderem etwa Folgendes ausführte:
Die Entwickelung von Handel und Gewerbe in Ostpreußen hänge davon ab, daß man richtig erkenne, welhe neuen Wege man unter den veränderten Verhältnissen zu gehen habe. Die Bestrebungen, den Verkehr in landwirthschaftlihen Produkten zu erleichtern, hingen innig zusammen mit der Gestaltung der Zölle und der Handelsverträge. Man werde einsehen, daß die Landwirthschaft einen erheblichen Schuß nicht entbehren könne, und diejenigen, die sich mit diesem Gedanken nicht befreunden könnten, würden ih doch an den Gedanken gewöhnen müssen, daß die Schußtzölle cine Erhöhung erführen. Jede Erhöhung der Getreidezölle stehe mit dem Abschluß von Handelsverträgen in innigem Zusammenhang, und er bitte, in dieser Beziehung der Regierung volles Vertrauen zu {enken Der Minister gedahte sodann der von ihm besihtigten hervorragenden Einrichtungen ' der Zellstofffabrik und des Lagerhaufes und betonte, unter Hinweis auf das Beispiel Antwerpens und Notterdams, daß derartige große, mit rihtigem Blick für alles Ncue und Werthvolle geshaffene Ein- richtungen die erste Grundlage für Erhaltung der Schiffahrt und des Handels bildeten. Der Minister {loß mit der Aufforderung, die modernsten und besten Einrichtungen zu benußen, um im Konkurrenz- kampf nicht zu unterliegen; dann werde, wenn auch nah jahrelangen Kämpfen um die größte Vollkommenheit, der Erfolg nicht ausbleiben.
Der Ober-Präsident Freiherr von Richthofen brate, den Blättern zufolge, einen Trinkspruh auf die Provinz aus, in welcher er versicherte :
___ Er werde seine Fürsorge allen Ständen zuwenden und sein Bestes einseßen, um die Interessen der Provinz genau kennen zu lernen, und bitte, ihm Vertrauen, Wohlwollen und Unterstüßung entgegenzu- bringen, damit er im stande sci, das in ihn geseßte Ver- trauen Seiner Majestät des Kaisers zu rechtfertigen. Als ein günstiges Geshick betrachte er es, daß sein Amtsantritt mit dem ersten Besuch des Ministers für Handel und Gewerbe in dieser Provinz zu- sammenfalle, was ihm Gelegenheit biete, der Besichtigung interessanter Handelseinrihtungen beizuwohnen und berufene Vertreter des Handels und der Industrie kennen zu lernen. Er wünsche, daß, wie in der Provinz, aus welcher er komme, so auch in Östpreußen, \tets die wirthschaftlihen Betriebe aller Erwerbszweige nebeneinander im Frieden leben möchten.
Sachsen-Coburg-Gotha.
Gestern Vormittag fand, wie die „Cob. Ztg.“ meldet, in der Gruft der Katholishen Kirche St. Augustin eine Ge- dächtnißfeier für den verstorbenen Prinzen August statt, welcher die Wittwe des Verewigten, Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Clementine, sowie Jhre Hoheiten die Prinzen Philipp und August vonSachsen-Coburg und Gotha und Seine Königliche Hoheit der Fürst Ferdinand von Bulgarien beiwohnten.
Der Landtag des Herzogthums Coburg ist gestern nah Erledigung des Etats vertagt worden.
Oesterreich-Ungarn, Die Landtage von Salzburg und Steiermark sind gestern geshlossen worden. Großbritannien und Jrland.
Fu Oberhause legte gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, der Prewier-Minister Lord Salisbury die Bill vor, durch
welche eine Abänderung des Titels des Königs zuge- lassen wird, Die Vill bestimmt, daß cs dem König zustehen solle, im Hinblick auf Allerhöchstdessen übexseeishe Besitzungen diejenige Aenderung seines Titels vorzunehmert, die er für passend halte. Lord Salisbury erklärte ferner, daß tex Titel, welchen der König Ie annchmen werde, sdigendermayen laute:
„Eduard VIT, von Gottes Gnaden König des Vereinigten Königreihs von Großbritannien und Jrland und der über-
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secischen britishen Besißungen, Vertheidiger des Glaubens, Kaiser von Jndien““, j
Jm Unterhause rihtete Sir Charles Dilke die Anfrage an die Regierung, ob -die seiner Zeit zwishen Groß- britannien und Rußland wegen eines Stückes Land bei Tientsin entstandene Streitfrage erledigt sei. „Der Unter- Staatssekretär des Aeußern Lord Cranbourne erwiderte, mit Zustimmung der russischen Regierung sei die Entscheidung Uber das Besißzreht an dem strittigen Landstük den beiden Regierungen vorbehalten worden, und die Lokalbehörden hätten dieser Entscheidung in keiner Weise vorzugreifen. Der russitde Botschafter in St. Petersburg - habe O die
d e Regierung benachrichtigt, daß bis zur Entscheidung: dur die
beiden Regierungen der Nechtszustand, wie er vor der von Li - Hung - Tschang ertheilten Konzession bestanden, insofern weiter bestehen solle, daß die Eisenbahnverwaltung und die britishen Besißer von Land innerhalb des strittigen Territoriuums ohne Widerspruch seitens der russishen Behörden alles das sollten thun dürfen, was hätte gethan werden können, als das Territorium noch unter Ginefisder Jurisdiktion gestanden habe. Bei der Be- rathung des Budgets des Auswärtigen Amts wies Sir Charles Dilke auf zwei Reden hin, welche der Reichs- kanzler Graf von Bülow im Februar im Reichstage ge- halten habe, und erklärte, Graf von Bülow habe augenscheinlih beabsichtigt, den Eindruck zu erwecken, daß Großbritannien einen plumpen und erfolglosen Versuch gemacht habe, ein Bündniß mit Deutschland zu erlangen. Die Erklärung des Reichskanzlers Grafen von Bülow, daß Deutschland zu der Zeit, als der Kaiser das Telegramm an den Präsidenten Krüger gesandt, bereit gewesen sei, mit Frankreih zu- ammenzugehen, sei wverhängnißvol und weise auf ie Quelle einer großen Gefahr hin. Sir Charles Dilke kam dann auf die verschiedenen Auslegungen zu sprechen, welche das deutsh-britishe Abkommen erfahre. Der Redner erhob dann Einspruch dagegen, daß irgend ein Territorium, auf welches Großbritannien Rechte habe, an den Congostaat abge- treten werde, und. beantragte s{hließlich einen Abstrih am Etat des Auswärtigen. Der Unter-Staatssekretär des Auswärtigen LordCranbourne erwiderte, die Besorgniß Sir Charles Dilke's, daß ein großes Stück Land an den Congostaat fortgegeben werden solle, sei unbegründet. Hinsichtlih des deutsch-britishen Ab- fommens führte Lord Cranbourne aus, daß die Territorial- Klausel unbeschränkt sei und ganz China einbegreife, daß die Klausel, betreffend die „offene Thür“, dagegen beschränkt sei. Wenn Deutschland, wie er annehme, sich auf den Stand- punkt stelle, daß es in der Mandschurei keinen Einfluß habe, so werde die Mandschurei von der Klausel, was Deutsch- land betreffe, ausgenommen. Durch- freundschaftlihe Vor- stellungen bei der russishen Regierung, welhe dur das Vorgehen patriotischer Chinesen unterstüßt worden seien, habe Großbritannien erreichen können, daß das Mandschurei- Abkommen nicht unterzeichnet, sondern zurückgezogen worden sei. Obgleich die britische Regierung nicht immer in Ueberein- stimmung mit der russishen Regierung gewesen sei, habe die leßtere doch nach und nah den britischen Forderungen nach- gegeben. Der russishen Regierung sei nahegelegt worden, daß ie Zeit gekommen sei, die Stationsgebäude des nördlichen Theils der Eisenbahn jenseits der großen Mauer den britischen Militärbehörden zu übergeben, und er — Lord Cranbourne — habe erfahren, daß die Gebäude in Schanhaikwan binnen kurzem den Engländern übergeben werden sollten. Bezüglich des Streitfalles von Tientsin führte der Unter-Staatssekretär noch aus, die russishen Offiziere hätten niht immer diejenige Achtung vor dem Uebereinkommen gezeigt, welhe Großbritannien zu erwarten berechtigt sei; Vorstellungen bei der russischen Regierung seien von dieser jedoch in sehr verschiedenem Geiste aufgenommen worden. Rußland habe der Aufrccht- erhaltung des status quo in Tientsin zugestimmt. Was die Verhandlung wegen der Entschädigungsfrage angehe, hoffe er baldigst mittheilen zu können, daß die Frage . geregelt jei. Nur ein Punkt sei noch in der Schwebe. Die Regierung habe gegen gewisse Konzessionen der Erhöhung der Einfuhrzölle auf 5 Proz. zugestimmt, sei aber niht in der Lage, dem Vorschlage ciner Macht, die Zölle auf 10 Proz. zu erhöhen, zuzustimmen. Jm weiteren Verlaufe der Sißung fam Edmund Robertson (liberal) auf die angeb- lich von den verbündeten “ Truppen in China be- gangenen Grausamkeiten zu sprechen. Der Unter-Staats- jekretär des Auswärtigen Lord Cranbourne entgegnete, er wolle hier nicht für irgend eine andere Nation anworten. Es genüge, wenn er sage, daß die britishen Truppen sih gut geführt hätten. Großbritannien sei für Ausschreitungen, die etwa von Angehörigen anderer Truppentheile begangen « jeien, nicht verantwortlih, und er habe kein Recht zu sagen, daß ihnen Grausamkeiten nachgewiesen seien.
Frankreich.
__ Der bisherige französishe Gesandte in Peking Pichon ijt, nah einer Meldung des „W. T. B.“, gestern in Paris eingetroffen und auf dem Bahnhofe von einem Vertreter des Präsidenten Loubet und ‘dem Minister des Auswärtigen Delcassé begrüßt worden. Außerdem hatten sich zahlreiche Freunde Pichon's zum Empfang sowie eine große Volksmenge eingefunden, welhe Hochrufe auf Pichon ausbrachte.
__ Der Gesandte Pichon hat mehreren Zeitungsbericht- erstattern gegenüber die Beobachtungen geschildert, die er in China gemacht hat. Bu einem . Vertreter des „Echo de Paris“ äußerte Pichon, die Beziehungen zu dem General - Feldmarshal Grafen von Waldersee seien immer sehr herzlihe gewesen. Graf Waldersee sei ein Mann von sehr feinem Takt und unermüdlicher Thätigkeit. Niemals sei zwischen den französishen und den deutshen Offizieren die geringste Reibung vorgekommen. Pichon wies dem Jnterviewer dabei Photographien vor, welche deutshe und französische Soldaten Arm in Arm zeigen. Auf längere Zeit würden, wie Pichon weiter bemerkte, in China feine neuen Erhebungen stattfinden, wofern man in den Vorbeugungsmaßnahmen nicht nachlasse und die in China zurückgelassenen Truppentheile genügend stark seien. — Einem Vertreter des „Eclair“ sagte Pichon gleichfalls, daß die Beziehungen zwishen Deutshen und Franzosen stets ausgezeichnete gewesen seien. Die Thätigkeit des Grafen Waldersee sei nicht zwecklos gewesen; derselbe habe sich stets durch feines Taktgefühl und Gewandtheit aus- gezeichnet und habe es verstanden, alle Umstände zu benutzen, und jein Wirken habe stets einen wohlthätigen Einfluß ausgeübt. — Einem Vertreter des „Journal“ gegenüber wiederholte Pichon, daß die Franzosen stets vortreffliche Beziehungen zu den Truppen der: ‘anderen Mächte unter-
daten ein besonders herzliches gewesen. Der General Voyron und der General-Feldmarschall Graf von Waldersee hätten immer auf a aube gestanden. Pichon ift der Meinung, daß der Kaiserliche Hof im Herbst nah Peking zurückehren werde, und erklärte {ließlih, daß nicht nur die französishe Mission in China, sondern alle katholischen Missionen, wie auch die eingeborenen Christen von der cinesi- hen Regierung bereits theilweise entshädigt worden seien. Die „Liberté“ sagt, daß weder das Ministerium des Auswärtigen, noch das Gouvernement von Algerien etwas über ein großes Gefecht zwishen Franzosen und Marok- kanern bei F ignig cis hätten, welhes von einem englischen Blatt gemeldet worden sei. Man halte die Nach- richt für unbegründet.
halten hätten, doch e das Verhältniß zu den dêutshen Sol-
JFtalien.
Ein gestern in Neapel veröffentlihter Bericht über das Befinden Crispi's besagt, dem „W. T. B.“ zufolge, es sei E in den nervösen Erscheinungen eine Besserung eingetreten,
och Hätten die Körperkräfte im allgemeinen nachgelassen, auch die Herzthätigkeit sei ein wenig {wächer.
Türkei.
Das Wiener „Telégr.- Korresp. -Bureau“ meldet aus Konstantinopel vom gestrigen Tage, der serbishe Gesandte Gruitsh, welhem die Nachricht zugegangen sei, daß die offiziellen ferbisheèn für das erbe General- konsulat in Uesküb bestimmten noch immer in Zibeftsha zurückgehalten würden, habe der N eine Note überreicht, in welcher egen das Vorgehen der tülkishen Zollbehörden, das en Bestimmungen der türkisch - serbishen Konsular- konvention - widersprehe, protestiert und die sofortige Auslieferung der Postsendungen, sowie die Bestrafung der Schuldigen verlangt werde, widrigenfalls die serbische Regierung ein gleihes Vorgehen gegenüber den türki- hen Sendungen beobachten müsse. Der Minister des Aeußern Tewfik Pascha habe bei dem Empfang der Note erklärt, daß die Verwendung von Spezialkurieren bs die Konsulate nit geseßlih gewährleistet sei, jondern von der Pforte nur geduldet werde, welche sogar beabsihhtige, diesen Usus abzuschaffen. — Die Pforte erkläre die Nach- richten, wonach in Ortschaften der Gemeinde Kolaschin serbishe Einwohner mißhaûdelt und getödtet worden seien, für unrihtig. — Der Militär-Kommandant von Kossowo Nuri Vaschà E M Mitrowiß@® éin: getroffen, um die Ruhe wiederherzustellen. — Infolge energisher Schritte des russishen Botschafters Sinowjew sei an die Lokalbehörden ip Alt-Serbien der Auftrag ergangen, gegen die Albanesen vorzugehen und die unrecht- mäßig verhafteten Serben in Freiheit zu seßen. Jm Yildiz- Palais seien auch Zusagen gemacht worden, denen zufolge Maß- regeln ergriffen werden sollten, um die Ordnung in Alt-Serbien wiederherzustellen. — Der französishe Botschafter Constans habe der Pforte cine Note übermittelt, in welcher die sofortige Einseßung der „Société des quais“ in alle ihr im Konzessionsferman zugesiherten Rechte und Privilegien verlangt werde; anderenfalls werde die französische Regierung selbst die nöthigen Maßnahmen ergreifen, um die Interessen der genannten Gesellshaft zu wahren. Es verlaute, daß Constans Konstantinopel verlassen werde, falls die Antwort der Pforte nicht befriedigend ausfallen sollte.
Griechenland.
Der König ist, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern von
Athen nah Aix-les-Bains abgereist.
Postsendungen
Amerika.
Der „Times“ wird aus Buenos Aires vom gestrigen Tage gemeldet, der Senat habe dem von der Erekutivgewalt gebilligten Antrage Pellegrini’'s auf Aufhebung des Be- lagerungszustandes zugestimmt.
Asien.
Aus Pekin g vom gestrigen Tage berichtet das „Reuter"sche Bureau“, der todte Punkt in den Verhandlungen über die Ent- \hädigungsfrage sei überwunden. Die Gesandten hätten dem vorliegenden Zahlungsplane zugestimmt. Groß- britannien und Rußland hätten ein Kompr omiß geschlossen, wodurch sie sih das Recht vorbehielten, die Verhandlungen über die gegenwärtigen strittigen Punkte wicder zu eröffnen, falls sie es für nöthig halten sollten. Man erwarte, daß innerhalb 14 Tagen die Verhandlungen beendet und das Protokoll derselben unterschrieben sein werde.
Afrika.
Die „Daily Mail“ veröffentliht einen Bericht Lord Kitchener's, welcher das Ergebniß der von ihm angestellten Untersuchung über die Erschießung verwundeter britischer Soldaten durch die Buren auf dem Schlachtfelde bei Vlakfontein enthält. Der Leutnant Duff habe ausgesagt, am Tage nah dem Kampf habe ihm der Leutnant Hearn erzählt, er habe gesehen, wie ein junger Bur zwei leiht verwundete Engländer erschossen habe, die sih gegenseitig ihre Wunden verbunden hätten. Hearn habe ihm noch gesagt, daß auch andere verwundete Engländer von den Buren erschossen worden seien. Der Be- richt enthält ferner die Aussagen von aht Soldaten, die gesehen hätten, daß Verwundete von den Buren erschossen worden seien. Mehrere Soldaten hätten ausgesagt, sie hätten gesehen, daß ein Burcnoffizier sih bemüht habe, seine Leute davon ab- zuhalten, die britishen Verwundeten zu erschießen. Alle Vernommenen lägen in Johannesburg im Hospital; sie sagten, sie seien bereit, ihre Aussagen zu beschwören.
Der „Times“ wird aus Bloemfontain vom 25. d. M. gemeldet, die Gesammtzahl der weißen Flüchtlinge in den Lagern des Oranje-Staates habe am 20. Juli 35 831 be- tragen, das sei seit Ende Juni ein Zuwachs von 4137. An Todes- fällen seien im Juni durhschnittlich 109,1 auf das Tausend gegen 116,76 auf das Tausend im Monat Mai gekommen. Dieser Saß sci immer noch sehr hoch, es zeige sih aber doh hon ein Sinken der Tendenz, obwohl in einzelnen Lagern noh immer Epidemien herrschten.
Australien.
Wie dem „Neuter'shen Bureau“ aus Perth berichte! wird, sind der Herzog und die Herzogin von Cornwal und York gestern von dort nah Mauritius in See gegangen.
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Die vereinigten Glasflaschen - Arbeiter Deutschlands hatten bekanntlich wegen Lohnstreitigkeiten die Kündigung eingereicht. Da innerhalb der _ Kündigungsfrist ‘eine Einigung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nicht - zu - stande gekommen ist, beginnt mit Ablauf des „heutigen Tages der Gesammt- Ausstand der Glasarbeiter Deutschlands, an dem sich rund 8000 Arbeiter betheiligen. Werden deren Familienangehörige mitgerechnet, so kommen, der „Volksztg.“ zufolge, insgesammt über 95 000 Personen bei dem Strike in Betracht. In vielen Fällen hatten die Arbeiter bisher Fabrikwohnungen inne, die sie bei der Arbeits- einstellung räumen müssen. Auch in Stralau bei Berlin sind solche Wohnungen 250 in den dortigen Glaswerken beschäftigten Flaschen- arbeitern — mit Familienangehörigen über tausend Personen — vom Arbeitgeber gekündigt worden. Die wohnungslosen Stralauer Glas- arbeiter haben zum großen Theil bei Berliner Arbeitern zeitweise Unterkunft gefunden. E
In Colmar i. E. waren infolge von Lohndifferenzen die Malergehilfen in den Ausstand getreten. Nach neuntägiger Dauer hat derselbe, wie die „Frankf. Ztg." berichtet, mit einem Er- folge für die Gehilfen geendet.
Aus Cagliari (Sardinien) meldet „W. T. B.“, daß in einer gestern dort abgehaltenen Versammlung des ausständigen Personals der sardinishen Nebenbahnen, an welcher verschiedene Mit- glieder der Deputirtenkammer, der Maire und der Präsident der
rovinzialvertretung theilnahmen, bes{chlofsen worden ist, den Aus- fap aufzuheben. Wie man annimmt, wird die Arbeit morgen wieder aufgenommen werden. i
Zum Ausstand derS tahlarbeiter indenVereinigtenStaaten von Amerika wird, der „Frankf. Ztg.“ zufolge, englishen Blättern aus Pittsburg berichtet, daß die Leiter des Stahltrusts beschlossen hätten, niht vor Mitte August die Arbeit wieder aufnehmen zu lassen. Bis dahin würden sie mit gelernten und ungelernten Arbeitern, die nicht der Arbeiter-Union angehören, vollständig versehen sein. Den „Central News“ wird aus New Vork gemeldet daß eine Anzahl _Nichtunionisten in MWeelsville fih dazu hätten überreden lassen, die Stadt zu verlassen. Der Bürgermeister von Mac Keesport kündige an, er werde nicht erlauben, daß zur Bewachung der Stahlwerke Polizei verwendet werde, und wolle au nicht die Herbeishaffung von Nicht- unionisten gestatten, wenn er glaube, daß diese zu Zusammen- \tößen führen werde. — In Chicago wurde am 24. d. M. eine Massenversammlung abgehalten, in welcher gegen die Heran- ziehung farbiger Arbeiter durch die Illinoiser Stahlgesellshaft als Strikebreher protestiert wurde. Es wird an den Gouverneur appelliert werden, damit er verhindere, daß die Farbigen auf ihrem Lagerplate bleiben, da ihre Anwesenheit zu Blutvergießen führen würde.
| Kunst und Wissenschaft. Internationale Kunstausstellung Dresden 1901.
L. K. Die Mißbilligung, die unser modernes Kunstausstellungs- wesen immer wieder und wieder erfährt, sowohl von seiten der Künstler als auch von der Kritik, könnte glauben machen, daß eine allgemeine Ausstellungsmüdigkeit #fich der Kunstwelt bemächtigt habe. Daß tîndeß der Widerspruch in erster Linie dem feblerhaften Arrangement gilt „und nicht der Sache an sih, beweist das einmüthige Lob, das der diesjährigen internationalen Kunstausstellung zu -Dresdén “zu theil ward. Nicht durch Einschränkung der Ausfstellungsobjekte — der Katalog zählt über zweitausend Nummern — ist dieser Erfolg erzielt, sondern durch die geshickte und ges{chmackvolle Gruppierung und Eintheilung des Ganzen. Es sind Mittelpunkte des Interesses geschaffen durch eine kleine, fehr besonnen ausgewählte Sammlung von Bildnissen, die eine pikante Nuance erhält durch eingestreute Proben von der Porträtkunst älterer Meister — ein Mittelraum im linken Flügel des Hauptgebäudes ist dieser Sonderausstellung eingeräumt — und durch den effektvollen Aufbau des be- fannten monumentalen Skfulpturwerks von Bartholomé „Aux morts“ in der Haupthalle, deren Dimensionen eine folhe pièce de résistance sier zu fordern seinen; die Sonder-Ausstellungen des genialen Spaniers Zuloaga und der Wiener Sezession, sowie die sehr reihhaltige Abtheilung der graphishen Künste er- geben ebenfalls wirkungsvolle Caesuren. So wird die Ge- fahr der Ermüdung und Unübersichtlihkeit mit Glück- vermieden. Die einzelnen Näume sind nicht zu groß und nicht zu klein angelegt, sodaß den Besucher das Behagen richtiger Verhältnisse für den Kunst- genuß willfährig stimmt. Ernstlihe Schwierigkeiten bietet nur die riesige Haupthalle, die gewissermaßen den Rumpf des ganzen Aus- stellungsgebäudes bildet. Hier ergab der von Professor Treu für die Königliche Skulpturensammlung des Albertinums erworbene Gipsabguß des Todtenmals vom Père Lachaise, des mit Recht viel- berounderten Meisterwerkes Albert Bartholomé's, eine willkommene Lösung. Es nimmt die mächtige Schlußwand der Halle ein und wirkt an dieser Stelle fast noch imposanter als das Original in Paris. Der Gedanke, gewissermaßen cin Grabmal in abstracto als Haupt- \{muck des großen Friedhofs der Seineftadt zu schaffen, die Macht des Todes, die Sehnsuht nach Erlösung s{chlechthin zu ver- körpern, -ist in seiner natürlihen Einfachheit genial zu nennen; der Wucht und Schönheit seiner künstlerishen Gestaltung, die sih von falschem Pathos und mattherzigem Gefühlsdusel gleih fern hält, vermag \sich niemand zu entziehen. Es ist unbegreiflih, wie die Dresdner Künstlershaft dem Ankauf dieses stilbildenden Monuments sich nur einen Augenblick in kleinlihem Chauvinis8mus widerseßen konnte.
Der Aufbau des Grabmals wird durch ein Wasserbecken von dem übrigen Naum getrennt; die Dekoration des Hintergrundes wie die ganze Ausstattung der Halle ist von dem Dresdner Architekten Wil - helm Kreis in würdiger Weise besorgt worden. Vielleicht würde der Gesammteindruck durch eine Verminderung der Zahl von kleineren Skulpturwerken, die in dem großen Rahmen allzu locker und winzig wirken, noch gewonnen haben. I enl E
Die Plastik bildet die Hauptstärke der diesjährigen Ausstellung. Frankreich und Belgien marshieren voran. Auguste Nodin ist in Deutschland bisher kaum je so ergiebig mit seiner wunderlichen, zwischen Ueberzartheit und donatellesker Gewaltsamkeit s{chwankenden Kunst vertreten gewesen wie hier. Ein Gipsmodell zum Denk- mal Victor Hugo's, eine Statue Johannes des Täufers, wie die Gestalten der Bürger von Calais, durhaus in der herben Formensprahe der florentiner Frührenaissance gehalten , zwei zarte allegorische Marmorgruppen und einige Porträtbüsten illustrieren treffend die Vielseitigkeit und nervöse Unruhe dieses bildnerishen Genies. Gewissermaßen cinen Auszug aus allen Stil- arten und Bestrebungen der modernen französischen Plastik stellt das Schaffen des ges{ickten, aber etwas unpersönlihen Jean Carriös dar, von dem ein Pariser Sammler G. Hoentshel nicht weniger als siebenundzwanzig Arbeiten in Thon und Bronze ausgestellt hat. Auch die französishe Kleinplastik erfreut sich einer reihen Vertretung; es seien nur die Bronzefigürhen von Carabin, Rivière, Vallgren, Dejean, die Plrlaketten von Cazin, Chaplin, Yencesse, Charpentier, Ponscarne und Roty, die Holzschnitzereien von G. Schnegg, die Steinzeug- bvasen von Hoentshel genannt. Frémiet?s hl. Georg giebt einen guten Begriff von der Gewandtheit und Bravour, die die Haupt- ruhmestitel der älteren Bildhauershule- Frankreichs bilden, während in der kühnen Gruppe „Nos destinées“ von René de St. Narceaux sowie in einigen Arbeiten von Injalbert der Einfluß Rodin's auf die jüngere Generation ersihtlich wird. Der franz reren
lastik reiben si folgerihtig die eleganten, auch in Berlin nach Verdienst ereits gewürdigten Arbeiten des russishen Fürsten Paul Tron- segkoy an. Im Gegensatz zu der beweglichen Grazie der Franzosen steht der wutige Ernst und die fast ungefüge Formensprache der
belgischen Schule, wie sie Meunier, van der Stappen und arlier - mit bedeutenden Werken repräsentieren. Der bizarre
Stilist Minne und der gewandte Kleinplastiker Paul Dubois ver- vollständigen das Bild, das hier von der Leistungsfähigkeit der belgischen Bildnerei geboten wird. i
Deutschland hat die Nachbarschaft dieser großen Ausländer nicht zu scheuen. Zwei Hauptwerke der deutschen Plastik müssen wir aller- dings in der Porträtausstellung auffuhen: die Marmorbüsten Franz Uszt’s und der russishen Schriststellerin Asenije| von Max Klinger. Hat die leßtere, in farbigem Stein ausgeführte Arbeit Klinger's mannigfache Berührungspunkte mit seinen bekannten Figuren der Salome und Cafsandra — besonders lebhaft prägt sih der raubthier- artige Blick des Auges und die Weichheit der Formenbehandlung ein — so spriht aus dem Kopf Lifzt's das Bestreben, dur s{härfste Betonung der Hauptflächen und Formen gewissermaßen einen Charakterauszug des gewaltigen Klavier-Titanen zu geben. Selten hat Klinger fo herb stilifiert wie hier. Da die Büste für das neue Gewandhaus in Leipzig bestimmt ist und dort sicherlich einen ziemli hohen Aufstellungs- plaß erhalten wird, wird das endgültige Urtheil mit dieser Bestimmung zu rechnen haben. Sehr ernstes Streben bekunden die Arbeiten des Münchener Bildhauers Herman Hahn, unter denen neben Bildniß- büsten und Plaketten namentlich eine arcaisierende Christusstatue hervorzuheben ist. R. Maif on’s Wotan enttäuscht dur die kleinen Maße Und die thnen angepaßte ctwas kleinlihe Behandlung. Hildebrand und Floßmann fehlen leider in Dresden, dagegen begegnen uns vielversprehende Talente in dem Holzbildhauer G. Bu sch und dem Bronzeplastiker Hubert Netzer, dessen Orpheus - Brunnen durch seinen ebenso geshickten wie ruhigen Aufbau imponiert. Auch O bri st’s Steinbrunnen, von der vorjährigen Sezessionsausstellung den I bekannt, hat hier im Garten einen sehr glücklihen Plaß gesunden. j
Das fo {nell entwickelte Talent des Berliner Thierbildhauers Gaul kommt in seinen hier allein ausgestellten kleineren Arbeiten nicht voll zur Geltung, Victor Peters? große Löwengruppe macht ihm stark den Nang |treitig. Unter den Dresdner Bildhauern ist neben den bewährten Namen Schilling's und N. Diez” der außerhalb seiner engeren Heimath noch wenig bekannte Richard Kö nig?'s zu nennen, der durch eine Reihe ernster Arbeiten vortheil- haft auffällt.
Bauwesen.
In dem ‘engeren Wettbewerb um eine evangelische Kirche in Schöneberg (am Plaß F im ener Ortstheil) sind, dem „Centralbl. der Bauw.“ zufolge, 12 Entwürfe eingegangen. Der erste Preis von 1000 4 wurde dem Entwurf „Centralbau“ des Architekten Kröger (Wilmersdorf) zuerkannt, der zweite von 750 4. dem Entwurf „Saalkirhe“ desselben Architekten. Den dritten Preis von 500 M. erhielt für seinen Entwurf „Seitenthurm“ Professor Vollmer (Berlin). Sämmtlihe Entwürfe sind im Stadtverordneten- Sitzungssaale des Schöneberger Rathhauses bis zum 10. August d. I. óffentlih ausgestellt.
Technik.
Am Freitag, den 26. Juli, versammelten sih die Mitglieder des Aufsichtsraths und des Vorstands der Studien-Gesellschaft für elettrishe Schnellbahnen in der Maschinenfabrik, Brunnen- straße, der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft zur Be- sichtigung des von dieser Gesellschaft gebauten eleftrishen Schnell- bahnwagens. Unter den Anwesenden befanden sich die Herren General der Infanterie von der Goltz, Generalmajor von Schubert, Generalmajor Budde und Stadt-Baurath Krause.
Die Studien-Gesellshaft wurde am 10. Oktober 1899 auf be- fondere Anregung der Allgemêinen Elektricitäts-Gesellshaft und der Firmda Siemens u. Halske begründet, um die Bedingungen zu studieren, unter denen ein elektrischer Betrieb der Vollbahnen in wirthschaftlich praktisher Weise durchführbar sei. Der Elektrizität mit ihrer Ein- fachheit, Sicherheit und Sauberkeit eröffnet sh hier eine weite Per- \pektive. Die Dampflokomotive dagegen dürfte sowohl in Bezug auf die Fahrgeschwindigkeit als auch in Bezug auf die rasche Aufeinanderfolge der Züge eine wesentliche Verbesserung nicht mehr zulassen.
úIn einem kurzen Vortrage ging der Chef-Ingenieur der A. E.-G., Herr La sche näher auf die Bedingungen ein, welche eine elektrische Bollbahn zu erfüllen hat. Er führte dabei u. a. aus, daß die höchsten Geschwindigkeiten, welche bisher mit Dampflokomotiven erzielt worden sind, und welhe auf amerikanishen Bahnen bis auf ca. 111 km in der Stunde gebracht wurden, auch bereits jeßt durch elektrishen Betrieb fsich erreihen lassen. Es fehlen aber zu einer genauen Feststellung der wirthschaftlichen Ueberlegenheit der Elektrizität gegenüber dem Dampfe bei Vollbahn- betrieb noch die erforderlihen Unterlagen. Die Konstruktion der Fahrzeuge, der Kraftbedarf und die Beanspruhung des Oberbaues sind durch Versuche festzulegen. Die Geschwindigkeit bei den Erprobungen wird zunächst bis auf ca. 200 km in der Stunde getrieben, ohne daß hiermit eine endgültige obere Grenze festgelegt werden soll. Es bildet überhaupt die Er- mittelung der höchst zulässigen Schnelligkeit durhaus nit den einzigen Hauptpunkt der vorzunehmenden Untersuhungen. Es foll vielmehr au festgestellt werden, inwieweit der eleftrisWe Betrieb eine größere Bequemlickkeit des reisenden Publikums ermögliht, und unter welchèn Verhältnissen auch bei geringeren Geschwindig- feiten er der Dampflokomotive gegenüber sich angenehmer und billiger gestaltet. Insbesondere kommt dabei in Frage, daß, wie zuerst die von der A. E.-G. im Jahre 1899 aus- geführte, 175 km lange Anlage zwishen Lauffen am Neckar und ¿Frankfurt a. M. gezeigt hat, durch Elektrizität eine Kraftübertrazung auf die weitesten Entfernungen ausführbar ist. Als Stromart kommt hierbei nur Wechselstrom oder Drehstrom in Betracht. Aus diesem Grunde hat die A. E.-G. für ihren Schnellbahnwagen auch Dreh- \trommotoren angewendet.
Der Wagen selbst is ungefähr 22 m lang. An jedem Ende be- sißt er einen Führerstand, sodaß also der Führer stets am Vorderende des Wagens seinen Stand nehmen kann, ganz glei, welche Fahr- richtung einges{lagen wird. Der übrige Innenraum ist zur Aufnahme von Passagieren bestimmt. Es ift also nicht eine besondere Lokomotive mit angehängten Wagen, wie bei Dampfbetrieb, erforderli. Der Wagen ruht auf zwei dreiacsigen Drehgestellen, deren jedes dur zwei Elektromotoren von je 250 P. 8. normaler und 750 P. 8. maximaler Leistung angetrieben wird. Die vier Elektromotoren entwickeln also zusammen bis zu 3000 P. S. L
Sorgfältig durkonstruierte Schaltapparate, Sicherungen, elek- trische Beleuchtung und Heizung, eingehende Vorrichtungen für die Bremsung 2c. vervollständigen die Einrichtung.
Der Wagen wurde in der Maschinenfabrik der A. E.-G. mit voller Geschwindigkeit von 200 km in der Stunde vorgeführt. Die an- wesenden Herren der Studien-Gesellschaft überzeugten fih von der Rube, die bei dieser bis dahin ungekannten Geschwindigkeit im Jnnern des Fahrzeuges herrschte.
Es werden nunmehr die Versuhsfahrten auf der hierzu zur Ver- fügung gestellten Militärbähn zwischen Schöneberg und Zossen be- gonnen werden, sobald die nöthigen Verstärkungen des Oberbaues auf dieser Strecke vollendet sind. Den erforderlihen Strom liefert die von der A. E.-G. errichtete Zentrale Oberspree der Berliner Elektrizitätswerke. Jn drei Leitungen wird von dieser Zentrale aus Drebstrom von 12000 Volt Spannung den längs der Bahn ge- führten oberirdishen Speiseleitungen zugeführt. Von leßteren erfolgt mittels senkrechter Bügel, von welchen zweimal drei Stück auf dem Dache des Wagens angebracht sind, die Abnahme des Stromes.
Es ist wohl nicht daran zu zweifeln, daß nach der Sorgfalt und Genauigkeit, mit welcher die Versuche vorbereitet sind, das großartige Problem zur Ehre und zum Ruhme der deutschen Industrie gelöst werden wird.
Land- und Forstwirthschaft.
Weizeneinfuhr Marseilles.
Nach den Wochenübersihten des in Marseille ersheinenden „Sémaphore“ betrug die Weizen-Einfuhr Marseilles auf dem See- wege:
in dex Zeit vom 16. bis zum 21. Juni 92 816 dz,
davon aus Rußland 59 869
in der Zeit vom 23. bis zum 28. Juni 122 941
davon aus Nußland . s 89 965 in der Zeit vom 30. Juni bis zum 5. Juli . 103 673
dabon aus Rußland e e O 2 in dér Zeit Vout 7. bs u 12 E
davon aus No C T
In den Docks und Entrepôts von Marseille befanden sich am 10. d. M. 84 420 dz.
Getreidehandel Argentiniens.
Ausfuhr von Getreide für die’ Zeit vom 1. bis 15. Juni 1901.
Gesammt- | menge [in 1000 kg*)
Mengen in Säcken| (bolsas)
L
Getreideart Verschiffungsziel
Belgien 148 785 Deutschland 134 985 Frankreich | 79 569 Brasilien 23 344 Holland 22 910 Spanien 17 743 Ftalien S 157 Süd-Afrika 2912 Order 464 932 zusammen 1 077 259
Belgien 124 225 Holland 122 901 England 92 507 Brasilien 53515 Deutschland 20 866 Frankreich 6 849 Italien 6 008 Spanien 5 922 Order 105 755 zusammen | 538 548 Belgien 79 452 Holland 35 176 Frankreich“ 13 955 Deutschland 11 3872 England 4 562 Italien 714 Order 18 953
164 684
Mais England 173 922
Weizen
Leinsaat
zusammen
Gegenwerth der höchsten und niedrigsten Preise in Mark nach dem Durchschnittskurse von S L S O
Preise im Großhandel für 1 dz für die Zeit vom 1. bis 15. Juni 1901.
Mais, und zwar: § m/n bis § m/n E Co Dee O O 437 6,47
Weizen, und zwar: a. guter und feinerer. 6,40 „ 6,60 11,20 M Salibeal, O00 14,67
iat Lc 21,70 21,87
*) Die „bolsa“ = 66,66 kg.
Weizenernte im Staate Süd- Australien.
Der Kaiserlihße General-Konsul in Sydney berichtet unterm 13. v. M. Folgendes:
Nach der jeßt erschienenen amtlihen Statistik sind die Ergebnisse der leßten Weizenernte im Staate Süd-Australien nicht ganz fo günstig gewesen, als wie die Zeitungsberichte sie geschäßt haben. Nach dieser Statistik sind nicht 13 209 000 Bushel, sondern nur 11 253 000 Bushel geerntet worden, was einem Durchschnittsertrag von 7,15 Bushel für den Aer entsyriht. Von dieser Ernte find gleihchfalls nah der amt- lihen Statistik verschifft worden:
Nach Großbritannien . " C L C S „ der Westküste von Süd-Amerika . „ Madrid L UOI „ Antwerpen E ; 129 594 London A 70 269 4 001 426 B. Hierzu kommen noch weitere 792 000 Bushel, die über Land oder nah anderen australischen Häfen ausgeführt worden find. Die außerdem bereits zur Versendung angemeldete Menge wurde Ende April auf 3 612 000 Bushel geschäßt, sodaß alfo zu dieser Zeit bereits über ungefähr } der diesjährigen Ernte Süd-Australiens fest verfügt war, beziehungsweise sodaß von dieser Ernte zu der angegebknen Zeit nur noch 2 848 000 Bushel für Ausfuhrzwecke, zur Saat und zur Deckung des Bedarfs im Lande zur Verfügung standen.
2 354 014 B. 933691 „ 321.909
New Vork, 27. Iuli. (Meldung des „Reuter*schen Bureaus".) Die Trodckenheit ist in Kansas und im. Nordwesten des Staates Missouri wirksam gebrochen. Der Regen wird den Mais nicht retten, obgleich er den Weiden sehr nüßen wird.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.
Malta.
Zufolge Verfügung der Lokalregierung in Malta vom 6. d. M. können aus egvptischen Häfen oder den Häfen des Marmara- Meeres und des Bosporus kommende Schiffe, wenn noch nicht 10 Tage seit der Abfahrt vergangen sind, in den Hafen einlaufen, um dort unter Quarantänebeschränkungen Ladung einzunehmen Sind 10 Tage seit der Abfahrt ver- gangen, so werden die Schiffe zu freier Praktifka zuge* lassen. Passagiere werden in Malta erst dann zur+ Landung zugelassen, wenn sie eidlih versichert haben, daß sie während der leßten 10 Tage nicht in Egypten oder Konstantinopel gewesen sind; anderenfalls haben sie fich ciner zehntägigen Quarantäne zu unterzichen.
London, 27. Juli. (W. T. B.) In der gestrigen Shlüßs sipung des Tuberkulose-Kongresses führte Lord Derby den Borsit. Es wurde einstimmig cine Reihe von Resolutionen gefäßt, in welchcen der Kongreß sich u. a. gegen das Ausspeien auf öffeutlichen Plätzen aus\priht und den Hospitälern sowie Polikliniken einpfiehlt, jeden Phthisiker mit einer \{hriftlichen Anweisung für fein Verbälten zu versehen und auf den Gebrau} von besonderen Spuück- näpfen hinzuwirken. Ferner empfiehlt der Kongreß die Anzeigepflicht für Schwindsuchtsfälle sowie die Errichtung von Sanatorien ünd Heilstätten für Shwindsüchtige und legt den Regierungen dringend ans Herz, sofort eine Untersuhung der Koh'shen Theorie zu véran-
cofsen inzwischen“ aber in den Vorsichtsmaßregeln gegen infizièrtes F cisch und infizierte Milh niht nahzulassen. Des weiteren befüt-