1844 / 2 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

a Wir noch eine nähere Erörterung angeordnet und werden Wir demnächst über die künftige Verwendung dieser Steuer beshtießeu. Steinbedachung der Nothhütten im ersten Rayon der Festung Kolberg. 3) Die von Uns unterm 48, Februar 1841 nachgegebene Er- neuerung derjenigen Nothhütten im ersten Rayon der Festung Kolberg, deren gänzliche Beseitigung bei eintretender Reparatur-Bedürftigkeit stattfinden sollte, nahdem die Eigenthümer für den Verlust des Rechts zum Wiederaufbau im Jahre 41818 eine auf fommissarishem Wege ermittelte Geldentshädigung erhalten hatten, ist an die Bedingung geknüpft worden, daß deren künftige Bauart den Bestimmungen des Rayon - Regulativs vom 10, September 1828 entspreche, Da nun der §. 9. dieses Regulativs, als Material zur Dacheindeckung, außer Bretter, Stroh oder Rohr, auch Zink gestattet, dessen Anwendung gleiche Sicherheit gegen Feuersgefahr gewährt, wie das nachgesuchte Steinmaterial, und den Polizei = Vorschristen niht entgegen steht; überdies au die für die Petition herorgehobenen Rücksichten bei anderen Festungen ebenfalls vorwalten, ohne daß sih dort erhebliche Uebelstände dadurch herausgestellt hätten; so können Wir dem An- trage: ;„die Steinbedahung für die im ersten Rayon der Festung Kolberg gelegenen Nothhütten zu gestatten“ die Genehmigung nicht

ertheilen. M Schulhausbauten,

4) Auf den Antrag Unserer getreuen Stände in Ansehung der Schulhäuser , welche zugleih Küster = Wohnungen find, die Bestimmung des Allgem. Landrechts §. 37. Eitel 12. Thl, Il. zu modifiziren, geben Wir denselben zu erkennen, daß die Zwei= fel und Bedenken, zu welchen der allegirte Paragraph Veran-= lassung gegeben hat, bereits von Unseren Behörden zur Sprache ge= bracht und darauf die nöthigen Einleitungen getroffen worden sind, um den Gegenstand im Wege der Geseßgebung besonders und sobald als möglich zur Erledigung zu bringen.

Regulirung des Oderbettes zwischen Breslau und Steitin,

5) Die Maßregeln, welche in den leßten 25 Jahren behufs Verbesserung der Schiffbarkeit der Oder in Ausführung gekom- men sind, und deren Erfolge ergeben sich aus der beiliegenden Denk= {rift *) Unseres Finanz - Ministers. Unsere getreuen Stände werden sich daraus überzeugen, daß die Wichtigkeit dieser Wasserstraße keinesweges verkannt, vielmehr auf deren Verbes- serung sehr ansehnlihe Summen verwendet sind, auch der Schifffahrts= Verkehr fortwährend bedeutend gestiegen is. Dem vorgetragenen Wunsche entsprehend, soll übrigens darauf Bedacht genommen wer= den, nah Maßgabe der auf die vielen Wasserwege Unserer Staaten in gerechtem Maße zu vertheilenden disponiblen Mittel, auch ferner die Regulirung der Oder möglichst zu fördern.

Aulegung eines Hafens bei Leba,

6) Auf den Autrag , Behufs der Entscheidung über die Anlage eines Hafens bei der Stadt Leba die dortigen Lokal-Verhältnisse prü= fen zu lassen, eröffneu Wir, daß nah den früher angestellten Ermit= telungen die sehr beträchtlihen Kosten einer solhen Anlage bei der Nähe des Hafens von Stolpemünde außer Berhältniß zu dem davon zu erwartenden Nußen stehen würden, und daher nicht darauf ein= gegangen werden fann.

Provocations - Befugniß der Besißer von Teichen und Seen,

7) Der Antrag, daß es den Besißern von Teichen und Seen- die deren Ablassung beabsichtigen , gestattet werden möge, durch eine bei den Regierungen nachzusuchende öffentliche Aufforderung, etwanige latitirende Ansprüche zur Geltendmachung und Präklusion zu bringen, wird bei den bereits eingeleiteten Berathungen einer derartigen Er- gänzung des Gesebßes wegen des Wasserstaues und Verschaffung von Vorfluth vom 15. November 1841, erwogen werden, : Beschränkung des geseßlich erforderlihen 10jährigen Grundbesißes für die

Abgeordneten des Standes der Städte auf zweijährigen Grundbesiß.

8) Was den Antrag betrifft, die Vorschrift des §. 5 Nr, 1 des Gesebes vom 1. Juli 1823 dahin zu modifiziren, daß zur Wählbar= feit cines Landtags - Abgeordneten im Stande der Städte nur ein zweijähriger Grundbesiß, statt der vorgeschriebenen zehnjährigen Dauer desselben erfordert werde, so geben Wir Unseren getreuen Skänden zu erkennen, daß Wir es dermalen im Allgemeinen nicht rathsam finden, Veränderungen in der ständischen Verfassung vorzunehmen, Jndessen wollen Wir den obigen Antrag, da überdies von den Landtagen anderer Provinzen eine ähnliche Bitte eingegangen is, niht aus den Augen verlieren und prüfen lassen, ob in Bezug guf die Dauer des städtischen Grundbesibes ein #0 dringendes Bedürfuiß vorhanden ist, welches Uns zu einer Abweichung von dem gedachten Grundsaße be- stimmen könnte.

Verfahren bei den Landraths - Wahlen.

9) Die von Unseren getreuen Ständen beantragte Veränderung

des Verfahrens bei den Landraths - Wahlen nah den Bestimmungen

*) S, die heutige Beilage.

Rubens und Rembrandt spricht, wohl den Franzesko (das Buch ift in der Form eines, an Handlung freilih sehr armen, und überwiegend mit Kunstbetrahtungen ausgefüllten Nomans geschrieben) derlei {harfe Urtheile als Gegensay über den „Huß““ fann fällen lassen. Das Talent Lessings wird völlig anerkannt, und wird gewünscht und gehofft, daß er, der Reprä- sentant der düsseldorser Schule, einschen werde, was eigentlich die ächte Historie verlangt, an Großartigkeit der Auffassung und Würde der Behand- lung, Das Urtheil, welches über dic düsseldorfer Schule im Allgemeinen gefällt wird, is zu bedeutsam, als daß wir demselben hier nicht, in seinen wesentlichsten Punkten , einen Auszug gönnen sollten. Es lautet :

„Bei dem Standpunkte der Kunst vor zwanzig Jahren mußten die Lei- stungen der Düsseldorfer in hohem Grade überraschen; denn cs offenbarte sich nah langem Schlummer wieder etwas Bestimmtes, Thatsächliches, wäh- rend vorher fast nur leere Phantasiebilder das Juteresse nicht zu fesseln ver- mochten. Der tiefere Kenner prophezeite sich aus den ersten Erscheinungen dieser Schule eine ersprießlihe Zukunft , und das Publikum ward entzückt durch eine verständlichere Realität. So wurden binnen kurzer Zeit die Leistungen der anderweitigen Künstler, welche sich meist selbst überlassen waren, zu Men gemacht, und mit betrübtem Herzen ließen sie ihren vorangeeilien Kunstgenossen Gerechtigkeit wiederfahren, und es blieb ihnen

vorläufig weiter nichts, als ein heißer erbaulicher Vorsaß, d l 1 düsseldorfer Resultaten seine “ass sog. S A 1/6 wie nun jeder Vortheil seinen Nachtheil mit sich führt, wenn diesem nicht weise vorgebeugt wird, so sah man später, daß gerade die Schule, welche die Kunst in \o kurzer Zeit in die Höhe gebracht hatte, auch ihr hemmendes Hinderniß ward, Der errungene, überaus glüliche Erfolg im Publikum verursachte die häufigen, wenig modifizirten Wiederholungen, und so machten sich die {hlimmen Folgen immer mehr und mehr bemerk- bar, die in der Regel ins Leben treten, wenn man die Kunst nicht um ihrer selbst willen betreibt, Eine \o beschräukte Abgeschlossenheit \ich in psychologischer Hinsicht allmälig offenbarte , eben \o abgeschlossen erwies sch bald jene blendende Technik, die einem geübten Auge bald unangenehm werden mußte. Dieser verführerishe Schein, welcher beim Publikum so oft das wahrhaft Bessere aus dem Felde schlägt, wurzelt in einer Obersläch- Teit, die weit entfernt ist, das zu würdigen und zu erkennen, wodurch die Alten die Märtyrer der FDanrveit geworden sind, Glauben die Herren etwa, daß die Alten nicht eben so s{hönfarbig malen könnten? Warum haben sie wohl auf diesen äußeren Prunk Verzicht geleistet? Man hat in Düsseldorf die heilige Natur in jeder Hinsicht mit wenigen Regeln abzu- - finden gesucht, und hat ihre so erfolgreiche Reagirung beeinträchtigt durch

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| des Reglements über die ständischen Wahlen vom 22. Juli pr., i be-

| reits auf anderweitige Veranlassung in Berathung gruonmen wor- den, deren Ergebniß abgewartet werden muß. Bestellung eines landräthlichen Assistenten im Bütower Kreis Antheile,

40) Die Uebelstände, welche die Zusammenseßung des lauen- burg - bütowschen landräthlichen Kreises aus zwei nicht mit einander zusammenhängenden Theilen mit sih führt, würden bei Gelegenheit der im Jahre 1816 beabsichtigten Reform der Kreis-Cintheilung des Regierungs-Bezirks Köslin durch die Wiederauflösung dieses Kreisver- bandes beseitigt worden sein, wenn niht Seitens der Betheiligten die Beibehaltung der damaligen Kreis-Eintheilung ohne Abänderung erbeten worden wäre. Die bis zum Jahre 1834 stattgefundene Mit- wirkung eines besonderen Koiamissarius bei der landräthlichen Ver- waltung im Bezirke Bütow is als etwas Vorübergehendes betrachtet worden; derselben Fortdauer zu geben, hat wegen der darin liegenden Abweichung von der allgemeinen Verfassung und Gefährdung der Ein- heit in der Verwaltung durch Theilung der amtlichen Befugnisse und Verpflichtungen zwischen dem Landrath und dem Kommissarius des bütowschen Bezirks uicht augemessen erscheinen können.

Wir nehmen daher Anstand, dem gegenwärtigen Antrage Unserer getreuen Stände gemäß, die Wiederherstellung dieser Einrichtung an- zuordnen, da, abgesehen von den berührten Nachtheilen, während der verflosseneu neun Jahre das Bedürfniß der Unterstüßung des Land- raths dur einen besonderen Kommissarius in Bütow nicht geltend gemacht worden is. Wir finden es vielmehr räthlih , vor weiterer Entschließung über den ständischen Antrag, noch längere Beobachtun- gen darüber anstellen zu lassen, ob es nicht gelingen dürfte, die Kreis- Perwaltung durch den Landrath allein auf befriedigende Weise zu führen. Sollten jedoch diese Beobachtungen das Gegentheil ergeben, so sind Wir nicht abgeneigt, das Geeignete zur Beseitigung der von Unseren getreuen Ständen behaupteten Uebelstände anzuordnen, Besondere Bescheidung der Stände wenn Sonderung in Theile stattgefunden.

11) Wenn in der Denkschrift vom 29. März c. Uns vorgetra- gen wird, daß die zum 6ten Provinzial-Landtage versammelt gewese=- nen Stände bei der Berathung der ihnen sub Nr. 5. vorgelegten Proposition, E

betreffend die Befugniß der Kreisstände, Ausgaben zu beschließen, sih in Theile gesondert hätten, eine Bescheidung der einzelnen Stände aber nit erfolgt sei, und Unsere getreuen Stände hierauf den An- trag gründen,

daß in Zukunft, so oft eine Sonderung in Theile erfolge, die ein»

zelnen Stände von Uns beschieden werden möchten, so machen Wir denselben bemerklih, wie der §. 46 des Geseßes vom 1. Juli 1823 bestimmt, daß, im Fall der Sonderung der Stände in Theile, die Gutachten der einzelnen Stände zu Unserer Ent}\chei- dung vorzulegen sind. Daß dies geschehen is, geht aus dem vor-

läufigen Bescheide in dem Landtags - Abschiede vom 7. ODk- tober 1838 hervor, worin den zum sechsten Provinzial - Land- tage versammelt gewesenen Ständen eröffnet worden is , daß

ihr über die vorgedachte Proposition abgegebenes Gutachten bei der ferneren Berathung des betreffenden Gesebes werde in reifliche Erwägung genommen werden. Jndem nun später der Gegenstand der Proposition durch das emanirte Geseß vom 25. März 1842 er- ledigt is, werden sich Unsere getreuen Stände bescheiden, daß Unsere Entscheidung auf die von den einzelnen Ständen über den vorgeleg- ten Geseb-Entwurf abgesondert erstatteten Gutachten in der von Uns erlassenen Verordnung selbs ergangen is, die einzelnen Stände hier- nächst aber einen besonderen Bescheid über ihre verschiedenen Gut- achten niht mehr zu erwar?en hatten.

Zu Ürkunde Unserer vorstehenden gnädigsten Bescheidungen ha- ben Wir gegenwärtigen Landtags = Abschied ausfertigen lassen, auch Höchsteigenhändig vollzogen und bleiben Unseren getreuen Ständen in Gnaden gewogen.

Gegeben Berlin, den 30, Dezember 1843.

(gez.) Friedrich Wilhelm. Prinz von Preußen.

L S Me a Mover. Graf von Alvensleben, Eichhorn. von Thile. von Savigny. Freih. von Bülow. von Bodelschwingh. Graf zu Stolberg. Graf von Arnim,

lUlichtamtlicher Theil. Inland. Königsberg , 29. Dez. (K. A. Z.) Das numerische Ver- hältniß der Studierenden der hiesigen Universität hat si im laufen-

den Winter - Semester um 17 vermindert. Denn es waren von der Gesammtzahl, die im Juni auf 358 abschloß, während des Sommers

unweise Correctionen, in der Absicht, es sogenannt s{chön zu machen, Jn diesem sogenannten Schönen is man nun leider größtentheils erstarrt durch die Macht der Gewohnheit, und gerade bei den Besseren dieser Künstler is Besserung daher cine Unmöglichkeit geworden, weil nichts nah unmittel- barer Wirkung der Natur geschieht, sondern diese Wirkung, welche nur reich- haltig in ihren Folgen is, wenn ihr die Unmittelbarkeit mit weiser Ein- sicht eingeräumt wird, stets beeinträchtigt wird, durch ein eben so unrich- tiges, als oberflächlihes Wollen, Das richtige Wollen, welches den widerspenstigsten Stoff bändigt und beherrscht, dem jedes starre Mittel sich huldigend Bat, von diesem Wollen, das den geistigen Jnhalt eines Kunst- werks ausmacht, haben so Wenige einen Begriff, weil es sich nur still dem Scharfsichtigeren bemerkbar machte. Es herrscht wie eine gute Zucht, selbst manchmal unter dem Scheine beherrscht zu werden, und kommt so nur um so eher zum Zwecke, denn in dieser Nachgiebigkeit offenbart sich wieder jene “weise Einsicht, nach deren Grade sih einzig und allein der Werth eines Kunstwerks bestimmt. —. :

„Nur sehr spärlich nehmen wir in den düsseldorfer Werken von diesem rihtigen Wollen etwas wahr; eben so wenig finden wir in denselben das wichtige Naturgeseß gewürdigt und erkannt, daß die äußere Erscheinung nichts für sich Bestehendes, sondern erst Fortseyung der inneren waltenden göttlichen Naturkraft is, deren Aeußerungen nicht heilig genug ge alten werden können, Hier is der Punkt, wo die Technik integrirend bescheiden und fügsam werkthätig werden muß, nux wo ihre Mittel nicht ausreichen, den Juhalt entsprechend auszudrücken, da macht sich ein Zeichen des Meisters bemerkbar, das da sagt: Bis hierher und uicht weiter, Diese Erkenntniß, welche sich in solchen Werken offenbart, ist nicht selten ein Vor- zug mehr und macht die Manier im besseren Sinne aus , die nie um ihrer selbst willen da sein darf, 2 1015 ;

„Betrachten Sie sih die sogenannten Historienbilder von Düsseldorf z das Leben is in einer trockenen, materiellen Farbe fast überall erstarrt, und die Form reicht nicht hin, das Fehlende zu ersehen. Farbe ist nur erst Wirkung der ins Unendliche vielgestaltigen Materie, bedingt durchs Licht, nicht Ursache, wie wir dies häufig ausgedrückt sehenz sie is das Aeußerste des Aeußersten,

„Man betrachte sich einmal éin Stillleben eines alten Meisters. Js es nicht rührend, mit anzusehen, mit welcher Bescheidenheit sih oft die s Weisheit in das Gewand des Unscheinbaren bürgt? Welch heilige Scheu vor den Naturgesegen! Die Art der Behandlung solcher Gegenstände offen-

bart M E den Bildungs - Prozeß. Mit dem, hin und wieder unter solchen Werken wahrgenommenen, starken Auftrag i| nichts weniger als die

und zu Michaelis 74 abgegangen und dagegen bei dem Anfang des neuen Semesters im Oktober und November 57 Studierende dazu- gekommen, so daß gegenwärtig die Gesammtzahl 341 umfaßt, darunter 325 Juländer und 16 Ausländer. Nach den Fakultäten geordnet ist bei weitem die stärkste die philosophishe, welche die Kameralisten, Philologen, Historiker, Mathematiker u. \. w. in sch faßt, näm- lich 148 (darunter 8 Ausländer), ein Verhältniß, welhes nu- merisch in Bezug auf die Studierenden der drei anderen Fa- fultäten alle norddeutshe Universitäten überragt. Die drei an- deren Fakultäten stehen sich in der Zahl der Studierenden fast ganz gleich, da die theologishe 75, die juristische 71 und die medi= zinishe 77 zählt, Außerdem befinden sich noch auf der Universität unter der Leitung des Direktors des chirurgishen Studiums 18 nicht immatrifulirte Chirurgen. Die Zahl der ordentlihen Professoren hat sih in diesem Semester um drei vermehrt bis auf 31, von denen 5 in der theologischen, je 6 in der juristishen und medizinischen, und 14 in der philosophischen Fakultät lehren. Die Zahl der außer- ordentlichen Professoren is um 2 bis guf 9 gewachsen, in- dem drei neue hinzugetreten , einer dagegen durch seine Beförderung zum ordentlichen Professor ausgeschieden ist. Die theologische und ju- ristishe Fakultät hat jeßt keinen außerordentlichen Professor, die me- dizinische 3 und die philosophishe 6. Von den 13 Privatdozenten lehren zwei in der theologischen und 11 in der philosophischen Fakultät.

Auslaud. Deutsche Bundesstaaten.

Baden. HDffenburg, 27. Dez. (F. J) Die fünf in dem Kohlenbergwerke Hakenbah zurückgebliebenen Arbeiter, die bei der Entzündung am 20sten d. M. verunglückten, sind noch immer nicht aufgefunden; doch läßt sih jeßt nicht mehr zweifeln, daß man nur noch Leichname ans Tageslicht bringen wird. Eine amtliche Unter suchung über den ganzen unglücklihen Vorfall is eingeleitet.

Medcklenburg-Schwerin. Schwerin, 30. Dez. Das heute ausgegebene offizielle Wochenblatt enthglt folgenden Er- laß des Großherzogs:

„Wir haben bei Unserer bevorstehenden längeren Abwesenheit die Leitung der Verwaltung Unseres Landes Unseren beiden Ministern, dem Geheimen Raths- und Regierungs-Präsidenten von Lüßow und dem Kammer-Präsidenten von Leveßow, in der Art übertragen, daß dieselben zwar bei wichtigen Angelegenheiten Unsere Bestimmung ein- zuholen, dagegen die sonst von Uns Allerhöchstselbst zu vollziehenden Erlasse, kraft besonders ihnen ertheilter Vollmacht, gemeinschaftlich oder einzeln zu vollziehen angewiesen sind. Jndem Wir diese Unsere Bestimmung zur allgemeinen Kunde bringen, bestimmen Wir feruer noch, daß die bei Unserem Kabinet einzureichenden Militair Angele= genheiten durh Unseren Flügel - Adjutanten, Oberst - Leutenaut von Hopffgarten, zum Vortrag gelangen sollen.“

Freie Städte. Frankfurt a. M., 28, Dez. Gestern Abend hatte in dem Lokale der St. Katharinenschule eine General versammlung des hiesigen Hauptvereins der Gustav - Adolf = Stiftung statt. Sowohl aus hiesiger Stadt wie aus den Umgegenden fanden sich sehr zahlreihe Mitglieder des Vereins aus allen Kreisen der Ge sellschaft und von allen Meinungsschattirungen ein, Es wurde Be richt ertheilt über die Wirksamkeit und den Bestand des Vereins in diesem Jahr, und nach einer Berathung über die Statuten die von denselben vorgeschriebene theilweise Erneuerung des Vorstandes vor genommen. Die Gesuche um Unterstübung, welche von Seiten ver= schiedener hülfsbedürstiger protestantischer Gemeinden zur Vorlage famen , gaben neuen Beleg von der Nüglichkeit und Nothwendigkeit der gemeinschaftlichen Bestrebungen, welche dem evangelischen Ver=- eine zu Grunde liegen. Es sprach s{ch_ auch in dieser Versammlung wieder die allgemeinste und lebendigste Theilnahme an den Interessen und Zwecken der Gustav - Adolf =Stistung aus,

Luxemburg. f Luxemburg, 27. Dez. Das Luxemburger Journal brachte vor kurzem die Nachricht, daß die geistliche Behörde des Großherzogthums ihre Anordnungen getroffen habe, damit hinfüro ein Prediger in französischer Sprache predigen solle. Es bemerkt da- bei, daß es diesen Wunsch als doppelt günstig dem Wunsche der Stadt gemäß betrachte, weil diese Maßregel die französische Sprache zu einer Nationalsprach e eben so berechtige, als die deutsche, und weil dann die Predigten von einer Masse Menschen nicht ver- (assen würden, die das Hochdeutsche nicht verstehend, dem Französischen den Vorzug geben, dessen sie sh beim täglichen Gebrauch bedienen, Was den ersten Grund betrifft, so is diese stets sich wiederholende Be- hauptung unserer Antideutschen durchaus keiner weiteren Beachtung mehr werth, nachdem so vielfach und gründlich nachgewiesen, wie unrichtig es sei, im Großherzogthum Luxemburg von der französischen Sprache als

Farbe selbst gemeint. Es is so die entsprechendste Wirkung erzielt , wobei die Materie als Materie mithelfen muß. Das plastische Drüber oder Drunter, das Feuchte, Nasse, Trockene, Dürre, Glatte, Rauhe, das Verge- hen und Bestehen sieht man hier so bedeutjam ausgedrückt, wie in einem Historienbilde das Faktum, und dadur erhebt sih das Stillleben erst zu einem wahrhaft fkünstlerishen Werthe, Bon solchen bedeutenden äußeren Zeichen, die als Fortseßung einer organischen Tiefe sich dem Kennerauge leiht bemerkbar machen und es belehrend fesseln, findet man kaum in dieser Schule eine Spur, weil die Behandlung nicht Folge der fruchtbaren Reagi- rung der Natur auf den Geist des darstellenden Künstlers unmittelbar, son- dern sogenannt regelrecht angelehrt und angelernt is, Ju der Gewohnheit, lediglich diesen Regeln zu genügen, hat sich denn jene Elastizität des schasfen- den Geistes verloren, dessen zarte Schwingungen wir in wahren Meister werken so erquilih wahrnehmen können. « « i :

Doch as wollen bese chilborung der Schattenseite des düsseldo1 fer Kunstlebens nicht weiter verfolgen, da dasselbe ja auch seine im ganzen Volke anerkannten eigenthümlichen Vorzüge in reichlichem Maße besißt Vorzüge, die jeder Ünbefangene mit Freuden anerkennen muß, da sie zu- gleih mächtige Stüßen zur Erweckung und Belebung eines höheren sitt- lihen Ringens in der Kunst sind, Den verstorbenen Landschaftsmaler Blechen carakterisirt der Verfasser vortrefflich (S, 23). Den belgischen Bildern läßt er die gebührende Gerechtigkeit angedeihen, Was weiter über einige berliner Künstler gesagt wird, is von Gewichtz nur da, wo er von Begas spricht, den er einerseits anerkannte, glauben wir, daß er etwas zu voreilig ge- urtheilt. Auch über namhafte dichterische Persönlichkeiten, z: B, über Bet- tina, lesen wir interessante Ansichten, Noch kommen einige gute Bemer- kungen über Architektur vor, im Ganzen ist dieses Kapitel jedoch als Neben- sache behandelt. Die Abhandlung über die Träume scheint uns keine will- fommene oder etwa nöthige Zugabe zu dem Buche zu sein, 4

Jedenfalls werden die in dieser Novelle ausgesprochenen Grundsäße über Malerei als selbstständige Kuunst-Philosophie manchen Lesern förderlich sein, daher wir es für unsere Pflicht erachten, das Publikum a dieser Le ziehung auf dieselbe aufmerksam zu machen. Künstler, die sel st über ihre Kunst nachgedacht, werden sich freuen in der Begegnung mit dem Verfasser, da wo er wahr und tief is, Der als Nebensache behandelte Roman is nur der Faden , woran alles Uebrige, was den Zweck der Schrift bildet,

sich reiht. u.

einer zweiten National-Sprache zu reden, Der zweite Grund dürfte sich wehl in seiner Nacktheit von selbst herausstellen, wenn der fran- zösische Prediger, der nun wirklich den 24sten dieses Monats seine Predigten begonnen und bis Ende dieser Woche täglich fortseßen soll, so lange gehalten würde, bis alle Neugierigen befriedigt sind, worauf dann uur noch eine kleine Zahl treu bleiben möchte, welche diese Pre- digten als Unterrichtsstunden in Erlernung oder Ausbildung der fran-= zösischen Sprache betrahten. Auffallend bleibt es immer, daß sich ein Bedürfniß jeßt, nahdem ein lebhafterer Verkehr mit Deutsch= land eingetreten, bemerkbar machen soll, das seit dreißig Jahren und länger nicht fühlbar war. Das Luxemburger Journal spricht von einer Masse Menschen, die sich der französischen Sprache beim täglichen Gebrauche bedienen sollen. Diese Behauptung is völlig grundlos und es wäre in dieser Beziehung wünschenswerth, wenn uns dieses Blatt nur zehn Menschen nennen wollte, die nur das Fran- zösische verstehen und sprechen. Und unter diesen möchte es wiederum \chwer fallen, deren drei herauszufinden, welhe geborene Luxemburger sind. Wie kommt es auch, daß man nicht einmal unter den Geistlichen des Landes einen finden fonnte, diese französischen Predigten zu halten, wenn diese Sprache eine so allgemeine Verbreitung haben soll? Un-= sere Antideutshen würden der Wissenschaft einen wichtigen Dienst leisten, wenn sie einmal die Gränzen für diese sogenannten beiden National-Sprachen näher bezeichnen wollten. Lane

Paris, 27. Dez. Nachdem heute die Eröffnung der Kam- mern stattgefunden hat (s. uüten das Schreiben ‘aus Paris), wird die Frage über die Präsidentschaft der Deputirten - Kammer immer leb hafter unter den Parteien verhandelt. Herr Sauzet scheint keines- weges geneigt, Herru Dupin den Plaß ohne Kampf zu räumen, denn er besucht seit einigen Tagen alle seine alten Freunde und Anhänger und bewirbt sich um deren Stimmen. Es is sehr möglich, daß die erste Abstimmung über die Präsidentenwahl eine Probe der Stärke einer jeden Kammer-Fraction wird, Jun den leßten Tagen haben ver= schiedene Versammlungen von Deputirten stattgefunden, um sich in jeder Nüance definitiv zu verständigen. Die linke Seite soll bei der ersten Ab= stimmung Herrn Billgult als Kandidaten aufstellen wollen; sie wird sich übermorgen bei Herrn Odilon Barrot, das linke Centrum aber bei Herrn Ganneron versammeln. Einige Deputirten der Linken sollen auch die Absicht haben, Herrn von Lamartine auf die Kandidatenliste zu bringen, man verspricht jedoh dem Deputirten von Macon nicht viel Stimmen. Zwischen Herrn Billault und Herrn Thiers fanden dieser Tage einige Unterredungen statt; Ersterer war früher ein eifri= ger Anhänger des Ex-Ministers vom 1. März, hat sih aber allmälig immer entschiedener zur linfen Seite geneigt, und man glaubt, daß Herr Thiers sich in Folge dieses und anderer Verluste an Hülfsge- nossen auch in der jeßigen Session sehr im Hintergrunde halten werde, Eiue Versammlung der konservativen Deputirten, welche heut Abend im Lemardelayshen Saale stattfinden soll, um sich mit der Práäsidentschafts - Frage zu beschäftigen, wird, dem Vernehmen nach, wenig zahlreich sein, weil alle diejenigen, die ihre Stimme Herrn Dupin zu geben beabsichtigen, beschlossen haben sollen, an dieser Zu- \sammenkunft nicht Theil zu nehmen; leßtere wird daher blos aus Anhängern des Herrn Sauzet bestehen.

Jm Minister - Rath soll die Rede davon gewesen sein, die Ge- häftsführer aller legitimistishen Blätter vor die Pairs - Kammer zu stellen, weil in sämmtlichen Zeitungen dieser Partei seit e¿nem Monat wiederholentlih Stellen vorgekommen, welhe höheren Orts dazu an- gethan schienen, eine Berufung an die Ausnahme=Gerichtsbarkeit der Pairie zu rechtfertigen. Jndeß heißt es, daß dieser Plan, nachdem man in mehreren Versammlungen des Ministerck-Raths lebhaft darüber debattirt hatte, jeßt definitiv aufgegeben sei, weil dagegen eingewen= det wurde, daß, wenn auch die Pairskammer die Suspension der be= stehenden legitimishen Blätter ausspräche, sogleih andere Zeitungen von gleicher Farbe würden begründet werden, und daß der Einfluß, ja selbs die Popularität der legitimischen Partei, nur wachsen könnte.

Es heißt, der Papst habe sih auf die Vorstellungen der fran= zösischen Regierung nunmehr entschlossen, indirekt in dem Streit zwischen dem Klerus und der Universität von Frankreich zu interveniren. Der Erzbishof von Laodicea, Mgr, Murad, soll den Auftrag erhalten haben, die angeschusten französishen Bischöfe zu besuhen und den Willen des Papstes zu ihrer Kenntniß zu bringen. Jndeß soll diesem Abgesandten, der in den nächsten Tagen in Paris erwartet wird, bei diesen Schritten die größte Vorsicht anempfohlen worden sein, um niht zu Widerseblichkeit gegen die päpstlichen Befehle, die von jesui= tisher Seite wenigstens nichts Ungewöhnliches wäre, Anlaß zu geben.

n Paris, 27. Dez. Mit Tagesanbruch erschallten heute die Trommeln der National - Garde in den verschiedenen Stadtvierteln. Von jeder der zwölf Legionen der National=Garde von Paris war ein Bataillon beordert, um das Spalier von den Tuilerieen bis zur Deputirten-Kammer zu bilden, Die ganze 9te Legion war vor dem Haupt-Eingange und im Hofe des Palais Bourbon aufgestellt. Um 11 Uhr begannen die Truppen und die National - Garde aufzumar= \chirenz die ersten bildeten links, die zweite rechts das Spalier. Bis dahin hatte die Polizei die nöthigen Vorsichts- Maßregeln getroffen um jede Möglichkeit eines Attentats zu vereiteln, Der Polizei Prä- feft besichtigte in eigener Person das Gebäude der Deputirten-Kammer, sowohl im Junern, als äußerlich, Ein Detaschement von Stadt- Sergeauten wurden auf dem Dache des Palais Bourbon nach allen Richtungen des Gebäudes aufgestellt, Die Communication über die beiden Brüen, der Deputirten-Kammer und den Pout royal, so wie die Schifffahrt auf der Seine, in der Ausdehnung zwischeu beiden Brücken, blieb von 10 Uhr Morgens an untersagt. Alle Häuser, welche dem Palast der Deputirten-Kammer gegenüber liegen, wurden vom Polizei -Commissair des Stadtviertels durhsucht, und jedes er= hielt zwei Stadt- Sergeanten zur Bewachung. Nachdem das Mili= tair-Spalier gebildet worden war, zogen die Munizipal-Gardisten zu Fuß und zu Pferde einen zweiten äußersten Kordon, um die Bevölke= rung auf anderthalb Schußweiten von der Richtung des Königlichen Zuges entfernt zu halten, : s x

Für die heutige feierliche Sihung der Kammer erhielten die De= putirten zusammen nur 200 Billets durch das Loos. Alle übrigen Eintritts - Karten werden dem Hofe, den Ministern und der Polizei überlassen, damit unter das Publikum keine gefährlihe Person sich einschleihen könne. Um 11 Uhr wurden die öffentlihen Tribünen eröffnet und waren bald darauf mit eleganten Damen gefüllt, welche seit 9 Uhr sich vor dem eisernen Gitter der Kammer drängten, Die männlichen Zuschauer waren heute weniger zahlrei als \oust, das {öne Geschleht nahm beinahe alle Pläße ein, Die Ausschmückung des großen Sibungssaales der Deputirten-Kammer war die nämliche wie sonst. An der Stelle des Büreaus des Präsidenten erhob sich der Königliche Thron mit karmoisinrothem Sammet drapirt und mit Trophäen aus dreifarbigen Fahnen verziert, Rechts und links standen vergoldete Tabourets für die Söhne des Königs. Am Fuße des Thrones befanden sih treppenartig zuerst die Sihe der Minister, dann der Marschälle von Frankreich, des Staats-Rathes und der Akademieen, Die rechte Seite der Deputirten - Bänke war für die Pairs und die linke für die Deputirten vorbehalten,

Bis gegen Mittag sah man nur einzelne Deputirte im Halbkreife

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des Saales auf und ab gehen. Das Erscheinen der Herren Berryer, Odilon Barrot, Thiers und auderer Partei-Häupter, machte bald die Unterredungen sehr lebhaft, so daß man sich hon in die gewöhnli- hen Sibßungstage verseßt glaubte, als die Königliche Tribüne geöffnet wurde und die Königin, die Herzogin von Orleans mit dem Grafen von Paris, die Herzogin von Nemours, die Prinzessin von Zoinville, die Prinzessin Clementine und deren Gemahl hereintraten. Der Anblick der in tiefe Trauer gehüllten Wittwe des verunglücten Kronprinzen erfüllte die ganze Versammlung mit Ehrfurht und Ach- tung, alle Anwesenden erhoben sich ehrerbietig von ihren Sißen und beobachteten feierliches Stillschweigen, bis um 1 Uhr 21 Kanuonen- chüsse verkündeten, daß der König die Tuilerieen verließ, um sich in die Mitte des legislativen Corps zu begeben.

Den Königlichen Zug eröffneten zwei Munizipal - Gardisten zu

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Pferde, ein Piquet Dragoner zu Pferde und der Generalstab der |

ersten Militair-Division. Eine Escadron Dragoner und zwei Esca- orons National-Gardisten zu Pferde, mit Musik und Standarten, rit= ten vor dem Königlihen Wagen, worin Ludwig Philipp, der Herzog von Nemours, der Prinz von Joinville und der Herzog von Mont-= pensier saßen. Am rechten Wagenschlag ritt General Jacqueminot in seiner Eigenschaft als Ober-Befehlshaber der National Garde, am linken der Polizei- Präfekt des Seine - Departements. Die General- Adjutauten und Ordonnanz =- Offiziere des Königs und der Prinzen umgaben zu Pferde den Wagen des Königs, welcher nur mit zwei Pferden bespannt war. Jn den acht folgenden Hoffutschen saßen die Minister und die Haus = Beamten des Königs und der Prinzen. Eine Escadron Husaren, ebenfalls mit Musik und Standarte, {loß den Zug, der sich im Schritte fortbewegte und um 1 Uhr 10 Minuten im Hofe des Palais Bourbon anlangte, wo der König von den großen Deputationen der Pairs-Kammer, den Baron Pasquier an der Spiße, und der Deputirten-Kammer, Herrn Laffitte an der Spiße, empfangen und in das Ausruhe =- Zimmer geleitet wurde, wo Se. Majestät mit den Pairs und Deputirten einige Minuten sich unterhielt. Schlag i Uhr verkündete ein Staatsbote die Ankunft Sr. Majestät mit dem Rufe: „Der König!“

Gleich darauf erschien Ludwig Philipp in der Uniform der Na- tional-Garde, blauem Rock und weißen Beinkleidern, und stieg die Stufen des Thrones hinauf, niht ohne große Anstrengung, die man sonst nicht an dem Könige wahrzunehmen pflegte. Ludwig Philipp is seit einem Jahre merklich älter geworden, sein Bart is grau, und während er sonst sich gerade hielt, geht er jeßt etwas gebeugt. Als er auf der Estrade des Throues sich befand, ertönte der nmehr= malige Ruf: „Es lebe der König !“/ worauf Ludwig Philipp, die rechte Haud aufs Herz haltend, die Versammlung dreimal begrüßte. Er bedeckte sein Haupt und sehte sich auf den Thron, die Herzoge von Nemours und von Montpensier zu feiner Rechten, der Prinz von Joinville, als Contre-Admiral gekleidet, zu seiner Linken. Der Mi-= nister der Justiz übergab ihm sodann das Manuskript der Thron= Rede, welche Ludwig Philipp mit stark betonter und abgemessener Stimme ablas. Die Rede lautet, wie folgt: Î

„„Meine Herren Pairs! Meine Herren Deputirten!

„Die glückliche Eintraht der Staatsgewalten und die loyale Mitwirkung, welche Sie Meiner Regierung zu Theil werden ließen, haben ihre Früchte getragen. Im Schoße der ohne Anstrengung guf= ret erhaltenen Ordnung und unter der Herrschaft der Geseße ent- wielt Frankreich mit Vertrauen feine ergiebige Thätigkeit, Die Lage aller Bürgerklassen bessert und hebt sch. Die Wirkungen dieses Ge- deihens erlauben uns, in den Finanzgeseben , die Jhnen unverzüglich werden vorgelegt werden, ein mit Recht gewünschtes Gleichgewicht zwishen den Ausgaben und Einnahmen des Staats wieder herzu- stellen. i

„Wir können uns mit Sicherheit dieser Güter des Friedens erfreuen, denn er war niemals gesiherter, Meine Beziehungen zu allen Mächten sind friedlih und freundschaftlich. : i

„Wichtige Ereignisse sind in Spanien und Griechenland einge=

treten. Die Königin Isabella 11, so jung zur Bürde der Herrschaft berufen, is in diesem Augenblick der Gegenstand Meiner ganzen Sorgfalt und Meines freundschaftlihsten Juteresses. Jch hoffe, daß der Ausgang dieser Ereignisse beiden, Frankreich befreundeten Nationen günstig sein, und daß, in Griechenland, wie in Spanien, dur die wecselseitige Achtung der Rechte des Thrones und der öffentlichen Freiheiten die Monarchie sich befestigen wird, Die aufrichtige Freund= schaft, welhe Mich mit der Königin von Großbritanien verbindet, und das herzlihe Einvernehmen, welches zwischen Meiner Regierung und der ihrigen besteht, bekräftigen Mich in dieser Zuversicht. : „Jch habe mit dem König von Sardinien und den Republiken Ecuador und Venezuela Handels=-Verträge abgeschlossen, und Jch sebe mit anderen Staaten in den verschiedenen Welttheilen Unterhandlun= gen fort, welche, indem sie der National = Arbeit die ihr gebührende Sicherheit erhalten, ihrer einsichtsvollen Thätigkeit neue Bahnen er- öffnen werden. : i

„Jh habe die Genugthuung, durch die Vermählung Meines Sohnes, des Prinzen von Joinville, mit der Prinzessin Franziska, Schwester des Kaisers von Brasilien und der Königin von Portugal, den Kreis Meiner Familie vergrößert zu sehen. Diese Verbindung, indem sie das Glück Meines Sohnes sichert, vermehrt die Tröstungen, die Gott Mir aufbewahrt hat. i

„Unsere Herrschaft in Algier wird bald allgemein und ruhig sein, Unter der Leitung erprobter Chefs, unter denen ih stolz bin, einen meiner Söhne zu zählen, vereinigen unsere tapferen Soldaten mit einer bewundernswerthen Ausdauer die Mühen des Krieges und die Arbeiten des Friedens. i

„Die zur Ausführung des allgemeinen Eisenbahnsystems und für verschiedene Unternehmungen von nationalem Nußen nöthigen Maß regeln werden Jhnen zur Berathung vorgelegt werden. Ein Geseh= Entwurf über den Secundair-Unterricht wird dem Wunsche der Charte in Betreff der Unterrichts -Freiheit genügen, indem er das Ansehen und die Einwirkung des Staats, in Bezug auf die öffentliche Ér= ziehung, beibehält. i

Mit tiefer Daukbarkeit gegen die Vorsehung betrahte Jch, meine Herren, diesen Zustand eines ehrenwerthen Friedens und wachsenden Gedeihens, dessen unser Vaterland sich erfreut. Stets geleitet durch unsere Hingebung und unsere Treue für Frankreich, haben wir, Jch und die Meinigen, nie einen anderen Ehrgeiz gehabt, als den, ihm zu dienen. Die Zuversicht, diese Pflicht zu erfüllen, i} es, welche in den Prüfungen Meines Lebens Mir Kraft verliehen hat, und welche bis zum Ende Meines Lebens Meinen Trost und Meine festeste Stüße bilden wird.“

Bei dem lebten Paragraphen, der durhgehends aus der Feder des Königs geflossen sein soll, wurde die Stimme Ludwig Philipp's immer bewegter, und die leßten Worte der Rede verhallten unter dem Ruf: „Es lebe der König !“

L Der Minister der Justiz nahm dann den neuerwählten Deputirten woraer geschriebenen Eid ab und erklärte die Session für eröffnet, S0 Ri der König sich vom Throne erhob, das Haupt entblößte und ite: Dermlung dreimal begrüßte, die mit Vivatrufen thm antwor= aetoviAién vnigliche Zug kehrte in der nämlihen Ordnung, wie er

war, nach den Tuilerieen zurück, mit dem Unterschiede, daß

demselben die Equipagen der Königin, der Herzogin von Orleans und

er Prinzessinnen \sich jeßt demselben anshlossen. Der Wagen der Herzogin von Orleans und die drei Wagen ihres Hofstaates trugen die Trauer-Livrée, da die erlauchte Wittwe lebenslang um ihren früh verlorenen Gatten Trauer zu tragen beschlossen haben soll.

Der Eindruck der Thronrede auf die öffentlihe Meinung scheint bisher günstig zu sein, an der Börse sind die Fonds sogleich gestic- gen. Die Politiker trauen jedoch der erfreulichen Schilderung nicht ganz, welhe die Thronrede von dem Stande unserer Finanzen ent- wirft. Sie erinnern sich, daß vor einem Jahre, bei Vorlegung des Budjets, das gegenwärtige Kabinet das Defizit um die Hâlfte nie- driger anseßte, als Herr Bignon, der Berichterstatter der Budgets- Kommission, dasselbe zuleßt ermittelte. Es handelt sich nämli um das Budget von 1845, worin die außerordentlichen und Supplementar -Geldbewilligungen noch nit einbegriffen sein können. Man kennt immer ungefähr die Einnahmen, aber niht die Ausgaben eines Verwaltungs=Jahres, weil leßtere von außerordentlihen unvor= hergeschenen Umständen schr viel abhängen. So z. B. für 1843 sind die Einnahmen annähernd so ausgefallen, wie das Budjet sie bereh- net hatte, die Ausgaben hingegen um 50 bis 60 Millionen höher, als der Finanz-Minister es erwarten ließ. Die Regierung pflegt seit einigen Jahren, um den Sparsamkeitssinn der Kammer zu umgehen, die Staats-Ausgaben im Budjet möglichst niedrig anzuseßen, und läßt sich nahträglich in der Zwischenzeit von einer Session zur anderen eine Menge außerordentlicher Kredite durh Königl. Verordnung be- willigen. Js einmal das Geld ausgegeben, so kann die Kammer nicht anders , als die Ausgaben genehmigen. Darum muß der erste Paragraph der heutigen Thronrede mit steter Rücksicht auf dergleichen Umstände ausgelegt werden. Der erste Paragraph der Thronrede ist im Grunde uur eine gut berechnete Taktik des Kabinets, um die Diskussion der Adresse glücklich zu überstehen, denn bis zum Votum der Adresse kann über die wahre Lage unserer Finanzen von der Budget-Kommission kein gegründetes Urtheil gefällt werden. Die Meinung bleibt daher immer zu Gunsten des Kabinets, bis das Ge- gentheil erwiesen ist.

=ch Paris, 27. Dezbr. Der König hat heute bei Eröffnung der Kammer einen sehr herzlihen Empfang, sowohl auf dem ganzen Wege hin und zurück von Seiten der Nationalgarde und der Linie. so wie in der Kammer selbs von Seiten aller Anwesenden gefunden, Der Ruf: es lebe der König! empfing ihn überall, und als er auf dem Throne Play genommen hatte, hielt er mit einer für seine vor= gerückten Jahre wirklih bemerkenswerthen Festigkeit der Stimme und Haltung die Throurede, welche offenbar guten Eindruck hervorbrachte. Die Zusage, daß im künftigen Budget die Ausgaben und Einnahmen einander gleichgestellt werden sollen, gab zuerst Anlaß zu einer bei- fälligen Manifestation in der Kammer, die noch lebhafter und be= geisterter wurde, als der König des freundlichen Verhältnisses zu Cugland erwähnte. Die ausdrücklihe Zusicherung, daß bei dem vorzulegenden Geseße über den Secundair-Unterricht die Oberaufsicht des Staats über die Leitung des Erziehungwesens gewahrt bleiben roerde, mußte alle vernünftige Erwartungen befriedigen. Wie Sie sehen, erweist sich mein Zweifel, daß in der Thronrede auf das Be= nehmen der legitimistishen Deputirten zu London angespielt fein werde, als gegründet, Dagegen darf man die ausgesprochene Erwartung der Befestigung der Monarchie in Griechenland un- zweifelhaft , insofern davon ausdrücklich Erwähnung geschah als einen neuen Beweis des vollständigen Gelingens der Mission des Fürsten von Oettingen-Wallerstein ‘ansehen. Möchten auch die für Spanien und die Befestigung seines constitutionellen Thrones geäußerten Hoffnungen in Erfüllung gehen, wiewohl dort der politische Horizont, troß aller Versicherungen vom Gegentheile, noh sehr von Gewitterwolken um- zogen ist. Allgemein hat man dieRüstigkeit des Königs bewundert, dessen leßte Worte in seiner Rede ein Ausdruck edlen Selbstgefühls sind. Drei seiner Söhne, die Herzoge von Nemours und Montpensier, so wie der Prinz von Joinville, waren ihm während des feierlichen Akts zur Seite gestanden. Der Graf von Paris befand sich in der Tri- büne der Königin und der Königlichen Prinzessinnen, unter welchen man auch die erlauhte Mutter des Grafen von Paris, Jhre Königl. Hoheit die Herzogin von Orleans, in tiefster Trauerkleidung erblickte. Die Königin und die Prinzessinnen, welche etwa 10 Minuten vor dem König selbst eingetroffen waren, wurden gleichfalls mit lebhaftestem Zuruf empfangen.

Grossbritanien und Irland.

_ London, 27. Dez. Der Herzog von Bordeaux isst gestern wieder in London eingetroffen. Ueber die Zeit seiner Abreise nah dem Kontinente verlautet nihts Bestimmtes.

Die spanischen Finanz=Agenten haben gestern die erwartete An= zeige wegen Auszahlung der Dividenden der 3proc. Fonds am 1. Fe- bruar publizirt. Wie es heißt, erhält die Bank von San Fernando Rothschild und O'Shea u. Comp., welhe zusammen die nöthigen Summen gegen Wechsel auf den Schaß in Havanna (30 Tage nach Sicht) lieferten, eine Provision von nicht weniger als 18 pCt,

Durch den Tod seiner Mutter, der Wittwe des Generals Bulwer ist der bekannte Schriftsteller, Sir E. L. Bulwer, in den Besiß des bedeutenden Gutes Knebwath in Hertfordshire gelaugt, welches der Verstorbenen durch Erbschaft persönlich zugefallen war.

Pte

__6¿ Madrid, 20, Dez. Das Eco del Comercio enthielt gestern einen gegen die Königin Marie Christine gerichteten Artikel der selbst die erbittertsten Feinde dieser Fürstin mit Unwillen erfüllen mußte, Um so erfreulicher is eine Erklärung, welche der Jnfant Don Francisco und dessen Gemahlin durch ihren Secretair heute im Heraldo veröffentlichen lassen. Sie geben darin zu erkennen, daß sie nie, weder mit dem Eco, noch mit irgend einem anderen Journal etivas zu thun hatten, „daß sic ihre Pflihten als nahe Verwandte und treue Unterthanen der Königin Jsabella Il. zu wohl kennen, um nicht die Königin Christine als geliebte Schwester, als Wittwe des verstorbenen Monarchen Ferdinaud's V. und als Mutter ihrer ge- genwärtigen Königin zu achten, und daß sie niht \{weigen können wenn sie so händlicherweise in einem Journal angegriffen wird daß leider in den Augen einiger Personen, wenn au nicht für das des Infanten, doch für das seiner Partei und seiner Familie gilt. Wenn Zhre Hoheiten (sagt der Secretair) bis jebt niht für gut befunden haben, auf dergleichen Gerüchte irgend eine Antwort zu ertheilen, oder diese Erklärung gegen die Anschuldigungen, die man auf Veran- lassung verschiedener Artifel des Eco gegen sie richtete, abzugeben so geshah es nur, weil sie keine chickliche Gelegenheit fanden, um ihnen zu widersprehen. Da sie aber auf die in Bezug genommene Schändlichkeit stießen, so haben sie mir befohlen, es sogleih zu thun weil ihr Ehrgefühl und Anstand ihnen nicht zu \{hweigen erlauben, wenn man sie in der würdigen Person Jhrer Majestät der Königin Mutter, ihrer sehr theueren und geliebten Schwester gröblih belei= digt,“ Unendlichen Verdruß hätte sich der Jnfant ersparen können;, wenn er für gut befunden hätte, dieselben Gesinnungen bei früheren Gelegenhei!en zur allgemeinen Kenntniß zu bringen. Jeßt muß man: abwarten, was das Eco auf diese Erklärung erwiedern wird. Dié: Ankunft des Prinzen Carini, der jeßt das neapolitanische Wappenschiltz an seiner Wohnung ausgehängt hat, soll die Aufmerksamkeit Per