S E I T L: E e R T I E E T
| wigten in der fürstlihen Gruft wird, wie verlautet, Feduas Ms Gepränge Nachts geschehen. Auch hört man, daß der Hof zu dieser Zeit das Schloß Rastede für einige Tage beziehen werde.
erzogthum Nassau, 2. Febr. (S. M.) Sr B S E ist aus Veranlassung seiner bevorstehen- den Vermählung mit der Tochter Sr. Kaiserl. Hoheit des Großfürsten Michael von Rußland von Seiten der Unterthanen eine Festgabe zu- edaht, die in, einer prächtigen Staatskutsche und einem Sechsge= pann s{öner englischer Pferde mit prachtvollen Geschirren für die- selben bestehen soll. Der Wagen nebst den Geschirren sind fast voll- endet; über den Ankauf der Pferde wird noch unterhandelt, — Die Ehrengarde zu Pferde, die für den Einzug des neuvermählten hohen Paares in Wiesbaden errichtet wurde, ist vollständig ausgerüstet. Bei ihren Uniformen sind die nassauischen und die russischen Natio= nalfarben mit vielem Geshmack vereinigt. — Der zur Verherrlichung des Einzuges im Werk befindliche Chor von Jungfrauen wird sehr zahlrei sein, da fast jede Gemeinde im Lande sih anschickt, von der ihr zustehenden Befugniß, ihrer zwei zu dem Ende zu entsenden, Ge-
brauh zu machen. Frankrci.
Paris, 5. Febr. Jn den lebten Tagen hat sich bekanntlich die Deputirten-Kammer in ihren Büreaus mit dem Budget für 1845 beshäftigt. Jm ersten Büreau hat si Herr Garnier Pagès sehr entschieden gegen die außerordentlihen und ergänzenden Kredite aus- gesprochen; die shwebende Schuld findet er shreckenerregendz unter die dringendsten und leichtesten Ersparnisse rechnet er cine Verminde= rung des Kriegs -Budgets. Auch die Herren Bineau und Boudet halten eine Verminderung der Armee für nothwendig und angemessen. Herr Etienne empfiehlt die Organisation der Reserve, die ihm sowohl für die gegenwärtigen Bedürfnisse wie für die möglichen Ereiguisse der Zukunft erforderlih erscheint, und wovon cine unmittelbare be- deutende Ersparniß im Kriegs =Budget, \o wie eine baldige ausehn= lihe Vermehrung der Streitkräfte des Landes, zu erwarten sei. Herr Lepelletier d’Aulnay klagt über Unredlichkeit in den Truppen-Angaben für Algier; früher habe man die afrifanische Armee im Budget gar nur auf 35,000 Mann angesebt, jeßt sei ihr Effektivbestand wenigstens auf 60,000 angegeben, aber alle Welt wisse, daß jeßt wie früher ihre Stärke sih auf 85,090 Mann belaufe, Die Herren Boudet, Etienne, Deslongraiïs und Lepelletier d'Aulnay erklären die angebliche Herstel lung des Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Ausgaben für illu- sorisch, indeß wird im Ganzen doch anerkannt, daß man sich einem besseren Verhältniß in der Bilanz nähere, und daß das Gleichgewicht vielleicht herzustellen sein möchte, wenn im Kriegs-Budget noch mehr Reductionen vorgenommen würden. Herr Etienne tadelt, daß man, um ein Quasi-Gleichgewicht hervorzubringen , die großen öffentlichen Arbeiten, namentlich die Eisenbahnbauten, hintansebße und hierin die Ersparniß suche, was eine durchaus falshe Oekonomie sei; {hon mit Hinsicht auf einen etwanigen Krieg müßte man sih, meint er, mit Vollendung der großen Eisenbahn-Linien beeilen, wie es zwei der nor- dischen Mächte, Oesterreich und Preußen, gethan, von denen man sich hierin habe überholen lassen, und die bereits große Cisenbahnstrecken fertig hätten , vermittelst deren sie unermeßlihe Truppenmassen mit der Schnelligkeit des Blißes nach allen ihren Gränzen hin würden \{ha}ffen und ihren Feinden zuvorkommen können; Frankreich möge bedenken, daß es sons das Beispiel zu geben pflegte, statt sich darin vorangehen zu lassenz für besonders wichtig, in politischer wie strategischer Hin- sicht, hielt er den baldigen Bau einer Eisenbahn von Paris nach Straßburg. Herr Muret de Bord sprach mit großer Lebhaftigkeit gegen die Zuflucht zu Auleihen, indem er auf die Sparkassen verwies, deren man sih als Hülfsquelle bedienen solle, weun man Geld brauche. Diesem Rath stellte Herr Fould entgegen, erstens, daß dics am Ende nichts Anderes sein würde, als eine Anleihe, und zweitens, daß man sich des Hülfsmittels, welhes die Sparkassen darböten, jedenfalls für die alleräußersten Fälle großer Krisen aufbewahren müsse. Außer diesen Punkten wurden noch einige andere, wie das Hypothekenweseu und die Grundsteuer, im Lauf der Diskussion berührt, jedo nur obenhin und ohue ein allgemeineres Juteresse darzubieten.
Unter denen, welhe Herrn Guizot in der stürmischen Sibung der Deputirten-Kammer bei den Debatten über den leßten Adreß-- Paragraphen seine Reise nah Gent zu Ludwig X VIIT. während der hundert Tage zum Vorwurf machten, obgleih Herr Guizot erst unter der Restauration, im Jahre 1814, in den Staatsdienst getreten war, befand sich bekanntlih auch Herr Odilon Barrot. Nun hat dieser aber im Jahre 1815 zur Vertheidigung seines Vaters eine Schrift herausgegeben, die jeßt fast in Vergessenheit gekommen, die jedoch das Journal des Débats hervorholt, um zu zeigoa, wie leicht sich die von der linken Seite gegen Herrn Guizot gebrauhte Waffe gegen die Angreifenden umkehren lasse. Odilon Barrot war, wie aus jener Schrift hervorgeht, damals ein eben so eifriger Royalist und eben so heftiger Gegner Napoleon's wie Herr Guizot, ja, er sagte selbst von seinem Vater aus, daß derselbe während der 100 Tage „bereit gewesen, sich zu begeben, wohin Ludwig XVill. ihn be= rufen haben würde.“ Es galt nämli, seinen Vater, gegen den sich, als der König ihn nach seiner Rückkehr von Gent zum Mitglied
tige Deutung der auf der Rüfseite im Abschnitte der Münzen befindlichen,
bisher ganz mißverstandenen Legende CONOB, \o wie das Werthsver- hältniß der verschiedeñen byzantinishen Münzen unter sich, basirt auf den Gold - Solidus, von welchen 72 Stück auf ein Pfund gerechnet wurden, hervorgehoben zu werden verdient.
ußerdem wurden von dcm Kaiserlich russischen Gesandten, Freiherrn von Mevendorff Excellenz, den Herren Eichler und Hof - Medailleur Proféssor Brand tältere und neuere kunstvolle Medaillen-Arbeiten, so wie endlich von dem Secretair die neuesten literarischen Erscheinungen, a!s die Verzeichnisse der merkwürdigen Reich el schen Münzen-Sammlung zu St, Petersburg, Melly's Beiträge zur Siegelkunde des Mittelalters, n, a, m,
« Februar versammelte sich unter dem Vorsize Sr, Durchlaucht dés Herrn Fürsten Radziwill die numismatische Gesellschaft zum dritten- male. Bei dieser Gelegenheit „legte der Herr General-Wardein Kandel - hardt die vollständige Reihe aller bis jeyt geprägten Vereins-Thaler vor, Es ergiebt si daraus, daß, mit Ausnahme oon Hessen-Homburg und Hehenzollern-Hechingen, von allen zum deutschen Zoll-Verein gehörigen aaten, die durch die Dresdener Convention vom Jahre 1838 beschlossene Tos nige Thaler-Münze (von 2 Thalern Preuß. = 35 Gulden) jeßt l ins Leben getreten is, auch daß der größte Theil dieser Thaler, liner E Millionen Stü für 12 verschiedene Vercinsstaaten in der ber- v Je ichegeprägt worden is, Zur Geschichte dieser den Verkehr so g eichternden Münze wurde noch bemerkt: daß die Jdee zu ihrer
T w dee Vie aus egangen ist, Namentlich brachte der General- erst in Vorschl niglih preußischen Münzen, Herr Gödeking, dieselbe zu- \{nitten, ung 4 Es wurde im Jahre 1837 in Berlin ein Stempel ge- widerstrebenden Agent, geprägten Probestüke fanden bei den anfänglich der weiteren Ausfüßeeoneten der Bereinsstaaten \o ungetheilten Beifall, daß Bei der dführung demnächst keine weitere Schwierigkeit entgegenstand, Reihe aller been dar @ anvelharvt gleichzeiti Vorgese ten vollständigen fonte allerdings det Wuns nic D I voi ait bl idseite unserer y en Sei, en, daß guch die ländischer Erei, nisse Ava t ben è werden ‘moder ntwürdiger vater-
bel den allen römischen Current-Münzen bemerken fönnen, in erer Nh
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des Tribunals erster Jnustanz zu Paris ernannte, die Stimme der
Reaction erhob, obgleich er im Konvent den Muth gehabt, gegen den Tod Ludwig's XV1. zu stimmen und eine energische Rede gegen die blutige Sentenz zu halten, obglei er als Mitglied des Corps légis= latif und der Deputirten - Kammer von 1814 entschiedene Abneigung gegen die Kaiserherrshaft und lebhafte Anhänglichkeit au die Restau= ration gezeigt und sich in den 100 Tagen von den öffentlichen Ange= legenheiten fern gehalten hatte, — es galt, denselben gegen jene Reaction zu vertheidigen. Odilon Barrot that dies in der erwähn= ten Schrift, in welher er von seinem Vater rühmte, daß er am 18. März 1815, als Bonaparte schon vor den Thoren von Paris gestanden und ein Jeder daran gedacht, mit der Partei, deren Sieg man erwartete, seinen Handel abzuschließen, auf die Rednerbühne gestiegen sei und ein Manifest gegen den Usurpator vo lagen habe, welches durch Acclamation angenommen worden, daß er dann, treu seinem Eide, sich aufs Land zurückgezogen und dort mit seiner Familie bis zur Rückkehr Ludwig's X VIUT., auf die Befehle des Königs harrend, ge= blieben sei u. \. w. Von sich selbs aber rühmt Herr Odilon Barrot in derselben Schrift, daß er in der Nacht, wo Ludwig X VIII, nah Gent abgereist, als National -Gardist mit in den Zimmern des Kö- nigs auf Wache gestanden, daß Se. Majestät ihre Thränen gesehen und den Ausbruch ihres Enthusiasmus mit Mühe zurückgehalten habe. ,, Bei der Ankunft des Usurpators ‘, fügt Herr Odilon Barrot hinzu, entkleidete ih mich sogleih meiner Advokaten = Titel, die ih der Munifizenz des Königs verdankte; ich wollte mei nen Eid nicht verleßen. Erst nah der Rückkehr Sr. Majestät nahm ih sie wieder an. Jn der Kammer der Advokaten aber unter- zeichnete ich eine Petition, welhe fast einen Monat vor der Rüd- fehr Sr. Majestät, noch inmitten des Lärmens der Verbündeten, nach dem König und der Charte verlangte. ““ Gegen diese Anführungen im Journal des Débats weist indeß der Courrier français einen, wenn er gegründet wäre, nicht unerheblichen Unterschied in der Handlungsweise der Herren Guizot und Odilon Barrot auf. „Herr Bar- rot“, sagt dies Blatt, „war seinen Grundsäßen treu und verweigerte der Regierung der hundert Tage den Eid. Herr Guizot dagegen (der erst 1814 unter Ludwig XVIIL. in den Staatsdienst getreten war) be- eilt sich, der Kaiserlihen Regierung den Eid zu leisten z er nahm öffentliche Functionen an, unterzeichnete die Zusaß-Akte und ging nur aus Aerger über eine verdiente Abseßung zu Ludwig XVUI. nah Gent. Das Journal des Débats erklärt aber diese Angaben des ebengenannten Blattes für durchaus unrichtig. „Herr Guizot“, sagt es, „hatte die Zusaß - Akte nicht unterzeihnetz am 20, März kehrte er ganz einfach in die Sorbonne zurück und vershloß sich in seine Professor-Functionen. Nicht Herr Guizot, der jeßige Minister, war es, der von Carnot mit einem gewissen Aufsehen abgeseßt wurde, Der ganze Jrrthum beruht hier auf eine Verwechselung der Personen, und der einzige Vorwurf, den man Herrn Guizot machen kann, is, daß er denselben nicht früher berihtigt hat. Auf die Gefahr hin, sein Mißfallen zu erregen, stellen wir heute die Wahrheit her.“ Eud- lich bringt auch der offizielle Moniteur nun folgende Erklärung in Bezug auf die gegen Herrn Guizot erhobenen Anschuldigungen: „Mehrere Blätter haben neuerlich wiederholt, der Minister der aus- wärtigen Angelegenheiten, Herr Guizot, der in den Jahren 1814 und 1815 General=-Secretair im Ministerium des Junern war, habe diese Functionen in den hundert Tagen unter dem Ministerium des durch Dekret vom 20. März 1815 zum Minister des Innern ernannten Generals Grafen Carnot behalten, er habe die Zusaß = Akte unter= zeichnet, und er sei abgeseßt worden. Eines dieser Blätter hat sich auf das Zeugniß des Moniteur berufen, Diese Behauptungen sind durchaus falsch. Herr Guizot, der jebige Minister der auswär= tigen Angelegenheiten, war gleih am 20, März 1815 aus dem Mi- nisterium des Jnnern ausgetreten; er wurde in seinen Functionen als General-Secretgir vermittelst eines Dekrets vom 23, März durch den Baron Basset de Chateaubourg, ehemaligen Präfekten, erseßt, dem dieselben übertragen wurden, (Geseß=- Bülletin, Nr. 9, Seite 34) Nicht Herr François Guizot is es, von welchem im Moniteur vom 14. Mai 1815, Seite 546, die Rede, sondern Herr J. J. Guizot, damaliger Büreau - Chef im Ministerium des Junern, der in der That im Monat Mai 1815 seiner Functionen enthoben wurde.“ Daß übrigens der Ausdauer, mit welher Herr Guizot sich gegen die An- griffe der linken Seite mit Hinsicht auf sein Verhalten während der hundert Tage vertheidigte, in den englischen Zeitungen allgemeines Lob gezollt wird, dient dem Minister, wie zu erwarten war, zu desto größerem Vorwurf bei der französischen Oppositions-Presse. Deputirte von der konservativen Partei werden \sich im Laufe der Woche mehrmals versammeln, um über die eingetretenen Verhältnisse zu Rath zu gehenz man nennt die Herren Fulchiron, Perier und Le=- febvre als diejenigen Deputirten, bei welhen diese Versammlungen stattfinden sollen, Gestern um 1 Uhr war Herr Villemain mit meh- reren anderen Ministern in den Tuilerieen, um Konferenz mit dem König zu halten. Man besorgt, daß die Fraction der Konservativen, welche der Leitung des Herrn vou Salvandy folgt, und die funfzehn Stimmen zählt, sich in Folge der leßten Vorgänge ganz dem linken Centrum zu- wenden werde, zu dem sie seither {on hinneigte. Es sollen nun Ver= suche gemacht werden, cine solhe Spaltung zu verhüten. Bei Herrn von Salvandy lassen sih fortwährend zahlreiche Personen einschreibenz
aber bei den eben erwähnten bayerischen, so wie auch bei einigen württem- bergischen, russischen und auderen Münzen nachgeahmt finden.
Der Herr Geh, Nath Tölken legte der Gesellschaft eine höchst merk würdige bisher noch nicht bekannte große Goldmünze des Kurfürsten Joachim 11. vom Jahre 1570, 105 Dukaten schwer, einen sogenaunten Portugalöser vor, welcher vor einigen Tagen ganz zufällig aus den Händen eines Landmannes für das hiesige Königliche Münz - Kabinet erworben wurde, Da das Stück gehenkelt, sonst aber in keiner Sammlung mehr aufzufinden is, so wurde vorausgeseßt: daß dasselbe nur in wenig Stücken ausgeprägt worden und nach der Sitte jener Zeit von dem Kurfürsten nur als Ehrengeschenk mit einer goldenen Kette, an Personen seiner nächsten Umgebungen verliehen worden sei. Hieran reihte sich der von Herrn Eichler vorgelegte Gyp8-Abguß von dem großen auf der hiesigen Königlichen Kunst- Kammer befindlichen , in Specfstein geschnittenen Medaillon desselben Kur- fürsten, welcher als vortrefflihes Kunstwerk des 16ten Jahrhunderts allge- meine Ausmerksamkeit erregte. S 5
Herr 2c. Tö lken erklärte sodann eine beträchtliche Anzahl Spottmünzen aus dem 16ten Jahrhundert, hervorgerufen durch ben ungezügeltsten Haß der Protestanten gegen das Papstthum und umgekehrt der Katholiken gegen die Pro- testanten. Sie geben einen Maßstab für die Derbheit, ja Rohheit, mit welcher in jener Zeit religiöse Kämpfe ausgefochten wurden, Erfreulicher waren als Kunst- gebilde ein von Herrn T ölken vorgelegtes, im K, Kabinette nicht vorhande- nes Medaillon mít dem ‘hocherhabenen Bildnisse Melanchton's in seinem 47sten Lebensjahre, demnächst zwei im Besi des Medailleurs Herrn Lorenz befindliche, von Girometti vortrefflih gearbeitete Meédaillons des jept regierenden Papstes. Herr Professor Brandt brachte sodann seine neuesten Erzeugnisse, zwei Denfmünzen auf den Prinzen August von Preußen und auf die Jubelfeier des hiesigen Predigers Molière zur Ansicht, Beide ga- ben den Beweis, wie schnell der Künstler zu hafen weiß.
Zum Schlusse hielt der Privat - Dozent Herr Dr. Köhne einen aus- führlichen Vortrag über seine neueste Schrift „Die auf die Geschichte der Deutschen und Sarimaten bezüglichen römischen Münzen “’ und erläuterte denselben E mehrere seinem Werke beigegebene \{höne Kupfertafeln. Herr Köhne bewies aus den Juschriften und bildlichen O der von Qu aus einem Zeitraume von viertehalb Jahrhunderten von Drusus dem Aelteren bis auf Konstantin den Jüngeren mit größtem Fleiße zusam-
König, ihn zu
unter ihnen bemerkte man auch mehrere angesehene Konservative. Die Oppositions-Journale \{öpfen neue Ges, sie behaupten, das Ministerium vom 29, Oktober werde nicht länger mehr die Ver= waltung leiten können; unter den Konservativen selbst nehmen die Spaltungen mehr und mehr zu, so daß eine Aenderung des Kabinets unvermeidlich werde. Jn diesem Falle würde wieder ein Versuch mit einem gemischten Ministerium unter der Präsidentschaft des Gra= fen Molé gemacht werden. Herr Salvandy begab sih vorgestern Abend zu Herrn Mols, mit dem er lange ín Hobferen: blieb.
Die Gesellschaften der Journale Constitutionnel und Com- merce haben sich in Folge zweier Schiedsrichtersprühe aufgelöst. Liquidatoren des Constitutionnel sind die drei Geschäftsführer vg O, welches wahrscheinlih nächstens öffentlich verkauft wer= en wird.
m Paris, 5. Febr. Seit vier oder fünf Tagen bildet Graf Salvandy den vorzüglichsten Gegenstand der Polemik unserer Tages= blätter. Selbst die Thron-Rede der Königin von Großbritanien tritt vor der Demission des Grafen Salvandy in den Hintergrund. Die Ursache davon werde ih Jhnen weiter unten anführen. Zuerst han= delt es sih darum, das Faktum nah seinen Details genau festzustellen. Die verschiedenen Berichte, welhe unsere Tagesblätter darüber ver= öffentlichen, sind mehr geeignet, irre zu leiten, als die Wahrheit auf= zudeden. Jch will Jhnen die Umstände dieses parlamentarischen Zwischenfalles so wiederholen, wie sie von einem vertrauten Freunde des Grafen Salvandy in einem der achtbarsten politischen Zirkel gestern Abends in Anwesenheit von etwa zwanzig Deputirten erzählt
wurden. : : Sie wissen, daß eine bedeutende Fraction der konservativen Par=
tei der Ansicht war, den Ausdru llétrir in der Phrase gegen die Legitimisten auszustreichen. Graf Salvandy stand an der Spibe die= ser Partei und hatte Ursache, zu glauben, daß bei Hofe seine Ansicht gebilligt werde, indem Herr Thiers, der während der Diskussion der Adresse mehrmals in Privat-Audienz vom Könige empfangen worden war, sih gleichfalls gegen den Ausdru fllétrir erklärt hatte. Sie wissen ferner, daß das Kabinet wirklich zuletzt die Kommission der Adresse ermächtigte, flétrir durch den Ausdruck blämer zu er- seben, wie aber diese Aenderung im Adreß-Entwurf durch den übel= berathenen Eifer des Herrn Hébert vereitelt wurde. Bevor die Siz= zung vom 27sten v. M. begann, worin die Phrase gegen die Legiti= misten zur Abstimmung kommen sollte, hatte Graf Salvandy mit Herrn Guizot im Konferenzsaale der Deputirten-Kammer eine lebhafte Diskussion, wo Ersterer die Nachgiebigkeit des Kabinets gegen Herrn Hébert als unverzeihlih befrittelte. Es scheint, daß Herr Guizot darauf etwas derb antwortete und den Grafen Salvandy so verlebte, daß dieser, als später Herr Berryer und Herr Laroche-Jacquelin auf der Tribüne waren, mehrmals die beiden legitimistishen Redner laut beklatshte, Herr Guizot fand ein solches Beklatshen unpassend und seßte Salyandy deshalb sofort zur Rede. Gleichwohl stimmte Graf Salvandy in der nämlichen Sißung zweimal ofen zu Gunsten der Legitimisten. Die Phrase gegen die Legitimisten wurde bekanntlich zwar adoptirt, jsedoh nux nach einer ersten zweifelhaften Abstimmung. Als der König sih darüber äußerte, soll Herr Guizot die Schuld davon auf den Grafen Salvandy geschoben haben, dessen Beispiel zehn bis funfzehn Konservative verleitet hätte, statt für die Dynastie zu Gun= sten der Legitimisten zu stimmen. Herr Guizot soll zugleih mißbilli= gend bemerft haben, daß Herr von Salvandy während seines lebten Aufenthalts in Turin mit mehreren Familien jener Residenz sich ln genaue Verbindung eingelassen hätte, von denen er gewußt, daß sie zu den exaltirtesten Legitimisten gehören.
Nun erzählt man weiter, daß der König Herrn von Salvandy bei Gelegenheit der Ueberreihung der Adresse am 31. Januar — der Graf war Mitglied der dazu bestimmlen Deputation — mit sicht= licher Kälte empfangen und ihm sogar in einer Unterredung, welche er mit ihm nach der bei dieser Gelegenheit herkömmlichen Ceremonie gehabt, über seine legitimistishen Verbindungen in Turin und seine legitimistishen Tendenzen in Paris einiges Empfindliche gesagt habe. Graf Salvandy errieth sogleih, woher der Schlag kam, und ohne mit Herrn Guizot näher darüber zu sprechen, \{chickte er am folgenden Morgen dem Könige seine Entlassung ein. Herr Guizot bat, indem er die üblen Folgen dieses Schrittes voraussah, den ermächtigen, mit Graf Salvandy in Un-= terhandlung zu treten. Der König erbot sich seinerseits dazu mitzu= wirken und schickte deshalb den Grafen Molé zu Herrn von Sal= vandy, Herr Guizot bat zu gleicher Zeit die Herren Villemain und Dumont, mit ihm zu unterhandeln. Von beiden Seiten wurde nichts ausgerichtet, Der König beschied den Grafen Salvandy nach den Tuilerieen, und hier schien Leßterer etwas nachgiebiger werden zu wollen. Aus den Tuilerieen ging er nach der Deputirten-Kammer, wo einige seiner Freunde ihm eröffneten, Herr Guizot wünsche zwar, daß er seine Entlassung zurücknehme, do unter der Bedingung, daß er, aus leiht begreiflihen Gründen, vor der Diskussion der geheimen Fo.:ds auf seinen Posten zurückkehren solle. Denn wie es scheint, fürhtet Herr Guizot gewisse Aufschlüsse über die Politik des Kabinets in Betreff Spaniens. Graf Salvandy er- klärte sogleih, daß er nie hierin dem Begehren des Herrn Guizot
mengetragenen großen Anzahl römischer Münzen, so wie aus den Zeug- nissen gleichzeitiger Schriftsteller: daß die Sarmaten, wie bisher meist l angenommen tworden, keinesweges die Urväter der Slaven gewesen z da diese Letzteren vielmehr aus der Geschichte nur als curopâisches Urvolk bekannt sind, deren erste, uns bekannte Heimat die östlih und nord- östlich an Böhmen gränzenden Gegenden waren, während die diesen Sla- ven stets feindlich gegenüberstehenden Sarmaten (Sauromaten over Syr- maten) aus Asien stammten, Wenn man die Sarmaten „auch nicht für Deutsche halten dürfe, so standen dieselben, nah den scharfsinnigen Ermit- telungen des Herrn 2c. Köhne, doch jedenfalls zu den Deutschen in demselben verwandtschaftlihen Verhältnisse wie die gleichfalls aus Asien stammenden Alanen z diese daher, wie die Sarmaten, dürfe man niit eugung als Halbdeutsche bezeichnen. Wir erfahren aus diesen uns u p Ad Münzen ferner, daß die zur Zeit Marc Aurel's eng verbundenen ermanen und Sarmaten gleiche Waffen trugen und daß einige N ma später jeder Unterschied zwischen den Sarmaten und ihren deutschen Nachbarn aufge- hört hatte,
Luther's- Stiftung.
Fi chienenen Prospekte zufolge, wird zum Andenken an den vet bei t iben Jahren — 1546 — erfolgten Tod Luther's eine Luther's-Stiftung zum Besten der Waisen würdiger Prediger ge- gründet werdenz zur Bildung des ersten Fonds dazu werden mehrere Schrif- ten aus dem engeren oder weiteren theologischen Gebiete erscheinen, und zwar zunächst ein Band Predigten, welher — was wörtlich zu nehmen — aus Beiträgen der ausgezeichnetsten Redner des Ju- und Auslandes beste- hen wird, So weit die Einsicht in den Prospekt es uns zuläßt, kann das schon an und für sich großartige Unternehmen nur empfohlen werden, und es wäre in der That wünschenswerth, wenn Viele dur den Prospelt, den die Buchhandlungen gratis vertheilen, zum Beitritt sich angetrieben fühlten, um das Wek mit begründen zu helfen, Wenn in unserer Zeit jede geringfügige Unternehmung als eine „zeitgemäße“ angepriesen wird, so kann diese Gewiß vorzugsweise als solche bezeichnet werden,
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nahgeben werde, weil seine Abreise nah Turin ihm als eine Schwäche oder, noch ärger, als ein Abfinden mit Herrn Guizot vorgeworfen werden dürfte. Alle Bemühungen des Königs und des Herrn Guizot, ihn eines Anderen zu bereden, blieben ohne Erfolg, und man mußte zur anderweitigen Beseßung des von ihm aufgegebenen Botschafter- postens schreiten. j ; | i
Für die Opposition hat die Sache eine zweifahe Wichtigkeit. Sie gewährt ihr einen günstigen Vorwand, um bei der bevorstehenden Diskussion der geheimen Fonds das Kabinet über die verleßte Un- abhängigkeit des Votums eines Deputirten zur Rede zu stellen; und zweitens bewährt sie die Angemessenheit, den Vorschlag des Herrn Ganneron, betreffend die Jukompatibilität des öffentlihen Beamten- Charakters mit der Deputation, in der diesjährigen Session zu wie- derholen. Darum der große Lärm, welchen die sämmtliche Oppo- sitions-Presse über die Demission des Grafen Salvandy erhebt,
# Paris, 5. Febr. Am vorigen Sonnabend fand ein Mi- nister-Conseil statt, in dem es sehr stürmish zuging. Die Entlassung des Herrn von Salvandy bildete den Hauptgegenstand der Diskus= sion. Man tadelte bitter Herrn Guizot's Benehmen in dieser Ange- legenheit und am stärksten sprah sich Herr Dumon aus, also der- jenige Minister, der erst ganz neuerdings auf Herrn Guizot's Betrieb in das Kabinet eingetreten is. Man tadelte Herrn Guizot auch we- gen der Erörterung am Schlusse der Adresse. Alle diese Konflikte sind nicht geeignet, das Kabinet zu befestigen, das übrigens die Ge fahren seiner Lage sehr wohl fühlt. Es sucht die öffentlichen Sihun= gen der Deputirten-Kammer so viel wie möglich auszuseßen; denn es fürchtet die Juterpellatiouen und die schlecht besänftigte Animo- sität der Linken gegen Herrn Guizot. Die Linke ist um so übler gelaunt, als die Wiederauffindung einer alten Schrift von Herrn Odilon Barrot eine gewisse Aufregung in der Partei hervorgebracht hat, (Vergl. oben.) Die ministeriellen Journale, d. h. das Jour= nal des Débats und der Globe, haben Auslegungen dieser Schrift enthalten, die der Linken sehr mißfallen mußten, Namentlich is der Globe unershöpflih in seinen Kommentaren, und seit drei Tagen sind seine Spalten mit Artikeln über Herrn Barrot angefüllt. Der Globe empfängt bekauntlich seine Eingebungen direkt von dem Mi- nister der auswärtigen Angelegenheiten.
Die Debatten in den beiden englischen Parlamentshäusern sind dem französischen Kabinet durchaus günstig. Die von Lord Brougham gesprochenen Worte müssen Herrn Guizot in gewissem Grade über die Täuschungen, welche er hier erfahren hat, getröstet haben. Noch nie is Frankreich im englishen Parlamente o gut behandelt worden, Die ganze erste Sizung is, so zu sagen, den zwischen beiden Län- dern bestehenden Beziehungen gewidmet gewesen, Diese Diskussion hat, man muß es gestehen, in Frankreich einen guten Eindruck hervorge= bracht, und den Oppositions-Journalen scheint dadurch ein großer Quer= strih dur ihre Rehuung gemaht worden zu sein. So sagt z. B. der National: „Was zuerst auffällt, ist die Sorgfalt, womit die britischen Staatsmänner den Groll Frankreichs zu besänftigen suchen, Lord Brougham, wie Lord Clive, Lord J. Russell und Sir Robert Peel, Alle wetteifern in guten Gesinnungen und guten Worten. Selbst Lord Palmerston freut sich, das gute Einverständniß zwischen beiden Völkern wiederhergestellt zu sehen. Ebenso die Massez bei jedem Worte des Wohlwollens oder des Lobes applaudirt sie; ja sie applaudirt selbst bei den Schmeicheleien, womit die Redner nah einander den vergan-= genen Ruhm einer der größten Nationen Europa?s erheben. Was wollen sie denn? Vor vier Jahren behaupteten sie, uns durch ein Nadelöhr kriechen zu lassen, und jeßt beeilen sich alle, ihre freund» schaftlihen Gesinnungen zu befräftigen. Warum so große Höflichkeit nah so großer Unverschämtheit? Das Ministerium wird ohne Zwei= fel mit dieser Verändérung prahlen, die den Zweck zu haben scheint, den ziemlich zurückhaltenden und etwas geringshäßigen Ton der Thron= Rede wieder gut zu machen, Ah nein! Alle Worte der britischen Staatsmänner, was sie sagen und namentlich was in ihren Reden liegt, beweist, daß das Ministerium ih täusht. Nicht seiner unterwürfigen Stellung, sondern der festen und einiger= maßen drohenden Haltung Frankreichs gebührt die Ehre jener bedeu- tungsvollen Konzession.“ Die anderen Oppositions-Journale leugnen gleichfalls, daß das Ministerium zu den günstigen Gesinnungen, die sich in diesem Augenblicke jenseits des Kanals für Frankreich kund= geben, etwas beigetragen habe. Das Argument is spaßhaft, aber feinesweges neu in den Blättern der Unken. So oft etwas dem Lande Nachtheiliges geschieht, schreiben sie es auf der Stelle dem Ministerium zuz sobald aber der Zustand des Landes günstig ist, so geschieht dies ohne Zuthun des Ministeriums, Von dieser Art ist meistentheils die Logik der Oppositions-Journale.
Grossbritanien und Irland.
London, 3. Febr. Heute Morgen traf die Nachricht von dem Ableben des Herzogs von Sachsen-Koburg=Gotha, Vaters des Prin- zen Albrecht, hier ein und verseßte die Königliche Familie in die tiefste Trauer, zumal da man von der Erkrankung des Herzogs zuvor keine Kunde erhalten hatte. Die Abreise des Hofes nah Windsor, welche morgen stattfinden sollte, ist auf unbestimmte Zeit ausgeseßt.
Eine der Hauptfragen, welche in der diesjährigen Session zur Erörterung kommen werden, die Frage des Korngesebes, ist bereits so gut wie entschieden, nahdem die Minister in der ersten Debatte des Unterhauses den Weg bezeichnet haben, den sie hierin einzuschla- gen entschlossen sind. Entweder eine s{wankende Zollrolle oder gar feinen Zoll für fremdes Getreide is das Losungswort der Regierungs= Partei; wenn das Prinzip der ersteren aufgegeben werden muß, soll die Abschaffung jedes Zolles eintreten. „Daß diese Erklärung kühn ist, / sagt die Times, welche das Prinzip des festen Zolles vertritt, „geben wir zuz daß sie aber weise ist, Ffönnen wir nach unseren Ansichten über Handels-Politik uiht einräumen. Sie wird ohne Zweifel jene An= hänger des Kabinets zufrieden stellen, welche ihre ausschließlichen Interes= sen zu wahren bedacht sind; sie wird die Energie und Beharrlichkeit der ultra-liberalen Partei verstärken, aber den gemäßigten und denkenden Kon=- servativen kann sie nicht willkommen und beruhigend sein. Wir glauben, daß Jeder, der die gegenwärtige Lage Englands betrachtet, zu der Ueber= zeugung gelangen muß, daß die Zeit vorüber ist, da die beiden streitenden Parteien dur irgend einen Vorschlag versöhnt werden können. Die Leidenschaften des Volks sind auf der einen Seite aufgeregt ; durch das betrügerishe Geschrei nah „billigem Brod“ hat man dasselbe be- zaubert. Alle Trugschlüsse, welhe auf das Gefühl der Menge wirken könnten, alle Kunstgriffe, sie zu verführen, sind angewandt worden z Wahrheit hat man mit der Falshheit vermischt, um diese annehmbarer zu mahen. Auf der anderen Seite stehen Männer, deren Opposition auf verschiedener, aber nicht unvereinbarer Grundlage beruht — die Einen wollen den Schuß nothwendig für die Agrikultur, die Anderen vershmähen jede Konzession als ein Anzeichen von Zaghaftigkeit ge= genüber einer Verbindung, welche unter der Fahne des freien Handels den Kampf der Demokratie kämpft; aber Niemand von ihnen läßt es sih angelegen sein, den Beifall der Menge zu gewinnen und den Enthusiasmus des Volks aufzuregen. Auch hat diese Partei, so ach= tungswerth und einflußreih sie sein mag, niht jene Autorität, welche der i Dans wirklich aufgeklärter Männer gewährt, denn diejenigen, welche Handels- und Finanz-Wissenschaft erustlih studirt haben , sind zwar nicht für die Gegenpartei, aber noh viel weniger für sie, Am
265 wenigsten von allen, fürhten wir, können die Agrifulturisten auf die Unterstüßung ihrer eigenen unmittelbaren Abhängigen renen, wie die Erfolge der Emissaire der League in den Agrikultur-Distrikten es hin- reichend beweisen. Schauen wir so auf den Zustand der Parteien, so fönnen wir nur bedauern, daß der Minister die Gelegenheit wahr= genommen hat, die Tugend der Konsequenz zu offenbaren; noch we- niger können wir die Haltbarkeit der Gründe erkennen, mit welchen er seine Politik vertheidigt. Er stüßt sich zwar auf seine parlamen- tarische Phalanx und mag vielleiht hoffen, daß mit der Fortdauer der Wohlfahrt des Landes und einem blühenden Handel das jeßige Geschrei nah billigem Brodte aufhören wird; wir glauben indeß, daß er irrt und halten es überdies für eine der Regierung würdige Aufgabe, die peinliche Frage endli zu entscheiden und unglücklichen Spaltungen ein Ziel zu seßen.“ Belgien.
17 Brüssel, 6. Febr. Nach der großen Majorität, die sich für das Budget des Ministers des Junnern ausgesprochen, und die nah einem der heftigsten Angriffe dem Minister einen so glänzenden Sieg bereitet hatte, mußten die Gerüchte von einer Ministerial-Ver= änderung, die in der That nicht ganz ohne Grund waren, vou selbst aufhören und einer um so festeren Ueberzeugung von der Dauer des Kabinets Raum geben, Es ist in dem Repräsentativ - System eine merkwürdige Erscheinung, daß die Opposition häufig gegen den Mi- nister am stärksten is, in dessen Fähigkeit man das größte Vertrauen hat. Sie erklärt si freilich dur die Partei= Meinungen, die per- sönlichen Juteressen und die Engagements, wodurch Deputirte häufig ihre Ueberzeugungs = Freiheit äußerlichen Rücksichten aufopfern. Was die außerordentlichen Regierungs- und administrativen Fähigkeiten des Ministers des Junern betrifft, \o herrsht darüber in der Kammer nur eine Meinung, allein ein großer Theil der jeßigen Opposition macht ihm stets bittere Vorwürfe über die Bildung eines Kabinets, welches auf das \o genannte liberale, vom Senat ohne allen Grund gestürzte Ministerium folgte. Es werden auch diese Angriffe und Vorwürfe sich unaufhörlich erneuern, so lange nicht die beiden früheren Minister, Lebeau und Rogier, einem öffeut-= lichen Wirkungskreise wiedergegeben sind.
Kaum ist aber dieser persönliche Kampf beendigt, so erhebt sich eine heftige Opposition der koalisirten Interessen gegen den Antrag des Finanz-Ministers, wonach die bisher steuerfreie Tabaks-Judustrie um 4—5 Millionen Fr. besteuert werden soll. Wenn man die Wort= führer dieser Judustrie anhörte, so würden die Interessen der Schiff= fahrt, des Handels, des Ackerbaues, sogar der Schmuggelei dur dieses Projekt kompromittirt sein, allein troß alles Geschreies halten wir diese Steuer für eine der besten und billigsten, die aufgelegt wer= den fönnen. Das Juteresse des Ackerbaues wird ohne Grund in Anspruch genommen, da bekanntlich die Tabackspflanze aussaugender und zehrender Natur ist und nicht einmal einen Dünger wie die Runkelrübe abwirft. Man hat im vorigen Jahre wohlgethan, den Runkelrüben-Zuer zu besteuern troß der Opposition, die sih auch bei einigen Landwirthen zeigte. Mit noch mehr Grund würde aber der Bau der Tabackspflanze beschränkt werden. Die Schifffahrt wird allerdings etwas darunter leiden, allein vielleicht weniger, als man vorgiebt, da die Beschränkung des Tabacksbaues im Lande selbst die Einfuhr des exotishen vergrößern wird. Der Ausfall in der Schiff= fahrt ist aber in jedem Fall kein Grund, um den Verzicht auf eine zehnmal mehr einbringende Steuer zu motiviren, Bedenkt man nun, daß der Tabak ein Luxus = Artikel is, dessen übermäßiger Gebrauch, wie er hier bei seiner Wohlfeilheit stattfindet, der Gesundheit \chäd= lich is, so wird man durchaus das Prinzip dieser Steuer billigen, wenn man auch die inquisitorishen Maßregeln, die der Fi= nanz - Miuister, wie wir glauben, ohne Noth vorschlägt, für unangemessen hält. Uebrigens beweist die Erklärung des Ministers im Senate, daß er sich durch die Opposition nicht irre macheu läßt, die Möglichkeit einiger Abänderungen zwar einräumt, aber das Prin= zip für Recht und billig ansieht. Wie si die Majorität in den Kam= mern aussprechen wird, wagen wir noch nicht zu bestimmen, allein E des Ministers wird in der Diskussion nicht ohne Ein=
uß sein.
Der Vorausanschlag des früheren &inanz - Ministers hinsichtlich der indirekten Steuern für das verflossene Jahr hat sich um 5 Mil= lionen zu hoh erwiesen, Es beweist dies Defizit einen drückenden Zustand im Verkehr, worüber auch die Klagen immer lauter werden. In der Einnahme der Eisenbahnen befürchtete man ebenfalls einen größeren Ausfall als wirklich eingetreten, Der frühere Minister hatte dieselbe auch viel zu hoh angeschlagen. Obgleich die Einnahme si auch dieses Jahr bedeutend vergrößert, ist sie dennoch eine Million unter dem Anschlage geblieben. Diese Ausfälle im Budget, wozu noch andere kommen, machen neue Auflagen durchaus nothwendig, und da die ersten Lebensbedürfnisse son hoch genug besteuert sind, so kann man seine Zuflucht nur zu solchen Artikeln, wie der Taback ist, nehmen, Daß übrigens die finanzielle Lage Belgiens auf keine Weise mit dem fast inextrikablen Zustande Hollands verglichen werden darf und dieselbe überhaupt nicht so be- drängt ist, wie einige französische Journale es ausgeben, beweist jede etwas näher eingehende Üntersuhung. Einestheils giebt es Artikel im Aus-= gabe-Budget, die, wie der Militair-Etat, eine bedeutende Verminde- rung erhalten können, und aller Wahrscheinlichkeit nah dieselbe auch erfahren werden, theils giebt es noch mehrere Consumtions - Gegen- stände, die mehr besteuert werden können. Werden das Militair= Budget von 29 bis auf 25 Mill. reduzirt, und der Taba um 4 Mill. besteuert, so ist das Defizit gedeckt.
Eine merkwürdige Episode in der Kammer - Diskussion bildete ein heftiger Streit über die flamändische Rechtschreibung. Seit dem regen Bestreben um Wiedererweckung und Fortbildung der alten Mundart und Litteratur hatte sich unter den neueren Schriftstellern das Bedürfniß einer, gleiche Prinzipien befolgenden Rechtschreibung fund gegeben. Mehrere Kommissionen waren gebildet worden, die jedoch zu keinem befriedigenden Resultate gelangt waren. Die Re-= gierung, die häufig Ueberseßungen ins Flamändische vornehmen muß, wünschte ihrerseits aufgeklärt zu sein, und der frühere Minister de Theux sehte eine Kommission ein, deren Mitglieder ein besonderes Studium aus der flamändischen Sprache gemacht hatten. Nach mehreren Jahren veröffentlichte derselbe eine Ansicht über die Recht- schreibung, die zuerst eine kleine Opposition hervorrief, jedoh bald von mehr denn“ 7 Theile der Schriftsteller angenommen wurde, Vor Kurzem verordnete nun der Justizminister, daß die flamändischen Uebertragungen des Geseß-Bülletins nah dieser Orthographie abge= faßt werden sollten. Darüber erhob nun der Abt de goere eine An- lage, die ein Beweis ist, wie weit die Verirrung gehen kann, wenn man nah vorgefaßten Ansichten eine Frage beurtheilt. Nach diesem Deputir= ten würden alle diejenigen, welche die neue Orthographie adoptirten, geheime Holländer = Jntriganten, Verschwörer gegen den belgischen Staat sein, und der Minister würde si des größten Staats-Verbre= chens s{uldig gemaht haben. Es war leiht, wenn auch nicht den Herrn Abt, durch die große Majorität in der Kammer zu überzeu- gen, daß dieses höchstens eine akademische, aber keine in der Kammer zu behandelnde Frage sei, und daß sich der Minister nothwendig für eine Rechtschreibung habe entscheiden müssen, Man ging daher end- lih zur Tages-Ordnung über, Was nun die Frage an sich betrifft,
so scheint die Kommission hinsichts der Rechtschreibung von sehr ver- nünftigen Grundsäßen ausgegangen zu sein, Sie hat begriffen, daß die flamändishe Sprache stationair geblieben i, und daß man, um das wahre Element der Fortbildung in ihr zu er=- wecken, auf die Schwestersprahen, auf das Ls und zum Theil auch auf das Deutsche Rüsiht nehmen mu G Nah der neuen Rechtshreibung erhält dadurch allerdings das Flamändische wieder die große Verwandtschaft mit dem Holländischen, die sie früher hatte, gewinnt aber zugleich eine größere Bildungsfähigkeit. Tro Herrn de Foere werden daher die jungen Literatoren fortfahren, si einer Schreibart zu bedienen, wodur die Sprache allmälig veredelt werden kann.
S panien.
X&ckX Paris, 5. Febr, Die öffentlihe Meinung in Madrid sowohl als in der Mehrzahl der spanischen Provinzen wird von dem Gedanken beherrs{t, daß neue politische Stürme vor der Thür sind, daß der kaum beshwichtigte Bürgerkrieg von einem Tage zum an= deren in dieser oder jener Gestalt wieder zum Ausbruch kommen kaun und fommen wird. Die Erbitterung der exaltirten Partei, die Jn= triguen der vertriebenen Ayacuhos, welhe von Portugal und von Gibraltar aus gesponuen werden, und die gesteigerte Thätigkeit der Agenten des Don Carlos, erhalten die Gemüther in einer fieberhaften Aufregung, welche bei der befaunten politischen Physiologie des Lan- des als ein sicheres Vorzeichen eines baldigen Ausbruches der der Re-= gierung feindseligen Leidenschaften angesehen werden darf. Der Maestrazgo, der bergige Landstrich auf der Gränze, wo die König= reiche Arragonien und Valencia zusammenstoßen, is nah einer kurzen Ruhe von neuem der Tummelplaß geworden, auf welhem mehrere farlistishe Guerillaführer nicht nur ihre Kräfte in fortwährender Uebung halten, sondern au sich zu umfassenderen Operationen vor= bereiten. Die Banden Lacoba's und el Groc's sind bereits auf 200 Mann angewachsen, die mit Hülfe der Einverständnisse, in welchen sie mit einem großen Theile der Landbewohner stehen, allen polizeilichen Maßregeln nnd allen militairischen Verfolgungen Troß bieten. Man versichert, daß in den leßten Tagen von Frankreih aus zwanzig kar= listische Offiziere zu ihnen gestoßen sind, welche, mit Vollmachten des Prätendenten versehen, die farlistishen Streitkräfte in dem Maestrazgo organisiren und an der Erweiterung des Kampfschauplates arbeiten sollen. Gleichzeitig bemerkt man geheime Umtriebe in der Armee, unter welher die Feinde der Regierung durch Bestehung und dur die glänzendsten Versprehungen brauhbare Werkzeuge für ihre Pläne zu gewinnen suchen, Ueber die Haltung, welche die Regierung in= mitten dieser drohenden Symptome beobachtet, spricht sih ein Schreiben aus Madrid în folgender Weise aus.
„Was das Ministerium betrifft, so macht es sich angenscheinlih zum Kampfe gefaßt. Es hat die Bildung beweglicher Abtheilungen angeordnet, welche bestimmt sind, auf die bedrohten Punkte geschickt zu werden. Madrid ist in einen Kriegsplay verwandelt. Außerhalb der Thore der Hauptstadt sieht man nichts als Truppen, welche geschult und eingeübt werden. Jm Jnnern der Stadt sind die Posten verdoppelt und vécbreiudos: und die wichtigsten Punkte sind mit Detaschements beseßt, welche außer den gewöhnlichen Schildwachen auch vorgeschobene Schildwachen haben, Mana hört nichts als den militairischen Schritt der Regimenter, welche ohne Un- terlaß kommen und gehen, als ob man es darauf anlegte, die Bevöllerung jeden Augenblick an die Anwesenheit der Besapung zu erinnern. An man- chen Tagen, wahrscheinlich so oft man besondere Ursache zur Unruhe hat, machen die durch die Straßen ziehenden Regimenter Halt, wenn {ie sich einem Wachtposten nähern, um sich von demselben refognosziren zu lassen, wie in Kriegszeiten.
„„Es ist offenbar, daß die Regierung bei dem bevorstehenden Kampfe hauptsächlich, aber vielleicht einzig und allein, auf das Heer zählt. Sie hat allerdings die Männer der Ordnung, der Ruhe und des Friedens für sich, aber in Spanien vermag dieser Theil der Bevölkerung nur wenig. Bei den Wahlen von 1843 konnte sie nur mít vieler Mühe gegen die An- hänger Espartero'’s ankämpfen, obgleich damals die Progrefsisten mit ihr zusammenhielten. Jeßt haben die Progressisten die Regierung verlassen, um sih mit den Esparteristen zu verbinden, und die erste Wirkung dieser Ver- einigung hat sich bei den leßten Wahlen in Madrid gezeigt, wo die Oppo- sition 1400 Stimmen mehr hatte, als das Ministerium. Herr Martinez de la Rosa, ein ehrenwerther und im ganzen Lande geachteter Mann, is nicht wieder gewählt worden, ein Umstand, welcher einen Maßstab für die Ver- tiger Mad Ansichten giebt, die im Laufe weniger Monate vor sich ge-
angen ist. ¿ / "Die Armee, welche in allen Verhältnissen die Stüße der Ordnung sein sollte, kann au das energíschste Werkzeug der Revolutionen werden. Die herrschende Partei wiederholt beständig, daß sie nichts zu befürchten hat, weil die Armee für sie is, Jst es aber wirklich wahr, daß sie auf das Heer zählen kann? Jn Spanien isst dies eine Grage, über die sich niemals vor dem Ausgange absprechen läßt, Alle Revolutionen in Spanien sind durch das Heer gemacht worden, und man darf dreist behaupten, daß auch heute Unzufriedenheit in demselben herrsht. Es is unmö lih, daß die Generale, welche noch vor kurzer Zeit auf gleicher Linie mit Narvaez standen, daß diese nicht über die unerhörte Schnelligkeit, mit welcher der Legtere auf den höchsten militairishen Grad hinaufgerüdckt ist, und über die Härte seines Oberbefehls unzufrieden sind. Es ist unmöglich, daß die Ab- theilungen, die Offiziere und Unteroffiziere, welche keine Beförderungen er- halten haben, weil sie niht an der C mguna gegen Espartero theilgenom- men, daß diese keine Eifersucht über die Gunstbezeugungen empfinden, welche auf ihre Kameraden gehäuft sind, welche während der leßten Revolution zu der Fahne des Aufruhrs übergegangen sind, Man muß wissen, daß unglaublihe Avancements stattgefunden haben. Manche junge Offiziere sind binnen weniger Tage Obersten und Generale geworden, Diese sind es denn natürlich, welche jeßt am lautesten von Mannszucht und von regel- mäßiger Ertheilung der Grade reden. Aber ihr Beispiel hebt leider die Wirkung ihrer Worte auf, und die Armee hat von ihnen gelernt, welchen großen Vortheil es bringt, Revolutionen zu machen.
„Die maßlose Verwirrung der Finanzen vermehrt die Schwierigkeiten der Lage. Ein ehemaliger Beamter des Finanz-Ministeriums, Don Ramon Pardo, hat im März v. J. cine Broschüre veröffentlicht, in welcher er, zur Widerlegung des damals vorgelegten Budgets, mit Zahlen nachweist, daß, ganz abgesehen von der Staatsschuld, welhe man niemals in Betracht zieht, die unabweislihen Ausgaben sich auf 891 Millionen Realen belau- fen, wogegen die Staats-Einnahme nur 490 Millionen beträgt, \o daß sich ein Defizit von nicht weniger als 400 Millionen herausstellt, Herr Pardö fügt hinzu, daß, wenn man die auf die Kolonial-Kassen gezogenen echsel und verschiedene andere von ihm namhaft gemachte Vorwegnahmen in An- schlag bringe, die Hülfsquellen des Staatsschazes bereits bis Ende 1845 ershöpft seten,
A Pardo s\chricb, wie gesagt, im März 1843, und seit dieser Zeit haben die Pronunciamientos , die Vershwendungen der Junten,, die Ver- shwendungen der Regierung, die Kriegskosten und tausend andere Ausgaben stattgefunden. Man schließe daraus auf die gegenwärtige Verfa ung der Finanzen. Der neue Finanz - Minister hatte anfänglich die besten bsichten an den Tag gelegt. Er wollte die rihtigen Wege des Kredits einschlagen: und die spanischen Finanzen rekonstituiren, Aber Herr Carrasco ist einer so {weren Aufgabe bei weitem nicht gewachsen. Er hat r zu han- deln, wie seine Vorgänger gehandelt haben z er leiht zu 30, 40 und 80 Prozent und verpfändet die Einkünfte des Staats nah einander auf mehrere Jahre im voraus, Herr Carrasco ist von einem Haufen von Geld- wucherern umgeben, welche dadurch reich zu werden hoffen, daß sie Spanien zu Grunde richten. : M :
„Nachdem der Finanz - Minister die städtischen Zölle veräußert hat, geht er_ damit um, auch das Tabacks-Monopol auf zehn Jahre zu verkaufen, Er hofft dafür auf der Stelle ein Kapital von mehr als 400 Millionen Realen zu erhalten. Wenn nun aber diese Summe verbraucht ift, was in Folge der vorhandenen Rückstände in ein paar Monaten geschehen sein
wird, was wird Spanien alsdann machen? Herr Carrasco denkt nicht
daran, Es ist indessen wahr, daß Spanien noch immer das Mittel in