1844 / 88 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

’§t geflissentlihe Jrrung über die wahre Natur der gan= glauben, nid N Mnverkenndar ist. Zu jenen fraglichen Schein- S dés rechnen wir, außer der Erinnerung an die in Deutsch ab gegen politische Verbindungen bestehenden geseßlichen Vor= schriften, der sich durch Hinweisung auf die erfolgte Ge- nehmigung des überdies nicht politischen Vereins von Seiten so vieler Regierungen begegnen läßt, zuvörderst die Hindeutung auf das den fatholishen Bewegungen so oft von protestantischer Seite eutgegengesebte Verdächtigungs-System, dieses beständige Wittern von eheimeu Umtrieben, „mysteriösen Verbindungen, verborgenen Zwecken, imbefannten Obern.“/ Dies, meint man, verbunden mit dem Umstande, daß dem Gustav - Adolph - Vereine neben seinen nächsten Zwecken in einen Versammlungen wohl auh noch weitere und umfassendere zu- geshrieben worden }eien, rechtfertige ein gleiches fatholischerseits gegen ihn zu fasseudes Mißtrauen. Ohne nun jenes protestantishe Ver= dachtssystem eben in Schuß nehmen zu wollen, da uns jederzeit die Jesuitenriecherei und das ewige Vormalen von allerlei Popanzen, îm Kirhlichen wie im Politischen, höchst widerlich und verdäch- tig gewesen ist, und wir ein zu festes Vertrauen zu der ewigen Noth- wendigkeit und Naturkraft des evangelisch - protcstantischen Prinzips haben, als daß wir uns vor allen Umtrieben der Jesuiten und der Hölle fürchten sollten, so fragen wir doch: hat der Protestantismus jemals zu solchem Mißtrauen und solcher Verdächtigung Anlaß ge= geben? Und is ein öffentlih tagender, aus freien, unabhängigen Männern aller Farben und Verhältnissen bestehender Verein eine gün= stige Stätte für geheime Plane und Umtriebe? Die Macht des Protestantismus ruht nicht in Machinationen, sondern in seinem Geist und seinem Glauben,

Zweitens beutet der fragliche Artikel mit Glück die Einmischung des politischen Und kirchlichen Radikalismus in die Sache aus und stüßt si auf einzelne desfallsige Aeußerungen und Regungeu an einzelnen Punkten. Nun wollen wir gar niht in Abrede stellen, daß dieser Radikalismus mit seinen Uebertreibungen und mit der Schlauheit, in der er dem wahrhaft Guten seine eigenen Plane unterschiebt, schon manche gute Sache verdorben hat ; aber nicht dadurch, daß er durch sie den Sieg errang, sondern dadurch, daß er dem Guten, das er für scine Zwecke mißbrauchen wollte, einen unbesiegbaren Widerstand erweckte und es da= durch wie durch innere Verwirrung und Verzerrung ruinirte. Das könnten also die Herren in Bayern ganz ruhig abwarten, ob niht der Radi= falismus auch die Gustav-Adolph-Stiftung ruiniren werde. Wir unseres- theils sind überzeugt, daß in dieser Sache, an der so viele fernhafte Männer einen kräftigen Antheil nehmen und die einem so wirklihen Bedürfnisse des protestantischen Wesens entspriht, der Radikalismus, dessen Lebens- Element nur das Reich der Täuschungen ist, durch den Verein selbst und seinen ernst religiösen Geist gebändigt werden wird, Oeffentlichkeit und Freiheit sind nicht die ihm günstigsten Zustände, und es stehen ihm hier uiht Judifferenz und Unkenntuiß, die er verlocken und täu- schen kann, sondern bewußte Kräfte gegenüber. Endlich wird der Name ins Feld gerufen, der Name Gustav-Adolph-Stiftung, der an

530

rantieen zu geben, sich nicht einmal die Mühe nahm, seine demokra- tischen (!2) Neben = oder vielmehr (!) Hauptzwecke zu verbergen“. Die Gustav=-Adolph-Stiftung hat gar keine politischen Neben - oder ar Hauptzwecke, Sie hat, weun man will, eine demokratische Verfas- b, wie alle aus Männern gleicher Gesinnung, gleicher Bildung und gleicher Verhältuisse freiwillig zusammentretende Vereine haben werden, und es würde viel eher zu Besorgnissen Anlaß geben, wenn sie feine demokratische, sondern eine hierarhishe Verfassung hätte; sie wirkt auh auf dem Wege der Denokratie, wenn mau das freie Wirken von Männern aus dem Volke so nennen will; jedenfalls aber hat sie feine demofratischen Zwecke, und das Demokratische is hier nicht im Gegensaße zum Mouarchischen, sondern zum Staatsdienst im engeren Sinne des Worts zu verstehen. Sie wird als unmittelbare Bürger- sache behandelt, niht im Regierungswege. Dieser Verein hat auch in feinem fremden Staat ungenehmgt „den Schauplaß seiner Wirk- samkeit aufgeschlagen“, Denn er sendet keine Emissare aus und fängt erst dann an, in einem Staate zu wirken, wenn in diesem Staate selbst \ich freiwillige Vereine bilden und sih ihm anschließen. Die Regierungen der Länder aber, in denen er wirkt und die ihn am besten fennen müssen, haben ihm nirgend Mißtrauen, sondern wohlwollende Förderung erwiesen, Daß auch den Entschluß der preußischen Regie- rung feine Regung des Mißtrauens gegen den Verein bestimmt hat, sollte man nun doch auch in Bayern wissen. Auch „lockt‘“ der Verein Niemanden an sih, und am wenigsten mit „absichtlicher Beseitigung (!) gesebliher Behörden“, Das Locken und die Geheimwege sind nicht auf dieser Seite in Uebung.

Das Tröstlichste in jenem Artifel sind noch die wiederholten Ver- sicherungen, daß die bayerische Regierung dem Berein nur entgegen trete, weil sie in ihm theils eine demokratishe Tendenz, theils eine

eine unselige Zeit für Deutschland, an Religionskrieg und Fremdherr= \{a#t erinnere und für deutsche Eintracht und religiösen Frieden ein böses Augurium sei. Auch hier wollen wix dem Gegner einräumen, was sich ihm einräumen läßt: wix wünschten selbst, es wäre ein Name ohne {olche Bezie=- hungen aufgetommen, der Verein hieße Luther-Verein, oder evangelischer, oder evangelish-protestantischer Berein. Aber wenn man jenseits darauf weitere Schlüsse gründet, wenn man fragt: „Hatte die Gustav-Adolph- Stiftung in der That die Absicht, nur af dese@lichem Wege und ohne alle politische Nebenzwecke im Jnteresse protestantischer Konfession zu wir-= fen, warum wurde denn aus dem Schattenreich ein Gespenst beshwo- ren, an dessen Sohlen sih bie Zertrümmerung des deutschen Reichs, sein Verkauf an Fraukreih, die blutige Verheerung vaterländischer Gaue, Mord, Brand, Pest und Hunger, alle Gräuel der gräßlichsten Periode in Deutschlands zwiespaltsvoller Geschichte hesten?““ so zeigt man nur seine Unkanntschast mit der rein geschichtlichen, au lokale Umstände geknüpften ersten Entstehung und Wahl dieses Namens. Der erste Gedanke des Vereins kuüpft sich an die Jubelfeier einer Schwedenschlaht, Wäre er 1817 begründet worden, so würde man ihn Luther=Verein genaunt haben. Daß die Protestanten über Gustav Adolph anders urtheilen, als Katholische, is natürlich, und die Wahr- heit mag wohl au hier in der Mitte liegen. Aber die Ursache der Wahl dieses Namens ist eine im höchsten Grade unverfänglihe, und Gustav Adolph selbst ist den Protestauten ein Beschüßer, kein Held des Angriffs.

Entschieden und mit ernster Protestation zurückweisen müssen wir aber Aeußerungen, wie die, daß der Verein „mit absichtliher Besei= tigung der geseblihen Behörden die Unterthanen anderer Staaten an Men, daß er, „ehe sein Bestand die nah den Gesebßen eines estimmten Staats erforderliche Genehmigung seiner Regierung er- halten habe, in denselben den Schauplaß seiner Wirksamkeit aufzu- schlagen sich erdreiste““, (!) und daß er „zudem noch, statt seste Ga-

Sprachweise unserer Zeit erlitt mannigfache Aenderungen durch Neologis- men, welche unseren deutshen Vettern entlehnt wurden, oder aus dem An- iquitäten - Museum der Königin Elisabeth brachte man Kuriositäten zum Vorschein z furz, troy des vielen Geschreies und Geredes über Natur und Einfachheit ist die Dichtkunst Englands , wie ich glaube, noch in keiner L Geschichte so wenig natürlich gewesen, als während des leßten Jahrzehnts.

. Glauben Sie darum nicht, daß ich untershägez im Gegentheil, ich will Jhnen ein Verzeichniß von Schristen geben , das zeigen soll, wie wir Engländer noch weit vom litergrischen Pauperismus entfernt sind, Seit 1834 haben wir die beiden historisch dramatischen Gedichte gehabt: „Philip van Artevelve‘/ von Henry Taylor ‘und seinen „Edwin the Fair“, eine weniger glückliche Arbeitz ferner „Jon“ von Sergeant Talfourd, ehrbar, ruhíg, wie eine antife Statuen - Gruppe, aber mit einer Feinheit, einem Pathos, einem Bilder + Reichthum, der bis dahin in unseren Ver- suchen des klassischen Drama's, die immer blutlos und kalt, wie akademi- sche Uebungen, blieben, unbefanut war, Wir haben weiter eine Reihe histo- rischer Erzählungen in Versen gehabt, mit dem wenig versprehenden Titel: Heben einer neuen Ausgabe unserer Staats-Prozesse““ (Specimens of a new L ition of our state Trials), die ich meinen Freunden auêewärts emvfeh-

en fann, weil sie sowohl die wahre Macht und Gewalt der Dichtkunst offenbaren, als auch mit in einer so vollen Sprache und in solcher Amtswürde E: ind. die sehr shwer ohne Schwülstigkeit zu erlangen is. Wir

4 m nah Hunt s schöne Tragödie der „Legende von Florenz“ gehabt z

M s Was ger, daß ih es sagen muß! für unser Theater lie- ot Elbeli fum, und die beiden dramatischen Chronifen „„Becket“ ob ibre Fehler aus George Darley, von denen ih nicht weiß,

Gewali PeYler, und ihre Schönheiten oder die Enthüllung der rauhen

Wir haben v B Man ntlrbhige Beredtsamfkeit das Hervorstechendere sind,

gs Don Ettuas Perlen gleiche Gedichte gehabt, eines der Häup- glieder Verstand gels e einige das „junge England“ nennen, dessen Mit- erkennung ver B T ehrsamkeit und Kunstsinn mit einer ofen erklärten An- selshaft aus ehen han dem, welche sie vor 20 Jahren aus der Ge- auf eine Reihe bramalit en würde, Auch muß ih mit Stolz und Freude weisen, die {roß ihrer es Gedichte und Träume von Browning hin- and Pomegranatez“ Gldda. heit, troy ihres phantastischen Titels: „Bells Beschreibung des, d en Haheand Granatäpfel, eine Beziehung auf die eine Mannichaltigte, van enpriester-Gewandes im 5ten Buch Moses) derceihthum und þ er und da eine Erh apogabe, eine Gedankentiese, einen Bil- allein den Liebhaber thabenheit der Leidenschaft offenbaren, welche

Gefahr für deu konfessionellen Frieden und die deutsche Eintracht er blie. Denn es läßt sih dann annehme, daß es den Schwester=- Regierungen nicht s{chwer fallen wird, sie über diese Punkte und über die Demagogie der DD. Großmann, Zimmermann 2c, zu beruhigen,“

XX Dresden, 24, März. Der hier neu entstandene Turn- Verein hat zunächst einen aus sieben Mitgliedern bestehenden Turn - Rath gebildet, welher durch eine Bekanntmachung die Hauptversammlung aller Mitglieder zur höchsten JFustanz er- flärt, die regelmäßigen Geschäfte leitet, und seine Sibßungen für alle Mitglieder öffentlich hält, Zugleich wird damit versichert, der Zweck dieses Vereins sei lediglich „Beförderung des Thurnwesens durch Wort und That“, Auf dreierlei Weise solle derselbe er- zielt werden : einmal durch Beispiel selbstturnender Mitglieder, ohne dem Einzelnen einen Zwang dazu außzuerlegen z zweitens durch das Wort, indem die Mitglieder des Vereins in geselligen Zusam- menkünsten sih über das Turnwesen und seine Geschichte gegenseitig unterrihten würden, zu welhem Zwecke die vorzüglichsten Schriften iber das Turnwesen angeschafft werden sollen; und endlich drittens durch unentgeldlihen Unterricht unbemittelter Nicht- mitglieder. Die Art der Mitwirkung auf einem von diesen drei Wegen steht einem Jeden vollkommen frei.

Württemberg. Stuttgart, 22. März. (S. M.) Die niht unbedeutende Krankheit Sr. Majestät des Königs hatte seit mehreren Wochen die allgemeinste Theilnahme aller Stände erregt. Die Morgens ausgegebenen Bülletins wurden von den zahlreich mit größter Spaunung darguf Harrenden zuerst mit banger Besorguiß, und nach eingetretener glücklicher Wendung der Krankheit mit um so größerer Freude aufgenommen, sogleih in vielen Exemplaren ver=

breitet und an öffentlihen Orten angeschlagen. Die gleiche Theil-

nahme äußerte sich auch n allen Gegenden des Landes und unter allen Klassen der Bewohner, sobald sich die Kunde von der Krankheit des geliebten Königs zu ihnen verbreitet hatte. Aus allen Theilen des Landes kamen Deputationen eigens hierher, um ihre Theilnahme zu bezeugen und deu Jhrigen shuelle und genaue Nach- richt über den augenblicklihen Stand der Krankheit zu überbringen, Die Ober-Amtsbezirke und städtischen Corporationen, die geistlihen und weltlichen Beamten, Militair- und Civilstellen beurkundeten ihre An- hänglihkeit durch Abordnungen aus ihrer Mitte, Während der Dauer der Krankheit wurden von den Geistlichen aller Glaubensbefkenntnisse öffent

lihe Fürbitten in den Kirchen des Landes gehalten, denen nun ebenso herzliche Dankgebete folgen. Auch das Ausland bewies den großen Antheil, den es an dem Leben und dem Wohlergehen des Königs nimmt, guf die bestimmteste Weise.

Baden. Karlsruhe, 18. März. Ueber die in Nr, 85 der A. Pr. Z. erwähnte 40ste Sibung der Kammer der Abgeordneten tragen wir ‘nah den ausführlicheren Berichten der Karlsruher Zeitung noch Folgendes aus den Verhandlungen über den Vereins-

der e | fönnten, daß „der alie Weiß n0H nit esorden (0 Un han ml vern

Sie S C R M S R R E Ra, S L R E 2 E dim

Zolltarif für 1843 bis 1845 nah, Gottschalk verdankte der Re-

niht auh „die Lieder vom alten Rom‘ von Macaulay dem leßten unserer glänzenden parlamentarischen Neduer, dessen Salon - Reden zu schr ermüden (wenn man so sagen darf), ihrer Anspielungen und ihres Wiy- Reichthums halber? und haben wir nicht Hood, von dessen geaialen und patriotischen Ergüssen ih in meinem lezten Schreiben berichtete? Jh habe mit Absicht Niemanden von der Legion unserer Sterne zweiter Große genannt, auch nicht die Vertreter der schönen Wissenschaften bei dem zacte- ren Geschlecht, Jh werde den lehteren später einen besouderen Bericht widmen und Sie jezt von den Neuigkeiten der Piccadilly unterhalten,

Jn der Piccadilly sieht man gegenwärtig eines der inieressan- testen Schauspiele, welches den Londonern jemals gezeigt worden; eine Gesellschaft jener wirklihen wilden nordamerifanischen Jndvianer, welche Cooper und Washington Jroviíng beschrieben, giebt dort ihre Vorstellungen,

Die Bajaderen laugweilten durch ihre große Stupidität, aber diese echten Ojibbeways machen keinen üblen Eindruck, es sei denn, daß ihre bemalten Gesichter die Kinder ershrecken, Die Gesellschaft besteht aus 9 Personen. Dec „Boy“ (Knabe) is das Haupt, 75 Jahre alt, aber noch von solhem Ansehen, als könnte er 700 Jahre leben. Kein w?ijes Haar is auf seinem Haupte, und nah seinen starken und angenehmen Bewegungen zu urtheilen, scheint sein Name nicht mit seinem Alter in Widerspruch zu stehen. Die „treibende Wolke“ (the driving clond) is der Kriegs-Anführer, welcher die Tänze mit der ernsthastesten Wildheit anführt, Uebrigens hatte ih das bekannte Krieg3geschrei anders erwartet obglei dasselbe aller- dings, wenn es von einer großen Menge von Wilden a 1s8gestoßen wird, seinen Eindruck nicht verfehlen mag, Hier hört es sich mehr an wie das Gekrächze cines aufgeschreckten Vogels, als wie die Drohung von 6 Fuß hohen Kriegern, welche alle zur Schlacht gecüstet, gefiedert und bemalt sind, Dann kommen „die REMNDe Rothgans“ (llying Gull) und „die Mondlicht Nacht““ (moonlight

ight) mit seinem Weibe und sciner Tochter; die Squaw (die Ehefrau), ein sanft aussehendes braunes Weib mit langen shwaizen Haaren, auf jeder Wange ein purpucrothes Pflaster von der Größe eines Thalers, deren Lächeln mich an die arme Malibran erinnerte, Auch „Tobacco“*, der jüngste Held, ist von einer Mistreß Tobacco begleitet, die, wenn sie zur Eifersucht neigt, manche Herzensangst ausstehen muß über den lauten Beifall und die Bewunderung, welche die Dam:n ihrem Herren und Meister zollen. End- lih fommt der „starke Wind ‘““ (strong wind), der Dolmetsch; ein Halb- wilder, der die Tracht seiner Kameraden, die Schürzen, Perlen Mocasjins hon zu vershmähen scheint, und auf der Platform in einer blauen Uni- form, einem Scharlach - Mantel , spanischem Hut mit schwarzen und weißen R, ein wahres Konterfei der befederten liederlichen Kavaliere

aravaggío’s, umherstolzir, Das Glück dieser Leute ist, wie der Augenschein lehrt, gewiß eben so groß als ihre Unbekümmert-

gierung die seitherige Bemühung und verlangte definitive Entschei- dung über sämmtliche Verhältnisse der Fabrication, namentlich der Baumwollespinnerei. Er führt an, es sei bereits ein großer Theil der Fabriken eingegangen, und der Werth der anderen sinke alljährlich. Er begründet dies mit ausführlichen Notizen über die Abnahme deutscher Spinnerei und Zunahme englischer Einfuhrsoon Gespinnsten, Junghan ß warnt vor künstlicher Hervorrufung vou Fabriken uud vor Verwand-= lung unseres vorzugsweise Ackerbau treibenden Staats in eineu Fa=- brifstaat. Rettig bestreitet die Rüthlichkeit des Verlangens, daß die Regierung alle auf dem Zoll-Kongreß zu stellenden Anträge, sobald sie zu ihrer Kenntniß gelangen, der Kammer vorlege, um ihre Meinung zu erheben. Er hält dies für unausführbar und für das Interesse des Landes bedenklich; ebenso hält er den Antrag für nachtheilig, bei den Vereinsstaaten dahin zu wirken, daß auf dem Zoll = Kongreß eine Mehrheit der Stimmen entscheide und künftig nicht mehr die Zustim- mung sämmtlicher Vereins-Staaten erforderlich sein solle. Er erkennt in dem Veto der einzelnen Vereins-Staaten eine Sbußwehr gegen Benach=- theiligung der inländishen Jndustrie- und Verkehrs-Verhältnisse, dop- pelt wihtig für Baden als Gränzland und als einen der kleineren Vereinsstaaten. Bader spricht umständlih für Erhöhung der Twist- Zölle unter Bezugnahme auf die Verhandlungen des Zoll-Kongresses. Goll erinnert an die Freude, welche die Engländer über den neuen Vereins-Tarif, als ihrer Jndustrie förderlich, öffentlich ausgesprochen ha- ben. Er behauptet, Englands Streben sei, aus Deutschland ein zweites Jr= land zu machen ;z es wolle und müsse in Folge seiner Ueberproduction um je= den Preis, auch mit den größten Opfern, die deutsche Judustrie zu Grunde richten. Knapp empfiehlt den Schuß derjenigen Fabrication, welche ihren Nohstof} im Lande findet. Regierungs - Commissair Re genauer (Abgeordneter zum Zoll Kongreß) nimmt die Verhandlungen des Zoll= Kongresses in Schuß. Er behauptet, daß es der Regierung ja nur angenehm sein köune, die Ansichten der Kammern über wichtige Zoll - Fragen zu vernehmen, um sie bei dem nächsten Zoll - Kon- greß zu berücksichtigen, wie seither immer geschehen eie Weller erwähnt, ein vollständiger Schuß der deutschen Judustrie würde nur erzielt werden, wenn wir ein deutshes Parlament hâät= ten; einstweilen müsse die Berathung der ständischen Kammern den Regierungen zu Hülfe kommen. Bassermann bellagk, daß den Anträgen der badischen und anderer Kammern noch nicht mehr Folge gegeben worden ;z er findet den Grund darin, daß jeder einzelne Staat aus Sonderinteressen widersprehen könne. Er wünscht ein mehr ver= eintes großes Deutschland und hält eine größere Aufopferung der Selbstständigkeit für diesen Zweck für geeignet. Er will, daß wir unser badishes Sonderinteresse dem allgemeinen deutschen Juteresse zum Opfer bringen, Die Beschlüsse der Kammer wurden bereits mitgetheilt,

Nassau. Wiesbaden, 23. März. (F. J) Hier einge- gangenen Nachrichten zufolge, findet der Einzug unserer höchsten Herr- schaften künftigen Dienstag, den 26., gegen 3 Uhr Nachmittags, statt. Schon haben aus diesem Anlasse unsere Hauptstraßen, namentlich die- jenigen, durh welche der Zug führen wird, ein festliches Ansehen an- genommen. Das hier und n Bieberich garnisonirende 2te Infante rie-Regiment hat zum Dienst am künftigen Dienstag seine Beurlaub- ten cinberufen, wodur \ch dessen dermaliger Effektiv = Bestand auf 2400 Mann belaufen mag. An der Gränze bei Nied wird ein Ba- taillon vom 1sten Regiment aufgestellt werden. Morgen und über- morgen treffen die einberufenen Lokal-Beamten hier ein, mit ihnen die Deputationen der verschiedenen Städte und Gemeinden des Landes; außérdem haben sih über 600 Mitglieder der verschiedenen Gesangs- Vereine des Herzogthums angemeldet.

Freie Städte. & Lübeck, 25. März. Eine Uebersicht unserer gesammten Stk aats\chuld is vor kurzem unserer Bürgerschaft auf offi ziellem Wege mitgetheilt und in unseren Neuen Lübecckischen Blät -=

“tern veröffentliht worden, Sie beträgt gegenwärtig 5,881,041 Mark

Courant und hat sih seit den leßten 20 Jahren fast um ein Drit- theil verringert, Seit dem Jahre 1834 sud neu angeliehen 659,000 Mk, C., größtentheils zum Zweck unserer Wegebauten und der Aus- tiefung unseres Fahrwassers. Von der obigen Gesammtsumme der Staatsschuld sind 2,418,380 Mk, C. im Besibe hiesiger Kirchen und milden Stiftungen, welhe nur auf eine Rente von 73,000 Mk, C. Anspruch machen, Es bleibt mithin als effektive Kapitalschuld nur die Summe von 3,462,661 Mk. C. Zu deren Abtragung fand in den Jahren 1837 und 1840 eine Ausloosung von je 120,000 Mk. C, statt. Seit dem Jahre 1841 werden jährlich 30,000 Mk. C. aus- geloost und im nächsten Jahre bezahlt. Die seit 1834 kontraghirten neuen Anleihen unterliegen einer Separat - Behandlung und Amor= tisation.

Das gegen den hiesigen Kaufmann Jacobj vom Stadtgerichte beobachtete Verfahren, worüber Jhr Blatt vom 23sten d. M, (Bei-

C N E A A

heit, ihre Gleichgültigkeit gegenüber deu „barbarischen Augen“, um eine chinesische Phrase zu gebrauchen, Wir können auh nah ihnen manche unserer Ansichten vou Grazie, welhe zu sehr durch die Traditionen der Balletmeister bedingt woiden sind, noh vervollkommnen, Zwar seyen sie Alle, von dem „Boy“ bis auf dem „Tobacco“ die Füße einwärts, auch haben ihre Schultern eine gebückte und gesenkte Form, die nicht weniger tadelnswerth i, aber ich habe noch niemals etwas so Ausgezeichnetes ge- sehen, wie manche ihrer Stellungen, Als ich neulih der Vorstellung bei- wohute, präsentirte sich Tobacco mit einer Säge, und als er zeigte, daß er den Gebrauch derselben verstände, glaubte ih eine antike Marmorstatue zu sehen. Dazu is die Bewegung der Arme (und ich glaube Fanny Elsler erzählte mir einst, daß dies der shwierigste Theil ihrer Kunst sei) wegen der Leichtigleit und des Muskelspiels sehr {ön. Sie sind unter ih sehr heiter ; oft reden sie das Publifum mit eíner förmlichen Rede an, und wenn ihre Bor- stellungen gefallen haben, mischen sie si uuter die Gesellschaft, schütteln mit Jedem auf die sreanduachbarlichste Weise die Hände, jauchzen wie Schottländer, sprin- gen und tanzen, wenn sie in ihren Händen eine kleine Gabe finden. Reich an Gütern dieser Welt werden sie nah Hause zurückkehren, Die Königin, welcher sie auch vorgestellt worden sind, hat sie mit einigen nüglichen Ga- ben beschenkt, und das Beispiel findet täglih Nachahmung. Glüclicher» weise für ihre Gesundheit wie für ihre Güter befinden sie sich in guten Händen, indem Herr Catlin, ein amerikanischer Künstler und euthusiasti- scher Freund der Aboriziner, unter welchen er viele Jahre zugebracht hat, sie begleitet, Sie fennen vielleicht sein Werk, Seine Ojibbeways leben auch außerhalb ves Rauches von London und werden tagtäglih în ihrem eigenen Omnibus umhergesahren. Jh mußte einmal über die Berwirrung einander ganz sremdartiger Dinge, wie man sie nur immer in den Straßen Londons finden kann, herzlih lachen, als ich sie eines Abends bei Beleuch- tang der Gaslampen mitten unter einer dicht gedrängten gaffenden Menge die von einem Polizei-Beamten in Ordnung gehalten wurde, ihr Fuhrwerk besteigèn sah, Aber weder der Omnibus, noch die Gasslamme, noch der Polizei-Beamte konnten diese Naturkinder prosaish oder gemein machen ! Jh habe nicht viel von anderen Neuigkeiten zu schreiben, Miß Edge- worth is hier ; fast 80 Jahr alt hat sie noch immer ihr klares, glänzendes Gedächtniß und ihren leichten Conversationston sich erhalten. Sie wird viel gesucht, Unsere musikalischen Helden haben sich noch nicht gerührt z fe werden aber bald von ihnen hören, denn Duprez, der große französische enor-Sänger, ist hier fageron, und die italienische Oper hat begonnen, Wir erwarten auh von Jhrer Hauptstadt neues Leben und neuen Geist für O E nomerie durch die Ankunft des genialen Mendelssohn- arty

R

lage zu Nr. 83) die dem Hamburger Correspondenten ent- nommenen näheren Details enthält, nimmt die Aufmerksamkeit unseres Publikums sehr in Anspruch. Unbestritten is es, daß durch die (übri- gens höchst oberflächliche) Broschüre Jacobj's über hiesige Steuern 2c. und- durch die Art ihrer Verbreitung die Aufregung der unteren Volksklassen im vorigen Jahre sehr vermehrt worden is. So wenig nun auch das ganze Treiben des Jacobj von dem größeren und besse- ren Theile unseres Publikums irgend gebilligt, geshweige denn unter- stüßt wird, so will man doch in dem erwähnten Verfahren des Stadt- gerihts einen Miß - oder Uebergriff der Polizeigewalt erkenuen, der unter den obwaltenden Umständen und bei der Persönlichkeit des Be- theiligten um so sorgfältiger hätte vermieden werden dürfen. Un- sere gestrigen Neuen Lübecker Blätter énthalten aus der Feder eines Juristen eine unparteiüshe Kritik des stadtgerichtlichen Ver- fahrens, die also \{ließt: „Man könnte fragen: ob nicht die Absicht der Behörde lediglich auf eine stadtväterlihe Warnung gerichtet gewesen sei, wie sie bei der eigenthümlichen Natur der inneren Verhältnisse unserer freien Städte der Obrigkeit dem einzeluen Bürger gegenüber so wohl ansteht ? Wir wollen da- hingestellt sein lassen, ob danu das Verbot der Publication am Plate war, und uns nur auf die Bemerkung beschränken : daß man unseres Erachtens das obrigfeitliche Ansehen kompromittirt, wenn man die väterlihe Milde und den freundlichen Ernst da walten läßt, wo es für den dadur bezweckten sittlichen Eindruck an Empfänglichkeit fehlt, und wo man, wie wir meinen, nur in den Formen des Krimi- nal-Prozesses reden sollte, Diese Formen soll man in keiner Weise überschreiten, dasjenige aber, wozu sie ein Recht gebèn, mit unbeugsamer Festigkeit durchführen. Der allgemeinen Zustimmung wird man sich dann versichert halteu können !“

So anerkennenswerth auh die Gesinnung is, aus der diese Worte hervorgegangen, so ist doch bei der vorerwähnten Kritik der Umstand übersehen, daß das stadtgerichtlihe Verfahren in unmittel barem Zusammenhange mit der gegen Jacobj wegen des Jnhalts und der Verbreitung seiner Broschüre über die Steuern eingeleiteten Untersuchung stand, daß also die fragliche Verfügung ein Aft der Gerichtsbarkeit, micht der Polizei-Gewalt war,

Nach den heute hierselbst bekannt gewordenen Tabellen über die diesjährigen Fahrten der St, Petersburg-Lübeder Dampfschiffe bleibt es insofern bei der bisherigen Anordnung, als jeden Sonnabend (zu- erst von Travemíüude am 4, Mai) ein Dampfschiff, sowohl vou Tra- vemünde nah Kronstadt, als von Kronstadt nah Travemünde, abge- hen wird. Dagegen ist die Verbindung zwischen Kronstadt und Swi nemünde in der Weise regulirt, daß von diesen beiden Häfen abwech- felnd ein um den anderen Sonnabend eins der Danpfschisse expedirt wird. Danach werden die Schiffe zwischen Travemünde und Kron stadt 27, zwishen Swinemünde und Kronstadt 14 Hin= und Her» fahrten machen,

Oesterreichische Monarchie.

4p Prag, 21. März. Gestern Vormittags fand in der Stists= firche des N Damenstiftes am Hradschin die feierliche JInstallirung Jhrer Kaiserl, Hoheit der Erzherzogin Marie Karoline, als Aebtissin dieses Stiftes, statt. Zur Vornahme derselben war als Kaiserl. Bevollmächtigter Se. Hoheit unser Landes=Chef, der Erzherzog Stephan, erschienen, der Feierlichkeit selbst wohnten die hier anwesen- den Erzherzoge, Vater und Bruder der Frau Aebtissin bei, begleitet von den zahlreihen Gliedern des hiesigen Adels, dem Fürst-Erzbischof mit dem Klerus an der Spibe, und den höheren Staats- und Land= schafts - Beamten, Nach der üblichen Anrede, welche der Oberst- Burggrafen - Amtsverweser, Graf Salm, hielt, empfing die Frau Aebtissin aus den Händen des Erzherzogs Stephan das Ordens- zeihen und von den beiden Stifts = Dechantinnen den Ordens- Mantel. Die hierauf folgenden kirhlihen Ceremonieen wurden von dem Fürst=Erzbischofe vollzogen, Der Mittagstafel bei Sr. Kaiserl, Hoheit dem Erzherzoge Karl wurden die bedeutenderen Personen un= serer Stadt beigezogen z in dem zur Feier dieser Justallation Abends im ständischen Schauspielhause stattgehabten théâlre paré wurden die hier anwesenden Mitglieder des Kaiserhauses in dem durch alle Näume vollgefüllten Hause aufs herzlichste empfangen. Außer mehreren zur Begrüßung Sr. Kaiserl, Hoheit des Erzherzogs Karl bereits statt- gehabten Productionen wird in den nächsten Tagen ein von dem hie- sigen Adel veraustaltetes, großes Caroussell-Reiten stattfinden. Auf den 2Usten d. M. hat das Konservatorium der Musik ein großes Ton= fest zu Ehren der anwesenden hohen Gäste veranstaltet, Gleichwie ihre Schwester, die jebige Königin von Neapel, als frühere Aebtissin des hiesigen Damenstiftes nur kurze Zeit in demselben verweilte, wird dieses auch mit Jhrer Kaiserl, Hoheit der Erzherzogin Marie Karo-=- line der Fall sein. Dem Oberst-Burggrafen-Amtsverweser Grafen von Salm ist die Stelle eines Oberst-Landhofmeisters verliehen, und dadurch der Anstand beseitigt worden, welcher gegen dessen Vorsiß in der Versammlung der Stände erhoben wurde,

Nach Nachrichten aus allen Gegenden unseres Landes herrscht dort überall der Spätwinter mit seltener Strenge. Jm Riesen- und Erzgebirge, so wie in den westlichen und südlichen Kreisen waren seit Mitte März bedeutende Schneemassen gefallen, die in den lebten Tagen auch unsere, font in der Regel eine sehr milde Temperatur genießende Stadt heimsuhten. Bei der weit vorgerüctten Jahres- zeit is man wegen des wahrscheinlih \{chnellen Eintrittes des Thauwetters nicht ohne Sorge vor Uebershwemmungen, deren Schaden besonders für den Landmann um so bedenklicher wäre, da durch die bis im Februar herrschend gewesene milde Witterung und die später eingetretene, jeßt noch fortwährend herrshende Strenge derselben die Winter - Saaten so empfindlich bei uns gelitten hatten, daß man den feldwirthschaftlichen Ergebnissen des kommenden Som- mers nicht ohue Bangen entgegensteht,

Frankreich.

Devutirten-Kammer. Sibßung vom 19, März, Die Vorwürfe, welche dem Ministerium von der liberalen Opposition we=- gen seines Verhaltens in Bezug auf die Polemik der Bischöfe gegen Universität und Regierung gemacht worden, widerlegte der Kultus- Minister, Herr Martin du Nord, im Lauf der Debatte über die geheimen Fonds dur folgende Erklärungen :

„Jch glaubte nichi“, sagte Herr Martin, „den Vorwurf verdient zu haben, den man mir gemacht, ih hätte die Wahrheit zu verbergen gesucht. Jch war stets ofen und aufrichtig. Jh werde es auch heute sein, wie früher. Jch will hinweisen auf das, was ich in einem kurzen Zeitraume gethan. Jh versäumte nie, den Klerus aufmerksam zu machen auf die Mißgriffe, in die er verfiel, Mißgriffe, die mich tief betrübten. Es is mir nicht erlaubt, die im Geheimnisse des Kabinets ertheilten Rathschläge hier mitzutheilen, Doch will ih Thatsachen anführen, die ofen vorliegen, Wi- der cinen der hochstehendsten Prälaten wurde vor dem Staats - Rathe eine Beschwerde wegen Mißbrauchs erhoben und von dem Staats-Rathe gegen diesen Prälaten der Ausspruch - erlassen, es habe von seiner Seite Miß- brauch stattgefunden, Ein Mitglied des Klerus (der Abbé Combalot) er- laubte ih direkte und verleumderishe Ausfälle gegen die Univer- sitätz es wurde deshalb von der Staats - Behörze Klage vor dem bürgerlichen Gerichte angestellt und von diesem eine Verurthei- lung über jenen Priester verhängt, Man hat Erklärungen ver- langt über die Den!schrift der Bischöfez man hat sich darüber be- {chwert, daß der von dem Ministerium über dasselbe ausgesprochene Tadel so spät erfolgt sei, Die Denkschrift der Bischöfe wurde dem König

531

im Laufe des Januars zugestellt und dann unverzüglich mir zugefertigt ih prüfte cs, ich urtheilte über dasselbe in der nämlichen Weise, wie jeßt; doch erlich ih mein tadelndes Schreiben erst dann, nachdem die Gegen- Partei es für passend erachtet hatte, die Denkschrift zu veröffentlichen ; mein Schreiben erschien am Tage nach Veröffentlichung der Denkschrift; von einer allzu langen Verzögerung kann also keine Nede sein, Wie bei allen Gelegenheiten, so auch bei dieser, erfüllte ih vollkommen meine Pflicht, (Eine Stimme: Und die Beförderung des Bischofs von Versailles ?) Da- von will ih so eben reden. Der Erzbischof von Rouen starb am 1, Ja- nuar, Jch ließ sogleich den Bischof von Versailles zu mir bescheiden und seßte ihn von meinen Intentionen in Betreff seiner in Kenntniß, Darauf erst wurde dem König jene Denkschrift überreicht; der Bischof von Versailles hatte sie unterzeichnet; doch erhielt ih das Versprechen, sie sollte nicht veröffentlicht werden; es wurde hierauf der Bischof von Versailles zum Erzbisthum von Rouen befördert. Welchen Vorwurf also kann man mir machen? (Herr Odilon-Larrot: Daß Sie einen Mann beförderten, obschon sie dessen An- sichten, die wir verurtheilen, kannten.) Jh erwog au diese Frage wohl; ih prüfte reiflich, ob jener Schritt des Bischofs von Versailles ernst genug sci, um die Diözese von Rouen eines Prälaten zu berauben , den sie {on seit langer Zeit wünschte. (Bewegung. Großer Lärm auf der Linken.) Jch glaube auch in diesem Falle meiner Pflicht genügt zu haben. (Eine Stimme : Und der Bischof von Chalons?) Der Bischof von Chalons er- ließ ein Schreiben, um einen sciner Subalternen, den Abbé Combalot, zu beglücwünshen wegen einer Verurtheilung, die das bürgerliche Gericht über ihn verhängt hatte. Die Kammer mag sih úüber- zeugt halten, daß das Kabinet seine volle Aufmerksamkeit diesem Schreiben zuwandte, sobald es uur erschienen; wir prüften mit aller Aufmerksamkeit diese seltsame, außerordentliche Protestation; wir erwogen, ob es möglich sei, dessen Verfasser vor Gericht zu ziehen; wir sahen aber ein, daß dies niht möglich sei. (Lärm auf der Linken.) Hätten wir einen anderen Beschluß gefaßt, Sie alle würden uns getadelt haben, Sie alle, die jeßt solchen Lärm erheben. Und zudem, was hat denn der Bischof von Chalons gethan Nichts weiter, als was täglich auch andere Bürger thun, welche Mitbürgern, die von einem Tadel oder einer Verurtheilung getroffen werden, Huldigungen bereiten. Mehr, als irgend Jemand, beklage ich die tadelnswerthen Handlungen, die ein Theil des Klerus verübt hat; mehr als irgend Jemand bin ih überzeugt, daß sie der Kirche einen verderblichen Streich beibringen werden. Jh wiederhole aber, ih habe die Ueberzeugung, meine Pflicht erfüllt und keinen Vorwurf verdient zu haben,“

Hierauf erhob sich Herr Dupin nnd hielt die erwähnte Rede gegen das Benehmen des Klerus, die so große Sensation hervor- brachte, daß sich die Kammer nah dem Schluß derselben erst eine gauze Viertelstunde von ihrem Eindrucke erholte, ehe sie die Debatten wieder aufnahm. Der Redner sagte unter Anderem :

„Man hat allgemein bemerkt, daß sich eine unerfreuliche, fast insur- rectionelle Bewegung bei einigen Gliedern des Klerus gezeigt hat; ih will so viele Geistlihe, als man verlangt, freisprehen von diesem unruhigen Tieibenz es sollen meinethalben nur wenige sein; aber ihre emsige Wirk- samkeit hat sie vervielfältigt; die Presse verbreitet Klagen und Recrimina- tionenz jeder Tag sieht cine neue Erscheinung auf dem Gebiete der kirch- lichen Polemilz die öffentliche Meinung wird dadurch, ih will nicht sagen allarmirt, so weit is es noch nicht gekommen aber doch geweckt und beunruhigt; sie verlnüpst die klerikalishe Aufregung mit der politischen Lage des Landes und mit den Manövern der Parteien, mit den Hoffnungen, die sie in Aussicht stellen, mit der Zukunft, die sie uns bereiten. Man hat nah der Verbindung gesucht zwischen dem Vorwand zu den Be- {werden des Klerus und der Sache selbst, die ihm den Muth giebt, der Staatsgewalt Troy zu bieten, und deshalb wird es gut sein, wenn wir die Grundsäye, welche uns als Leitstern dienen sollen, von dieser Tri- büne her erörtern, um die Meinung aufzuklären und festzustellen. Die Be- wegung, von welcher ich rede, hat sih fandgegeben dur eine Art Kreuzzug gegen die Universität. Auffallend is dabei zuvörderst ver hestige Ton, in welchem der Klerus seine Sache vorzubringen sich nicht gescheut hat. Man sagt, der Klerus bediene sich eines allen Staats - Angehörigen gemeinsamen Nechts, indem er seine Stimme erhebe bei nahender Diskussion eines Ge- seßvorschlages, der seine Interessen berührt. Das mag er thun, aber, \o wie es dem Klerus ziemt, im Geist der christlichen Liebe, was die Personen anbelangt, und bei Berührung der Streitgegenstände selbst [mit jener Mäßi gung und Humanität, die an Bossuet und Fenelon erinnert und den Freun- den des Friedens und der Ordnung zu allen Zeiten eigen sein sollen,“

Herr Dupin verglih dann Sprache und Handelsweise des Kle- rus unter Karl X., der doh gewiß ein frommer König gewesen, mit den neuesten Fällen klerikalischer Auflebnung. Auch damals, als man den Umgriffen der Weltgeistlichkeit und dem Eindringen der Congre- gationen durch vorbauende Verordnungen gewehrt, habe der Klerus protestirt, und die Regierung habe im Moniteur geantwortet, Die Antwort des Ministers enthielt eine Schlußstelle, die Herr Dupin dem Groß- siegelbewahrer Martin als Nachschrift zu seinem neulichen Briefe an den Erzbischof von Paris empfahl. Sie lautet: „Der König, in seiner hohen Weisheit, hat innerhalb der Gränzen seiner Autorität Verordnungen in Bezug auf die geistlihen Seminarien erlassen, um die Ausführung der Geseße seines Königreichs zu sihern. Er wird diese Ausführung durch=- zusehen wissen. Die Würde seiner Krone und das Wohl der Religion gebieten es ihm auf gleihe Weise.“ Nach weitläufiger Darlegung der vorhandenen Mittel, den Klerus in den Gränzen seiner Befug- nisse zu halten, stellt Herr Dupin für den Fall, daß sih diese Mittel als unzureichend ausweisen sollten und der Staat den Prälaten ge-= genüber ‘entwaffnet wäre, folgende Frage: „Sind wir denn nmccht Gesebgeber?“ und {loß dann folgendermaßen:

„Die Frage is}, ob die K!eriker unsere Herren sein sollen, oder ob sie, wie alle übrigen Staatsgenossen, der Regierung Folge zu leisten haben;z es wacht damit die alte Frage wieder auf: ob die Kirche im Staat oder der Stvat in der Kirche ist, Das Leytere war die Doktrin Gregor's ŸY11.; aber nie hat sich Frankreich dieser Lehre unterworfen : die allgemeine Tradition bezeugt den steten Widerstand gegen die Jnvasionen der geistlichen Gewalt in die weltlihe, Man muß nur verstehen, den Klerus im Zaum zu hal- ten. Erinnern wir uns, daß wir unter einer constitutionellen Regierung leben. Wir haben eine Presse, eine Tribüne, wir sind Gesetzgeber, Der Klerus soll geshüßt werdenz er is seit 1830 begünstigt worden, mehr als unter der Restauration, mehr als unter dem Kaiserreich; wir werden fortfahren, ihn gut zu behandeln, ihn zu begünstigen; man wird uns im- mer wohlwollend gestimmt finden für die Religion, für die Hierarchie, für unsere Bischöfe, für unsere Pfarrer, Aber dabei soll auch, in Allem, was über das Maß geht, was excentrisc is, die Regierung, ih mahne sie dazu, unbeugsam sein.“

Paris, 22. März. Der Erzbischof von Paris, Herr Affre, hat das vom Kultus-Minister an ihn gerichtete Schreiben nicht ohne Antwort lassen zu dürfen geglaubt, „Wenn es“, sagt der Ami de la Religion, der diese Antwort zuerst mittheilt, aus welchem sie auh das Journal des Débats aufnimmt, indem es ihr wieder einen langen Kommentar beisügt, „wenn es sih nur darum gehandelt hätte, einen Vorwurf zurückzuweisen, so hätte der Erzbischof in Still= \{hweigen verharren und der öffentlichen Meinung es überlassen können, an dem unglaublichen Schreiben des Herrn Martin du Nord Gerechtigkeit zu üben. Aber es kam darauf an, gegen den Artikel 4 des Gesebßes vom 18, Germinal des Jahres X zu protestiren, den der Minister herbeigezogen und seltsam ausgelegt hatte; es kam darauf an, die Aufhebung dieses Artikels zu verlangen; es mußte endlich das Recht geltend gemaht werden, welches die Bischöfe haben, die beklagenswerthen Folgen des Univer- sitäts-Monopols zu bezeihnen und ihre Unterdrückung zu verlangen.“ Der Erzbischof erklärt in seinem Antwortsschreiben, daß eine Verein- barung, über welche sih der Minister, als über eine Verleßung des Geseßes vom 18. Germinal des Jahres X, beschwere, gar nicht be- standen habez drei der Bischöfe, welche mit ihm die Denkschrift an den König unterzeichnet, hätten ihre Zustimmung ertheilt, ohne eine Weglassung oder eine Aenderung au nur eines einzigen Wortes der Denkschrift zu verlangenz wenn aber au eine Vereinbarung statt-

gefunden hätte, so würde sie niht eine Geseßes-Verlebung genannt werden können, da die Regierung die Bischöfe konsultirt habe, nicht um von einander abweichende Aussprüche, sondern um eine überein- stimmende, vereinbarte Ansicht zu vernehmen. Er spriht daun die Ueberzeugung aus, daß die Mißbilligung, welche der Minister gegen die Kollektiv - Beschwerde der Bischöfe seiner Diözese ausgesprochen, fein freiwilliger Aft seines Gewissens, feine politische Nothwendigkeit gewesen sei. Die Geistlichkeit habe sich durch ihren Eid verpflichtet geglaubt, der Regierung die Vershwörung der Sophisten, deren Leh- ren das Gewissen ohne Leitung, die Leidenschaften ohne Zügel ließen, aufzudecken. Doch solle damit nit gesagt sein, daß die Corporation der Lehrer als solche diese Vershwörung angezettelt habe. Mehrere von ihnen verabscheuten sie sogar. Auch werde fein Professor insbesondere an- geklagt. Allein die Universität an sich sei zu shwach, um über diese Vershwörung zu triumphiren, und die Freiheit des Unterrichts allein könne der Gefahr, die von gewissen Lehrstühlen ausgehe, entgegen- wirken, Der Erzbischof von Paris bedauert am Schlusse die Lage, welche gegenwärtig zwishen dem Episkopat und den Ministern der Kulte und des öffentlichen Unterrichts obwalte. „„Die Worte der Denkschrift“, sagt er, „welche Jhren ehrenwerthen Kollegen (Herrn Villemain) betreffen, hatten mi {on seine Veröffentlichung lebhaft bedauern lassen. Mein Bedauern war nicht weniger groß, als diese Schrift die Ursache einer ernsten Meinungs - Verschiedenheit zwischen uns wurde,“

Herr vou Pradt, gewesener Erzbischof von Mecheln, und 1812, als Napoleon von der Beresina nah Paris eilte, Botschafter zu Warschau, is}, 87 Jahr alt, auf seinem Schloß zu Vedrine gestorben.

General Pajol i vorgestern in einem Alter von 72 Jahren hier gestorben,

xa París, 22. März. Am Anfange der heutigen Sißung der Deputirten-Kammer verlangte und erhielt der General Oudinot einen Urlaub wegen des Todes seines Schwagers, des General-Lieutenants Pajol. General Oudinot zeigte zugleich dem Präsidenten an, daß Herr Roul die von ihm zu dem Gesehe über die Rekrutirung der Armee eingebrahten Amendements entwickeln werde. Der Minister der Marine legte dann einen Geseh-Entwurf wegen Uebertragung eines Kredits von 1,225,000 Fr. vom Marine-Budget für 1843 auf jenes von 1844 vor, als Rest des Kredits von 1,600,000 Fr., die im Jahre 1843 zur Erbauung von Dampfschiffen für das stille Meer votirt worden waren, Hierauf wurde die Diskussion des Rekrutirungs=- Gesetzes fortgeseßt. Die Kammer war beim Art. 24, betreffend die Ersabßmänner, gestern stehen geblieben. Der erste Paragraph dieses Artikels wurde ohne Diskussion angenommen. Herr Vivien, Be- rihterstatter, erstattet Bericht über die Berathung der Kommission in Betreff der gestern von Herrn Lacrosse gemachten Bemerkungen in Betreff der Mechaniker der Marine, die in den Werkstätten für Dampfmaschinen verwendet werden, und von Herrn Lacoudrais in Betreff der Marine-Zimmerleute, Segelmacher u. \. w., für welche beide Klassen ebenfalls Befreiung von der Theilnahme am Loosziehen von der Kom- mission beantragt wird, im Falle dieselben cine der Dienstzeit im Heere wenigstens gleihkommende Zeit auf den Schiffen des Staates verwendet werden. Dieser Zusaß der Kommission wird nach einigen Bemerkungen des Herrn Gustave de Beaumont und der Antwort des Berichterstatters darguf angenommen. Desgleichen wird denn auch der ebenfalls gestern an die Kommission zurückgewiesene Art. 13 mit einigen Modificationen votirt, dann Art. 14. Vom §. 24 war nux der erste Paragraph votirt worden. Die Kammer kommt nun auf die übrigen Paragraphen des Artikels zurück. Der ganze Artikel des Entwurfs wird nah Verwerfung eines Amendements des Herrn Gustave de Beaumont angenommen, desgleichen Art. 253 zu Art, 26 aber in Betreff der Akte, die bei Verträgen wegen Ersaßleutestellung abgeschlossen wkrden, wurden jedoch einige Aenderungen vorge- shlagen. Die Diskussion über die leßten Paragraphen dieses Artikels dauerte noch fort, als ich die Kammer verließ. :

A Paris, 22. März. Das vor der Deputirten - Kammer \{webende Rekrutirungs -= Geseß wird sowohl im Palast Bourbon selbst, als im Publikum nur mit geringer Theilnahme behandelt, ob- gleih es in die wichtigsten Juteressen des Landes vielfach eingreift. Der fraglihe Entwurf beabsichtigt, die gegenwärtige Heerverfassung nur in wenigen Punkten von untergeordneter Bedeutung zu verändern. Die wichtigste Abweichung desselben von der bestehenden Gesebgebung ist die Erhöhung der Dienstzeit von 7 auf § Jahre, von denen der Soldat indessen in der Regel nur 5 unter der Fahne dienen soll, um während der drei leßten Jahre in seine Heimat entlassen zu werden, mit der Verpflichtung, sih auf das erste Aufgebot wieder in die Rei- hen des thätigen Heeres zu stellen. Die auf diese Bedingung hin beurlaubten Soldaten bilden, nach dem Ausdrucke des Geseh - Ent= wurfes, die Reserve des stehenden Heeres, ste haben jedo keine Art der militairischen Organisation und keine militairischen Obliegenheiten, bis zu dem Tage, wo sie, etwa in einem Kriegsfalle, wieder unter die Fahne gerufen werden. Die Jdee einer solhen Reserve hat allerdings hier und da einigen Widerspruch gefunden, sie wird von ein= zelnen Stimmen ungenügend genannt, man hat gefunden, daß sie hinter der kriegerishen Verfassung anderer Staaten weit zurückbleibe, aber die darauf bezüglihe Bestimmung des Geselz= Entwurfs wird nichtsdestoweniger, allem Anscheine nach, die Beistimmung der großen Mehrheit in beiden Kammern finden. : 7

Ein zweiter Puukt, in welchem der neue Geseß-Entwurf die bis= herige Geseßgebung verändert, gehört dem Stellvertreterwesen an. Er seßt nämlich fest, daß die Verträge über Stellvertretung künftig immer vom Notar aufgenommen und daß die als Preis der Stel[z vertretung zu zahlenden Summen den Kassen des Staates, big nach Ablauf der Dienstzeit des Stellvertreters, zur Verwahrung übergeben werden sollen, Diese doppelte Bestimmung hat offenbar zunächst nur cinen Polizeizweck, Man will die Stellvertreter einerseits gegen die Habsucht und gegen die Prellereien der Mittelspersonen hüten, durch welche die Stellvertretungs-Verträge in den meisten Fällen abgeschlo}en werden, und man will auf der anderen Seite verhindern, daß der Stellvertreter den Kaufpreis seiner Freiheit gleih nah seinem Ein= tritte in das Heer in Auss{hweifung und Liederlichkeit vergeude, wie dies in dem jeßigen Hergange der Dinge so oft geschieht. Mittelbar muß übrigens diese zweite Beschränkung auch auf den ganzen Cha- rafter des Stellvertreterwesens wirken. Es is nicht zu bezweifeln, daß viele junge Menschen nur durch die Aussicht, eine Summe von einigen hundert Thalern in die Hände zu bekommen, um eine Zeit lang ein flottes Leben führen zu können, bestimmt werden, \sih als Stellvertreter anwerben zu lassen. Daß diese Klasse der Stellver= treter nicht diejenige is, welhe dem Heere die brauchbarsten und besten Soldaten liefert, versteht sich von selbs, und es is also ein offfenbarer Gewinn für die Armee, wenn jene Leute durch Vermin= derung des Reizes der metallnen Lospeise so viel als möglich aus ihren Reihen ferngehalten werden. Den Vortheil einer solchen Ershwe=- rung der Stellvertretung erkennt Jedermann an, aber es fällt gleih- wohl bis auf den heutigen Tag Niemanden ein, von diesem Stand- punkte aus folgerihtigerweise bis zu der Jdee der gänzlichen Abschaf- fung jener Einrichtung emporzusteigen. Schon die Vorschläge, walte Herr Joffrès in einer mit vieler Sachkenntniß ausgearbeiteten kleinen Schrist über diesen Gêgenstand gemacht hat, gelten als zwar geist-