1844 / 116 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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Frankreich.

tirten -Kammer. Sihung vom 19. April, Die ales ads begann ohne weitere Einleitung sogleih mit der be- reits in ihren Hauptpunkten E Interpellation des Herrn Billault in Betreff des Verfahrens der Regierung in der otaheiti- schen Angelegenheit, namentlich mit Hinsicht auf die Mittheilungen, welhe der Kammer darüber gemacht worden. Der Redner sagte am Schluß, nahdem er erklärt hatte, daß die Opposition übrigens feine BVertrauens-Frage an diese Juterpellation knüpfen wolle: :

„Zch weiß gar wohl, daß die verlangten Mittheilungen der Regierung Jnfonvenienzen bereiten können, nicht aber jenseit des Kanals, fondern in Frankreich selbst. Die Regierung fürchtet, daß die Details dieser Angele- genheit das Land aufregen möchten ; sie vertagt , sie hofft auf die Zukunft; sie will die erste Hie verrauchen lassen. Sie baut auf die Vergeßlichkeit der Menschen. Was liegt ihr an der Ehre der Flagge, der Würde Frank- reihs? Jn einem halben Jahre werden vielleicht die Thatsachen bekannt werdenz dann ist die Session zu Ende, die Jnterpellation unmöglich, Das Kabinet wird also fortbestehen. Was liegt an der National-Ehre, wenn nur das Kabinet fortbesteht, Braucht es einen Beweis, die Hinopferung der Nationalität darzuthun, so genügen die täglichen Lobsprüche der engli- schen Presse zu Gunsten des Herrn Guizot. Die englischen Blätter glauben sich gehalten, dem Herrn Minister jeden Tag Unabhän- gigkeits - Certifikate auszustellen. Daß die Regierung den Admiral desavouirt hat, muß auf die französishe Marine in der Südsee den nach- theiligsten Einfluß üben. Die französishe Negierung hätte zum mindesten als Ersaß für die Desavouirung verlangen follen, taß der Konsul Prit- hard zurückgerufen würde. Das Gerücht hat von dieser Zurückrufung ge- sprochenz allein sie hat sich nicht bestätigt. Der Augenbli is vielleicht noch nicht gekommen, wo das Land den Kelch der Bitterkeit, den man ihm zu trinken giebt, zu erkennen im Stande ein wird. Bis das Maß voll ist, bis die Herabseßung Frankreihs im Auslande klar erkannt wird, ver- langt die Opposition keine Kabinetsfrage. Bis dahin will sie blos das Land aufklären, Sie verlangt demnach für jezt blos die Mittheilung der Dokumente, aus denen man eine Ansicht von der Sache gewinnen könne,“

Hierauf bestieg Herr Guizot die Rednerbühne und ließ sich im Wesentlichen folgendermaßen vernehmen :

„Als ih die Arena, auf der ih mich befinde, zum ersten Mal betrat, machte ich mich auf viele Kämpfe, Streitigkeiten und Schmerzen gefaßt, Do habe c die jeßigen Vorgänge, die sonderbaren Anklagen, die sonder- baren Erklärungen , denen man das Benehmen der Minister unterworfen, nicht vorausgesehen, niht voraussehen können, Troßdem wundere ih mich nicht darüber, ja ih thue Jhnen nicht einmal die Ehre an, mich darüber zu wundern, Es giebt gewisse Abneigungen, die man austoben lassen muß, ohne ihnen einen Werth beizulegen, den sie nicht verdienen, Jch werde also blos die Thatsachen, die Politik des Kabinets, ins Auge fassen, und zwar so, als ob ich nicht dabei betheiligt wäre. Uebrigens habe ich kein sonderliches Verdienst dabei, wenn ih ruhig bleibe, wenn ich mich unparteiish zeige, Jch habe den Muth, dies der Kammer zu erklären, Vor Allem aber werde ih mich be- streben, keinen Ausdru zu gebrauchen, der die Gränzen der parlamentari- schen Sprache überschritte. Zunächst drängt es mich, eine Thatsache zu be- richtigen, von der man einen sonderbaren Mißbrauch gemacht hat, ich meine die Widersprüche hinsichtlich der Mitiheilung der Dokumente, die man der Regierung vorgeworfen, Man hat zu verstehen geben wollen, daß die Re- gierung zu einer gewissen Zeit den Empfang von Depeschen, die wirklich eingelaufen, in Abrede gestellt habe, Diese Jusinuation zurückzuweisen, brauche ih nur die Worte anzuführen, die der Maríne - Miínister in der Sizung vom 1, März gesprochen, und die ich buchstäblich anführen will, „(Jh versichere auf meine Ehre‘‘‘', sagte der Marine-Minister, „daß wir mit dem Schiffe „Elisabeth“ keine anderen Berichte von dem Admi- ral Dupetit-Thouars erhalten haben, als die, welche vorgelegt worden sind,“ ‘“ Herr Ledru-Rollin hat bei Anführung dieser Stelle die Worte: „mit dem Schiffe Elisabeth“ ausgelassen , so daß es den Anschein erhielt, als ob der Marine-Minister erklärt hätte, er habe nie einen anderen Bericht weiter er- halten, als die beiden mitgetheilten Piècen, Dies schien in der That Herr Billault selbst vorigen Sonnabend zu glauben, Jch mußte diese Thatsache genau feststellen, damit Jedermann wisse, daß das Kabinet weder am 1, März noch vori- gen Sonnabend bestritten hat, ausführliche Berichte über das erhalten zu haben, was in den 14 Monaten zwischen dem Protektorat und der Abseßung der Köni- gin Pomarch vorgefallen, und daß es niemals vor der Kammer eín Geheimniß daraus machen wollte, Das Kabinet glaubte allerdings vor sechs Wochen, diese Berichte nicht mittheilen zu dürfen, aber es hat ihren Empfang nie- mals abgeleugnet. Was nun die Gründe betrifft, warum es dieselben nicht mittheilen zu dürfen glaubte, so war das Kabinet erstens der Mei- nung, und es glaubt dies noch, daß in diesen Berichten keine wichtige Thatsache enthalten sei, die der Kammer nicht schon bekannt wäre, und die deren Ueberzeugung in Bezug auf das Wesentliche häite verändern können, Jch habe schon neulich gesagt, daß dem Admiral Dupetit-Thouars selbst, als er am 4. November vor Otaheiti eintraf, in den vorhergegangenen Ereignissen kein Grund zu liegen scheinen mußte, eiwas Weiteres, als die bloße, einfache Vollziehung des Protcktorats - Vertrages zu fordern , wie sein Berfahren es beweist, Derselben Meinung waren auch wir. Ein anderer Grund, der uns vor 6 Wochen hinderte, die besagten Dokumente mitzutheilen, war der, daß sie, ohne eben neue, unbekannte Thatsachen zu enthalten, doch viele einzelne Angaben über Alles, was während jener vierzehn Monate zwischen den Franzosen und den Eingeborenen, zwischen den französischen und den engli- schen Offizieren vorgefallen war, daß sie allerlei lebhafte und genaue Schilderun- gen über diese Vorfälle enthielten, daß ihre Veröffentlichung also nothwendiger- weise die schwebenden Fragen vergisten, die Gemüther reizen und irre füh: ren müsse. Jh weiß freilih, daß cs außerhalb dieser Mauern Leute giebt, die dergleichen nicht fürchten, sondern vielmehr gern jede Gelegenheit ergrei- fen, Oel ins Feuer zu gießen, Wir aber, als regelmäßige Regierung, als Freunde des Friedens, dürfen dies nicht zu unserem Gewerbe machen, Wir wollen die Wahrheit nicht unterdrücken, aber wir wollen auch keinesweges ohne dringende Nothwendigkeit die Gemüther erbittern. (Sehr gut!) Man

Fürstenstamm endete mit Wilhelm 11, Durch die Hand der Erbin desselben, Constantia, überkam der Hohenstaufe Heinrich V1. die Herrschaft, die er auf tyrannische Weise übte, Kurzes Glück verbreitete die Negierung seines Sohnes, des gefeierten Fricdrich 11, Nach Konrad's 1V. Tode warf sich Karl von Anjou zum Gebieter auf, Die berühmte Vesper des Jahres 1282 vernichtete alle Franzosen auf der Jusel. Nach so viel Wechselfällen waren es die Spanier, aljo Mischlinge aus römischen, arabischen und ger- manischen Keimen entsprossen, welchen, zuerst mit Peter von Aragonien, die Krone anheimfiel, Seit 1504 wurde auch Neapel von ihnen beherrscht. Ju utrechter Frieden brachte die Handels-Eifersuht der Engländer eine Trennung beider Reiche zu Wege, Sicilien kam auf kurze Zeit an Sa- voyen; 1720 wurde es an Oesterreich abgetreten; 1733 fiel es, und zwar mit Neapel vereinigt, wieder an Spanien, wurde jedoch als besonderes Reich verwaltet, Karl 111. übergab es bei seiner Besteigung des heimat- lichen Thrones dem Prinzen Ferdinand mit der Bestimmung, daß es mit Spanien nicht wieder vereinigt werden solle, Englischer Schuß erhielt es seinem Fürsten , als ver Ueberrest des neapolitanishen Königreichs neuerlich den frauzösishen Waffen unterlag.“

„Die Verschiedenheit der Völfer, welchen die Jnsel unterworfen gewesen ist, und die denkwürdigen geschichtlichen Stadien, welche sie duttblaulin hat, R sich überall auf die interessanteste Weise bemerkbar. Jn den Höh- Sohnungen des wunderbaren Thals von Jspica scheint fast die einzige Aa Untergegangenen Urbevölkerung zurückgeblieben zu sein. Mit dem rusiaca vieler Felsenküsten und Häfen sind unvergeßliche historische Erinne- folelalen Ta alte farthagische Herrschaft und Kriegömacht verknüpst. Die nischer Blüthe altgriechischer Tempel erinnern an großartige Zeiten helle- mischen Sire Später errichtete Triumphzeichen und Theater bekunden rü- Sthlbser eia Dn Auf vielen Bergspiyen ihrahen sarazenische leichzeitig Va A hen Festungsthürmen. Manche Kirchen bergen vera É ‘4s U ber hohenstaufi Fer und spanischer Herrscher. Jn den \{chmack, und die bizarten Baer taaten fi gothischer und arabischer Ge- er neueren buntgemischte Abstammung ver Bewohner sinnbildlich rat E D

Nachdem der Verf, nun das Aeußere der Hauptstadt Palermo gezeich-

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faun, meine Herren, die Augen vor Thatsachen nit verschließen, Die eng- lishe Negierung is zwar in dieser Frage nicht Partei, aber Niemanden kann im Ernst das lebhafte und allgemeine Juteresse unbekannt sein, welches ein großer Theil des Publikums in England an dieser Frage nimmt. (Zur Linken; Jn Frankreich nicht minder.) Die Sache gewinnt dadur natürlih auch Be- deutung für das englische Kabinet, Wir hatten also ín unseren Verhält- nissen mit demselben hierauf, als auf eine wichtige Thatsache, ernstlihe Nück- sicht zu nehmen; es wäre unklug und sinulos gewesen, hätten wir dies nicht thun wollen, Wir haben deshalb nicht die mindeste Willfährigkeit gegen die englische Negierung bewiesen, eben so wenig wie in irgend einer anderen Frage, aber wir waren darauf bedacht, nicht Aufregung in den Gemüthern zu verursachen, nicht Details zu veröffentlichen, die für die Fest- stellung der Ansichten nichts nügen und nur die Leidenschafien er- hißen fonnten. Dies war ein zweiter Grund, der uns vor sechs Wochen zurüchielt, die betreffenden Piècen vorzulegen, (Beifall im Cen- trum.) Nun noch einen spezielleren und nicht minder erhebliheu Grund, Vor 6 Wocheu war die Frage noch nicht auf den Punkt gelangt, wo sie si jet befindet. Man hat gefragt, wie es sich mit der Abberufung des Konsuls Pritchazd verhalte. Er ist in der That abberufen und auf einen anderen, 2 bis 300 Meilen von Otaheiti entfernten Posten verseyt worden. (Sehr gut. Stimme zur Linken; Js der Posten viellcicht besser ? Is es eine Belohnung oder eine Ungnade?) Wir wünschten, daß dies geschehen möchte, Wir verlangten es nicht, wir eröffneten keine Unterhand- lungen darüber, haben also auch feine Aktenstücke darüber vorzulegen. Jch müßte erstaunen, wenn man uns daraus einen Vorwurf machen wollte. Bor sehs Wochen gerieth man außer sich bci der bloßen Vorausseßung, daß die eng- lische Negierung von uns die Desavouirung des Admiral Dupetit-Thouars hätte fordern, daß wir auf eine solhe Forderung, auf eine bloße Bemerkung in dieser Hinsicht hätten hören können; und man hatte Recht, Aber man thue auch Anderen nicht, was man will, daß diese uns nicht thun, (Sehr gut.) Wir haben nichts gefordert, weil wir kein Necht dazu hatten, weil es eine Unschicflichkeit von uns gewesen wäre wir ließen die Sachen sich selbst entwideln, wie sie so weisen, einsichtsvollen und wohlgesinnten Män- nern, als die Mitglieder des englischen Kabinets es sind, \ich darstellen mußten; und Herr Pritchard wurde zurückberufen, ohne daß wir uns darum bemühten, Dazu war aber nöthig, daß wir zu keiner unzeitigen, unvorsichtigen Veröffentlichung schritten, daß wir unseren Wünschen nicht die Miene der Forderung und Drohung gaben, genug, daß wir uns gegen das englische Kabinet so benahmen, wie es sich im Beginn dieser Sache gegen uns benommen hatte, Dies, meine Herren, waren dic ernsten, wirklichen und rechtmäßigen Gründe unserer Zurücthal- tung vor 6 Wochen. Auch jezt giebt es noch Gründe zu folher Zurück- haltung. Die Frage is zwar weiter vorgerückt, aber noch nicht beendigt, Der von uns gefaßte Beschluß is im Stillen Ocean noch nicht vollzogen, Der Admiral Hamelin is noch nicht unter Segel gegangen, Es können noch vielerlei Zwischenfälle eintreten, Unzeitige Aeußerungen und Vetr- öffentlihungen können üble Folgen haben, Hierauf haben wir bei den neuen Miitheilungen, welche wir heute der Kammer vorlegen, die nöthige Nüksicht genommen, Man handelt in England nicht anders; auch dem Parlament theilt das englische Kabinet nur die ihm zur Publication geeignet scheinenden Auszüge aus den Aktenstücken mit, Es liegt dies in den Prinzipien der Repräsentativ - Regierungz sie fordert vom Lande dieses Vertrauen zu den Depositaren der Gewalt; man möge diese stürzen, wenn jenes Vertrauen nicht vorhanden i,“ (Beifall im Centrum.)

Nachdem hierauf Herr Ledru-Rollin den Marine - Minister nochmals wegen seiner schon von Herrn Guizot berichtigten Aeuße- rung zur Rede gestellt und Admiral Mackau die Angabe seines Kol- legen für vollkommen genau und richtig erklärt hatte, wollte zwar die Opposition sich noch immer nicht beruhigen; man \prah von bereh- neter Vershweigung, absichtlih verursachter Verwirrung, um die Kam- mer irre zu führen u, dgl, m.z; der Eine verlangte Fortseßung der Diskussion am nächsten Tage, der Andere am Montag oder an einem anderen Tage der nächsten Woche; ein Mitglied warf die Frage auf, ob nicht eine völlige Untersuchung einzuleiten, ein anderes, ob nicht wenigstens vie Mittheilung eines speziellen Berichts zu fordern ci; die Kammer trennte sich aber am Ende, ohne irgend einen Beschluß zu fassen, ob die Diskussion fortgeseßt werden solle oder nicht, nah= dem Herr Guizot 40 verschiedene auf die otaheitishe Angelegenheit bezügliche Piècen vorgelegt hatte.

Paris, 20. April, Am Tage darauf, als Graf Montalem= bert seine neo-fatholishe Rede in der Pairs-Kammer gehalten hatte, eröffnete Herr Lacretelle, Professor der Geschichte an der Sorbonne, Verfasser von Werken über die Religions-Kriege und einer Geschichte Frankreihs vom Tode Ludwig?s X1V. bis zur Juli-Revolution, seinen akademischen Kursus mit einem Vortrag gegen die Uebertreibungen und Anmaßungen der geistlihen Gewalt, dem Staat gegen= über, und namentlich gegen den Jesuitismus, Das Journal des Débats macht besouders aufmerksam auf die Vor= lesung, welhe mit der Absicht einer augenblicklihen Ent= gegnung auf die Doktrinen des Grafen von Montalembert gehalten zu sein scheint. Nachdem der Redner der Sorbonne die Frage über die Konkurrenz beim öffentlichen Unterricht berührt hat, kömmt er auf die Grundsäße der Jesuiten, die er als den übermüthigsten Aus= druck des Ultramontanismus bezeichnet, und sagt in dieser Beziehun unter Anderem: „Das Problem beruht in der Frage, As wir zweien Königen zu gehorchen haben, oder vielmehr gar einem fremden Oberhaupt allein, welches in unserem Könige nur einen bürgerlihen und abseßbaren Statthalter schen möchte, Wir aber erkennen nur Einen König, und zwar einen con= stitutionellen.““ Daun wird von der Herrshsucht gesprochen, die das Papstthum in früheren Zeiten, als es durch die weltliche Macht noch

net, fährt er S, 73 fort: „Die Straßen sehen, wenn sie nicht gerade vom Sonneulicht hell beleuchtet werden, {wärzlich aus. Hierin giebt sih das erste Zeichen um \ih greifender Verarmung kund. Das zweite fanden wir ín der Lecre der Straßen und des großen unregelmäßigen Plaßes La Ma- rina, Diese Oede war um so auffallender, als wir den unablässigen Tu- mult des neapolitanischen Treibens erst Tags zuvor aus dem Ohre verloren hatten, Der ernste, fast trübe Ausdruck, den wir auf den Gesichtern der Schiffer im Hafen, der Kaufleute in den Läden, der meisten uns in der Stadt begegnenden Menschen wahrnahmen, war keine Täuschung. Wir befanden uns unter einem von Sorgen und Kummer schwer belasteten Volfe, Die Ursachen seiner Noth liegen nicht fern, Die bekannten Parlaments - Beschlüsse von 1812 haben allerdings im Interesse der gerin- geren Klassen alle Feudalrechte aufgehoben, Diese Bestimmung wurde durch das organische Gesch Ferdinand's 1. vom 12, Dezember 1816 aufrecht er- halten, Dennoch sind die Klöster und die Edelleute, theils vermöge ihres unverhältnißmäßigen Grundeigenthums, theils vermöge des sehr mangel- haften Rechtszustandes, thatsächlih noch immer im Besiy so vieler Bor- züge, daß an einen Aufschwung von Betriebsamkeit und (Hewerbsthätigkeit unter dem Volke nicht zu denken is, Jm Alterthum zählte der Staat von Agrigent 800,000, der von Syrakus über eine Million Einwohner, Die heutige Bevölkerung der ganzen Jnsel wird nur zu 41,700,000 Menschen angegeben. Dies beträgt zwar für die 496 (] Meilen des Landes noch im- mer 3230 Seelen auf die (]Meile, steht aber mit der üppigen Fruchtbarkeit des Bodens und mit dem Reichthum an anderweitigen natürlichen Erwerbs- quellen in keinem Verhältniß, Die Jusel enthält aber auch 400 Klöster und in ihnen zwischen 45 und 50,000 Mönche und Nonnen, Von diesen und von der zum Theil sehr wohl dotirten Weltgeistlichkeit, welche ebenfalls 25,000 Köpfe zählt, ist fast der fünfte Theil der Bevölkerung unmittelbar abhängig. Der Adel zählt 61 Herzoge, 217 Fürsten, 220 Marquis, gegen 2000 Barone und andere Edelleute, Die 45 Königlihen und 352 Mediat- städte der Jusel enthalten zwar den überwiegenden Theil der Einwohner- chast, doch sind sie fast ganz auf den Anbau der unentbehrlichsten Feld- früchte, auf Fischerei, Korallenfang, unbedeutende Handwerke und wenig lohnende Tage- Arbeit verwiesen, Handel und Gewerbfleiß stocken. Jn die- ser Beziehung kommen fast nux Palermo, Messina und Catanea in Betracht,

niht in die gehörigen Gränzen zurückgewiesen worden, mit wenigen Ausnahmen stets gezeigt habe. Es wird darauf den heutigen klerifa- lischen Bestrebungen die Macht der öffentlihen Meinung, mit der Siütße der drei Staatsgewalten, entgegengeseßt und hierbei Lud- wig Philipp, als das Genie des constitutionellen Königthums, dem vierzehnten Ludwig, als dem Genie der absoluten Monarchie, gegenübergestellt. Der Redner \chließt endlih, nah weiterer Ausfüh= rung dieser Gegensäße,' mit folgenden Worten: „Es besteht eine unüberwindlihe Unverträglichkeit zwishen dem französishen Charakter und dem Charakter des Jesuitiêsmus, wie zwischen dem offenen Wort, das hervorgeht aus dem Grunde des Herzens und dem versteckten Gewissensvorbehalt. Die Freiheit hat bei uns ihre Fanatifer, furcht- bare Fanatiker gehabt. Was aber eine Nation am tiefsten verdirbt, was die unsere am meisten verabsheut, das isst der ränfkevolle und trügerishe Fanatismus, der selbst das eiageborne Gefühl für das Vaterland. verleßt. Prälaten Frankreichs! Bekenner der galli- kanischen Kirchenfreiheiten ! Achtet dieses Gefühl und erröthet uicht, eimen Namen zu tragen, n ihr den Ruhm habt, mit dem großen Bossuet zu theilen, Sollte aber eine heillose Jutrigue euch blind machen und neue Mauifeste gegen uns hervorrufen, so wird der Ge= \chihtschreiber der Religionskriege nicht weichen und sih beugen vor denen, die uns die Zeiten der Ligue zurüdckbringen wollen,

E Paris, 20. April. Jun der heutigen Sißung der Depu tirten-Kammer erstattete Herr Lebobe zuerst den Kommissionsbericht über den Geseß-Entwurf, die Eisenbahn von Ninies nah Montpellier betreffend, Dann erstattete Herr de Lasteyrie Bericht über eine Petition eines gewissen Herrn de Waldau zu Calais, der die Ueber= tragung der Asche des Sohnes Napoleon’s (des Herzogs von Reich= stadt) nah Fraukreih verlangt. Man ging darüber zur Tagesordnung, Eine andere Petition um Äbschafsung des Gesebes vom 28. April 1816 und Vereinigung aller Auflagen auf Getränke in eine einzige wurde an den Finanz-Minister verwiesen. Ein Soldat, Jumeau, von der Garnison vou Paris verlangt Verbesserung der Lage der Verhafteten im Militair-Gefängnisse. Der Berichterstatter Herr Lebobe sagt, die Ausdrücke dieser Petition hätten ihn veranlaßt, sich in das Gefäng niß der Abbaye zu begeben, um sih von der Wahrheit der angesühr= ten Thatsachen zu überzeugen, Er habe da die Ueberzeugung er- langt, daß kein Militair des Namens Jumeau dort sich befunden habe. Kein Soldat habe die angegebenen Klagen bestätigt. Die Petition sei also offenbar apokryph, und die Kammer habe sich, seiner Ansicht nach, deshalb nicht damit zu befassen. (Zustimmung.) Nacl Berichterstattungen über mehrere andere Petitionen erstattet Herr d'Haussonv ille Bericht über eine solche von Mitgliedern verschiedener Konsistorien der reformirten Kirche, welche Freiheit der Kulte verlangen, Die Kommission beantragt Verweisung derselben an den Kultus-Minister. Herr de Lafarelle spricht gegen die Kommissious-Anträge, er will zwar auch die Verweisung an den Minister, aber aus anderen Grün- den als die Kommission. Der Siegelbewahrer: er werde die Verweisung an ihn bekämpfen, weil die Kommission sie verlange im Hinblick auf einen interpretativen Geseß-Cutwurs, den sie für nöthig halte, der aber dem Ministerium überflüssig erscheine. Da aber meh= rere Redner für und gegen die Kommissions = Anträge eingeschrieben seien, so behalte er sich vor, nah ihnen zu sprechen. Herr de La- farelle unterstüßt nun die Verweisung der Petition an den Minister, damit die Regierung untersuche, ob, in Ermangelung einer legislativen Maßregel, nicht mindestens eine administrative zu tressen sei, um das Recht der Protestanten in Frankreich, ihren Kultus auszuüben, zu be=- günstigen, Der Siegelbewahrer erklärt, nah der Ansicht der Regierung sei die gegenwärtige Geseßgebung zureihend, und deswe- gen bekämpfe er die Verweisung der Petition an ihn. Aber sobald es sich nur von administrativen Maßregeln handele, um die Freiheit der Kulte zu begünstigen, die im Wunsche der Regierung liege, werde er sich der Verweisung der Petition an ihn nicht wider- seben, wie ihn Herr de Lafarelle verlange, (Nuf zur Abstimmung.) Herr von Gasparin hofft, die Kammer werde ihn hören wollen. Er wolle die Verweisung der Petition an den Siegelbewahrer in dem Sinne unterstüßen, den die Regierung darein lege, (Murren,) Wir Protestanten verlangen ein Geseß in dem Sinne des Artikels der Charte. (Die Sißung dauert fort.)

Gestern Abend, als der aus 25 Wagen bestehende Convoi auf der Eisenbahn von Orleans hierher auf der Höhe von Jory ankam, stedte ein von dem Kamin der Lokomotive auf die Dee eines Wag= gons gefallener Funke dieselbe in Brand, und in Folge des heftigen Windes waren binnen kurzem 4 Waggons verbrannt, in denen sich Schlachtvieh befand, das fast sämmtlih zu Grunde ging, ohne daß jedoch glücklicherweise ein Menschenleben dabei verloren ging,

5 Paris, 20, April. Die gestrige Sibung der Deputirten- Kammer hat die Erwartung der Opposition getäuscht, Es ist sehr friedlich hergegangeu, und weder Herr Billault, noch Herr Ledru Rollin haben große Bewegung hervorgebracht, Wir wollen uns auch bei dieser Erörterung nicht aufhalten und nur einige Details der ota- heitishen Angelegenheit erwähnen, von denen bisher weder in der Kammer; noch in der Presse die Rede gewesen is. Bekanntlich ist der Schiffs- Capitain Bruat Gouverneur der französischen Besibun-

Dies sind die Stapelpläße für die Verarbeitung der im Lande gewonnenen Seide und für die Ausfuhr derselben und der Südfrüchte.“

„Eigentliche Kommunen existiren, mit Ausnahme der nächsten Umge- bungen des Aetna, nur in Städten. Unzweiselhaft haben die Bedrückungean des Adels und die vielen äußeren Kriege und inneren Fehden im Mittel- alter diese städtischen Verbände hervorgerufen und befestigt, Das platte Land umfaßt aber den überwiegenden Theil des Grundbesißes, und dieser ist fast ausschließlich in den Händen der Geistlichkeit und der Edelleute, Die herrlichsten Produkte des Bodens verlieren durch unglaublihe Vernach- lässiigung ihren Werth, Der Aubau des Weins, welcher überall reichlich gedeiht, wixd nur an wenigen Orten, am Aetna, in Syrakus und in Mar- sala, mit einiger Sorgfalt getrieben. Auch die Oelkultur liegt sehr danieder. So weit ih Sicilien gesehen, habe ich nur sehr alte E aa senn einzigen neu gepslanzten erblickt, Production, Absaß und ar erutan werden von Jahr zu Jahr geringer, Nicht nur die Zahlungen vis N E Theil hoh besteuerten Erzeugnisse fremden Gewerbslciße#e En Maus die an neapolitanishe Spekulanten verpachteten Staats? ga Mes gegen aus dem Lande, ohne daß seit langer Zeit von -der Regierung R wesentliche Ver- wendungen für vasselbe gemacht worden wären, Zum Ueberfluß verzehren viele Grundbesißer ihre Nenten in fremden Hauptstädten. Die Armuth muß unter diesen Umständen beunruhigend zunehmen, Die Ueberlassung des Schwefel - Monopols an eine französische Handelsgesellschaft hat den Ruin des Landes vollendet. Die frühere Art, jenes für die Jnsel höchst wichtige Produkt zu fördern, gab vielen Tausenden Verdienst und Lebensunterhalt, Durch die neu eingeführte, ‘drückende und beschränkende Ordnung sollen über 30,000 Arbeiter plöulih ihres Unterhalts Heraubt worden sein. (Es is hierbei nicht zu vergessen, daß der Brief 1839 geschrieben wurde.)

„Für Palermo speziell treten noch zwei traurige Hauptursachen schnell zunehmender Verarmung hínzu : einmal die Advokaten, welche hier in über- chwänglicher Anzahl vorhanden sind und mit ihren Dienern, Schreibern und Helfershelfern über tausend Köpfe ausmachen ; dann die Folgen der Cholera, welche vor einigen Jahren die Stadt uud die Umgegend auf das schrecklichste verwüstet hat, Jene saugen recht eigentlih an dem Mark des Landes z sie verwirren die Anwendung der Geseße durch ihre Kunstgriffe und Intriguen so, daß man sich im Zustande der unbeschränktesten Recht-

gen in der Südsee, und als solcher hatte er darüber zu wachen, daß Frankreihs Protektorat über Otaheiti respektirt werde, Der Contre- Admiral Dupetit-Thouars befehligt die Schisss-Station in der Süd= see, eine der 11 Stationen, die Frankreih an verschiedenen Punkten unterhält. Als Contre= Admiral is er der Vorgeseßte des Herrn Bruat, obgleich dieser den Titel eines Gouverneurs der französischen Niederlassungen in Oceanien führt, Seit der Ankunft des Herrn Bruat auf den Marquesas= Inseln hat sich zwishen ihm und dem Befehlshaber der Schiffs -=Station eine Art von Rivalität gebildet, die dem Dienste sehr nachtheilig ist. Diese Rivalität hat zu der Besibnahme von Otaheiti durch Herrn Dupetit - Thouars vielleiht eben so viel beigetragen, als das Benehmen des englischen Konsuls Prithard, Der Befehlshaber der Schisss=Station wollte seine Autorität nicht einshläfern und noch weniger sie durch die des Schiffs -= Capitain Bruat vernichten lassen. Aber was sollte er thun, um nicht unthätig zu bleiben? Er mischte sich daher in Fra- gen, über die vielmehr der Capitain Bruat zu entscheiden hatte , und stüßte sich auf seinen höheren Grad, um sich diese Entscheidung an- zumaßen. Das Ministerium kannte die zwischen beiden Seemännern bestehenden Zwistigkeiten sehr wohl, und es weiß au, daß die Be= sißnahme zum Theil diesen Zwistigkeiten, so wie dem Wunsche des Admirals, einen Aft der Autorität auszuüben, zuzuschreiben ist. Dies wollte Herr Guizot in der Deputirten Kammer bei den ersten Juter= pellationen über die otaheitishe Angelegenheit auf der Tribüne erklä- ren. Man erinnert sich, daß er sich einem Votum der Kammer wider= seßte, indem er sagte, er habe neue Berichte mitzutheilen. Allein bis zum nächsten Tage hatte das Ministerium gefunden, es sei besser, über diesen Punkt zu schweigen, und man weiß, wie diese Angelegen= heit endigte. eri

Das Kabinet i}, wie man wohl denken kann, äußerst unzufrieden mit dem Benehmen des Contre-Admirals Dupetit-Thouars, das ihm ungeheure Verlegenheit bereitet. Es will indeß diesen Stabs-Offizier, dessen Benehmen \o lebhafte Sympathieen im Lande erregt hat, nicht verleßen und denkt sich nun auf folgende Weise aus dieser Verlegen- heit zu ziehen: Um vom Contre - Admiral zum Vice - Admiral zu avanciren, is ein dreijähriger aktiver Dienst in jener Charge erforder- lich, Herrn Dupetit -Thouars? dreijährige Dienstzeit geht erst im nächsten September zu Ende. Erhält er jeßt den Befehl zur Rüd= kehr nach Frankrei, so könnte man ihn nicht zum Vice = Ad= miral ernennen, und dann wäre seine Ungnade vollständig. Dies will das Ministerium vermeiden, um die bffentlihe Mei- nung niht zu sehr vor den Kopf zu stoßen. Man verzögert daher so viel wie möglih die Abreise des Contre - Admirals Hamelin, der das Kommando der Schisfs-Station in der Südsee übernehmen foll, und man wird die Dinge so arrangiren, daß Herr Dupetit=Thouars seine Abberufung niht vor dem September erhält, in welchem Monate, wie bereits erwähnt, seine dreijährige Dienstzeit als Contre = Admiral zu Ende geht, Seine Ernennung zum Vice- Admiral, die gegenwärtig beschlossen ist, wird den Eindruck der Ab- berufung etwas mildern, und Herr Dupetit-Thouars wird sih gewiß nicht beklagen. Dies erklärt die Verzögerung der Abreise des Contre= Admirals Hamelin und die Mühe, die man sich giebt, ein abgetakeltes Schiff auszurüsten.

Diese Ernennung wird zugleih eine Antwort auf die Subscrip- tionen für den Ehrendegen, der Herrn Dupetit-Thouars bestimmt ist ; er wird lieber Vice-Admiral werden, als einen Ehrendegen annehmen und seine Stellung verlieren wollen. Er kann sich übrigens leiht der ihm zugedachten Ehre entziehen, Nach den bestehenden Verord- nungen darf ein Offizier Geschenke dieser Art nur mit Genehmigung seiner Vorgeseßten, d, h. des Ministers, annehmen, Nun is es klar, daß Herr von Mackau dem Herrn Dupetit-Thouars nicht gestatten wird, den ihm vom National bestimmten Ehrendegen anzunehmen, und Herr Dupetit-Thouars seinerseits wird s{ch hinter den geseßlichen Vorschriften vershanzen, um dies kleine patriotishe Geschenk zurüd= weisen zu fönnen.

Man muß es übrigens eingestehen, daß nur in Frankreich die Manie herrscht, solhe sogenannte National - Manifestationen zu ver= anstalten, und zwar wegen Handlungen, die der Mühe gar nicht ein mal werth sind. Was hat denn eigentlich Herr Dupetit - Thouars gethan? Hat er eine glänzende Wasfenthat ausgeführt? Hat er eine Schlacht gewonnen, einen Freund gerettet oder einen Feind zu- rückgetrieben? Js er in Gefahr gewesen? Nichts von Allem hat stattgefunden, und die Besißnahme von Otaheiti war das Leichteste von der Welt; “Niemand konnte sich widerseßen, weder der Konsul Pritchard, noch der Commodore Toup = Nicholas, der ein- zige ernstlihe Gegner des Herrn Dupetit -= Thouars. Man weiß in der That nicht, warum die französischen Patrioten so viel Lärm machen. Was würden sie denn thun, wenn Herr Dupetit-Thouars eine Seeschlacht gewonnen oder eine gut ver- theidigte Jusel mit dem Degen in der Hand erobert hätte? Dann würde der National genöthigt sein, zu Denkmälern, Statuen und Medaillen aufzufordern, und die Sprache würde nicht Worte genug haben, um ein solhes Ercigniß gebührend zu rühmen. So geht es hier stets; niemals würdigen wir die Sachen nah ihrem wahren Werthe. Man hat allerdings aus der otaheitishen Angelegenheit eine wichtige politische Frage gemacht, und man hakt geglaubt, daß

losigkeit befindet, Jhre Büreaus bestehen in, nach der Straße zu offenen, oder nur dur einen leinenen Vorhang verdeckten, Gewölben, an deren Wänden auf hohen uud langen Pulten zahlreiche Pergamentbände, Prozeß- Akten und Dokumente enthaltend, aufgestellt sind, Jn der Mitte dieser Räume sitzt, einer Kreuzspinne in ihrem Neß vergleichbar, der {warz ge- kleidete Priester der Themis und wartet der Kunden, deren er sich entweder {hon längst mit dämonischer Gewalt unwiderruflich bemeistert hat, oder welche ihm wie Schlachtopser von ausgesendeten Mätlern zugeführt werden. Niemand darf hier glauben, ein von ihm erkauftes Eigenthum sicher zu besizen. Oft erheben sich Ansprüche darauf von Seiten und von Personen her, deren Dasein bis dahin nicht geahnt worden war, und häufig genug bringt es die Verschmißztheit des Advokaten wirklich dahin, daß dem Prä- tendenten seine unbegründeten Anforderungen mit hohen Summen abgekaust werden, von denen natürlich der größere Theil in die Taschen des listigen Anwalts fließt, Manche Familie besoldet mehrere für geschickt bekannte Rechtsverständige blos deshalb sehr reichlich, damit dieselben sich verpflich- ten, nicht gegen sie aufzutreten. Der Reiche und Mächtige ist seines Sie- ges gegen den Unbemittelten fast immer gewiß. Er darf sich deshalb Alles erlauben, Um so tiefer wurzelt wüthender Parteihaß in den Gemüthern des Volks, ‘‘

Es folgt nun eín ershütterndes Gemälde von der Dezimirung Paler- mo?'s durch die Cholera uud von der Auflösung aller Bande der Gesellschaft in Folge dieser Katastrophe. Dann heißt es weiter; „Schon vor dem Auftreten dieser furhtbaren Geißel hatte düsterer Unmuth auf vielen Punk- ten der Jusel Wurzel gefaßt, Die Unwissenheit und Rohheit der niederen Stände macht ihre alte Neigung zur Empörung noch gefährlicher, rücksichts- loser. Schon im Jahr 1831 wurde der Anschlag einer verzweifelten Baude, Palermo zu überfallen und zu plündern, nur durch Zufall vereitelt, Blutige Hinrichtungen shürten das glimmende Feuer mehr, als sie es dämpften““, Der Verfasser erzählt uns nun die auf der-Junsel herrschende Unordnung und Raubsucht, und in Folge derselben die persönliche Unsicherheit, so daß die Regierung die gährenden Massen nux mit dem Bajonette niederhalten könne. „Troß allem über Palermo verhängten Ungemach““, fährt er dann fort, „fand ih die Bettelei zwar nicht weniger häufig, aber doch weniger frech, als in Neapel, Auch is man hier viel mehr zum Geben aufgelegt, wenn

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eine sogenannte National-Subscription die Stellung des Ministeriums sehr s{chwierig mahen werde, Jm Grunde is dies Ailes nicht sehr wichtig. Der National wird dabei zu Schaden kommen und ge- nöthigt sein, das Geld den Subsfribenten zurückzugeben, ein Geschäft, das weit schwieriger sein wird, als die Einsammlung der Beiträge,

Grossbritanien und Irland.

London, 20. April. Das Unterhaus war gestern während des größten Theils seiner Sißbung im Ausschusse für Geldbewilligun- gen beschäftigt, und die Verhandlungen bieten nichts von Juteresse. Mehrere Posten zur Unterhaltung der Civil-Verwaltung verschiedener Kolonieen wurden nah erfolgter Abstimmung, welhe der Einspruch und die Beschwerden einiger radifalen Mitglieder des Hauses über die {hweren, dem englischen Volke für seine Kolonieen aufgelegten Steuern nöthig machten, bewilligt und die weiteren Verhandlungen bald darauf vertagt. Das Oberhaus war nur kurze Zeit versam- melt und beschäftigte sich mit einigen eingebrachten Petitionen für und wider die vom Lord-Kanzler angekündigte Vill über Dissenter-Kapellen, Die Verhandlung blieb ohne Resultat.

Die Regierung veröffentliht heute die Balance der Staats= Ausgabe= und Einnahme-Rechnung für das mit dem 5. April abge- laufene Finanzjahr 1844, welche das äußerst zufriedenstellende Resultat ergiebt, daß die Einnahme in diesem Jahre die Ausgabe um 2,095,427 Pfd, übersteigt. Die Haupt-Positionen stellen sih folgendermaßen:

Einnahme. 21,426,632 Pfd.St. C Lr ei i Di et: ivar i BROOA DIA » Stempeln 7,011,936 Steuern (Grund - und indirekte) 4,192,473 ug Gc E 5,356,888 Post j 628,000 Kron - Ländereien ; 147,503 Gehalts- und Pensions-Abzüge, 1¿u. 4 Sh, vom Pfd, 5,216 Kleine Fidei -Kommisse der Krone Lis 29,917

Ersparungen an Gehältern in der Verwaltung 90,424 v 51,811,000 Pfd,St.

, Andere Einnahmen. Die von China stipulirte Summe ………….…….….…... i 803,802 Pfd,St, Bon der ostindischen Compagnie 60,000 » Nicht eingeforderte Dividenden L 3/413 » Bro ia 123,209 »

52,835,124 Pfd.St,

E Ausgabe, Zinsen und Abzahlung der fundirten Schuld. Annuitäten

Nicht fundirte Schuld (Zinsen für Erchequer-Bills)

. 24,642,472 Psd.St,

3,883,969 » 606,342 »

Civil= Life it e Sielle ebe Ls Jahrgelder und Pensionen

(Gehälter

Diplomatische Gehälter und Pensionen -

Justiz - Verwaltung ,

D taa Cas L cia AULSUR D Pte adl Das Heer 6,118,656

6,286,056

Feldzeug - Amt . 1,941,926

Vermischte Parlaments - Bewilligungen 2,812,294

Opium - Entschädigung. . ewe 4,249,395

Chinesische Expedition 821,020

U Uen A a, A e t 0A G TE 25,300

50,739,697 P\d.St, 2,095,427 »

52,835,124 Ps\d.St, Die Presse kann nicht anders, als sich über ein solches Resultat

Nebershuß der Einnahme

günstig aussprehen. „Wenn wir an das „schrecklihe Uebermaß“ der

Ausgabe über die Einnahme denken““, sagt die Times, „was nicht weniger als 4 Millionen betrug und uns Anfangs des Jahres 1843 beunrußigte, so müssen wir gewiß uns wieder gestärkt fühlen, wenn wir auf das zufriedenstellende Uebermaß der Einnahme über die Aus= gabe von 2,095,427 Pfd. blicken, welches die Rechnung im April 1844 abschließt.“ Dennoch is dieser Finanz = Zustand des Staates nicht geeignet, die Times ganz zu beruhigenz die Einkommensteuer, die verhaßte Auflage, welche eine vorübergehende Krisis zu heilen bestimmt war, und deren Annahme nur die dringendste Nothwendig- feit gebot, droht eine stehende Einnahmequelle des Staats zu werden, und diese Aussicht trübt die freudigen Hoffnungen, zu welchen die Herstellung des Gleichgewichts in den Finanz - Etat berechtigte, „Brauchen wir wohl noch zu sagen“, schreibt die Times, „wie ängstlih wir Blatt für Blatt die Rechnung durhsahen, um einen Strahl von Hoffnung für die baldige Abschaffung der Einkommen- steuer zu finden? Es war vergebens; wir stehen jeßt dem Ende der Periode, für welche wir uns die Steuer gefallen ließen, näher als ihrem Anfangez wir sehen das Ziel, welches der Premier - Minister uns bei der Auflage dieser unpopulairen Steuer vorhielt, {hon vor Augen und fangen an, uns der baldigen Freiheit zu freuen, da müs= sen wir inne werden, und zwar niht mit gewöhnlicher Besorgniß, daß dies abscheuliche Monstrum von Steuer bei ihrer Abschaffung einen Ausfall von nicht weniger als 5,356,888 Pfo. St. in den Staats=Einnahmen verursahen muß. Wie soll dieser Ausfall gedeckt werden? Unsere Einnahme übersteigt in diesem Jahre die Ausgabe

man in die oft edlen und von tiefem Jammer durchfurchten Züge der um Mitleid Flehenden bkickt. Mancher Arme, der uns unter der Hand um ein Almosen bat, zeigte in Kleidung, Haltung und Sprache die Spuren einsti- gen Wohlstandes, Der Sicilianer wächst, wenn er nicht sehr wohlhabenden Familien angehört, ohne Schulunterricht auf, denn für diesen wird fast Nichts gethan. Er is deshalb unwissend, rauh und hart. Es is aber in ihm ein undeutlihes Gemisch von spanishem Stolz, deutscher Redlichkeit und arabisher Großmuth zurückgeblieben, Versprechen pflegt er heilig zu halten, Gastfreundschaft nicht zu verlegen, Glühende und leiht angefachte Rache ist seine hauptsächlichste Leidenschaft, Blutvergießen is ihm Spiel, Verachtung des Menschenlebens ihm eigenz es hat für ihn selbst oft zu geringen Werth, um es bei Anderen zu schäßen z aber er is weder feig, noch gemein, wie so häufig der Neapol'tauer, und es spricht gewiß sehr für den Charakter des Volkes und für das Edle in den Grundbestandtheilen seiner Abstammung, daß es, des langjährigen Druckes fremdländischer Herrscher, der Sorglosigkeit seiner Re- gierung, des Uebermuths eines reihen und mächtigen Adels, der Insinua- tionen der Geistlichkeit, der Jntriguen cines Heeces von Advokaten und aller Leiden, welche Krieg, Empörung, Erdbeben, Pest und Ueberschwemmung mit sich führen, ungeachtet, nicht hon längst zu der tiefsten Stufe moralischer Verworfenheit hinabgesunken ist.“

Was Bitter ferner noch über Sicilien, dann über Malta sagt, is gleich belehrend und trefflihz es giebt s{werlich eine lebendigere und malerischere Schilderung der Besteigung des Aetna, als die seinige, Sie is zu ausführ- lich, um sie hier einflechten zu können, wir müssen daher Freunde der Lektüre von Reisebeschreibungen auf das Buch selbst verweisen. Augenscheinlich sind die Abschnitte über Sicilien und Malta hon für den Druck ausgear- beitet gewesen, während die Notizen über die Rückreise nach Neapel, Livorno, ga) Florenz und Turin u, \. w, nur wiederum für den engeren Kreis einer Familie ursprünglich bestimmt waren, der gegenüber er jenes Herz voll Liebe und Treue, jeneu Sinn voll der edelsten Pietät kundgiebt, wodurch der so früh Dahingegangene Allen , die ihn näher gekannt haben, unver- geßlich bleiben wird, E

um 2 Millionen, Herr Goulburn verspricht uns, aus der Zins - Re=- duction der 37 proc. Stocks auh noch eine halbe Million, aber wie sollen noch die übrigen 25 Millionen ergänzt werden eine starre, - unbeweglihe Summe, die unsere übrigen Einnahme -Quellen schwer= lih decken fönnen. Wenden wir uns zu der größten Einnahme, den Zöllen, so suchen wir vergebens die Erfüllung der großen Ver= sprehungen, welhe Sir R, Peel auf Grund seines neuen Tarifs gab und noch immer giebt, Was sehen wir? Nicht das stete Wach= sen der Einnahme, welches unsere staatsöfonomischen Enthusiasten pro= phezeit haben, aber wohl ein stetes gleihmäßiges Sinken. Wir hat= ten im Oktober 1842 eine Summe von 19; Millionen, im Oktober 1843 schon nit mehr als etwas über 184 Millionen und gegenwär=- tig noch weniger als diese Summe eingenommen, Wir kön- nen deshalb aus diesem Einnahme = Zweige nichts erwarten. Die Post - Einnahme zeigt (heu! quantum mutatus) ein unbedeutendes Steigen vou 30 oder 40,000 Pfund statt der küh- nen Erwartungen des Herrn Rowland Hill, Alles, was gethau wer= den konnte, ist geschehen. Das forrespondirende Publikum wird durch blaßrothe, purpurne und blaue Portraits der Königin, durh gestem= pelte Brief=-Couverts und gestempeltes Briefpapier, dur alle mög=- lichen Kunstzierrathen veranlaßt, seine Pfennige und Two-Pences auf die Post zu tragen, aber leider hat das Publikum sih immer schon besonnen, wie viele Briefe es schreiben will, und bleibt unempfindlih gegen alle Lockungen von St. Martins -le=Grand. Eine Besse= rung der Einnahme hat stattgehabt, das ist feine Frage;z und wahrscheinlich wird dieselbe sich noch günstiger stellen, aber ge- wiß nur in so mäßiger und gewöhnliher Weise, daß alle die Er=- wartungen von der größeren Lust des Publikums, Briefe zu schreiben, sich als übertrieben herausstellen werden, Herr Rowland Hill ist gewiß nicht unser Deus ex machina für unseren gegenwärtigen Zweck.“/ Auch von den übrigen Einnahme= Zweigen erwartet die Times keine Steigerung, so daß der Ausfall bei einer Abschaffung der Einkommensteuer gedeckt werden könnte.

Ute d-é 1.1 0.8D f:

„*. Aus dem Haag, 20. April. Der Aufenthalt der Kö- niglihen Familie in Amsterdam, wo sie bekanntlih seit dem 16ten verweilt, liefert einen neuen Beweis von der Anhänglichkeit des Vol- fes an seinen König, Jhre Majestäten der König und die Königin, so wie die Prinzen und die Prinzessin von Oranien, werden überall mit Freude und Jubel empfangen. Es isst dies eine Reise der An= erkennung, indem Se. Majestät, tief gerührt durh die Anstrengungen, welche die Nation gemacht hat, um die Finanzen des Landes zu ret=- ten, sich beeilte, der großen Stadt, die so viel zur Deckung der An=- leihe beigetragen hat, seinen Dauk dafür darzubringen, und an die- sem Königlichen Beweise der Zufriedenheit haben zugleich alle Städte und Gemeinden des Königreichs Theil. j

Die neue Anleihe von 35 Mill. Fl. zu 4 pCt,, welche zur Ein= lösung der 5proc. Renten bestimmt is, soll der Vorläufer einer grö- ßeren Konvertirung sein, indem man die Hoffnung hegt, daß die Kon=- vertirung der 5proc. in 4proc. in der Folge zu Stande kommen werde. Es is dies der erste Schritt zur Reduction der Staats-Renten. Die Regierung i} unablässig bemüht, sowohl die aus den Schulden des Landes, als die aus den allgemeinen Ausgaben entstehenden Lasten allmälig zu vermindern. Schon sind in allen Verwaltungs - Zweigen bedeutende Vereinfachungen und Ersparungen eingeführt worden.

Die Direction der niederländischen Bank hat ihre Rechnungen am 31. März abgeschlossen, und jede Actie erhält eine Dividende von 54 Fl.

Seitdem die gerichtlichen Citationen und Verfolgungen im Her= zogthum Limburg begonnen haben, is Unordnung in dem Lager der Separatisteu eingerissen. Der sogenannte verantwortlihe Gérant und der Drudcker ihres Jouruals sind verändert worden; sie haben an die Stelle eines unbekannten Menschen einen noch unbekannteren gesebt, und der Sohn des Druders ist an die Stelle des Vaters getreten, weil dieser niht mehr die Verantwortlichkeit übernehmen wollte. Dies sind Thatsachen, welche die hier eingegangenen Briefe melden, Die gerihtlihe Untersuhung wird mit Eifer fortgeseßt; indeß erfahren wir au, daß weder die Proclamationen, noch die Ermahnungen, noch die begonnenen Prozesse die Agitatoren abshrecken; sie senden ihre Agenten in alle Gemeinden, die dem Volke zurufen: „Leistet geseßlichen Widerstand z zahlet nihts, wir zahlen auch nichts!“ und ihr täglihes Organ sügt mit einer unvershämten Zuversicht hinzu: „Harret ausz wir haben die gegründeteHoffnung, daß die Trennung bald stattfinden wird!“ Was foll man bei solhen De= monstrationen thun? Die Regierung muß mit Energie zu Werke gehen und nicht dulden, daß einige Ehrgeizige eine ganze Bevölke- rung ins Verderben stürzen. Jn allen Gemeinden werden die allge= meinen und die lokalen Steuern verweigert; die leihtgläubigen Ein= wohner sind unklug genug, dem ihnen gegebenen Jmpulse zu folgen, und es müssen offenbar die ernstesten Unaunehmlichkeiten daraus ent= stehen. Aber bei dem Gange, den die Angelegenheiten neh= men, werden die Kleinen für die Großen, die Armen für die Reichen büßen müssen; denn vermittelst Zahlungen und gehei= mer Unterwersungen ijt es bereits geshehen, daß die Mit- glieder der separatistishen Verbindung der Strase entgangen sind,

Geistliche Musik-Aufführung in der Garnisonkirche.

Daß bei Kirchen-Konzerten, wo sogar zur Begleitung der Gesänge die Orgel in Anwendung gebracht wird, eine gewisse Einfarbigkeit unvermeidlich ist, darüber haben wir uns ausführlicher auszusprechen bereits bei einem ähnlichen Anlasse Gelegenheit gehabt, Auch bei der von Herrn Professor C. Kloss am Montag, den 22sten, von 5—7 Uhr in der Garnisonkirche veranstalteten geistlihen Musik- Aufführung war dieser Uebelstand fühlbar, und das Publikum hatte sich auch, troydem daß die Einnahme zu wohlthä- tigem Zwecke bestimmt war, dennoch nur höchst spärlich eingefunden, Als tüchtige Orgel-Virtuosen zeigten sich sowohl Herr 2c, Klo ss wie Herr Haupt im Vortrage verschiedener figurirter Choräle, Fugen 2c. Auch ein vier- stimmiger Chor nebst Fuge von der Composition des Herrn Kloss und eine Motette für Männerstimmen machten, von einem freilich etwas schwach be- seten Dilettanten -Chor vorgetragen, eine, wenn auch nicht imponirende, doch gute Wirkung. Von dem Gründer des wahren Kirchenstyls, von Palestrina , wurde ein Hyumnus: „Gloria Patri“, a capella ebenfalls recht sicher gesungen und verfehlte auf die für reinen Kirchengesaug empfänglichen Gemüther seinen Eindruck nicht, Alles Aeußerliche vershmähend, giebt uns Palestrina’s Musik in ihrer Einfachheit, ruhigen Würde und Kraft nur den Ausdruck der Liebe und Andacht, wie sic dem Junern, alles Weltliche nicht beachtend, entspringt, und Niemand nah ihm hat diesen Styl voller Hoheit und Wahrheit in solcher Reinheit und Einfachheit zu handhaben verstanden , obgleih er von Vielen und mit Glück nachgeahmt wurde. Außer diesem Stücke aus dem sechzehnten Jahrhundert hörten wir noch mehrere aus dem neunzehnten Mlle. Tuczek trug eine Arie aus Haydn's „Jahreszeiten“, \o wie ein „Ave Maria“ von Cherubini, mit Orgelbeglei- tung vor, und Herr Pfister, dessen shöne Mittel wix bereits anerkannt haben, sang die Cavatine aus „Paulus“ von Mendelssohn: „Sei getreu“, recht gelungen,

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