1844 / 121 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

: o 9 , , Le ts 9439, Das Patent wegen Publication des Provinzial - Rech Bu für a rger Vom 19ten v. M. i 4. Mai 1844. I TY Comtoir der Geseß-Sammlung,.

: F: Der Kaiserl. russishe Geheime Rath, außerordent- liche Ge D Se bevollmächtigte Minister in der Schweiz, Freiherr

dener, nah Paris. 4 van S Bisgof Dr. Eylert, nah Eppendorf bei Hamburg.

llichtamtlicher Theil. Inland.

Berlin, 30. April. Erst vor wenigen Tagen is der „zwan - zigste Jahresbericht der hiesigen Gesellschaft zur Be- förderungder evangelischenMissionen unterdenHeiden“ îm Druck erschienen. Wir glauben auf diese Ersheinung um so mehr aufmerksam machen zu müssen, als die genannte Gesellschaft, welche vor 21 Jahren sehr klein angefangen, aber von Jahr zu Jahr sich erweitert und verstärkt hat, noch immer nicht zur allgemeinen und näheren Kenntniß in der Stadt gekommen zu sein scheint, in welcher die oberste Leitung derselben ihren Siß hat, Von den Einwohnern Berlins haben gewiß viele, ja die meisten, das freilih ziemlih außer den gangbaren Wegen seitab in der Scbastians-Straße Nr. 16 gele-= gene Missionshaus, in welchem sich das Seminar der Anstalt befin= det, noh nit einmal gesehen: es is} freilich äußerlich ziemlich un- scheinbar, es is aber doch sehenswerth, hon deswegen, weil die Kosten des Baues aus milden Beiträgen der Missions= freunde, größtentheils aus den Scherflein der Armen bestritten worden sind: die Juschrist mit goldenen Buchstaben drückt den Grund und Zweck der Anstalt aus. Hinter dem Hause befindet sich ein Betsaal, der gegen 800 Menschen faßt und oft gedrängt voll ist, Jebt zählt die Gesellschaft {hon dreiundneunzig Hülfsvereine in den untershiedenen Provinzen des Landes. Der gegenwärtige Bericht enthält auch eine Uebersicht der Missions-Stationen, welche durch die Gesellschaft in Süd-Afrika begründet worden sind, und aus den Mit-= teln der Gesellschaft, das heißt aus den Beiträgen der Missionsfreunde, erhalten werdenz es is auch eine kleine saubere Karte dazu beigefügt, worauf alle Stationen angegeben sind. „Wir erhalten durch diesen Bericht zugleih Nachricht von den dortigen Zuständen und von deu fleinen christlihen Gemeinden, die sich aus den Heiden sammeln. Die Gesellshaft hat seit Jahr und Tag auch eine Mission für Ostindien vorbereitet: in Ghazipoor sind bereits drei Missionare derselben in Thätigkeit. Außerdem giebt der Bericht auh Zeugniß von dem geist= lichen Leben, welhes der Missions =- Eifer in der christlichen Kirche überall erwedt: in der Schilderung der jährlihen Misslonsfeste in allen Vereinen tritt uns ein lebendiges und liebliches Festbild christ- liher Gemeinschaft entgegen.

Fragen wir nun nach den Fonds der Gesellschaft und dazu sind wir wohl berechtigt, denn „wer i unter uns, der einen Thurm bauen will, und sißet nicht zuvor und überschlägt die Kosten, ob ers auch habe hinauszuführen?““ fragen wir nah den Fonds, womit die Gesellschaft im Lande und unter den Heiden ihre Baukosten be= streitet, \o bestehen diese lediglich in eben dieser christlichen Liebes-= Gemeinschaft ; die Sicherheit beruhet allein in den Herzen, welche die Liebe Gottes durh den Glauben erwecket zur Liebe für die Heiden. Mit dieser Liebe steht und fällt das Werk.

Vielleicht giebt diese kurze Anzeige manchem Leser Veranlassung, fich um diese wichtige Angelegenheit, die sich nicht mehr ignorixen läßt, etwas näher zu bekümmern. Ein Weg nah dem Missionshause, und nah dem dahinter liegenden Betsaale, einige Stunden auf das Lesen des Berichtes verwendet, könnten den Anfang zu einer näheren Bekanntschaft mit dieser Anstalt machen, welche die ‘Theilnahme aller christlihen Einwohner Berlins in Anspruch nimmt,

Magdeburg, 29. April. Die hiesige Zeitung enthält folgendes beherzigenswerthe Schreiben aus Berlin, Das neueste Stück der Geseß-Sammlung bringt über einen wichtigen Gegen-= stand, der die Aufmerksamkeit in leßter Zeit in erhöhtem Maße in Anspru genommen hat, eine Königliche Bestimmung. Die Entschei dung in den lebten Landtags - Abschieden, welche die Anträge auf Oeffentlichkeit der Stadtverordneten - Versammlungen ablehnte, wies wegen einer Veröffentlichung ihrer Beschlüsse lediglih auf die Vor= schriften der Städte - Ordnungen hin. Dies war uns nicht ganz un- bedenflih, weil sich aus jenen Vorschriften nicht entnehmen ließ, in welcher Weise die Beschlüsse periodisch zur öffentlichen Kenntniß zu bringen seien, au die Zulässigkeit solcher periodischen Veröffentlihun- gen nah den Worten des Gefebes zweifelhaft erschien und weil end= lih noch weniger zu ersehen war, wie eine Verständigung der städti- hen Behörden über die Veröffentlihung bei den nicht selten auseinandergehenden Ansichten herbeigeführt werden könne. Gerade in diesen Schwierigkeiten und vielweniger in einem Mangel an Gemeinsinn, wie oft behauptet worden, haben wir den wahren Grund gefunden, weshalb von den Vorschristen der Städte - Ord-

Stelle treffend zu nüanciren, eine Emilia im Geiste des Dichters, von ihrem Schritte aus der Kirche bis zu dem in die Ewigkeit,

Wenden wir uns nun zu der Darstellung Marinelli's durch Herrn Döóring, so müssen wir sogleih anerkennen , daß diese seine Leistung eine der vorzüglichsten is. Döring entfaltet diesen höfischen Kuppler und ver- fnöcherten Schlaukopf ganz als ein Produkt des Bodens, worauf wir ihn wurzeln sehen, Die by fidanoinie des Künstlers war die abgespannte einer flugen Natur, die vi nachlässigen Zug annimmt, um Niemanden ein Mittel au die Hand zu geben, mittelst des Gesichts auf das Junere zu schließen, So schien er jeder persönlichen Leidenschaft unzugänglich, um die Affekte der Uebrigen desto sicherer und nach Belieben leiten zu können, Nichts fann diesen niedrigen Fürstendiener aus der Fas- sung bringen, Anderen gegenüber, selbst eiu Mord nicht; seine Intriguen scheitern zwar insgesammt, da er sie auf Naturen an- wendet, die plöglih und ihm unerwartet seiner Gesinnungslosigkeit Ge- sinnung entgegenseßen ; das muthige Aufwallen, das er affektirt, als Appiani ihn einen Affen \chilt, i nur ein solches, dem er gar keine Folge zu geben gedenft, das der gute Ton eben nur erforderte, und dem die Hinwegschaffung des Grafen dur die Hand von Meuchelmördern auf dem Fuße folgt, Er \{miedet Ränke auf Ränke , erfindet immer neue Combinationen, um seinen Herrn hn Ziele und sich selber jenem unentbehrlich zu machen, „Aber auch die leyte scheitert durch den Mord Emilia's. Er: wird entlassen. Alle diese Momente waren von Herrn Döring ‘auf das genialste nüancirt

ens Fewegungen ; Haltung, Blick und Sprache \o geschickt verwen- po der Geist seine vollste Genugthuung fand. Der Abgang Jm lehten A erfolgte nur langsam, theilnahmlos, fast widerstrebend. Das en Ast, wo er der Gräfin Orsina gegenübersteht und sich die Ant- ia O re Fragen fast aus den Zähnen reißen läßt, weil er mit ihr als einer gestürzien Größe und ihm mithin weder nügli ádlich, nichts me wn ha 00s wur Lein: Etiekederua nüglih noch {ädli, lachen Sie doc 1“ fe Ries e B riviederung, die dem Befehl „So von eben \o vrastischer. D ee „Gleich, eb Gräfin, gleich !‘“, Claudía dur die Verhöhnun 9) ae ot rader wortung des Fluchs der Raffinerie und die eG erfantes A gus Frau‘, Wenn die der sittlichen Jdee scheitern, so \orgte der Darsteller, weleer bie aae nische Gewalt des bösen Prinziys geltend zu machen hatte, doch

726 nung in dieser Hinsicht ein so überaus sparsamer Gebrau gemacht worden is. Wir können und wollen nit leugnen, daß es ein ent- schiedener Fortschritt ist, wenn dur die publizirte Ordre die Wege angegeben werden , auf denen die Bürgerschaft fortgeseßt von den Beschlüssen ihrer Vertreter in Kenntniß erhalten werden kann. An den Entschließungen der Landtags-Abschiede wird nichts geändert und wir wollen es dahin gestellt sein lassen, ob dies geschehen konnte, da die Ansichten über die Oeffentlichkeit der Stadtverordneten-Versamm= lungen und das Maß derselben zur Ausgleichung nochz_niht gekommen sindz aber ein großer und dankbar zu erkennender Fortschritt is es, daß das Mittel, die Theilnahme der Bürgerschaft an der Verwaltung zu beleben, welhes die Städte-Ordnungen gaben, allererst wirksam gemacht worden is. Die bestehende geseßliche Basis is nicht verlassen, aber auf ihr is weiter gebaut und es wird jeßt nur an den Kommu-= nen liegen, weun sie von einem Mittel, dessen Anwendung von den früher sich daran heftenden Schwierigkeiten befreit ist, keinen Gebrauch machen. Wir besorgen dies nicht. Die Richtung der Zeit is auf Stärkung und Belebung des Gemeinsinus gewendet.

„*, Posen, 24. April. Der Debit der Trontowskischen Lo= gik is, nah erlangter Kenntniß von der Unschädlichkeit des Buches, sofort freigegeben. Jn diesem Monat wurde der hier im vorigen Jahre gebildete Posener = Sterbekassen - Renten- Verein“ von dem Ober - Präsidium erfreulicherweise bestätigt. Bedingungen der Aufnahme in diesen Verein, welchem vorläufig fast nur Beamte bei- getreten, sind: Unbescholtenheit des Charakters, Ansäßigkeit im Groß-= herzogthum und ein Alter unter 60 Jahren. Neben diesem durch die Humanität des Herrn von Beurmann ins Leben getretenen jugend- lichen Verein blüht die ältere „von Frankenbergshe Stiftung“, welche sich neben der regen Fürsorge des Herrn Chef-Prästdenten von Fran- fenberg eines sehr namhaften Fonds und bedeutender Theilnahme un= ter den hiesigen Justiz-Beamten erfreut.

Einige gelehrte und kunstliebende Polen unserer Stadt gehen damit um, hier einen Verein zur Bildung der dramatischen Kunst her= vorzurufen, gewiß ein sehr zeitgemäßes Bestreben, um jene Kunst zu pflegen, welhe in Polen sich noch kaum aus der Wiege erhebt. Es bestand zwar früher hon ein Verein mit ähnlicher Tendenz, gab jedoch feine Proben seiner Wirksamkeit, Bei dem immer zunehmen- den Wunsche, hierorts ein stehendes polnisches Theater zu haben, wird die neue Gesellshaft unfehlbar mehr Anspannung offenbaren, und hoffentlich einen Zusammenhang mit der Basar= Gesellschaft unter= halten, wodurch auch der „Verein zur Bildung der Ju-= gend“ einen direkten Einfluß auf das Unternehmen üben könnte. Um hier gelegentlich einem Mißverständnisse zu begegnen, wel hes ein hiesiger Korrespondent der Deutschen Allgemeinen Zeitung aus meinem früheren Bericht über den „Verein zur Un=- terstüßung der lernenden Jugend““ genommen hatte, bemerke ih, daß den Statuten desselben gemäß, kein Deutscher des Großherzogthums formell von dem Beitritt ausgeschlossen ist, daß sogar angesehene deut- he Güterbesißer der Provinz, auch der verstorbene König der Nie- derlande, zur Betheiligung an dem Junstitute speziell eingeladen wor= den, allerdings werden aber die Deutschen in materieller Beziehung bei diesem Unternehmen niemals ein Gewicht äußern.

Ein Doktor Tryxlin, welcher sich bei den leßten beunruhigenden Vorfällen in Posen kompromittirt haben soll, wird noch fortwährend in polizeilicher Haft gehalten und ließ während derselben seine Me=- moiren aus Dänemark, Norwegen, England, Portugal, Spanien und Marokko erscheinen , welche, in polnischer Sprache geschrieben, bisher noch nicht besondere Aufmerksamkeit erlangt habenz sinnig und ob- jeftiv gehalten, verdienten sie wohl eine ausgedehnte Beachtung.

Erfreulich i, zu erfahren, daß sich ein Comité aus Privatleuten ge-= bildet hat, welches für den Druck des „Tygadnik literacki“ einen jährlihen Beitrag von 500 Rthlr. liefert; diese Zeitschrift er- holt sih jeßt wieder von ihrer Ohnmacht und verspricht, die neu er wachende Theilnahme des Publikums zu lohnen,

Ausland.

Deutsche Bundesstaaten.

Bayern. Múnchen, 25, April. (A. Z) Heute Vormit- tag nah 11 Uhr sind Se. Kaiserl. Hoheit der Erzherzog Karl von Oesterreih mit dem Erzherzog Albrecht hier eingetroffen und wurden in Gemäßheit Allerhöchsten Befehls von den Herren des großen (Lor- tége in der Königl. Residenz am Fuße der breiten Treppe empfangen und in die für Höchstdieselben in Bereitschaft gestellten Appartements geführt, Eine Schwadron Kürassiere geleitete den Wagen Jhrer Kaiserl. Hoheiten, in welhem rückwärts Se. Erlaucht der Königl, Feldzeugmeister Graf zu Pappenheim und der General - Major Frei herr von Zandt saßen, welhe dem durchlauchtigsten Gaste während dessen Aufenthalts am hiesigen Hof zugeordnet sind. Man rühmt das gesunde Aussehen des berühmten Feldherrn, dessen noch immer riüstige Kraft sein vorgerücktes Alter wenig bemerkbar macht.

Sachsen. Leipzig, 29. April, (D. A. Z.) Die Mitglie- der des Sachverständigen-Vereins nach §, 18 des Königl. sächsischen

dafür, daß dieser Rükzug vor der Obmacht des Guten im Sinne

jenes schlechten Höflings ein ehrenvoller war, Marinelli ist durch den Tod Emilia's überflügelt, aber niht aus dem Felde geschlagen, So ragt dieses Trauerspiel als eine Warnungstafel in das menschliche Bewußt- sein hinein und ruft, ohne Pathos und blendende Worte, aber durch Dar- legung der Motive einer entseylichen Katastrophe die Abgeirrten in die Schranken der Sittlichkeit zurück, ein moralisches Aequivalent sür die Folgen des von dem Plebejer Virginius an seiner Tochter Virginia verüb- ten Mordes, mit dem die Decemvirenwürde zusammenfiel, i Der glänzenden Leitung der Mad, Crelinger als Orsina haben wir bereits früher gedachtz sie wurde heute bei ihrem Wiederausftritt empfangen. Auch die übrigen Mitwirkenden, namentlich die Herren Franz als Odoardo, von Lavallade als Prinz, Devrient als Appiani und Mad. Wer- ner als Claudia erwarben wohlverdienten Beifall, —U,

Der Akustiker Kaufmann und seine neuen Inustrumente.

Der bekannte Afustiker Herr Friedr, Kaufmann aus Dresden is mit mehreren neu erfundenen Musikwerken hier eingetroffen und wird wahrschein- lich, wie er shon in vielen Städten Deutschlands gethan, dieselben in einem Konzerte öffentlih produziren. Am Sonntag, den 28sten Vormittags, er- freute er cine Anzahl geladener Kenner und Kunstfreunde, unter welchen sich au Damen befanden, durch das Spiel seiner kunstvollen Jnstrumente, die er theils selbst erfunden, theils von seinem ebenfalls als Akustiker und Mechaniker berühmten Vater J, G. Kaufmann herrührend, bedeutend ver- vollkommnet e

Der Jnstrumente, welche Herr Kaufmann auf seinen Kunstreisen mit si führt, sind fünf, unter denen das von ihm erfundene Harmonichord am bemerkenswerthesten erscheint, Es is ein Klaviatur - Jnstrument von der äußeren Form eines aufrechtstehenden Flügels, dessen Saiten aber niht etwa, durch Hämmer in Schwingung gesebt, nur die kurzen, flappernden Töne des Pianoforte, sondern bei einer höchst eigen-

thümlichen Construction des Mechanismus, nah bisher noch unan-

Geseßes zum Schuße der Rechte an literarischen Erzeugnissen und Werken der Kunst vom 22. Febr. 1844 sind: Für die erste Section: die Gelehrten Prof. M. Drobish und Dr. phil. Laube (Stellvertre= ter Prof. M. Wachsmuth), die Buchhändler Fried. Fleisher und Heinr. Brohaus (Stellv. Leop. Voß.) Für die zweite Section: die Kom- ponisten M. Hauptmann (Kantor an der Thomas\chule) und Pr. Rob.

- Shumann (Stellv. Becker, Organist an der Nikolaikirhe), die Mu-

sifalienhändler Dr. jur. Härtel (Mitbesißer der Handlung Breitkopf und Härtel) und Fried. Kistner (Stellv. Fried. Hofmeister.) Für die dritte Section : die Kunstverständigen Prof. Neher (Direktor der Maler-Akademie) und Brauer, Lehrer an derselben (Stellv. Hennig, Lehrer an derselben Anstalt), die Kunsthändler Rud. Weigel und Börner. Für die vierte Section: Prof. Neher, Stadtrath von Posern-Klett, Kunsthändler Weigel, Bau-Direktor Geutebrück, insge- sammt zu Leipzig, und Prof. Riebschel zu Dresden (Stelly, Kupfer= steher Geyser und Lehrer Hennig.)

Hannover. Haunover, 26. April. (H. Z) Jun der Sihung der zweiten Kammer vom 22sten d. M. wurde die zweite Berathung des Geseß-Entwurfs über das Volksschulwesen fortgeseßt. Man gedieh bis zum §. 19, der mit einigen leichten Verbesserungen angenommen ward,

Württemberg. Stuttgart, 24. April. (S. M.) Se. Königl. Hoheit der Kronprinz is von der nah Jtalien unternommenen Reise heute Nachmittag in erwünshtem Wohlsein wieder hier ein- getroffen.

Baden. Karlsruhe, 24. April. (K. ZZ) In der 53sten Sißung der zweiten Kammer am 22sten d, M, fand die Fortseßung der Berathungen über die Strafprozeß - Ordnung statt, Beinahe die ganze Sißung wurde durch die Erörterung des §. 35 a. ausgefüllt, welcher folgendermaßen lautet:

„Außer den Fällen, in welchen die Ablehnung eines Richters nach Maßgabe der §§. 19—34 wegen besorgter Befangenheit stattfindet, kann der Angeschuldigte von dem urtheilenden Gerichte in jeder Jnstanz den dritten Theil der Mitglieder hinsichtlih ihrer Mitwirkung bei der Schluß-Verhand- lung und Urtheilsfällung ohne Angabe cines Grundes ablehnen.“

Der Aitikel wurde nah lebhaften Debatten durch eine Mehrheit von 30 Stimmen gegen 28 angenommen,

(M. J.) Gestern in der 54sten Sißung wurde die Berathung der Strafprozeß-Ordnung weiter fortgeführt.

Bei §. 37 stellte Abg. Hecker den Antrag, den Absay 4 zu streichen, der lautet, wie folgt: „Dem Staats-Anwalte bei dem Bezirls-Strafgerichte liegt ob; in Abwesenheit des Untersuchungs - Richters und des ihn vertre- tenden Amktsrichters Augenschein, Haussuchung und andere Untersuchungs- Handlungen , durch deren Verzögerung Beweismittel verloren gingen, selbst vorzunehmen, die hierüber aufgenommenen Protokolle aber dem Untersu- chungs-Richter unverweilt mitzutheilen,“ Eine geringe Mehrheit entschied sich für die Beibehaltung des Entwurss. Am lebhaftesten waren die Ver- handlungen über den §. 55, Der dritte Saß desselben lautet; „Gegen das Erkenntniß des Bezirks - Strafgerichts auf Einstellung des Verfahrens steht dem Staats-Anwalte binnen 3 Tagen das Rechtsmittel der Beschwerde- führung an das Hofgericht zu.“ Es handelt sich hier um das Rekursrecht des Staats - Anwalts in den drei Fällen, daß a) das Strafgericht erkennt, das Verfahren sei einzustellen, b) daß es die Verseßung in den Antlage- stand nicht ausspricht, e) daß es ein freisprehendes oder nach dem Ermessen des Staats-Anwalts zu mildes Erkenntniß giebt. Die Kommission hatte sich in zwei gleiche Hälften getheilt die eine stimmte in der Hauptsache mit dem Regierungs-Entwurfe, die andere dafür, daß in allen drei Fällen dem Staats-Anwalte nur eine Nichtigkeits-Beschwerde und ein Rekurs in sto weit zustehen solle, als das Erkenntniß darauf beruhe, daß die dem Ange- \chuldigten zur Last gelegte That kein Verbrechen oder Vergehen sei, Jn der Kammer waren, wie in der Kommission, die Stimmen glei, und der Präsident (Vice-Präsident Bader) entschied sich für die Ansicht, daß zwar der Nichtigkeits-Beschwerde, aber keinem Rekurs des Staats-Anwalts statt- zugeben sei, also gegen den Entwurf der Regierung.

Karlsruhe, 25, April. (M. J.) Jn der gestrigen 55sten Sihung der Kammer der Abgeordneten wurde die Bera- thung über die Strafprozeß-Ordnung fortgeseßt. Der Kommissions= Antrag zu §, 68à., wonahch dem Angeklagten das Recht eingeräumt werden sollte, seine Antworten selbst zu Protokoll zu diktiren, wurde zwar verworfen, aber dem Artikel ein Zusaß beigefügt, welher dem Angeklagten das Recht einräumt, sobald er behauptet, seine Aussagen seien niht gehörig zu Protokoll genoinmen worden, die Ausführung dieser Behauptung selbst zu diktiren,

Freie Städte. Bremen, 26. April. (Br. ZZ Nach dem Antrage des Senats kamen in dem heutigen Bürger = Konvente ver= schiedene vom leßten Konvente her rücständig gebliebene Gegenstände wieder zur Sprache.

1) Jn Betreff Verlängerung der Brigade-Convention auf fernere sechs Jahre sprah die Bürgerschaft ihr Einverständniß aus, wünschte aber zu- gleih vor Ablauf des nächsten Kündigungs-Termins (1. Mai 1850) zeitig, und zwar schon im Jahre 1849, Gelegenheit zu einer Berathung darüber zu haben, ob es sich alsdann empfehle, von der Kündigungs Befugniß Gebrauh zu machen. 2) Die in dem Bericht über Bremerhaven wegen Ausweisung neuer Baupläße 2c. enthaltenen Vorschläge nahm die Bürger- schaft an. 3) Eben so genehmigte sie im Wesentlichen das Gesuch des Kunst - Vereins wegen Ueberweisung des Grundstücks an der Dechanat- Straße, 4) Die Expropriation zur Verbreiterung der Häfen wurde aus-

gewendeten afustishen Grundsäßen ertönend, die gehaltenen Klänge einer sanft registrirten Orgel an Schönheit und Rundung denen der Glasharmonifa ähnlich, hervorbringen, Einen Vorzug vor der Orgel erhält das Harmonichord dadur, daß der Spieler bei Behandlung desselben die Nüancirung des Tones und damit einen seelenvollen Ausdruck in seiner Gewalt hat; vom faum vernehmbaren Hauch kann er es in dynamischer Steigerung bis zu einer bedeutenden Stärke anschwellend ertönen lassen, Dabei is die Anjprache so leicht, daß die lebhaftesten Passagen darauf aus- zuführen sind, obgleih wohl Choräle und choralartige, mit nicht zu {nellen Figuren verbrämte Stücke die {hönste Wirkung zu machen scheineu.

Von den anderen Justrumenten, die jedoch rein mechanischer Natur, sogenannte Walzwerke sind und ers durch cin Uhrwerk Bewegung und Wiik- samkeit erhalten, sind sich das Chordaulodion und das Symphonion schr ähnlih, Beides sind Flötenwerke mit Klavier, nur ist das Flötenwerk bei dem Symphonion schärfer registrirt und enthält außerdem eine vollständige Janitscharen - Musik, als: große Trommel, Becken, Glockenspiel u, #. w., Rom Chordaulodion hörten wir die Ouvertüre aus der „Stummen von Portici“ (in angemessener Abkürzung ) und brillante Flöôten - Variationen über das Thema aus der Zauberflöte: „Das klinget so herrlich“ aufs präzi- seste und sauberste vortragen. Einen besonders günstigen Eindruck bringt die Vereinigung der beiden leßtgenannten Znstrumente mit dem Harmoníi- ord hervor,

Von dem Salpingion, einem Trompetenwerk von neun einzelnen Trom- peten und zwei Pauken, hörten wir das „Hallelujah““ aus dem Messias von Händel ebenfalls rein und sicher ausführen.

Schließlich wäre also hier nur noch des Trompeten-Automaten zu ge- denken, der auf einer einzigen Trompete nicht nur die von unseren Bläsern hervorgebrachten gewöhnlichen Töne, sondern sogar die ganze Tonleiter (mit Einschaltung des a und h), und selbst zweistimmige Säße produzirt.

So viel vorläufig über diese merkwürdigen Jnstrumente, die sih der Anerkennung und des Beifalls aller Anwesenden zu erfreuen hatten, und auch bei einer dentlichen Production derselben dem größeren Publifum einen eigenthümlichen Genuß zu bereiten, sehr geeignet erscheinen,

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gesprochen und die geseßlich erforderlihe Deputation erwählt. 5) Auch die Deputations - Vorschläge über umfassende Arbeiten an dem neuen Torf - Kanal wurden von der Bürgerschaft zugestanden, Außerdem erklärte sich der Senat 6) seinerseits mit dem Budget für 1844 im Ganzen der Bürgerschaft beistimmend, theilte 7) den von der Finanz - Deputation erforderten Bericht über die Verlegung der Wohnung des Shlachtvogts mit, dessen Vorschläge von Rath und Bürgerschaft gut- geheißen wurden, und forderte 8) die Bürgerschaft zur Ergänzung der De- putation bei den Nachtwachen auf. 9) Eine von der Einquartirungs-De- putation beantragte Nachbewilligung wurde genchmigt, und 10) das Projekt einer zweiten Brücke über die Weser für Fußgänger und im Nothfall auch für Wagen an die Stelle der jezigen Fähre von der Schlahte nah dem Neustadtsdeihe dem Senats-Antrage gemäß zur Begutachtung an die Fi- nanz-Deputation verwiesen. Zu dieser Anlage haben \sich nämlich mehrere Privat-Unternehmer erboten, und wollen die projektirte Brücke , deren Ein- richtung so scin soll, daß sie die Flußschifffahrt nicht behindert, nah Verlauf von 10 Jahren, binnen welcher sie jährlich 1500 Rthlr. zu zahlen hätten, dem Staate für 15,000 Rthlr, überlassen , falls ihnen bis dahin die Erhe- es eines dem jeßigen Fährgelde gleihkommenden Brückengeldes gestattet »uUrDe,

___ Sodann erledigte die Bürgerschaft noch 412) die rücständige Erklärung über die neuen Bestimmungen wegen der Bügerwehr, worin sie mit dem Senate einverstanden war. 413) Jn Betreff desjenigen, was der Scnat im legten Konvente über die Anregung von Seiten Hamburgs zu einer gemein- schaftlihen Kriminal-Geseßgebung mitgetheilt hatte, dankte die Bürgerschaft und gab zugleih die Niederseßung einer Deputation dieses Gegenstandes halber anheim. 414) Ferner kam sie auf die Dringlichkeit eines Berichtes der wegen Organisation der Hauptschule bestehenden Deputation bei dem bevorstehenden Ablauf der dieserhalb zuleßt getroffenen Vereinbarungen zu- rüdck, und erklärte sich endlich 15) über das im leßten Konvente vom Senate wegen der Bremer Zeitung Mitgetheilte, indem sie unter Abstrahirung von den sonstigen Differenzpunkten auf eine Deputations- Berathung über die finanzielle Regulirung des Gegenstandes einging, ——

Frankreich.

Pairs-Kammer. Sißungen vom 22—24, April, Mit besonderer Vorliebe nahm Herr Cousin, als Professor und Haupt- E U an der französischen Universität, in seiner ede Uber den Sekundär - Unterricht natürli Gunsten des philo- sophischen Le das Wort. i S

n a len großen Schulen““, sagte der Redner in dieser Beziehung Ad UnG! in der Philosophie gegeben werden, Vom 13ten Jahrhun-

er L "is auf die Zeiten der Nevolution war dies überall in Frankreich Qua vhiloso Ee in den Schulen der Jesuiten wurde Philosophie gelehrt, N a a aeg rgs hat zwei Eigenschaften, die ihn unentbehrlich

Jen: er isl die beste Gymnastik für den Geist und kann allein die See- len durchdringen mit jenen großen Natur-Wahrheiten, die über allen Syste- ag stechen und, so zu sagen, das Erbgut der menschlichen Vernunst sind; Wahrheiten, ohne welche es weder eine geoffenbarte Religion giebt, noch irgend eine Gesellschaft, monarchisch oder republifanisch, weil ohne sie keine wahre Moral, weder im Leben des Staates, noch in dem der Familien, be stehen kann, Man macht si die falscheste Jdee von dem philosophischen Unterricht der Universität, wenn man sich einbildet, in den Schul-Anstalten, die von ihr abhängen, werde nah der Mode des Tages bald dieses, bald jenes System vorgetragen, und es wechselten Plato mit Aristoteles, Des- cartes mit Locke, Reid mit Kant, Noyer-Collard mit Cousin, So i} es nicht : die Universität schreibt von den Systemen, gegen welche sich die Ver- nunsft nicht sträubt, so wenig eines vor, als sie eines ausschließt, Sie hat weniger die Philosophie an sich als ihr Verhältniß zur Gesell- schast im Auge, Man muß unterscheiden zwischen der Philosophie als Wissenschaft des gelehrten Denkers und der Philosophie als Gegenstand des Jugend - Unterrichts. Jn dieser Unterscheidung liegt der Schlüssel zu allen Schwierigkeiten, Die Wissenschaft der Philosophie i} durch ihre Erhabenheit selbst zuglei der Ruhm und die Klippe des mensch- lichen Geistes; sie hat ihre Lichter und ihre Schatten z sie is voll ewiger Wahrheiten und individueller Meinungen, Aus diesen Meinungen bilden sih Systeme und Sqhulen, aufkommend, sich wiedergebärend, sich umwan- delnd im Laufe der Jahrhunderte, Die Geschichte dieser Systeme und Schulen , reíh an werthvollen Lehren, gehört in den Kreis des höheren Unterrichts, Aber ín den Sekundärschulen is kein Raum für wissenschaft- lichen Luxus; da muß alles auf praktischen Nußen gerichtet sein; da läßt man die gefährlichen Regionen der Wissenschaft bei Seite liegen, um sich an die festesten und sichersten Punkte zu halten z auf diese wird der Unterricht gebaut. Der große Zweck aller Lehre ist, gesunde Geister und starkmüthig - redlihhe Seelen zu bilden, Man fängt damit an, die Jntelligenz zur Erkenntniß ihres Wesens zu führenz die jugendliche Vernunft soll lernen, sih Rechenschaft zu geben von ihren Eigenschaften und Fähigkeiten, Nach dieser Vorbereitung kommt man auf das Gebiet dessen, was ewig und wandellos is, zur Logik, deren Regeln unfehlbar und unbestritten sind; das Werkzeug für die Gedankenarbeit wird da ausgebildet, Dann folgen gleich ewige Wahrheiten, die Gott sci Dank noch feinem Menschen, feiner Gesellschaft, je gefehlt haben und ohne welche der Mensch niht mehr Mensch und die Gesellschaft ein Chaos wäre: die geistige Natur der Seele, die Freiheit des Willens, das Geseß der Pflicht, die Unterscheidung zwischen Tugend und Laster, zwi- schen Verdienst und Verschuldung, die göttliche Vorsehung und ihre unsterb- lihen Zusagen. Diese großen Wahrheiten, zahlreicher und dem Verstand einleuchtender, als man auf den ersten Blick glauben sollte, finden eine na- türliche Beistimmung, und aus ihrem Ganzen entsteht eine bewunderns- werthe Lehre, die kein Philosoph als sein Eigenthum ansprechen kann, Dies ist der philosophische Unterricht der Universität; auf solher Grundlage ruht ihre Doktrin ; alles Uebrige is Nebensache von sehr untergeordneter Bedeutung. Strenger als alle unsere Vorgänger, seibst unter der Nestauration, strenger als Royer-Collard und Frayssinous, sorgen wir wachsam, daß der Unterricht sich nur über jene unbestrittene und unbestreitbare Punkte verbreite, Unsere Zöglinge sollen lernen, was sie nicht in der Folgezeit wieder verlernen müssen, was allen Glaubensbekenntnissen und allen Ständen gleich ersprieß lich is, was Glauben und Hoffnung nährt und stärkt, was im Leben und im Tode eine feste Stüße gewährt.““

Daß Herr Cousin übrigens nicht gegen den Geseß=Entwurf im Allgemeinen , sondern nur gegen denjenigen Artikel desselben sprach, der den von Geistlichen geleiteten Sekundär-Schulen, den sogenannten fleinen Seminarien, eine besondere Vergünstigung gegen die anderen verleiht, is hon erwähnt worden. Am folgenden Tage ließen sich für den Geseh-Entwurf der Graf von St. Priest und Baron Charles Dupin, gegen denselben Herr Villiers du Terrage und Baron von Fréville vernehmen. Herr von St, Priest vertheidigte eben so, wie am Tage vorher Herr Cousin, die Universität und den Grundsaß, daß der Staat keine unbedingte Unterrichts-Freiheit gewähren dürfe.

„Aber‘‘, bemerkte der Redner, „man wird sagen, die unbeschränkte Freiheit sei kein Utopien, sie bestehe, und zwar an unseren Thoren; Belgien sei ein lebendiges Beispiel davonz eine solche Freiheit aber wolle man, wie sie ín Belgien herrsche. Meine Herren, ih will nichts sagen, was dem Charafter einer benachbarten, mit uns verbündeten Nation zu nahe treten fönnte, einer Nation, deren Geschicke uns niemals fremd oder gleichgültig sein fönnen, und die überdies in den Ansichten, welche man ihr zuschreibt, nicht einmüthig istz aber, abgesehen von diesem politischen Bande, welche Aehnlichkeit besteht darin wohl zwischen Belgiern und Franzosen, zwischen ihren Sitten und Gewohnheiten, der Ausdehnung ihres Gebiets, ihren historischen Erinnerungen und, wenn ih mi so ausdrücken darf, dem Tem- perament dieser beiben Volksstämme? Jn Belgien genießt der Klerus nicht des gemeinen Rechts, sondern der Suprematie, Jh weiß wohl, daß, dem Grundsahz nad, durch die belgische Verfassung das gemeine Recht ausgestellt, daß den Religions-Uebungen aller Kulte unbeschränkte Freiheit gewährt ist, und daß es eben so wenig wie bei uns eine Staats-Religion daselbst giebt ; aber es besteht ein bedeutender Unterschied in der Stellung der beiderseitigen Geistlichkeit; in dem einen der beiden Länder nämlich is die Kirche so vom Staate getrennt oder vielmehr so sehr über ihn gestellt, daß niemals ein Konkordat mit Rom abgeschlossen wurde, daß die Bischöfe niht vom Könige ernannt, sondern auf Präsentation des Kapitels durh Jutervention des Nuntius gewählt werden, und daß alle Korrespondenz mit einer fremden Matht oder, um deutlicher zu sprechen, mit dem römischen Hofe nicht etwa

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den Staatsgeseßzen unterworfen, sondern für ganz unabhängig erklärt ist, ja, daß sclbst in gewissen Fällen der kirhlihen Trauung feine Civil - Che vorauszugehen braucht. Dies reicht hin, um jede Parallele zwischen den Stellungen der Kirche in diesen beiden Ländern zu entfernen, denn die bel- gische Kirche ist auf die Verneinung der Prinzipien begründet, welche die unverwüstlihe Basis unseres Sozial - Zustandes bilden, Aber es is wo möglich noch ein stärkerer Unterschied vorhanden, nämlich der, daß der Kle- rus ín Belgien die Revolution gewollt und vorbereitet hat, Gleich in den ersten Tagen nach der September-Revolution von 1830 wurde in Belgien, unter den Auspizien der Geistlichkeit, unbeschränkte Unterrichts - Freiheit pro- flamirt; diese Erklärung reihte hin, um die alten Universitäten zu stürzen ; sie wurden fast auf der Stelle aufgegeben, und den leßten Streich gegen sie führte eine Verordnung vom 16, Dezember desselben Jahres, welche mehrere Lehrstühle in den Fakultäten unterdrückte. Damals begründete das Epis- fopat zu Mecheln, mit Erlaubniß des Papstes, eine große Anstalt, die anfangs nur sür theologische Studien bestimmt schien; 4834 aber wurde diese Anstalt nach Löwen verseßt, trat an die Stelle der alten Universität diefer Stadt, und wurde allen höheren Studien eröffnet. Es entstand nun zu Brüssel eine freie Universität, und zu Gent und Lüttich wurden zwei NRegierungs-Univer- sitäten errichtet ; aber die löwener Universität war allcin blühend; durch den Reiz der Gehalte und durch die Verlockung des Einflusses zog sie alle die ausgezeichnetsten Professoren an sihz; mit einem Worte, sie wurde die ci- gentliche Universität Belgiens. Daraus folgte, daß der Unterricht in die- sem Lande einen fast ganz kirchlichen und priesterlichen Charakter annahm: es folgte daraus ein merklihes Herabsinken der allgemeinen Studien, und was den Anschein freien Wetteifers haite, wurde zu einem wirklichen Mo- nopol, zu einem weit wirkliheren, als das der französischen Universität. Immerhin, wird man sagen, wenn Belgien nur daniit zufrieden is. Aber wenn dies auch der Fall wäre, so könnte man daraus doch nicht auf die Statthaftigkeit eines ähnlichen Systems in Frankreich s{ließen. Fühlt in- deß nicht Belgien selbst die Uebelstände desselben? Beweisen die leßten Wahlen nicht, daß die katholische Partei, welche übrigens von der ka tholischen Neligion wohl zu unterscheiden is, dort nicht mehr im Zunehmen ist 7 Und Sie wissen, daß unter einem Ministerium, welches niemals für einen Feind der Geistlichkeit gegolten hat, unsere Nachbarn nach einem Mit- tel suchten, um den Mißbräuchen der Prüfungsjurv, welche die Universitäts Diplome ertheilt, abzuhelfen. Es giebt noch ein anderes Beispiel, welches zwar weniger oft angeführt wird, aber noch entscheidender is; es giebt ein Land, wo die unbeschränkte Unterríchts- und Glaubens- Freiheit ohne allen Schleier, ohne alle Verkappung, wahrhaft und aufrich- tig besteht, wo die Freiheit niht der Alleinherrschaft zur Maske dient, wo man keine priesterlihe Suprematie mit allgemeiner Toleranz prahlen sieht, Dieses Land sind die Vereinigten Staaten von Nord - Amerika, Jch ge- stehe, daß man dort eine sehr vollständige Anwendung des Prinzips unbe- schränkter Freiheit findet, aber, großer Gott! in welbem Zustande! Mit welchem bizarren und unharmonishen Gemisch von Sekten, Lehren und Unterrichtsarten! Wollen wir den Vereinigten Staaten ihre nächtlichen Zusammenkünfte in dichten Gehölzen oder Urwäldern beneiden, wo beim Schein von tausend Fackeln, beim Lärmen methodistisher Predigten eine ganze Bevölkerung von Frauen und jungen Mädchen unter nervösen Zuckungen schreïend und stöhnend an den Wurzeln der Bäume sih windet und die Luft mit ihrem Geheul erfüllt? Js es für uns zu bedauern, daß wir nicht an jeder Straßenecke, in jedem Winkel unter dem Namen einer neuen Religion jede mögliche Ausgeburt des menschlihen Hirns in dem unbegränzten Gebiet willfürlichen Glaubens auftauchen sehen? Ein solcher Zustand ist nur eine Störung für jede positive und geordnete Religion, und nicht von dort kann der Katholizismus seine Beispiele und Vorbilder entlehnen.“ :

Diese Rede sowohl wie die des Baron Ch, Dupin wurde von der Kammer mit vielem Beifall aufgenommen, Lebterer bemerkte, man habe gegen die Universität angeführt, daß sie fast die ganze Jugend des Königreichs in ihren verschiedenen Anstalten aufgenommen; dies sei aber nicht der Fall; zur Zeit werde in vier verschiedenen Arten von Anstalten Unterricht ertheilt, in den Königlichen Colléges, den Kommunal=-Colléges, den Privat-Schulen und den kleinen Semi= narienz die Königlichen Colléges enthielten nur 18,700 Zöglinge, gewiß nicht zu viel für eine Bevölkerung von 34 Millionen ; die übrigen Anstalten enthielten zusammen mehr als 50,000 Seelen;z denno sprehe man von Monopol; 43 Depaxtements hätten gar feine Königlichen Colléges, folglich sei gerade die Hälfte des Königreichs dem Einflusse der Universität entzogen ; die Éleinen Seminarien hätten mehr Zög= linge, als die Universität selbst, und gegenwärtig 7000 mehr als im Jahre 1 827, Was die Greiheiten der gallifanischen Kirche betrifst, so erklärte Herr Dupin es für unnöthig, dieselben Punkt für Punkt aufzuzeichnen, weil, was zu dem gemeinsamen Rechte Aller gehöre, sich für den Einzelnen von selbst verstehe, ob es nun speziell geseßlih ausgespro= hen sei oder nit; diese Freiheiten bezögen si nicht blos auf Bi- {öfe und Pfarrer, sondern auf alle Mitglieder der Congregationen so wie man die Rechte der Masse hinsihtlih der Erziehung irgend= wie angreife, greife man auch diese Freiheiten anz folglich seien die Bischöfe, welche Pamphlets gegen die Universität schrieben, selbst die bittersten Feinde dieser Freiheiten, die sie zu vertheidigen vorgäben, Nachdem der Redner dann nachgewiesen, daß die weltlihe wie die kirchliche Gewalt früher stets gleihe Ehrfurht vor den Freiheiten der gallikanischen Kirche gehegt, auf deren Vernichtung gegenwärtig eine ultramontanistische Partei hinarbeite, ging er auf eine Untersuchung der Frage über, woher so plößlich eine so auffallende Opposition eines Theils des Klerus gegen die Staatsgewalt komme:

| „Bor acht Jahren““, sagte Herr Dupin, „im Jahre 1836, wurde der Wahl-Kammer ein erster Geseg-Entwurf über den Sekundär-Unterricht vor- gelegt, Der Minister, der ihn vorlegte, war ein Protestant. Kurze Zeit darauf wurde ein neuer Minister des öffentlichen Unterrichts, ebenfalls ein Protestant, gewählt, um den ersten zu erseßen und eintretenden Falls jenen Geseh-Entwurf zu vertheidigen, Dieser erste Entwurf unterschied sich aller- dings von dem, welcher Jhnen gegenwärtig vorgelegt is, und zwar da- durch, daß er den von dem Klerus errichteten Schulen weniger günstig war, Und dennoch erhob der damalige Klerus, der fast ganz von der Restauration ernannt war, an deren Wohlthaten und besonders an deren Projekte er mit shmerzlihem Bedauern zurückdachte, keine Neclamation, keinen Allarmschrei ge- gen diesen Entwurf. Jett unter der Administration eines katholischen Ministers, eines Ministers, den der Katholizismus mit großer Auszeichnung und Vorliebe unter seinen großen Schriftstellern aufführt, jeßt, wo ein neuer, dem Klerus günstigerer Geseiz- Entwurf über den Sekundär - Unterricht Jhrer Weisheit vorgelegt is, jeßt wird auf einmal ganz Frankreich in Bewegung geseht durch die Schrekensrufe der sogenannten Freunde der Kirche! Was hat sih denn zugetragen zwischen 1836 und 1844, daß si ein seit 1836 in seinen Personen durch die Hand der Zeit vielfa erneuerter Klerus, erneuert unter dem Einflusse der gegenwärtigen Dynastie, daß dieser Klerus nun plöglich bittere Klagen, Anschuldigungen, ja selbst Drohungen vernehmen lasse, was hat sih denn, frage ih wieder, seit 1826 zugetragen ? Ach, meine Herren Pairs, es hat sich nah dem Willen der Vorsehung eínes der Ereignisse zugetragen, welche die Zukunst der Nationen ändern , welche die Hoffnungen umgestalten, welche das Herz des Weisen betrüben, welche den Factionen eine willkommene Erschei- nung sind: der Tod des Thronerben. Von diesem traurigen Augenblicke an trat eine tiefe, geheimnißvolle Bewegung in gewissen Regionen ein. Die guten Bürger empfanden nur das Bedürfniß, sih näher um einen Thron zu reihen, dessen höchste Stufe leer geworden, um ihre Liebe und ihre Er- gebenheit für den Vater auf die Wittwe, ihre Liebe und ihre Hingebung für den Großvater auf die Waisen zu übertragen. Allein anders dachten die Factionen;z sie faßten neuen Muthz sie entwarfen ihre Reise - und Feldzugs- pläne, bereiteten ihre Komplotte vor, Glauben Sie nicht, meine Herren Pairs, daß ih die Absicht der Prälaten verdächtigen wolle, für welche ih eine tiefe Ehrfurcht hegez sie denken gewiß nur den Juteresscn des Himmels zu dienen, Allein, um dies zu thun, nehmen sie keinen Anstand, das benußen zu wollen, was ihren- Blicken als eine von der Vorsehung zu diesem Zwecke gesandte Fügung erscheint, eine Regierung, welche zwar unseren Wünschen nie zu lange dauern, aber einmal ein Ende haben wird, eine wahrscheinliche Minorität, eine Schwächung der bürgerlihen Gewalt, eine Gelegenheit zur Vermehrung der geistlihen Gewalt; man will sich der

Erziehung der Jugend, selbst in den profanen und bürgerlichen Studiett, bemächtigen, um dann auch bald die Männer zu beherrschen, wann einmal die klug bearbeiteten Schüler herangewahsen scin werden. Dies is der Plan, wenn auch nicht der Bischöfe, doch der schlauen Affiliirten mit ihren furzen Roben, der geheimen Leiter, welcher vorerst nur nah stillen, mehr unscheinbaren Erfolgen trachten, aber eine glänzende Apotheose und laute Triumphe erwarten, Jch habe die Wahrheit ohne Rückhalt sagen wollen, Jch habe meinen Mitbürgern sagen wollen, was meine Augen sehen, was mein Herz fühlt, was mein Verstand urtheilt, Deshalb will ich erstens, daß man dem Klerus nicht erlaube, die Jesuiten als Lehrer zu ge- brauchen, und zweitens, daß die firhlihen Seminarien keine Privilegien er- halten, Jun dieser leßteren Beziehung macht der Geseßz-Entwurf dem Klerus einige Zugeständnisse, und dies is der einzige Punkt, in welchem ih (wie Herr Cousin) den Entwurf bekämpfen will,“

_Graf Villiers du Terrage tadelt mehrere Bestimmungen des Geseß=Entwurfs ; namentlih werde auf den religiösen Unterricht zu wenig Zeit verwendet; auch würden Gegenstände gelehrt, welhe mit mehr Vortheil auf eine spätere Lebens - Periode vershoben werden könntenz er glaube nicht, daß die Bischöfe ihre Befugniß überschritten hätten, als sie sich der Erziehung der heranwahsenden Generation angeuommenz es sei ihre Pflicht, das Seelenheil ihrer Diözesanen zu überwachen und Alles zu entfernen, was der Sache der Religion scha- den könne, fomme es nun von der Universität oder anderswoher. Er {loß mit der Erklärung, daß er einige Amendements zu dem Geseß=- Entwurf vorschlagen werde. Baron von Fréville vertheidigte das Verhalten des - Klerus, und war der Meinung, daß, wenn ein Comité von Geistlichen, Rechtsgelehrten und Mitgliedern der Universität den Geseß=- Entwurf zusammen verfaßt hätte, eine Maßregel zu Stande gekommen sein würde, welche alle Volksklassen befriedigt hätte. Er behauptete dann, daß den Aeltern gestattet sein müsse, ihre Kiuder au anderswo als in Colléges, die von der Uni- versität abhängig wären, unterrichten zu lassen, und {loß mit der Erklärung, daß er gegen den Entwurf stimmen werde, wenn derselbe niht eine größere Unterrichts= Freiheit bewillige, als bis- jeßt bestehe. Ju der lebten Sihung sprachen blos zwei Redner, Herr Rossi und Graf Beugnot, der Erstere für, der Andere gegen den Entwurf. Herr Rossi, aus dessen Vortrag {hon das Wejsentlichste mitgetheilt ist, {loß mit folgenden Worten:

„Um heutzutage in den irdishen Dingen Lehrer sein zu können, muß manu ein arbeitsames Leben führen, muß man seine Wissenschaftlichkeit nach- weisen, Ja, es genügt nicht mehr, daß man etwas wisse, die Gesellschaft muß auch davon überzeugt sein. Der Glaube wird auferlegt, die Wissen- schast wird begriffen; man kann den Glauben einflößen, die Wissenschaf t muß man erklären. Man muß heutzutage, inmitten einer eifrigen Konkur- renz, vor Allem sich bewährt habenz heutzutage kann eín Privilegium dem Klerus zu uihts mehr nüßzen. Ein Privilegium erzeugt den Krieg, während das gemeinsame Necht alle Nacken beugt. Privilegirte geistliche Schulen wür- den durch eine Art provisorischer Transaction die Zielscheibe unablässiger An- griffe werdenz der Krieg würde gegen diese Schulen beginnen, Uebrigens will ih für den 17ten Artikel (bezüglich der Zugeständnisse für die kleinen Seminarien) stimmen, weil ih hoffe, daß das Privilegium, welches derselbe bewilligt, nur provisorisch, temporär sein und der Klerus selbst zuerst und aus freiem Antriebe in das gemeinsame Recht zuücktreten und keinen an- deren Kampf mit den Laien verlangen wird, als den der Einsichten des Führers, des Wissens und der Liebe zu den Jnstitutionen.““

Im Ganzen war der Zweck der Rede des Herrn Rofst ein ver- mittelnder und versöhnender; dagegen zeigte sih Graf Beugnot, Mitglied der Akademie, als entschiedener Opponent des Gesehßz= Ent= wurfs, den er Artikel für Artikel angriff und fast in allen seinen Be- stimmungen durch Amendements abgeändert wissen wollte. Er sprach gegen die Bedingung des Fähigkeits= Attestes, um Lehrer zu werden,

des Studien - Zeugnisses, um zum Bakkalaureats - ( Abiturienten =) Examen zugelassen zu werden, gegen das ausschließliche Recht der Universitäts-Professoren, akademische Würden zu ertheilen, am eifrig- sten aber gegen die Bestimmung, welhe die Mitglieder der vom Staate nicht anerkannten Congregationen vom Jugend= Unterriht ausschließt, indem er in diesen geistlichen Orden vielmehr eine moralishe Macht, welche die Regierung für sich zu gewinnen suchen sollte, als einen verderblichen Einfluß erblickt. Die Lehren und die Disziplín der Universität griff der Redner anz er behauptete, diese Justitution sei ganz von den Be= fuguissen abgewichen, welhe ihr dur die verschiedenen, sie betreffen- den Dekrete verliehen, und von den Prinzipien, die ihr darin vorge- schrieben worden, Das Dekret von 1806 erkläre, daß der Unterricht im Einklang mit der katholischen Religion ertheilt werden soll; diese Vorschrift aber werde nicht mehr beobachtet ; zwar habe im Jahre 1830 die fatholishe Religion aufgehört, Staats=Religion in Frankreich zu sein, aber au im Jahre 1806 sei dieselbe niht die Religion Frank= reichs gewesen, und es hätten sih damals nicht einmal so viel Ein= wohner dazu bekannt als jebt; das Verhalten der Universität sei also geseßwidrig und müsse Mißtrauen gegen dieselbe erwecken, Die Debatte wird noch fortgeseßt werden.

París, 25. April. Die Herzogin von Kent is heute. Nah- mittags in den Tuilerieen eingetroffen; die Königliche Familie ging der erlauchten Fürstin entgegen; Herr Guizot und Lord Cowley waren bei dem Empfang zugegen. Die Herzogin wird den Festlichkei- ten am Namenstage des Königs und der Eröffnung der Jndustrie- Ausstellung beiwohnen.

Der nah London bestimmte spanishe Botschafter, Marquis Vil= E hier angekommen.

Man versichert, die Königin Christine von Spanien unter

seit ihrer Abreise von Paris eine sehr lebhafte Rorresponbéti, v A Hofe der Tuilerieen, Jede Woche sollen Depeschen von derselben eintreffen. : Das Ministerium wird, wie verlautet, der Deputirten - Kammer in einigen Tagen einen Geseß-Entwurf für stufenweis zu bewerkstel- R Emancipation der Sklaven in den französischen Kolonieen vorlegen.

_ Mehrere Mitglieder des hohen Klerus, die sich in diesem Augen= blicke in Paris befinden, halten jeden Tag Zusammenkünfte in dem Hotel des Erzbischofs von Paris. Sie sollen in lebhafter Korrespon- denz mit dem Kultus-Minister stehen.

n Paris , 25. April. Jn der heutigen Sißung der Pairs- Kammer waren die Tribünen sehr gefüllt, auf einer bemerkte man den kürzlich gerichtlih verurtheilten Abbé Combalot, der Aller Blicke auf sich zog. Der Herzog von Noailles hat dem Präsidenten in einem Briefe, den dieser vorliest, sein Bedauern ausgesprochen, wegen des häuslichen Unglücksfalles, der ihn kürzlich betcolen: nicht an der Diskussion theilnehmen zu können. Der Marschall Kabi= nets-Präsident legt das von der Deputirten - Kammer bereits votirte Geseß über die Militair-Pensionen vor. Dann ergreift Herr Merilhou das Wort für das Geseß über den Sekundär-Unterricht ; zuerst hervorhebend, wie seit Jahren kein wihtigeres Geseh den Be-= rathungen der Kammer unterstellt worden sei als dieses, das auf den Ruhm, die Stärke, die Civilisation grey abziele und eine der Versprehungen der Charte erfülle. Es werde diesen Angriffen und bitteren Recriminationen ein Ende mahen, mit Hülfe deren man je- den Tag die Staatsgewalt in Mißachtung zu bringen versuhe. Der Redner sucht nun einige Einwürfe des Grafen Beugnot von gestern zu widerlegen, und weist nach, daß das Geseh der Freiheit der Kulte nicht zuwider, das Geschrei der Geistlichkeit über Verfolgung ungegründet