1844 / 122 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

) ¡erungs=- Blatt Nr. 20 vom 24. April enthält eine E ege es Hofstaat Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Luit- pold und Jhrer Kaiserl. Hoheit der Gemahlin des Prinzen Luitpold betreffend. Der Hofstaat des Prinzen besteht aus dem E Kämmerer und Oberst-Lieutenaut Delpy de la Roche, dem Ho -Ra- valier Freiherrn von Speidel, Königl. Kämmerer und Lieutenant, dem Secretair Grafen von Tattenbach, Leibarzt Dr. Zink und Aftuar Stelsz der Hofstaat der Prinzessin aus dem Ober-Hofmeister, Käm- merer und Major von Hagens, der Ober =Hofmeisterin Frein von Wambold und der Hofdame Frein von Ow. Ferner enthält das Regierungs-Blatt eine Bekanntmachung, die Uebereinkunft mit Oesterreich über die Bestrafung der Forst-, Jagd=, Fish- und Feld- frevel betreffend, und Dienst - Nachrichten.

Hannover. Hannover, 27. April. (H Z.) Die erste Kammer seßte in der Sizung vom 19ten die dritte Berathung über das Volksschul- Gese fort, Ferner fam der von zweiter Kammer beliebte Zusay zu dem Beschlusse auf das Königliche Kabinets-Schreiben vom 6ten d. M. den Staats-Vertrag mit der Krone Preußen wegen der Ems-Schifffahrt be- treffend:

fn elei aber zu bevorworten, daß Königliche Negierung den inlän- dishen Verkehr auf der Ems mit Abgaben demnächst nicht ohne vorgängige Communication mit Ständen belasten möge,“

zur Berathung und wurde abgelehnt.

Jn der Sißung vom 20sten wurde der Vorschlag der mit den Bevoll- mächtigten der zweiten Kammer gehaltenen Konferenz in Bezug auf die Vergütung für sogenannte Kriegerfuhren einstimmig angenommen. Die Kammer schritt dann der Tages - Ordnung gemäß zu der Berathung über das Königliche Kabinets -Schreiben vom 25sten v. M., die Uebersicht über den jeßigen Stand des Chausseebaues betreffend, und den darauf von zweiter Kammer gefaßten Beschluß: „Eine gemeinschaftliche Kommission von drei Mitgliedern jeder Kammer niederzuscßen, um zu untersuchen, ob die ver- mehrten Mittel behuf des Chaussecbaues während der leyten Jahre den

Wünschen und Vorausseßungen der Stände im Schreiben vom 28, Juni 1842 gemäß verwandt worden seien.“ Z

Ein Mitglied erklärte sich von vorn herein gegen jede kommissarische Behandlung dieser Angelegenheit. Eine Berathung in der Kammer sei schr wohl thunlich, da die in der Mittheilung enthaltene, sehr spezielle Uebersicht jedem Mitgliede Gelegenheit gebe, sich über den Stand der Sache zu un- terrihten und geeignete Anträge zu stellen, Ein Mehreres aber könne die Kommission auch nicht, denn solle diese weiter gehen und auch die Frage untersuchen, ob die Mittel der Bewilligung gemäß alle zum Neubau ver- wandt worden, o fehle ihr das erforderlihe Material, und die Regierung werde nicht geneigt sein, hierüber weitere Nachweisungen zu geben.

Mit Beziehung auf diesen leßten Punkt ward der Redner auf §. 157 des Landes-Verfassungs-Geseßes aufmerksam gemacht, wonah Stände be- rechtigt seien, die Rechnungen der Chaussee-Kassen einzusehen,

Eín zweites Mitglied war der Ansicht, daß die Behandlung durch eine Kommission die Erledigung der Sache am schnellsten herbeiführen würde. Daneben sei eine genaue Prüfung auch nur in einer Kommission möglich, indem z. "B, dabei eine Charte \{chwerlich würde entbehrt werden können, Ein drittes Mitglied sprach sich ebenfalls im Allgemeinen für kommissarische Prüfung aus, Die Wünsche der Stände seien auf ein Doppeltes gerichtet wordenz erstens eine Uebersicht darüber zu erhalten, wie vie bewilligten Mit- tel in den verschiedenen Landestheilen verwandt wordenz \o wie zweitens darüber, was in Zukunst gebaut werden solle, Jn beiden Bezie- hungen bedürften die Mittheilungen einer Prüfung, indem einestheils die Rechnungen nach §. 166 des Landesverfassungs-Gesetes einer genauen

Durchsicht bedürften, anderntheils zu ermitteln sei, welhe Wünsche der Re- gierung über die zunächst vorzunehmenden Neubauten vorzutragen sein möchten; obwohl er es nicht für angemessen halte, darin bestimmte Anträge zu stellen, da diese von vielen Seiten Anforderungen hervorrufen würden, denen doch nur nah und nah Genüge geleistet werden tônne, Wenn diese Nücksichten eine kommissarische Prüfung überhaupt wünschenswerth erscheinen ließen, so gehe doch der Antrag zweiter Kammer zu weit, und beenge auch die Kommission, indem er derselben eine bestimmte Nichtung ihrer Thätigkeit vorschreibe. : E

Dieser Meinung traten Mehrere bei, und nahm daher ein Mitglied Anlaß , einen Antrag bloß dahin zu stellen: „Das Königliche Kabinets- Schreiben vom 25sten v. M., die Uebersicht über den jeßigen Stand des Chausseebaues betreffend, an eine gemeinschaftlihe Kommission von drei Mitgliedern jeder Kammer zu verweisen. ‘“ ;

Diesem Antrage gemäß wurde die Niedersezung der Kommission be- schlossen, nahdem der frühere Antrag auf Annahme des Beschlusses zweiter Kammer zurückgenommen war. :

In der Berathung folgte der Beschluß zweiter Kammer, :

1) die Königliche Negierung zu ersuchen, auf Begründung höherer Bürgerschulen in dazu geeigneten Städten des Königreichs und auf thun-

liche Bervollkfommnung der bestehenden Schulen dieser Art, so wie auf thunlichste Vervollständigung des Unterrichts în den Gymnasien und Pro- gymnasien des Königreichs vorzüglich in Ansehung der neuen Sprachen und der für Nichtstudirende wichtigen Gegenstände Bedacht zu nehmen, au da- für Sorge tragen zu wollen, daß auf den erwähnten Anstalten mehr als bisher die förperlihe Ausbildung der Schüler befördert und die dazu erfor- derlihe Einrichtung getroffen werde z

2) sih im voraus geeig! zu erklären, dazu dem Zwecke angemessene Zuschüsse aus der General -Steuer- Kasse zu bewilligen, und in dieser Be- iehun as 3) um baldgefällige nähere Mittheilung in der Sache zu ersuchen,

Dem Beschlusse ward ein dreifaher Widerspruch entgegengeseßt, Jn formeller Rücfsicht war man der Ansicht, daß eine Vorlage der Regierung zu erwarten, und deshalb der Antrag der Stände darauf zu beschränken sei, um eine geeignete Vorlage zu ersuchen. Jn der Sache glaubte man rücksichtlih der Geldbewilligung sich zunächst nur an die so dringend nöthige Verbesserung des Volksschulwesens halten zu müssen, Ob für die Bürger- schulen ein eben so dringendes Bedürfniß vorhanden, bezweisle man; die Gymnasien aber und Progymnasien ständen unter Leitung einer Behörde, deren erfolgreiche Wirksamkeit anerkannt sei, Drittens enthalte der Antrag eine Entscheidung über Prinzipien und gehe so über das Feld der ständischen Thätigkeit hinaus, :

Der Antrag ward cinstimmig abgelehnt, / i

Dann standen zur Berathung die von der Kommission zur Prüfung der General-Steuerkassen-Rehnungen vom 1. Juli 1832/40 in Bezug auf

das Königliche Kabinets - Schreiben vom 21. März 1844, die Rechnungen der General - Kasse von 1837/40 u. s. w. betreffend, unter Nr, 1, 2 und 3 gestellten Anträge, die ohne Widerspruh angenommen wurden.

Bei der folgenden Berathung über den Beschluß zweiter Kammer, „Unter Bezugnahme auf das ständishe Schreiben vom 11, Februar 1842 die Beséleuiigung der Vorlage eines e ragt endigt Li 1 bei Königlicher Regierung zu beantragen“, wurde von einem Mitgliede die Lage der Sache kurz erläutert, Jm Jahre 1842 seien wegen dieses Gegenstandes fünf Petitionen eingegangen und mittelst gemeinsamen Beschlusses Kö- niglicher Regierung mit der Bitte um Vorlage eines Geseßes übersandt, Jn Konsequenz dieses Beschlusses müsse man dem Antrage beitreten, und richte er darauf seinen Antrag. Derselbe wurde noch von mehreren Seiten unterstüßt, namentlich von einem Mitgliede im Interesse der Unterthanen, welche von Wildschäden vielen Schaden zu leiden hätten,

Ein anderes Mitglied machte dagegen darauf aufmerksam, daß eine solche Gesepgebung, namentlich wegen der divergirenden Ansichten beider

Kammern große P UReS haben würde.

Man trat indeß dem Beschlusse zweiter Kammer bei. :

Sthließlich wurde der neben dem Königlichen Kabinets-Schreiben vom lien d, M. mitgetheilie Cuiwurf einer Dienstboten-Ordnung für die Land- Drostei - Bezirte Hannover, Hildesheim , Lüneburg und sür deu Harzbezirk, m erstenmale in Berathung genommen, und zu dem Ende sammt der

egründung oragraphweise verlesen, wr a B u aliidt de eR beschloß die zweite Kammer, bei dem von den Staatsvertra mit Preusien is R ‘ver Emsschiffa E Un i va m i deshalb auf eine Konser mit der ‘ersten Kammer anzultagen Í Den größ- ten Theil der Sihung füllte eine vertrauliche Berathung aus,

732 Württemberg. Ludwigsburg, im April. Als Folge der schon vor einigen Monaten dur bevollmächtigte höhere Offiziere des achten deutshen Armee-Corps zu Heidelberg gepflogenen Verhand= lungen in Betreff möglichster Gleichstellung der Prinzipien für Bewe= gung größerer oder fombinirter Truppenkörper is hier dieser Tage eine neue Kommission zusammengetreten, bestehend aus je 3 Offizieren der einzelnen Divisionen, Württemberg, Baden und Hessen. Die Kom- mission, welcher der General von Miller präsidiren wird, hat den Auftrag, nach den in Heidelberg festgestellten Grundsäßen entspre= o Kommandowörter zur Ausführung der Bewegungen zu ent- werfen,

Oesterreichische Monarchie.

© Wien, 21, April. Se. Kaiserlihe Hoheit der Erzherzog Stephan is bereits vergangene Woche aus Böhmen hier angelangt, um mehrere auf die Administration dieses Königreihs Bezug neh= mende Gegenstände in der Staats-Konferenz zur Berathung zu brin- gen, Bei dem allgemeinen Vertrauen, welches der erlauchte neue Statthalter in jener Provinz zu erlangen wußte, is derselbe während seines dortigen mehrmonatlihen Aufenthaltes, durch rastlose Thätig= feit in allen Zweigen der Verwaltung, verbunden mit einem glück- lihen administrativen Talente, sehr s{chuell mit den Wünschen und Bedürfnissen jenes Landes vertraut geworden, um hierüber bei der Staats-Konferenz die geeigneten Anträge stellen zu können.

Die in diesen Tagen bekannt gemachte Post-Convention mit Preußen hat hier die freudigste Theilnahme gefunden, und wird gewiß auf die Vermehrung des Berkchre beider Staaten die wohlthätigsten Rück= wirkungen äußern. Auch bei der hiesigen Post - Expedition werden mehrere Verbesserungen eintreten, besonders wird vom 1, Mai ange- fangeu, das Büreau für die Ausgabe der Briefe, nah der Art an- derer großer Städte, den ganzen Tag geöffnet bleiben, und nicht blos wie bisher von 8§—12 Uhr Morgens und von 3—45 Uhr Nachnit-

tags, was besonders für fremde Brief=Empfänger schr drückend wurde,

Die vielgewanderte Touristin, Gräfin Jda Hahn=Hahn, is gestern us dem Orient über Triest hier angekommen.

B Fran re 0.

L Pairs-Kammer. Sihung vom 25. April. Die allge- nléíne Debatte über den Sekundär-Unterricht ist auch heute, nahdem die Herren Merilhou, von Brigode und Guizot darüber gesprochen hatten, noch nicht geschlossen worden , und es is selbst die Frage, ob man morgen damit zu Ende gelangt, da Graf Montalembert an- gekündigt hat, sein Vortrag zur Bekämpfung des Geseß- Entwurfes werde sehr lange dauern. Herr Merilhou vertheidigte heute, wie hon erwähnt, den Geseh-Entwurf, den er mit juristisher Schärfe analysirtez er spra darüber nah den alten Traditionen des franzö- sischen Richterstandes, bereit, denselben zufolge, die Kirche zu stüßen, aber auch, sie im Zaum zu halten. Statt, wie viele Gegner der Universität, einen Vorwurf für diese Jnstitution darin zu finden, daß dieselbe ihre neuere Organisation aus dén Zeiten des Kaiserreiches herschreibe, erblickte er in diesem Ursprung vielmehr einen Vorzug, weil die Zeit, wo Napoleon die gesellschaftlichen Einrichtungen eine nach der anderen wieder aufgebaut habe, eine der größten Epochen in der französishen Geschihte gewesen, Baron von Brigode dagegen erflärte, daß er als Katholik es für seine Pflicht halte, das Monopol zu bekämpfen, welches die Universität für ih aufreht zu erhalten strebe. Er betrachtete den Geseß = Entwurf als in Widerspruch mit den Grundsäßen der Charte und dem natürlihen Rechte der Fami= lien. Wenn er guch die Universität nicht anfklagen wolle, daß sie den dur philosophische Schriften so lange niedergehaltenen und er- stickten, jeßt aber mächtig wieder auflebenden religiösen Sinn in Frank= reih zu unterdrücken suche, so bedaure er do, daß der von ihr ge- stattete zu liberale Unterricht fast auf dieses Resultat hinauslaufe, Während seiner Rede wurden die vom Grafen Beugnot zu dem Geseb - Entwurf angekündigten Amendements unter den Mitgliedern der Kammer vertheilt. Darauf nahm Herr Guizot das Wort und behandelte die vorliegende Frage namentlich von der politischen Seite, um darzuthun, wie die N N über den shwebenden Kampf zwischen Klerus und Universität denke, wie sie sch dabei zu verhalten beabsichtige, welhe Politik also dem Geseß=Entwurf über den Sekun- där=-Unterricht zu Grunde ege,

„Vor kaum zwei Jahren, sagte der Minister unter Anderem, bestanden noch ganz friedlihe und wohlwollende Verhältnisse zwischen Staat und Kirche; die Geistlichkeit gewann an Einfluß und moralischer Macht; die Regierung unterstüßte sie thätig und erfolgreich ; wir waren in vollem Frie- den und auf dem besten Wege, Wie kömmt es nun wohl, daß dieses Ver- hältniß des gegenseitigen Wohlwollens sich so plößlich in Kampf umgewan- delt hat. Es giebt im Schoße der Geistlichkeit, wie es scheint, Männer, welche die aufrichtige Ueberzeugung hegen, daß der Universitäts - Unterricht für die fatholische Religion verderblich sei; es giebt andere, welche übrigens jedem politishen Vorurtheil durchaus fremd, aber doch geneigt sind, zu Gunsten der Kirche eine Gewalt in Anspruh zu nehmen, welche mit den Jdeen unserer Zeit unvereinbar ist; es giebt endlich noch Andere, die von gewissen dynastishen Erinnerungen beherrscht, die Bewe- gung in einem Partei - Juteresse auszubeuten suchten, und sich, um dieselbe anzutreiben, aller unserer Freiheiten wie Männer bedienten, die daran we- nig gewöhnt und gleichsam davon berauscht sind, Ich glaube indeß, daß der größere Theil der Geistlichkeit an diesen religiösen Umtrieben keinen Theil genommen hat. Die Regierung nun hat, nah meiner Ansicht, unter diesen Umständen nur folgende zwei Dinge zu thun: Erstens gegen den Jrrthum zu kämpfen, die Verleumdung zu enthüllen und die Lüge zu un- terdrückenz zweitens aber Alles, was sich reformiren läßt, zu reformiren,“

Der Minister hielt dann seinerseits der Universität ebenfalls eine glänzende Lobrede, Den Vorwurf, meinte er, daß sie ihrem Untrr= riht eine niht genugsam moralische und religiöse Richtung gäbe, hätte diese große nationale Jnstitution gewiß am allerleßten erwarten dürfen, und die Geistlichkeit, statt ihr diese Unbill zuzufügen, hätte vielmehr laut ihren heilsamen Einfluß anerkennen sollen, denn bei der Jndifferenz und Skepsis der jeßigen Gesellschaft sei die Wirksam- feit des Klerus eine sehr s{hwierige und undankbare, und die Geistlihen bedürften sehr des *Beistandes der Universität, die dur den allgemeinen Charakter ihres Unterrichts, durch die Strenge ihrer Grundsätze und durch den Ernst ihrer Sitten die Seelen für den Religions - Unterricht vorbereite. Der Redner {loß mit einer energischen Geltendmachung der Rechte der weltlihen Gewalt, die, wie er sagte, die hohe und wichtige Aufgabe habe, die Freiheit des Gewissens und des Gedankens zu schüßen.

Deputirten-Kammer. Sißungen vom 22. 25. April, Nachdem bereits die Grundzüge des Geseh - Entwurfs über die Ge- fängniß - Reform und die dagegen erhobenen Haupt - Einwendungen mitgetheilt sind, werden einige Auszüge aus den einzelnen hierüber gehaltenen Reden bei der allgemeinen Wichtigkeit dieses Gegenstan- des nicht ohne Juteresse sein.

Herr Cordier, der zuerst gegen den Entwurf das Wort nahm, ta- delte an dem vorgeschlagenen System, welches befanntlih auf das pennsyl- vanische der abgesonderten Einsperrung begründet ist, besonders die Erschwe- rung der Strafe, wie die große Fohenvermazzun und glaubte darin keine Bürgschaft für sittliche Besterung und gegen Rückfälle zu finden. Er bean- tragte daher, daß man noch einé sorgfältigere Untersuhung anstelle und da- nah einen neuen Entwurf vorlegez; daß man bei See Gf von Ver- brehen die Deportation anwenden mögez taß für politische Gefangene be-

sondere Gefängnisse eingerichtet würden, in welchen diese gemeinsam leben

fönntenz endlich, daß die 150 Mill. Fr., welhe zur Ausführung des vor- liegenden Geseh - Entwurfes bestimmt seien, lieber unter die Landgemeinden vertheilt werden möchten, um Zusluchtshäuser sür alte Leute und Schulen für Kinder davon zu errichten.

Herr Corne äußerte sich dagegen sehr zu Gunsten des pennsylvani- hen Systems und gegen das Auburnsche, gegen welches er die schon öfters erwähnten Argumente vorbrachte, daß das Schweigen sich nicht voll- ständig durchführen lasse, und daß die Gefangenen au dabei Mittel fän- den, sich mit einander zu verständigen.

Herr von Sade trat wieder sehr entschieden gegen den Geseß-Ent- wurf auf und erklärte Wahnsinn und Tod für die nur zu häufigen Folgen der einsamen Einsperrung, die man, wie er behauptete, selbst in Pennsyl- vanien aufzugeben im Begriff stchez in Europa sei dies System nicht glück- liher gewesen, man habe es weder in Holland noch in Belgien annehmen mögen; in Preußen sei man zwar in Folge eines Berichts des Dr. Julius, der zur Prüfung der Sache nach den Vereinigten Staaten geschickt worden, einen Augenblick dafür eingenommen gewesen, bald aber sci man zu dem Beschluß gekommen , es nicht in Anwendung zu bringen, (Herr von Tocquevílle, der Berichterstatter: Dies is ein Jrrthum. Herr von Sade: Jh habe die Angabe aus der Broschüre des Herrn Lucas ge schöpft. Herr von Tocqueville: Die Augsburger Zeitung hatte so berichtet, ih schrieb deshalb nah Berlin und erhielt zur Antwort, daß die Angabe ungegründet sei.) Der Redner führte \{ließlich gegen das pennsylvanische System noch an, daß es den religiösen Unterricht vechin- dere, und daß deshalb auch der römische Hof sih dagegen erklärt habe.

Herr Taillandier widerlegte diese leytere Behauptung durch die An- gabe, daß vielmehr der römische Hof einer der ersten gewesen, der dieses Gefängniß - System angenommen habe; auh vom Bischof von Bordeaux sei dasselbe in sciner Diözese begünstigt worden, und Gefängniß - Kapläne hätten die Wirkungen desselben vortheilhaft gefunden. j Herr Larochefoucault-Liancourt sprach sich gegen das Absonde- rungs-Svystem aus. Die Angabe, als nähmen die Verbrechen in Frankreich zu, hielt er für unrichtig z im Jahre 1828 sei ein Verbrechen auf 4316 Be- wohner gekommen, 1831 eines auf 4281 und 1841 eines auf 4583, Das jeßige System der Gefängniß-Disziplin erschiene ihm als das beste.

“Der Marquís von Mornay dagegen glaubt, daß die Absonderung das einzige Mittel sei, um auf das Herz und Gewissen der Verbrecher zu wirfen. Finde man das Absonderungs - System zu streng, so gebe es ein einfaches Mittel, dem Uebel abzuhelfen, die Abkürzung der Straszeit.

Herr Carnot meinte, da das Gefänguiß vielmehr ein Mittel zur Bes- serung als zur Bestrafung sei, so dürfe die Absonderung nicht stattfinden. Der Gefangenwärter oder Kaplan könne unmöglich 500 Zellen an einem Tage besuchen, folglih müsse man sih auf auswärtige Besucher verlassen, welche, wenn das Gefängniß von einer Stadt entfernt liege, sich nicht wohl in so genügender Anzahl einfinden würden, daß sie wirklihen Nuyen brin- gen könnten, Der Nedner citirte eine Menge englischer und amerikanischer Schriftsteller, die gegen das Absonderungs-System geschrieben, A

Hexr von Beaumont wiederholte die Behauptung, daß die Ver- brehen in Frankreih zunähmen, und sprach sih sehr entschieden für den Grundsay des Geseh - Entwurfs, die cinsame Einsperrung, aus, für deren Zweckmäßigkeit er eine Anzahl von Autoritäten citirte, unter diesen auch den jeßigen König von Schweden, Er wies darauf hin, daß der Gefan- gene während der Absonderung in seiner Zelle unmöglich schlechter werden könne, Bei dem jeßigen Systeme aber bildeten die Gefangenen regelmäßige Associationen, und sobald sie wieder in Freiheit geseßt würden, müßten sie sich, möchten sie nun wollen oder nicht, denselben anschließen, weil die An- deren sie dazu zwängen, Doch stimme er gegen die absolute Absonderung, Diese sei blos in cinem einzigen amerikanischen Gefängniß versucht worden und mißlungen, Von den Gefangenen sollte nur jede hädliche Berührung fern gehalten werden, Die Statistik der Sterbefälle scheine zu Gunsten des Absonderungs-Systems zu sprehen. Jn den französischen Gefängnissen sei das Verhältniß 8 zu 100, in Pennsylvanien dagegen 2 zu 100. Die An- gaben von Geistes-Verwirrungen in Folge der Absonderung seien übertrieben, j Herr von Maleville erklärte sich gegen den Entwurf und erinnerte die Kammer daran , daß die Kommission, welche das Budget für 1838 zu prüfen hatte, sich ebenfalls ti Absonderungs - System ausgesprochen habe, Er führte an, daß Dr. Julius selbst, der ein o eifriger Anhänger dieses pennsylvanischen Systems sei, der Erste gewesen, der zwölf Fälle von Wahnsinn unter diesem Systeme konstatirt habe, die er freilich Ursachen zu- geschrieben, welche dem Eintritt ins Gefängniß vorhergegangen sein sollten, Dann führte er mehrere Schriftsteller an, die gegen dies System geschrie- ben, und machte bemerklih, daß der Großherzog von Baden und der Kö- nig von Sardinien sich geweigert, die einsame Einsperrung in ihren Stag- ten einzuführen.

Der Minister des Jnuern, Herr Duchatel, rühmte an dem vorlie- genden Geseß-Entwurfe, daß derselbe nicht auf bloßen Theorieen beruhe, sondern reiflih überlegt sei, Derselbe sei seit 1840 unablässig unter den Augen der Regierung gewesen, und damals habe nur die Auslösung der Kammer seine vollständige Diskussion verhindert, Jedermann gestehe ein, daß eine Neform nöthig seiz die einzige Differenz beruhe" nur auf der Frage, mit welchen Mitteln die Veränderung erzielt werden solle, Ueber die Zunahme der Verbrechen seit mehreren Jahren könne kein Zweifel ob- walten, und man frage mit Recht, ob dieses beklagenswerthe Faktum nicht dem schlechten System, nach dem die Verwaltung der Gefängnisse geleitet werde, zuzuschreiben sei. Allerdings seien seit 30 oder 40 Jahren mit der Gefängniß- Disziplin viele Verbesserungen vorgenommen worden, allein doh nur zu dem Ende, daß die Strenge der Bestrafung fast ganz verschwunden sei und die grö- ßeren Gefängnisse jeßt eher ungeheuren Werkstätten, als Straf-Anstalten ähnlih sähen. Jun der That seien die Gefangenen, mit Ausnahme des freien Ausgangs, besser daran, als viele Arbeiter, Die Zunahme der Rü- fälle sei offenbar in diesem System begründet, und die Kammer dürfe, in- dem sie die vorliegende Bill disfutire, nicht vergessen, daß nicht blos einige wirksame Reform - Maßregeln absolut erforderlich seien, sondern daß die nöthige Umgestaltung nicht länger aufgeschoben werden könne. Das System, welches der Gesez-Entwurf beantrage, sei mit dem absoluten System ver- wechselt worden, das zur Zeit în den pennsylvanischen La Ls ange- wandt werde und die Gefangenen nicht allein unter sih, sondern auch von dem Verkehr mit allen anderen menschlichen Wesen abschließe, Allein der Geseh - Entwurf modisizire dieses System in sehr _wesent- lihen Punkten. Diíe Bagnos enthielten 7000 Zndividuen, die Cen- tral-Gefängnisse 19,000 und die Departemental-Gefängnisse ungefähr dieselbe Anzahl. Die Personen, welche früher im Gefängniß gewesen und jeyt in der Gesellschaft vertheilt seien, beliefen sich auf 70,000, so daß jeßt in Frank- reíh über 100,000 Menschen lebten, die ihre eigenen Geseße und Moral-

rinzipien hätten und zu der Gesellschaft im Allgemeinen eine durchaus feindielige Stellung einnähmen, Einige von den Gefangenen wären, wenn sie ihre Hast anträten, in der Ruchlosigkeit noch nicht gar weit vorgerückt, aber nach einer gewissen Anzahl Jahre, die sie im Kerker und in Gemeinschaft mit den Uebrigen zugebracht, würden sie fast ohne Ausnahme eben o tief verderbt an Gesinnung und Zwecken, als diese. Der Geseg - Entwurf beantrage nun, daß die Gefangenen voll- ständig von einander getrennt würden; zugleich aber gestatte er, daß sie mit dem redlichen Theile der Gesellschaft in beständigem Verkehr blieben, Man werfe ein, daß dies das Loos der Gefangenen äußerst hart machen würde z aber man bezwecke ja nicht, ihre Lage angenehm zu machen oder zu sehr zu erleichtern, Diese müsse vielmehr so viel Einschüchterung als möglich darbieten, damit die Menschen sich davor fürchten müßten, als vor einer Strafe der Verbrechen, Drei Einwürfe würden namentli gegen das Zellen- System erhoben. Der erste betreffe die Disziplin, Darauf entgegne er, daß es viel leichter sei, ein Gefängniß nah dem vorgeschlagenen, als nah dem jeyigen Systeme zu leiten. Dasselbe behaupte er auch in Betreff der Organjsation der Arbeit, sowohl als eines Elements der Moralität, wie als einer Quelle pecuniairer Zuschüsse. Dieser Theil der Frage sei bereits dur die Erfahrung gelöst worden, Es habe sich ergeben, daß die Arbeit sich mit der Zellen - Gefangenschaft l ang ohne darum minder produktiv zu werden, Was ferner den religiösen Unterricht betreffe, so scien zunächst die Bischöfe und Kapläne betheiligt , und wenn diese zu- frieden seien, so habe Niemand anders etwas dagegen einzuwenden. Ein anderer Einwurf betreffe die Abschaffung der Bagnos. Allein er glaube, daß die Bagnos bei weitem keine so guten Corrections-Mittel seien, als die Central - Gefängnisse, weil sie offenbar als Einschüchterungs - Mit- tel weit weniger wirkten, Wenn man vorgeschlagen habe, das non System zunächst in den Departemental - Gefängnissen einzuführen un sodann auf die übrigen zu übertragen, o mache sich dagegen die

E

Bemerkung geltend, daß den Departemental - Gefängnissen die leichteren Verbrechen zufielen und es daher ungerecht sein würde, in diesen allein das strengere Zellen-System einzuführen, Diese Maßregel könne leicht als Auf- munterung zu s{wereren Vergehen wirken, indem viele Gefangene nichts un- versucht lassen würden, was ihre Ablieferung nach einem Central-Gefängnisse, in welchem die Disziplin nicht so streng sei, veranlassen könnte, Der Vor- \chlag, die Einkerkerung ganz abzuschaffen und in allen Fällen in Deporta- tion zu verwandeln, erscheine ihm als beklagenswerth und verderblich, Doch sei die Deportation als eine Ergänzungs - Maßregel der Bestra- fung, nah einer gewissen Periode der Zellen - Gefangeschasten, viel- leicht annehmbar. Der Minister {loß seine Rede, wie folgt: „Jch gebe der Kammer zu erwägen, daß die Frage, welche uns beschäftigt, sich von selbst und unabweislih aufgedrängt hat, daß sie durchaus auf irgend eine Weise gelöst werden muß und es nothwendig ist, cinen Plan zu fassen zur Regulirung des Gefängnißwesens, Es ist mit dieser Frage, wie mit allen anderen; nichts leichter, als ein System anzugreifen, nichts {werer, als den Tadel zu rechtfertigen durch Aufstellung eines besseren, das alle Stim- men für sih gewinne,“

_ Herr von Peyramont, Mitglied der Kommission und zur Minori- tât derselben gehörend, erklärte sich entschieden gegen den Gesez-Vorschlag z er bestritt die Nothwendigkeit, Nüßlichfkeit, Wirksamkeit der von der Regie- rung in Antrag gebrachten Gefängniß-Reform; schon der finanzielle Punkt scheine davon abhalten zu müssen, da die Kosten der neuen Organisation auf 150 Millionen Franken berechnet würden, Der Redner fragte, ob ein so enormer Aufwand für ein so unzulängliches Resultat, als zu erwarten stehe, zu rechtfertigen sei; ex meinte auch, mit Annahme des pennsylvanischen Systems der isolirten Absperrung werde die ganze Strafgeseßgebung Frankreichs in sich zerfallen, und in diescr Beziehung sei es nicht wenig sonderbar,” daß der Justiz-Minister nicht zugegen wäre bei einer Berathung, die seinen Ver- waltungszweig so nahe berühre; aber auch selbst die Gerichtshöfe seicn wäh- rend der ganzen Zeit, seit welher der Vorschlag zur Gefängniß» Reform, zur Prüfung vorliege, so wenig als das Geseßgebungs-Comité des Staats- Raths über den Gegenstand fonsultirt worden. Die Zunahme der Ver- brechen erklärte der Redner nicht, wie der Minister des Junern, aus der milderen Gefängniß-Disziplin, sondern aus der Aenderung im Strafgeseß, welche 1832 getroffen worden und der Jury die Befugniß ertheilt habe, ihren Spruch durch mildernde Umständezu entkräften ; welche Folgen diese nur zu oft von den Geschwornen in Anwendung gebrachte Formel gehabt, möge man aus der Thatsache abnehmen , daß seit 1832 von 83 Vater-, Mutter- oder Ver- wandtenmördern 60 wegen mildernder Umstände mit der Todesstrafe ver- s{hont geblieben, ja unter 165 Vergiftungsfällen die Jury 136 gefunden habe, bei welchen sie mildernde Umstände zuzulassen für gut gefunden, Das aus den Rückfällen hergenommene Argument widerlegte der Nedner durch Zahlen: von 530 in Untersuchung gerathenen Verbrechern seien nur 28 Rü- fällige, und von diesen hätten nur 12 Verbrechen an Personen begangen, Genug, die isolirte Absperrung in einsamen Zellen sei gehässig und werde ihren Zweck nicht erreichen, :

,_ Nadem hierauf der M inister des Jnnern, wie gestern schon mitgetheilt, eine Gegenrede gehalten und der Marquis von La roc e- Zacquelin sich noch mit großer Lebhaftigkeit gegen die einsamen Zellen, die er Gräber nannte, ausgesprochen hatte, wurde die allge meine Diskussion geschlossen. :

Paris, 26. April, Mehrere Blätter sprachen seit einigen Tagen von nahe bevorstehenden Veränderungen in der oberen Ver-= waltung zu Paris. Diese Gerüchte werden heute vom ministeriellen Messager für durchaus ungegründet erklärt, „Es ist, ““ sagt dies Blatt, „feine Rede davon, daß Herr Zangiacomi der Vater, der als Kammerpräsident am Cassationshofe dem Lande durch seine so nüh= lihe Einsicht und Erfahrung neue Dienste leistet, von seinem Amt zurücktreten wolle, Was die anderen Veränderungen betrifft, welche auf diesem angeblichen Rücktritt beruhen, so i} eine förmlichere Wider= legung der darauf bezüglichen Gerüchte unnöthig; sie sind eben so aus der Luft gegriffen.“

Gestern versammelte s\ch eine große Anzahl Katholiken auf dem Plaße St, Thomas d’'Aquin, von wo sie zu dem Grafen Mon- talembert zogen, um demselben für seine leßte Rede in der Kammer über die Freiheit des Unterrichts zu danken.

u Paris, 26, April. Die heutige Sihung der Pairs= Kammer begann um 2 Uhr. Graf von Montalembert sprach zuerst, behauptend, die Mehrheit des Klerus hege niht den von Herrn Guizot ihr Ra ina Wunsch, einen mit dem gegenwärtigen Zustande der Gesellschaft unverträglihen Einfluß wieder gewinnen zu wollen, Er (der Redner) glaube den Klerus besser zu kennen als der Herr Minister der auswärtigen Angelegenheiten. Seine Stellung, die ihn mit allen Theilen des Klerus von ganz Frankreih in Berührung bringe, gebe ihm das Recht, so zu sprechen. Nie habe er einen Wunsch dieser Art ausdrücken hören, Der Klerus sei dem gegen- wärtig vorliegenden Geseße entgegen, weil dieses tyrannisch, gleisne- risch sei, statt die Freiheit und den Grundsaß derselben festzustellen, nur Polizei-Präventivmaßregeln bringe. Nach einem Versuche, die Redner zu widerlegen, die zu Gunsten des Geseß-Entwurfes gesprochen, erhebt sich der Redner gegen die Einmischung des Staats in die Erziehung, dieselbe wäre nur eine förmlich organisirte hohe Polizei, Dem Klerus die Erziehung nehmen, um sie Leuten anzuver= trauen, die durchaus feiner Doktrin huldigen, keine aner=-

fennen, wäre eine Usurpation im Namen des Staates gegen die F

rechtmäßigste Autorität, Der Staat sei ungläubig, \keptish. (Un- terbrehung, der Präsident, Baron Pasquier, spricht einige Worte zu dem Redner.) Er sage, der Staat sei ungläubig, weil derselbe in der Charte erklärt habe, daß es feine Staats-Religion gebe, und weil er eine Amts-Usurpation gutheißen und feststellen wolle, mit Hintan= seßung der heiligsten Rehte. Nach einigen Betrachtungen über den Zustand des religiösen Unterrichts in Frankreih und England, verlangt der Redner einige Augenblicke Ruhe. Die Sihung wurde daher eine Viertelstunde lang suspendirt, Dann fuhr Graf Montalembert fort, Der Zweck des vorgelegten Geseßes sei, die Konkurrenz zu hindern und der Universität zugleih es unmöglich zu machen, vermit= telst dieser Konkurrenz s\ch zu purifiziren. Es sei eine be= klagenswerthe, aber anerfannte Thatsache, daß alle jungen Leute, die noch mit einigen Keimen des Glaubens im Herzen ihre Familien verließen, von der Universität weggehen als Sfep-= tifer und Ungläubige (Murren), er rufe das Zeugniß der Müt- ter der Familien an, man solle unter allen Zöglingen der Universi= tät, welche dieselbe verlassen, suchen, und man werde keinen Christen unter ihnen finden. (Heftiges Murren, Unterbrehung.) Ja der Skeptiziômus sei der vorherrschende Charakter bei deu Zöglingen der Universität, und ob es wohl eine beunruhigendere Thatsache geben fönne? Er übertreibe uiht, in Dingen der Religion gebe es nur zwei Parteien, die Gläubigen und die Ungläubigen, Der Redner schließt mit der Erklärung, daß er den Gefeß - Entwurf zurüdweise aus der dreifachen Ueberzeugung seines Gedankens, seines Bewußt-= seins und seines Wortes. Die Sibung dauert fort,

___In der Deputirten-Kammer theilte der Präsident zuerst ein Schreiben des Ministers des Jnnern mit, das. die Stunde an= giebt, in welcher der König am 1, Mai die Glückwünsche der Kam- mer zu seinem Namenstage empfangen wird. Die große «Deputation zur Darbringung derselben wird durchs Loos bestimmt. Dann ergriff Herr von Tocqueville das Wort, um die Debatte über das Geseh wegen der Gefängniß-Reform wieder aufzunehmen. Die alte Einsperrungs= weise habe ihr leßtes Wort gesagt, lange habe man damit in Frank- reich und England Versuche gemacht, Aenderungen daran vorgenom- men, überall habe sie sich als unwirksam e Die gänzliche Aenderung des Systems sei allwärts von den achverständigen als

733 nothwendig erkannt worden. Die Kommission habe gesucht, die Strafe

der Einsperrung wirksamer zu machen, da mehrererseits gesagt wor- den, das gegenwärtige System erzeuge Vermehrung der Verbrechen,

Ueber das gegen die Verurtheilten zu beobachtende Regime seien die Sériftsteller getheilter Meinung geblieben; aber alle hätten die Nothwendigkeit ihrer Absonderung von einander anerkannt. Selbst jene Länder, die Anfangs nichts von dieser Abson- derung hören wollten, nahmen sie endlich an. Der gegenwärtige Ge- seß-Entwurf wie jener von 1840 bringe diese Jdee wieder vor. Der Redner geht nun auf eine Rechtfertigung des Geseß=-Entwurfes in allen Punkten ein, in welchen Angriffe gegen denselben gerihtet wor= den sind, namentlich in Bezug auf die angeblich häufigeren Fälle des Verrücktwerdens der Gefangenen. Als eine Stimme zur Linken rief: und der Mont St. Michel, zeigte der Redner, daß das dort befolgte System ein ganz anderes, als das des Geseßes seiz übrigens zeigt er, daß auch die Angriffe gegen die Behandlung der Gefangenen dort ungeheuer übertrieben worden seien, er habe mit Augen Alles dort gesehen. Am Schlusse seiner Rede beschließt die Kammer mit roßer Mehrheit, daß die Diskussion der einzelnen Artikel des Ge- Fves beginnen solle,

# Paris, 25, April, Die Diskussion des Gesehes über die Gefängnisse geht in der Deputirten - Kammer fast ins Lächerliche, Die Anhänger des pennsylvanishen und die des auburnshen Systems ereifern sih über die Maßen und suchen überall Thatsachen und Au- toritäten zur Unterstüßung ihrer Meinung. Leider sind diese Herren in diesem Gegenstande nit sehr bewandert, und sie sprehen im All- gemeinen über Dinge, die sie nicht verstehen; so hat z. B. Herr von Malleville die Herren Obermayer, Mittermayer und Niedermayer citirt, Man sieht, es fehlt hier nihts, und die Gradation ist voll kommen. Herr von Beaumont machte den Einwurf, daß dies Namen seien, die man nicht kenne. Nun, das is leicht zu begreifen, Bei der Art, wie die Deputirten die Namen der deutschen Schriftsteller, die über das Pönitentiar-System und die Gefängnisse geschrieben ha- ben, verstümmelten, war es in der That s{hwierig, jene Autoren wie- der zu erkennen, und selbst wenn die Deputirten die spezielle Litera- tur, über die sie zu sprechen sih anmaßten, besser gekannt hätten, so würde es ihnen doch noch {wer geworden sein, aus jenen wunderlih ver- drehten Namen die der deutshen Schriftsteller herauszufinden. Wer kennt Herrn Layter=Mayer? Herr von Malleville sollte es uns doch sagen. Der Der. Julius wurde in der Kammer Herr Julien genannt, Herr Léon Faucher, der ein dickes Buch über die Gefängnisse geschrieben, worin er, man weiß niht recht, wel- ches gemischte System erfunden hat, spriht auch von einem Herrn Julien, der sih mit dem deutschen Gefängnißwesen beschäftigt habe, Allein es lohnt niht der Mühe, davon zu sprechen, denn der= selbe Herr Léon Faucher sagt in der gestrigen Nummer des Con-= stitutionnel ganz ernsthaft, daß Herr Julien, der einzige Re- präsentant des pennsylvanischen Systems in Deutschland, dur Herrn Tellkampf vollkommen besiegt worden sei, und daß das Auburnsche System in diesem Augenblicke in allen deutschen Staaten triumphire. Das sind die Aufschlüsse, die unsere Moralisten dem französischen Publifum geben, und dergleihen Fabeln werden mit dem größten Ernst auf der Tribüne der Deputirten - Kammer wiederholt, Es ist unmöglich, sich eine Jdee zu machen von der Unwissenheit der meisten Redner, die es unternommen haben, diesen Gegenstand zu behan- deln. Die Einen suchten ihre Argumente in den Romanen von Didkens, die Anderen in dem WagaLin pittoresque, also in sehr achtbaren Quellen, wie man sieht.

Welches auch der vergleihungsweise Werth der beiden Systeme sein mag, alle Vernünftigen kommen darin überein, daß Herr von Tocqueville fast der Einzige ist, welcher die Frage gründlih studirt, der Einzige, welcher diese von der philosophischen Seite betrachtet und den Geist des Strafgeseßes aufgefaßt hat. Jene Schaar von Philantropen, welche wir hier in Frankreih haben, hat eine {6öne Gelegenheit gefunden, ihr Mitleid dem Schicksal aller Verbrecher der gegenwärtigen Zeit zuzuwenden. Das philantropishe Handwerk ist bei uns so einträglich geworden, daß viele Perfonen diese Carrière ergriffen haben. Aber wenigstens sollten sie sih doch au courant halten und wissen, was in unseren maisons centrales vorgeht, Aber sie geben sich auch nicht einmal diese Mühe; sie machen ganz einfa ihre schlechten Bücher und ihre s{chlechten Reden aus \hlechten Journal-Artikeln, Sie nehmen mit beiden Händen, und in den mei=- sten Fällen würden sie in großer Verlegenheit sein, wenn man sie aufforderte, die Quelle anzugeben, aus der sie ges{chöpft haben. So ist die Geschichte von dem Knebel, worüber der Gefängniß-Juspektor Lucas seit vier Monaten so viel Lärm macht (Vergl, den Brief aus Paris in der Beilage), nohch gar nicht einmal erwiesen, und selbst wenn sie es wäre, so würde sie durhaus kein entscheidendes Argument gegen das pennsylvanishe System darbieten; denn nicht nach einer isolirten Thatsache, wie wichtig dieselbe auch sonst sein „mag, muß man ein System beurtheilen.

t Es giebt ein Gefängniß in Frankreich, worin ganz andere ernste # Dinge vorgehen, als die sind, von denen Herr Lucas spricht; es ist dies die Maison centrale von Fontevrault, Der Direktor desselben ¿ist Herr Hello, ein Freund des Herrn Lucas, Die von dem Gene- Exal- Jnspektor der fia dels Herrn Dugas, im vorigen Jahre vor= genommene Jnspizirung dieses Gefängnisses währte vierzig Tage und Wrachte die abscheulichsten Thatsahen ans Licht. Es i dasjenige Wefängniß in Frankreich, worin die größte Sterblichkeit herrscht, die Fediglich eine Folge der s{hlechten Behandlung der Gefangenen ist. Herr Dugas sagt unter Anderem in seinem Berichte: „Das Ge- Angniß von Fontevrault ist ein weites Grab; die Sterblichkeit in demselben is beispiellos, und die dort befindlichen Judividuen gleichen Schatten; sie stehen unter der Herrschaft eines furhtbaren Schredens=- Systems,“ Wir wollen hier nicht in die Einzelnheiten dieses Be- richts eingehen, dessen Lesung wir nur dem Zufalle verdanken; wir wollen nur bemerken, daß sie von der Art sind, um auch den größ-= ten Stoiker mit Entseßen zu erfüllen. Todesfälle in Folge von Stock= schlägen sind in diesem Gefängnisse gar nicht selten. Und diejenigen, welche eine solche Behandlung über die Gefangenen verhängen, erheben ein Geschrei gegen die Härte des pennsylvanischen Systems. Herr Lucas kennt sehr wohl das mörderische System, welches sein Freund, Herr Hello, in dem Gefängnisse von Fontevrault eingeführt hatz er weiß nichts darüber zu sagen, unterhält aber die Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften vier oder fünf Sißungen hindurch mit seiner Knebel= Geschichte, weil dieselbe sich auf ein Gefängniß bezieht, wo das pennsylvanishe System eingeführt ist, welches er verwirft. Der Be-= richt des General-Jnspektors, Herrn Dugas über das Gefängniß von Fontevrault ist von solcher Wichtigkeit, daß der Minister des Junern es noch niht gewagt hat, damit hervorzutreten, aus Furcht, That- sachen zu enthüllen, die im Publikum die größte Sensation hervor-= c und einen Theil der Verwaltung dem verdienten Tadel ausseßzen ürden. Man hat in der Deputirten-Kammer viel über die Sterblichkeit in dem Maison centrale von Fontevrault esprochen, aber Niemand hat die Ursache angegeben obgleich man fe ganz einfah zur Un= terstüßung des Zellen - Systems anführt, Der Handels-Minister hat die Mitglieder der Central - Jury für

die Gewerbe Ausstellung ernannk; es \ind deren funfzig, also 6 mehr

als im Jahre 1839, aber stets dieselben Namen, \o baß es scheint, als wären diese Functionen unveräußerlich. Man hat indeß ín diesem Jahre den Fabrikanten einen größeren Antheil eingeräumt, als in den früheren Ausstellungen; es befinden sich nämlich achtzehn unter den Mitgliedern der Jury. Die Politik hatte einigen Antheil an diesen Ernennungen, denn bei uns dringt die Politik überall hin, und doch hat man noch viele Unzufriedene gemaht, denn die Functionen eines Mitglieds der Central - Jury sind sehr gesucht. Der Handels-Minister erhielt eine Menge Gesuche durch einflußreie Personen, und man war genöthigt, mehr als sehszig zurückzuweisen. Die Mitglieder der Jury versehen übrigens ihre Functionen gratis und erhalten nah Beendigung derselben nur eine Medaille, 15 Francs an Werth. Die Jury wird sich, wie früher, in acht Kommissionen theilen und es hat bereits eine Ver= sammlung stattgefunden, um den Präsidenten, den Vice- Präsidenten und den Secretair zu ernennen. Es ist noch nit bekannt, ob die Ausstellung am 1. Mai eröffnet werden wird. Die auszustellenden Gegenstände sind in so großer Menge eingelaufen, daß man fie noch nicht hat klassifiziren fönnen, Das Ministerium hat übrigens ange= zeigt, daß die Eröffnung am 1, Mai stattfinde. Wir werden sehen.

_m Paris, 26. April, Der Prinz diese Naht in deu Tuilerieen an, Die Herzogin von Kent bewohnt die Appartements, welhe im Pavillon Marsan sonst dem König und der Königin der Belgier bestimmt sind. Da= gegen werden Leßtere, die ebenfalls in einigen Tagen hier ein= tressen sollen, das Palaís de l'Elysée Bourbon bewohnen, welches anfangs zur Aufnahme der Mutter der Königin Victoria eingerichtet worden war. Die Herzogin von Kent hat die Ueberfahrt von Folk= stone nah Boulogne in zwei Stunden und fünfundzwanzig Minuten zurückgelegt, Es wurde dabei eines der neu gebauten eisernen Dampfschiffe der britishen Post-Verwaltung verwendet, welche unsere Regierung für die ihrigen zum Muster nehmen will,

Zu Ehren der Herzogin von Kent findet am Vorabende des Namenstages des Königs großer Damenzirkel bei der Königin statt, wozu sämmtliche Damen des diplomatischen Corps geladen sind. Am 2. Mai Abends is großes Konzert in den Tuilerieen. Am 3. Maí fährt der ganze Hof nah Versailles, um in Trianon das Mittags= mahl einzunehmen. Die großen Wasserkünste des Gartens von Ver= sailles werden an jenem Tage spielen, und Abends werden die Gallerieen des Museums bei Fackelschein besichtigt werden. Jn den folgenden Tagen wird der König die Herzogin von Kent nah Fontaine= bleau führen, Man“ glaubt, die erlauhte Reisende werde zwei Wochen in unserer Mitte verweilen, um alle Merkwürdigkeiten unserer Residenz in Augenschein zu nehmen. Der Prinz von Joinville wird die Herzogin von Kent überall begleiten. Von weiblihen Mit= gliedern unserer Königlichen Familie is nur die Königin im Stande, der Herzogin von Kent Gesellschaft zu leisten; denn die Herzogin von Nemours und die Prinzessin von Joinville sehen ihrer Niederkunft entgegen, die Prinzessin Clementine hat noch niht das Wochenbett verlassen; Madame Adelaide ist kränklih und die Herzogin von Or= leans lebt noh ganz in der Zurüickgezogenheit. Heute überraschte die Herzogin von Kent die Herzogin von Orleans mit einem esuche, welcher über zwei Stunden dauerte, wobei die beiden Prinzessinnen in threr Muttersprache sich unterhielten, Auch der Graf von Paris sprach deutsch, und die Herzogin von Kent erstaunte über die Geläu= figkeit, mit welcher der Prinz \chon jebt in dieser Sprache \sih aus- zudrücken weiß,

Grossbritanien und Irland.

„London, 26, April. Gestern ward der Geburtstag Jhrer Majestät der Königin, welcher stets vier Wochen vor der Zeit (25. Maÿ gefeiert wird, mit großen Festlichkeiten begangen. Jm St. James- Palaste war glänzender Hofcercle, bei welchem Jhre Majestäten der König und die Königin der Belgier, Jhre Königl, Hoheiten der Herzog und die Herzogin von Cambridge, Se. Hoheit der Prinz Eduard von Sachsen-Weimar (großbritanischer Lieutenant), die Minister und alle hohen Hof=- und Staats-Beamten, das diplomatische Corps und viele andere Notabilitäten anwesend waren. Die Königin und Prinz Al= bret begaben sich um 2 Uhr mit ihrem ganzen Hofstaate, begleitet von einem Detaschement der Leibwache, vom Buckingham-Palaste nah dem St, James -Palaste, wo sie von einer zahllosen Volksmenge freudig begrüßt wurden, während die Musik = Chöre der verschiedenen Regimenter die National-Hymne spielten. Jhre Majestät sah außer= ordentlih wohl aus. Der Erzbischof von Canterbury, an der Spibe der zahlreich repräsentirten Geistlichkeit, hielt die Gratulations = Rede an die Königin, Jm St. James-Park war große Promenade, worauf die Park- und Tower-Battericen gelöst wurden. Des Abends gaben die Minister große Diners und Banketts; Sir Robert Peel bewir- thete cine Gesellschaft Parlaments-Mitglieder in Whitehall-Garden, der Graf Aberdeen die fremden Botschafter und Minister in seinem Dienstlokale der Downingstreet, und Sir James Graham gab den hohen rihterlihen Beamten, dem Lord - Mayor ein großes Bankett. Die Stadt war glänzend erleuchtet,

Das belgische Königspaar hat noch niht England verlassen, wie vorgestern fals berihtet wurde, sondern wird erst Ende der nächsten Woche seine Rückreise nah dem Kontinent antreten, Jhre Königl, Hoheit die Herzogin von Kent is allein mit ihrem Sohne, dem Für= sten von Leiningen, nach Boulogne abgereist, Die Herzogin wird nah kurzem Aufenthalt in Paris, wo sie sich jebt befindet, nach Bern zu einem Besuche bei ihrer Schwester, der Herzogin Juliane von Sachsen - Koburg (geschiedene Großfürstin Konstantin von Rußland) sih begeben.

Das Gerücht, daß Se, Majestät der Kaiser von Rußland un- gefähr in der Mitte des nächsten Monats nah England kommen werde, erneuert si{ch wieder.

Das Parlament hielt gestern wegen des Geburtsfestes der Kb- nigin keine Sißung. Auch vorgestern, an welchem Tage nur das Unterhaus zusammenkam, waren die Verhandlungen von keiner all- gemeinen Bedeutung, da man noch immer mit der Debatte über die verleumderischen Behauptungen des Herrn Ferrand gegen den Mi= nister des Junnern beschäftigt is, Sir James Graham rief dieselbe vorgestern selbst durch einen Antrag hervor, die bezüglihen Worte des Herrn Ferrand, wie sie die Times berichtet habe, vorzulesen und als eine Prrovilegien - Verleßung des Hauses anzusehen, modifi= zirte indeß diesen Antrag nah langer Erörterung der Sache, bei welcher die unter dem Namen das „junge England“ bekannte Partei der Tories, namentlich Herr d’Jsraeli, Lord Manuers, Herr Smythe u, A. ihren Genossen Herrn Ferrand in Schuß nah- men, dahin, daß, wenn Herr Ferrand am nächsten Freitage im Hause erscheinen und das Uebereilte und Ungeziemende seiner Aeußerungen anerkennen wolle, er (der Minister des Jnnern) die Sache auf si{ch beruhen lassen und Alles vergessen werde. In der Tory-Presse herrsht durchgehends die Ansicht, daß der Minister am besten thäte, kein Wort mehr über die Sache zu verlieren und aus den Akten des Hauses jedes Wort zu streichen, was man darüber be- reits verloren hat. Cine Verurtheilung des Herrn Ferrand würde nur dazu dienen, ihn als ein Opfer seiner Bestrebungen, die Arbeits= zeit zu verkürzen, erscheinen zu lassen, und die Aufregung der Fabrik= Distrikte gegen die Regierung zu steigern,

Dir rozeß - Verhandluncen in der Sathe O'Connell's, weldhe

von Joinville langte