1844 / 128 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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reti“, sagte der Redner unter Anderem, „ist bchaup-

tet aden ge i e Mönchs-Corporationen allein den Kindern S zut leich moralischen und christlichen Unterricht geben könne; jene Philosop en, jene irreligiösen Geister, jene sfeptishen und atheistischen Schriftsteller, gegen welche die katholische Kirche so schr eifert, sind sämmt- lih Schüler jener Congregationen , namentlih der Jesuiten gewesen. Jch fann nicht daran glauben, daß feine Ligue unter dem Klerus bestche, und daß nur einzelne, ganz isolirt stehende Männer es seien, die auf Gewäh- rung vollständiger Unterrichtsfreiheit drängen;z erblickt man doch jeßt auf allen Mauern von París Anschläge, durch welche die „Kirche“ das sämmtliche Publi- fum benachrichtigt, daß sie die Nede, welche ein beredter Pair für die Unterrichts- freiheit gehalten, für einen Sou das Exemplar verkaufe. Eben so wenig halte ih die Versicherung für aufrichtig, die Reclamationen dcs Klerus hâtten feinceêweges zum Ziele, eine Nüffehr zur alten Ordnung der Dinge, welche durch die Juli- Nevolution gestürzt worden , vorzubereiten ; sicht man doch, daß hauptsächlich dicjenigen Prälaten, welche die eifrigsten Anhänger einer verbannten Dynastie sind und die größte Abneigung gegen die jeßige Herr-

è scherfamilie hegen, am lautesten die Stimme erheben und die übertriebensten

Forderungen stellen. Jh warne vor dem Rathe, das in Belgien befolgte Svstem anzunehmen; denn man sieht in diesem Lande den Klerus die Fa- milien auf eine wirklih unerträgl'che Weise tyrannisirenz der Klerus hat sich dort cine wahre Strafgewalt im Kreise der Familien angemaßt und übt sie auf empörende Weise aus: der gleißnerischen Versicherung, daß der französische Klerus, wenn er, wie in Belgien, Unterrichtsfreiheit hätte, nicht so verfahren und seine Gewalt nicht mißbrauchen würde, i nah Allem, was man weiß, wahrlih kein Glauben zu schenken,“ L

Herr Vivien \prah sich auf das entschiedenste dafür aus, daß der Unterricht unter strenge Ueberwachung von Seiten des Staats gestellt werde, Nachdem noch einige Mitglieder das Wort ergriffen hatten, um Beschuldigungen und Vorwürfe, welche gegen sie und ihre Aeußerungen vorgebraht worden waren, abzulehnen, wurde die allge- meine Diskussion geschlossen und die Debatte über die einzelnen Ar- tifel des Entwurfs eröffnet. Der Artikel 1 bestimmt die Gegenstände, mit welcher sich der Sekundär-Unterricht beschäftigen soll; er soll Mo- ral und Religion, alte und neue Sprache, Philosophie, Geschichte, Geographie, Mathematik und Physik umfassen. Der Marquis vo n Tur- got schlug ein Amendement vor, welches eine Trennung der Unterrichts Sen ane für die Prüfungen zum Baccalanreat-ès-lettres und zum Baccalaureat-ès-sciences zum Zwedck hatte und für das leßtere die alten Sprachen und die Philosophie ausschließen sollte. Der Minister des Unterrichts spra jedo sehr entschieden gegen die Ausschlie- ßung der klassishen und philosophischen Vorbildung von irgend einem Theil des Sekundär =- Unterrichts, und das Amendement wurde auch ohne Abstimmung verworfen. Hierauf {lug Herr vou Segur=La-=- moignon folgenden Zusaß - Paragraphen vor: „Jedoch wird der Kursus der Philosophie beim Sekundär =- Unterricht sich auf die Stu- dien der Logik, der Moral und der Elementar - Psychologie beschrän= fen,“ Jn der Motivirung dieses Amendements zeigte sich Herr von Segur-Lamoignon zugleich als Gegner Montalembert's und Cousin?s, des Ultramontanismus und Efklektizismus.

„Die Kammer“, sagte der Redner, „möge mir erlauben, in wenigen Worten gegen die sonderbare Anmaßung des Herrn Grafen Montalembert zu voti. der sich herausnimmt, im Namen aller katholischen Laien Frankreichs Manifeste ergehen zu lassen. Jch meinerseits tadle und ver- werfe, gerade in meiner Eigenschaft als Katholik, die Art und Weise, wie Graf Montalembert die Pflicht der Katholifen bci der Frage vom freien Unterricht auffaßt und erfüllt wissen will. as meiner Ueberzeugung besteht die erste Pflicht eines guten Katholiken bei der besagten Frage, wie bei allen Verhältnissen des Lebens, darin, daß er sich als guter Christ bewährez nun aber sehe ih nichts Christliches in der heftigen Polemik unseres chren- werthen Kollegen, bei welchem Herz und Scele von jugendlichem Feuer glühen, während das Urtheilsvezmögen noch keinesweges die gehörige Reife erlangt zu haben scheint. Jch bin der Meinung, ein guter Katholik könne leicht mit der dreifachen Energie seines Gewissens, seines Glaubens und seiner Vaterlandsliebe reden und handeln, ohne gegen den Anstand zu fchlen und die Magistratur des Landes mit einer blutgierigen Meute zu vergleichen, ohne sih verleumderische Anspielungen auf die Regierung zu erlauben, aller- dings auf die Gefahr hin, sh lächerlich zu machen, (Präsident Pasquier; Herr von Segur, ih muß Jhnen bemerken , daß dieje Worte etwas heftig sind; die Kammer fann solche Ausdrücke nicht gutheißen.) _JIch citire nur die eigenen Worte des Herrn von Montalembertz er hat scine Gegner mit Zulian dem Abtrünnigen verglichen und sie der Unredlichkeit und der Heu- chelei angeklagt. Die Pslicht eines guten Katholiken bei der Frage von der Freiheit des Unterrichts s ferner, Alles zu thun, was von ihm abhängt, um die Verwirklichung dieser Freiheit zu erlangen, die in so hohem Grade die religiöse Freiheit und die Hoffnungen des Glaubens interessirt, Was rathen Klugheit und gesunder Verstand, als Negel anzunehmen, um diescn Zwek zu erreichen? Der Herr Erzbischof von Paris hat es im Ver- cin mit vier sciner Suffragane ín der Denkschrift ausgesprochen, welhe un- längst an den König gelangt ist, Erstens muß das Prinzip des öffentlichen Regts anerkannt werden, wonach in Frankreich keine Freiheit bestehen kann, die nicht durch das Gesey definirt und geordnet, d. h. Bedingungen der Bürgschaft und Ueberwachung im nteresse des Staats unterworfen is; zweitens aber sind Natur und Umfang der aufgelegten Bedingungen genau zu prüfen und alle diejenigen energisch zurückzuweisen, welche die zu defini- rende und zu ordnende Freiheit wahrhaft gefähiden können, So ist, nah meinem Dafürhalten, die Pflicht eines guten Katholiken bei Berathung der wichtigen Frage, die uns beschäftigt, zu verste- hen, Was thut aber Herr von Montalembert? Er tritt ganz aus dem öffentlihen Recht seines Landes heraus z er tadelt und ver- wirft niht nur die von der Negierung oder durh die Kommission vorge- shlagenen Garantie - Bedingungen, sondern er will auch nichts hören von dem Prinzip selbst, das nah unserem öffentlichen Recht jede Art von Frei- heit definirt und regelt, Er verlangt unbeschränkte absolute Freiheit des Unterrichts, wie sie nie in Frankreich bestanden hat, wie sie nie bei uns auffommen wird.“ i

Nach dieser Zurechtweisung für den Grafen Montalembert kam der Redner auf seinen Vorschlag, dem philosophischen Kursus beim Sekundär-Unterriht engere Schranken zu seben, und sagte:

„„Bei dem dermaligen Stand der klassischen Studien begreift das Uni-

Die Scene am vierwaldstädter Sec hat hin und wicder Längen; pikant is der Gesang der Verbündeten von Ury. Mathildens Arie im dritten Alt („Du holder Traum , der uns verbunden“) zeigt wicderum, wie viel der Komponist in diescm Genre, wo ihm die Melodicen wie von selbst zuströmen, zu leisten vermag. Zu tadeln ist nur, daß hier, wie beinah in der ganzen Oper, jedes angeregte Gefühl durch den Sclagschatten eines \chrofff}

entgegengeseßten allzu plözlicch überzogen wird, Auf jedes Gebet ein Jagdruf, auf den Kriegerjubel ein ländlicher Feierton. Weise

benußt, hebt jede Unterbrechung den dramatischen Effektz allein wo man Absicht merkt, und diese Absicht allzu häufig, da leidet die wahre Kunst Noth. Der Schweizerländler, tie sogenannte Tyrolienne, is ein anmuthiges, schà- kerndes, mit leichtem Zauber hingeworfenes lyrísches Jntermezzo, Die Scene, welche die Katastrophe in \ich schließt, is dur cin gediegenes Quartett und vor Allem durch das Gebet ausgezeichnet, welches Tell vor tem Schusse zam Himmel sendet. Nur enthält dieselbe ebenfalls musikalisbe Längen, Im lehten Aft werden alle musikalishen Elemente künstlerisch gegen cin- Mie gelassen, um mit dem Aufruhr in der physischen und moralischen Welt zu fkonkordiren. Die Nolle, die dabei dem Arnold von Melchthal n wird, ist eine des Komponisten durchaus würdige. Gelungen und Bir et: ist die Malerei des Sturms; dazu ohne kleinlihe nahahmende d In e. Der Schluß wird ein Tríiumphruf der „Freiheit nah der Lei- fe Schwei Auch hier ein herrlihes Gemälde des onnen - Aufgangs in dée its ien E von jeder Hascherei nah Außerwesentlichem. Der Kampf er Parteien, der Wiberstreit zweier Völker löst sich in cin rührendes Gebet auf, Bn biesee Lied Les intoniren, rünglichen Fassung hatte die Oper allerdin s einige zu weit ausgesponnene Nummern, und Berfürzun en dureit da s 5 Stunden spielte, not wendig, Diese hat der Komponist vorgenommen, dabei aber

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versitäts-Programm der philosophischen Klasse vier Gegenstände: Psvchologie, Logik, Moral mit Theodicee, Geschichte der Philosophie. Jch lage vor, die Psychologie auf die Elcmecnte der Wissenschaft zu reduziren und die Ge- schichte der philosophischen Svsteme sammt der Theodícee, welche metaphvsi- he Fragen von den Aitributen der Gottheit in si faßt, ganz auszuschei- den von dem Lehr-Kursus der Collcges.“ . A A

Die Ansicht des Redners, eine solhe Beschränkung sei dringend nothwendig, stübßt si auf seine Ueberzeugung, der Jugend-Unterricht, wie er unter Cousin?s Leitung stattfinde, drohe mit großer Gefahr für die Seelen der anwachsendeu Generation. Es werden Stellen aus Cousin?s Vorträgen und Werken angeführt und der Schluß dar= aus gezogen, die Tendenz seiner Lehre gehe dahin, nachzuweisen, daß die Philosophie die Religion aufhebe.

„Die Cousinsche Philosophie“, sagte der Nedner, „affektirt Ehrfurcht vor der Religion, während ihr ganzes Streben dahin geht, sie herabzuseßen, verächtlih zu machen, den Herzen zu entfremden;z die Philosophie giebt sich in Herrn Cousin's Mund als das Licht der Lichter aus, als die Wahrheit der Wahrheiten ; im Chiuistenglauben, so predigt Herr Cousin, sind alle Wahr heiten enthalten, man muß sie aber suchen und auslegen. Folgendes if cine Stelle aus einem akademischen Vortrage des Herrn Cousin: „,„Lasset uns bescheiden scin und den Eigendüufkel ablegen: wir sind ja von gestern! aber lasset uns dabei der Zukunft vertrauen und in der Gegenwart Geduld üben; cs wird immer Volksmassen geben; für sie is der Christianis- mus die einzige Philosophie. Zufrieden, das Volk in den Armen des Christenglaubens zu sehen, begnügt si die Philosophie, ihm die Hand zu reichen, um es zu erheben; Neligion ist die Philosophie der Massenz nur eine tleine Zahl Denker geht weiter,“ Dies is die Substanz der philoso- phischen Unterweisung, die Herr Cousin der Jugend geben läßtz solcherlei Dofktrinen werden auf allen vou der Universität geleiteten Unterrichts-An- stalten verbreitet, Unter dem Vorwand, einzuführen in die Geschichte der Philosophie, werden alle gesunden Jdeen umgestoßen und die Geister ver- dorben, indem man sie lchrt: die Philosophie, d, h. die menschliche Ver- nunft, erkläre Alles, sci die Leucbte, die Alles erhelle, die allcin anzuerken- nende höchste Autorität; die Philosophie sei für dic Menschheit ein größerer Fortschritt, als die Neligionz das Christenthum sei die Neligion der Massen, d, h. der Unwæissenden ; die echte Philosophie, der Kultus der reinen Jdcen, die Neligion der Denker, ‘werde das Menschengeschleht nach und nach auf cine höhere Stufe führen, als die, wohin der Christianismus reiche; in ciner mchr oder weniger ferncn Zeit müsse unfehlbar der Christianismus den Play räumen, ihn der Philosophie zu überlassen, als der leyten Eman- cipation des Gedankens. Man glaube nicht, daß so abscheuliche Sätze nur als BVerirrungen anzusehen sind, die ihre Entschuldigung finden mögen in dem Feuer eines improvisirten Vortrags; nein, sie sind die Substanz und der treue Ausdruck eines vollständigen Systems, geshmückt mit dem Namen des modernen Eklektizismus, dessen Basis is: Ableugnung der Göttlichkeit und ewigen Dauer des Christenthums. Man muß übrigens dem Herrn Cousin die Gerechtigkeit widerfahren lassen, zuzugeben, daß er seine Lehre nicht versteckt hält, vielmehr den Muth hat, sie ofen zu verkünden und keinen Zweifel zu lassen über den wahren Sinn seines Systems. Darum hat er auch bei seinem leßten Vortrag zur Einleitung in die Geschichte der Philosophie in der Besorgniß, es dürfte noch eine Wolke von Ungewißheit über seinen Zuhörern schweben, die bedeutungsvollen Worte beigefügt: „„Jhr müßt mich wohl jeßt genau kennen.“ Ja, mein Herr, wir kennen Siez wir fennen Sie nur zu gut; wir wissen, wie viel Uebel Sie schon gestistet haben ! (Murren unter den Pairs; der Präsident Pasquier bemerki dem Nedner, das sei nicht parlamentarisch gesprochen; Herr Cousin verlangt das Wortz Herr Segur=Lamoignon aber läßt sich nicht stören.) Ja, wir kennen den Herrn Cousin und sein Treiben, und darum erklären wir die Richtung, die er seit 14 Jahren mit Feucreifer und rastloser Beharrlichkeit dem philoso- phischen Unterricht in Frankreich zu geben sucht, für heillos und scelenver- derblich ; darum begrcifen wir auch die Unruhe der christlihen Familienväter und die lebhaste, noch immer zunehmende Aufregung des ganzen Episkopatsz darum endlich schlagen wir vor, von dem philosophischen Kursus an den Sekundär-Unter- rihts-Anstalten diejenigen Particen auszuscheiden, welche den in der Cousinschen Schule gebildeten Professoren eine allzu günstige Gelegenheit bieten würden, ihre abscheuliche Lehre unter der Jugend zu verbreiten und neue Beiträge zu liefern zu den Verirrungen des menschlihen Geistes. Was würde wohl Rollin, dem Friedri der Große schrieb: „„Männer, wie Sie, gchen den Herrschern zur Seite ‘‘““, falls er mitten unter den Pairs erscheinen tönnte, was würde er sagen, wenn er einen Theil seiner geliebten französischen Jugend Lehrern anvertraut sähe, die nicht einmal Christen sind, und, dem Kultus der reinen Jdeen zugethan, den philosophischen Unterricht vergiften,“

Herr Cousin: Sie fennen uns nicht.

Herr von Segur-Lamoignon: Jch kenne Sie leider nur zu gut, aus das Böse, das Sie uns verursacht haben und uns noch täglich ver- ursachen.

Herr Cousin erklärte nun von seinem Plabe aus, er sei dem Christenthum nie feindselig gewesen, allein er habe, als er über die Philosophie zu schreiben gehabt, seine Meinungen frei ausdrücken müssen. Er habe zwar ja oft gesagt, das Christenthum sei die Phi= losophie des Volkes, dabei aber immer zwischen Theologie und Phi- losophie unterschieden und erklärt, die cine beruhe auf heiligen Ge- heimnissen, die andere auf natürlichen und beweisbaren Wahrheiten ; vor der einen beuge er si, die andere lege er aus, Wenn er theo- logische Bücher geschrieben hätte, so würde er sih anders ausgedrücdt haben. „Diese wenigen Worte““, fügte er hinzu, „sind nur eiue per= sönliche Rechtfertigung; ih werde übermorgen das Wort wieder neh= men und daun, mit Mäßigung aber ausführlich, den philosophischen Unterricht rechtfertigen“, Herr Villemain vertheidigte den philo- sophischen Unterricht der Colléges und führte als Beweis der Mo- ralität und der Orthodoxie dieser Philosophie an, daß unter der Zahl der den Professoren vorgeschriebenen Bücher sich Mallebranche, Des- cartes, Bossuet und Fenelon befänden. Hierguf wurde die Fortseßung der Disfussion des ersten Paragraphen vertagt und die Sißung guf= gehoben,

Paris, 2. Mai, Der Moniteur veröffentlicht heute einen Theil der Glückwunsh-Reden, welche zum Namenösfeste des Königs an Se. Majestät gerichtet worden, und die darauf ertheilten Autworten, Der apostolische Nuncius sprah im Namen des diplomatischen Corps

sich selbst am wchesten gethan, indem einige der schönsten Blumen des Wer- kes unter seiner eigenen Sense fielen, während mancher Auswuchs geschont blieb, Namentlich sind wir in dieser Bearbeitung, die leider auch der hic- sigen Aufführung des „Tell“ zum Grunde liegt, um den Sturm und das Finale des legten Akts gekommen.

Daß man in Berlin die großen Opern prachtvoll auszustatten pflegt, ist feine Neuigkeit. „Tell“ jedoch ist in dieser Hinsicht nicht besonders be- dacht, und das Arrangemcnt läßt Manches zu wünschen übrig, Nehmen wir inzwischen hiervon Umgang und wenden wir uns zur Darstellung. Hier haben wir zunächst den Namen des Königl. hannoverschen Hof - Sängers Herrn Stiegelli in Ehren zu nennen, der in der Partie des Arnold von Melchthal zweimal Gelegenheit nahm, sich als dramatischer Sänger von vortheilhafter Seite zu zeigen, und der si, als solcher, an einigen Stellen glänzend bewährte, was auh vom Publikum durch vielfache Acclamatio- nen belohnt wurde, Könnte Herr Stiegelli seiner Befangenheit mehr Herr werden und rundete sich sein Spiel einheitlicher ab, so würden wir seiner Leistung unbedingtes und um so gerechteres Lob schenken, als sie durhweg zeigte, daß derselbe nicht nur von der Natur mit anzichenden und s{önen Mitteln bedacht is , sondern dieselben auch durch die Kunst immer mehr zu veredeln strebt, Herr Bötticher (Tell) und Dlle. Tuczek (Mathilde) sind zwei so strebsame, der höheren Ausbildung stets zugewendete Künstler- Naturen, daß wir ihnen, wie beinah immer, auch diesmal Lob zu spenden haben, das auch Herr Pfister als Fischer und Dlle, Grünbaum als Gemmy verdienen. Herr Bader (Leuthold) weiß an sein Austreten jedcs- mal eine Erhöhung dcs dramatischen Juteresses zu knüpfen. Die Mitwir- fung des Herrn Z\ chiesche in dem erwähnten Terzett bewährte den siche- ren, stets sertigen Sänger, U,

und pries besonders die glücklihe Fortdauer des Friedens. Aufsehen haben die Anrede des Erzbischofs von Paris und die Antwort des Königs auf dieselbe gemaht. Der Erzbischof flocht nämlich Bemer= kungen über die Freiheit der Kirche in seine Rede, die den König zu einer sehr entschiedenen, zurechtweisenden Entgegnung veranlaßten. Die Anrede des Erzbischofs lautet folgendermaßen :

„Sire! Wir bringen Ew. Majestät mit unseren chrerbietigen Huldi- gungen die Gefühle dar, welhe unserer jeßigen Lage am gemäßesten sind. Wir werden niemals uns davon überzeugen können, daß der Staat um des Friedens und der Freiheit der Kirche willen oder die Kirche um der Größe und Wohlfahrt des Staates willen leiden dürfe. (Non veniet anima 1n consilinum eorum, qui dicunt, vel imperio pacem et libertatem eccle- starum , vel ecclestis Prosperitatem et exaltationem imperii nocituram. S. Bernard. Epist, 244.) Diese Ueberzeugung, welche vor sechshundert Zahren ein heiliger Gelehrter Frankreichs aussprach, der durch seincu Geist die Chre seines Jahrhunderts und durch den Heldenmuth seiner Tugenden die Ehre des Priesterstandes war, sie is auch die dcs Klerus und des Erzbischofs von Paris. Sire, als unzweideutiges Zeichen von der Geradheit ihrer Gefinnungen und als das sicherste Unterpfand ihrer Hoffnungen sprechen sie dieselbe gern vor Ihnen aus, Sie sagen Jhnen gern, daß Frankreich ihnen zu theuer ist, als daß fie irgend Jemanden den Nuhm einräumen sollten, scinen Ge- schen unterwürfig, für sein Glück hingebender zu scin, Gott verhüte, daß Wohlthaten keine Erkenntlichkeit bei Männern fänden, die gewöhnt sind, in ciner Handlung der Gerechtigleit einen Grund zur Dankbarkeit und in der Freiheit ihres Amtes ein neues Mittel zit erblicken , die Regierungs-Gewalt selbst geachteter zu machen! Diese Hingebung wird von der hohen Weis- heit des Königs begriffen und vorgezogen werden. Er wird sie unserer friedlichen Aufgabe und der Lovalität unseres Charakters würdig und dcr Neligion wie dem Vaterlande nüßlich erachten. Erlauben Sie, Sire, die aufrichtigen Wünsche hinzuzufügen, welcbe wir hegen, daß Gott auch ferner seine reichsten Segnungen über Ew. Majestät und über Ihre e:habene Fa- milie ausbreiten möge. ““

Der König antwortete :

„Jh danke Jhnen, Herr Erzbischof, sür die Wünsche, welche Sie Mir persönlih und im Namen des Klerus von Paris darbringen. Zch glaubte hinreichende Unterpfänder dafür gegeben zu haben, daß es Mein Wille is, die Freiheit der Religion aufreht zu erhalten und die Geistlichkeit mit aller ihr gebührenden Achtung und Ver- ehrung zu umgeben, so daß es wohl unnüß war, Mich auf die Art und Weise, wie Jh es eben vernommen, daran zu erinnern. Jch kann Jhnen sagen, Herr Erzbischof, und Sie wissen es bereits, daß die Geistlichkeit auf Mein ganzes Wohl-= wollen, auf Mein ganzes Juteresse und auch auf die Beharrlichkeit Meiner Bemühungen renen darf, Frankreih die Wohlthaten der Religion zu sichern, damit diese auch fernerhin einerseits die beste Gewähr gegen die Laster sei, aus denen die gesellschaftlihen Zerrüt- tungen entsprießen, und andererseits der Quell aller Tugenden, die das Heil der Menschen begründen,“ ; ;

Die Königl, Familie wird die Sommer =- Residenz von Neuilly Unmittelbar nach der Abreise der Herzogin von Kent beziehen, Später wird sie auch zu St. Cloud, Fontainebleau, Vernon und in dem Palast von Eu einen kurzen Aufenthalt nehmen und die Stadt Dieppe be= suchen. Während der Serenade, die dem König gestern Abend vor den Tuilerieen gebracht wurde, hatte Ludwig Philipp seinen Enkel, den kleinen Grafen von Paris, guf den Kuieen und ließ ihn, als vom Orchester die Marseillgise gespielt wurde, den Takt dazu schlagen.

Der Contre - Admiral Hamelin, neu ernannter Befehlshaber der französischen Marine - Station im Stillen Meer, wird ers iu ses Wochen von Paris abreisen, um sich an den Ort seiner nenen Be- stimmung zu begeben. Inzwischen is dem Contre-Admiral Dupetit= Thouars die offizielle Depesche, durch welhe die Abseßung der Kü- nigin Pomareh desavouirt wird, schon längst zugeschick worden.

Man vermuthet deshalb, daß ihm selbst der Befehl ertheilt worden

sci, die Königin Pomareh, welche er ihrer Herrscherwürde verlustig erklärt hatte, in ihre Rechte wieder einzuseben,

Vorgestern Mittag bog ein heftiger Windstoß einen Gasometer der Gas =- Fabrik an der Barrière Courcelles um, so daß das Gas nun durh den unteren Theil des Gasometers drang, Der Wind shleuderte glühenden Coak in den Gasstrom, welcher si alébald ent- zündete und den Gasometer auf der einen Seite auscinandertrieb. Da nun der ganze Jnhalt des Gasometers verbrannte, so glaubte man von fern einen großen Brand zu sehen, und die Behörden und Sprißen- leute von Neuilly kamen alsbald zur Hülfe, Jndeß gelang es in der kürzesten Zeit, alle Gefahr zu beseitigen und der Flamme Meister zu werden, Sechs Arbeiter wurden, meistens leicht, verwundet, Ein cinziger shwebt in Lebensgefahr. Die Gas- Fabrik sett ihre Arbeit ungestört fort. | :

Die Judustrie- Ausstellung ist doch im Lauf des gestrigen Tages noch eröffnet worden, aber nicht alle Räume derselben, da man in mehreren noch damit beschäftigt ist, die ausgestellten Sachen in Ord- nung zu bringen,

Ex Paris, 2. Mai, Die Pairs-Kammer zog sih heute unmittelbar nah Eröffnung ihrer Sibung in ihre Büreaus zurück, um verschiedene Geseß-Entwürfe zu prüfen, zuerst den, einen Supplemenktar- Kredit von 450,000 Fr. für Eintragung von Militair - Pensionen P den Königlichen Schaß betreffend, dann jenen über die Erfindungs- Brevets. Um 27 Uhr wurde die öffentliche Sihung wieder auf- genommen, der Präsident giebt das Resultat der Arbeiten in den Büreaus zu erkennen, und Vicomte de Preval ae dann Be= riht über das Heer-Ergänzungs-=Geseß, worauf die Dis ussion über das Geseb, den Sekundär-Unterricht betreffend, sortgetept s und zwar zunächst über das Amendement des Herrn Mebr O), Der Herzog von Harcourt erkennt au, daß die Mehrzahl der ge.

Naturhistorisches.

Am rechten Warthe -Ufer, unweit Konin, hat Maximilian Cholminski cin sehr (ieralanles Soil nes Ny eine halb verkohlte, halb versteinerte Holzat, Der Stamm und die Mitiel- äste des verwandelten Baumes sind gänzlich versteinert, die Spipen der Neste jedoch nur verkohlt, Die Versteinerung ist so stark, daß sie sich nur mittelst harter Schläge ablöstz die verkohlten Aeste sind dagegen biegsam und trennbar, Dicses Fossil is, so weit befannt, von den Naturforschern bisher noch nirgends erwähnt, auch Pusch giebt darüber in seiner geognosti- schen Beschreibung von Polen keine Andeutung, wiewohl er über eine bräun- liche, ín der Umgegend von Konin und Morzislaw vorgefundene Kohle sich ausspricht. Jch kaun bei dieser Gelegenheit nicht umhin, der naturwissen- schaftlichen Thätigkeit Anderer unserer Landsleute zu erwähnen, Jn Mos- fau arbeitet Zborzewski an scinen paleontologischen Entdeckungen, welche sich auf Wolhynien und Podolien beziehen, Seine Abhandlungen erscheinen ím Bulletin de la Société Impériale des naturalites de Moscou, Die meisten Gegenstände der Entdeckungen Zborzewski's sind versteinerte Muscheln. Jn Warschau beschäftigen sich noch einige der Professoren der ehemaligen Üniversität eifrig mit den Naturwissenschaften, ohne über die Erfolge zu be- richtenz dagegen haben die Bemühungen des Grafen Tiezenhausen im Großherzogthum Posen um die Ornithologie schon erfreulihe Resultate ge- liefeit, Für die Naturforscher bildet Polen noch ein ergiebiges Feld der Untersuchungen, und es wäre wünschenswerth, wenn auch der Eifer der Aus- wärtigen dorthin seine Nichtung nähme.

44 Konin, 27. April.

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gen die Universität gerichteten Augriffe von der Verirrung ihrer Urhe ber Zeugniß geben, aber er glaubt au, daß etwas geshehen müsse im Interesse des Religions - Ünterrichts. Deshalb unterstüßt er das Amendement des Herrn Segur Lamoignou. Herr Cousin sucht zu beweisen, daß es Pflicht der Regierung sei, den Unterricht in der Philosophie aufrecht zu halten, durch dessen Unterdrückung würde sie die moralischen Jnteressen der Gesellschaft verrathen. Ju England wie in Holland gehöre die Philosophie mit in den Bereich der Gym-= nasialstudien, eben so in Sachsen und Preußen, Er führte auch ein Land an, das gewiß Niemandem verdächtig sein werde, Jtalien, wo die so mächtige religiöse Autorität die Philosophie in verschiedenen Anstalten vortragen lasse. Die Sihung dauert fort.

L In der Deputirten-Kammer legte der Minister des ZUnern für den in der Pairs-Kammer zurückgehaltenen Siegelbe- wahrer zwei Geseh - Entwürfe vor, einen in Betreff eines Kredit- Verlangens von 84,000 Fr. für Ausbesserung von Diözesan - Ge- bäuden, den anderen, Abtretung von Lokalitäten an Gemeinden für ihre Schulen betreffend. Dann wurde die Diskussion des Gesetzes über die Gefängnisse fortgeseßt. Die Kammer war beim Art. 6 stehen geblieben, wonach die Angeschuldigten der beiden Kategorieen, inculpés sowohl als prévenus, #o wie die Angeklagten (accusés) bei Tag und Nacht in Zellen eingeschlossen bleiben sollen. Herr Maurat Ballange entwickelt ein Amendement, wonach sie nur des Nachts eingesperrt bleiben sollen in dên Zellen. Herr Roger du Loiret erkennt an, daß durch Annahme des Systems des Ge- seßb-Entwurfs eine Modification des Strafgeseßbuchs und des Kodex der Kriminal =Justruction nah sich zögez gerade das bestimme ibn aber, für das Geseß zu stimmen, dessen System ihm gut scheine, und das er daher bis ans Ende unterstüßen werde. Wenu es in diesem Jahre nicht zu Stande käme, werde er selbst es wieder in der näch- sten Session kraft der parlamentarischen Juitigtive anregen, gerade so wie Regicrung und Kommission es ausgearbeitet haben, (Bewegung im verschiedenen Sinne.) Die Diskussion über dieses Ameudement dauert noch fort. Herr von Tocqueville erklärt, wenn dieses Amen-= dement angenommen werde, thue die Regierung besser, das ganze Geseß zurückzuziehen. j

A Paris, 2. Mai. Die Revue des deux Mondes, deren politische Chronik gegenwärtig niht mehr von Herrn Rossi, fondern, wie es heißt, von Herrn Vivien abgefaßt wird, übernimmt es in ihrer gestrigen Nummer, die wiederholten Angriffe der Opposition auf das in der otaheitishen Sache beobachtete Regterungs - Verfahren als ein rechtmäßiges taftishes Mittel darzustellen, dessen Anwendung die Oppo- sition mit demselben Fug auch zum dritten- und viertenmale versuchen Ffönne. Um ein Ministerium zu stürzen, das ist ungefähr das Raisonnement der Revue des deux Mondes, muß die jeweilige Opposition im= mer nur einen einzigen Mauerbrecher in Bewegung setzen, immer nur eine einzige jener Anflagen vorschieben, welche Ungunst und Mißach- tung über die Regierung bringen können. Wird der erste Sturm abge- schlagen, so veranstalte die Opposition einen neuen Sturm an derselben Stelle, und so fort und fort, bis sie Meister des Plaßes ist, ein Augenblick, der bei einiger Beharrlichkeit in der Regel nicht lange auf sich warten lassen wird. So, sagt die Revue des deux Mondes, verfuhr die Coalition gegen das Ministerium vom 15. April, indem sie (Herr Guizot war einer ihrer heftigsten Wortführer) Herrn Molé und feine Kollegen immer wieder von neuem für die Räumung von Ancona zur Verantwortung zog, und auf diesem Wege wird die heutige Oppo= sition mit demselben Rechte zum Ziele gelangen, wenn sie den Un= willen der öffentlichen Meinung über die Desavouirung des Admirals Dupetit-Thouars mit Geschick und Kousequenz ausbeutet. Von einem Gedanken au politische Moral oder an höhere parlamentarische Klug= heit findet sich keine Spur in dieser Auffassung der genanuten Zeit- schrift. Der unmittelbare Zweck is für dieselbe Alles, und ste küm- mert sih niht um die Natur der gewählten Mittel und um diejenigen Wirkungen derselben, welche außerhalb jenes unmittelbaren Zweckes liegen. Daß die öffentliche Unzufriedenheit über die Wiedereinseßung der Königin Pomareh aus Ungerechtigkeit und Vorurtheil eutsteht, daß die Ausbeutung dieser Ungerechtigkeit und dieses Vorurtheils das Volk und das Parlament zugleich demoralisiren muß, daß die ewigen leidenshaftlichen Angriffe auf die Regierung das ohnehin so shwahe Prinzip der Autorität vollends erschüttern, daß über die unfruhtbaren Debatten über die otaheitishe und ähnliche Fragen kostbare Stunden und Tage und selbst Wochen vershwendet werden, binnen denen nicht nur Nübliches, sonu- dern selbst Nothwendiges geschehen könnte, darauf nimmt die Revue des deux Mondes nicht die allermindeste Rücksicht. Diese Auffas= sungsweise der Revue des deux Mondes is übrigens nicht verein- zelt, es läßt sich vielmehr behaupten, daß sie in der ganzen französi= schen Partei-Politik entschieden vorherrscht.

Man kann es als ganz gewiß annehmen, daß die otaheitische Grage in der Kammer noch keinesweges erschöpft i, sondern daß sie wenigstens noch einmal im Laufe der gegenwärtigen Session den Stoff zu einem allgemeinen Angriffe auf die Existenz des Ministe= riums wird hergeben müssen, Man würde vergebens leugnen, daß, troß der politischen Abspannung, die seit einiger Zeit in dem Lande herrsht, die Oppositions - Ansicht von der otaheitischen Sache eine ziemlih große Popularität hat. Jene Ansicht hängt in der That ganz enge mit dem Grund =Jrrthume zusammen, in welchem sich die französische Meinung in Bezug auf die fernere geschichtliche Rolle und das nationale Juteresse Frankreichs befindet. Die Franzosen werden noch lange nicht begreifen, daß ihre demokratischen Staats = Einrich= tungen hnen den Ehrgeiz eines erobernden, weithin herrshen- den und überall wirkenden Volkes untersagen, daß die Zei= ten Ludwig's XIV. und Napoleon's auf immer für sie vorbei sind, wenn es ihnen Ernst ist um die Aufrechthaltung und Weiter= bildung ihrer gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Verfassung. Ohne eine bedeutende Verstärkung der monarcishen Gewalt und ohne die noch viel shwierigere, wenn nicht absolut unmögliche, Wie- derherstellung des aristokratishen Bestandtheils des öffentlichen We= sens in Frankreich, werden die herrshsüchtigen Leidenschaften, welche in dem französischen Volke ihr wildes Spiel treiben, immer nur ein Anachronismus bleiben.

Die persönliche Wendung, welche die Debatte in der Pairs-Kammer genommen hat, gilt manchen Leuten für ein Zeichen, daß die Lebensthätig- keit der gescbgebenden Versammlung im Luxembourg nicht so sehr herabge- stimmt sei, als man dies anzunchmen ewohnt is, Gewiß ist es, daß in der Pairs=Kammer seit unvordenklichen L keine so bewegte Sibung statt- gefunden hat, wie die vorgestrige. Und wir sind keinesweges am Ende dieses fleinen Sturmes, Der Kampf zwischen den Herren Broglie und Montalembert scheint freilih ausgefochten zu sein, aber der Än= griff des Herrn Segur Lamoignou auf Herrn Cousin ist noch nicht erwiedert, und man fann mit Sicherheit darauf renen, daß der Chef der philosophischen - Schule dem genannten Wortführer der kirchlichen Partei nichts schuldig bleiben will und wird. Man hat allgemein bemerkt und mit Ret im höchsten Grade sonderbar ge= funden, daß Herr Segur Lamoignon damit anfing, Herrn Montalembert seine Heftigkeit vorzuwerfen, und daß er damit endigt, die Heftigkeit dieses „Sohnes der Kreuzritter““ in seinem persöulihen Ausfalle ge= gen Herrn Cousin noch weit zu überbieten.

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Grossbritanien und Irland.

Loudon, 1. Mai. Das Budget für das laufende Jahr, wel- ches der Schaßkanzler vorgestern dem Unterhause vorlegte, hat auf alle Klassen des Landes einen freudigen Eindruck gemaht, Nach

400,000 Pfd. vom chinesischen Kriege her, und selbst nach Einlösung einer Schuld von mehr als 200,000 Pfd. bleibt noch immer ein Ueber- \chuß von beinahe 17 Millionen. Die Einnahmen sind sowohl reih= licher ausgefallen, als au die Ausgaben sür Heer und Flotte hinter dem Etat zurückgeblieben. Darum sagt die Times: „Der Stolz des jeßigen Ministeriums i} sein Finanz - System und Herrn Goul- burn's, des Schabkanzlers, - Stellung unter solhen Umstän- den die glücklihste in der Verwaltung. Welche Fehler auch sonst das Ministerium begehen mag, es bezahlt und spart doch wenigstens. „Wenn wir nicht unglücklicherweise“/, seßt die Ti- mes mit einem bedeutsamen Winke hinzu, „einige kluge, zahlende, sparsame, höchst brauhbare und {äßbare Männer kennten, welche nichtsdestoweniger den vollständigen Zweck ihres Daseins und jeden

len veranlaßt fühlen, wenigstens die den Finanzen vorstehenden Mit- glieder des jeßigen Ministeriums zu lieben und zu verehren. Fragt man uns nach unseren Helden, quem virum ve! heroa, unsere Harfe würde unmittelbar die Namen Sir R. Peel und Herr

Goulburn wiederklingen. „,„„Das Uebel des Landes, sagte der Erste, als er zur Gewalt gelangte, is eine zu große Ausgabe.“ Nichts founte in der That wahrer sein. Die ganze Nation war verschuldet ; sie hatte die Zukunft verpfändet, um die Vergangenheit gut zu machen, Die Nation sank tiefer und tiefer; der Landeigenthümer erweiterte seine Güter durch neue Verpfändungen, Corporationen und Gesell- schaften jeder Art bauten auf der luftigen Grundlage des Kredits, Grafschaften und Kirhspiele wurden mildthätig und fromm auf Kosten der Nachkommenschaft. Wie sollte das Alles enden? Die Nation hatte noch Verstand geuug, diese Frage zu thun und legte demgemäß die Leitung der Angelegenheiten in die Hände Sir R. Peel's. Er fann als der große Bankerott- Kommissarius betrahtet werden als unser Geld - Diktator.“ Jun gleiher Weise billigt die Times die Verwendung des Ucberschusses, in Folge dessen, wie schon bemerkt ist, kleinere Steuern erlassen oder ermäßigt werden sollen. Man dürfe nicht in der ersten Freude über den günstigen Finanzzustand mit einem= male alle Beschwerden erleichtern wollen, da man dadurch nur neue Verlegenheiten herbeiführe. Bereitliegendes Geld käme immer zu statten und mache unabhängig vom Geldausleißher. Dahin scheine auch das kluge und wohlwollende Streben des Schahßzkanzlers gerichtet zu sein, Die neuen Steuer-Ermäßigungen betragen nur 400,000 Pfd, welche auf Glas (mit 35,000 Pfd.) auf Weinessig (12,000 Pfd.), Korinthen (90,000 Pfd.), Kaffee (50,000 Pfd.), Schifffahrts-Asseku= ranzen (100,000 Pfd.) und Wolle (100,000 Pfd.) repartirt sind. „Man muß mit dem Kleinen anfangen““, sagt die Times, „und mit dem Großen enden; so {hate auch Herr Goulburn zuerst das Unfraut der Steuern fort jene kleinen aber ärgerlichen Abgaben.“

Die Missionair-Gesellschast der Baptisten hielt neulich ihre sehr zahlreich besuchte Jahres - Versammlung, welcher viele Geistliche bei- wohnten. Aus dem Berichte geht hervor, daß die Wirksamkeit des Vereins im verflossenen Jahre sih ausehnlih erweitert hat und auch die dazu nöthigen Fonds stets im Zunehmen begriffen sind. Mehrere Mittheilungen der thätigsten Agenten der Gesellschaft wurden verle- sen; die Gesammtzahl dieser Agenten beläuft sih jeßt auf 192, wo- von etwa die Hälfte in fremden Welttheilen thätig is. Die Zahl der Schulen des Vereins in Jndien, Afrika, Jamaika, Kanada 2c. hat im vorigen Jahre bedeutend zugenommen und viele neue Lehrer wurden hingesandt, Die Zahl der weiblihen Missionaire des Vereins, welche auswärts in Thätigkeit sind, ist auf 39 gestiegen. Ueber 100,000 gedruckte Bibelu wurden im leßten Jahre vertheilt und in Indien 14,000 Bände religiöser Schriften verbreitet, die der Verein ins Sansfkrit überseßeu ließ.

© London, 1. Mai. Wie fast alle Maßregeln der jeßigen Verwaltung Englands Belege für die im Stillen wachsende aber un= widerstehlihe Gewalt der Mitte!klassen sind, denen das Ministerium entgegenzukommen sich genöthigt sieht, so haben wir auch eben wieder neue Beweise von dem Einflusse derselben in der Kirche. Die firh- liche Missions- Gesellschaft, welche einen Laien zum Präsidenten hat, und den Bischöfen, die sih ihr anschließen mögen, keine größere Ge-= walt im Comité zuläßt, als sie anderen Mitgliedern, Geistlichen oder Laien gewährt, ist deshalb und wegen anderer Eigenthümlichkeiten in ihrem Wesen und in ihrer Verwaltung, den Hochkirchlichen immer ein Dorn im Auge gewesen. Sie hat auch immer nur wenige Prälaten unter ihren Mitgliedern gezählt, und diese gehörten zu der fogenaun ten evangelischen Partei, Gestern aber predigte der Bischof von London ihre jährlihe Predigt vor ihrem großen Versammlungstage für sie, rühmte mit Eifer ihre Leistungen und mit Stolz, daß ihr Einkommen im Laufe des Jahres 115,000 Pfd. St. überstiegen habe. Aber noch mehr: ih höre, es is im Plane, einen Verein zu stiften, dessen Zweck ist, die Geistlichen großer Gemeinden nit Laien als Bibelvorlesern zu versehen, welche ihnen helfen sollen, die Armen in ihren Wohnungen zu besuchen, und denen das Wort nahe zu bringen, die es nicht selbst in der Kirche suhen. Und an die Spibe dieses Vereins werden sich nicht nur Prälaten, wie der Bischof von Win= chester, stellen, welher immer Laieugehülfen geduldet hat, sondern auch der strengere Bischof von London und der beinahe puseyitishe Bischof von Salisbury. Dies sind doch wohl Zeichen, daß der protestan= tische Geist unserer Mittelklassen die Herrschaft in der Kirche behält. Und da die Bischöfe au klug genug sind, diesen entschiedenen Geist endlih zu erkennen und ihm entgegenzukommen , ehe die bedrolliche Entfremdung derselben von der Kirhe Wurzel fassen konnte, so ist wohl auch die Gefahr einer puritanischen Rückwirkung verschwunden, die der Puseyismus hervorrufen zu wollen schien,

Belgien

Vrüssel, 3, Mai. Obgleich die Diskussion der Regierungs-= Vorschläge in Bezug auf die Handels = Verhältnisse fortwährend bei verschlossenen Thüren geführt wird, so wissen sih doch die Zeitungen darüber einige Mittheilungen zu verschaffen. Namentlich enthält das Journal de Liège einen gedrängten Bericht über die Verhand- lungen der beideu leßten Tage. Es wurden danach vorgestern unter Anderem anu die Minister die Fragen gerichtet, ob zu Berlin in der Absicht unterhandelt worden sei, mit dem Zoll-Verein einen Vertrag abzuschließen, und ob es wahr sei, daß die belgische Regierung eine drohende Note von England in Betreff der Differenzialzölle erhalten habe. General Goblet, der Minister der auswärtigen Angelegen= heiten, soll auf beide Fragen verneinend geantwortet haben, Jm Laufe der allgemeinen Diskussion sprah Herr David gegen die ver= schiedenen IOTge agene Systeme, weil er darin nur ein Mittel sehe, einige große Handlungshäuser zum Nachthril des ganzen Lan- des zu begünstigen. Herr Defoere besprach die zu erwartenden Fol= gen eines wirksamen Schutzes der National =Flagge. Das Prinzip der Differenzial - Zölle sei das richtige, - Wenn die Unterhandlungen

Belgiens mit den Nachbarn noch keine Resultate erzielt hätten, so

Deckung früherer Ausfälle, nah Bezahlung cines Rückstandes von |

| liege die Ursache darin, daß man nicht auf die wahre Ursache der Verhältnisse eingegangen sei, Hätte man im Jahre 1838 Repressa= lien angewandt, so würde man längst eineu günstigen Handels-Ver= trag mit Holland zu Stande gebraht haben. Belgien habe sich von England und Frankreich zu lange hinhalten lassen. Die Kam- mer solle doh endlich einmal der übermäßigen Großmuth in Tarif= sachen steuern. Herr von Castiau bedauerte, daß die Unterhandlungen mit Frankreich zu feinem Resultate geführt. Der Zoll - Verein mit Granfrech liege im politishen und materiellen Interesse der beiden Länder, Diese Unterhandlungen seien an interessirten Einflüssen ge- scheitert; eine Aenderung des Systems werde eines Tages ihre Wie= deraufnahme gestatten, Was die Differenzial-Zölle betreffe, so habe Belgien shou mehr und höhere, als nöthig. Belgien sei ein nah alien Seiten dem Schleichhandel zugängliches Landz folglich müsse das Differenzial - Zoll - System nur eine neue Anregung der Produc= tion, also in wenigen Jahren eine Anhäufung der Fabrikate zur Folge haben. Wie solle man daun helfen? Durch die Ausfuhr, sage die

Beruf ihrer Stellung uicht zu erfüllen sheinen, und die nicht unsere | stärksten Sympathieen für sih haben, so könnten wir uns wider Wil= |

Regierung. Allein wenn die belgische Industrie schon jeßt, troß der hohen Zölle, die Konkurrenz auf den eigenen Märkten nicht aushal= ten könne, so sei auch nicht anzunehmen, daß sie später auf den transatlautishen Märkten mit Glück gegen die ersten Märkte Euro-= pa's anfämpfen werde. Auch würden die transatlantischen Staaten in industrieller Hinsicht Europa nicht lange mehr zinsbar bleiben. Die Vereinigten Staaten hätten sih son emanzipirt, Herr Dumortier behauptete, daß unbeschränkte Konkurrenz zum Verfall der heimischen Industrie führen müsse.

Die Emancipation meldet: „Jn Seraing sind Bestellungen zu 25 Lokomotiven für verschiedene deutsche Bahn - Unternehmungen eingetroffen. Die österreichische Ferdinandsbahn allein verlangt deren 12, Diese Bestellungen betragen im Ganzen einen Werth von 900,000 Fr.“

MWE i

Neuchatel, 30. April. Der Staats = Rath, und an seiner Spibe Herr von Chambrier, hatte dem preußischen Ministerium vor= geschlagen, den Loskauf der Zehnten zu autorisiren, Gegen den Vor= schlag sind aber die Vürgerschaften von Neuenburg, Boudry und Valangin aufgetreten und von 71 Gemeinden des Kantons haben sich, nah Einsicht eines Kreisshreibens der 3 genannten Bürgerschaf= ten, 43 ebenfalls gegen die Maßregel erklärt,

S panien.

5 Madrid, 25. April. Der junge Franzose, welcher dem hiesigen Vertreter des Rothschildshen Hauses die vorgestern angege= bene Summe in Staats - Papieren entwandte, is in Jrun eingeholt und angehalten worden.

Bor einigen Tagen ließ die Königin Christine den General Prim zu sich rufen und besragte ihn um die Veranlassung zu der von ihm beabsichtigten Reise. Bei dieser Gelegenheit erlaube ich mir mitzu- theilen, daß der General Prim vor kurzem durch einen Brief über= rasht wurde, in welhem eine in Berlin oder doch in den preußischen Staaten verweilende Person sich ihm als Bruder zu erkennen gab, der in früher Jugend vou Spanien nach Deutschland verseßt worden wäre, Der General Prim, der noch nicht das dreißigste Lebensjahr zurückgelegt hat, kann sih durchaus nicht entsinnen, jemals einen Bruder gehabt zu haben. Judessen hat er dem Briefsteller freund= lichst geantwortet und eine geschmadckvoll gearbeitete Cigarrendose von beträhtlihem Werthe übersandt.

Jebt wollen hiesige Blätter gar die Nachricht erhalten haben, daß in den maroffauishen Staaten eine weitverbreitete Verschwörung bestände, derer Zweck die Verdrängung des regierenden Kaisers und die Einseßung Abd el Kader's an dessen Stelle sein solle, Dieselben Blätter rathen der Regierung an, Abd el Kader bei diesem angeb= lichen Vorhaben mit Waffen und einem Hülfs = Corps zu unterstüßen und sich dagegen Vortheile auszubedingen.

Zu Navarra sind mehrere vormalige karlistishe Chefs plög= lih verhaftet und auf die Citadelle von Pampelona abge= führt worden, Andere wurden, als sie kaum Frankreich verlassen und den Boden Cataloniens betreten hatten, mit den Waffen in der Hand gefangen genommen und in Gerona er= shossen. Schwere Verantwortlichkeit fällt auf die Personen, dur deren Vorspiegelungen diese Unglücklichen ins Verderben gestürzt wur= den, Dergleichen thörihte Unternehmungen, weit entfernt, die Jn= teressen der Familie des Don Carlos zu befördern, thun ihnen den größten Abbruch.

Das fkirchlihe Journal el Catolico hat wieder zu erscheinen angefangen.

Der Minister des Jnnern hat so eben eine Verfügung über die Benußung der Staats=- Archive erlassen. Bisher blieb es îm Allge= meinen dem Minister des Jnuern überlassen, ob und in welchem Un= fang er Juländern oder Fremden die Erlaubniß ertheilen wollte, in die Staats - Archive einzudringen und Abschriften oder Auszüge von dort befindlihen Dokumenten zu veranstalten. Auffallenderweise wurde in der leßteren Zeit diese Erlaubniß seltener Spaniern als Ausländern gewährt. Wenn nun son dieser Umstand geeignet war, die Eifersucht der Jnländer gegen Leßtere in Bewegung zu seben, so muß man um so mehr bedauern, daß ein noch in diesem Augenblicke in den Archiven von Si= mancas mit historischen Forschungen beschäftigter Belgier durch sein Be= nehmen zu sehr lauten, mehr oder weniger begründeten Beschwerden, und zu dem Antrage, Ausländer von dem Eintritt in die Archive völlig aus- zuschließen, Veranlassung gegebeu hat, Die Regierung hat indessen einen Mittelweg eingeschlagen, und in der so eben erschienenen Ver=- fügung jedem besonnenen Forscher die Möglichkeit eröffnet, die Staats-= Archive auch fernerhin benußen zu können, Die rein literarischen Pa- piere, die in den Archiven oder ähnlichen Anstalten aufbewahrt wer= den, zu vergleichen oder abzuschreiben, soll Jedermann freistehen. Dagegen darf weder Spaniern noch Fremden gestattet werden, rein historische Papiere, die auf das vorige und das laufende Jahrhundert Bezug haben, einzusehen oder abzuschreiben. Papiere, die die Erwer= bung von Staatsgebieten, oder Einzelnheiten des Privatlebens der Könige und Prinzen betreffen, dürfen niht ohne besonders ertheilte Erlaubniß zur Einsicht vorgelegt werden und nur unter den in der Verfügung festgeseßten Beschränkungen. Nur die Beamten der Archive dürfen, und zwar auf Kosten des Nachsuchenden, Auszüge oder Ab= schriften von Papieren veranstalten, Lebtere Vorschrift erscheint aller= dings als sehr lästig.

Heute is das Eco del Comercio wieder erschienen, Dieses Organ der sogenaunten Progressisten hat sih den Vorschriften des neuen Preßgeseßes unterworfen,

XX Paris, 1, Mai. Die Frage des Tages in Madrid ist die neue Anleihe, welche das Ministerium abzuschließen beabsichtigt, und die sich, wie es heißt, auf 1000 Milliouen Realen belaufen wird. Obgleich mehrere große spanishe Häuser si erboten haben, diese Anleihe unter ziemlih günstigen Bedingungen zu übernehmen, und zwar großentheils gegen baares Geld, f eint die Regierung doch entschlossen zu sein , auf dem Wege der Oe entlichkeit und des Auf- streichs zu Werke zu gehen, um allen An lagen und Verdächtigun=- en zu begegnen, denen sie sih bei einem anderen Verfahren au féven würde, Die Zinsen der neuen Anleihe sollen dur die