1844 / 143 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

; Studirenden gegebene Gelegenheit, sich vor einem geach- E aon p vor Fobmnilitonen über irgend einen wichtigen Begriff, einen bedeutenden Knotenpunkt wissenschaftliher Entwickelung auszusprechen, nur bildend und belebend wirken könne; wie es denn cine bekannte Sache is, daß der mehr oder minder gelingende Versuch, sih verständig, gebildet und freimüthig über einen wichtigen Gegenstand zu erflären, ungemein wohlthätig auf das Zndividuum zurückwirkt, und dieses, indem es si selbst gleichsam gegenständlich wird, zum Fortschreiten ermun- tert, Die gemachten Versuche haben, wènn auch in kleineren Kreisen, voll- fommen der Erwartung entsprochen; und ín weniger günstigen Fällen ergab sich noch der große Vortheil, daß der Dozent auf das aufmerksam wurde, was er in nachfolgenden Vorträgen zu berichtigen, klarer zu entwickeln, und woran er anzuknüpfen hatte; abgeschen davon, daß ein gebildetes und vom gegenseitigen Vertrauen getragenes Gespräch eine so große persönlich annä- hernde Kraft hat. Wie nun unter solchen Erfahrungen und Gesichtspunkten von der Einführung wissenschaftliher Gespräche „Verdumpfung“' befürchtet werden könne, dies ist {wer zu begreifen, Vielmehr existirt jcßt etwas, das wir zwar keinesweges Verdumpfung nennen zu müssen glauben, was aber ein Uebel is, nämlich jahrelanges bloßes Hören und Niederschreiben, ohne belebendes freies Wechselgespräch über die Wissenschaft zwishen dem Lehrer und dem Hörer, ein Gedrücktwerden von der Masse des Stoffes ohne freies Hervortreten des eigenen Geistes, ein Zurüctreten der Neigung und ein Vergehen der Lust, sich selbst und Anderen das Empfangene verar- beitend klar zu machen; und gerade diesem Uebel wird eine Einrichtung abhelfen fönnen, welbe von vielen Seiten fähig scin muß, dic studirende Jugend nicht herabzuzichen, sondern sie zu erheben. Es fann in Frage gestellt werden, ob die Andeutung gewisser Aufmunterungsmittel zu der sonst freigelassenen Theilnahme an den kfonversatorishen und repetitorishen Uebungen zur Errcihung des Zweckes in jeder Hinsicht förderlih sein werde. Aber hierin einen Wi- derspruh mit der Freilassung selbst| zu finden, wie der berliner Korrespondent der Kölnischen Zeitung vom 8. Mai thut, dies beruht sicherlich zum mindesten auf einem Mißverständnisse. Oder bleibt es denen, die nicht Theil zu nehmen Lust haben, nicht nah wie vor überlassen , durch ihren Fleiß in der Benußung der vorherrschenden Lehrform und die in der Prü- fung dargelegten Erfolge desselben sich die Anerkennung zu verschaffen, die ihnen gebührt? Und wenn sie die konversatorischen Uebungen für verderblich halten, wäre es nicht gerade cine vortreffliche Gelegenheit, zu zeigen, wie weit diejenigen kommen, die sie gering achten? Und wenn Alle, welche eine Einrichtung gründen, aber freistellen, sich in jedem Falle versagen sollten, eine gute Folge daran zu knüpfen, so käme es am Ende darauf hinaus, daß ver- boten würde, zu erwähnen, daß Jemand in einer bestimmten Richtung sich ausgezeichnet habe, blos weil Anderen diese Nichtung einzuschlagen nicht gefiel. Dann müßten die Prämien für vorzügliche Leistungen in den Seminarien auch wegfallen, in den philologischen, theologischen und naturwissenschaftliben Semi- narien, deren wesentlih auf Unterhaltung gegründete Einrichtung sammt ihren Erfolgen übrigens auch keine sonderliche Stüße für die Befürchtungen der Gegner des ministeriellen Erlasses giebt. Dessenungeachtct wird die Sache vor der Hand nur als ein edel und tüchtig gemeinter Versuch anzu- schen sein, und es läßt sich schr wohl begreifen, wie auch von trefflichen Männern Besorgnisse des Nichtgelingens mögen gehegt werden, Aber das läßt sih nicht erwarten, daß diese in den Ausdruck ihrer Befürchtungen eine Bezeichnung der Sache als „Schulehalten““ u. st, w., wie in dem er- wähnten Artikel, mischen werdenz denn wenn dies auch die Sprache der Kraft und der Strenge sein sollte, so ist es doch gewiß nicht die Strenge der Wahrheit und die Kraft des Vertrauens: zwei Dinge, auf welche so gut wie Alles anfommt zu unserer Zeit in allen Dingen.

Bonn, 15. Mai. Gestern legten die Studirenden durch einen Fackelzug ihre Hochachtung und Verehrung gegen eines der ältesten Mitglieder der hiesigen Universität, den Geh. Hofrath Dr. Harleß, an den Tag, dessen 50jährige Jubelfeier heute auf eine festlihe Weise begangen wurde. Das Comité, welches aus hiesigen Aerzten besteht, überreihte dem Jubilar eine Urkunde über die Stistung eines Stipen- di Harlessiíani, welhes als cin bleibendes Denkmal gan die Wirk= samkeit des berühmten Mannes an unserer Universität aus den Bei= trägen von Aerzten aus fast allen Theilen Deutschlands errichtet

worden ist.

Bromberg, 18. Mai. (P. Z.) Uebertriebene, nit selten ganz widersinnige Gerüchte haben bei vielen fleinen Landbesibern die Hoffnung erweckt, in dem Nachbarlande umfassendes Grundeigenthum entweder unentgeltlich oder mindestens für einen verhältnißmäßig sehr niedrigen Preis erwerben zu können, weshalb viele Gesuche um Aus= wanderungs-Konsense eingegangen sind. Die Versuche der Behörden, diese Leute von ihrem Vorhaben zurückzuhalten, haben in den aller= seltensten Fällen einen Erfolg gehabt, und im günstigsten Falle nur einen Aufschub in der Reise zu bewirken vermocht.

Nuslanud. Deutsche Bundesstaaten. Bayern. Múnchen, 17. Mai. Wie verlautet, wird Jhre Majestät die Königin von Sachsen im Laufe der nächsten Woche hier eintreffen.

Sachsen. Dresden, 21. Mai, Das Ministerium des Jn- nern hat unterm 18ten d. die Bedingungen bekannt gemacht, unter denen für diejenigen inländischen Fabrikanten und Gewerbtreibenden, welche ihre Erzeugnisse zu der am 15. August zu Berlin beginnenden allgemeinen zollvereinsländishen Jundustrie - Ausstellung einzusenden wünschen und ihre diesfälligen Anmeldungen bis Ende Juni bei den

Von den Portraits, welche in der Akademie zur Ausstellung kommen , sind die vom Grafen d'Orsay nicht die schlechtcsten. Das Bildniß Lord Brougham's ist ausgezeichnctz cs zeigt eine treue und geistige Achnlichkeit dieses häßlich- sten unserer sriftstellerischen und rehtsgelchrten Lords , und doch macht es wer fann das Wunder begreifen? einen angenehmen Eindruck. Seine Herrlichkeit ruht aus auf der prächtigen Gobelin-Tapete , welche er kürz- lich von Ludwig Philipp zum Geschenke erhalten hat, und worauf er so olz ist. G k Der Künstler hat auch seine Sympathieen für Frankreich auszudrücken gewußt, denn Alle, die ein Epigramm zu lesen verstehen, werden aus einem dabei angebrachten Depeschenbuch, einer Tafeldecke und einem Blatt Papier (cin Edinburgh Review?) die drei Farben Frankreichs herauserkennen, Jn unserer kleinen Künstlerwelt verursacht ein plögliches Verbot der Kunst-Vereine als ungeseßliche Lotterieen, welhes Sir R. Peel so eben hat ergehen lassen, große Aufregung. Es war hohe Zeit damit, da dicse Manie von den Dilettanten des Parlours sih bis auf die Dilettanten der Küche ausgedehut hatte, und unter unseren Bedienten und Lehrlingen eine Art Lottospiel in ziemlicher Ausdehnung einheimisch wurde, wie unsere Pfand- leiher und Polizciämter bezeugten. Die plöbliche und unerwartete Abschaf- fung dieser Vereine indeß kam sehr unwillfonimen,

Unsere musikalische Season is sehr belebt; bei dem zweiten Konzert des philharmonischen Vereins M Moscheles wieder, nachdem er lange Zeit nicht öffentlich gespielt hatte. Ernsst| macht noch immer neue Erobe- rungen und gewinnt neue Verehrer und Anhänger, nicht allein durch sein ausgezeichuetes Spiel, sondern auch in Privalkreisen durch sein gentiles O d für diejenigen wichtig sein wird, die in England Popularität

l Ih nratgien einmal von einer neuen Primadonna, Miß Edwards, welche der Unternehmer unserer itglienishen Oper engagirt und durch die ganze Presse shon im voraus hatte anpreisen lassen. És is Alles vergeblich gewesen z was einmal s{lecht is , kommt hier nicht fort, obschon das, was L n N ddrig gewürdigt wird. Jene Donna is bei ihrem daß e wohl so balt ee Wer Ae L G UebIs hurdgglalten,

Jhr fehlt sowohl musikalisches Talent wie Bildung, (O An

850 betreffenden Amts - Hauptmannschaften oder der Gesammtkanzlei zu Glauchau einreihen, die Kosten des Hin= und Rüktransports der von ihnen einzusendenden Ausstellungs-Gegenstände aus der Staats-Kasse getragen werden.

__ Der berühmte Lithograph Hofrath Hanfstängl verläßt mit seiner Familie Dresden, wo er seit länger als neun Jahren weilte, um ein im Hochgebirge Bayerns erworbenes \{chönes Besißthum fortan zu bewohnen.

Kurhessen. Kassel, 18. Mai. (D. A. Z.) Die kurhessische Regierung hat sich veranlaßt geschen, den von mehreren deutschen Herzoglichen Häusern angenommenen Titel „Hoheit“ nicht anzuerkennen, und es ist an die kurhessischen Behörden die Weisung ergangen, bei Communicationen mit den betreffenden Regierungen und Behörden diese neue Titulatur nicht in Anwendung zu bringen, ja au Schrei- ben und Requisitionen derselben, worin diese Titulgtur gebraucht wird, zurückzuweisen. Jn Gemäßheit einer Verfüguug aus dem Finanz- Ministerium haben si die von demselben ressortirenden Staats = Be- hörden in, thren amtlihen Erlassen statt des Ausdrucks „Staats-Do- mainen““, der seit der Einführung der Verfassung vom 5. Jan. 1831 in Gang gekommen, in Zukunft der Bezeichnung „Kurfürstlihe Do- mainen“’ zu bedienen. _

Anhalt-Cöthen. Cöthen, 18. Mai. Der heutige Tag war nicht allein unserem Fürstenhause, sondern dem ganzen Lande, ja über dasselbe hinaus den gesammten anhaltischen Herzogthümern ein Tag der lebendigsten Freude. Er beurkundete aufs sichtbarste, daß deutsche Unterthanen, wie zu allen Zeiten, so auch jeßt, jedwedes Glück und Heil ihrer Herrscher aufs vollständigste als ihr eigenes betraten und preisen. Herzog Heiurih zu Anhalt, der ältestregierende unter den Regenten seines erlauchten Stammes, feierte heute das 25sstte Jahr seiner Vermählung mit der Herzogin Auguste, geborene Prinzessin Reuß von Plauen, die Wiederkehr des Tages, an welchem ihm vor einem Vierteljahr= hundert das ungetrübteste Lebensglück erblühte. Diesen Tag aufs festlichste zu feiern, hatten sich nicht nur Fürsten der nahe verwandten Familien Reuß und Carolath persönlih eingefunden, die Durchlauch tigsten Stammesvettern hochgestellte Diener zur Beglückwünschung ge- sendet, die Stände der drei Herzogthümer Anhalt sih in der Mehr- zahl ihrer Mitglieder versammelt, sondern alle, von den höchstgestell- ten bis zu den untersten Klassen der Unterthanen, vom Reichsten bis zum Aermsten herab, waren in freudigster Bewegung und voll der innigsten Theilnahme! Schon am Vorabende hatte man durch Fest- gesang und Fackelzug den kommenden Tag verkündet, und waren, nach alter Sitte, reiche „Polterabend-Geschenke“ für das geliebte Herr= \cherhaus zusammengeströmt. Heute aber drängten sich {hon am Morgen Deputationen in ununterbrohener Reihefolge auf einander; Alles wünschte seine Huldigung darzubringen und von Azgesicht zu Angesicht sich zu überzeugen, daß Herzog und Herzogin auch noch im silbernen Schmuck der Ehe in aller Rüstigkeit und Heiterkeit der Zeit prangen, wo die grüne Myrthe sich um das Haupt der jugendlichen Fürstenbraut geshlungen. Die Ritterschaft, die Städte, der Bauern- stand, die Diener des Hofes, die Beamten erschienen theils persönlich, theils durch Abgeordnete aus ihrer Mitte. Als aber Alle die fürst- lihe Gastlichkeit in den weiten Räumen des Schlosses zu einem Fest- mahle versammelt, und einer der Fürsten des erlauchten Hauses, welches sein {hönstes „Kleinod““ dem Herzog als einen heilig zu bewahrenden, aber zugleich wahrhaft beglücckenden Besiß anvertraut, sih erhob, und in \chlichter, aber desto ergreifender Weise dem durchlauchtigsten Herzoge, „dem Schwager und Freund““, ein Lebehoch erschallen ließ, da drängte sich der gemeinsame Jubel in einen herzlichen, weithin tönenden Ruf zusammen. Dieser Jubelruf erneute und erhöhte sich, als einer der ersten Herzoglichen Beamten mit wenigen, unverkennbar dem innigsten Gemüth entquellenden Worteu den fürstlichen Herrn in der Milde und Gerechtigkeit seines Regimentes pries, indem er zugleih im Na- men des ganzen Laudes die ehrerbietigsten Dankes-Aeußerungen aus- sprach, und wurde nur überboten durch die tiefe Rührung, welche alle Anwesenden ergriff, als Herzog Heinrich sih erhob, die Treue und Anhänglichkeit , die sich heute allseitig ihm erschlossen, dankend aner- fannte, und mit der ihm eigenthümlichen, eben #0 würdevollen wie herzgewinnenden Huld dem Wohle seines treuen Landes und seiner geliebten Unterthanen Wünsche widmete, wie uur Fürsten hegen und offen verkünden, die im klaren Bewußtsein ihres erhabenen Berufs ihr eigenes Wohl und Wehe als untrennbar betrachten von dem Wohl und Wehe ihrer Völker.

Freie Städte. Frankfurt a. M., 17. Mai, Am dritten Psingsttage d. J. wird in dem am Taunus gelegenen freundlichen Städtchen Königstein das dritte Taunus-=Sängerfest gefeiert, wozu vierundzwanzig Sing - Vereine eingeladen sind, denen sih die „„Uedertafel‘““ und der „Uederkranz'“ von Frankfurt anschließen werden.

Die Schueidergesellen - Coalition war, wie man erwartet hatte, nicht von langer Dauer. Bei weitem die meisten der gufstäudischen Kleiderkünstler sind bereits zur Pflicht und zu ihren friedlichen Arbeiten zurückgekehrt. Die Zahl Derer, welche auf ihrer Renitenz gegen die Herbergsordnung noch zu beharren stch erkühnen, verringert sh von Tag zu Tag, da, um deren widerspenstige Gesinnungen zu bewältigen und ihnen alle Lust für weitere Coalitionsversuche zu benehmen, die

Jahres - Bericht der berlinischen Gesellschaft für deutsche Sprache und Alterthumskunde,

Seit dem Stiftungsfeste der berlinishen Ge sellschaft für deutsche Sprache und Alterthumskunde im Januar 1843 sind in den monat- lihen Versammlungen derselben folgende Vorträge gehalten worden : Dr. Lütdcke las über den bei seinen Zeitgenossen, namentlich dem großen Kurfürsten sehr beliebten berlinishen Hof - und Gelegenheits - Dichter Nikolaus Peuker, dessen Lebens -Umstände sih nur aus gelegentlichen Aeußerungen in seinen Gedichten und in der Vorrede zu denselben von dem Herausgeber der Sammlung, O. Chr. Pfeffer, zusammen- stellen lassen. Nach derselben ergiebt sch das Jahr 1674 als sein Todesjahr und ungefähr 1609 als das Geburtsjahrz; er untezzeichnete sich unter den cinzeln von ihm herausgegebenen Gedichten entweder mit seinem wahren Namen, oder in anagrammatisch verstellter Form, z. B. Kerunius Polake oder Ukeperz erst 1702 veranstaltete der berliner Buchhändler O, Chr, Pfeffer eine Sammlung vieler seiner Gedichte un- ter dem Titel; Nifolaus Peuker's wohlklingende lustige Pauke von 100 sinnreihen Scherzgedichten, Herr Dir, Zinnow las über den Chanson des Saxons von Jean Bodel, aus dem zwölfien Jahrhundert, ein Gedicht, welches den Kampf Karl's des Großen gegen Witt-kind zum Gegenstande hat, Nachdem sich die feindlichen Heere über zwei Jahre am Rheíne gegenüber gestanden, während welcher Zeit sich auch mancher zärtliche Verkehr zwischen den fränkischen Rittern und den sächsishen Frauen angeknüpst hatte, endete der Kampf mit der Besiegung und Tödtung Wittekind's, Herr Prediger Kläden las über den schon mehrfah wegen seiner Dunkelheit besprochenen Eingang zum Parcival des Wolfram von Eschenbach eine Abhandlung, die späterhin in dem fünften Bande des Jahrbuches der Gesellschaft (S. 223—246) abgedruckt worden is, Herr Konsistorial-Rath Pi sch on legte einen auf Pergament geschriebenen Jndulgenzbrief vom Jahre 1514 vor, welcher sich auf einen wörtlich angeführten, im Jahre 1202 der Nikolai-Kirche in Berlin ertheilten Jndulgenzbrief beruft; es wurde indessen aus manchen Unrichiig- keiten des leßteren nachgewiesen, daß die Angabe der Jahreszahl 1202 falsch sein müsse. Herr Dir, Bonnell besprad die antiphilosophischen Bestre- bungen vieler neueren Sprachlehrer, namentlich mit Beziehung auf Nudhardt und

betreffenden Behörden es an den geeigneten, eben so umsictigen wie fräftigen Maßnahmen nicht fehlen lassen. Noch am 1sten wurde eine Anzahl mißvergnügter Schneider in gefänglihen Gewahr= sam genommen. Doch hat der Skandal, zu welchem die Gesellen sich hatten verleiten lassen, jeßt wieder seine Endschaft erreiht. Die Schnei derzunft soll sih nunmehr zu einem Projekte einverstanden erklärt haben, durh welches die Unzuständigkeiten des bisherigen Herbergs-Systems Abhülfe erhielten; es follen nämlich nach diesem Reform - Vorschlage, wie es heißt, in den verschiedenen Quartieren der Stadt Häuser be= stimmt werden, wo, unter geeigneter Beaufsichtigung zur Verhütung von Pfuschereien, Gesellen würden Wohnung nehmen können.

Frankfurt a. M., 18. Mai. Die Schneidergesellen -Coa-= lition gab gestern ihr leßtes Lebenszeichen von sich, und es is den Behörden, die bei dieser ganzen Sache mit eben so viel Energie wie umsihtiger Mäßigung versahren sind, endlih gelungen, auch die leß= ten der unzufriedenen Schneiderkünstler zur Rückkehr und zur Ord= nung zu bringen.

Franret.

Pairs-Kammer. Sitzung vom 15. Mai. Die nochmalige Ueberweisung des 1sten Paragraphen des von den Studien-Zeugnissen handelnden 18ten Artikels an die Kommission geschah deshalb, weil Graf Beugnot darauf aufmerksam machte, daß keine Altersgränze für die Zu= lassung zum Bakkalaureat angegeben sei. Die übrigen Paragraphen dieses Artikels, so wie der 19te, wurden dann angenommen, wie {hon ge= meldet, Zu dem 20sten, welcher bestimmt, daß die lebenslänglihen Professoren der Fakultäten das ausschließliche Recht zur Prüfung der Bakfalaureats =- Kandidaten haben sollen, und daß die Mitglieder des akademischen Conseils im Ressort jeder Akademie diesen Prü= fungen, jedo ohne berathende Stimme, beiwohnen können, {lug Herr Cousin als Zusaß vor, daß auh die Supplementar - Professoren (agrégés) das Prüfungsreht haben sollten, Hiergegen wandte aber der Herzog von Broglie, als Bericht-Erstatter der Kommission, ein, daß uur die lebenslänglihen Ernennungen hinreichende Bürgschaft für Unabhängigkeit darzubieten schienen. Das Amendement wurde nach einigen Debatten auh verworfen, aus dem Artikel aber doch das Wort lebenslänglich gestrichen und der 1ste Paragraph dann in dieser Fassung angenommen, Der L2te Paragraph, der sich auf die Theilnahme des akademischen Conseils bezieht, wurde von Herrn Thenard bekämpft, welher meinte, daß die Mitglieder dessel= ben, wenn sle au keine entscheidende Stimme hätten, doch shon durch die bloße Stellung von Fragen einen Einfluß auf das Examen ausüben und der Prüfung eine falshe Richtung geben könnten. Die Abstimmung über diesen Paragraphen mußte indeß noch verschoben werden, weil die Kammer niht mehr in hinreichender Anzahl ver= sammelt war. Ein vom Marquis von Barthelemy vorgeschlagener Zusaß - Paragraph, wonach nicht danach gefragt werden sollte, wo der Kandidat, der sich um das Bakkalaureat bewirbt, gelebt und seine Studien gemacht hätte, also ein nohmaliger Versuch, die Bedingung der Studien-Zeugnisse unwirksam zu machen, wurde der Kommission zur Begutachtung überwiesen.

Deputirten-Kammer. Sißung vom 15. Mai, Zu dem über diese Sihung hon Gemeldeten is nur noch hinzuzufügen, daß nach der Feststellung des Termins, wann die Zellen - Gefängniß- strafe in Deportation verwandelt werden soll, die beiden folgenden Artikel an die Kommission zurückverwiesen wurden, Sie bestimmen, daß Jndividuen, welhe wegen Verbrechen, die sle vor der Publica= tion dieses Geseßes verübt hätten, zum Zelleu-Gefängniß verurtheilt würden, nah zehnsähriger Strafe nur noch des Nachts in isolirter Haft gehalten werden, zweitens, daß Sträflinge von 70 Jahren und darüber überhaupt nicht der Zellenstrafe unterworfen werden sollten. Gegen den ersteren wurde eingewandt, daß, nachdem die fakultative Umwandlung der Zellenhaft in Deportation, schon nah Ablauf von fünf Jahren, selbst für die zu Zwangsarbeit und Reklusion Verur= theilten angenommen sei, man unmöglich in einem folgenden Artifel, der alle Kategorieen von Verbrechen, auch die geringeren zuchtpolizei= lichen, umfasse, die Beschränkung der isolirten Zellenhaft auf die Nacht, nah Ablauf von zehn Jahren, als eine mildere Strafbestim- mung aufstellen könne. Zu leßterem aber waren mehrere Amendements als Zusaß - Paragraphen vorgeschlagen worden , unter Anderem, daß die Frauen bei Nacht der Zellenhaft, bei Tage aber dem Auburnscheu System des Schweigens unterworfen sein sollten, was allgemeines Gelächter erregte.

Paris, 17. Mai. Der Constitutionnel und die Presse haben heute die ganze als Broschüre erschienene Schrift des Prinzen von Joinville über den gegenwärtigen Zustand der französischen See= macht in ihre Blätter aufgenommen, Sie füllt fast 6 Spalten der= selben, ein großer Theil des Jnhalts kaun natürlih nur für diejeni= gen von Juteresse sein, die sh speziell mit dem Seewesen beschäfti- gen, Die Einleitung enthält indeß allgemeine Betrachtungen, die, aus solcher Feder herrührend, eine besondere Bedeutung gewinnen. Wir theilen daher Einiges daraus mit :

„Der Zweck dieser Note“, sagt der Prinz, „besteht darin, die Aufmerk- samkeit aller Erustdenkenden auf unsere Marine zu lenken. Das Laud, dem es niemals an dem richtigen Gesühl für seine wahren Znteressen fehlt, das

Hiecke, Herr Konsistorial-Rath P ishon theilte aus dem damals unter

der Presse befindlichen dritten Bande seiner Denkmäler der deutschen Sprache einen Abschnitt über die geistlihen Lieder der brandenburgischen Kurfürstin Louise Henrictte mit und vindizirte ihr die von L, von Orlich abgesprochene Autorschast dieser Lieder, Herr Dr. Schmidt besprach die von Ph. Wackernagel angegebene Methode des deutschen Sprach-Unterrichis und wies das Unpädagogische derselben in vielen Punkten nach. Jn der öffentlichen Fest - Versammlung im August, die, wie alljährlich, dem Andenken Göthe's, und diesmal zugleih dem tausendjährigen Bestehen eines selbständigen Deutschlands gewidmet war, las Herr Konsistorial - Nath Pischon mehrere Gedichte Gottsched's vor und theilte zu- leich die Lebens - Umstände und eine Charakteristik der Gaitin des- selben, gebornen Kulmus, mit, Herr Professor v. d. Hagen hielt einen Vortrag über die Verdeutschung gewisser Fremdwörter, Herr Direktor Zinnow gab Bemerkungen zu des Ritters von Spaun Forschungen über Biterolf und Dietlaib, Herr Professor Höfer sprach über niederdeutsche Kinderlieder, die er in folgende Klassen theilte: 1) Wie enlicder zur Be- ruhigung oder Bedrohung der Kinder, 2) Lider der Erwachsenen beim Spielen mit den Kindern, z, B. wenn man! sie tanzen oder auf den Kuiecen reiten oder die Hände zusammenschlage!! oder Vat den Fingern spielen läßt. 3) Tanz- und Spiellieder der Kinder selbst. ) Kinder-Räthsel, 5) Thier- lieder, als: Maikäfer-, Storch -, Schneckenlieder, 6) Lieder für viele ein- zelne Fälle, Herr Direktor Odebrecht gab Notizen über die älteste Buchdruckergeschichte Berlins, namentlich wies er nach, daß schon 1517 eiu Buchdrucker, Johann Gesottenwasser (der spätere Name Sadewasser), in Berlin war. Zulcgt sprach derselbe über die deutschen Namen der beiden máärkishen Chronisten Angelus und Hafstitius, nämlich Engel und Hafft, Herr Professor v. d. Ha gen, der in den öffentlichen Vierteljahrs-Versamm- lungen die neuesten Erscheinungen im Bereiche der Gesellschaft vorlegte, sprah am Stiftungsfeste über seine cbenfalls vorliegenden Abbildungen der alten Bildnisse und anderen Denkmäler der altdeutscheu Dichter , erstattete den Jahresbericht und übergab dem für das nächste Jahr erwählten Prof. Maßmann das Ordner - Amt, L,

Land will eine Marine, es will eine starke und mächtige Marine, Dieser Wille offenbart sich in unbestreitbaren Thatsachen. Nur weiß man nicht recht, welches die wesentlihen Elemente, die wahrhaften Bedingungen die- ser Macht sind, deren Bedürfniß man empfindet; man erforsht nicht genug, was vorgeht, man kümmert sich niht genug um die Verwendung der von den Kammern votirten Fonds... , Zur See wie zu Lande wollen wir ge- achtet sein, Dort, wie anderswo, wollen wir im Stande sein, unsere Jn- teressen zu {ügzen, unsere Unabhängigkeit zu behaupten und unsere Ehre zu vertheidigen, woher au die Angriffe fommen möchten, welche sie bedro-

hen könnten. Und ehe ih weiter fortfahre, wünsche ih, man möge wohl |

verstehen, daß es nicht meine Absicht is, in dieser blos den Angelegenhei-

ten der Marine gewidmeten Note von Politik zu handeln. Wenn ich von

England spreche oder von irgend einer anderen Macht, so wird es nicht aus

engherziger Gereiztheit oder auch nur aus nationaler Eifersucht geschehen,

sondern nur um zu zeigen, was wir nach den Vorgängen bei fremden Völkern für

uns selbst zu erstreben, und was zu vermeiden haben. Wenn ich vom

Kriege spreche, so geschieht es nicht, weil ih etwa mein Land die Wohl-

thaten des Friedens gegen verderbliche Wagnisse vertauschen schen möchte,

keinesweges. Jch glaube nur, daß man, wenn man einen würdigen und dauer- haften Frieden will, auf eine Macht sich stüßen muß, welche stets im Stande is, sich Achtung zu verschaffen. Jndem ich also den Fall des Krieges zur Grundlage für meine Betrachtungen annehme, suche ich nach einem Beispiel, um meine Gedanken klar zu machen, ih seße den Fall, daß Frankreich sich gegen die mächtigste unter den Seemächten, also gegen England, zu ver-

iheidigen hätte. Eine Thatsache von unermeßlicher Bedeutung, welche scit

einigen Jahren sih erfüllt, hat uns die Mittel verschack, unsere gesunkene Seemacht wieder zu heben, sie in einer neuen, für unsere Hülfsquellen und für unseren Nationalgeist wunderbar gecigneten Gestalt wieder erscheinen zu lassen. Diese Thatsache is das Entstehen und Fortschreiten

der Dampfschifffahrt, So lange die Herrschaft des Meeres demjenigen ge-

hörte, der die meisten Matrosen in See brachte, konnte unsere Marine nur

eine fünstlihe Schöpfung sein. Unsere zu Grunde gerichtete Kauffahrtei-

Schifffahrt lieferte uns nicht mehr Matrosen genug. Man würde zwar encrgisch gekämpft haben, um Beschimpfungen zu rächen, um traurige Er- innerungen auszulöschen, aber wenn auch vorübergehende Erfolge den Muth unserer Seeleute bezeugt hätten, so würde doch am Ende die größere Zahl unsere Anstrengungen erstickt haben. Die Dampf-Marine hat den Dingen ein anderes Ansehen gegeben; unsere Land-Streitlräfte lönnen jeyt die Stelle unseres verarmten See -Personales vertreten. Um die auf einem Dampfboot für den Seemann übrigbleibende Rolle auszufüllen, dazu werden wir immer Offiziere und Matrosen genug haben, Die Maschine wird Hunderte von Armen erseßen und ih brauche nicht zu sagen, daß es uns nie an Geld fehlen“ wird, um Maschinen zu bauen, eben so wenig, als es uns, wenn die Ehre des Landcs zu vertheidigen is, an Soldaten fehlen wird. Mit einer Dampfmarine läßt sich auch der kühnste Angriffskrieg zur Sce ausführen, Wir sind unserer Bewegungen sicher und können frei agiren, Wind und Wetter, Ebbe und Fluth stören uns nicht. Tag und Stunde können genau berechnet und fest

gestellt werden. Jn Kontinentalkriegen sind die unerwartetsten Diversionen möglih, Jn wenigen Stunden können französische Armeen nah Jtalien, Holland und Preußen transpo1tirt werden. Was in einem Falle mit einer von den Winden begünstigten Schnelligkeit zu Ankona geschchen, das wird jederzeit ohne diese, ja fast gegen sie, mit einer noch größeren Snelligkeit ausführbar sein. Wie ich so eben gesagt, passen diese neuen Hülfsquellen für uns ganz wunderbar, und die auf solhe Weise modifizirie Form des Krieges läßt die Wechsclfälle zwischen Frankreich und seinen etwaigen Fein- den nicht mehr in der Weise bestehen, wic vor 30 Jahren. Auch is es be- merkenswerih, wie sehr die Fortschritte des Dampfes und seine muthmaß- lihe Anwendung die Aufmerksamkeit unserer Nachbarn erregen. Der Herzog von Wellington erklärte in seiner Aussage vor der vom Unterhause nieder- geseßten Kommission über die Schiffbrüche, mit Hinsicht auf die den fran- zösischen Küsten gegenüberliegenden Küsten Englands: „,„Jm Fall eines Krieges würde, meiner Ansicht nah, in Folge des jeßigen Mangels an Schuß und Zuflucht der Handel dieses Theils der Küste und die Küste selbst s\ch in ciner sehr mißlichen Lage befinden, ‘“ Jn der Sizung des Unterhauses vom 29, Februar diescs Jahres wurde cin An- trag in Bezug anf die an der englischen Küste einzurichtenden Zusfluchtshäfen gestellt, und in diesem Antrage heißt es: „,„Es is die Pflicht der Regierung, nicht nur dem englischen Handel, sondern auch den Küsten Großbritaniens die nöthigen Sicherheitsmittel zu verschaffen.‘ ‘“ Man war ganz darüber einverstanden , daß wenn zur Zeit des Lagers von Boulogne schon Dampfschiffe íîn Gebrauch gewesen wären, Napoleon leicht mit 15 bis 20,000 Mann an der englischen Küste hätte landen können. Man fügte hinzu, daß man nicht sagen wolle, cine solche Landung hâtte viel Erfolg haben können, aber sie würde doch die Wirkung ge- habt haben, „,„das Vertrauen zu zerstören, welches uns jezt unsere insularishe Lage einflößt,““/ Man {loß damit, daß man das Parlament beshwor, die großen Veränderungen zu erwägen, welche seit einigen Jahren in der Dampfschifffahrt vorgegangen, so wie der Ge- brauch, der im Fall eines neuen Krieges davon gemacht werden könne, Ein guter Wink für Großbritanien, aber auch für alle die, welhe es belehrt, daß seine Macht in dem Vertrauen beruht, welches ihm seine insularische Lage cinflößt, Leider zichen wir keinen Nußen davon, Jch gehöre nicht zu Denen, die, von nationaler Eigenliebe verblendet, uns im Stande glauben, es zur See mit der britischen Macht, wie Gleiche gegen Gleiche aufzunehmen ; aber ich möchte auch eben so wenig sagen hören, daß wir in keinem Falle ihr Widerstand leisten könnten. Unsere Erfolge würden nicht glänzend sein, denn wir wür- den uns wohl hüten, alle unjere Hülfsquellen auf cinmal in entschcidenden Treffen aufs Spiel zu seßen, Aber wir würden einen sicheren Krieg führen fönnen, weil wir zwei gleih verwundbare Stellen angreifen würden, erstens das Vertrauen des englischen Volkes auf seine insularische Lage und zwei- tens seinen Seehandel. Wer kann zweifeln, daß wir mit einer tüchtig organisirten Dampf - Marine nicht die Mittel besäßen, die feindlichen Küsten mit Verlusten und Leiden zu bedrängen, die einer Nation, welche niemals all das dem Kriege begleitende Elend empfun- den hat, ganz unbekannt sind? Und im Gefolge dieser Leiden würde ein für sie ebenfalls neues Uebel über sie kommen, das verlorene Vertrauen, Die an seinen Küsten und in seinen Häfen aufgehäuften Neichthümer wür- den niht mehr in Sicherheit sein, Und gleichzeitig würden wir durch wohl- geleitete Kreuzfahrten, deren Plan ih später entwickeln werde, erfolgreich gegen ihren auf der ganzen Fläche der Meere verbreiteten Handel operiren, Der Kampf wäre also nicht mehr so ungleich !“

Das Journal des Débats erwähnt heute dieser wichtigen Schrift nur mit folgenden wenigen Worten: „Einige Zeitungen mel= deten heute früh, daß eine Schrift Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Joinville über den Zustand der französischen Seemacht unter einer Anzahl von Mitgliedern beider Kammern und einige politische Personen vertheilt worden sei, Wir werden ohne Zweifel Gelegen- heit haben, auf diese Broschüre zurückzukommen, die, wie man sagt, bei der bevorstehenden Erörterung der Supplementar= Kredite für die Marine ernste Fragen anregen dürfte.“ Der Con= stitutionnel äußert sich folgendermaßen über die Broschüre des Prinzen: „Wir wollen später das kühne und gründlih motivirte System prüfen, dessen Auseinanderseßung diese Note enthält. Für heute zollen wir nur den edleu und patriotischen Gesinnungen, welche diese Gedanken eingeflößt haben, unseren Beifall, Jeder Mann von Herz, der die Muße des Friedens zu nußen bemüht ist, um die Streit- kräfte seines Landes zu verstärken, wird gewöhnlich beschuldigt, daß er die Welt in Brand stecken wolle. Der Prinz von Joinville, da er von unserer Seemacht sprechen wollte, mußte natürlich die Hypothese eines Krieges, und zwar eines Krieges mit England, zum Ansgangspunkte nehmen; er wird daher dem Mißfallen und den Vorwürfen der Klugen unserer Zeit nicht entgehen, Frankreich aber, welhes den Krieg zwar uicht wünscht, jedoh auch nicht durch systematische Schwächung seiner Streitkräfte dahin gebracht sein will, ihn fürchten zu müssen, wird an dem Prin- zen von Joinville solhe den seinigen entsprehenden Gefühle ehrenz es wird Eigenschaften lieben, welhe an ähnliche des“ Herzogs von Orleans erinnern, und an die Studien, welche dieser zum gleichen Zweck über unsere Landmacht unternommen hatte.“

Drei Deputirte von der konservativen Partei, die Herren Cousture, Peltreagu-Villeneuve und Laurence, haben folgenden Vorschlag auf das

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Büreau der Deputirten-Kammer uiedergelegt: „Niemand kann in die

Wählerlisten eines Bezirks eingeschrieben werden , in welchem er nicht

seinen wirklichen Wohnsiß hat, wenn er niht wenigstens 50 Fr. direkter Steuern in demselben entrichtet,“

Die leßten Nachrichten von den militairischen Operationen des

Herzogs von Aumale reichen bis zum 3, Mai.

anzugreifen. Er weudete sih daher sogleih mit der ganzen Kavallerie

dorthin, und dieser Marsch hatte die Wirkung, daß die Stämme si |

alsbald zerstreuten, so daß er feinen Feind mebr antraf. Die meisten Stämme sollen zur Unterwerfung geneigt sein.

Der Contre-Admiral Hamelin , der zum Befeblsbaber der fran- zösishen Flotte im Stillen Meere ernanut is, befindet sich in diesem Augenblick zu Toulon.

H París, 17. Mai. Jn der Pairs-Kammer erstattete beute der Herzog von Broglie zuerst Bericht über die Beslüfs Kommission in Betreff der an sie in der leßten Sißung zurüc wiesenen Amendements, Die Kommission und der Minister des öffentlihen Unterrichts finden nihts gegen die Annahme des Amendements des Marquis von Laplace einzuwenden, wonach jeder zum Staatsdienste als befähigt erklärte Zögling der polytechnischen Schule von der Nothwendigkeit entbunden sein soll, das Diplom als Bafkkalaureus der mathematischen Wissenschaften beizubringen, Dieses Amendement wird von der Kammer auch angenommen. stimmt die Kommission dem zu Art. 18 vorgeschlagenen Zusaße bei, wonach Kandidaten im Alter von 25 Jahren gleichfalls das verlangte Zeugniß beizubringen haben. Wird gleichfalls von der Kammer angenom- men. Die Kammer schreitet zur Diskussion des Art. 20, zu welchem die Kommission nach dem ersten Paragraphen den Zusaß vorschlägt, daß die Verfügungen gegenwärtigen Artikels erst 3 Jahre nah Verkündung des gegenwärtigen Geseßes verbindliche Kraft erhalten sollen, Baron s A d hat ein Amendement auf Weglassung des zweiten Paragraphen a lagen, welcher lautet : „Jn dem Bereiche jeder Akademie können die Mitglieder des akademischen Rathes den besagten Prüfungen beiwohnen und daran theilnehmen, wenn sie es für angemessen erachten. Sie haben keine deliberative Stimme.“ Der Herzog von B roglie be- hauptet, die Dazwischenkunst des akademischen Rathes bei den Prü- fungen sei von unbestreitbarem Nutzen. Deshalb weise die Kommis sion das Amendement zurück, Der Marquis von Laplace spricht im entgegengeseßten Sinne, Graf Portalis: man dürfe sich nicht verhehlen, daß die Frage von der höchsten Wichtigkeit sei; das Bak- Falaurcat sei gewissermaßen der Mannsrock, und man könne daher nicht vorsichtig genug sein, um die Prüfungen ernstlich zu machen, Deshalb habe die Kommission die Versügung mit zugefügt deren Unterdrückung man jeßt verlange. Er erklärt sich gegen das Amen- dement des Barons Thenard. Die Herren Bourdeau, Passy Ro \\i ergreifen nach einander das Wort. (Die Sihung dauert fort.)

Jn der Deputirten-Kammer legte Herr Proa zuerst den Bericht über das Kreditverlangen von 200,000 Fr. für die Feier der Julifeste vor. Dann erstattete bei fortgeseßter Diskussion des Ge= fängnißgeseßes Baron Tocqueville Bericht im Namen der Kom- mission über das an sie zurückverwiesene Amendement des Herrn Lestiboudois; sie will dasselbe mit einer neuen Fassung annehmen, wonach die Verurtheilten, die wegen ihres Gesundheitszustandes nicht im Stande wären, das Zellen-Regime bei Tag und Nacht auszuhal= ten, zum Verkehr unter sih, wenn es nöthig, durch Verfügung des Präfekten auf Gutachten des Arztes und auf Verlangen des Direk= tors ermächtigt werden sollen, Herr von Peyramont bekämpst das Amendement, Herr Gustave de Beaumont unterstüßt es, Herr Odilon Barrot macht einige Bemerkungen dazu, Herr Lestiboudois zieht es endlih zurück, Herr von Tocqueville erstattet jeßt Bericht über den Beschluß der Kommission in Betreff der Bestimmung, wonah die Deportation nah fünfjährigem Zellen=- gefängniß auf die zu Correctionsstrafe Verurtheilten nicht Anwendung soll finden können, während sie den zu Zwangsarbeit Verurtheilten nach derselben Zeit zu gute käme. Die Kommission glaubt, die De- portation dürfe in feinem Falle auf Corrections-Sträflinge Anwendung sinden, Die Zahl der zu mehr als 5 Jahren Verurtheilten dieser Klasse sei sehr gering. Steige sie auh, \o sei der Unterschied in ihrer Strafe von jener der zu Zwangsarbeit Verurtheilten noch immer groß. Lebtere erwarte nach 5 Jahren Zellen - Gefängniß die Ver= bannung und die Ehrlosigkeit, vielleicht der Tod. Es bestehe also feine Anomalie oder Jukonsequenz, höchstens da und dort zufällig und ausnahmsweise. Die Diskussion wird durch Vorlegung eines Geseß-Entwurfs des Marine-M inisters, betreffend einen Kredit von 8,085,000 Fr, für außerordentlihe Marine-Rüstungen 2c., unter= brohen. Herr von Peyramont beantragt dann ein Amendement, welches aber nach lebhafter Debatte verworfen wird. Die Kammer nimmt die neue Redaction der Kommission an, worin ausgesprochen wird, daß die Bestimmungen dcs Art, 35 auf die Corrections-Sträf= linge keine Anwendung finden, (Die Sibung dauert fort.)

x Paris, 17, Mai, Aus London kommt uns heute die be- stimmte Nachricht zu, daß der Marquis von Viluma, der eben erst sein Beglaubigungs - Schreiben als spauischer Botschafter Jhrer Ma- jestät der Königin Victoria überreicht hatte, den ihm gewordenen Ruf zur Uebernahme des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten angenommen hat und sich unverzüglich zur Rückreise nah Madrid anschickte. Man sieht hier seiner unverzüglichen Ankunft entgegen.

Zahlreiche Berichte über das Gefecht, welches der Herzog von Aumale am 24. April gegen die Kabylen in der Provinz Konstantine bestanden, stimmen darin überein, daß der Prinz in der augenschein= lichsten Gefahr sich befand, getödtet, oder, was gewissermaßen noch weit s{chlimmer gewesen wäre, gar gefangen zu werden. Blos der eigenen Tapferkeit und den ihn unmittelbar umgebenden Offizieren hatte er seine glücklihe Rettung zu danken, Sein Pferd erhielt zwei oder, nach Anderen, gar drei Kugeln. Der Moniteur algerien giebt die Zahl der auf dem Plaß Gebliebenen offenbar zu gering auf nur 21 Mann an, worunter der Kommandant Gallias; andere Berichte \prehen von 13 Offizieren und über 100 Soldaten, die theils getödtet, theils verwundet wurden; zwei Geschüße wären von den Arabern einen Augenblick erobert, aber {hunell ihnen wieder abgenommen worden, alle Offiziere des 1sten, 2ten und 3ten Jäger= Bataillons sollen ihr Gepäck und mehrere unter ihnen au ihre Pferde verloren haben, Desgleichen sollen den Arabern alle der Kolonne folgenden Mund-Vorräthe in die Hände gefallen sein, weshalb sogleich auf die Kunde davon 3800 Rationen Lebensmittel aller Art unter Bedeckung von 100 Mann Jufanterie und einem Peloton Jäger zu Pferde der Kolonne nachgeshickt wurden. Der ganze Unfall wird

| übereinstimmend einem panischen Schrecken beigemessen, welcher den

Goum (das Kontingent) der verbündeten Araber, die in der Flanke der Kolonne marschirten, bei einem dichten Nebel plößlih ergriff, und

| von denen dann die Unordnung auch der Kolonne selbst sich mittheilte.

Aus dem eLARe von Geschüß uud Gepäck schon geht hervor, daß der französische Verlust sehr bedeutend gewesen sein muß, denn es ist nicht anzunehmen, daß solche von den Soldaten ohne Vertheidigung im Stiche gelassen wurden, Dieser Vorfall hat besonders das Schlimme, daß er den Kabylen das Selbstvertrauen wiedergeben und

1 i. Der Prinz hatte in | der Nacht vom 1sten zum 2ten erfahren, daß sich in den Gebirgen | zahlreiche Massen von Arabern sammelten, um das französische Lager |

T\ pA leid | Desgleichen | | ob die Bekanntmachung jener Ansichten und Behauptungen der amt=-

fast gewiß neue Schilderhebungen derselben hervorrufen wird. Allem Anschein nah wird sona ein neuer vermehrter Kraftaufwand für Frankreih nothwendig werden. Aber insbesondere wird von vielen Seiten wieder “aus diesem Anlasse das niht ungegründete Bedenken laut über die Zweck-mäßigkeit, bei so kleinen und doch mit so großen Gefahren verbundenen Expeditionen die Söhne des Königs an die Spitze zu stellen.

A Paris, 17. Mai. Das Ministerium is, leicht begreiflicher Weise, höchst ungehalten über die kleine Schrift des Prinzen von Joinville, und es heißt, dieser solle ernstlich zur Verantwortung dafür 2230gen werden. Von selbst versteht sich, daß der Prinz bei der

Tentlibung jener Schrift durchaus eigenmächtig verfahren ist, 5 im die Autorisation zu diesem Schritte, wenn er dieselbe

len wollen, ganz gewiß versagt worden wäre. Seine

Zustand der französishen Flotte“, is in der That cm2 its Anderes, als eine {were Anklage ge- maten tet franzéfishen Seewesens, eine Anklage, die

MRrne- Cff Bedenken tragen sollte, öffentlih zu er=

das e feter deé Sohnes des Königs zu einer doppelt 2. Wemand fann leugnen, daß die Broschüre on Jrirzile amt geschrieben i, daß sie von Kennt=

n und von Urtheil zezæt, daß sie Winke enthält, welche die größte Beachtuna verdienen, daß sie mit einem Worte als schrift=- stellerishe Leistung ibrem Verfasser alle Ehre maht. Ob aber die Berufung des Verfassers an das große Publikum an der Zeit war,

lichen und der persönlichen Stellung des Prinzen Joinville niht füg- liher Weise hätte aufgeopfert werden sollen, das ist freilih eine ganz andere Frage, deren Beantwortung nicht leicht zu Gunstén des neuen Marine-Schriftstellers ausfallen dürfte.

& Paris, 17. Mai. Die ministeriellen Journale, mit Auê= nahme der Presse, sagen kein Wort über die „Note sur l’état des forces navales de la France.“ Diese Broschüre hat höhern Orts und in den ministeriellen Kreisen große Unzu- friedenheit erregt. Obgleich sie einen ganz speziellen Charakter hat, so war es doch unmöglich, ihr alle politishe Farbe zu nehmen und selbst die Hypothesen, deren sich der Prinz von Joinville zu bedienen genöthigt war, enthüllen den Grundgedanken des jungen Vice-Admi= rals. Man sagt jeßt, daß es am einfahsten und zugleich am passend= sten gewesen wäre, die „Note“ dem Könige oder dem Conseils-Prä= sidenten zu übersenden ; es würde ihr dann die verdiente Aufmerk- samkeit zu Theil geworden sein, ohne die Nachtheile einer öffentlichen Bekanntmachung zu haben, wodurch die Polemik der Journale ge=- nährt, und die Opposition in den Stand gescßt wird, das Mi= nisterium wegen der von dem Prinzen angedeuteten Punkte anzugrei- fen, Diese Bemerkung is vollkommen rihtig und man begreist noch niht recht, wie der Prinz seine „Note“ ohne Wissen des Königs und des Marine-Ministers publiziren konnte.

Was den Jnhalt der Broschüre betrifft, so stimmen zwar viele ausgezeihnete Offiziere den Ansichten des Prinzen bei, allein sein Plan, die Segelschiffe durch Dampfschiffe zu erseßen, findet ernstlichen Widerspruch. Man behauptet, er habe sih bei Darlegung der That=- sachen etwas zu sehr durch seine Lieblings-=Jdee hinreißen lassen; daß er den Werth der englischen Dampf =Marine zu hoch, und den der unsrigen zu gering angeschlagen habe. Jedenfalls sind die von ihm angestellten Vergleichungen zwischen der französischen Marine und den Marinen zweiten Ranges nicht völlig richtig, und es is offenbar, daß das Budget der französischen Marine, welches 100 Millionen Fr. jährlich beträgt, niht unnüß ausgegeben wird.

Die Broschüre des Prinzen von Joinville wird vielleiht die Ent= scheidung über die transatlantishe Dampfschifffahrt beschleunigen. Be-= kanntlih is die Ausführung dieses Dienstes neuerdings abermals uuter verschiedenen Vorwänden aufgeschoben worden. Es if allerdings wahr, daß die Transportschiffe nicht durhaus die Eigenschaften der für den Krieg gebauteu Dampfböte habenz diese leßteren müssen, wie der Prinz sehr richtig bemerkt, große Schnelligkeit, eine mächtige Artillerie und großen Raum für den Truppen-Transport haben, Wie dem auch sei, die Frage in Betreff der transatlantishen Böte gewinnt nunmehr ein ganz neues Ansehen. Man wird sich gewiß bei der nächsten Erörterung der Supplementar= Kredite ernstlich mit dieser Frage be= shäftigen und die Untersuhung wird sih wahrscheinlih auch noch auf andere für die Organisation unserer Marine wichtige Punkte erstrecken.

Grossbritanien und Irland.

London, 16. Mai. Das Parlament hielt gestern keine Sitzung. Jm Unterhause war die beschlußfähige Anzahl der Mit= glieder nicht versammelt, was die Vertagung des Hauses, nachdem einige Petitionen eingebraht waren, nöthig machte. Dem Verneh= men nah wird heute der Schabkanzler seinen Antrag wegen Ermäßi= gung der Zuckerzölle zum 3. Juni ankündigen und Sir Robert Peel die Pfingstferien vom 23sten bis zum 31sten d, M. bestimmen,

Gestern gab, wie alljährlih, der Lord-Mayor den Ministern und einer Anzahl von Parlaments - Mitgliedern in der ägyptischen Halle des Mansionhouse ein großes Festmahl, welhem von den Mitgliedern des Kabinets Sir R. Peel, die Lords Lyndhurst, Wharncliffe, Buccleugh, Herr Goulbourn, Sir Henry Hardinge und Herr Glad= stone beiwohnten, Obwohl das Fest ohne alle politishe Bedeutung war, so nahm doch Sir R. Peel nah den üblichen Toasten auf das Königliche Haus und Jhrer Majestät Minister Veranlassung, über seine Amtsführung s\ch näher auszusprechen. „Jh danke Jhnen, meine Herren“, spra er, „für mein Theil wie im Namen meiner Kollegen und namentlih des abwesenden Herzogs von Wellington für die Ehre, welche Sie dem Ministerium anthun. Es is immer der Wunsch der Regierung gewesen, mit den Munizipal - Behörden dieses Landes in herzlichem Einverständniß zu stehen, und ih bin stolz darauf, erklären zu können, daß dies Verhältniß \sich noch niemals herzlicher gestaltet hat, als eben unter dem jeßigen Lord - Mayor, Alderman Humpherey. Wir sind stolz darauf , als Minister der Krone, daß wir das Vertrauen und die gute Meinung der Bürger dieser großen Stadt uns erworben haben. Die Minister der Krone haben den Einfluß, welchen sie besien, zur Aufrechthaltung des all gemeinen Friedens und zur Beseitigung aller Ursachen der Eifersucht und der Animosität der anderen Mächte zu verwenden gesuht, Sie haben sich bemüht, dies zu bewirken, ohne die Ehre und die Jnteressen des Landes zu gefährden. Wäre der Friede gestört worden, so weiß ih gewiß, daß der Glanz der britischen Waffen ungetrübt geblieben wäre. Jm Junern haben wir versucht, die Autorität der Geseße auf= rehtzuerhalten ohne eine ungebührliche Ausübung der Gewalt, = s{hweige denn ein Gesuch, um eine neue verfassungswidrige Verstär fung dieser Gewalt. Wir haben uns bemüht, die Staats-Einnahme mit der Staats-Ausgabe ins Gleichgewicht zu bringen und das Uebel der Schuldenhäufung in Friedenszeiten zu vermeiden. Wir haben uns bestrebt, den Kredit des Staates zu erhalten und anderen Nationen die Wahrheit dieses PeeRS zu beweisen, daß Ehrlichkeit die beste Politik ist; denn wir sind der Meinung, daß dasjenige Land, welches seinen öffentlichen Kredit am gewissenhaftesten behau tet, auch denfo j

iche nlequentestt und rihtigsten hg V der Staats - Oekonomie gemäß handelt. Bei diesem Allem haben wir uns der Unterstüßung unserer gnädis