1844 / 148 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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des Königs. Sodaun weselten Gesang und Musik, und das Fest bot so viel Genuß und Einmüthigkeit, daß man es hoh anerkennen muß, wenn namentli ein Offizier-Corps, dessen Mitglieder in ihren bürgerlichen Verhältiissen oft feru von einander stehen, hier, von dem Allen abstrahirend, ihrem esprit de corps eine so {öne Bedeutung gaben, daß eite wahre harmonische Geselligkeit entwickelt und dur alle Grade der Anwesenden verbreitet ward; für jeden Landwehrmann unfehlbar eine freundliche Erinnerung.

Nuslanud.

Deutsche Bundesstaaten.

Bayern. München, 23. Mai. J. K. H. die Frau Erb-= großherzogin von Hessen wird wohl den größten Theil des Sommers in Berchtesgaden zubringen, Dem Vernehmen nah gestatten es die neuesten Mittheilungen aus Lissabon J. M. der Kaiserin vou Bra- silien, Herzogin von Braganza, ihren biesigen Aufenthalt noch einige Zeit zu verlängern. i

Das hier mit \o reger Theilnahme begrüßte Unternehmen der Herstellung eines kleinen Dampfbootes für Luffahrten auf dem nahen Starnberger See unterbleibt vorläufig; auch von der Eröffnung von N einen auf dem bayerischen Meere (Chiemsee) verlautet nichts mehr.

_Am 20sten d. wurden die lebensgroßen Statuen der vier Evan=- gelisten, von Schwanthalers Meisterhand aus Stein gehauen, in die prachtvolle Pfarrkirche der Vorstadt Au gebracht, um über den bei= den Neben - Eingängen, wozu die Blenden gleih bei Erbauung der Kirche an der Außenscite angebraht wurden, aufgestellt zu werden. Das Hauptportal wird eine ebeufalls aus der Werkstätte des Herrn Professor v. Schwauthaler hervorgchende Madonna (Maria - Hilf) zieren,

Hannover, Hannover, 24. Mai. (H, Z.) In der Sizung der ersten Kammer unserer Stände vom 13ten d. wurde auf den Vortrag des Gene- ral-Syndikus in Betreff des Kabinetsschreibens über die Augmentation der Armee dér Konferenz-Vorschlag angenommen: unter Weglassung der von zweiter Kaminer beschlossenen Veränderung der Wörte „erfolgenden Zuschuß““ in „bis jet erfolgten Zuschuß“, so wie des Zusaßes am Schlusse, hinzu- zufügen, „daß Stände sich vorbehalten, auf diesen Punkt jederzeit, insbeson- dere aber in Fällen des §. 141 des Landes - Verfassungs - Gesehes und bei anderweitiger Regulirung der Verhältnisse der Königl, General - und der General-Steuer-Kasse zurückzukommen,“

In der Sizung zweiten Kammer vom 13ten wurde derselbe Konferenz- Vorschlag vorgetragen und nah längerer Diskussion mit 38 gegen 31 Stimmen abgelehnt,

Die erste Kammer bericth am 14ten d, den Antrag der Militair- Kommission, die Ausrüstungskosten betreffend. Der Antrag, „daß an den Ausrüstungskosten für Montirung der dritte Theil mit 14,000 Rthlr, der Landesfasse zu Gute gerechnet werden solle“, wurde angenommen, desglei- chen die Vergütigungs-Summc für die Landeskasse mit 40,000 Rthlr. auf dic Ankaufsgelder der Augmentations - Pferde. Der dritte Antrag lautet, „Stände hätten sich nicht überzeugen können, vaß die Nachweisung über die für Material - Vorräthe verausgabten 44,997 Rihir. genügend sci, um die beantragte Bewilligung auszusprechen, da Königliches Kabinet anerkannt, daß es sich auf in Frie- denszeiten zu haltendes Armee - Material beziehe, für welches in den Mili-

tair - Regulativen von 1827 eine Ausgabe - Position enthalten sei; es müsse ihnen daher die Unzulänglichkeit der vor der Ausrüstung vorhanden gewe- senen Vorräthe nachgewiesen werden, weshalb sie darauf antragen, cine Nachweisung über die dafür gemachten Verwendungen und eine Darstellung der bei der Feststellung des Bedürfnisses befolgten Grundsäße mitzutheilen.“ Nach längerer Debatte wurde der Kommissions - Antrag genehmigt, so wie der vierte Antrag, „die Nachbewilligung der Kavallerle - Augmentations- Kosten für Juni 1842 abzulehnen““, so wie der fünfte, darauf anzutragen, „daß Stände in jeder ordentlichen Diät eine Vorlage über den Bestand, Abgang und Zugang bei den Gegenständen, welche nah dem Kabinets- Schreiben vom 9, Juni 1842 einen Kríegsshaß bilden sollen, gemacht werde“, mit dem vorgeschlagenen Zusaße „und auch noch ín der jeßigen“.

Baden. Karlsruhe, 24, Mai. Jn der 72. Sibung der Kammer der Abgeordneten wurde, bei Fortseßung der Berathung über das Budget des Ministeriums des Junern, bei Titel XI1X. „Verschiedene Ausgaben“ angefragt, ob darunter auch Subventionen für Zeitungen begriffen seien und Belohnung für einen Censor. Die Regierungsfkommission bezog sih auf die künftigen Nachweisungen mit der Erklärung, die Regierung müsse dasjenige, was sie für Staats= zwecke verwende, auch rechtfertigen z sie stellte derartige Verwendungen nit in Abrede. Eine lebhafte Erörterung erhob sich über die Frage, ob die Regierung befugt sei, Staatsgelder für Veröffentlihung von Verhandlungen in ihrem Sinne, namentlich in der Karlsruher Zeitung, zu verwendenz es wurde der Antrag gestellt, unter der Rubrik „, Verschiedene Ausgaben die Summe der wahrscheinlichen Verwendung guf den bestrittenen Zweck mit 2707 Fl, zu streichen, und dieser Antrag angenommen, j 4

Jn der 66sten Sißung der zweiten Kammer äußerte (laut den ter Karlsruher Ztg. beigegebenen Kammer - Verhandlungen) der Ministerial-Präsident Freiherr von Rüdt: „Die Uebertragung des Censor- Amts an Gelehrte kann wohl nicht zu einer Besorgniß oder

87S zu einer Beschwerde Veraulassung geben. Ohnedies werden wir bald so weit sein, um Censoren zu erhalten, zwangsweise vorschreiten zu müssen, damit dieser oder jener Beamte dieses Amt übernehmen muß, weil es ein höchst ärgerlihes und lästiges Amt is wegen der Masse persönlicher Verletzungen, deren der Censor überall ausgeseßt ist, während er seine Pflicht erfüllt und nah seiner Ueberzeugung geht.“

Großh. Hessen. Darnmstadt, 25. Mai. Dem Geheimen Staatsrath und Präsidenten des Ober-Konsistoriums, Freiherrn von Lehmann, ist das Präsidium des Staats - Raths übertragen worden. Die Statuten einer hier zu errihtenden allgemeinen Renten-An- stalt haben unterm 22sten d. die landesherrliche Bestätigung erhalten. Die heutige „Hessische Zeitung“ enthält ein offenes Send= schreiben des Rabbiners Dr. Levi zu Gießen an die Familie des Frei- herrn von Rothschild, worin er, mit Bezug auf die von Lebteren vorgenommene Zurückziehung der für den Bau einer neuen Synagoge zu Frankfurt ausgestellten Schenkungs - Urkunde im Betrag von 250,000 Fl., ihnen die Bitte stellt, sie möchten anderen geringeren Gemeinden das zuwenden, was sie dem reihen Frankfurt zugedacht hätten und was dieses nit bedürfe, und für Eine Synagoge in ihrer Vaterstadt deren 100 in ihrer Umgebung bauen, wozu jene Summe vollkommen hinreihe. Seit dem 20sten d. giebt es zu Heppenheim an der Bergstraße schon blühende Traubenstöcke. /

Freie Städte. Hamburg, 24. Mai. Seit einiger Zeit bildet die Beitreibung der den Brandbeschädigten geleisteten Vorschüsse durch Zwangsmaßregelu das Tagesgespräch. Man wundert si{, daß unter den vorwaltenden Umständen ein folher Beschluß gefaßt werden konnte, nachdem es anerkannt ift, daß die fremden Beiträge überhaupt nicht als Darlehen, sondern als Geschenke gereiht wurden, um alle dieje= nigen ohne Unterschied zu unterstüßen, die in Folge der ereignißvollen Tage vom 5.— 8. Mai 1842 in ihren Verhältnissen erschüttert oder zurückgekommen sind. Eine bloße Berücfsihtigung der eigentlichen Armen konnte niht im Sinne der Geber liegen.

Bremen, 24. Mai. Die hier erscheinende Weser=Zeitung bringt heute folgende, ihr aus Berlin unterm 22sten d. zugesandte Berichtigung: Die „Weser =- Zeitung enthält in ihrer Nr. 113 unter der Bezeichnung „Köln, 7, Mai“ einen Artikel, dessen schnelle Berichtigung cine Pflicht zu sein scheint, Es soll sich nämlich das GBerücht verbreitet haben, daß in Berlin ein rheinländisher Freiwil= liger (doch wohl wegen eines verübten Vergehens) todtgeschossen sei, Dies wäre nun allerdings möglich, da es in der bürgerlihen Gesell= haft von Zeit zu Zeit Verbrecher giebt , die durch das Geseß zum Tode verurtheilt werden; aber jeder besonnene Mann muß sich dann auch zugleich sagen, daß in dem angeführten Falle, ein großes Ver= brechen verübt, daß dieses geritlich untersucht, dann durch ein ver- eidetes Kriegsgeriht beurtheilt, bierauf vom General-Auditoriat ge= prüft sein mußte, und dann erst Sr. Majestät zur Bestätigung habe vorgelegt werden können. Zufällig aber is seit dem Jahre 1815 fein Soldat des preußischen Heeres und also auch kein rheinländischer Freiwilliger todt geschossen, Der gute Geist, der unsere Krieger be= lebt, hat es möglih gemacht, mit milderen Strafen im Frieden eine genügende Disziplin in unserer bewaffneten Macht zu erhalten.“

Dex bremische Haupt - Verein für die Gustav-Adolph-Stif= tung hat jeßt seine Statuten bekannt gemaht und zum Beitritt guf= gefordert.

Frankfurt a. M., 24. Mai. Ju der Ober-Post=Amts = Zeitung findet slch cin wiederholter Angriff des Großherzoglich hes= sischen Medizinal-Direktors Dr. Graff und des Großher zzg" h hessi= schen Medizinal-Raths Stegmayer auf den Hofgerichts: &pro Georgi zu Gießen. Um ihre Behauptung, derselbe sci am Säufer=Wahnsinn leidend, zu befräftigen, drohen sie nunmehr sogar, „dem Herrn Georgi eine große Anzahl der ihnen bis jeßt bekannten glaubwürdigen Per= senen namhaft zu machen, welchen er im Zustande der Trunkenhcit von seinen Studienjahren her bis zu der tragi-komishen Katastrophe vom 30, Januar 1837 sih präsentirt habe“/, und ersuchen einen Jeden, „welcher bei einer oder der auderen Präsentation zugegen war, ihnen miündlih oder schriftlich davon Mittheilung zu machen,“

Franx e ih

Paris, 23, Mai. Jn der Pairs-Kammer dauern die Debat= ten über die geistlihen Seminarien, in der Deputirten-Kammer die über die Eisenbahn von Nimes nach Montpellier noch fort. Unter den Reden, welhe über den ersteren Gegenstand gehalten worden, hat die des Herrn Guizot die meiste Aufmerksamkeit erregt, Der Minister ließ \ich im Wesentlichen folgendermaßen vernehmen :

„Das vorliegende Geseh entfernt die drei Hindernisse, die sich bis jetzt der Freiheit des Ünterrichts entgegengestellt haben, nämlich die Nothwendig- feit der vorherigen Autorisation, die Verpflichtung der Vorsteher der Jnsti- tute, ihre Zöglinge in die Colléges zu schicken, und die Befugniß der Uni- versität, die ertheilte Autorisation wieder zurückzunchmen, Troßdem aber, daß das Geseh diese Hindernisse entfernt, wird es tyrannisch genannt, Allein dem ist niht so, „Das Gejcß stellt vielmehr die Freiheit des Unterrichts wieder her, indem es die Hindernisse, die ihr im Wege stehen, entfernt. Der Graf von Montalembert fühlt dies wohl, obgleich es ihm nicht beliebt,

es cinzugestehen, Er ist aber der Repräsentaut eines Geistes intellektueller und moralischer Anarchie. (Herr von Montalembert ruft Nein, während ein Theil der Kammer: Ja, ja! es is wahr! dazwischen ruft.) Gewiß, er und einige seiner Freunde sind ein beklagenswerthes Beispiel einer Anarchie, welche sich in die Herzen der Menschen schleiht, die jedoch zum Glück oft- mals zurückgewiesen wird, Dieser Geist der Anarchie is aber, fürchte ich, selbst unter die Priester gedrungen, und zwar in dem Grade, daß sie die Garantieen, welche Anderen gut dünken , als tyrannish und ungerecht zu- rüc{weisen, Dazu treibt nicht der Geist der Freiheit, sondern cin aller Frei- heit, aller geseßlichen und constitutionellen Autorität entgegengeseßter Geist. Zch muß die Veränderung, die seit einigen Jahren mit dem Klerus vor- gegangen i, aufrichtig beklagen, Früher bestand derselbe großen- theils, wenn nicht ausschließlich, aus Mitgliedern der höheren und besser erzogenen Klassen der Gesellshast, Darum war er bei allcn Vorgängen betheiligt und bildete eine einflußreiche und wohlunterrichtete Corporation; jezt refrutirt er sih ausshließlich aus den unteren Klassen, seine Erziehung is untergeordnet, er lebt für sch und glaubt weder die Garantieen, die Alle genießen, noch das gemeinsame Recht des Landes nöthig zu haben. Meiner Ueberzeugung nah muß der Klerus seinen ihm zukommenden Theil an der Gesellschaft haben und scinen gesezmäßigen Ein- fluß ungeshmälert erhalten. Durch die Jsolirung dieser Corporation kann der Staat nichts gewinnen, Jndeß giebt es vorübergchende Nothwendig- keiten, denen man sich unterziehen mt, Eine solche ist die Jsolirung der tleinen Seminarien. Ohne diese würde die Gesellschaft dem Klerus feine

genügende Zahl hinlänglih vorberciteter Jndividuen stellen, Haben auch die mittleren Klassen durch den Unterricht der Universität an

Moralität gewonnen, so sind sie durch denselben doch nicht zugleich zum Priesterstande vorbereitet worden, Die Universität is keine Kirchenschule, und ih finde es natürlich, daß dic Kirche in Betreff der Vorbereitung ihrer Diener sich nicht auf die Universität verlassen will, Deshalb halte ih es auch für gut, daß die Kirche, für den Augenblick wenigstens, besondere An=- stalten habe. Jundcß verkenne ich auch nicht, daß die Befugnisse der kleinen Seminarien nicht zu weit ausgedebnt werden dürfen. Dieselben müssen genau auf ihre eigentliche Bestimmung beschränkt und nicht zum Unterricht derjeni- gen Zöglinge, welche später der Gesellschast angehören sollen, zugelassen wer- den. Aus diesem Grunde stimmt die Negierung dem Antrage der Kommission, daß der gegenwärtige Zustand der Dinge noch drei Jahre lang unverändert bleiben soll, beï, indem sie hofft, daß der Klerus nah Verlauf dieser Zeit aus sich selbst unter die Herrschaft des gemeinsamen Nechts zurücktreten werde. Schließlich muß ih die Lage der Regierung erklären. Die Regie- rung liebt die Religion, die Kirche, den Klerus, Sie liebt, aber fürchtet sie nicht, d. h, sie fürchtet die Entwickelung ihrer natürlichen und geseßmäßigen Gewalt, ihre moralische Autorität über die Geister und Herzen nicht, sondern wünscht dieselbe vielmchr. Andcrerseits will sie aber nicht, daß- der Klerus in der Gesellschaft eine Macht habe, und jeder Wunsch, eine solche herzu- stellen, würde mit Ernst unterdrückt werden. Dazu hat die Regierung niehr als genügende, geseßliche und moralische Mittel, und man hat an den Vor- gängen in und außerhalb der Kammer sehen können, daß ihr weder die Uebereinstimmung, noch die Unterstüßung des Publikums fehlt, Jch wie- derhole, die Negierung liebt den Klerus, ohne ihn zu fürchten, Jn diesem Geiste muß man stets mit dem Klerus unterhandeln. Das Gesey im All- gemeinen und besonders die vorliegenden Theile. desselben sind in diesem Sinne abgefaßt und werden aus diesem Grunde von der Regierung un- terstüßt.“

So wie Herr Guizot in dieser Rede den die geistlihen Semi= narien betreffenden Artikel gegen die Forderungen der bischöflichen Partei zu vertheidigen hatte, die besonders vom Grafen Montalem-= bert vertreten wird, und der die jenen Anstalten bewilligten Gerecht= same nicht genügen, da sie unbeschränkte Unterrichtsfreiheit verlangt, fanden die Minister des Kultus und des öffentlichen Unterrichts gestern sich im Gegentheil zu einer Rechtfertigung der dem Klerus und sei= nen Schulen gemachten Konzessionen “veranlaßt, die von Herrn Cousin, wie schon erwähnt, aufs heftigste angegriffen und als der Beginn einer Contre- Revolution bezeichnet wurden, die den Jesuiten in die Hände arbeite. Herr Villemain sowohl wie Herrn Martin du Nord protestirten energish gegen diese Vorwürfe und erklärten, daß der Geist- lichkeit nux bewilligt set, was sie mit Recht in Anspruch nehmen könne.

Die Regierung hat folgende telegraphische Depeschen erhalten :

Tanger, 9. Mai. Man hat Grund, die Ankunft der Kabylen des Jnuern zu befürchten. Das Konsular-Corps schreibt dem Pascha, um im Voraus gegen diese Verlegung der allgemeinen Befehle des Kaisers zu protestiren, Der britishe Agent hat ein Gesuch an die zu Malta stationirenden See = Streitkräfte gerihtet. Jch (der fran- E Konsul) habe den „Cygne“ aufgefordert, hierher zurückzu ehren.

Man erwartet eine verneinende Antwort auf das spanische Ulti- matumz in diesem Falle wird der spanische General - Konsul seine Flagge einzichen und sih einschiffen, wenn er es nämlich kann,

Tanger, 12. Mai. Tanger is vollkommen ruhig. Es sind s getroffen, um die Stämme des Junnern von hier entfernt zu halten.

M Paris, 23. Mai. Heute wurde ín der Pairs-Kammer die Diskussion über den Art, 17 (30 der Kommission) des Unterrichts= geseßes fortgeseßt:

Graf Portalis verlas eine Rede, in welcher er alle gegen den Geschz- Entwurf gerichteten Angriffe zurückzuweisen sucht. Er behauptet, die Ne- frutirung der Geistlichkeit leide durchaus nicht durch die Verfügungen des neuen Geseges und giebt den Gegnern desselben den Vorwurf erkünstelter Sprache zurü, den sie dem Geseßz-Entwurf gemacht hatten. Auf eine andere Art von Einwürsen eingehend, übernimmt der Redner die Vertheidigung der fleinen Seminare. Es müsse Spezialschulen für den Klerus geben,

Winterlandschaft von André Schelfhout is zwar mit viclem Fleiß ge-

malt, schr transparent im Eise und durch die Mühe merkwürdig, welche sich der Maler gegeben hat, um jedes Ríychen, jede Spur eines Schlitt- \huhs oder ciner Eisborste darzustellen, aber in der Malerci ungemein trocken und in der Staffage etwas hölzern. Außerdem sind noch Land- \chasten von J. Coignet, Const. Troyon und vielen anderen aufge- stellt, von denen einzelne mehr oder minder erheblich, schr viele mittelmäßig und unbedeutend sind, / Ae Man wird uns nicht zumuthen, den Leser mit einer ausführlichen Analyse zu quälenz doch wird man uns zu gute halten, wenn wir ihn noch mit ciner cige- nen Abart dieser naturalistischen Landschasts-Malerei bekannt machen, die nichts weniger bezweckt, als die Natur in ihren geringsten Einzelhéiten haarflein und aufs állergenaueste nachzuahmen. Den Anstoß zu dieser mifrosfopischen Rich- timg gab der vor einigen Jahren gestorbene Landschafts-Maler Delaberge, den übermäßige Studien in seinem sech8unddreißigsten Jahre getödtet ha- ben, Seine Bilder sind wunderbare Phänomene von Geduld, Fleiß und Ausführung. Die alten Holländer haben nichts aufzuweisen, was an diese míniatürartíg sorgsame und bis ins allerkleinste Detail eingehende Behand- lungêtcise Ainanarihk Der S Slingelandt, Wynants, Jan van der Heyden und Berkheyden sind Vanloo's und Boucher's, das Nón plus ulira von Nachlässigkeit und Flüchtigkeit dagegen. Aus einem Bilde von Delaberge, „der Landarzt“ betitelt und gegenwärtig zu der shö- nen Sammlung moderner Bilder gehörig, welche der verstorbene Herzog von Orleans angelegt, erinnere ih mich besonders eines Daches, wo jeder Ziegelstein einzeln studirt, genau porträtixt und individualisirt warz auch Vícht zwei gleiche hätte man darunter gefündenz der eine war roth, der ankêre ins Röthliche fallend, der dritte, älter oder härter ge- brannt, vôn braunem Ton, einige voller Regenflecken, andere miít solchen Mooslappen überzogen, wie sie Zeit und Nässe auf alten Dächern an « Das Gemäuer tar eben so merlwürdíg, jeder Stein cin Porttaity, die kleinsten Rissc, Riven und Spalten, die Poren, das Korn,

die Sprünge, Alles mit unglaublicher Gewissenhastigkeit und Treue nah- ebildet. In der Vegetation Ti te sih derselbe unermüdliche Fleiß der Aus- hrung z eine Weinrebe umranfte die Thür des Hauses, ín dessen Hinter- rühde man în einem warmen Helldunkel den Kranken erblickte, dem der ziliche Besuch galt, Jedes Blatt ein Wunderz die kleinsten Auszackun-

gen, die feinsten Adern konnte man darau unterscheiden, und am Rebholz

waren alle Borsten und Schälungen der Rinde, wie am Rebenlaub alle Nüancen und Schattirungen des herbstlichen Einflusses ausgedrückt, Von gleich mifroskopisher Vollendung“ war der Baumschlagz jedes Blatt hatte sein besonderes Licht, seine eigene Halbtinte, seinen apart ausgetragenen Schatten, seine speziellen Vegetations-Details, die nicht mehr zur Malerci, sondern zur Botanik gehören, Und dazu der eben so genau ausgepinselte Doktorêgaul, eine einzige Mähre mit eingesunkenem Nückgrat, abgetretenen Hufen, zottigen, haarigen Beinen, zerzauscter Mähne und jämmerlicher Miene! Die Nachahmung war bis auf den höchsten Grad getrie- ben, und bei aller sorgsamen Beendigung und emsigen Durchbildung hatte das Vildchen, wenn man einige Schritte zurücktrat, eine treffliche Haltung und eine erstaunliche Kraft des Kolorits. Untersuchte man es aber mit der Loupe, so entdeckte man den sammetweichen Flaum am Kelch der Klelte, die spißen Stacheln an den Distelstengeln, die Knoten an den Strohhalmen, die Thautropfen an den Grasspigen, kurz eine Menge Einzelheiten, die sich bis dahin versteckt hatten : die unbedeutendsten Kleinigkeiten des Terrains, ein Sandfkorn, ein kleiner Kieselstein, das {chwächste Geröll und Geleise waren mit ciner Treue wiedergegeben, welche der Daguerreotyp nicht zu er- reichen vermöchte, da sich hier Farbe zu Modellirung und Perspektive ge- sellte. Delaberge's ganzes Streben ging dahin, Bilder zu liefern, die, auf einige Schritt weit gesehen, breit und massig behandelt erscheinen sollten, wie die wirklichen Dinge in einiger Entfernung sich ausnehmen, und die, in der Nähe betrachtet, ebenfalls Alles enthalten müßten, was eine ge- naue Beobachtung an den Natur - Gegenständen wahrnimmt. Mit einem Wort, anstatt seine Bilder aus einem gewissen Standpunkt aufzu- nehmen, wollte er ihnen den bunten Erscheinungswechsel der Natur geben und es dahin bringen, daß der Beschauer in der Nähe oder Ferne die mannigfaltigen Ansichten habe, welche die wirkliche Landschast dar- bietet: zuerst den Baum, dann die Blätter, dann jedes Blatt und selbst jedes einzelne Blatt, wenn es der Phantasie gesiele, darauf mit prüfendem Auge zu verweilen, Jn dem Streben nach Verwirklichung dieses Traumes i er natürlich gescheitert; doch hat er Nachahmer und Nachfolger gefunden, die seine Richtung vertreten, und, nah seinem Vorgange, die Natur por- traítiren, wie Denner die menschliche Ctysiognomte fopirte mít allen Run- zeln, Hauifalten, Poren, Warzen, Sommersprossen und Blatternarben,

Dahin gehören Finart, Delave, Blanchard und Benj. de Fran- cesco, welcher Leßtere seinem Vorbilde am nächsten kömmt und dessen Bauerfrau unter dem Hollunderbaum an Delaberge's „Alte mit dem Hammel“ erinnert, Der Hollunderbaum ist mit unusäglichem Fleiß bis in die fleinsten Details durchgeführt, ebenso die Gartenmauer, doch das Ganze uicht sehr hell und klar in der Färbung, Auch eine grö- ßere Landschast dieses Künstlers, eine flahe Gegend aus der Bre- tagne, im Vorgrunde mit einer mächtigen Eiche an einem Wasser, worauf weiße und gelbe Mümmelfen und andere Wasserpflanzen s{chwim- men, ist von seltener Präzision, aber einiger Trockenheit des Machweiks, welche dem Rain ein gar zu struppiges Ansehen giebt, Schon voriges Jahr gedachten wir rühmlichst der fleißigen Pflanzenstudien dieses Künstlers, der scinem Vorgänger auch darin ähnlich ist, daß er oft an einem Distel- busch, oder an einer Nesselstaude sür den Vorgrund seiner Bilder einen e Monat arbeitet, Jn einer Zeit, wie die unsrige, wo Jeder schnell ein Glück machen, in Ruf und in Vogue kommen und wo möglich Mode werden will, wenn auch nux für den Augenblick, wo der Künstler sein ihm von der Natur mitgegebenes Kunst-Vermögen auf hohe Zinsen anlegt und sein Gehirn gleichsam in Schläge theilt, um den größtmöglichen Ertrag da- von zu zichen, kann man njcht genug gewissenhafte Leute loben, welche aufs genaueste studiren , ehe sie etwas produziren, und nichts der banalen Leich- tigkeit und Handfertigkeit anheimstellen, die ohne allzu große Mühe zu er- ringen und deu Meisten genügend ist. :

Unter den Gemälden, in welchen Landschaft und Genre auf mehr oder weniger anmuthige Weise verbunden und prosaische oder poe- tische Scenen in landschaftliher Stimmung aufgefaßt sind, gefallen besonders die Zigeuner im Walde, die orientalischen Frauen auf éiner Terrasse im Freien, und das Mädchen mit der alten Hexe in der Grotte von Diaz, einem jungen Künstler, der sih erst seit kurzem elnen Namen gemacht und sonst nur Kunsthändlern und einigen Liebhabern bekannt war. Obgleich uur leicht à la prima hingemalt und im Grunde immer nux Far- bensfizzen, gewähren doch seine Bilder durch das pikante Spiel der Lichter und Farben, durch geistreihe Gruppirung und Behandlung einen eigenen Reiz und Effekt, Die beiden zuerst genannten Stücke glizern und blie, wie Schmukkästchen voll Edelsteinez man meint, gemalte Seisenbläsén auf- steigen zu sehen, und hat seine Freude daran, Auf nähere Untersuchung

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und diese besonderer Schulen, sagt er, seien die kleinen Seminare. Sie müßten {on deshalb da sein, weil die großen Seminare beste- hen, Sie machen feinen Theil des eigentlichen Unterrichts aus, und nur nebenbei und ausnahmsweise wird ihrer im Geseh - Entwurfe gedaht. Außerdem haben die kleinen Seminare zu allen Zeiten bestanden und waren vom Konzilium von Trient bis auf unsere Tage stets Gegen- stand der Sorgfalt der französischen Könige, Der Redner ließt mit der Erklärung, daß die Gesellschaft nihts von den in den kleinen Seminaren erzogenen jungen Leuten zu besorgen habe, denn diese jungen Leute, gebildet von anderen Lehrern, als den bürgerlichen, würden sih uneigennüßig zeigen in irdischen Dingen und sich ganz den Juteressen der Kirche widmen, Der Redner erklärt sih gegen das Amendement des Herrn Cousin.

Herr Cousin schlägt eine neue Fassung seines Amendements vor, das so lauten würde: „Die Zöglinge der geistlichen Sekundärschulen, die gemäß der Ordonnanz am 16. Juni 1828 errichtet sind, können erst dann zum Examen für das Bakkalaureat zugelassen werden, wenn diese Schulen den Bedingungen Genüge geleistet haben, die von den vollständigen Sekundär- schulen (institutions de plein exercice) verlangt werden.

Herr Rossi bekämpft dieses Amendement. (Die Sihung dauert fort.)

A Pariís, 23. Mai. Die Regierung ist im Begriff, den Ge= neral Delarue mit besonderen Aufträgen für den Herzog von Aumale nah Algier abzuschicken. Man glaubt, daß die Sendung desselben in gewissem Zusammenhange mit dem Treffen vom 24sten v. M. stehe, von welhem jeßt alle Welt weiß, daß es mit einer förmlichen Niederlage der Franzosen geendet hat, die der Unvorsichtigkeit des Herzogs von Aumale beizumessen ist.

Die Kommission der Deputirten-Kammer, welhe mit der Be gutahtung der außerordentlichen Kredite für Algier beauftragt ift, hat ihre Arbeiten beendigt, und ihr vom General Bellonet abgefaß- ter Bericht ist gedruckt und an die Mitglieder der Kammer vertheilt worden. Der General Bellonet trägt freilich darauf an, der Regie= rung die verlangten 7 Millionen zur Verstärkung der afrikanischen Armee um 15,000 Mann zu bewilligen, aber er dringt zu gleicher Zeit mit großem Nachdrucke darauf, daß es dem Ministerium zur Pflicht gemacht werde, das algierishe Budget künftig nicht mehr zu über- schreiten, wie dies bisher von Jahr zu Jahr in größerem Maße geschehen. Der Bericht des genannten Deputirten will, daß die französische Erobe rung in Afrika an der Linie Halt mache, welche im vorigen Jahre vom Marschall Soult selb als die Gränze derselben bezeichnet ward, und die von Tlemzen aus über Maskara, durch das Thal des Schelif, über Miliana, Medea, Setif und Konstantine läuft. Diese Linie is} gleihwohl in leßter Zeit überschritten worden, und die Franzosen ha- ben an dem Rande der kleinen Wüste eine Reihe von militairischen Niederlassungen gegründet, die, dem gegenwärtigen Plane des Statt- halters von Algier zufolge, Mittelpunkte europäisher Ansiedlungen werden sollen. Der General Bellonet mißbilligt diesen Gedanken im Namen der Kommission und schlägt vor, der Regierung einen Theil der für jene Niederlassungen verlangten Geldsumme zu verweigern, um zu verhindern, daß aus ihnen etwas Anderes gemacht werde, als vorgeschhobene militairishe Posten, die nur einen vorübergehenden Zweck haben und von vorn herein bestimmt sind, früher oder später wieder einzugehen,

© Paris, 23. Mai. Das Kabinet der Tuilerieen, war auf den Ausbruch der neuesten Unruhen in Wallis nicht unvorbereitet, denn in der Erwartung der Dinge, die da kommen sollten, erhielt Graf Pontois die Weisung, sich unverzüglich auf seinen Posten in der Schweiz zu begeben. Graf Pontois hat die nöthigen Justructionen mitgenommen, um zux Unterdrückung jener Unruhen dem Vorort die moralische Mitwirkung Frankreichs zuzusihern. Man erwartet daher in Paris, daß der Vorort mit der größten Energie jeßt auftreten wird, und um nöthigenfalls der Sprache desselben mehr Nachdruck zu verleihen, wird die französishe Regierung sih den Schein geben, längs der Schweizer - Gränze ein Observations= Corps aufstellen zu wollen, Jch mache Sie darauf aufmerksam, im Fall Sie in der nächsten Zeit von Truppenbewegungen in den Departements, welche an die Schweiz gränzen, sprehen hören sollten. /

Die telegraphischen Depeschen, welche unsere Regierung gestern aus Tanger erhielt, haben derselben die Jdee eingeflößt, zur Berhü- tung eines Krieges zwischen Marokko und Spanien, dem Kaiser von Marokko die Vermittelung Frankreichs anzubieten. Doch wünscht das Kabinet der Tuilerieen vorläufig hierüber mit England Rücksprache zu nehmen, um dann im gemeinschaftlihen Einverständnisse mit dem- selben den Streit zwischen dem Kaiser von Marokko und der Köni- gin von Spanien desto leichter friedlih auszugleichen. Ein Courier ist zu diesem Ende gestern Abends von hier nah London abgegangen, Man erwartet in einigen Tagen die Antwort des Hofes von St. James. Unterdessen ist mit dem Telegraphen der Befehl nah Tou- lon abgefertigt worden, eine Fregatte und einen Kriegsdampfer nach Tanger abzusenden, um die dortige französische Station zu vermehren.

“Die plöbliche Abreise des Prinzen von Joinville nach Compiègne bildet das Tagesgespräch, weil man sie als die Folge des Artikels, welchen gestern das Journal des Débats veröffentlichte, betrach- tet. So viel erfährt man mit Gewißheit, daß der Prinz von Join= ville durch den Ausdruck, indiscretion de jeune homme, welchen das Journal des Débats sich gegen ihn erlaubte, auf das tiefste beleidigt, neuerdings seine Entlassung als Contre - Admiral

darf man si freilih nicht einlassen, wenn einem die Freude nicht vergällt

werden und die Blase nicht playen soll, Die Bilder von Diaz sind sehr gesucht und werden sogar in Versteigerungen gut bezahlt, Die Zigeuner im Walde und das Mädchen in der Grotte hat Herr Paul Perrier für 2300 Fr. angekauft. Von Papety, der voriges Jahr so großes Aufsehen erregte mit seinem wunderlihen Glücköstraum, der cinige von den unaussprehlichen und unzähligen Wonnen und Glückselig- feiten des von Fourrer verheißenen Paradieszustandes der künftigen Menschheit veranschaulichte, enthält die diesjährige Ausstellung nur ein kleines Bild, welches wir für unser Theil seinem kolossalen Gemälde vorzie- hen, Es stellt die Versuchung des heiligen Hilarion in seiner Einsamkeit vorz höchst lebendig in der ängstlichen Gebehrde des gewaltsam Zurück- prallenden und mit beiden Händen abwehrenden frommen Einsicdlers, voller Grazie in dem lieblichen Gesicht der mit fofettirender Nonchalance sich rek- kenden und streckenden Versucherin und schr tüchtig in der Behandlung der Landschaft und des Beiwerks, wird der Eindruck des Bildes leider durch die frcidige Carnation, die schwache Zeichnung und Modellirung der nackten Theile beeinträchtigt, P. Wicckemberg, der meist nur Schnee- und Winter - Landschasten malt, hat diesmal die Darstellung ciner Herbst - Land- {haft gegeben, worin Kinder von einem älteren Burschen auf einem Schieb- farren gefahren werden. Die auf den Bildern dieses Künstlers stereotyp eiordene Kinder - Staffage is, wie immer, mit Empfindung gemalt, die Landschaft jedoch nüchterner béhandelt und die Farbe nicht so fklar und lebenvoll gestimmt, als gewöhnlih, Al, Dubuisson aus Lyon lieferte mehrere Ansichten von französishen Gegenden mit reihen Staffagen von Figuren und Vich, dic gesundes Naturgefühl, leid- lihen Farbensinn, gewandte Technik und keine gewöhnliche Anlage für Dar- stellung von Karrengaulen und Frachisuhrleuten zeigen, Dieser Künstler, von dem mir in gegenwärtiger Ausstellung zum ersten Mal Bilder vorge- kommen sind, dürfte in Viehstücken oder vielmehr Pferdestücken bald einen ähnlichen Ruf erlangen, wie ihn Saint-Jean, der bekanntlich ebenfalls aus Lyon gebürtig und daselbst ansässig is, in Blumenstücken hat, und unter dem Impuls #0 geschickter Meister könnte sich in Lyon bald eine eigene, selbstständige Malerschule bilden, die neben der pariser zählen und mit ihr wéeiteisern würde, Roubaud zeigt uns in einem großen Bilde die Rük- Fehr des Herzogs von Aumale in die Ebene der Mitidscha mit der erbeuteten

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in der französishen Marine gestern früh dem Könige, seinem Vater, zushickte, und daß, weil dieselbe niht angenommen wurde, er den Hof verlassen hat, um sich nach Compiègne zurückzuziehên, Einige ver= sichern, der Prinz werde dort längere Zeit zubringen, und sogar seine Gemahlin, welche mit der größten Zärtlichkeit an ihm hängt, wolle ihm dahin folgen. Nach einem anderen Gerüchte, welhes im Konferenz - Saal der Kammer von den ministeriellen Deputir= ten wiederholt wurde, wird der Prinz nur einige Tage in Compiègne dem Vergnügen der Jagd leben und dann wahrscheinlih nah Paris fommen, wenn er niht etwa seiner Schwester, der Königin der Bel- gier, einen kurzen Besuch in Brüssel abstattet, da Compiègne nicht fern von der belgishen Gränze liegt. Der Hof ist, wie ih {on gestern bemerkte, durch die Broschüre des Prinzen von Joinville in zwei feindliche Lager getheilt worden, und nach einem Artikel der heu- tigen Presse zu urtheilen, welhe den Prinzen von Joinville gegen das Journal des Débats in Schuß nimmt, scheint der Streit sich eher zu vershlimmern, als zu beschwichtigen.

Grossbritanien und Irland.

London, 22. Mai, Die unter dem Namen des jungen Eng- land bekannte Fraction der Tory - Partei hàt ihre Grundsäße und Reformations - Pläne in einer eben erschienenen Schrift „Coningsby oder die neue Generation“ offenbart. Es is ein Roman, dessen Ver= fasser das bekannte Parlaments-Mitglied, Herr d'Jsracli, sich mit den Helden des Buches identifizirt und über die Lage Englands in einem Gespräche mit einem reichen, Fflugen und leidenschafts= losen Juden Sidonia, „einem Lara Rothschild““, folgende Schilderung giebt, welhe zugleich die Partei hinlänglich charakterisirt: „Was vermag uns zu helfen ?“/ sagt Coningsby. „Was mächtiger is als Geseße und Verfassungen und ohne was die besten Geseße und die vortrefflihsten Verfassungen ein todter Buchstabe oder gar cin Mittel der Tyrannei sein können: der National-Charakter. Nicht in der zu= nehmenden Kraftlosigkeit der Verfassung sehe ich Englands Gefahr, sondern in dem Verfalle seines Charakters als einer bürgerlichen Ge- sellschaft.‘ „Und doch würde man unsere Zeit niht wohl eine ver- derbte nennen können.“ „Nicht eine politisch verderbte, allein cine Zeit sozialer Auflösung, die in ihren Folgen weit gefährlicher, weil viel umfassender is. Man kann eine verderbliche Regierung, und eine reine bürgerliche Gesellschaft, man kann eine verderbte bürgerliche Gesellschaft und eine reine Regierung haben. Was würden Sie vorziehen? ‘“ „Keine von beiden“, antwortete Coningsby, „ich verlange ein glaubens= treues Volk und eine pflihttreue Regierung.“ .…. „England sollte fih mehr um die bürgerlihe Gesellschaft als um die Regierung be= fümmern. .. Der Mensch is geschaffen zum Verehren und zum Ge= horhen. Giebt man ihm aber nichts zum Verehren, will man ihm nicht befehlen, so macht er sich selbst Götter und findet einen Führer in seinen eigenen Leidenschaften.“

Die Times, welche dem jungen England das Wort redet, weil sie besonders einer Erörterung der sozialen Zustände des Landes, na- mentlih des Pauperismus sihch zugewandt hat, und die hochtoryisti= {en Grundsäße der jungen Partei in Bezug auf Kirche und Aristo- fratie vertritt, bemerkt dazu: „Ja eine Kirche, die in so viele Sekten zerfallen, daß sie kirhspielig, nicht katholisch ist, eine Aristokratie, die Vorrechte besitzt, aber nicht anführt, eine Krone, der man ihre Macht wie ihre Einkünfte geraubt hat, ein Landvolk, das der Rubriken-Phi= losophie einer Central-Armen-Kommission oder der tabellarischen Milde der Gerichtshöfe preisgegeben; ein Fabrikstand, der die Feudalrechte innig beneidet und über Alle, die von ihm abhängig sind, die Ge= walt des Kapitals mit einem in neueren Zeiten im Feudalismus unerhörten Druck ausübt: das sind die Bestandtheile unscrer bürgerlichen Gesellschaft, eine Lage, in der Bauern Heuschober in Brand stecken, Handwerksbursche Chartisten werden und Geistliche Aufwiegler spiclen,.. England istjebt eine Sammlung von Sekten und Klassen und Parteien, die alle glei cigensüchtig, gleih verblendet sind. Die Macht des Monarchen, in dessen Person die Weisheit der Vorzeit stets den Führer des Volks anerkannte, is verloren. Die Allgemeinheit der Kirche, welche jeden Stand umfaßte und allein Alle gleichstellte, is durch eine achtbare Anstalt verdrängt, kühl, gleichgültig, besorgt und anstandliebend, be- stehend aus Priestern, die Bücher über Algebra und griechische Metrik chreiben, aber unfähig sind, der rohen Menge das Gewissen zu rüh- ren; ein Landvolk, das der Kirche und dem Monarchen und der Ari= stokratie durch die selbstmörderishe Nachlässigkeit Aller entfremdet ist und wechselsweise den furchtbaren Mauern drohender Kerker und den furchtbaren Tröstungen des Chartismus preisgegeben wird : das sind die Bestandtheile unserer bürgerlichen Gesellschast. Ju solcher Weise befämpft die Times, die dadurh zum Oppositions-Blatt geworden ist, die jeßige konservative Regierung und ihre Partei,

Swe

Martinach, 20. Mai. Die Unterwalliser ziehen sich zurü. Ardon is} diesen Morgen um 8 Uhr durch die an Zahl überlegenen und gut bewaffneten Oberwalliser genommen worden, deren Haupt= Kolonne in der Ebene vorgeht, während andere sih in gewisser Höhe an dem Gebirge hinziehen. Die Kolonne Joris und Barmaun hat sih auf Riddes zurückgeworfen und hat die Rhonebrücke nahe bei diesem Orte abgebrohen, Der Rückzug geschieht in Ordnungz es ist

Smala Abd el Kader's, Dies Bild übte eine sichtbare Anzichung auf die

Menge, die sich immer in dichten Kreisen davor ansammeltez doch bestand hier das Haupt - Juteresse lediglich in den äußerlichen Elementen und Jn- gredienzien des Süjets, indem sowohl Figuren , als Vieh und Landschaft nux in mehr dekorativer Weise behandelt sind und in künstlerischer Bezie- hung weiter feinen sonderlichen Neiz und Belang haben, Ungleich mehr anziehend sind die kleinen Bilder von Philippotcaux: der arabische Vor- posten und die Nazzia, jener von einfacher Auffassung, diese von sehr drama- tischer Composition und ungemeiner Wahrheit in der Bewegung des tödtlich verwundeten, vom Pferde sinkenden Beduinen, beide von krästiger Behand- lung des Ganzen 1nd sorgsamer Beeudigung des Details. Ad, Guignet gab uns ein wüthendes Reitergefeht im Geschmack des Salvator Rosa, und eine wilde Felsen - Landschaft, ebenfalls im Styl dieses Meisters , der darin auch unter Räubern zeihnend dargestellt ist. Beide Bilder sind mit Phantasie aufgesaßt und mit tüchtigem Pinsel vorgetragen, auh harmonisch in einem düstergrauem Ton durchgeführt, darum aber doch lediglih nur bloße Nachahmungen der Uen Schreckens-Momeute und s{hönen Na- turshauer, welhe Salvator Nosa uns in seinen Schlachtstücken und Land- schaften vorführt.

Von den Sceemalern, welche Bilder in die Ausstellung geschickt haben, sind zu nennen: Th. Gudin mit einem Seestük, welches die Rettung der verunglückten Mannschast eines gescheiterten französischen Schiffes an der holländischen Küste vorstellt und durch die merkwürdig wahre Bewegung des empörten Elements, wie durch die meisterhaft energische Behandlung des Ganzen, eine ergreifende Wirkung macht; Eugène Jsabey, mit einer großen Marine, den Empfang des Königs der Franzosen an Bord der Jacht der Königin von England auf der Rhede von Treport darstel- lend, ein Bild, welches dur den meisterlihen Vortrag, die reihe Staffage, den heiteren Effekt, die \{chöne Beleuchtung und die treffliche Haltung gleich ausgezeichnet itz L, Garneray, mit sieben kleinen Seebildern, die uns die verschicdenartigsten Fahrzeuge, Fischerböte, kleine Küstensegler, große Kauffahrer, mächtige Dreidecker und zierlihe Fregatten, in allen möglichen Bewegungen und Verkürzungen, in allerlei Situationen und Momenten, in der Ruhe des Hafens und im Spiel der vollen Segel, im brändenden Sturm und in lauer Windstille vorführen und ganz besonders durch die anatomische Genguigkeit, womit alle Fahrzeuge in ihren geringsten Einzeln-

möglich, daß die Oberwalliser diesen Abend in Martinah ankom- men, obgleich die Brücken abgebrochen sind. Man hat eine große Feuersbrunst in Ardon gesehen und man sagt, die Eisenwerke des Herr Kohler ständen in Flammen. Es hat auf beiden Seiten mehrere Todte gegeben. Diese Berichte wurden dem waadtländischen Großen Rathe während seiner Berathung über die walliser Sache vorgelesen.

Aus den Bádern von Lavey, 20. Mai, Morgens. Wie wir erwartet, haben unsere Nachbarn von Monthey und St. Morib unsere Hülfe angerufen. Unsere Freiwilligen von Aigle haben jich nah den Bädern von Lavey begeben, wo wir bivouaquirten, und den Besaßungen von Monthey und St. Moriß meldeten, wie wir lebte- ren Ort beshüßen und verhindern wollten, daß man ihnen nicht in den Rücken falle, wenn sie den Posten von Balma zu stürmen ver=- suchten. Diese Operation wird nun wirklich ausgeführt, wir zählen so eben den vierten Kanonenshuß. Die Alte Schweiz hat durch Be= seßung des Postens von Balma die Communication der Zehnten Monthey und St. Moriß mit Martinach abgeschnitten. Wir sind hier 50 Leute von Aigle, die nicht zu den aufs Piket gestellten Trup=- pen gehören. Das Kanonen - und Gewehrfeuer dauert fort, aber in einer etwas weiteren Entfernung.

Ber, 20. Mai, Nachmittags 2 Uhr. Da die Oberwalliser nach Martinah marschiren, wo sie diesen Abend ankommen, und da es mögli is, daß sie es versuhen werden, sih auf waadtländisches Gebiet zu werfen, sei es, um Repressalien zu nehmen für die von Waadtländern den Unterwallisern geleistete Hülfe, sei es aus Neid gegen die Bäder von Lavey, so hat der Präfekt, von den ihm vom Staatsrath übertragenen Vollmachten Gebrauch machend, 3 Jnfan= terie - Compagnieen von Aigle aufs Piket gestellt. Der Präfekt hat die Ermächtigung erhalten, nöthigenfalls alle Streitkräfte seines Be-= zirks aufzubieten. 5% Uhr. Es sollen von den Oberwallisern Dro- hungen gegen die Waadtländer, und namentlih gegen die Bäder von Lavey, ausgestoßen worden sein. Bex is mit Flüchtigen angefüllt, welche vor dem Brande fliehen, mit dem Martinach bedroht ist. Man veranstaltet Kollekten im Kanton Waadt, um den Unterwallijern, welche großen Mangel leiden, Brod zu senden.

Ber, 21, Mai, Morgens früh. Die Walliser {lagen si hier- her von Martinah, Die Truppen des Ober-Wallis sind vielleiht um 8 Uhr in St. Moriß, sie verbrennen die Dörfer auf dem Wege. Der Präfekt hat außer den zu seiner Verfügung gestellten Truppen eine Compagnie Scharfschüßen aufgeboten. 6 Uhr. Die Ober=Wal=- liser rücken an, sie sind nahe bei St. Moriß und legen überall Feuer an, wo sie durhkommen; Evionaz brennt in diesem Augenblicke, in Bex läßt der Präfekt durch den Generalmarsch die Bevölkerung unter die Waffen rufen. Man bittet andere Gemeinden des Bezirks um Hülfe, um das waadtländische Gebiet gegen einen angedrohten Ueber= fall zu hüben.

Lausanne, 21. Mai. Der Große Rath hat gestern Abend die Anträge des Staatsraths in Bezug auf Wallis mit großer Mehr- heit angenommen. Die Mehrheit der Kommission empfahl sie unbe= dingt, eine Minderheit wollte Truppen nur auf ausdrücklihes Be= gehren der walliser Regierung oder der Tagsaßung marschiren lassen. Kraft der erhaltenen Ermächtigung hat nun der Staatsrath beschlossen, zwei Bataillone einzuberufen, vom 5. und 6. Bezirk, unter den Oberst= lieutenants Audemars und de Mieville, außer den dem Präfekt von Aigle zur Verfügung gestellten Compagnieen, unter Oberst-Lieutenant Veillonz ferner, aufs Piket zu stellen das Bataillon des 1. Bezirks, eine Artillerie-Compagnie und eine Compagnie Scharfshüßen. Sämnmt- liche aufgebotene Truppen sind unter den Oberbefehl des eidgenössischen Obersten Ch. Bontems von Villeneuve gestellt, Der Staatsrath hat ferner Staatsrath Ruche, Vicepräsident des großen Rathes, als Ver- mittler an die Regierung von Wallis abgeordnet.

Auf das Begehren der wallisischen Regierung hat der Staats-= Rath Maßregeln getroffen, um zu verhindern, daß bewaffnete Waadt- länder als Parteigänger nach dem Wallis gehen und an den Feind-= seligkeiten Theil nehmen.

Der Vorort benachrichtigt unterm 19ten, daß er die Herren B. Meyer und Schmid als eidgenössische Commissaire nah dem Wallis gesandt, und daß er hoffe, Waadt werde die Truppen liefern, welche sie etwa ansprechen könnten. 127 Uhr. Jn Folge der neuesten Nachrichten hat der Staats-Rath auf dem Dampfboote die in der Militair - Schule befindlihen 200 Mann nah der wallisishen Gränze abgesandt, bis die Bataillone sich versammelt haben werden. Jm Bezirke Aigle sind gegenwärtig im Ganzen 1000 Mann Elite unter den Waffen außer dem Landsturm der Gegend. Das Dampfboot führte auch viel Munition mit.

Vern, 21. Mai, Heute versammelte sich der Regierungsrath außerordentlih um 10 Uhr; das Resultat seiner mehr als zweistün= digen Berathung war, daß das 1ste, 3te, Ate und 10te Bataillon, die 3te und 4te Scharfschüßen - Compagnie und die 1e Compagnie Artillerie aufs Piket gestellt werden sollen.

Freiburg, 22. Mai. Der ganze westliche Theil des Kautons Waadt is in Bewegungz unsere Scharfshüßen aus diesem Theile

heiten durchgebildet sind, interessiren; endlih Eugène Lepoittevíin, mit zwei sih mehr dem Genre nähernden trefflichen Bildern, Jn dem einen Bilde führt cin Küstenboot, die sogenannte Kohlpost, einem Freibeuterposten am Mecresufer Lebensmittel zu; in dem anderen frägt ein vornehm gefklei- deter Herr zu Pferde einen Bauer vor seiner Hütte nah dem Wege, in einer flachen, von einem Kanal durchschnittenen Gegend; in beiden Bildern herrscht eine kräftige Farbe und Durchführung, so der Landschaft, als der Figuren, eine trefflih gehaltene Masse und Lichtvertheilung, Die Marinen von Morel -Fatio, Mozin, L. Mever und mehreren Anderen sind von geringerer Bedeutung, und wenn auch mitunter von nicht geringem technischen Verdienst, doh durchweg ohne Poesie, Wahrheit, Natur und Energie,

Gesellschaft naturforschender Freunde.

Berlin, Jn der Versammlung der Gesellschast naturforschender Freunde am 21, Mai sprach Herr Ehrenberg über das unsichtbare Leben im Mcere in mehr als R h Tícfe und zeigte cinige der auf der Südpol- Expedition des Capitain Roß durch den Herrn Dr, Horker jun, im Golf von Victoria-Land gesammelten kleinsten Lebensformen mit noch sihtbar er- haltenen Organen vor. Herr Beyrich legte Zeichnungen fossiler schlesi- scher Fische aus der Sammlung des Herrn Geh. Med. Rath Dr. Otto în Breslau vor. Herr Girard zeigte zwei ausgezeichnete Diamanten vor, welche Herrn General-Konsul Theremin gehören. Der eine kleinere is in einem 1öthlichen Thon (Cascalho) cingewachsen, der andere größere, ein freier Krystall, zeigt zwei Würfel, welche mit der größten Regelmäßigkeit durch- einandergewachsen sind. Beide stammen aus der Gegend des Flusses Jequitinhonha im Norden des Rio San Francesco. Derselbe legte ein \{chönes Exemplar von Türkis vor aus den Gruben bei Muschad in Per- sién, zwischen Teheran und Herat, worin der Tüirkis mit Quarz einen Gan im Kieselschiefer bildet , Geschenk Sr. Excellenz des Herrn von Meyendor an das Königliche Mineralien-Kabinet, Ein Vortrag des Herrn S ch o m- bergk betraf eine in den Hirudineen von ihm entdeckte und beschriebene neue Gattung Tremataden: Heptaltomum hirudinom.

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