1844 / 152 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

R R A Ms ras a ‘r a inm

Alle öffentlihen Gebäude, die alte ehrwürdige Kirche, das Pfarrhaus, Me Mer Rathhaus sind Trümmer. Die Zerstörung war ein Merk von nur zwei Stunden. Ueber 400 Familien sind obdachlos. Nichts konnte gerettet werden,

Ausland.

Deutsche Bundesstaaten.

Königreich Sachsen. Für den Bau einer neuen fatholi= hen Kirche in Leipzig sind, laut der Wiener Zeitung, aus der österreihishen Monarchie bis jeßt 18,000 Fl. C, M. zusammenge- braht worden.

Großherzogthum Baden. Ju der am 20, Mai ge- haltenen 71sten Sibung der zweiten badishen Kammer faud eine längere Verhandlung über die Anstellung eines zweiten Professors der Forstwissenschaft an der polytehnishen Schule statt, wobei von verschiedenen Seiten eine Verlegung der Forstlehr- Anstalt nah Frei- burg gewünscht, auch von einigen Abgeordneten der laute Beifall der Gallerieen durch bittere Klagen über die strenge Disziplin auf der technischen Anstalt erworben wurde, während Andere gerade das Ge- gentheil beklagten. Der Abg. Regenauer erklärte sih in einer sehr gediegenen Rede gegen die Verbindung der Forst-Schule mit einer Universität, hielt aber die Aufhebung der Universität Freiburg und deren Erseßung dur eine dorthin zu verlegende große polytechnische Anstalt für wünschenswerth. Doch wollte er vor der Hand nur An-= deutungen gegeben haben, indem er mit Recht bemerkte, daß, wie überall, nur in friedlihem, freundlihem und einverständlihem Zu- sammenwirken sämmtlicher Theile etwas geschehen könne.

Kurfürstenthum Hesseu. Am 2. Juni wird zu Fulda das Bonifaziusfest und zugleih die tausendeinhundertjährige Jubel- feier der Bekehrung der Buchenläuder und Entstehung von Fulda und dessen Abtei gefeiert. Zur Begehung dieses Festes hat der Bischof eine achttägige kirchliche Feier in allen fatholishen Gemeinden des Landes angeordnet.

Herzogthum Nassau. Durch Höchste Entschließung des Herzogs von Nassau is das Pädagogium zu Wiesbaden zu einem Gymnasium erhoben worden, worin der Unterricht bis zum Abgang auf die Universität fortgeseßt wird,

O Fraukfurt a. M., 26. Mai. Mein Schreiben vom 6ten d. M. in Nr. 131 der Allgemeinen Preußischen Zei- tung hat das Unglück gehabt, den Vertheidigern der neulihen Her= zoglich sächsisch - anhaltshen Prädikats-Erhöhung zu mißfallen. Des= senungeachtet würde ih diese Angelegenheit niht früher wieder zur Sprache gebracht haben, als bei Gelegenheit einer etwanigen Be- {lußnahme des Bundestages, wenn nicht ein Redactions- Artikel der Deutschen Allgemeinen Zeitung in Nr. 143 vom 22ften d, M. Beantwortung erforderte. Der bekanute Lehrer der Staats= wissenschaften, welher der Redaction dieses Blattes vorsteht, hat in seinem leitenden Artikel mein Schreiben

„ein handgreiflihes Muster \chlechter Waare“ genannt, und demselben sowohl

„beispiellose Ausdrucksweise““, als auch

„unfkundige, unpassende Aeußerungen““ zur Last gelegt.

Ueber Höflichkeitsformen will ich mit der Deutschen Allg. Ztg. nicht streiten, weil die obigen Proben ihrer eigenen an= genehmen, gewinnenden Redeweise mir vollständig genügen. Dage-= gen werde ich suchen, durch Andeutung einiger sehr naheliegender Thatsachen die Verfasser der Artikel in Nr. 143 und 136 (aus Obersachsen) der Deutschen Allg. Zkg. zu überzeugen, daß sie wohl nur einer einseitigen Ansicht folgen, wenn sie der Bundes= Versammlung eine entscheidende Stimme in dieser Angelegenheit ab- sprechen zu können glauben,

Die Zweckte des deutshen Bundes als eines völkerrechtlichen Vereines der deutschen souverainen Fürsten und freien Städte :

„Bewahrung der Unabhängigkeit und Unverletzbarkeit ihrer im

Bunde begriffenen Staaten und Erhaltung der inneren und äuße-

ren Sicherheit Deutschlands ‘“ beschränken das Recht der Bestimmung des Haus-, des Staats- Titels, der Kurialien u. st. w. für die Bundesfürsten, zwar nicht unmittelbar, aber wohl mittelbar. Der Bundes = Verein seßt als nothwendige Bedingung seiner Existenz und seines Fortbe- stehens, Eintracht und Frieden unter den Bundesgliedern vor= ans, und ausdrücklich sagt der Art, 18 der Wiener Schluß=-Akte vom

liche Lehre nicht zu einer fommunistishen macht, denn er sagk ausdrücklich, nachdem er sein System auf die ursprünglichen Gedanken des Christenthums basirt hat: „der alte Mythus von gleicher Vertheilung und Gemeinschast der Güter sei nicht das Wahre und die Wirklichkeit werde sich ewig in shmerzhaften Kontrasten gruppiren,“ Soweit sind wir einverstanden z dagegen scheint er nicht übel Lust zu haben, die christliche Lehre zu einer radikalen zu machen, und uns von dem, der gelehrt hat, daß man sich feine Elle zusebe, zu lehren: er hátte an die Perfektibilität und schrankenlose Freiheit des irdischen Menschen geglaubt, und die innere Freiheit auf die äußere Freiheit in menschlichen Dingen ausgedehnt, Der, welcher dem Kaiser gab, was des Kaisers is, soll wohl Willkür und Ungehorsam gepredigt haben, und auch der Luther is noch \o schülerhaft, daß er „die äußere Dienstbarkeit und den harten Zwang des Leibes und der Welt als Förderung der mneren Freiheit ansieht.“ d A i Der gute Herr Mundt weiß nicht, was Freiheit it, und hat doch ein Buch darüber geschrieben z; es geht ihm schlimm mit dem Propheten - Hand- werk, Dies wollen wir ihm {ließlich noch beweisen: er sagt in demselben

ersten Saye:

„eine neue Umwälzung des Böülferlebens wird aus dem Gedanken her- aus geschehen, daß Niemand mehr unglücklich und besiylos sein will,“

Abermals neu! Hieraus folgte in gerader Linie: daß wir entweder noch nie eine Revolution gehabt haben oder in ewigen Revolutionen leben, weil, so lange die Welt steht, noch nie Jemand hat unglücklih sein wollen. Oder weiß Herr Mundt ein Beispiel, daß Jemand unglücklich sein wollte. Das erste, was Herr Mundt noch zu lernen hat, is: daß noch nie Jemand besilos sein wollte, daß noch nie ein Volk eine Umwälzung machen wollte, Aber es haben viele besiplos sein müssen, und viele Völker wurden, selbst wider Willen, getrieben, eine Umwälzung zu machen. Doch müssen wir zur Entschuldigung anführen, daß diese Beschränktheit des geschichtlichen Denkens, welche solche Dinge ausspricht, kein exklusives Ei- genthum des Herrn Mundt iz er theilt es mit sciner ganzen Schule, die Bn meint, man könne die Geschichte und darum auch die Revolution machen, So lange man aber revolutioníren will, kann man nicht revolu- tioniren, sons hätten die albernen Jahrbücher von Marx und Ruge eine neue Flieehnuñg begründet,

un sei es gestattet, T R Jn Einem stattet, zu rekapituliren

Seite, steht: 1) E ein uralter Say wird als neues Evangelium be- I

ay von 8 Linien, und zwar im ersten Sah auf der ersten

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15. Mai 1820, „daß Eintraht und Frieden unter den Bundesglie- dern ungestört aufreht erhalten werden sollen.“ (von Meyer Staats- Aften Il. pag. 155). Eintracht und Friede unter den Bundesgliedern fönnen aber nit ungestört bleiben, wenn Bundesglieder, kraft ihres Souverainetäts-Rechtes, nah eigenem Wohlgefallen Aenderungen und Vermehrungen ihrer Titulatur vornehmen, welche anderen Bundes-= gliedern zum Nachtheil gereichen, Daß Letteres mit den von den sächsischen und anhaltinishen Herzogen vorgenommenen Prädikats- Veränderungen der Fall ist, beweisen die dagegen erhobenen Prote- stationen anderer deutscher Höfe.

So wie das von Moser (Persönliches Staatsrecht I, 47) audh in dem fraglichen Artikel der Deutschen Allg. Ztg. angeführte Reichs - Herkommen (welches jedem deutschen Reichs\tande die Aende- rung und Vermehrung seiner Titulatur nah eigenem Wohlgefallen freigab, insofern es nit zu des Kaisers, Reiches oder sonst eines Dritten Nachtheil gereichte), natürlih noch nicht die Noth wendigkeit einshloß, daß Kaiser und Reich sih darnach zu richten

verbunden waren, so fann natürlich auch der Bund um so weniger verpflichtet sein, si nah dergleihen, von ein- zelnen Bundesgliedern vorgenommenen Veränderungen zu rich-

ten, je mehr sich ihm die Ueberzeugung aufdrängt, daß solhe zum Nachtheil anderer Bundesglieder gereichen und deshalb zur Störung der Eintracht und des Friedens unter den Bundesgliedern führen müssen. Es möchte daher allerdings zu erwarten sein, daß der deut- {e Bund Bedenken trüge, jene von den sächsischen und anhaltinischen Herzogen vorgenommenen Prädikats-Veränderungen ohne Weiteres anzuerkennen, d. h. ihnen în seinen Verhandlungen andere Prädikate als diejenigen, welche sie in seinen Grund- gesebßen führen, beizulegen. Dergleihen Bedenken des Bundes- tages dürften indessen ohne Zweifel als beseitigt betrachtet werden fönnen, wenn ihm nachgewiesen wäre, daß das neue Prädikat den betheiligten Herzogen bereits zustehe, woraus auch folgen würde, daß dessen Annahme Niemanden zum Nachtheil gereiche, weil qu! jure su0 utitur, neminem laedil. Ein solcher Nachweis wurde von Oldenburg geführt, als es der Bundes-Versammlung die Annahme des Großherzoglihen Titels anzeigte, indem es sich darauf berief, daß derselbe ihm nah dem 34sten Artikel der wiener Kongreß - Akte zustehe. Die Bundes-Versammlung beschloß hierauf : „Die höchsten und hohen Regierungen durch die Bundestags- Gesandtschaften von der Annahme des durch die wiener Kongreß- Akte dem Herzoglihen Hause Oldenburg zustehenden Groß- herzoglichen Titels Kenntniß zu geben.“ (von Meyer Staats-= Akten 11, 349.) : Dieser unter allgemeiner Zustimmung (also au unter Mit- wirkung der sächsischen und anhaltinischen Herzoge) ge faßte Beschluß beweist zugleich, daß der Bund in demselben die Befugniß zur Annahme neuer Titel, also au neuer, mit gewissen Titeln eng zusammenhängender Prädikate uicht aus den Souverainetäts-Rechten einzelner Fürsten, sondern aus einer derjenigen Stipulationen der europäi- \chenMächte herleitet, auf denen der ganze jebige öffent- lihe Rehts-Zustand in Europa selbst beruht. j Zu diesen allgemeinen europäischen Stipulationen gehören nächst der wiener Kongreß - Akte auh die Beschlüsse des aahener Kon- gre \\es, und unter denselben vornehmlih das von den Bevollmäch- tigten Oesterreichs, Englands, Frankreichs, Preußens und Rußlands unterzeihnete Separat-Protokoll vom 11. Oktober 1818, wo es heißt: „Considérant, que le litre porté par un Souverain n esl pas un objet de simple étiquetle, mais un fait tenant à des rap- orts essentiels et à d’importantes questions politiques , —- T Cabinets prennent lPengagement de ne reconnáitre à l’avyenir aucun changement dans les titres des Souverains ni dans ceux des Princes de leurs maisons, sans en être préalablement con- venus entre eux. Ils appliquent explicitement cette derniére réserve au titre d’'Altesse Royale qu’ils n’admettront d- sormais que pour les chefs des maisons grand-ducales (l'éleec- teur de Hesse y compris) et pour leurs héritiers présomptifs.““ An diese Stipulation gebunden, können Oesterreich und Preu- ßen auh als Bundesglieder keine derselben zuwiderlaufende Titel- oder Práädikats- Veränderung, und überhaupt keine derartige Veräu- derung anerkennen, welche nicht auch Englands , Frankreichs und Rußlands Zustimmung hat. So wenig die übrigen, durh das aachener Protokoll nicht beschränkten Bundesglieder bei gemeinsamer Beschluß- nahme in dieser zunächst lediglich deutshen Sache sich von Oesterreich und Preußen zu trennen geneigt sein dürften, so gewiß hätte die legale Form für die Annahme des neuen Práädikats darin bestanden, anstatt der Zustimmung außer - deutscher Mächte die Zustimmung des Bundes nachzusuchen, denn grade weil der deutsche Bund unter feiner Central- Regierung, unter keinem Bundeshaupte steht, besißen seine mächtigeren, wie seine mindermächtigen Glieder mit der vollen Sou-

2) eine Unwahrheit: Herr Mundt redet, als hätte es in der Vergangen- heit Jemand gegeben , der besißlos sein wollte ;

3) eine Unwissenheit; Herr Mundt weiß niht, was Glück is, denn er sucht es einzig im satt werden und einzig in dieser Welt;

4) eine Unwissenheit; Herr Mundt weiß nicht, was Freiheit ist, denn er weiß nicht, daß nur der Reine frei is, Zum Tempel der mündigen Freiheit geht die „deutsche Jungfrau mit dem Strohfranz, dem Zei- chen der Widerseßlichkeit“ 1. e. der Unreinheit und Unkeuschheit ein;

5) eine Unwissenheit: Herr Mundt weiß nit, was Arbeit is, denn er weiß nicht, daß Arbeit kein paradiesischer Zustand ist;

6) etwas hier Unnennbares: Herr Mundt citirt das Christenthum für Dinge, die nicht im Christenthum stehen,

Unter solhen Umständen is doch wohl gerechtfertigt, wenn wir statt 436 nur 13 Seiten, statt 13 nur 1 Seite und statt 1 Seite nur 1 Sag rezensiren, Man könnte uns, 0 wir fortführen, ja als Shwäßer mund- todt erklären, S |

Doch genug des Spaßesz; wir müssen noch auf eine, für die zweite Auslage dieses guten Buches wichtige und ernste Sache aufmerksam machen,

Herr Mundt, nennt den Wi den Robespierre von Berlin. Will er damit nur das schonungslose revolutionaire Element andeuten, so hätte er ihn besser den Napoleon odex Dschengischan von Berlin genannt ; sucht er aber sonst noch etwas dahinter, so möchten wir ihn auf Wachsmuth's (Heschichte der Revolution aufmerksam machen, der mit Belegen nachweist, daß Ro- bespierre weder {höón, noch kühn, noch wißig, sondern häßlich, feige und ganz besonders langweilig und wißlos war. Wird sich das der berliner Wiß von Herrn Mundt nachsagen lassen wollen ©

München. Jn den lezten Tagen war ein großes für die Jsaaks- Kirche in St, Petersburg in unserer Glasmalerei - Manufaktur gefertigtes Fenster ausgestellt, welhes demnächst an den Ort seiner Bestimmung abge- sendet werden wird. Es stellt den Heiland segnend in einer Glorie darz die Gestalt mißt 25 Schuh und wird einen imposanten Anblick gewähren, Wenn man die Schwierigkeit dieser Malerei kennt, die wie Musivarbeiten aus kleinen Stücken zusammengeseßt wird, so muß es um so überraschender wirken, hier einen so harmonishen Farbenzauber über das große Ganze ausgegossen zu sehen. Die Ausführung wurde nach einer Zeichnung des Profe ors Heinr, von Heß bewerkstelligt.

London, 25, Mai, (A, Z.) Von dem fruchtbaren „H. B.” is eine Reihe neuer politischer Karrikaturen erschienen, Eine derselben, „die glüd-

liche Familie‘, bezieht sih auf die heterogene Zusammenseßung der Minor

verainetät auch die volle Freiheit des Entshlusses über die Anerkennung neuer, von ihren Mitverbündeten angenommener Titel und Prädikate, welche den leßteren erst kraft dieser Aner = kennung zustehen können.

Die Deutsche Allgemeine Zeitung leistet der Sache, für welche sie Partei nimmt, einen s{limmen Dienst, indem sie mit Jgnorirung dieser Freiheit der übrigen Bundesglieder die Souverai- netát der betheiligten Herzoge als einzige Quelle der vorgenom- menen Prädikats-= Erhöhung, gegen vermeintliche Beeinträchtigung verfiht, als ob es den Herzogen genüge, daß ihre eigenen Unter= thanen und Beamten ihnen die angenommenen Prädikate zu geben verpflichtet sind. Jch glaube nicht, daß sie mit dieser Wirkung ihres Hausbeschlusses allein zufrieden sein könnten, Hier erzählt man sich vielmehr, sie hätten {hon vor längerer Zeit einigen größeren Mäch- ten des deutshen Bundes (durch Vermittelung der Königlich säch- sischen Regierung) den Wunsch einer Titel - Veränderung zu erkennen gegeben, und wenn zugleich mit Wahrheit behauptet wird, dieselben seien geneigt gewesen, sich am Bundestage dafür zu verwenden, daß sämmtlichen souverainen deutshen Herzogen das Prädikat „Herzo g- lihe Hoheit“ zugestanden werden möge, \o verdienten diese Mächte au uicht den ihuen in den gedachten leipziger Artikeln ge=- machten Vorwurf un freundlicher Gesinnungen. Ob und inwieweit sie nicht vielmehr noch jeßt von wohlwollenden Gesinnungen für die \ächsishen und anhaltinischen Herzoge beseelt und diese Gesinnungen, so weit es die jeßige Lage der Verhältnisse gestattet, zu bethätigen geneigt sind, wird die Zukunft lehren, sobald die Bundes-Versammlung Gelegenheit erhalten haben wird, sih mit der Sache zu beschäftigen.

Sre M

París, 27. Mai. Der König hat heute mit der Königin und den in Paris anwesenden Prinzen noch einmal die Jndustrie-Ausstel= lung besucht, Abends war Minister-Rath im Schloß von Neuilly.

Gestern Abend um 7 Uhr is Jacques Laffitte mit Tode abge- gangen. i Die heutigen Zeitungen, von denen übrigens, des Pfingstfestes wegen, nur wenige erschienen sind, berichten noch einen anderen To desfall, den des Herrn Gosse, eines der Redacteure des Journal des Débats, der auf der Rückreise von Otaheiti am Bord der Fregatte „Danae“' gestorben ist, welche jene Jusel am 24. November verlassen hatte und am 22sten d, auf der Rhede von Brest eintraf.

Herr Charles Laffitte, dessen Wahl zu Louviers die Deputirten- Kammer befauntlich {hon dreimal für ungültig erklärt hat, ist so eben zum viertenmale dort gewählt worden,

Die seit langer Zeit vorbereitete Aufführung der „Antigone“ des Sophokles in einer Uebersebung von Meurice und Vaquerie, mit der Musik von Mendelsohn hat uui auf dem Theater des Odeon nit vollständigem Erfolg stattgefunden. Das Theater war eben so ein- gerichtet, wie bei der Aufführung dieser Tragödie 1n Berlin, von wo man sich die nöthigen Angaben über die Scenerie verschafft hatte, „Es war ein {öner Abend“, sagt Hector Berlioz im Journ al des

Débats, „dessen literarishe Bedeutung zu würdigen, ih einer gelehrteren Feder als der meinigen überlajse. Nur so viel wil O aaen, 0E Ie alie anwesende Künstler, tief ergriffen wurde von den großen Gedanken dieses antiken

Shakespeare. Wir fanden dies \{ön, edel, rührend, wir weinten, so viel man weinen darf, ohne sih lächerlih zu machen. Wir beklatsch- ten aus allen Kräften und von ganzem Herzen Bocage (Kreon) und Dlle. Bourbier (Antigone), die Mendelssohnsche Musik, die Ausfüh- rnug der Chöre und die eigenthümliche Art, wie das Ganze in Sceue geseßt war, die einen sto grandiosen Anblick darbot. Jedenfalls hat sih der Direktor des Odeon dur diese Auferweckung des alten So- phokles um die moderne Kunst schr verdient gemacht, indem man aus diesem berühmten Beispiel nunmehr ersehen kann, daß die mit dra matishem Genius begabten Dichter unserer Zeit keinen anderen Weg einshlugen, als die Alten, um zu Natur und Wahrheit zu gelangen. Manchen Leuten freilih fömmt dies ungelegen, da sie andere Vorstellungen von Sophokles hatten und ihn nun o plump wie Shakespeare finden, weil er immer das eigentliche Wort gebraucht, Doch, was will man mahen? Die Mehrheit der Zu- schauer erträgt es heutzutage ganz wohl , daß Tiresias von Hun- den und Raben spricht, und Kreon, als er den Tod Eurydicens er- fährt, ganz einfa ausruft: „O, armes Weib!“ statt klassish, wie die Thürhüter, zu sagen: Meine unglücselige Gemahlin. Was der Mehrzahl bei dieser Art von Theater - Vorstellung am meisten fremd vorkam, war die Unterbrehung des von den Schauspielern gespro= chenen Dialogs durch Chorgesang, So machte ein Mann aus dem Volk, der neben mir saß, in der herrlihen Scene, wo Antigone, zum Tode verurtheilt, die thebanishen Greise mit Klagen und Thränen anfleht und diese darauf mit einem ernsten und diisteren Gesang antworten , zu mir die launige und carak=

ität, welche neulih für Lord Ashley's Plan im Unterhause stimmte, Diese ist veranschaulicht in den Gestalten von Thieren verschiedenen und feind- seligen Naturells, die sih in einem Käfig beisammen finden. Eine sehr melancholishe Eule, Lord Ashley selbs, führt den Vorsiß. Ein Ha- bicht, ein Käßchen und cin Kaninchen (Lord Santon , Sir J. Acland und Charles Buller) umgeben die Eule als nächste Freundschaft, Cin gutmüthiger alter Kater trägt Sir R, JInglis? fkahles Haupt auf den Schultern, und blickt {heu auf die Genossenschaft dreier verdächtigen Rat- ten; der Lords Howick, Nussell und Palmerston, Thomas Duncombe sit dem Kater als plappernde Aelster auf dem Kopf, und der kleine Peter Borthwick \chwebt darüber als Spaßenmännchen. Ein anderes Blatt satyrisirt gegen den Radikalen Herrn Noebuck, der im Unterhaus fast eine Rolle spielt, wie Lord Brougham im Oberhaus; denn wie dieser dem Herzog von Wellington, drängt sich jener dem Sir N. Peel als Lober und Beifallspender auf. Jn seinem higigen Streit mit Herrn Smythe, toryistischem, aber unabhängig gesinntem Mitglicde für Canterbury, hatte dieser von Roebuck gesagt: „Wär? er nicht der Diogenes von Bath, so möchte er der Alexander von Tamworth (Peel)

Die bekannte parlamentarische

sein, Dieses Bild stellt die Karrikatur dar,

Nüge gegen Herrn Ferrand ist auf einer anderen Nummer al „„ Bärenhebte ‘“ dargestellt, Sehr drollig ist ein neues Scherzbild ber Lord Ellenborough's Abberufongz „Eine Lection im Elephan-

Ex - Gouverneur, ein „hauptumlockter _Achäer““, ist und sieht schr mißmüthig aus wird aber getröstet von einer Person in schottischem Plaíd, „mit einer Nase, wie sie nux ein Mann im ganzen Reiche hat““ (Brougham). Wellington steht als Kornak zornig neben dem Kopf des unruhigen Elephanten, auf welchen Peel und Graham den Einarm Sir H, Hardinge hinaufheben, Auf

tenreiten‘“, Der von dem Thier heruntergefalleu ,

einem Bilde von der nämlichen Beziehung liegt eine funszig- föpfige Hydra unter den Säulenhallen eines großen Hauses (das Direktoríum der ostindischen Compagnie im Judia - House), Schäße

hütend, welche die Aufschristen tragen : „Patronat, „Monopol“, „Opium“ l at Unthier wird von Herkules und Jolaos (Wellington und Brougham) angegriffen , s{naubt aber aus jedem seiner funfzig Köpse das

Wort „Recall (Zurüdberüfung),“

L

Vermischtes.

Der Roman „Hermine“ des frankfurter Literaten Zirndorfer ist seiner schlüpfrigen Tendenz wegen in den frankfurter Leihbibliotheken , nicht aber, wie gemeldet worden, im Buchhandel verboten worden.

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teristishe Bemerkungt „, „Die Leute sind immer vergnügt, sie singen beständig! ‘“‘“ Der Gesang gilt für die große Masse stets als ein Zeichen der Heiterkeit. Nichtêdestoweniger war der Erfolg der „An= tigone“ einer der s{hönsten, den wir seit langer Zeit erlebt haben. Mendels\ohn’s Musik hat stets den Charakter ernster und ruhiger Trauer, der dem Gegenstande angemessen ist. Der Komponist hat darin die von einer Menge Stimmen unisono gesungenen Recitative sehr glücklih angewandt, Mehrere Chöre sind vortrefflih in Aus- druck und Harmonie, und die Orchester -= Begleitung zu einigen ge- \sprohenen Scenen enthält wahrhaft dramatische und zuweilen er= \chütternde Effekte, Die Hymne an Bacchus istein Meisterwerk; am Schluß derselben befindet sich eine Art von Vokal-Cresceudo, welhes erbeben macht, und der fortwährende Ausruf des zweiten Chors im Oktaven= Jnterval scheint mir einer der ausgezeichnetsten Gedanken, Mendec!s- sohn hat bei dieser Aufführung zunächst dem Direktor viel zu danken der nichts vernachlässigte, um ihm geschickte Juterpreten zu geben, was ihm auch gelungen is, denn der Chor war vortrefflich ; dann aber auch Herrn A. Morel, der diese Partitur in achtzehn Tagen einstudirte und die Ausführung mit seinem bekannten Eifer und Talent leitete.“ Auch andere Blätter, namentlich die Presse und die Revue de Paris, äußern sih mit gleicher Begeisterung und mit eben {o reihlihem Lobe über dieses dramatische Unterneh= men und seinen Erfolg. „Die Menge“, sagt das leßtgenannte Blatt, „hatte sich aus Neugier und zu ihrer Unterhaltung eingefun- den, um Musik zu hören und Decorationen zu sehen, sie entfernte sich bewegt, erbaut, ernst und vielleicht besser, wie sie aus manchem Tem= pel hinweggeht. Wir verzweifelten oft an dem poetishen Geschmack unserer Nation, wir haben uun wieder gute Hoffnung, da ein Publi fum, welches so viel \{chlechte Tage in der Literatur bestanden, sich noch in diesem Grade das Gefühl, die Liebe und das Geständuiß für das Große, Schöne, Einfache und Edle erhalten hat. Daß es, um diese in ihm nur \{hlummernden, nicht untergegangenen Eigenschaften zu wecken, ciner Tragödie des Sophokles bedurfte, is ein Stoff zum Nachdenken für die moderne Schule, die sich noch heute bescheiden die junge Schule nennt.“ Anh die Ueberseßung der Tragödie wird sehr belobt, und die Presse schließt ihr Referat mit folgenden Worten : „„Der Eindruck war großartig, feierlich, religiös, Diese erhabene, ein- fache, naive und majestätishe Kunst, welche in dreißig Jahrhunderten nicht gealtert ist, diese Stimme der Vergangenheit , die durch unsere heutige Sprache an unser Ohr tönt, diese todte und doch lebendige Poesie brachte eine wunderbare , unerwartete und alle Voraussicht übertreffende Wirkung auf das versammelte Auditorium hervor. Is noch irgendwo in Attikg's Erde ein Stäubchen von der Asche des Sophokles übrig, so muß es gebebt haben vor Entzücken, denn im Theater von Athen selbst konnte der Dichter keinen größeren Triumph erleben, als in unserem Odeon. Diese Wiedererweckung verdankt der alte grie

ische Tragiker zwei jungen Romaytikern, den Herren P. Meurice und Vacquerin, die sich durch diese Ucberseßung zu Dichtern ersten Ranges emporgeschwungen haben. So nachbilden, heißt schaffen. Dies gewissenhafte Studium von Sophokles und Shakespeare wird ihnen Früchte tragen. Wir sind gespannt darauf, ihnen jeßt in einem Drama von ihrer eigenen Erfindung zu begegnen,

I París, 27. Mai. Jn der Deputirten-Kammer wa ren um 2 Uhr noch so wenige Mitglieder zugegen, daß die Sißung eine halbe Stunde suspendirt werden mußte. Endlich zeigt der Prä= sident derselben an, daß sie einen neuen s{merzlichen Verlust durch den Tod des Herrn Jacques Laffitte erlitten habe, und verliest das folgende Schreiben: „Herr Präsident! Jch habe die Chre, Jhnen den Tod meines Schwiegervaters , des Herrn Jacques Laffitte, Mit-= glieds der Deputirten - Kammer, mitzutheilen. Er is heute Abends 75 Uhr verstorben. Jch habe die Ehre u. st. w. (Gez.) Fürst von der Moskwa, Paris, 26. Mai.‘ Der Präsident fündet an, daß er durchs Loos die große Deputation bestimmen werde, die dem Leichenbegängnisse beiwohnen solle. Einige Stimmen: Die ganze Kammer muß demselben beiwohnen. Der Präsident: Nichts steht im Wege, dies geht sogar meistentheils so; aber ih muß mich an das Reglement halten, Die große Deputation wird durch das Loos gezogen, Die Tagesordnung führt zum Skrutin über das Kredit- Verlangen zur Feier der Julifeste im Jahre 1844. Zahl der Abstimmenden 236, wovon 193 für, 43 gegen die Bewilligung stimmen. Dasselbe i also angenommen. Die Kammer schreitet nun zur Diskussion über die Supplementar= und außerordentlichen Kredite für 1843. und 1844, und über die Supplementar- Kredite über die bereits geschlossenen Rechnungsjahre. Dix allgemeine Diskussion wird eröffnet, Herr de Carne hat das Wort gegen den Entwurf. Er wolle nur einige Fragen an das Kabinet richten, sagt er. Er erhebt sih gegen die Erhöhung der für geheime und außerordentliche Sendungen ins Aus= land eröffneten Kredite; gesteht, daß seine Juterpellationen in ge= wissen Schranken sich halten müssen, Ein folhes Kapitel unter=- suchen, heißt die ganze äußere Politik des Ministeriums umfassen. Es giebt übrigens Sendungen, die durchaus nichts Geheimes haben, und die man erörtern kann. Eine solche is die nah China. Hat das Kabinet, bevor es eine so kostspielige Sendung beschloß, sih ver= sichert, daß deren Mitglieder zu Canton werden empfangen werden ; man fann daran zweifeln, Jedermann kennt die Sitten und Ge- bräuche des Hofes von Peking. Jedermann kennt dessen Abneigung und Widerwillen gegen die Ausländer. Die Engländer können sich auf den Buchstaben der Verträge stüßen. Wir befinden uns nicht in derselben Lage; was dazu beiträgt, die Zweifel des Redners über den Erfolg der französischen Botschaft zu bestärken und seinen Glau= ben an die Unüberlegtheit, die bei deren Absendung herrschte, sind die See = Streitkräfte, mit welhen man sie unterstüßen zu müssen glaubte. Herr de Carne glaubt, man suche in China nur noh ge= fährlichere Schwierigkeiten auf, als diejenigen, die man sich bereits auf den Marquesas -=Jnseln geschaffen habe. Er geht dann auf die Politik Frankreichs in Syrien über und tadelt den Minister des Aus= wärtigen, die katholishe Bevölkerung jener Länder im Stiche gelassen zu haben. Diese Frage sei indeß viel wichtiger und ernster als jene von Oceanien, Frankreich habe viel größere Juteressen im Mittel= meere, als in Oceanien, Ju Syrien hatte es ein Ober - Patronat auszuüben, das die fatholishe Bevölkerung verlangte, und wel- ches das Kabinet nicht verweigern durfte. Sein Verhalten sei das Vergessen der guten und wahren Politik Frankreihs, Er fragt, ob die Regierung das seit dem heiligen Ludwig bestehende Schubrecht in Syrien aufgeben wolle, ob es für unmöglich halte, die Maroniten dem Hasse der ihnen feindseligen Bevölkerungen , welche ihre Vernichtung wollen, zu entreißen, ob Fraukreih darauf verzich= ten wolle, die ehemals mächtigen Familien Syriens zu unterstüßen, Dann kommt er auf Otaheiti, ohne etwas Neues zu bringen, auf die Verhältnisse in Haiti, welches er zur Erfüllung seiner Verpflich=- tungen gezwungen wissen will, Er wartet die Antworten des Mini= sters ab, um für oder gegen den Entwurf zu stimmen.

Man fürchtet ein Demonstration der Radikalen bei Laffitte's Lei= chenbegängniß, und hat Versammlungen von Arbeitern auf den Bou= levards bemerkt, die sich nah Laffitte’'s Haus begaben.

ck Paris, 27. Mai, Die äußerste Linke der Deputirten= Kammer, deren Reihen an sich {on dünn, in Folge des Umschwunges der Meinungen und Jdeen sich immer mehr lichten, verliert an dem

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gestern Abend verstorbenen Jacques Laffitte, wenn auch nicht einen hervorragenden Redner denn er beobachtete schon seit Jah- ren ein nur selten unterbrohenes Stillshweigen doch eines ihrer hervorragendsten Mitglieder, eine ihrer Hauptstüben, wegen des mo- ralischen Ansebens, das der Verstorbene in der Kammer wie im Lande genoß, und der Achtung, die ihm namentli als ehrenwerthem Cha- rakter selbs diejenigen nicht versagten, welhe die Shwächen und Verirrungen seines politischen Lebens und Wirkens wohl erkennend, als Gegner ihm gegenüberstanden. i Selten hat ein Mann die weselvollen Launen des Schiksals mehr erfahren, als Jacques Laffitte. Arm von Geburt, gelangte er durch Fleiß und Thätigkeit und vom Glücke begünstigt zu dem Besibe von Millionen, wurde die Stüße seiner Familie, seiner Freunde, ja selbst der Unterstüßer seiner Feinde; als er aber aus seiner eigent- lihen Sphäre, der finanziellen, in die politische hinübertrat, da verließ ihn das Glück, die in jahrelangen Mühen gesammelten Millionen ver- \{chwandeu, aus seinen zahlreihen Freunden wurden fast eben so viele Gläubiger. Doch Laffitte verlor den Muth nicht. Obgleich schon hochbe- tagt, schien er seine Jugendkraft wieder erlangt zu haben, und seiner Thä- tigkeit und Erfahrung in deu Geschäften gelang es wirklich, seine Bermö- genszustände wiederherzustellen und in der Finanzwelt sich von neuem eine bedeutende Stellung zu erringen. Nicht mit Unrecht fonnte man ihm vorwerfen, seine politische Bedeutung und seinen Einfluß auf die Mei- nung des Landes überschäßt zu haben, doch erkennt Jedermann an, daß er sich andererseits im Reichthum bescheiden und cinfach, in der Armuth edel, thatkräftig und wiirdig gezeigt, daß er, reich oder arm, nur das Beste seines Vaterlandes wollte, wenn er auch sich über die Mittel, es zu erzielen, täuschen mochte. Wenn Viele ihm wohl mit Recht das politische Genie absprachen, so folgt ihm doch das einmii thige Anerkenntniß Aller ins Grab, eín Ehrenmann gewesen zu sein. __ Geboren zu Bayonue am 24. Oktober 1767 als der vermögens- lose Sohn eincs Zimmermanns und Bruder von neun Geschwistern,

| fam er zwanzig Jahre alt, 1787, nach Paris als Commis in das

Banquierhaus Perregaux. Die französische Revolution trat ein, ohne ihn von seinem Plate zu verdrängen. Zur Zeit der Einführung der Republik war er bereits Kassirer, und im Besiße des stets zunehmen- den Vertrauens seines Patrons. Bei Beginn der Kaiser Epoche trat der Banquier Perregaux in den Senat ein, und übertrug dem jungen Laffitte die Leitung seines ganzen Geschäftes, das er endlih im Jahre 1809 unter eigenem Namen übernahm. Von dort an datirt sich das Bestehen des Hauses Jacques Laffitte, Er Le saß bereits ein folossales Vermögen, wurde Regent der Bauk, Präsident der Handels -= Kammer, und gegen das Ende der Kaiser-Epoche Gouverneur der Bauk von Fraufkreich, die in jener fri- tischen Zeit arm war, weshalb J. Laffitte mit ehrenwerther Uneigen nüßigkeit auf den mit dieser Stelle verbundenen Gehalt von 100,06 O Fr, Verzicht leistete, Als 1814 die Verbündeten in Paris einrückten, der Stadt eine Kriegs = Contribution auferlegt wurde und bei der Leere des Schabes die Notabilitäten der Bank zusammengerufen wurden, um über die Mittel zur Deckung der zu bezahlenden Summe durch Aufbringung eines Anlehens zu berathen, {lug Laffitte eine National- Unterzeichnung vor und erklärte zugleich, dieselbe mit einer beträcht- lichen Summe eröffnen zu wollen z aber der Antrag fand keinen An- klang, der Name Laffitte’s blieb der einzige auf der Uste.

Nach der ersten Restauration zum Banguier der Bourbons er- nannt, erfüllte er getreulich nicht blos seine Pflicht, er that mehr; als Ludwig X VI1. am 20. März abermals Paris verlassen mußte, da händigte ihm Laffitte auf der Stelle vier Millionen für sich, eine Million für den Grafen von Artois, nachmals Karl X., und 700,000 Gr. für die Herzogin von Angoulème ein, Der Herzog von Orleans, jeßt König der Franzosen, gleichfalls von dem unvorhergesehenen Schlage unvorbereitet überrasht, war nahe daran, obne alle Geld- mittel abreisen zu müssen, Vergeblich hatte er verschiedenen Handels= häusern von Paris Effekten, im Gesammt - Belaufe zu einer Summe von 1,600,000 Fr., anbieten lassen, wobei er sich zu einem Ver= luste von 20 pCt, verstehen wollte. Der angebotene Schuldtitel war zweifelhafter Natur, Niemand wollte denselben erwerben. seiner Verlegenheit wendete sih der Prinz an Herrn Laffitte, welher sogar den ihm angebotenen Gewinn ausshlägt, und die Papiere, deren Werth jedenfalls zweifelhaft war, al pari annimmt. Während der hundert Tage war èr Mitglied der Repräsentanten-Kammer als Mit- glied der Deputation des Handelsstandes. Jun dieser gehörte er zu der Minorität, welche zuerst mit Napoleon, der Armee, und einem im ganzen Lande zu organisirenden allgemeinen Aufgebote in Masse dem zweiten Eindringen der Verbündeten in Frankrei Damm seßten, nachher aber, wenn der Sieg erlangt worden wäre, Napoleon Be- dingungen für die Wiederbesteigung des Thrones vorschreiben zu fönnen meinte. Y

Als Napoleon in Folge seiner Niederlage bei Waterloo und der abermaligen Einnahme von Paris durch die siegreichen Heere der ver- bündeten Preußen und Engländer sich nah St, Helena einschiffen mußte, da war es gleichfalls Laffitte, dem er die leßten Trümmer seines Vermögens anvertraute, in fünf Millionen Franken bestehend. Als Laffitte ihm einen Empfangschein darüber ausstellen wollte, wei- gerte er sich, ihn anzunehmen, mit den Worten : „Jch kenne Sie, Herr Laffitte; ih weiß, daß Sie meine Regierung nicht lieben, aber ih halte Sie für einen redlihen Mann.“ Damals rettete Laffitte auch Paris aus einer großen Gefahr, Die damals abgeschlossene Militair = Convention war von den Feldherren der Verbün-

deten nur unter der ausdrücklichen Bedingung gewährt wor- den, daß die noch vorhandenen Ueberreste der französischen Armee aufgelöst und hinter die Linie der Loire zurüdckge-

{hickt würden. Ein Theil der französischen Truppen machte aber Miene zur Widerseßlichkeit, und andererseits mußte man ihnen doch erst Brod geben, um sie auflösen zu können, aber der Schaß war leer, der Bürgerkrieg konnte jeden Augenblick ausbrehen. Herrn Laffitte war der Kredit der Bank anvertraut, aber er weigerte sich, ihn bloszustellen durch Auferlegung eines Zwangsanlehens : lieber nahm er zwei Millionen aus seiner eigenen Kasse, und händigte sie dem Finanz-Minister ein, So ward Paris gerettet, Kaiser Alexander verlieh ihm damals als Beweis der Anerkennung seiner edlen Hand- lungsweise und seiner Guade den St. Wladimir-Orden. Nach wie- derhergestellter Ordnung und nachdem die Kammern der Charte ge- mäß konstituirt waren, wurde er von dem Wahl-Kollegium von Paris in die Deputirten-Kammer geschickt, wo er auf den Oppositionsbänken Plaß nahm. Hier erst beginnt seine eigentliche politische Laufbahn,

Grossbritanien und Irland.

_ London, 25. Maï. Die heutigen Abendblätter veröf- fentlichen die gestern von den Richtern der dubliner Queens Bench e att Entscheidung über den Antrag der angeklagten Repealer au Cassation des Jury - Ausspruches und Einleitung eines neuen Prozesses. Die Meinungs - Verschiedenheit der Richter über die Zu- lässigkeit dieses Gesudhs, welche die Verhandlungen so lange verzü- gerte, hat zwar auch jeßt das Urtheil nicht einstimmig ausfallen las- sen, doch is nah der Stimmen-Mehrheit der Antrag verworfen und das Verdikt der Jury gegen alle Angeklagten , mit V eiatne des Herrn Tierney, für gültig erklärt, Von den vier Richtern des Ho- fes haben nämlih zwei, darunter der Ober = Richter Pennefather, die neue Einleitung des Prozesses abgelehnt, der Richter Perrin für die

Herren O'Connell und Tiernes ein neues Verfahren als nothwendig angerathen und der. Richter Crampton nur zu Gunsten des Herrn Tierney dies Verfahren beantragt. Es steht sonach dem Ausspruche des Straf - Urtheils gegen die Angeklagten nihts mehr im Wege, wenn niht von neuem Einsprühe gegen die beobachtete Form des Prozesses erhoben werden.

Während die Whigpresse, und namentlich die Morning Chro-=- nicle, der Schrist des Prinzen von Joinville die unreinsten Motive unterlegt, indem sie zu erweisen sucht, baß dieselbe nur darauf be- rehnet sei, die Volks-Leidenschaften dur die Aussicht auf einen Krieg mit England der Politik der gegenwärtigen Dynastie Frankreihs günch- stiger zu stimmen, rühmt die Torypresse, selbst die Times mit ein- geschlossen, im Allgemeinen das Talent, den Charakter und den Pa- triotismus des Prinzen, welhe aus seiner Schrift hervorleuchten. Vor Allem bemüht sich der Morning Herald, zu erweisen, daß die Absicht des Prinzen nit ein Krieg mit England sei. „Es ist für uns unmöglich, zu denken“, schreibt dies Blatt, „daß irgend ein Mit- glied der Königlichen Familie Frankreihs oder irgend ein wahrer Franzose der Feind Englands sein kann. Es giebt wohl Einige, welche in der Schrift des Prinzen von Joinville Anzeichen solcher Feindseligkeit erblicken; wir aber vermögen dieselbe niht zu erkennen. Der Prinz von Joinville schreibt ein Buch über einen Gegenstand seines Berufs. Liegt darin etwas Außerordentliches? Aber dies Buch bezieht sich auf den Kriegz Krieg is ja indeß das Metier des Prinzen, und wodurch anders kann er denn sein neues System des See- krieges beleuchten, als dur häufige Beziehungen auf Englaud? Kann denn Frankreich mit dem Könige von Bayern, oder dem Könige von Sachsen, oder den schweizer Kantonen, ober mit sonst einem Binneulande Europas einen Seefrieg führen? Die Möglichkeit eines Seekrieges mit Eng= land aber legt jenem Lande die Verpflichtung auf, eine große Flotte zu halten und läßt seinen Prinzen auf das Studium der See-Tafktik sh legen, Der Prinz kann demnach sehr wohl einen Zustand erörtern, der immer möglich is, obwohl wir uns freuen, daß er sehr fern liegt.“ Um nun die Nothwendigkeit einer solhen Erörterung zu beweisen, giebt der Morning Herald eine Schilderung von dem gegenwär= tigen Zustande der englischen Marine, welcher einen patriotischen fran= zösischen Admiral allerdings bekümmert über die Seemacht des eigenen

Landes machen könute, „England ist gegenwärtig“, wie dies Blatt schreibt, „im Besiß von ungefähr 41000 Dampfschiffen,

von denen die Hälfte über 500 Tonnen Last trägt, und die sämmt= lih in wenigen Tagen in Kriegsfahrzeuge für Geschüße vom größ=- ten Kaliber verwandelt werden können. Ueberdies brauchen wir nur furze Zeit, um eine große Anzahl eiserner Dampfschiffe zu bauen, sto daß wir nah einigen Wochen ungefähr eine zehnmal größere Dampf= Kriegsflotte können in See stehen lassen, als irgend eine andere europäishe Macht, Diese Dampf- Kriegsflotte würde von unserer bisher noch unbesiegten Segelflotte unterstüßt, welche zum Transport der Kohlen verwendet werden und zuglei, so wie jene, Soldaten füh- ren könnte. Jede Seestation des Feindes könnte sofort angegriffen und man verzeihe uns das Wort eben so bald genommen werden. Die Dampfer könnten an Orten mansvriren, welche, wie der „Bossure bas““, der so lange unsere großen Schiffe von dem Hafen von Boulogne entfernt hielt, unserem Feuer nicht zugänglih waren. Segelschiffe vom größten Umfange könnten ferner so nahe wie möglich heranfal= ren, weil sie am Schlepptau der Dampfschiffe gesichert sind. Der Feind würde \sich freilich mit der Tapferkeit s{hlagen, welche dem Franzosen eigenthümlich is, aber der Grundsaß Turenne's, daß der Sieg immer auf Seiten des stärksten Heeres is}, gilt auch zur See. Wenn die englishe Regierung ihre Pflicht thäte, so würde in 6 Monaten in sämmtlichen Häfen Frankreichs kein Mast mehr auf= ret stehen, Aber, sagt man, wenn auch die französische Flotte ge= schlagen wäre, so würden doch die französischen Korsaren den briti= hen Handel vernichten. Thörihte Behauptung! Der Dampf hat dem Korsarenkriege ein Ende gemacht. Jeder Hafen, der dem Kor-= saren eine Zuflucht darbieten kann, wird gesperrt, und es ist nichts leichter, als die Häfen mit Dampfschiffen zu sperren, Wie man die Sache auh ansehen möge, die Dampfschifffahrt is ein Schaß vor= züglih für England, das zum Glück feinen Mißbrauch davon machen wird,“ i

Diese Antwort des Morning Herald auf die Broschüre des Prinzen von Joinville, wie günstig sie sch sonst über die Beweg= gründe aussprechen mag, dürfte eben niht sonderlich dazu beitragen die öffentliche Meinung in Frankreich zu beruhigen und die Verlegen- heit des französischen Kabinets zu beseitigen. E

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Brüssel, 28. Mai, Se. Majestät der König von Sachsen nahm vorgestern die Merkwürdigkeiten der Hauptstadt, namentlich das Rathhaus in allen seinen Details, in Augenschein, und seßte gestern Vormittags, nah eingenommenem Frühstück im Schlosse von Laeken seine Reise nah Ostende fort, wird jedoch unterweges noch in Gent und Brügge sich aufhalten, um auch diese interessanten Städte zu besichtigen. :

Der Minister des Innern is in der Repräsentanten - Kammer von Herrn Rogier über die Verhandlungen mit der preußischen Regierung und dem Zoll-Verein interpellirt worden. h

„Man hat uns gesagt, ‘““ äußerte Herr Rogier, „daß die Regierung auf den vorgeschlagenen Grundlagen nicht habe unterhandeln wollen. Man verlangte von Preußen einen Hanudels- und Schifffahrts-Vertrag; Preußen {lug eínen Schifffahrts-Vertrag vor, unsere Regierung aber weist cinen solchen Vertrag mit dem Zoll-Verein zurü, und zwar in dem Augenblick, wo sie in unser Handels-System cine solche Reform einzuführen beabsichtigt, daß das ganze Gewicht ciner so starken Macht wie der Zoll-Verein nicht zuviel gewesen wäre um Belgien zu stützen ; sie weist einen Schifffahrts-Vertrag mit Preußen zurü, welches, wie man uns sagt, den besten Willen von der Welt zeigte einen solchen Vertrag abzuschließenz und warum weist sie ihn zurück? Weil Preußen mehr Schiffe hät als Belgien , und weil es, nah dem Ausdruck des Tages, die Rolle des Angeführten spielen hieße, wenn man einer Macht , die mehr Schiffe als Belgien hat, Schifffahrts - Vortheile bewil- ligen wollte, Wer aber sicht niht ein, daß Belgien unter solhen Um- ständen niemals mit irgend einem Lande von einiger Bedeutung einen Schifffahrts - Vertrag würde abschließen können? Welches Er- gebniß man auch von der Anwendung der Differenzial-Zölle hoffen, mit welcher National - Eigenliebe man auch ausgestattet sein mag, so fänn man doch nimmermehr glauben, daß Belgien je eine so beträchtlihe Flotie wie der Zoll-Verein in See bringen könnte. Da also Preußen stets mächtiger als wir zur See sein wird, so wird auch Belgien niemals mit ihm einen Schifffahrts - Vertrag schließen können. Das is der Geist der Voraussicht in welchem die Unterhandlungen gesührt worden sind, das sind die Gründe, warum man nichts zu Stande gebracht hat, Jch fordere die Minister auf uns zu sagen, ob sie irgend etwas anderes mit Preußen zu Stande ebracht haben, und ob dies uicht die einzigen Gründe ihrer Verzicht leistung sind, Gründe, die man glücklicherweise, zur Ehre unserer Regierung, Preußen gegenüber, nicht eingeführt hat. Aber in einem Augen=- blick, wo man in inier Handels-System eine so bedeutende Reform einfüh- ren will, hätte man sich wenigstens die Unterstüßung eine: großen Macht sichern sollen, Ob mit Holland irgend etwas versucht worden, weiß ich nicht, doch glaube ih nicht, daß man cine ernstlihe Unterhandlung mit: die- sem Lande, an welches uns so viele Bande aus der Vergangenheit kuüpfen und in der Zukunft knüpfen müssen, einzuleiten versucht bat.

Berau er erne Herr Nothomb:

„Jh will nur ein Wort über die kommerziellen Unterha weil ih es ohne Gefahr für das Gemeinwohl sagen tkn "Bad Dies jen betrífft, so wollten wir die Schifffahrts-Convention und den Handels-Traktat