1844 / 175 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Ausland.

Deutsche Kundesstaaten. /

¿nigreich Bayern. Die Münchener Politische in f 10S nab folgende amtliche Darstellung der Vorgänge zu Fngolstadt: „Nach so eben eingelaufenen Berichten haben zu Jn- olstadt am Sonntage, den 16ten d. M., Abends bekflagenswerthe Auftritte stattgefunden, deren erste zufällige Veranlassung bald darauf zur Verübung anderer damit in feinem Zusammenhange stehender ahndungswürdiger Attentate gegen die öffentliche Ordnung und Sicher- heit benußt worden is, Die Arretirung eines Festungs - Arbei- ters, Namens Bader, wegen excessiver Trunkenheit , hatte die traurige Folge gehabt, daß derselbe, als er auf dem Wege zum polizeilichen Arrest - Lokale die Flucht ergriffen, von dem ihn verfolgenden und zur Haft bringenden Polizei - Rottmeister durch einen Stich mit dem Säbel getödtet worden war. Jn einem Augen- blick hatte sich um den zu Boden gestürzten Todten eine Menge an- derer Arbeiter geschaart, und den Rottmeister genöthigt, in dem be- nahbarten Walser Bräu- und Gasthause, das sofort verschlossen wurde, Zuflucht zu suchen. Ein großer Haufen Festungs =- Arbeiter, unter welhen sich bekannterweise seit Jahren viele Fremde befinden, drang hierauf gegen dasselbe an, umringte es, und forderte mit lautem Geschrei und immer wahsendem Lärmen die Herausgabe des Ge- flüchteten, der sollte der Gerechtigkeit des Staates ihr ordent-

liher freier Lauf gelassen werden, gegen die leiht erklärbaren Dro- hungen und die Rache einer erhißten Menge mit allen geseßlichen Mitteln geschüßt werden mußte. Da auf mehrmalige Aufforderung sowohl des inzwischen herbeigeecilten Bürgermeisters, als auch des Stadt = Commissairs von Ingolstadt der Volkshaufen nicht ausein- anderwih, noch sich entfernte, vielmehr sih anschickte, das Haus des Bräuers Walser gewaltsam anzugreifen, wurden aus der nächstgelegenen Kaserne des Königlichen Jnfanterie- Regiments Karl Pappenheim verstärkte Patrouillen requirirt, und bei der Ankunft von ungefähr 20 Mann der Rottmeister in ihrer Mitte zur Verwahrung in die genannte Kaserne abgeführt. Der zahlreiche Haufen begleitete den Gefangenen und wendete sih größtentheis in gleicher Weise gegen die Kaserne, vor welcher aber inzwischen eine beträchtliche Abtheilung Mi= litgir aufgestellt worden war, um das Eindringen der tobenden Menge zu verhindern. Als diese endlich die Ueberzeugung gewann, den Verhafteten nicht erreihen zu fönnen, zerstreute sie sich tumultuarish in verschie= denen Richtungen durch die Stadt, und machte ihrer Erbitterung durch Beschädigungen am Eigenthum einiger Gewerbsleute Luft, indem sie dur Steinwürfe und mittelst losgerissener Pfähle bei zwei Bier-= bräuern und 6 Bädckern Fenster und Läden zertrümmerte. Durch das rasche und fraftvolle Einschreiten der bewaffneten Macht, welche die Rotten mit gefälltem Bajonette auseinandertrieb, ohne daß jedoch eine Ver= wundung erfolgt wäre, wurden weitere und noch ärgere Straßen-Unfuge glückli verhindert, und so konnte bereits Abends um 9 Uhr diese durch ein bedauerliches plöhlihes Ereigniß zufällig herbeigeführte Störung der öffentlihen Ruhe als beendigt betrachtet werden. Geeignete Vor= sihts- und Sicherheits - Maßregeln wurden des Tages darguf von den Polizei - Behörden zur Verhütung neuer Exzesse getroffen, und wir haben bis zu der Stunde, in welcher wir dieses \chreiben, keine Naqhricht , daß die betrübenden Vorfälle sich irgendwie erneuert hât- ten. Der in Hast gebrachte Rottmeister wurde gestern Morgens von der Kaserne aus dem Königlichen Landgerichte Jngolstadt zur Einleitung der s\trafrechtlihen Untersuchung übergeben und der zuversichtlich zu erwartende rasche Verlauf derselben wird die dem Reate angemessene Strafbarkeit an den Tag legen. Von den Ex- cedenten wurden mehrere gleichfalls verhaftet.“ Der Nürn-= berger Correspondent vom 21. Juni bringt die (nach obiger Erzählung wenig glaubwürdige) Nachricht, es sei von Eichstädt und Neuburg eine Verstärkung von Truppen in Jngolstadt eingerüdt, und auch der Divisions - Kommandant Graf Pappenheim von Augsburg aus dahin abgereist.

Königreich Sachsen. Die Deutsche Allgemeine Zei- tung rlélder E errnhut vom 16. Juni: „Heute Abend hat der Superintendent und Konsistorial - Rath Dr. Siedler aus Posen im Betsaale zu Herrnhut von den sogenannten Bischöfen der Brü derkirhe, als erwählter Senior der wiederhergestellten Unitätskirchen in Posen, die apostolische Weihe der Ordination erhalten, und zwar nicht in der gewöhnlichen herrnhutischen Ordinationstracht, sondern in; dem geistlichen Amts Ornate der lutherischen Kirche.“ |

erzogthum Sachsen - Meiningen - Hildburg- bauk: Die Gu lin des Herzogs Bernhard von Sachsen-Wei- mar und die Prinzessin Karoline von Hessen, so wie der Prinz Ernst : von Barchfeld und die Fürstin von Hohenzollexn sind in Liebenstein angelangt, um die verwittwete Königin von England, die 6 bis 8

Wochen dort verweilen wird, zu begrüßen. Noch viele andere höchste

und hohe Herrschaften. haben sih bei Jhrer Majestät zum Besuch an- dea laffen der König von Hannover, der Erbgroßherzog von

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Sachsen-Weimar, der Herzog von Sahsen-Koburg-Gotha in Beglei= tung der Herzogin von Kent und des Fürsten Leiningen u. A. m. Für die israelitishen Gemeinden des Herzogthums Meiningen ist eine ausführliche Synagogen- und Gottesdienst - Ordnung durch das Konsistorium bekannt gemacht worden. Nach der Höchsten Auordnung waren alle Gemeinden durch ihre Abgeordneten vorher darüber ge- hört worden, und, wie die Dorfzeitung vom 22. Juni meldet, hatten sie sich schr verständig und dankbar darüber erklärt,

X% Dresden, 22. Juni, Seit den leßten 30 Jahren hat die Einwohnerzahl Dresdens sich um ungefähr 50 pCt. vermehrt. Die natürliche Folge is, daß die in früherer Zeit errichteten fommun- lichen Anstalten den jet bestchenden Verhältnissen niht angemessen sind. Namentlich wird das hiesige Stadtkrankenhaus, welches wohl auch in anderer Hinsicht den heutigen Anforderungen und Wünschen nicht ganz entsprehen mag, für das dermalige Bedürfniß völlig un= zureihend crahtet, weshalb seit längerer Zeit bei den Verhandlungen der Stadtverordneten die Erbauung eines größeren Stadtkranken= hauses einen der wichtigsten Gegenstände ausmacht, Schon vor zwei Jahren is das dazu ausersehene, am östlichen Ende der Altstadt ge- legene Terrain acquirirt, au bereits eine große Masse Steinwerk dazu angefahren worden. Dessenungeachtet findet die Vollführung des Baues Anstand und Widerspruch und, wie es scheint, mit vollem Grunde. Die Höhe der dazu mit 130 150,000 Rthlr, veranschlagten Summe, welche leiht bei der Ausfübrung noch bedeutend überstiegen werden könnte, hat nämlih die nähere Betrachtung hervorgerufen, daß es doch dem eigentlihen Zwecke nicht entspricht, für die Armen und Kranken so große, den Palästen gleihende Prachtgebäude neu aufzubauen, und daß die Absicht mit weit geringeren Kosten und noch vollständiger durch Armen= und städtische Krankeu-Kolouieen, bestehend aus einer Mehrzahl bürgerlicher Häuser von mittlerer Größe, zu errei= chen sei, Es würden dazu für die Stadt Dresden etwa 10 Häuser, von welchen jedes mit 8— 10,000 Rthlr. zu erbauen wäre, nöthig sein, Diese Meinung erhält ein um so größeres Gewicht, wenn man erwägt, daß durch mehrere von einander getrennte und dennoch leicht in Verbindung zu seßende Gebäude die Kranken zweckmäßiger abzuson- dern sind und die Verbreitung der Miasmen und Kontagien besser vermie= den werden fann, als in einem einzigen großen Gebäude mit Kranken aller Art, Dazu kommt, daß die Haupterfordernisse solcher Anstalten, nämlich reine Luft, Licht und Reinlichkeit, beim Bau eines einzigen umfangreichen Hauses schwierig zu erlangen sind, daß im entgegenge- seßten Falle bei entstehendem Feuer nicht gleich die ganze Anstalt mit sämmtlichen Kranken in große Gefahr gerathet, daß in Folge der Ersparniß mehr auf die Pflege, Aufsicht, Beköstigung, Bekleidung der Kranken und. Rekonvaleszenten 2c. verwendet werden kann, und daß die Kranken selbst, die sich gewiß in Palästen nicht heimish und nicht wohler befinden, den Verhältnissen, in die sie zurücktreten, uicht allzu- sehr entfremdet werden. g ;

Es ist sehr zu wünschen, daß die hiesige Anlage zu einer Muster= Anstalt solcher Art für große Städte erhoben werde. E

Unter der hiesigen Bürgerschaft ist der Wunsch und die Absicht laut geworden, bei der bevorstehenden Rückkehr Jhrer Majestäten des Königs und der Königin, dur einen solennen Empfang Allerhöchst- denenselben ihre Huldigungen darzubringen. Jhre Majestät die Kö- nigin wird am 26sten d. M. hier wieder eintreffen, der Tag der Rückkehr des Königs aber is noch ungewiß.

Oesterreichische Monarchie.

Görz, 14. Juni. (A. Z.) Der Herzog von Angoulème hat in seinem Testamente der verwittweten Herzogin den Nießbrauch sei= nes Vermögens, das Eigenthum desselben zu zwei Drittheilen dem Herzoge von Bordeaux und zu cinem Drittheile der Schwester des Leßteren vermacht. : ; |

Die Exequien des hohen Verblichenen sind hier mit wahrhaft Königlichem Pompe gefeiert worden; die ganze Bevölkerung {loß sich dem Leichenzuge nah Castagnavizza an und erhöhte durch ihre Theilnahme die Bedeutung der Feicr, da sie den sprehendsten Be- weis von den hohen Tugenden des Hingeschiedenen ungeheuchelter Religiosität und unershöpfliher Wohlthätigkeit gegeben hat.

Die verwittwete Herzogin von Angoulème hat der Stadt Görz eine namhafte Summe zur Gründung eines Hospitals für Wahnsin= nige geschenkt.

Prag, 19. Juni. Seit gestern herrscht in unserer Stadt eine große, durch Auflehnung der Drucker in den Kattun - Fabriken herbeigeführte Besorgniß, die durch einige Vorgänge des heutigen Tages nur noch mehr gesteigert werden mußte, Bor einigen Tagen waren, wie früher {hon sehr häufig, so au diesmal, zuerst in der Kattun-Fabrik der Brüder Poyges Streitigkeiten zwischen den Gabrif= esißern und den Druckern über das Lohnausmaß entstanden, die uf Requisition der Ersteren zur gefänglichen Einziehung ciniger er Wortführer führten. Dadurch noch mehr erbittert, legten ie Drucker gestern Vormittags die Arbeit nieder, versammel= ten sich jedoch bald darauf zur Ausübung von Exzessen in

der Fabrik, welhe mit persönlihen Mißhandlungen und end- lih sogar gänzlicher Zerstörung der Perrotinen endeten; weiteres Unheil wurde durch das Eintreffen der angerufenen militairischen Hülfe in dieser Fabrik verhindert. Von hier begaben sih die Drucker aber nah anderen Fabriken, wo ihre Genossen die Arbeit ebenfalls einstellten und in gemeinsamer Vereinigung heute Morgens auch in anderen Fabriken der Stadt und Umgegend Mißhandlungen an einigen der Besißer ausübten und Maschinen zerstörten, ehe es durch das ein=- shreitende Militair verhindert werden konnte. Gegen weitere Aus=- dehnung dieses verbrecherischen Treibens is durch gehörige Verthei- lung des Militairs in der Stadt sowohl als in deren Umgebung ge- sorgtz und man hofft, daß es den von Sr. Kaiserl. Hoheit dem Erzherzog Statthalter getroffenen, im hohen Grade fürsorgenden und dabei doch möglichst shonenden Verfügungen gelingen werde, die Tumultuanten zur Besinnung zu bringen und zum Wiederantritt ihrer Arbeit zu vermögen, um so mehr, da bisher überall das Erscheinen des Militairs zur Hintanhaltung fernerer Gewaltthätigkeiten genügte, ohne daß es nothwendig war, von den Waffen Gebrauch zu machen. Indessen ist man doch nicht ganz ohne Besorgniß wegen des ferneren Verlaufes dieser bedauerlihen Angelegenheit, Wie strafbar übrigens die Auflehnung der Arbeiter auch is, besonders bei einer solchen Aus=- artung in das verabscheuungswürdige Verbrechen öffentlicher Gewalt- thätigfeit und Zerstörung des Eigenthums, \o kann doch andererseits auch das bisherige Verhalten der hiesigen Besißer der Kattun-Fabriken nicht gebilligt werden. Eben weil sie als Jsraeliten in den unteren Schichten der Bevölkerung wenig Anhänglichkeit haben, sollten sie um so mehr beflissen sein, durch Fabrik = Schulen , Er- sparungs- und Pensionsfonds die sittlihe und materielle Lage ihrer Arbeiter verbessern zu helfen, was ihnen bei diesen und den übrigen Klassen der Bevölkerung gewiß bleibende Sympathieen erwerben müßte. Leider aber is von den hiesigen Fabrikanten bisher gar nichts geschehen, um durch Unterricht oder anderweitige Unterstüßungen der iu ihren Fabriken beschäftigten Kinder und Arbeiter dem, was in anderen Fabriksorten Derartiges geschieht, sich gleichzustellen. Mögen die jüngsten bedauerlihen Vorfälle dazu beitragen, daß diesem Man- gel abgeholfen werde z Anstalten der erwähnten Art sind in geschlossenen Fabriken die besten Abwehrmittel gegen Rohheit und ungeseßliche Gewaltthat, die durch Vorkehrungen der Behörden wohl an der Verbreitung, nimmermehr aber am Ausbruch verhindert werden kön- nen. Unsere Fabrikanten überdies, die so lüstern nah der Erhebung in den Adelsstand sind, sollten bedenken, daß die Sorge um die Ver= besserung der moralischen und materiellen Existenz Hunderter von Arbeitern ebenfalls eine Art Adel verleiht, dessen Werth dem eines er-

kauften Wappenbriefes gewiß nicht nachsteht. Frankreich.

Pairs-Kammer. Sihung vom 18. Jun i, Heute wurde das Geseß wegen der Erfindungs- Patente mit 93 gegen 4 Stim- men angenommen. Dann kam das Geseb wegen Einberufung von §0,000 Mann an die Reihe. Nachdem alle Artifel ohne Debatte votirt waren, wurde das ganze Geseß mit 89 gegen 4 Stimmen

genehmigt.

Devutirten- Kammer. Sißung vom 18. Juni, An der S 1AM war die Wiederaufnahme der Diskussion ne Gesetzes über die Eisenbahn von Orleans nach Bordeaux. Nach d gestern die Diskussion des Lastenhestes beendet worden, kam E Art. 3 des Gesehes selbs, Der Minister wird dadurch R igt, die Bahn auf eine Dauer von höchstens 41 Jahren und 1 i‘ ge von dem für die Schienenlegung festgeseßten Tage an gerechnet, 11 Pacht zu geben. s : L f, d n Preiígne beantragt, nur 35 Jahre statt 41 zu seben, die Konzession solle durch Zuschlag erfolgen und keine Gesellschaft ohne Cau- tionsleistung zugelassen werden. Der Zuschlag solle aber erst durch eine Königliche Ordonnanz definitiv werden. Nach Gerüchten an der Börse, sagt der Redner, wolle sich für gewi|je Bahnen leine Gesellschaft anbieten, weil sie glaubten, daß die Konzession dafür son im voraus ertheilt sci. Die Auslassung dieser Bestimmung in gewissen Lastenbächern schienen diese

üchte zu tigen. j ;

M Be Me der öffentlihen Arbeiten: Er solle die Perso- nen nennen, welche gemachte Versprechungen anführen, (Lärm! Aufregung - Cb 1 E 1

D S op Preigne: Er habe niht von Versprechungen geredet, sondern von Gerüchten an der Börse. : :

Der Min ister: Der Redner scheine sie aber unter sein Patronat nehmen zu wollen, indem er sie auf der Tribüne wiederhole. \

Herr von Preigne: Er habe nicht die Absicht eines Angriffs auf den Minister gehabt. (Aufregung und Zeichen der Verwirrung. Der Mi- nister sagt, er werde dem Redner antworten, Eine Stimme: Das ist der Mühe nicht werth.) Herr von Preígne vollendet seine Rede unter Murren und Unaufmerksamkeit der Kammer,

Der Minister der öffentlihen Arbeiten antwortet, wenn man dergleichen Gerüchte hier vorbringe, von deren Existenz er übrigens nichts wisse, so solle man klarer, bestimmter sein, Doch wolle er die Sache fallen lassen, da Herr von Preigne seine Jusinuationen zurückgenommen habe. Das Amendement desselben bekämpft er, und bittet die Kammer, den Artikel der Regierung zu votiren, (Ruf: Zur Abstimmung!)

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er das ganze (freilich nur aus 2000 Unterthanen und cinigen Nachtwäch-

tern bestehende) Königreich Yvetot den Besißungen des Ordens einverleiben werde. Jeannelte, die gewaltig kriegsiustig geworden, dringt auf Ausfech- tung der Fehde, und die Unterthanen rüsten 9 zum Kampf, Der fried- liebende Josselin kann aber kein Blut fließen sehen; ein glücklicher Zufall bietet sich ihm dar, den Krieg auf gütlichem Wege zu becnden. : Dies verwüklicht bo im dritten Ast. Josselin und Reginald sind eben im Begriff, den Krieg zwischen Yvetot und der Komthurei in einem Zweikampf auszufechten, da zeigt ersterer dem Ordensritter ein Dokument, woraus dieser mit Zerknirshung erkennt, daß Magarethe ein Kind seiner Liebe und Sünde sei, Der besiegte Komthur willigt jeyt in die Heirath seines Neffen, um das Vergnügen zu haben, in seiner Nichte (für solche wird Margarethe jeyt ausgegeben) seine Tochter umarmen zu können. i Diese vernußte Fabel des dritten Afts schadet dem Eindruck des be- lustigenden Ganzen nicht wenig, das zunächst nach der weltbekannten Chan- son von Beranger gedichtet is. Ein paar Couplets des Berangerschen „Roi d'Yretot” sind sogar wörtlih aufgenommen (in einer Art Vision), machten aber in der deutschen Bearbeitung und da nicht allen Zuhörern das satirische Lied bekannt sein kann, gar keinen Eindruck. Beranger schrieb dieses Gedicht im Jahre 1813, wo die Anspielungen auf die blutige Mili- tair-Herrschaft Napoleon's nahe genug lagen. Nachher blieb es im Munde des Volkes, als ein geistreicher Spott auf die Schlaraffen-Herrschaft. Die Textdichter der Adamschen Oper haben natürlich nur die Grundzüge dieser Chayson beibehalten können, und selbs der Charakter des Künigs erscheint bei ihnen wesentli modifizirt: er erscheint hier weder als mastiger Silen, der auf einem Esel \scin Duodez-Ländchen durchreitet, noch auch als renom- mistischer Fallstaff, vielmehr i| er ein gemüthlicher und tugendhafter Dorf- hilosoph , der als Privatmann lebt und leben läßt und als König die evise „Das Volk vor Allem, Alles für das Volk‘““ annimmt. “mig gtiot, das jeyt ungefähr 10,000 Einwohner zählt, besaß deren im [A alier nur den fünsten Theil. Es war ein freies Erblehen, dessen : P A, fen óder Könige nannten, Den Neu - Franzosen lag also, ¿wenn sie ein Shatien-Königthum persiffliren wollten, von je er der Spaß nahe, sh an Yvetot zu reiben. „V entre saint-gris ! rief cir IV. vor „der Schlacht von Jory aus, „si je perds la couronne de Fr Met / Élre au moins roi WYvetot* Nebrigens waren die Bewohner von Yve- M ATO Mi N, DAAL e nannte sie Yvetbdier von jeher ute Sol- alen und ihré Könige galien, für tren Vasallen des sianzbsischen

| Königthums, Darf man alten Chroniken glauben, so wurde Yvetot durch

Klotar 1,, zur Sühnung eines von ihm begangenen Verbrechens, zum Königreich erhoben, Gauthier, Herr von Yoctot, ein alter in Ungnade gefallener Günstling, trat den König au, nachdem er aus dem Kriege ge- gen die Ungläubigen zurückgekehrt; er glaubte dazu den richtigen Augen- blick gewählt zu haben, indem er sih an Klotar während der Messe wandte: dieser aber zog in der Kirche seinen Degen, und Gauthier sank entseelt auf ie Stufen des Altars. / hs

i! Die Musik zu dieser Oper is nit ganz so pikant und frisch, wie die zum „Postillon“, „Brauer“ und „Zum treuen Schäfer“, in vielen Num- mern aber doch dem Boieldie1shen Genre hübsch angenähert, in einzelnen ausgezeichnet. Leßteres gilt besonders von den eigentlich fomischein

Gesangstücken, namentlich von dem Duett zwischen Jeanneton und Josselin im zweiten Akt, wenn jene die Liste de la maison royale vor- legt, Die Lieder Josselin)s athmen Laune und Lebensmuth, Der Chor „Herrlich blüht hier im Saal“ athmet wahre Tafelfreude. „Wahr- haft \{ön is im ersten Finale die Stelle „Jhm gebührt vor Allen.“ Auch das Duett zwischen Jeanneton und Daniel im 2ten Aft (,„„Ein Kleid, ein stolz Betragen‘‘,) hat melodischen Fluß. Ueberhaupt beruht der Neiz dieser Oper in ihren schönen Zweigesängen, zu deren dramatisch wirksamsten Nr. 8 des zweiten Akts zwischen Reginald und Adalbert gehört, Sonst sind die ernsteren Stellen ziemlich vulgair gehalten; dies gilt besonders von Adal- bert's erster Arie t A t Morgen“ und von dessen Romanze Margarethe, nichts soll uns scheiden.

s ci e lüb zeichnete sich Herr Mantius als Josselin so aus, daß der ihm so reihlich gewordene Beifall nur ein wohlverdienter I des Dankes für eine rw Leistung war, Auf solcher Höhe der f c endung haben wir das Spiel dieses braven Sängers noch nie gele, Der Vortrag der Worte „Nein, nein, laßt _mir mein harmlos FereN, s wohnt das wahre Glück allein““, o wie der Stelle „Auf Lieb? allein erbau

ih meinen Thron““, erregten den Enthusiasmus der Versammlung, Auch Dem. Marx, welche als Jeannette im Besiß der zweiten Hauptrolle pr excellirte íîn Spiel und Gelang, Herr Bötticher hielt den Mogina d wader, währenv Herr er als Adalbert nicht selten detonirte und dabei

aniel) au mit Freuven hingegeben haben, #0 entlockte uns sein Gesang

í 029 leblos spielte, e wir uns den Späßen des Herrn Schneider D doch

| manchen Stoßseuszer.

, Conrad p die Margarethe ... Von allem Anderen abgesehen, ist die Stimme der

elben so wenig tonausgebend,

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daß ihr Vortrag nie cíne gleichmäßige Wirkung erzeugen kann, indem die

hohen Töne (die vom zweigestrichenen l ab erst einigermaßen Klang bekom- men), abwechselnd mit den Mitteliönen angeschlagen, zum Nachtheil der legteren allzu sehr kontrastiren. u,

Naturwissenschaftliches.

Berlin. Ju der Versammlung der Gesellschaft naturforshender Freunde am 18. Juni legte Herr Müller einen aus dem Gestein ausgearbeiteten Teleosaurus-Schädel aus dem Cias von Boh vor und erläuterte dessen Bau, Es bestätigte sich, daß die hintere Nasenöffnung an derselben Stelle, wie an den lebenden Krokodilen und Gavialen is , aber sie durchbohrt nichi den Körper des Keilbeins, welches hon nah osteologischen Prinzipien unmöglich is, sondern wird von dem hinteren Ende der assa pterygoidea oder Flügelbcine bede, deren abgebrochenen hinteren Theil man für das Keilbein gehalten hat. Die Flügelbeine sind sehr lang und Ce Ds, als bri den lebenden Gavialen. Es giebt zwar unter den fossilen avialen mehrere Gattungen nah dem Bau der Wirbelgelente, Schilder und Zähne, aber Thiere, welche den Teleosaurus in allen wesentlichen Dingen gleich sind, sind ohne Grund davon getrennt worden und haben zu zahlreichen synonymen Gattungsnamen Veranlassung gegeben. Herr Link zeigte Stüce von dem Stamme einiger Bignoniamen aus Süd - Amerika vor, wo die Rinde regelmäßig ins Kreuz in das Holz gewachsen ist, Er machte aufmerksam darauf, daß auch in unseren Bäumen, namentlih im Buchen- holz, die Rinde in das Holz hineinwächst, doch nicht so regelmäßig, als in jenen tropishen Stämmen, Die Anatomie zeigte, daß wirklih das Ein- gewachsene Rinde war, das übrige Holz. Herr Ehrenberg zeigte noch einige der charakteristishen Formen des mifrosfopischen Lebens im Eise des Südpols von der Expedition des Capitain Roß vor. Herr Ewald legte Pagen von einer neven zweishaligen Mollusfkengattung aus der

reideformation vor, welhe er mit dem Namen Sparogryphus belegte, und welche im System der Gattung Caprina zunächst ihre Stelle hat. Endlich zeigte Herr von Tchud i einen Gecarcinus aus dem Jnnern von Peru vor, der jeyt schon seit zwei Jahren in der Gefangenschaft lebt.

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Das Amendement wird verworfen und die Dauer des Pachtes zu 41 Jahren angenommen, Herr von Preigne besteht, anstatt der bloßen den Konkurrenten auferlegten Bedingung einer Cautionsleistung, nun auf Zuerkennung der Konzession mit Oeffentlichkeit und Konkurrenz ; aber der Berichterstatter, Herr Dufaure, bekämpft auch dieses Amende= ment. Herr Lun eau kritisirt die Art und Weise, welche die Regierung sich vorbehalten, und behauptet, es seien daraus bereits Mißbräuche entstan- den, die er nachzuweisen sucht. Der Regierung werde durch die an- genommene Weise alle Freiheit des Handels benommen. Er hatte mehrere Pairs und Deputirte auf einer Liste, tie er verlas, genannt, als Theilnehmer an einer Gesellshaft, wodurch man das Vertrauen der Actionaire anlocken wolle, Herr de l'Espee, dessen Name auch genanut i, erklärt, darüber Aufshluß geben zu wollen, um jeden Argwohn zu beseitigen (Murren); das Vertrauen, das ihm die Kammer erwiesen, indem sie ihn zu einem ihrer Secre- taire ernannt, mache es ihm zur Pflicht. (Zustimmung.) Gerade die seit einigen Jahren eingerissenen Mißbräuche bei den Eisenbahn= Unternehmungen hätten einige Männer beider Kammern zur Bethei= ligung daran bestimmt, um der Sache eine bessere Leitung zu geben. Graf Molé stehe an der Spiße der verlesenen Liste. Der Theil= nahme dieser Männer sei das Zustandekommen der Bahn nah Rouen und die Beseitigung der Schwierigkeiten der Vollendung der Bahn nah Orleans zu danken. Es folgten dann noch einige andere persön- lihe Erklärungen der Herren Etienne, Odilon Barrot und Ganneron in ähnlihem Sinne. Der Minister der öffent-= lihen Arbeiten vertheidigte zwar die unbedingte Befugniß des Staats, unter den Konkurrenten diejenigen auszuwählen, die ihm die meisten Garantieen darzubieten schienen, versicherte aber zugleich, daß, wenn mehrere gleich empfehlenswerthe Konkurrenten aufträten, die Konzession zu der Unternehmung auf dem Wege der Adjudication erfolgen solle, Die Kammer fand sich indeß hierdurch nicht beruhigt, sie wollte das fafultative Verhältniß in ein obligato- rishes verwandelt sehen, und es wurde zuleßt das Amendement des Herrn Preigne mit Zustimmung des Ministeriums und der Kommis- sion einmüthig angenommen, indem man ihm nur die Bestimmung hinzufügte, daß keine Compagnie ohne vorherige Einwilligung des Ministers und ohne Niederlegung einer Caution von 2 Millionen Fr. zum Bieten zugelassen werden solle. Nach Votirung des 3ten Arti= els blieb nur noch wenig zu thun übrig. Der 4te Artikel, der den Minister der öffentlichen Arbeiten ermächtigt, provisorisch für den Be- trieb der Bahn zu sorgen, wenn binnen zwei Monaten keine Com- pagnie zur Uebernahme derselben unter den festgestellten Bedingungen sich bereit finden sollte, wurde nach kurzer Diskussion genehmigt. Hierauf {lug Herr Cremieux einen Zusab-Artikel vor, welher dahin lau- tet, daß kein Mitglied beider Kammern einer Compagnie angehören dürfe, der eine Eisenbahn durch Konzession zuerkannt wird, und daß ein solhes Mitglied eben so wenig zum Verwaltungs-Rath einer die- ser Eisenbahnen gehören dürfe. Dieser Zusaß - Ärtikel wurde nach einer ersten zweifelhaften Abstimmung bei der zweiten angenommen, was lebhafte und lange anhaltende Bewegung in allen Theilen des Saales verursachte. Die Sißung blieb geraume Zeit suspendirt, dann endlich ritt man zur Abstimmung über den ganzen, die Eisenbahn von Orleans nah Bordeaux betressenden Geseß=Entwurf, und wurde derselbe mit 218 gegen 56 Stimmen genehmigt,

Paris, 19. Juni. Die neun Kommissarien, welhe in den Büreaus der Deputirten-Kammer zur Prüfung des Unterrichtsgesebßes gewählt wurden, sind die Herren von Tocqueville, Thiers, St. Marc Girardin, von Carne, Salvandy, Remusat, Quinette, Odilon Barrot und Dupin. Nicht ein einziger dieser Deputirten is für den ministe- riellen Geseß-Entwurf, sondern alle finden mehr oder weniger daran auszuseßen. Die entschiedensten Gegner desselben (obwohl von ganz verschiedenen Standpunkten aus) sind die Herren Thiers und von Carne, Ersterer als Vertheidiger der Universität, der Leßtere als Kämpe für die unbedingte Freigebung des Unterrichts. Damit steht indeß Herr von Carne ganz isolirt in der Kommission, denn alle andere Mit- glieder nähern sich den Ansichten des Herrn Thiers in Bezug auf die Unterrichts - Frage. Es kann daher kein Zweifel dar- über obwalten, wie der Bericht der Kommission ausfallen wird, wenn auch niht Herr Thiers selbst mit Abfassung desselben beauftragt werden sollte. Die Kommission i} bereits zusammengetreten und scheint ihre Arbeiten möglichst beschleunigen zu wollen, denn sie hat beschlossen, sih täglih zu versammeln. Zu ihrem Präsidenten hat sie in ihrer ersten Sißung Herrn Odilon Barrot gewählt, zu ihrem Se= cretair Herrn St. Marc Girardin, der im Jahre 1836 Berichterstat- ter über den damals der Kammer vorgelegten Sekundär-Unterrichts=Ent- wurf war, Auf jeden Fall will die Kommission ihren Bericht noch vor dem Schluß der diesjährigen Session einreichen, Die Diskussion in den Büreaus bewegte sich vorzüglih um den 31sten Artikel des Gesehes, der die fleinen Seminarien betrifft. Mit wenigen Ausnahmen wurden die Zugeständnisse, welche die Pairs-Kammer diesen Unterrichts-Anstalten, so wie dem Klerus überhaupt, gemacht, von allen Rednern bekämpft. Da die Vorträge der Herren Thiers und von Carne den Gegensaß in der Betrachtung dieser Frage am meisten hervortreten lassen, so E hier aus ihren Reden noch einige der präguantesten Stellen olgen.

Herr Thiers: Die s{hwebende Frage is von solcher Wichtigkeit, es handelt sih dabei so sichtbar um die Sache der französischen Revolution, die einzige meinem Herzen wahrhaft theure Sache, daß ich mich diesmal mit dem größten Eifer voranstelle, was es mir auch kosten möge, Ja, ih gehöre zur Partei der französischen Revolution, wohlver- standen der Nevolution ohne ihre Ausschweifungen und Jrrthümer , und deshalb will ih, daß der Unterricht in den Händen der Universität bleibe. Man sagt täglih: „Die Jugend muß religiös erzogen werden“, und ich erkenne, daß dies den Familien und der ganzen Gesellschaft außerordent- lih am Herzen liegen muß. Aber ih höre niemals sagen: „Die Jugend muß in dem wahren Geiste der Zeit und der Jnstitutionen, in den einer großen Nation geziemenden patriotischen Gesinnungen erzogen wer- den.“ Ja, ih will, daß man fromme Meunschen erziche, aber ich möchte auh, daß man dafür sorgte, gute Bürger und gute Fran- zosen zu erzichen, Es scheint mir jedoch nicht, daß man sehr dafür sorgt, wenn man die Jugend den Händen der Universität entreißen will, um sie den Jesuiten zu Freiburg oder ihres Gleichen in Frankreich zu übergeben. Alle Bestrebungen sind auf das eine Ziel gerichtet, den Laien-Unterricht zu vernichten, und der Geistlichkeit den Jugend-Unterricht anzuvertrauen. Dem widerseße ih mi und werde mich ihm stets aus allen Kräften widerseßen, Das Wort Unterrichtsfreiheit ist nur für die Umstände erfunden und um den wahren Zweck darunter zu verbergen, Dieser Zweck i}, uns funfzig Zahre rückwärts zu bringen und in ciner der wichtigsten Angelegenheiten eine völlige Contrerevolution zu bewirken. Die französishe RNevo- lution hat Alles verweltliht, die Gesellschaft, die Negierung, die Erzichung z fie hat Frankreich und Europa säkularisirt. Es ist eine seltsame Umkehr , ein kühner Rüfschritt, wenn man wiederherstellen will , was sie gestürzt hat. Jch weiß schr wohl, man wird sagen, wir seien gottlos, da wir feine Religion in Frankreih wollten. Das sind thörichte Verleum- dungen, über die man sih hinwegzuseyen wissen muß, wenn das öffentliche Zunteresse es erfordert. Heutzutage, meine Herren, is kein Verdiest dabei, sich für religiöse Jdeen eingenommen zu erklärenz vor funfzig Jahren hätte das verdienstvoll sein könnenz jeyt heißt es eincr Art von Möve gehorchen ; ih fürchte fast, zu lagen, was ih in dieser Hinsicht denke, \o sehr finde ich, daß dies einem Geschmack des Tages gehorchen heißt, Nun, ohne den Ideen des Augenblicks s{hmeicheln zu wollen, erkläre ih, daß ih für mcin Theil hundertmal mehr eine gläubige Nation liebe, als eine ungläubige: eine gläubige Nation isst begeisterter, wenn es sich um Werke des

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Geistes handelt, auch heldenmüthiger, wenn es sich darum handelt, ihre Größe zu vertheidigen. Hätte ih diese Wohlthatcn des Glaubens in meiner Hand, ih würde dieselbe über mein Land öffnen, jedo unter der Bedingung, daß mit dem Glauben die Duldung und die Geistesfreiheit sich vereinigten, ohne die kein aufgeklärter Mensch jet leben möchte. Glau- ben Sie aber, daß Sie die Jugend gläubig machen werden, wenn Sie sie der Geistlichkcit übergeben? Jch glaube es feinesweges, und ih will ein shlagendes Beispicl anführen. Das achtzehnte Jahrhundert , so berüchtigt durch seinen Unglauben, aus wessen Händen is cs hervorgegangen? Aus den Händen der geistlichen Corporationen; und die jezige Generation, das wird man wenigstens zugeben, is weit mehr den religiosen Jdeen ergeben, als die, welche ihm voranging; man wird zugcben, daß sie, wenn nicht gläubig, doh wenigstens von Achtung und Chrerbictung gegen die Religion erfüllt is. Nun wohl, sie is aus der Universität hervorgegan- gen, Wie kömmt es denn aber, daß die Universität frommere Leute oder wenigstens ehrfurchtsvollere bildet, als die Väter des Oratoriums und die Jesuiten sie bildeten? Einzig und allein daher fömmt dies, weil man den Glauben der Jugend nicht hat erzwingen wollen. Die Regierung, die Universität hat bei allem Religions - Unterricht, den sie ihr gab, doch ge- wissermaßen ihre Freiheit geachtet, kein Zicl vor sie hingestellt, und die jugendlichen Gemüther, sih selbs überlassen, haben sih nicht zur Gottlosig- keit gewandt, denn das menschliche Herz, wenn es nicht durch herrschende Anmaßungen gezwungen “oder verblendet wird, neigt sih viel eher zu reli- giösen Jdeen als zum Gegentheil. Man gebe mir in ganz Frankreich die Lehrer von Freiburg, und ih verspreche Jhnen einen Voltaire. Wolle Gott, daß, wenn noch einmal ein solcher erscheint, er eben so viel gesunden Sinn und Geist habe. Und dann is dies noch niht Alles. Wenn Sie die Jugend katholischen Priestern übergeben wollen, so werden Sie doch wohl nicht ver- langen, daß auch die Protestanten, auch die Juden ihre Kinder zu diesen schicken sollen? Jede Religion wird also ihres eigenen Unterrichts bedür- fen; man wird einen katholischen, einen protestantischen und einen jüdischen Unterricht haben müssen. Da hätten wir denn wieder die Gescllschaft von vor 1789, jene Gesellschaft, in welcher es niht Franzosen gab, sondern Burgunder, Provenzalen, Bretagner, Flamänder, Edelleute, Bürger, Juden, Protestanten, Katholiken, Die französishe Revolution trat deshalb ein, um diesen Unterschied zu zertrümmern, um eine cinzige Nation mit gleichem Geiste, gleichen Rechten und gleichen Pflichten zu bilden. Jhr Hauptwerk ist die Einheit in allen Dingen. Wir haben Einheit in der Verwaltung, in der Rechtspflege, in den Finanzen: au im Unterrichtswesen thut sie noth, Wissen Sie, was die Universität eigentlich is? Die Einheit in Unterrichts- sahen. Als Napoleon das neue Unterrichts - System gründete, soll er, glaubt man, nur von dem Gedanken an Despotismus und unumschränkte Gewalt erfüllt gewesen sein, Jch will sicherlich keinen Freiheits-Apostel aus ihm machen. Er hatte zu seiner Zeit eine andere Aufgabe zu erfüllen, nämlich die, aus allen um ihn aufgehäuften Trümmern der französischen Gesellschaft eine gleichartige und starke Gesellschast zu gründen. Jm Jahre 1802 pflog er im Schooße des Staatsraths hierüber die schönsten Bera- thungen, Er verlangte eine außerordentliche Menge von Stipendien oder Freistellen, um sich der französischen Jugend durch fast unentgeltliche Erzie- hung zu bemächtigen. „Sie glauben vielleicht“, sagte er zu seinen Räthen, „daß cs Macht is, was ih begehre? Macht habe ih mehr, als ich brauche, Wer in Frankreich, ja in Europa, leistet mir jeßt Widerstand ? Nein, ih will eine Gesellschaft gründen, Blicken Sie um sich, Was schen Sie? Einerseits scheinbar unterworfene Vendeer, Ausgewan- derte, die ih zurückberufen, Priester, die ih ihren Altären zurück- gegeben, und die, obgleich sie alles Gute annehmen, was ih ihnen erzeige, doch im Herzensgrunde mich verabscheuen. Andererseits ins Unendliche ge- \spaltene Revolutionairs, die sich einander verrathen und anklagen. Und über diesem Allen eine befreite Nation, die nicht mehr weiß, auf wen sie hören soll, die nah Ruhe verlangt, die an gar nichts mehr denken mag. Sie glauben doch nicht, daß ein solcher Gesellschafts-Zustand ein guter ist? Mit jungen Leuten werde ih eine wahre Gesellschaft bilden, die beseelt sein soll von den gesunden Jdeen des Jahrhunderts, von den Gesinnungen des wahren Patriotismus, und die, ohne falsche Vorstellungen von der Vergan- genheit, so wie ohne den Haß der Gegenwart, würdig sein wird, uns nach= zufolgen, und fähig, den wahren Gedanken derjenigen zu ver- wirklichen, welhe die Revolution gemacht,“ Napoleon's Ansicht, wahr und richtig zu seiner Zeit, ist es in mehreren Be- ziehungen noch heute. Jch glaube, daß man eben so wenig jebt, als vor vierzig Jahren, einer Partei die Erzichung der Jugend übergeben darf. Jch denke von den Jesuiten nicht ganz so schlimm, als man von ihnen zu denken pslegt; es herrscht in dieser Hinsicht viel Uebertreibung. Glauben Sie denn aber nicht, daß Sie gegen jede vernünftige Politik fehlen würden, wenn Sie die Jugend den Männern übergeben wollten, die vor zwanzig Jahren zu St, Acheul lehrten, die jeßt zu Freiburg lehren, und die ihren Zöglingen sagen, die Revolution von 89 sci das blutdürstige Gelüst einer blasirten Nation, die Unglücksfälle von 1815 seien eine gerechte Strafe für diese Verbrechen, und die Revolution von 1830 sei eine Palast - Vershwörung gewesen? Wis- sen Sie, was daraus entstehen würde? Die traurigen Zerwürf- nisse, welche uns spalten, würden noch um zwanzig, dreißig Jahre ver- längert werden. Die neue Generation würde mit unseren alten Leiden- schaften aufwachsen, und der glückliche Tag, an welhem Frankreich, endlich einmal in gleichen Jdeen und Gesinnungen sih nahe gerückt und von der Macht des „Bündels““ durchdrungen sein wird, wäre um ein Vierteljahr hundert in die Ferne geschoben. (Schluß folgt.)

Herr Double, Ordonnanz-Offizier des Kriegs-Ministers, Mar= hall Soult, i} gestern Abend mit einer Mission nah der marokkg= nischen Gränze von hier abgereist,

unn Pariís, 19, Juni. Jn der heutigen Sißung der Deputir= ten-Kammer wurde die allgemeine Diskussion des Gesehes über die Eisenbahn von Paris nah Lyon eröffnet. Herr Stourm hat zuerst das Wort gegen den Entwurf. Er spricht sich zunächst gegen die gewählte Linie der Bahn aus und hätte die Richtung durch das Bassin der Seine vorgezogen. Herr Larabit spriht zu Gunsten des Eutwurfs, vertheidigt die von der o tis gewählte und von der Kommission angeuommene Linie. Seit undenklicher Zeit finde der Verkehr zwischen dem Norden Frankreichs und Lyon durch das Thal der Yonne statt; die sachverständigen Männer, welche den Entwurf geprüft, hätten so altbegründeten Juteressen niht Eintrag thun dür- fen. Außerdem sei es die geradeste Linie. Herr Nisard spricht in demselben Sinne wie Herr Stourmz er nennt die Wahl der Linie durh das Yonnethal eine Verleßung aller Grundsäße der Gerechtig= keit und gleicher Vertheilung; das Yonnethal treibe Landwirthschaft, das Seinethal Jndustrie und Handel, und leßteres biete auh weniger Steigungen und Abhänge. Eine Eisenbahn durch eine so industrielle Gegend wäre von unermeßlihem Vortheil für Frankreih gewesen, da ihr nur die Transportmittel fehlten; dort würden jährlich allein über 60,000 Tonnen Eisen produzirt, und jährlih würden auf einer Eisenbahn nicht unter 102,000 Tonnen zu transportiren gewesen sein, Herr Martin (von Lyon) las unter allgemeinem Geräusch noch eine Rede zu Gunsten des Gesebes, worauf die allgemeine Diskussion ge- \chlossen und die spezielle eröffnet wurde.

© Paris, 19. Juni, Das gestern angenommene Amendement des Herrn Cremieux wird zur unvermeidlichen Folge haben, daß der Geseß-Entwurf über die Eisenbahn von Paris nah Bordeaux in die- sem Jahre nicht zur Ausführung kommen kann. Die Pairs-Kammer, welche in ihrer Mitte mehrere hochgestellte Männer, wie Graf Molé, Marschall Gérard, Graf Daru, zählt, die an der Spiße der Eisen- bahn-Unternehmungen stehen, wird zweifelsohne aus Rücksicht für diese das Cremieuxsche Amendement verwerfen, worauf der betreffende Geseh- Entwurf abermals der Deputirten-Kammer vorgelegt werden muß, wo man dann wohl nicht auf jenem der Kammer unversehens abgewon-

nenen Amendement bestehen dürfte. Die Tagesordnung der Depu-

tirten- Kammer is ohnehin \o belastet, daß sie kaum vor Ende des Monats Juli wird erschöpft werden s N De Deputirten beklagen sich laut über die so lange Dauer der Session, welche in diesem Jahre,

durch sieben volle Monate ausgedehnt, höchstwahrscheinlich nicht vor der ersten Hälfte des Monats August wird geschlossen werden.

Die Mitglieder der Kommission über das Unterrichtêgeseß sind

hon darüber einig geworden, daß Herr Thiers zum Berichterstatter ernaunt werden soll. Das Kabinet is darüber sehr unruhig, und Herr Guizot hat seinen Freunden unverholen erklärt, daß die Minister sih gezwungen sehen werden, aus dem Unterrichts - Projekt eine Ka=- binets-Frage zu machen, weil die Form, in welcher Herr Thiers seinen Bericht einzukleiden wünscht, der Streitfrage hauptsächlih einen poli- tischen Charakter verleihen soll, um das Ministerium dadur zu stürzen. Eben deshalb soll Herr von Lamartine vorgestern in den Büreaus sich enthalten haben, seine eigene Meinung über das vorliegende Un= terrihts - Projekt zu äußern, damit später nicht der Verdacht gegen ihn auftauche, er hätte sich mit Herrn Thiers zum Sturze des Ka- binets verbunden. Er billigt zwar nicht durhgehends den Geseß-Entwurf der Regierung, aber darum wünscht er noch nicht, daß Herr Thiers sich daraus eine Brücke ins Kabinet baue, Herr von Lamartine, heißt es, wird bei der Disfussion des fraglihen Geseßes sich den Tendenzen des Herrn Thiers entgegenstellen, und den Grundsaß vertheidigen: daß nur dann die Freiheit des Unterrichtes eine Wahrheit werden könne, wenn entweder eine herrshende Staats-Religion anerkannt werde, oder die Kirhe vom Staat abgesondert bestehe; sonst müßten ent= weder die Kirche oder der Staat (die. Universität im Sinne der Opposition) einen Theil ihrer Freiheit einbüßen, und es entständen jene gefährlihen Reibungen, die wir heutzutage bedauern. Es ist nicht mehr zu verkennen, daß seit den leßten Debatten über Montevideo das Kabinet der Tuilerieen eine Diversion in seiner eigenen Politik mit Bezug auf Montevideo beschlossen hat. Graf von Lurde, bisheriger Gesandter in Buenos = Ayres, welchem vor= geworfen wird, daß er nicht genug Energie angewandt habe, um von Rosas den versprohenen Schaden- Ersaß zu Gunsten der dortigen Franzosen zu erwirken, ist so eben vom Herrn Guizot abberufen wor= den. An dessen Stelle wurde Herr Mareuil, diesseitiger Geschäfts- träger in Turin, nah Buenos-Ayres beordert.

__ Der Marquis von Larochefoucauld, ehemaliger Gesandter in Hessen-Darmstadt, ist zu dem Posten eines Gesandten in Florenz be- fördert worden,

Wir erhalten heute über Gibraltar Nachrichten aus Marokko bis zum 29, Mai. Die spanische Escadre, bestehend aus der Fregatte „Christine“ von 44, aus der Korvette „Venus“ von 24 Kanonen, aus der Kriegsbrigg „Manzanares“, aus einem Dampfboote und fünf Handelöschiffen, lag im Hafen von Tanger vor Anker. Am Bord derselben befindet sich der Jnufant Henrique, Herzog von Se= villa, welcher die Kriegsbrigg „„Manzanares““ befehligt. Au= ßerdem befanden sich daselbst ein britishes Dampfboot „„Locust“ und eine französische - Kriegsbrigg. Doch erwartete man daselbs, außer der Flotte des Prinzen von Joinville, bald auch den Prinzen Friedrih von Dänemark mit zwei Fregatten, und den Prinzen Hein=- rih der Niederlande mit einer Escadre, so daß vier europäische Prinzen dort die Marine ihrer respektiven Nation befehligen werden. Der britishe Gouverneur von Gibraltar hatte sich nach Tanger be= geben, um die doppelten Streitigkeiten zwischen Marokfo und Spanien einerseits und Frankreich andererseits, nah dem Wunsche des Hofes von St. James, durch eine friedlihe Ausgleichung zu beenden.

ck= Paris, 19. Juni. Unter einem Theile des großen und mächtigen Stammes der Flittas, deren Unterwerfung neulich in den offiziellen Berich- ten angekündigt wurde, sind von neuem Aufstände ausgebrochen, weshalb eine Kolonne, unter den Befehlen des Obersten Bourdjolly, von Mo= staganem gegen sie abgeschickt werden mußte. Man sieht eben, daß die Stämme des Westens namentli, wenn sie von der Uebermacht der französishen Kolonnen sih erdrückt sehen, stets das alte Spiel schein= barer Unterwerfung von neuem beginnen, um für den Augenblick we- nigstens der lästigen Gegenwart der verhaßten Feinde auf ihrem Grund und Boden los zu werden, sobald dieselben aber fort sind, die Unter= werfung als nicht geshehen zu betrahten. Bei den Flittas hat ofen= bar die Nachricht von der Parteinahme der marokkanischen Streitkräfte an der Gränze für Abd el Kader mit eingewirkt, Von der Ankunft neuer Truppen aus Frankreich in Afrika, mit Ausnahme eínes Regi= ments, das zu Toulon in Garnison lag, hat man übrigens bis jeßt nichts vernommen; was etwa noch von solchen dahingeshickt wird dürfte erst allmälig in dem Maße, wie die verschiedenen Regimenter aus den mehr nah dem Junern zu gelegenen Garnisonen in Toulon eintreffen, von dort aus übergeschisfft werden.

Der Vorfall zwischen dem ersten Präsidenten des Königlichen Gerichtshofes, Herrn von Seguier, und dem durch den Batonnier (Stabträger) Herrn Chaix d’Estange und mehrere andere Mitglieder repräsentirten Advokatenstande (vergl. Paris im gestrigen und vor= gestrigen Blatte unserer Zeitung) is ein wahres öffentliches Aergerniß über welches die Blätter nicht einmal die volle Wahrheit sagen. Als vorgestern der Präsident mit dem Gerichtshofe sich erhoben, die Ver= \hiebung der Streitsahe, welche hatte verhandelt werden sollen, dem Antrage des Herrn Chaix d’Estange gemäß ausgesprochen hatte und darauf sich zum Abgehen anschickte, ließ sih nit blos einiges Ge= räusch, wie die Blätter sagen, sondern sogar Zischen und Pfeifen ver= nehmen; da kehrte der erste Präsident sih um und verlangte Ehr= erbietung für die Magistratur, Wenn wirklich, wie es heißt, gegen die Unterzeihhner des Schreibens an den Präsidenten Seguier ein gerichtliches Einschreiten erfolgen sollte, so würde das Uebel nur noch s{limmer werden, da alle Advokaten sih einmüthig gegen das Benehmen des Präsidenten erflären das den Anlaß zu dem ganzen Streite gab, und das selbst seine Freunde nicht entschuldigen, Zu dem is Herr Chaix d’Estange als ein sehr gemäßigter, durhaus der Regierung ergebener Mann bekannt, der als Deputirter stets mit den Konservativen gestimmt hat, und der sih nicht an die Spiße gestellt hätte, wenn es blos Partei= zwecke oder etwa die Befriedigung persönlicher Leidenschaften gegol= ten hätte, Die Klagen gegen den Präsidenten Seguier sind nicht neu, und längst hatte man das Ausbrechen eines solchen Konfliktes besorgt, der nun eingetreten ift.

Grossbritanien und Irland.

London, 19. Juni. Das Unterhaus hielt gestern keine Sibung, da die beschlußfähige: Anzahl von Mitgliedern \sih nicht ein= gesunden hatte. Jm Oberhause brahte nah der gestern bereits gemeldeten zweiten Lesung der Bill zur wirksameren Unterdrückung des Sklavenhandels Lord Stradbroke eine Petition von Bewohnern der Grafschaft Suffolk ein, worin das Haus gebeten wird, eine Kom= mission zu bestellen, welche die in den sozialen Verhältnissen der ge=- nannten Grafschaft liegenden Ursachen der häufigen Brandstistungen untersuchen soll, durch welche gegenwärtig die dortigen Distrikte beun= ruhigt werden. Lord Wharncliffe versprah, den Minister des Innern auf den mangelhaften Zustand des Gesepes hinsichtlich der Bestrafung von Brandstiftern aufmerksam zu machen. Die Vorgänge in Suffolk haben übrigens die Times veranlaßt, einen ihrer Kor-= respondenten dahin zu senden, um die Ursachen des dortigen Unwe= sens zu erforshen. Die Berichte desselben werden indeß durch den parteigeist dieses Blattes getrübt, das aus dem Einfluß des neuen

rmengeseßes, welches die Menschen demoralisire, das Uebel haupt- sächlich herleiten will. ;

Jn Jrland ist Alles äußerlich ruhigz die Leiter der Repeal-Be-