1844 / 179 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Ausland.

Deutsche Bundesstaaten.

¿nígreich Bayern. JZhre Majestät die Königin von Sah= sen Sig die Rückreise von München nah Dresden angetreten. Die „„Bavaría“, deren wir gestern gedachten, verdient jedenfalls die Bezeichnung „Folossal“’; 54 F. hoch, wird sie noch einen 30 F. hohen Sockel bekommen, und der Löwe an ihrer Seite 26 F. messen. Die Bavaria soll in 5, der Löwe in 3 Theile gegossen wer- den. Bis 1850 muß dieses Monument, das einzige seiner Art in der ganzen Welt, so wie die bayerische Ruhmeshalle, vor welche das= selbe zu stehen kommt, auf der Anhöhe bei der Theresienwiese , voll= endet sein. Auch am 22sten sind auf der münchener Schraune die Getraidepreise wieder zurückgegangen. An der Universität Wür z= burg sind für das laufende Semester 458 Studenten immatrikulirt,

darunter 66 Ausländer und 22 Forst-Kandidaten,

Königreich Sachsen. Am 23. Juni traten zu Augustus -= burg 419 Personen zu einem Zweig =- Verein der Gustav - Adolph= Stiftung zusammen.

Großherzogthum Baden. Der Schluß des jebigen Landtages dürfte sih bis tief in das Spätjahr hineinziehen , indeß wird die Stände-Versammlung, dem Vernehmen nah, zuvor auf vier bis. sehs Wochen vertagt werden. „Im Junnern der Abgeordneten= Kammer“, heißt es in einem, Obiges meldenden Privatschreiben aus Karlsruhe in der Augsb. Allg. Ztg., „haben sich die Verhält= nisse wenig geändert; jedoch will man bemerken , daß die Schroffheit der Gegensäße um Einiges milder geworden sei, wohl mehr aus Ab= uüßung in der Länge der Zeit als aus anderen Ursachen“. Jn der 93sten Sihung der Kammer der Abgeordneten, bei der Diskussion des Strafgeseßes und dessen §. 39 wird bestritten, daß der Richter dem zum Amtsgefänguiß Verurtheilten solle aufgeben köunen, zu arbeiten ; man wollte darin einen infamirenden Strafzusaß finden, der auf leichte Vergehen nicht passe. Jndessen verwarf die Kammer den Antrag, diesen Paragraphen zu streichen. Bei §. 52, welcher fünf Arten der Ca der Zuchthausstrafe: durch einsame Einsperrung, Dunkel= Arrest, Hungerkost, Anlegung von Ketten und durch Verbindung dieser Schärfungen miteinander, enthält, wurden alle Anträge auf Milderung abgelehnt. Ebenso fand der zu §. 63 gemachte Vorschlag: die Ein= führung des Zwangstuhls (Strafstuhls), als Mittels einer weiteren Disziplinarstrafe, niht zu genehmigen, indem darin eine Tortur liege, leinen Eingang. Bei §, 140 wurde gleichfalls erfolglos beantragt: daß die Untersacbungsbalt jedeêômal an der Strafe in Abzug zu brin= gen sei, insofern der Berhafteie die Verlängerung nicht selbst verschul= det habe, (Der Entwurf bestimmt blos, daß eine Berücksichtigung des erstandenen Arrestes eintreten könne.) Bei dem bevorstehendeu Münzkongreß soll unter Anderem (dem Schw. Merk. zufolge) auch das Cinziehen des Kronthalergeldes und die Prägung von Zweigul= denstüden zur Sprache kommen. Zu Karlsruh e ijt seit der ersten Juniwoche die Ausstellung des rheinishen Kunst - Vereins eröffnet, dieselbe enthält gegen 300 Stücke, meist Oelgemälde.

Großherzogthum Oldenburg. Die in der dritten Juni= woche zu Rastede gehaltene jährliche General - Versammlung aller vldenburgi\schen Mäßigkeits = Vereine war sehr zahlreich besucht; auch der norddeutsche Agitator guf diesem Gebiete sriedlicher Humanitüäts= Reform , Kaplan Seling, war zugegen. Aus dem Bericht über das verflossene Vereinsjahr ergab sich, daß sich während desselben die Vereine des Landes um 26 neu gestiftete Genossenschaften egen den Genuß des Brauntweins vermehrt haben, so daß ihre Gesammtzahl jebt 62 beträgt, welche unter 26,292 Mitgliedern 11,480 Männer, 8210 Frauen und 6702 Schüler umfassen, welche leßteren sogenaunte „„HDoffnungsschaaren““ bilden.

Herzogthum Nassau, Der nassauische Gustav-Adolph= Vereiu hat im Laufe des Monats Juni über seine erste Jahres-Ein- nahme verfügt. Die böhmische Gemeinde zu Deutsch=-Gablonz erhielt 933 Fl., die Gemeinde zu Seligenstadt (auf 3 Jahre) jährlih 400 Fl., die Gemeinde Alpeurode im Nassauischen 1033 Fl, die sih bildende Gemeinde Oberursel im Nassauischen zur Besol= dung eines dort anzustellenden Geistlihen, vorläufig auf 3 Jahre, jährlih 300 Fl.; 1333 Fl. sind zur Kapitalisirung in Leipzig be- stimmt. Unter den Beiträgen in Wiesbaden hat sih auch ein Ka- tholifk mit 20 Fl. betheiligt. ,

Freie Stadt Hamburg. Die erbgesessene Bürgerschaft hat den vom Scnat in der Sißung des Rath= und Bürger=-Konvents vom 26. Juni ihr gemachten Antrag, eine Wasser-Versorgungs= Anstalt von Staatswegen anzulegen und demgemäß eine Vereinba= rung mit den drei vereinigten Wasserkünsten abzuschließen, genehmigt. Der Plan zu der neuen Wasser-Versorgungs-Anstalt ist von den Ingenieurs Lindley und Mylne (Leßterer ist Ober =- Ingenieur der New=-River Wasserwerke in London) entworfen.

7 Luxemburg, 20. Juni, Jn einigen Tagen beschließen die Stände ihre diesjährige Session und werden das Budget für das fünftige Jahr wohl ers in den leßten Sibungen feststellen, Ein Gesuch der Stadt Echternach, die Anzahl ihrer Jahrmärkte zu ver= mehren, wobei man sich auf den seit dem Zoll - Auschluß ein-

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getretenen größeren Verkehr mit Preußen Lane ist verneinend ausgefallen. Das Gesey über die Personal = Steuer hat Mo- dificationen erlitten; die Bevölkerung soll dabei niht mehr als Basis dienen, auch sollen die Grunblloner-Dioben - wenn sie einen gewissen Saß erreichen, den außerhalb der Gemeinde wohnenden Steuerpflichtigen bei Veranschlagung des Kontingentes der Gemeinde in Abzug gebraht werden. Man zweifelt indessen, daß diese Aende= rungen allen Uebelständen, die sich in der Ausführung des Gesehes ergeben, abhelfen können. Von jenen bleibt der wesentlihste immer der, daß ein Theil der Besteuerung auf dem Präsumtiv-Einkommen der Steuerpflichtigen beruht, dessen Abschäßung mehr oder weniger der Willkür überlassen isl, Ein Geseß über allgemeine Assekuranz gegen Feuershaden, das schon scit längerer Zeit zur Erörterung vor= liegt, hat viele Gegner und findet auch wirklich niht ohne Grund wenig Anklang. Nach den Grundzügen desselben muß jeder Jnhaber von Gebäuden jährlich ein gewisses Prozent vom Werthe derselben der Skaatskasse entrichten, wogegen er auf 80 pCt. Vergütung des erlittenen Schadens Anspruch hat. Man behauptet, daß die Be= wohner der Städte, namentlih die von Luxemburg den Landbewoh-= nern gegenüber in offenbaren Nachtheil ständen, indem Feuersbrünste in Luxemburg zu den Seltenheiten gehörten, und sie in Folge gut eingeleiteter Vorsichtémaßregeln, wobei die hier garnisonirenden Pioniere als die jedesmalige fräftigste Hülfe rühmlih zu erwähnen sind, fast immer im Entstehen erstickt würden. Ein Geseß über Ermäßigung der Strafen wegen Brief-Contraventionen ward nach kurzen Debatten angenommen. Die Strafe von 150 Fr., welche in Folge eines Beschlusses vom 27. Prairial Jahr IX. für jede Ueber= tretung verwirkt war, is auf 5—10 Gulden pro iu Beschlag ge= nommenen Brief, ohne daß die Gesammtbuße 100 Fr. übersteigen darf, reduzirt worden.

Nachrichten aus dem Haag zufolge, wird Se. Majestät der König Großherzog gegen die Mitte des künftigen Monats hier eintreffen und in Walferdingen absteigen.

Frankreich.

Pairs - Kammer. Sihung vom 21. Juni. Die zehn ersten Artikel des Geseßes gegen die Weinfälschungen wurden ohne Aenderung angenommen, Nicht so der 11te, der die Beamten der Regie und die Sachverständigen ermächtigt, sobald sie argwöhnen, daß Weine eine größere Quantität Alkohol, als das festgeseßte Maxi= mum, enthalten, überall, in den Wohnungen, auf dem Transport, oder beim Eingang in die Städte, Proben von diesen Weinen zu nehmen und sie der Destillation zu unterwerfen, und ihre Stärke zu ermitteln. Die Kammer entschied auf den Vorschlag des Baron vonDaunant, daß diese Erprobung nicht während des Transports stattfinden dürfe. Auch die Abfassung des 12ten Artikels fand Einwendungen, weshalb der Gescß=Entwurf an die Kommission zurückverwiesen wurde, und da er nach obiger Aenderung auch noch einmal in die Deputirten-Kammer gelangen muß, so zweifelt man, daß er in dieser Session Geseßeskraft erhalten wird.

Deputirten-Kammer. Sihung vom 21, Juni. Als das Ergebniß der Abstimmung über das Amendement, wonach der Staat die Schienenlegung für die Eisenbahu nach Lyon zu überneh= men hat, vom Präsidenten verkündigt wurde, bemerkte man große Bewegung unter den Deputirten, die in verschiedenen Gruppen im Konserenzsaal zusammentraten und die Sibung eine Zeit lang suspen- drt ließen. So einig man darüber war, diesem Votum keinen poli= tischen Charafter beizulegen, da bei den beiden zweifelhaften Abstim= mungen, durch Aufstehen und Sißenbleiben, Mitglieder ohne Unter= schied der Parteien, Freunde des Ministeriums und Männer der Op= position, sich für und wider erhoben hatten, so wenig stimmte man in den Ansichten über die Folgen des Beschlusses überein. Einige sprachen von Einstellung aller Eisenbahn - Projekte in Masse; Andere waren zum wenigsten besorgt, daß großer Verzug in der Ausführung eintre=- ten werde; noch Andere ereiferten sich über die Ungleichheit, welche dieser Systemwechsel für die verschiedenen Linien erzeuge. Die Auf-= regung war natürlih sehr groß, da die Entscheidung der Kammer allgemein überraschte. Es zeigte sich deutli, daß die Anhänger der Ausführung durch den Staat sh nicht so stark geglaubt und daß andererseits die Vertheidiger der Privat- Unternehmung durch den Beschluß der Kammer bei der Bahn von Orleans nah Bor= deaux s{ch hatten einshläfern lassen, Nach Wiederaufnahme der Verhandlungen bestieg Herr von Latournelle, als Berichterstatter der Kommission, die Rednerbühne und machte der Kammer bemerklich, daß ihr so eben gbgegebenes Vo- tum einen großen Theil der Kommissions - Arbeit unnüß mache, und daß über die Folgen dieses Votums von neuem zu berathen sei, na- mentlih insofern dasselbe eine Aenderung der Lastenbücher erheische. (Zahlreiche Stimmen: Das i} klar!) „Jh beantrage also““, fügte der Berichterstatter hinzu, „die Zurückverweisung des ganzen Lasten- buchs an die Kommission.“ (Einmüthige Zustimmung.) Herr Lher= bette: „Will mir die Kammer erlauben, mit Rücksicht hierauf eine Frage an das Ministerium und an die Kommission zu rihten? (Hört!) Da der Staat sih nun mit den Erdarbeiten beauftragt E so frage ih, ob es niht angemessen wäre, das Militair für diese Arbeiten zu verwenden,“ Mehrere Stimmen: „Das geht die Kammer nichts anz das ist Sache der Verwaltung.“ Ein Mitglied: „So viel ist flar, daß es unter uns Viele giebt, die gar leine Cisenbahnen wollen,“ Die Fortseßung der Diskussion wurde dann auf Montag bestimmt,

Paris, 23, Juni. Die Kommission der Deputirten-Kammer, welche mit Prüfung des Unterrichts-Geseßes beauftragt is, hat gestern ihre allgemeinen Berathungen geschlossen und is zur Untersuchung der ein- zelnen Artikel übergegangen. Den Herren Thiers und St. Mare Girardin it von Seiten einer aebfen Anzahl von Professoren der Universität für die eifrigen Vertheidigungs-Reden gedankt worden, die sie zu Gunsten dieser Justitution gehalten. Nachträglich hat man bei dieser Gelegen- heit auch noch an Herrn Cousin, für dessen in gleihem Sinne vor den Pairs gehaltene Vorträge, eine Dank - Adresse gelangen lassen. Gestern begaben sich mehrere Universitätê-Professoren zu den Herren von Remusat, Dupin, Odilon Barrot und Quinette, welche sämmtlich Mitglieder der Kommission sind. j

Der Bischof von Evreux richtete so eben an die Pfarrer seiner Diözese folgendes Schreiben :

„Jch glaubte warten zu müssen, bis die durch Diskussion des Gesehes über die Unterrichts-Freiheit vermsachte Aufregung der Gemüther sih eiwas gelegt hätte, che ich Jhnen meine ganze Zufriedenheit mit der vortrefflichen Haltung allcr meiner würdigen Gehülfen in dieser wichtigen und schwierigen Frage zu erkennen gab. Der befriedigende Zustand der Diözese schien mir feinen öffentlichen Schritt der Art, wie der größte Theil meiner ehrwürdigen Kollegen im Episkopat ihn thun zu müssen glaubte, von Seiten Jhres Bischofs zu erheischen, Nach dem Beispiel mehrerer anderer Prälaten wählte ih licber den Weg vertraulicher Communication mit dem Kultus-Minister, Ich hege das Verirauen , daß die Geistlichkeit der Didzese von Evreux sich auch fernerhin stets ruhig, zurüchaltend und würdevell zeigen wird, Dies ist der Zweck dieser meiner Mittheilung. Empfangen Sie E Nicolas, Bischof von Evreurx.“

Die Majorität der mit Erwägung des Vorschlages in Betreff des politishen Domizils beauftragten Deputirten-Kommission hat sich niht nur für Zulassung desselben ausgesprochen, sondern der gestern von Herrn Hebert eingereichte Bericht verlangt au eine unverzüg= liche Revision der Wählerlisten. Die ministerielle Partei will nun beantragen, daß der Hebertsche Bericht noch vor dem Budget auf die Tages-Ordnung geseßt werde ; dagegen wird die Opposition, der es hon leid thut, daß sie für Berathung des Vorschlages gestimmt, nun wahrscheinlih auf Vertagung dringen. / / f

Das Justitut und die Universität haben eines ihrer ausgezeich= netsten Mitglieder im Fach der Natur - Wissenschaften verloren; Herr Geoffroy St. Hilaire ist in diesen Tagen im Alter von 72 Jahren gestorben, Die Zeitungen melden auch einen für die englische Lite=- ratur empfindlichen Verlust in dem zu Boulogne erfolgten Tode des ausgezeichneten Dichters Thomas Campbell, der ein Alter von 64 Jahren erreicht hat. : i

Aus dem der Deputirten-Kammer vorgelegten Kommissions-Be= richt über die politischen Flüchtlinge in Frankreich ergiebt sich, daß die Zahl derselben sich jebt auf 14,2605 beläuft, von denen 4800 Unter= stüßungen vom Staat erhalten. Die Flüchtlinge bestehen, wie bisher, hauptsächlich aus Spaniern, Polen, Jtalienern und Deutschen. Für 1844 waren 2,150,000 Fr. zur Unterstüßung derselben bewilligt wor= den. Für 1845 wird eine Verminderung dieses Kredits um 300,000 Fr. vorgeschlagen. Die Kommission is aber der Meinung, daß die Regierung in Zukunft die Unterstüßungen noch mehr verfürzen fönne, weil die Lage der Flüchtlinge in Frankreich sich geändert habe. Diese Ersparniß hält die Kommission für um so nöthiger, da die Auswanderungen dem Staate seit 1831 über 40 Millionen fosteten,

Unter den Erben Laffitte’s droht ein Prozeß über dessen nach= gelassene Memoiren auszubrehen, Der Fürst von der Moskwa, Schwiegersohn des Verstorbenen, machte Anspruch auf diese Papiere, die ihm aber von Mad, Laffitte und den Testaments=-Vollziehern ver= weigert wurden. Er hat nun sein Gesuch bei dem Seine-= Tribunal angebracht, und der Präsident desselben verfügte darauf, daß die Me- moiren einstweilen, unter Siegel gelegt, in gerihtlihem Deposito bleiben sollten. Eigenhändige Schreiben Ludwig Philipps haben sich bis jeßt unter dem Laffitteschen Nachlaß nicht vorgefunden z der Na= tional bleibt aber bei der Behauptung, daß dergleichen Briefe an Laffitte vorhanden seienz sie befänden sich, sagt dies Blatt, in sicheren Händen und würden bei Eröffnung des über die nahgelassenen Pa- piere anhängig gemachten Prozesses unfehlbar zum Vorschein kommen.

Die der Regierung zugekommenen Nachrichten von der marokka= nishen Gränze reihen bis zum 7. Juni, Es hatten bis dahin keine neuen Feindseligkeiten zwishen den französishen Truppen und den Ma= rokfanern stattgefunden. Ju Toulon sollte der Prinz von Joinville am 20ften d. eintreffen. Der Aufschub der Truppen = Einschiffung hatte feinen anderen Grund, als daß man die Ankunft des Prinzen erst abwarten wollte.

Die Volks = Belustigungen zur diesjährigen Feier der Julitage werden auf der Esplanade vor dem Juvalidenhause, nicht in den elysäischen Feldern, stattfinden, denn hier ist das Ausstellungs - Ge= bäude hinderlich, welches bis dahin uicht abgetragen werden kann. Auf den 2. Juli is eine Licitation für die zu jenen Festen zu errih- tenden Theater, Klettermasten und Tanzböden angeseßt,

A Paris, 23. Juni, Unter dem Einflusse einer Hiße von 30 Graden, die seit einigen Tagen auf Paris lastet, hat die Eisen- bahn = Opposition gestern in der Kammer einen Sieg davongetragen, den vielleiht Niemand mehr für möglich hielt. Man weiß, daß die Anwendung des Geseßes von 1842 guf die Eisenbahn nah Bordeaux vor kaum acht Tagen mit einer sehr ansehnlihen Stimmen-Mehrheit beschlossen wurde, und ist daher lebhaft überrascht, zu sehen, daß in Bezug auf die Eisenbahn nah Lyon gestern die Nichtanwendung des= selben Gesebes ausgesprochen worden ist, Der Grund dieser Jnkonsequenz

zeugenden Gott.“ Das Weib kennt oder vielmehr will nur ein Element der Gegenwart kennen die Freiheit —z die endlihen Schranken crkennt sie nicht; daß die Nothwendigkeit die andere Hälfte der Gegenwart is, will sie nicht wissen, sie greift zuerst nah dem Baum der Erkenntniß und möchte scin wie Gott und sih hier unten in der mangelhaften Wirklichkeit schon ewig jung, în der Ewigkeit und Freiheit fühlen. /

Insofern is das Weib das radikale Element der Zeíten z sie will die Zukunft in die Gegenwart hereinziehen, die Fessel der Zeit möchte sie spren- gen, in den wirklichen Zuständen sieht sic nur Vergangenes. Die Politik ist ihr deshalb nicht cine Kunst, wo der begeisterte Mann den Stoff da- durch überwältigt, daß er m mit dem Geiste durchdringt. „Die Politik ist“ dem Weibe „nur ein aus schr beschränktem Juteresse hervorgehendes, schr stupides Handeln und führt nicht zu Gott, nicht in die Zukunft, sondern sesselt die Sinne an cine schon im Werden vergehende Gewalt.“

Das Weib kennt nur Extremc; Freiheit oder Sklaverei, Radikalismus oder Absolutismus, Darum giebt cs keine Staatsweiber, sondern nur Staatsmänner.

Dieser natürlihe Radilalismus des Weibes is aber anderer Art, als der imärische, lose, eitle, abstrakte Nadikalismus unserer Tage. Er xuht auf dem Gefühl, auf der treibenden Lebenskrast, die durch die natür- liche Stellung des Weibes zum Manne in den richtigen Schranken gehalten wird. Das Gefühl, ein warmes Herz für Vaterland und Volk gehört in die Politik, Din es darf nicht das einzige Element seín. Keine Natur is für politische O #0 untau lich , als einc genlal \{onungslose Natur , die blos fühlt, warn. m dts hlt, aber die Macht der Fu ände nicht anerkennt, sondern

és je Gese darin sieht, „die sich deshalb auch keiner Deschäsilgung hin- zt fl üsteris, R ry Q dorthin, und hier rufts daher, hier lockts, af d cinanter, die mich t E mir und in den Lüften gehen Stimmen

eses Berlennen, daß die wahre, \{chöne Gegenwart aus Vergangen- heit und Zukunst, aus Rothwendigkeit und Freiheit s webt, wird jedes

große Weib in ein Mißverhältniß zu ihrer Zeit seyen, wenn ihr nicht cin gleih großer Mann zur Seite steht, Jhr Land der Freiheit is „cin Land der Phantasie, Darin wird sie sich eine große Rolle auserwählt haben, mit der ste zwar ohne Gefahr spielt, die aber nicht die Wirklichkeit berührt,“

Wie freundlich greift niht Clemens seiner Schwester unter die Arme, als sie durch Mirabeau zum erstenmale in die Hallen der Freiheit geführt wird und mit ganzer Secle dem nahenden Gott entgegenjauchzt, Wie klar schildert er ihr die wahre Stellung des Menschen, die wahre Politik, wenn er sagt: „So wie die Elemente sich durchdringen und die Welt bilden, und der Geist und die Welt sich durchdringen und den Menschen bilden, und der Mensch diese Liebe mit einem freien Blick ansieht, und indem er ihre Nothwendigkeit und seine Freiheit in dieser Nothwendigkett betrachtet, den Gott erfennt und anbetet alles das is nur eine herzliche Liebe, und wo diese Liebe nicht ist, da is die Dummheit und all das Böse, was uns empört,“ Wie still weist er sie darauf hin, wie viel „Eitelfcit mit ¿Glfttause bei diesem Freiheitstraum, in dem sie die ganze Welt um- fassen möchte. Sie selbst stellt darüber eine Betrachtung an. Wie leise sucht er Bettina zu schühen, „daß sle sich nicht verliere in fremde Negionen, wo ihr Schupengel sie n ich t zu finden ausging.“ Wie freundlich weist er sie „auf die Region des sih Daheimfühlens im inne1sten Dascin, wo wir in schuld- losem Bewußtsein am Quell des Vertrauens und der Weisheit schöpfen, d, h. denken.’ Das ist die Region, wo man Alles so recht von selbst treiben darf; ohne irgend g darauf zu denken, wie dies und jenes, was das eigentliche Ende davon is , dabei herauskomme. Wie ernst mahnt er nicht die Freiheits- \chwindelnde: „Du wirst niht cin Fädchen am Weltgeschicke zernagen, b- schon cs dein Auge härft, zu überblicken, zu durhshauen und vielleicht gar Manches zu durchdringen,“ Freilich wehrt sh die unabhängige Seele Bettinen's gegen solche Weisheit des Bruders. Das sprudelt, und quillt, und erquíckt, eine Natur vor sich zu sehen, an der Alles abtropft, was ihr nicht konform is, wie der Negen von der Blumez eine Natur, welche wider die „falshe Konvenienz“ waer streitet, und den Bruder neckt und verlacht,

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wenn er sie bittet „nicht aufzufallen‘/z die es ganz in der Prbaung findet, daß sie zu Herrn Gameau, ihrem Kavalier, sagt: „Ach gehen Sie Esel und machen Sie mir nicht shwindliht mit Jhren Uhrketten“'z die nicht verstehen will, wenn Clemens schreibt: „Die Sitte kann keinem Menschen erlassen bleiben ; sie ist eîne Art Allerweltssprache, ohne die man nie verstanden wird. Aber sie is nur schön, wenn sie der Mensch mit freiem Willen ergreift.“

Es is reizend, den Kampf mit anzusehen und Brentano's Zartheit und Größe zu erfennen, wie er auf der anderen Seite aufhört, zu hofmeistern und die Schwester für die Unbilden der Philister mit seiner Liebe tröstet, und das Genie, das immer gtwaltyts und relativ tyrannisch wirkt, zu Milde zu stimmen sucht. Als cinziges Mittel gegen die Qual des genialen Weibes in ihrer Umgebung, von der sie nicht immer verstanden wird, nennt er die Licbe. „Wo die Menschen dih drücken, da hasse sie nicht z sehe sie als Pflanzen an, die vielleicht auch in einem Boden stehen, der ihnen nicht gerecht ist, Lerre s{chweigen und für. dich selbst bestehen, und sei in der Würdigung eines Jeden gerecht.“ :

Dic entschiedene Herrschaft Brentano's über die Schwester daucrt aber nicht tief in das Buch hinein, Bald überwältigt die größere oder vielmchr ener- gischere Geistigkeit Bettina's den Bruder; sie wird sein Schugengel, immer dünner werden seine Versuche, zu hofmeistern, denn er hat sih einmal an die Dornen gewöhnt, und wenn er hofmeistert, so übergießt ihn Bettina mit Liebenswürdigkeit, und führt ihn, ohne auf die Sache einzugchen, in tanzen- den Wendungen nach der lieblichsten Melodie von diesem Wege ab. Zuleyt aber ändert sich das ganze Verhältniß, Bettina, möchte ich sagen, wird der Mann, Clemens das Weib,

Nach und nach ist bei Bettina die ihr inwohneude Kraft, n einzelnen scharsen Bemerkungen den ganzen Menschen zu zeichnen, aren diesc scheinbar spieletide Jronie, ín der so viel Bewußtsein liegt, und die doch so neckish und koboldartig sich hinter eine naive Form verbirgt, híin- ter den Schild der Elfe, der zwar nicht jeden erstarren, aber jeden lächerlich macht, der grímmig hineinsicht,

ist nicht in einer etwaigen Verschiedenheit der Natur der fraglichen beiden Cisenbahnen und eben so wenig in einer Veränderung der ÄAn- sichten der Majorität zu suchen, sondern lediglih oder doch wenigstens hauptsächlich in dem zufälligen Umstande, daß gestern eine ungewöhn= lich große Anzahl von Mitgliedern der Majorität den Tag zu {wül gefunden hatte, um den legislativen Geschäften obzuliegen. Von mehr als 400 Deputirten, welche bis jeßt noch in Paris sind, nahmen nur zweihundert und einige siebzig an der gestrigen Abstimmung Theil, so daß 138 Stimmen den Ausschlag geben konnten. Es is nit zu be- zweifeln, daß es der Regierung, wenn die Session nicht so weit vor=- gerüdckt wäre, ziemli leiht werden würde, den fraglichen Beschluß mit Hülfe der Pairs-Kammer wieder umstoßen zu lassen, allein da es an Zeit fehlt, um diese Operation noch in diesem Jahre mit Sicher= heit zum glücklihen Ende zu führen, so wird das Ministerium allem Vermuthen nah vorziehen, die {webenden Eisenbahn - Gesetze über= haupt zurückzunehmen und damit die Entscheidung der Streitfrage zwischen dem Staate und den Actien-Gesellshaften nochmals um ein Jahr hinauszuschieben.

© Paris, 23. Juni. Die Ordonnanz vom 14ten d. M., wo= durch ein Geueral = Jnjpektorat und eine General - Kontrole in der Verwaltung des Seewesens eingeführt wird, ist nur der Vorbote eiuer durchgreifenden Reorganisation sämmtlicher Minister - Departements. Was zunächst das Seewesen anbelangt, so war es bisher der Budgets- Kommission rein uumöglich, die Rehnungen des Marine-Departements zu verifiziren, Denn bei der fortdauernden Bewegung der Kriegs- schiffe, welhe heute in Europa sich befinden und wenige Wochen später fremde Welttheile berühren, wird es unendlih s{chwer, deren Ausgaben genau zu verfolgen und zu erheben. Die diesjährige Budget - Kom= mission hat deshalb darauf gedrungen, daß ein General= Jnspektorat für sämmtlihe Ausgaben der Marine errichtet werde, und sogar dem Minister derselben den Zeitpunkt bestimmt, zu welchem die betref- fende Königl, Ordonnanz erscheinen müsse, widrigenfalls sie felbst eine solhe Maßregel beantragen werde. Der leßte Termin dazu wurde auf den 20sten l, M. bestimmt, aber schon unter dem 14ten hat der Sce-Minister dem Wunsche der Budgets-Kommission entsprochen und für das Seewesen ein General-Depot angeordnet, wo sämmtliche Bau= Materialien und fabrizirte Gegenstände zum Dienste der Marine ein= registrirt werden. Ein Ober=Juspektor, welcher direkt und unmittelbar vom Sce-Minister abhängt, führt die Aufsicht darüber unter der per= sönlichen Verantwortlichkeit des Ministers. Endlich wird in Paris eín Central = Büreau errichtet werden, wo alle Ausgaben, Operationen, Bestellungen u. , w. sorgfältig geprüft werden, bevor sie vom Staats \chabe bezahlt werden.

__ Gür das Departement des Kricges besteht eine solhe Kontrole seit langer Zeit, und, Dauk der unermüdlichen Thätigkeit des Marschall Soult, hat das Departement des Krieges ganz unlängst eine General= Reorganisation erfahren, welche auch in den übrigen Ministerien nah dem Schlusse der Session vorgenommen werden foll, und wozu, mit Aus= nahme des Finanz-Ministers, die übrigen Minister bereits die betreffen den Ordonnanzen der Königl. Sanction unterlegt haben. Als allge= meine Regel für sämmtliche Ministerien is dabei der Grundsaß auf= gestellt worden, daß die Beamten, welche in den Ministerial-Büreaus angestellt sind, aht Stunden täglich zu arbeiten haben, während für die übrigen Beamten die Arbeitsstunden nur auf sechs bemessen sind. Dafür sollen aber die Ministerial-Beamten verhältnißmäßig besser besoldet werden, und damit dadurch der Staatsschaß nicht belastet werde, #\o sollen sür die Zukunft die Minister darauf halten, die Zahl der Be- amten in der Weise zu beschränken, daß die Qualität die Quantität erseßen möge. So wird z. B. die Central -= Verwaltung des Justiz= Departements statt 104 nur 93 Beamten zählen, und bestehen : aus einem General=Sekretariat, zwei Directionen, eine für die Civil- und die andere für die Kriminal = Angelegenheiten, und endlih aus zwei Divisionen : eine sür die Komptabilität und die andere für das Per- sonal. Die Vorsteher davon arbeiten direkt mit dem Justiz-Minister.

Das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten wird aus= nahmsweise scine Beamten vermehrt erhalten, weil zu den zwei be= stehenden Sectienen, der politishen und kommerziellen, eine dritte für die besonderen internationalen Verhältnisse zwischen Frankreich und Amerika, so wie mit Ostindien hinzukommen soll. Das Ministerium des Innern wird in sieben Divisionen und 27 Büreaus getheilt, und dessen Beamtenzahl von 233 auf 214 Judividuen reduzirt werden. Das Ministerium des Handels wird statt fünf Divisionen fernerhin nur drei zählen, nämlich des Aerbaues, des inländischen Handels und der Judustrie, und endlich des auswärtigen Handels, Das Mi= nisterium der öffentlichen Arbeiten, welches erst im Jahre 1839 errichtet wurde, wird seine bisherige Organisation nur insofern ändern, als dazu ein Central -=Büreau für die Statistik hinzugefügt werden soll. Dieses Büreau hat zum Zweck, alle statistishen Daten, welche unter dem Gesichtspunkte der National - Oekonomie die Fragen der öffent= lichen Arbeiten beleuchten können, zu sammeln und zu klassifiziren. Endlich wird diesem Büreau die Oberaufsicht sämmtlicher Eisenbahnen des Reiches anvertraut werden,

Großbritanien und Irland.

London, 22. Juni. So tief das Ministerium Sir R. Peel's durch die beiden ersten Vota des Unterhauses über die Zucker-Zoll- Bill erschüttert wurde, so konnte man doch aus der eigenthüm-= lichen Stellung der Parteien im Parlamente mit ziemliher Gewiß- heit entnehmen, daß die eintretende Krisis ohne die Abdankung der

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Minister vorübergehen werde. Der alte Zwiespalt in der Tor9-Partei hatte allerdings durch das Votum am Freitage mit 20 Stimmen Majorität den Ministern eine bedeutungsvolle Niederlage bercitet, und selbst der ministerielle Sieg am Montage mit 22 Stimmen Majorität wurde nur durch die merkwürdige Unterstüßung der radifalen Partei gewonnen, aber die Nothwendigkeit war stärker als alle Parteilaune, und die Minister blie- ben im Amte, weil sie allein uur darin verbleiben können. Dieser Umstand, daß Sir R. Peel zur Zeit der einzige mögliche Premier-Minister in England is, vereinfaht darum auch die Schwie- rigkeiten sciner Stellung. Die Whigs triumphiren über das lebte Votum des Hauses, „Wie oft“, sprechen sie, „hat man Lord Mel-= bourne und Lord Russell den Vorwurf gemacht, daß sie nur von der Gnade O'’Connell's und der irländishen Phalanx abhängig wären. Heute entgeht dies so starke, seiner Majorität so sichere Tory- Kabinet nur mit Hülfe seiner erflärtesten Gegner einer {chmählichen und ent-= scheidenden Niederlage!“ Jener Umstand indeß, daß Sir R. Peel keinen möglichen Nachfolger hat, während ein anderes Ministerium bereit war, Lord Melbourne abzulösen, läßt den Vergleich der Whig-Journale zwischen damals und jeßt nicht als maßgebend, und die Schwierigkeiten, welche daraus gefolgert werden, als nicht vorhanden erscheinen, Man hat vom Herzoge von Richmond als den möglichen Nachfolger Peel's ge- sprochen; man hat aber au sehr bald erkannt, daß dieser Repräsen- tant des strengen Schuß- und Prohibitiv-Systems bei der Opposition der ganzen Whig=-Partei, der radikalen Mitglieder des Hauses und der Anhänger Sir R. Peel’s unmöglih eine Majorität behalten föunte, Man hat eben so Lord Spencer genannt, der früher als Lord Althorp die Whig=Partei im Unterhause anführtez aber dieser vertritt seit einigen Monaten die andere extreme Partei und stimmt namentlich für gänzliche Abschaffung der Korngeseße. Beide sind also die Repräsentanten extremer Parteien, von welchen die Majorität des Unterhauses, die in der Mitte steht, sih abwendet, Der natürlihe Nachfolger Sir R. Peel’s wäre demnach Lord John Russell ; aber Lord John Russell will die Reform in jeder Beziehung; Reform in der Kirche, in Jr= land, în den Korngeseßen, den Zuder - Zöllen, überhaupt in Allem, was man unter Monopol begreift, und vor solhen Aenderungen shreckt die Majorität des Hauses jeßt noch zurück. Sir R. Peel bleibt darum mit seinem System des gemäßigten Fortschritts, des Ausgleichens der einander widersprecheuden Jnteressen, der einzige treue Ausdruck der Meinung des Hauses, und indem er diese Seite seiner Stärke wohl kennt, macht er sein System geltend, troß aller Launen und feindseligen Bestrebungen seiner Partei, die in einer Ver= trauensfrage si stets gezwungen sieht, ihr Votum zu Gunsten ihres Ministers abzugeben. Sir R. Peel befindet sich mit seiner Partei in ewigem Zwiespalt, weil die Wahlen, welche das Tory - Kabinet ans Ruder gebracht haben , gerade von den entgegengeseßten Grundsäßen bestimmt wurden, welche dieser Minister in Ausführung bringt z aber nichtsdestoweniger verfügt er über ihre Stimmen, weil er seit der Reform = Akte ihr Herr und Meister ist, der sie vom Un- tergange gerettet hat, als die radifalen Bestrebungen jener Zeit den gäuzlihen Umsturz der alten Ordnung drohten. Sein Ausspruch „we will fight our baltles in the registration courts”, als Niedergeschlagenheit und Verzweiflung in den Reihen der Tory-Partei herrshten und das erste Reform-Parlament nur 187 Tories gegen 471 Whigs zählte, bezeichnet die ruhmwürdigste Epoche seines Lebens und wird ihm alle Wohlmeinenden seiner Partei, wenn nicht des Landes, zu ewigem Danke verpflichten. Wie aber alle Männer unpopulair werden, welche widersprehende Jnteressen auszu= gleichen oder ein Werk des Ueberganges aus cinem Zustande in einen anderen auszuführen haben, so auch Sir R, Peel, Die Parteien opfern sih gern für die Führer, welhe ihre Prinzipien vertheidigen und geltend machen, versagen aber ihren Beistand solhen Personen, die auszugleichen, zu versöhnen suhen. Von allen Tory - Journalen sind nur Standard und Morning Herald dem Ministerium kreuz die Times bekämpft es vor allen übrigen mit den schärfsten Waffen, weil sie das treueste Organ der Tory-Partei ist, welche nicht das Vertrauen, sondern die Nothwendigkeit an den Premier-Minister kettet. Darum charakterisirt sie uns auch die Stellung Sir R. Peel's zu seiner Partei in ihren Artikeln voller Unmuth und Bitterkeit über die Tyrannei desselben am richtigsten, So schreibt sie in Bezug auf die leßten Ereignisse im Parlament:

„Eine solche Forderung (wie sie nämlih Sir R. Peel am Mon- tage an seine Partei that) könnte man wohl einem Manne verzeihen, welcher die Hälfte einer Nation zur Vertheidigung eines großen Prin- zips um sich versammelt hat. O'Connell mag mit einem gewissen Rechte, einen unbedingten Gehorsam von denjenigen verlangen, welche in ihm den Vertreter einer Idee sehen, in der alle ihre Wünsche und Leidenschaften sich vereinen. Aber Sir R. Peel hat sich nie- mals in eine solche Stellung zu sehen gewagt. Die große Aufgabe, deren Lösung er sich vorgenommen hat, besteht darin, eine Masse sehr ungleichartiger Materialien zusammen zu halten, ohne die indi= viduellen Bevorzugungen und Antipathicen dem Streben nach einem gro= ßen gemeinsamen Ziele aufzuopfern. Es is ihm gelungen, den Ruhm eines gewandten Geschäftsmannes, eines arbeitsamen Ministers, eines unermüdlichen Redners sich zu verdienen ; aber er hat sich niemals mit den Gefühlen und Sympathieen seiner Anhänger befreundet, Wenn er über eine Maßregel abstimmen lassen will, hüllt er sich in ein un- durchdringlihes Geheimniß bis zu dem Augenblicke, da er seinen Vor= shlag auf den Tisch des Unterhauses legt und seinen Anhängern be= fiehlt, ihn zu unterstüßen, Das soll kein Lob und kein Tadel sein,

sondern wir wollen nur damit sagen, daß ein Minister, welcher einen solchen Einfluß ausüben will, kein Recht hat, von seinen Anhängern die Aufopferung ihrer Neigungen und Juteressen zu verlangen , was sonst gern zu Gunsten eines Mannes geschieht, der unsere Gedanken theilt, oder uns die seinigen einzuflößen gewußt hat.“

S ckch weiz.

Beru. Dem Verfassungs =- Freunde zufolge, hat der päpstliche Nuntius in Betreff der Angelegenheit des Abbé Marilley (f. Nr. 177 der Allg. Pr. Z.) eine Note an den Vorort gerichtet, die der leßtere jedo ihrer Fassung wegen anzunehmen Bedenken trug. Eine zweite, in gemäßigterem Toue abgefaßte Note sandte der Vor= ort an den Kanton Genf, allein der Staatsrath wies dieselbe zurüd, indem er sich auf seine Hoheitsrechte berief.

F Ee

X Paris, 22. Juni. Die französishe Brigg „Cassard““ is am 14ten von Barcelona aus nah Tanger unter Segel gegangen. Einige Tage zuvor war das englische Kriegs-Dampfboot „Vesuvius““ nah demselben maroffanishen Hafen abgegangen, wo es bis auf Weiteres zur Verfügung des Gouverneurs vou Gibraltar bleiben sollte. _ Der Bischof von Barcelona hat das große Band des Ordeus Karl’s Il, erhalten, Der Erzbischof von Tarragona, von dem es hieß, daß er auf dem Wege sei, um, wie so viele andere spanische Prälaten in leßter Zeit gethan haben, in seinen Sprengel zurückzu= kehren, befindet sich noch immer in Rom.

Der General-Kommandant des Maestrazgo, General Villalonga, hat am lten d. M. den Belagerungs - Zustand des genannten Di= striftes für aufgehoben erflärt, nahdem es ihm gelungen ist, die karlistishen Guerillas, welche den Maestrazgo so viele Jahre lang in fortwährendem Allarm erhalten baben, theils zu vertilgen, theils we- nigstens zu vertreiben, Man weiß, daß der Belagerungs =- Zustand im übrigen Spanien dem Namen nah {on seit Monaten aufgehoben ist, daß seine Wirkungen aber nichtsdestoweniger an verschiedenen

Orten in voller Kraft fortbestehen.

Der vorige Marine-Minister, Herr Portillo, der bekanntlich von den Zeitungen vielfah der gröbsten Unterschleife bezüchtigt ist, ‘und dessen Verseßung in Anklagezustand mehrere Kongreß - Mitglieder zu beantragen beabsichtigten, hat es gerathen gefunden, Madrid in aller Stille zu verlassen. Herr Portillo is am 17ten d. M. in Bayonne angekommen, von wo er einige Tage später seine Reise nah Paris

fortgeseßt hat. i Griechenland.

© München, 25. Juni. Die griechishe Post vom 10). Juni ist erst gestern früh hier eingetroffen; der Jnhalt der wenigen Briefe aus Athen i} jedoch unerfreulicher, als ihn die Angaben in triestiner Briefen oder überhaupt die Gerüchte im Voraus angekündigt hatten. König Otto war allerdings auch einige Tage unwohl, bei Abgang der Post erfreuten fih aber beide Majestäten des erwünschtesten Be= findens. Die noch nicht beendigten Wahlen scheinen bisher zu keinem entscheidenden Uebergewicht weder für die Regierung, noch für eine der anderen Parteien geführt zu haben; die Hauptstadt dürfte den Ausschlag geben, wo aber die Kandidaten oder vielmehr an der Spiße der Kandidaten-Legion Kalergis und Kolettis si angeblich bis zum leh= ten Tage noch an Kräften und Aussichten gleihsianden. Ju Morea herrschte fast durchschnittlich Ruhe , und die neuen Gouverneure fan= ven sih von den Truppen genug unterstüßt, um sich den unter den gegenwärtigen Umständen so dringend nothwendigen öffentlihen Ge- horsam zu verschaffen. Desto lockerer wurden mit jeder Stunde die Bande der Ordnung im Norden. Jun Rumelien hat Theodor Grivas das Panier öffentliher Empörung aufgepflanzt, und um ibn sind Valenzas, Pharmakidis, Patimezas und andere Offiziere und Häupt= linge, deren fecker Unternehmungsgeist bekannt ist und von deren Charakter man allenfalls auch das Aeußerste befürchten darf. Gleich= wohl weisen Briefe von sehr guter Hand mit Bestimmtheit darauf hin, daß es, wohl durch den vermittelnden Einfluß der Gesandten Englands und Frankreichs, noch seßt gelingen werde, Grivas wie Grisiottis in die Schranken der Ordnung und Unterwürfigkeit zurüd= zuführen. Nur muß man sich natürlih diese Schranken ziemlih weit gezogen und an die vielleicht ohnchiu nie sehr ernstlich gemeinte ge= richtlihe Belangung beider Meuterer gar niht mehr denken, i

TUr kei.

Metelíno, 9. Juni. Am ten kam der Sultan hier an und seßte gestern seine Reise fort. Aus allen benachbarten Ortschaften waren die Bewohner herbeigeströmt, um ihren Padischah zu sehen. Das shlechte Wetter verhinderte eine Festlichkeit , die zu Ehreu des Sultans in cinem Garten stattfinden sollte.

Auf der hiesigen Rhede liegen jeßt 7 Kriegsschiffe, die unter Au= führung des Kapudan Pascha nah Syrien segeln, um etwaigen Un= ruhen bei Gelegenheit der dortigen Conscription vorzubeugen.

Am 3ten d. M. wüthete hier und auf den benachbarten Jusfeln ein heftiger Orfan, der in den Weingärten von Tschesme, so wie an den Olivenbäumen, großen Schaden verursacht hat.

Eisenbahnen. Die von Seiten des Comité's zu Eisenbahn- Anlagen im Groß= herzogthum Posen erwählten Bevollmächtigten haben, wie die „Zei= tung des Großherzogthums Posen“ meldet, bei ihrer Anwesenheit in

Jett ist auch das Stillleben der Beiden gebrochen, fremde Gestalten drängen sich immer mehr in ihr Leben, die heldenmüthige de Gachet, Savigny, „der gelehrte Jurist, dem Alles klar, der ernsthaft jung ist“, Arnim, „der frische preußische Jüngling, der Königlich aussieht““, der Beitina liebte, weil er ein Mann ist vom Kopf bis zur Sohle z eine von den Naturen voll Contenance, die man liebt, weil man geistig mit ihnen leben kann, und die imponiren, weil alles geistreiche Schwindeln von ihnen nicht verstanden wird. Jept tritt auch die Figur Brentano's mehr in Vordergrund z jeyt soll er seine Kraft nicht blos im großen Denken, sondern an den Lebensverhältnissen selbst erproben, An diesen is er hernach gescheitert. Brentano hatte einen ungeheuren Veistand, der so groß war, daß sein Gemüth nie auf dieselbe Höhe klimmen konnte. Jn seinem Kopfe war cs hell wie im Olymp, in seiner Brust ruhte nur dunkle Sehnsucht. Er verstand zu viel im Geiste, und seine Thatkraft war zu flein füt dies Verständniß.

__ Sein Verstand war aber so groß, daß er genau weiß, wie das Gemüth sich äußern, wie es handeln würde, wenn er ein thatkräftiges, gleichgroßes Gemüth hätte, Er erzeugt deshalb jeden Augenblick die lata morgana eines großen Gemüthes mit dem Verstand. Diese Scheinkraft hält so lange, als solche Menschen nicht mit dem Schifsal in Kollision kommen, weil sie jung und rein sind, Bricht aber cin Sturm los, so wird es öde an dieser Stätte, Die ewige Arbeit des Verstandes, cin großes Gemüth darzustellen, zu dem doch genügender Stoff fehlt, muß die Natur ermatten: es entsteht am Ende eine Laßheit und falsche Gefühligkeit, welche sich, wie Viele zu Brentano's Zeit thaten, in Materialismus und Genußsucht stürzt oder einen Halt in einem haltlosen mystischen Wesen sucht, da im Den- ken, im Gedanken selbst, keine Ruhe liegt, vielmehr der Verstand mit dersel- ben Leichtigkeit, wie er Empfindungen macht, sie gelegentlih auch zusammen- reißt und sih dämonisch, halb spielend, halb verzweifelnd, über die Trüm- mer seßt, Dies erzeugte unter Brentano's Jugendfreunden ein gewisses Miß- traten und unstäte Verhältnisse, in Clemens aber selbs jenes schnelle An- schließen und Ablassen, zugleich eine unbestimmte Pein, die Liebesbedürstig-

leit, die immer äugstlih is, daß die, an welche sie sich klammert, sie ver-

lassen fönntenz die Unruhe, wenn nur ein Brief ausbleibt, den Mangel an Veitrauen zugleich neben rascher Hingebung, die ewige Angst des Herzens, für welche keine geistige Größe entschädigt.

Indem solche Naturen mit überwiegend männlichem Verstande ihre Umgebung beherrschen, mit ihrem zauberischen Gemüthsleben ergößen, unter- liegen sie zugleich jedem wahren Gemüthsmenschen, wenn er auch geistig kleiner is, sogar jeder äußeren Gehaltenheit. Sie treten aus ihrer männ- lichen Bedeutung heraus und in ein weibliches Verhältniß zu den festen Charafteren, So schmiegt sih Brentano an die Schwester, als an einen Mann, weil sie mehr aus Einem Gusse is und ein mehr sicheres Gefühl hat, Das Gedicht p. 115 fg. zeigt seine ganze weiblihe Stellung zu Bettina, die „schweigend das Wort spricht, was seine Lippe nicht redet,“ Er erscheint sich selbst „als Werk seiner Liebe zu Betting.“

Diese Unsicherheit des Gemüthes, die ihm hernah \o viel Wehe be- reitet, tritt immer weiter heraus, je mehr wir uns in die Briefe hincin- lesen, und berührt in seiner legten Liebschaft zu Weimar höchst verleßend und unnatürlih, Daneben aber rollt und wogt eine solche Fülle von Geist, daß man faum begreift, warum Brentano nicht tiefere Furchen ins öffentliche Leben ziehen konnte. Allein er mußte ja die Geistesfrafr, statt sie auf die Welt wirken zu lassen, immer nach innen vershwenden, um sein ta vor Oede und Verzagtheit zu retten und um vergeblich Ruhe zu uchen.

Zu dieser Geisteskraft kommt die Jugend , die ihn zur Zeit noch er- füllt, wo er diese Briefe schreibt; die Fülle der jugendlichen Kraft läßt den späteren Zwiespalt noch nicht so hervortreten,

Bettina aber ahnet schon, daß dies Alles nicht glücklich enden könne, sie glaubt, er sei „nicht auf dem rechten Weg“, und spricht den Unterschied zwischen seiner Jugend und der späteren Zeit, leise und mit Pietät andeu- tend, mit seinen eigenen Worten aus, die sie dem Buche vorseßt

„Und, liebes Kind, bewahre meine Briefe, lasse sie nicht verloren gehen sie sind das Frömmste , Liebevollste, was ih in meinem Leben geschrieben ; ich will sie einstens wieder lesen und in ihnen in ein verschlossenes Para- dies zurüsehen, Heidelberg 1805,“

Wir preisen jeden glücklih, der unbcfangen in diesem Frühlingsdust und Blüthenregen wandeln, und auf das Schauern und Rauschen des ursprünglichen Geistes horchen kann,

Wenn wir, und mit uns vielleicht viele, niht unbefangen genug des Schönen uns freuen, so kommt dies wahrhaftig nit daher, daß Bettina ín ihrem politischen Denken andere Wege geht, oder zu gehen scheint, nicht daher, daß wir einem hohen Thurme zumuthen, er soll einen kurzen Schat- ten werfen, auch nit daher, daß Bettina Brentano’s Worte vergißt; „Man foll feinem Menschen anhängen, der Partei macht,“

Ein großer Mann hat zur Zeit des wiener Kongresses gesagt: es scheine, als ob die Krast des Willens von den Männern gewichen wäre und sich in das natürlichere Gefühl der weiblichen Brust geslüch- tet hätte.

Dies für ein männliches Gemüth wenig erfreuliche Geständniß und das Gefühl, daß jener Mann nicht Unrecht habe, raubt uns die Unbefangenheit der Frau gegenüber, um \o mehr, als wir deshalb nicht das volle Recht haben, die Frauen zu tadela, wenn sie allzu früh der Freiheit entgegen- jauchzen, vielmehr mit Clemens Bettinen zurufen müßten : :

„„Bleibe über Alles Zufällige erhabenz folge deinem inneren Ruf, er ist zu stark in dir, wer wollte dich ihm entzichen? es wäre Frevel, es zu wollen, da wir alle noch nicht da siud, wo wir mit uns selbs reten kön- nen, ob wir etwas wollen sollen oder nicht,“

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