1844 / 181 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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205 gegen 18 Stimmen verworfen und darauf in dem Comité die

; lauseln der Bill angenommen. ags Ae Berdans e passirte gestern die Bill des Grafen von

Howis, welche gegen die Vereinigung der Bisthümer von St. Asaph Pow werde S ist, das General-Comité. Bekanntlich hat diese Bill gegen den Willen der Minister die zweite Verlesung erhalten, und der Herzog von Wellington erklärte auch gestern, die Bill werde die Sanction der Königin nicht erhalten; er reservirte sich indeß die weiteren Schritte gegen dieselbe. Eine kurze, resultatlose Debatte veranlaßte hierauf Lord Fißhardinge über die Bill des Bischofs von Exeter zur Unterdrückung der Bordelle,

London, 25. Juni. Die Frage über die Verlegung des Brief- geheimnisses, welhe gestern das Unterhaus beschäftigte, zeigt uns in ihrer doppelten Auslegung auf der einen Seite ein Prinzip, das die moralische Pflicht aufreht zu erhalten gebietet, auf der anderen die durch politische Rücksichten gerehtfertigte Nothwendigkeit, unter gewissen gegebenen Verhältnissen von diesem Prinzip abzugehen, Man gewinnt durch die gestrige Debatte einen neuen Belag für die Richtigkeit des oft bestrittenen Sabes, das Etwas der Theorie nah gut und recht sein kann, was in der Anwendung auf staatliche Verhältnisse unaus-= führbar is, Jedermann erkennt, vom moralischen Gesichtspunkte aus,

daß das Briefgeheimuiß ein geheiligtes, unverleblihes sein muß, daß der Staat, der die Briefbeförderung als ein Monopol besißt, doppelt gehalten is, das soziale Privi=

legíum niht zu mißbrauchen; es erscheint darum dem britischen Volke das geheime Oeffnen der Briefe als etwas so Unehrenhastes und Unerlaubtes, daß man sich ungern von seinen Gefühlen losmadht, um der politishen Nothwendigkeit Recht zu geben, und die Minister gestern eine verhältnißmäßig nur geringe Majorität von 44 Stimmen für die Verwerfung des Duncombeschen Antrags gewinnen konnten. Dennoch ist bei näherer Beleuchtung die Regierungs - Maßregel voll kommen gerechtfertigt und der Schluß unvermeidlich, daß Post- briefe niht durch ein unverleßlihes Geheimniß geshüßt werden fönnen. „Die Communication durch die Post“, sagt der ministerielle Standard, „ist ein Werkzeug großer Gewalt in der Verfassung unseres gesellshastlihen Systems, und gleih anderen derartigen ge- waltigen Werkzeugen muß es daher zum Heile der Gesellschaft unter gewisse Verordnungen gestellt werden, die dem Prinzipe nah von den Grundsäßen abweichen, welhe im gewöhnlihen Leben die Privat=- Angelegenheiten der Menschen regeln. Der Staat hat hiernach ein Recht, denen, welche die Post benußen, zu gebieten, daß sie dieses großen sozialen Jnstrumeyts,sih weder zum Nachtheil des Landes bedienen sol= len, in welhem sie Wohnen, noch zum Nachtheil eines anderen Landes, das mit dem ihrigen im Freundschafts-Verhältniß steht. Diese Bedingung fann der Staat mit vollem Recht an die Benußung seiner Post-An- stalten knüpfen, Js dieszgber der Fall, so muß es auch ret sein, die einzigen Mittel in Aïendung zu bringen, welche die Verleßung jenes Gebots verhindern, und diese Mittel bestehen eben in der Oeffnung und Prüfung verdächtiger Briefe. Die öffentliche Ankün- digung aber, daß geseblih alle Briefe der Oeffnung unterworfen sind, befreit dies ganze Verfahren von dem Charakter des Verraths, denn wo kein Versprechen, das Geheimniß zu beobachten, gemacht is, kann ein solches Versprechen nicht gebrohen werdenz und es i| gewiß sehr zu wünschen, daß diejenigen, welhe unser Land zur Werkstätte ihrer Maginationen gegen uns befreundete Regierungen machen wollen, gewarnt werden, nicht auf die Vershwiegenheit unserer Post mehr als auf den Beistand irgend eines unserer Staats=-Justitute zu renen. Herr Mazzini, welcher an dem Plane betheiligt sein soll, in den österreihishen und päpstlichen Staaten eine Aufregung zu bewirken, beshwert sich, daß seit dem Monat März 70 seiner Briefe hier auf der Post geöffnet worden wären. Diese Anzahl, wenn auch übertrieben, beweist shon, daß Herr Mazzini eine ausgedehnte Korrespondenz führt, welche in dem Falle eines leidenschaftlichen Politikers, Verdacht zu erregen geeignet ist. Aus Allem geht demna hervor, daß die Regierung die Befugniß haben muß, und namentlich in Bezug auf Fremde, zwar nicht behufs einer Benachtheiligung derselben, sonden in terrorem, alle Versuche zu vereiteln, welhe darauf binzielen, unser Land zu einem Heerde der Jntriguen gegen Nachbaren zu machen, mit denen wir in Frieden leben wollen. Ohne diese Befugniß der Regierung, oder ohne eine sehr harte Fremden-Akte , könnte der Friede unseres Landes von jedem verzweifelten Flüchtling gestört werden.““

© London, 25. Juni. Jm Oberhause ist die Bill für die Beibehaltung des waliser Bisthums, wobei die Regierung bekanntlich bei einer früheren Abstimmung durch eine Mehrheit von 18 geschla= gen worden, ohne Widerspruch von ihrer Seite zum engeren Aus= \{chuß zugelassen worden. Aber der darüber befragte Herzog von Wellington wollte nicht erklären, ob die Regierung die zur endlichen Annahme derselben erforderliche Einwilligung geben würde oder nicht. Dieses is um so merkwürdiger, da Peel leßten Montag, und zwar ohne dur die Gelegenheit, dazu aufgefordert worden zu sein, im Unterhause die Erklärung abgab, daß die Regierung sich niht für verbunden halte, jene Entscheidung des Oberhauses auszuführen. Sollten in-= zwischen des hochkirhlih gesinnten Gladstone's Ansichten im Kabinet gesiegt habeu oder doch auf der Wage liegen? Man weiß, daß die- ser junge Staatsmann das Foreign and Colonial Review niht nur in kommerzieller , sondern au in kirchlicher Beziehung zu seinem Organ gemacht hat, Ueber diese Zeitschrift ist \o eben ein neuer Prospektus erschienen, worin bekannt gemacht wird, daß sie unter dem neuen Titel: New Quarterly Review es sich zur Haupt - Angelegenheit machen werde, der Unterwer- fung der Kirche unter den Staat, und namentlich die Lenkung der= selben durch Laien - Kommissionen entgegen zu arbeiten. Diese den Puseyiten so verhaßte Sate wo Komniission hat ihren Ursprung in der furzen Verwaltung Peel’s in den Jahren 1834 35, Sie besteht der Mehrheit nah aus Bischöfen, und hat si nie mit etwas anderem befaßt, als der Vertheilung der Einkünfte der Kirche auf eine solche Weise, daß die Anzahl der Pfarreien um ein Großes vermehrt, und die Besol- dung vieler shlechtbezahlten Pfarrer vergrößert werden kann, eine Einmischung, die doch gewiß nur zum Heil der Kirche gereichen kann. Aber sie hat si dabei die große Sünde erlaubt, die Vereinigung des fraglichen kleinen Bisthums mit einem ebenfalls kleinen benachbarten Sprengel zu empfehlen, wodurch man die Mittel erhalten könnte, Manchester und der Umgegend einen besonderen geistlihen Ober-Auf- seher zu stellen, und zwar ohne die Zahl der Bischöfe zu vermehren. Man wollte hierdurch die unbequeme Anregung der Fragen vermei- den, ob die Zahl der Prälaten im Oberhause vermehrt oder ob man Bischöfe kreiren solle, die keinen Siß im Parlament hätten. Wenn also diese Kommission von einer den neuesten kirhlihen und sozialen Ideen En Zeitschrift bekämpft werden soll, so darf diese Be- wegung im Oberhause nicht als eine vereinzelte Erscheinung betrah- tet werden, und das Ganze erhält um so mehr Bedeutung, da ein einflußreiches Mitglied des Ministeriums mit jener Zeitschrift in enger Moa steht. le vom Bischof von Exeter vorgeschlagene strenge Maßregel R Freudenhäuser ist an und für A lea oerth. s Die Uebel, welche dieselben erzeugen, sind furchtbar genug, um die Be- achtung der geseßgebenden Gewalt zu verdienen. Aber es bleibt immer die Frage, ob eine Unterdrückung dieser Häuser nit größere Uebel

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hervorrufen würde. Die Angriffe des Grafen Fißhardinge auf das Kapitel der Westminster - Abtei sind ungegründet. Das Kapitel ist niht mehr darum zu tadeln, daß mehrere demselben gehörige Häuser so mißbrauht werden, als andere Haus-Eigenthümer. Man überläßt die Vermiethung derselben einem Agenten, und dieser hat wahrschein- lih die Miethkontrakte, welhe gewöhnlih eine Dauer von 7 bis 21 Jahre haben, nach einer allgemein gebräuchlihen Form eingerichtet, Gs wenn die Klagen vor das Kapitel kamen, demselben die Hände anden.

Jm Unterhause hat man gestern Abend wenig in Bezug auf die Bill zur Orduung der Banken thun können, da der beste Theil des Abends in einer Debatte über die neulihen Brief - Eröffnungen auf der hiesigen Post hinging. Die allgemeine Stimmung des Volks neigt sich in dieser Frage auf die Seite der Opposition. Eben so, wie feine Behörde ein Recht hat, Jemand ohne beshworene Anzeige zu verhaften, und Jeder, welcher verhaftet worden, ein Recht zur Entschädigung hat, wenn solches ohne hinlänglichen Grund geschehen, so eint man zu verlangen, daß ein Eingriff auf die dem öffentlichen Schutze anvertrauten Geheimnisse des Bürgers unter gleihem Schirm der Geseße stehen müßten. Man darf deshalb einer großen Bewe- gung gegen dieses sogenannte „Spionwesen entgegensehen. Die T imes, welche fast immer auf der populairen Seite ist, hat bereits den Kreuzzug gegen Sir James Graham angefangen.

Jn der Bank =- Verordnung hat Peel zwar viele Zeit raubende Opposition zu befahren; aber da die Handelswelt fast durchgängig damit zufrieden ist, so wird sie gewiß fast unverändert durchgehen. Die vorzüglihe Opposition aber kömmt von denjenigen Tories her, welche sich in der Morning Post vertreten sehen. Jn ihrer Mei= nung is Ueberfluß an Papiergeld, wie unsicher au dessen Grundlage sein mag, das Einzige, was ihnen Noth thut. Denn viel Geld im Lande macht hohe Preise und folglih hohe Renten vom Grundbesibe. Wie der auswärtige Handel dabei aber fährt, kommt bei ihnen we- niger in Betracht.

S chweiz

Luzern. Die am 25. Juni zu Luzern eröffnete ordentliche und außerordentlihe Tagsaßung besteht aus folgendeu Personen. Luzern: Se. Excellenz Konstantin Stegwart-Müller, Bundes=Präsident; Statt= halter Rudolph Rüttimann ; Staatsschreiber Meyer. Zürich : Bür= germeister H. Moussonz; Statthalter H. Guyer, Bern: Schultheis K. Neuhaus z Oberst-Lieutenant J. R. Steinhauer. Uri: Landes- Statthalter Joh, Benedict Düggelin; Landammann Theodor Ab- Yberg. Unterwalden ob dem Wald: Nikod. Spichtig; Unterwal- den nid dem Wald: Polizei-Direktor Durrer, Zug: Landammann

Hegglinz Präsident Bossart. Glarus: Kosmus Blumer. Freiburg : Staatsrath Fournier; Ober - Amtmann Griset de Forel, Solothurn: Landammann Munzinger z Oberrichter

Burki Baselstadt : Bürgermeister Burkhardt und Rathsherr Häuß= ler, Baselland: De. Hug und Emil Frei, Schaffhausen : Kan= tonsrath Grießhaberz R. R. Böschenstein, Appenzell Außer= Rhoden: Dr. Zellweger und Seckelmeister Schieß. Appenzell Juner= Rhoden: Pannerherr J. A. Fäßler. St. Gallen : Landam. Näff ; Joh. Jos. Müller. Graubünden: Bundeslandammann Brosiz Sim. de Bavier. Aargau: Landammann Siegfried z Seminar= Direktor Keller. Thurgau: Ober-Richter Gräfleinz Großrath Kreis. Tessin: Staatsrath Piodaz Großrath Battaglini.

Waadt: Staatsrath Ruchetz Großrath Briatte. Wallis: Staats- chreiber Dr. Ganiozz Adr. von Courten. Neuchatel: Staatsrath Calamez; J. de Meuron. Genf: Staatsrath Brocher-Veret; Großrath des Gouttes. Stgats-Kanzler : Amrhyn. Staats-

Schreiber: Gonzenhach, S‘p'a n i en.

XX Paris, 25. Juni. Mit Bezugnahme auf die îm bri tischen Parlamente erwähnten Schritte, wodurh Don Carlos seine Bereitwilligkeit, auf seine Thron-Ansprüche zu verzichten, an den Tag gelegt hat, veröffentlicht ein französisches legitimistishes Blatt die

edingungen, an welche der Prätendeut in Bourges sein Anerbieten fnüpft, Diese Bedingungen sind die folgenden: Vor allen Dingen Wiederherstellung des salishen Geseßes zu Gunsten der älteren Linie der spanishen Bourbons. Demzufolge verlangt Don Carlos, daß er als König anerkannt werde, er verzichtet jedoh auf die Ausübung seiner Königlichen Rechte, die er mit seinem Sohne so theilen will, daß dieser die alleinige Ausübung derselben erhält. Der junge König Mitregent soll sich dann mit der ältesten Tochter Fer- dinand’s VIl. vermählen, welcher Don Carlos den König- lihen Titel „aus Höflichkeit‘ auch {hon vor Abschluß der Che zuzugestehen geneigt f Sollte dieselbe sterben, so bleiben natürlich, kraft der Wiedereinführung des salischen Geseßes, alle Thron- rehte im Besiß des Don Carlos und seines Sohnes, Die Heirath zwischen Jsabella Il, und dem Prinzen von Asturien soll durch Pro- curation abgeschlossen werden, und der Prinz macht sich anheischig, den spanischen Boden niht vor Ablauf dieses Jahres zu betreten, Zur Wiederherstellung der alten spanischen Verfassung soll in kürzester Frist die Einberufung der Cortes por eslamentos stattfinden, und zu gleicher Zeit sollen die einzelnen Städte und Provinzen ihre alten Privilegien zurückerhalten, Don Carlos verlangt ferner die Bestäti= gung aller von ihm ertheilten Grade, Würden und Titel und eine allgemeine Amnestie für alle politischen Verbrecher seit dem Tode Fer- dinand's VII,, von welhên er nur den General Maroto und zwölf andere Personen ausgenommen wissen will, die auf Lebenszeit aus dem Reiche verbannt werden sollen. Für seine eigene Person endlich bedingt sich der Prätendent die Zurückgabe aller seiner Güter und ein angemessenes Jahrgeld aus, „wogegen er sich anheischig macht, zehn Jahre lang im Auslande zu leben und sih durchaus nicht in die po- litishen Angelegenheiten Spaniens zu mischen,

Central - Amerika.

«x Paris, 24. Juni. Die Blätter aus Venezuela bis Ende April bringen uns die Botschaft, mit welcher der Präsident der Re- publik Neu-Granada den Kongreß von 1844 dort eröffnet hat, Jch hebe daraus diejenigen Stellen aus, welhe von allgemeinem Juteresse sind. Man liest unter anderen darin folgende:

Die am 20. April leßten Jahres geschlossene Reform der Constitution wurde in allen Hauptorten der Kantone und Pfarr - Distrikte am 1, Sep- tember feierlih verkündet, und ihre Anordnungen begannen in Kraft zu treten vom 1, Oktober an, gemäß der Vorsehrift des zu diesem Zwecke ausgefertigten Geseßes, Durch das betreffende Staats-Sekretariat wird dem Kongreß der zwischen Neu-Granada und dem Ecuador abgeschlossene Vertrag mitgetheilt werden, der zum Zweck hat, die Lücken auszufüllen, an welchen noch der bestehende Friedens- und ev nt agd d litt, und das gute Verhält- niß, in welhem erfreuliherweise die zwei Republiken zu einander stehen, noch mehr zu befestigen, Das Unternehmen, einen Verbindungs-Kanal zwi- schen dem atlantishen und dem stillen Meere zu eröffnen, ist jeßt eine An- gelegenheit, an welcher mächtige Nationen Jnteresse nehmen, Wohl be- fannt sind die Vortheile, welhe für dieses Werk der Zsthmus von Pa- nama vor allen anderen Punkten voraus hat, auf denen es ausgeführt wer- den fönntez der Regierung von Neu-Granada kommt es daher zu, bem Plane eifrigen Vorschub zu leisten, bis zu Erlangung der nöthigen Bür schaften dafür, daß er ausgeführt werde. Der Nation fehlt es an dem Gelde zur Uebernahme dieses kolossalen Werkes auf ihre Kostenz aber sie besigt Mittel,

welche vereint mit denen, welche andere Nationen unter einer Uebereinkunft

darauf verwenden wollen, dem Unternehmen die erwünschlichen Bürgschaften s fönnen, während Neu-Granada stets das Recht und die volle usübung der Souverainität erhalten wird, die es über den Isthmus be- sizt. Zu den natürlichen Vortheilen des Bodens muß noch jener hinzuge- fügt werden, daß seine Bewohner sich dur ihren guten Charakter und ibre Geneigtheit zur Arbeit empfehlen. E Nach einem vom 10, April datirten Schreiben des bevollmächtig= ten Ministers von Venezuela in Neu-Granada hatten die Kammern dieser leßteren Republik die Traktate mit Venezuela, welche in der leßten Legislatur niht zur Entscheidung gelangt waren, ratifizirt, Ju den drei Schwester-Republiken Venezuela, Neu-Granada und Ecuador herrshte nah den Korrespondenzen aus Caracas und Bogota voll= fommenste Ruhe. Die geseßgebende Versammlung von Venezuela beschäftigte sich in ihren Sißungen mit Geseh - Entwürfen FzuzEröff= nung neuer Wege, Errichtung und Ausstattung neuer Schulen für den Elementar= und höheren Unterricht und mit anderen Gegenstän= den allgemeinen Nußens. Mit einer besonders in jenen Ländern lei= der so seltenen Ausdauer und Beharrlichkeit seßten die Kammern auch

die Arbeiten zu Abfassung neuer Geseßbücher fort,

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_ Paris, 24. Juni. Man hat aus Peru Nachrichten bis Mitte Januars über Caraccas. Obgleich der von dem obersten Di= rektor der Republik unternommene Feldzug gegen die Dissidenten von Moquega noch nicht entschieden war, so scheint es doch, daß derx Führer dieser, General Castilla, schnelle Fortschritte machte. Nachdent er in Folge seines Sieges von San Antonio sein Heer organisirt hatte, beseßte er am 6. Dezember leßten Jahres Puno y Cuzco ohne Schwierigkeit. Der Oberst Lopera, welcher dort die Stelle eines Präfekten und General- Kommandanten bekleidete, und von welchem der oberste Direktor, General Vivanco, sih große Erwartungen gemaht zu haben sien, vermochte - wegen der allgemeinen Desertion, die unter seinen Leuten einriß, und der raschen Thätig- feit seines Widersachers, mit genauer Noth -nur seine eigene Person in Sicherheit zu bringen. General Castilla verfolgte ihn in Eilmärschen bis an den Apurimac, einen Fluß, den er nicht sogleich überschreiten fonnte, weil die Brücke darüber von den Abtheilungen bewaffneter Gebirgsbewohner des Departements Ayacucho, welhes jeßt der Schauplaß der Kriegs - Operationen ist, abgebrohen worden war, Dort traf der General Vivanco die Reste seiner Truppen; der an Stärke ihm überlegene General Castilla shickte sich bereits an, sie zu bekämpfen, und man glaubte, daß der Würfel der Entscheidung zwi= hen beiden bald fallen müsse. i : / E

Die Hauptstadt Lima war bis dahin ruhig geblieben in Folge der beharrlihen Treue der Departemental - Behörden und der Wach= samkeit, die sie übtenz dessenungeachtet war es nur zu gewiß, daß im Geheimen machinirt wurde, und einige ossene Versuche zu Ruhestörung hatte man schnell unterdrückt, Was mit dem gefangenen General Santa Cruz geschehen werde, darüber ist noch immer kein Be= {luß gefaßt; zwischen dem General Castilla, der ihn gefangen hält, und der Regierung des Generals Baillivian , Präsidenten von Bolivia, fand darüber ein lebhaster Notenwesel statt. Dieser hatte ein Dekret erlassen , wodurch jede Verbindung mit Peru abgebrohen wurde, so lange Santa Cruz aus\ dessen Territorium bleibe; auch vermehrte General Baillivian seine Kriegsrüstungen, Jun demselben Betreff hatte die Regierung von Chili an die von Bolivia eine Note gerichtet, worin sie ihre Bereit= willigkeit zu erkennen giebt, gegen jeden Versuch, Santa Cruz wieder an die Spibe der Nachbarstaaten zu seßen, ihre Mitwirkung zur Ver= eitlung desselben zu gewähren. Vor dem Hafen Jquique waren zwet chilesische Kriegsschiffe, nämlich die Fegatte „„Chile“/ und die Brigan= tine „Jaquenet‘“ ershienen. Am 8. Januar war Herr William Pitt Adams, britischer Geschäftsträger in Peru, zu Lima eingetroffen.

Kandels- und Börsen -Uachrichten. Auswärtige Börsen. Amsterda Im» 26. Juni. Niederl. wirkl. Sch. 615. 5% Span, 215. 3% do. 355. Paus, =—, Ausg. —. Zinsl. —. Sch. —. Pol. —. Oesterr. 110. 4% Russ. Hope A he: Antwer Pen; 25. Juni. Zins]. —. Neue Aul. 21 i Frankfurt a, M., 27. Juni. 5% Met. 113 Br. Bank - Actien 1096 Br. Bayr. Bank-Actien 716 G. Uope 895 Br. Stiegl. 897 Br. Int. 60. Poln. 300 Fl. 94 G. do. 500 Fl. 93% G. do. 200 FI. 283 Br. Hamburg, 28. Juni. Bank Actien 1675. Engl. Russ. 1127. London, 25, Juni. Cons. 3% 985. Belg. 103. Neue Anl. 233. Pas- sìve 57. Ausg. Sch. 13%. 27% Holl. 627. 5% do. 1003. Neue Port. 47. Engl. Russ. 117%. Bras. 81%. Chili 104. Columb. —, Mex. 343. Peru 265. P aris, 25. Juni. 5% Rente fin cour. 122. 30. 3% Rente fin cour. 82. 40. 5% Neapl. au compt. 99. 75. 5% Span. Rente 31 É. Pass. —. W ien, 26. Juni. 5% Met. 111. 4% 100%. 3% t 1630. Anl. de 1834 149. de 1839 123f. Nordh, 1295. Mail, 1087. Livorn. 112.

5% do. 1007.

Preuss. Pe,

Bank-Actien Gloggn. 111.

Meteorologische Beobachtungen.

1844. Morgens Nachmittags Abends Nach einmaliger 29, Juni. 6 Ubr. 2 Uhr. 10 Ubr. Beobachtung.

Luftdruck... [335,13 Par. [335,4 6 Par.1335 96" Par. | Quellwärme 8,0° R. Luftwärme . E 10,1° R. + 13 R.'-+ 9,4° R. | Flusswärme 13/3? R. Thaupunkt ... + Wo R. 4,4° R. 5,3) R.| Bodenwärme 14,0% R. Dunstsättigung 62 pCt. 50 pCt. 72 pCt. Ausdünstung 0,011 Rh. Wetter -.. trüh, trüb. | bezogen. Niederschlag 0,012 Rh. Wind .«-...- W. | W. | W., Würmewechsel +13,s° Wolkenzug. -- W. -+- 8,9° R.

Tagesmittel: 335,52" Par... + 11,0°R... +4,6°R... 61 pet. W.

Königliche Schauspiele. a Montag, 1. Juli. Nathan der Weise, dramatisches Gedicht in 5 Abth., von G. E. Lessing, (Herr Hoppé, vom Herzoglichen Hof- Theater zu Braunschweig: Nathan, als Gastrolle.) Dienstag, 2. Juli, Der König von Yvetot.

Königsstädtisches Theater.

Montag, 1. Juli, Der böse Geist Lumpacivagabundus, oder: Das liederliche Kleeblatt, Zauberposse mit Gesang in 3 Aften, von J, Nestroy. (Wegen plöblicher Krankheit kann Herr Beckmann vor seiner Urlaubsreise hier niht mehr auftreten.)

Dienstag, 2. Juli. Mariette und Jeanneton, oder: Die Heirath vor der Trommel. (Dlle. Julie Herrmann: Mariette als Gastrolle.) Dazu : Gast-Vorstellung der Mad, Weiß, in 3 Abtheilnngen.

Verantwortlicher Redacteur Dr. F, W. Zinkeisen.

Gedruckt in dex Decker schen Geheimen Ober - Hofbuchdruckerei.

Beilage

Beilage zur Allg

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D Om

In halt.

Deutsche Bundesstaaten. Landgrafschaft Hessen-Homburg. | Hof - Nachrichten. |

Preß - Verordnungen, Fürstenthum Lippe. von Bandel und das Hermanns-Denkmal. Meinberg, Vereine. Desterreichische Monarchie. Schreiben aus Böhmen. (Beabsichtigte

Errichtung einer Hypotheken-Bank.)

Frankreich. Paris. Auskunftsmittel zur Beschleunigung des Eisenbahu- baues. Vorladung der Advokaten des Königl, Gerichtshofes, Emil von Girardin über die Budgets. Vermischtes, :

Belgien. Schreiben aus Brüssel, (Vertagung der Repräsentanten- Kammer; vergleichende Bemerkungen über die parlamentarische Regierung Englands und Belgiens.) :

Italien. Rom. Memorandum des Papstes, Ernennung von Bi- schöfen. Uebertritt des Dr. Hurter zum Katholiciêmus,

Spanien. Briefe aus Madrid. (Jüngster Stand der Vermählungs-

ragez Vermischtes.) und Paris. (Die Königliche Familie in Bar- celonaz angebliche Unterhandlungen wegen Ermäßigung des Zoll-Tarifs.)

Türkei. Konstantinopel. Rückkehr des Sultans, Die Jnsur- rection ín Albanien unterdrückt, Vermischtes,

Abnahme des Gewerbe-Standes in Böhmen.

Eisenbahnen. Die Altona - Kieler Eisenbahn, Bekanntmachung der

Königl, Eisenbahn - Kommission zu Kopenhagen. Handels- und Börsen-Nachrichten, Hande!. Nusland. Deutsche Bundesstaaten. Landgrafschaft Hessen- Homburg. Das Regie- rungsblatt enthält unterm 14. Juni eine Preß - Verordnung und eine andere vom 15. Juni wegen Bestrafung der Theilnahme an un statthaften Privat - Vereinen und Verbindungen. Sie lassen jedoch im Ver gleich mit der gleihartigen Geseßgebung anderer deutschen Staaten keine bemerkenswerthe Cigenthümlichkeit erblicken, nur daß die Strafen für Contraventionsfälle im Verhältniß zu manchen auswär-= tigen Strafbestimmungen gelinde zu nennen sind. Der Verkauf vor- schriftswidriger Bücher wird nur mit einer Geldbuße von 5— 15 Fl, oder nach Befinden mit einer Gefängnißstrafe bis zu 14 Tagen bestraft,

_ Fürstenthum Lippe. Am 30. Juni findet zu Detmold die Confirmation Jhrer Durchlauchten der Prinzen Friedrih und Her= mann zur Lippe öffentlih in der Kirche statt, Nach fast einjähri= ger Abwesenheit ist Herr von Bandel aus Jtalien zurückgekehrt, wo derselbe in seiner Werkstatt zu Carrara die Büsten des Fürsten zur Lippe und der hochseligen Fürstin Pauline ausgeführt hat, Die Ar= beiten am Hermannu's-Denkmale sind seit seiner Rückkehr mit erhöhten Kräften in Angriff genommen z der Unterbau naht sih seiner Vollen- dung, Der Fremdenzug durch das Lippesche is auch in diesem Jahre sehr bedeutend, wozu die Weser-Dampfschifffahrt wohl wesent= lih beitragen mag. Namentlih wird Meinber g, dessen reiche Heil- anstalten noch dur eine Ziegen-Molkenanstalt vermehrt sind, viel be- suht. Der naturwissenschaftlihe Verein für das Fürstenthum Lippe welcher jeßt sehr im Aufblühen begriffen is, hielt am 12, Juni seine zehnte Jahres - Versammlung. -—— Der sehr im Segen wirkende Ver= ein zur Beförderung der Handwerke unter den Juden wählte in sei- ner leßten Jahres - Versammlung einen christlichen Geistlihen, den Hofprediger Heinrichs, zu seinem Vorstande. —- Am 24. Juni hat sih auch zu Detmold unter günstigen Auspizien ein landwirthschaft- liher Verein für das Fürstenthum Lippe konstituirt.

Oesterreichische Monarchie.

A Aus Vöhmen. Dem Grafen Friedrih von Deym, welcher der erhöhten Wirksamkeit unserer Stände bereits so vielen Eifer widmete, verdankt unser Land neuerlih die Anregung eines Planes, dessen Durchführung für den Grundbesiß, die Gewerbe und den Handel Böhmens von den wohlthätigsten Folgen sein wird. Es is seit Jahren oft beklagt worden, daß die Entwickelung der in unserem Lande so zahlreich vorhandenen Elemente eines erhöhten Wohlstandes bisher verhindert wurde durch den Mangel eines Bank = Justituts, welches die Geld = Circulation vermehre und die dem Ackerbau und der städtischen Jndustrie nöthigen Geldmittel durch Hebung des Kredits verschafft, Daß die wiener sogenannte Nationalbank mehr einigen dortigen Banquiers, als dem Judustrie- Betriebe der Provinzen zum Nußen gereiche, hat die Erfahrung von mehr als 25 Jahren sattsam bewiesen. Bisher waren die Bemü-= hungen, ein Filiale dieser Bank für das industriereihe Böhmen zu erhalten, vergeblih, auch Kapitalien, besonders für den Grundbesiß sehr {wer , und uur zu einem unverhältnißmäßig hohen Zirsfuß zu erlangen z cs wurde daher vom Grafen Deym die Errichtung einer Real-Hypothekenbank in Vorschlag gebracht, die auf das System der Pfandbrief-Justitute beruhend, dasselbe in erweiterter Ausdehnung auch auf die Bürger und Bauerngründe in Ausführung bringen, und dur Verwendung eines Theils der dispouiblen Baarschaft zur Eskompti- rung solider Wechsel auh der Fabrik-Judustrie und dem Handel einen erleihterten Geld =Umlauf gewähren soll. Die Haliung aller durch diese Hypothekenbank eingegangenen Verbindlichkeiten soll auf den ständischen Domestikal-Fonds übernommen werden, dessen Erforderniß verfassungsmäßig durch ausgeschriebene Steuer = Zuschüsse jederzeit gedeckt wird, Der kräftig wirkende Gemeinsinn unserer Stände hat dieselben bereits zu dem erfreulihen Beschlusse geführt, das Bank- Projekt einer öffentlihen Prüfung zu dem Zwecke zu unterziehen, um im entsprehenden Falle die Allerhöchste Genehmiguug für dessen Aus= führung erbitten zu können. Eine von dem Grafen Deym verfaßte sahgemäße Motivirung dieses Bankplanes sammt dem Entwurfe der die Begründung und Wirksamkeit regelnden Statuten is daher von den Ständen herausgegeben und zu einer freimüthigen und umfassen- den Beurtheilung desselben öffentlich aufgefordert worden, damit das was ins Leben treten soll, so vollkommen als möglich zu Stande fomme. Bei dem allgemeinen Anklange, den das Projekt in der Ge- \chästswelt findet, und bei der von den Ständen bereits zugesicherten so werkthätigen Unterstüßung is die baldige glücklihe Ausführung dieses Bank=-Justituts uicht zu bezweifeln, das unserem Landbau, und namentlich dem in den Häuden der kleineren Besißer einen neuen mächtigen Aufschwung verleihen, aber auh auf die anderen Zweige der Volksthätigkeit die vortheilhaftesten Rückwirkungen ausüben wird,

Frankreich.

Paris, 24. Juni, Damit der Bau der Eisenbahnen ih niht noch länger verzögere, empfiehlt der Courrier francais unter den jeßi= gen N eine von Herrn-Edmoud Blanc an die Kammern ge= rihtete Petition zu ernstliher und baldiger Erwägung. Die Schwie= rigfeit soll dadurch mit einem Male gelöst werden. Diese Petition schlägt vor, daß jedes Cisenbahngeseb in zwei Theile geschieden werde : in ein Geseß, welches die zu den Arbeiten erforderlihen Gelder an=

So könnte, wenn nur einstweilen das erste Geseß für jede Bahn an- genommen wäre, immer schon mit den Arbeiten begonnen werden, während man noh mit dem zweiten beschäftigt wäre.

Die Mitglieder des Oisziplinar-Raths des Advokatenstandes am

Königlichen Gerichtshofe vou Paris haben nun, ein Jeder ein-

zelu, die vom 12teu d. datirte und vom Geueral - Prokurator Hebert

unterzeichnete Vorladung erhalten, durch welche sie aufgefordert wer-

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den, am 1, Juli vor dem Gerichtshofe zu erscheinen, um über den Inhalt ihres an den Präsidenten Seguier gerihteten Schreibens ver- nommen zu werden, weil dasselbe als ein pfliht - und respektwidriger Schritt und in seiner Kollektivform zugleih als ein Mißbrauch der Amtsgewalt betrachtet werden könne.

Emil von Girardin hat in der Presse mit seiner Namens=- Unterschrist eine von ihm beabsichtigte Reihe von Aufsäßen zur Be- urtheilung des Budgets begonnen, denen er das Motto vorsebt : ¿Man leihe, um zu entlasten; man entlaste, um zu leihen; man be- laste die Schuld und erleihtere das Budget,“ Die von der Oppo- sition aufgestellten Parallelen zwischen den Budgets des Kaiserreichs, der Restauration und der Juli-Regierung, welche respektive 750 Mil- lionen, 1000 Millionen und 1500 Millionen Fr. für das Jahr an- geben, erklärt er insofern für trügerisch und gehässig, als dabei ganz unberücksichtigt bleibe, daß jeßt viele Ausgaben centralisirt seien, die unter den früheren Regierungen den Departements, den Gemeinden oder einzelnen Justituten zur Last gefallen,

Der französische General = Konsul und Geschäftsträger bei der Republik Venezuela, Herr David, der den Schifffahrts- und Handels- Vertrag und die Post - Convention überbringt, welhe er mit der Regierung jenes Freistaats zu negoziiren beauftragt war, hat dieser Tage beim Könige Audienz gehabt, :

Zum Direktor der neuen Central-Kontrolle des Marine - Depar- tements ist der General-Commissair der Marine, Herr Jubelin, Mit= glied der Admiralität, ernannt worden.

Mehmed Ali wird, wie man erfährt, nächstens einen seiner Söhne und einen seiner Enkel , junge Leute von 16— 17 Jahren, die schon von europäischen Lehrern unterrihtet worden sind, in Begleitung einer großen Anzahl ihrer Kameraden und Altersgenossen nah Frankrei \chicken, um hier ihre Bildung zu vollenden,

Belgien.

_14 Brüssel, 24. Juni, Die Repräsentanten-Kammer hat sich auf unbestimmte Zeit vertagt, d. h. die diesjährige Session geschlossen, wenn nicht der jeßt einberufene Senat, wider alles Erwarten, in den votirten Geseßen wesentliche Modificationen vornimmt, die eine neue Erörterung nöthig machten, Der Senat hat sih freilih {on öfter beklagt, daß eine gründliche Prüfung der ihm von der anderen Kam=- mer übersandten Geseß-Anträge eine so kurze Zeit gelassen und ihm gewissermaßen ein moralisher Zwang zur Annahme derselben auf- gelegt wird; allein da die Anträge über die Differenzial- Zölle und den Taback unter bedeutenden Veränderungen, der eine mit einer bedeutenden Majorität, der andere sogar einstim- mig, angenommen worden sind, so wird sh im Senate gewiß keine entgegengeseßte Majorität dagegen aussprehen. Die liberalen Blät- ter ermangeln jeßt nicht, eine Parallele zu ziehen zwischen der con=- stitutionellen Regierungsart des englischen Ministeriums, welches von der Annahme der industriellen und kommerziellen Anträge seinen Be- stand abhängig machte, und der hier fast üblih gewordenen und

wiese, und in eîn zweites, welches den Betrieb zu bestimmen hätte.

auch von dem seßigen Kabinet vielfa befolgten Verfahrungsweise, der Kammer in der Modifizirung der Geseß - Anträge eine große Autonomie einzuräumen und statt an die Durchführung seiner Ansihten und Ueberzeugungen, wie sie sich in den Gese - Projekten formuliren, sein Bestehen zu knüpfen, sich mehr als eine blos Rath gebende und exekutive Gewalt zu betrahten, Die früher sogenannte doctrinaire Partei, mit Lebeau und Rogier an der Spibe, hat hier- gegen häufig protestirt und bei der Bekleidung des Ministeriums an- dere Grundsäße durchzuführen gesuht. Allein die Schwierigkeiten sind immer größer geworden, je mehr die Tendenz in der Kammer den Charakter ciner Gewohnheit angenommen hat.

__ Diese parlamentarischen Thatsachen, wie sie in England und hier hervortreten, liefern aber den Beweis, wie verschieden das Reprä- sentativ-System aufgefaßt wird, und wie elastisch es an sich sein muß, um hinsichtlih des zwischen den Kammern und der Regierung beste- henden legislativen Verhältnisses solche extreme Auffassungen zu er= lauben, Oder beruht etwa die hier befolgte Maxim auf einer Ver- kennung des constitutionellen Systems und is der in England angenom-= mene Grundsaß allein eine Bürgschaft für die Autorität, welche die Re- gierung als Central-Gewalt inden parlamentarischen Diskussionen ausüben muß? Wir halten diese Alternative für unstatthaft, Auf die Gefahr hin, als Hâäretiker hinsichtlih des vou England überkommenen constitutionellen Dogma's angesehen zu werden, halten wir das daselbst befolgte Prinzip für eine Quelle jenes Despotismus, der in vielen wichtigen Gragen und Diskussionen einen moralischen Zwang über die Parla- ments-Mitglieder ausübt, die, um niht den Sturz des Ministeriums herbeizuführen, ihre innersten Ueberzeugungen aufopfern, ja sogar, wie es die Geseße über die 10 Arbeitsstunden und über den Zuer beweisen, s{ch zu einer Art Palinodie bewegen lassen, Wir wollen jedoh keinesweges dem entgegengeseßten Systeme das Wort reden, welches den wohl zu bewahrenden Einfluß der Regierung der Omnipotenz der Kammer aufopfert, das Gesammtwohl den divergirenden Lokal- oder Partei-Jnteressen Preis giebt, den Uebergriffen der ges, ehgebenden indie ad- ministrative Gewalt Vorschub leistet und überhaupt die Regierung zum Spielball der Launen der Deputirten macht, Dierichtige Gränzlinie zwischen diesen beiden Systemen zu finden, is freilih in der Praxis mehr eine Aufgabe des politischen Taktes als eine blos logische Folgerung eines allgemeinen Prinzips. Leitend muß jedoch der Grundsaß sein, daß der Bestand eines Kabinets an die Annahme von Geseßen geknüpft ist, welche prinzipielle Fragen betreffen, Hätte z. B. die hiesige Kam- mer gänzlich das Prinzip der Differenzial-Zölle verworfen, so würden wir bei einem solchen Ereigniß das Bleiben des Kabinets für eine Ano- malie gehalten haben. Die Tabackssteuer war jedoch keine Prinzipienfrage, Wenn früher das Kabinet mit Recht getadelt werden konnte, aus der Annahme des Universitäts-Unterrichts-Geseßes feine Kabinets- Frage gemacht zu haben, so würde ein jeßiges Zurücktreten durhaus unmo- tivirt sein, Der Finanz = Bestand ist dur das modifizirte Tabaks- Steuer-Geseß nicht kompromittirt, die Einnahmen statt auf 3 Millio- nen werden sich freilih nur auf 1 Million belaufen, allein die Finan- gen haben sih in diesem Jahre merklich Écvessert, die Einnahmen sind für mehrere Zweige, wie z, B. für die Eisenbahnen, bedeutend größer ausgefallen, als sie veranschlagt waren, das Defizit von 4 Millionen ist dur diese Einnahmen-Erhöhung, so wie durch mehrere, von der Kammer votirte Geseße gedeckt, und die in dieser Sache vorzuneh- e Heute Sr auf die Anleihe von §42, Millionen

ranken wird ein Beweis des Vertrauens \ei i i in den Staatd:Kredit seht. ns sein, welchen das Publikum

Die leyten Diskussionen über das Universitäts - Prüfungsgeseb,

! in welchen das ungerechte Verfahren der katholischen Majorität gegen

emeinen Preußischen Zeitung.

Montag den Lf" Juli.

die Universitäten von Lüttich, Gent und besonders gegen Brüssel of- fen dargelegt wurde, scheinen für diese Partei selbst niht ohne Wir= fung gewesen zu sein, Jn den kürzlih vorgenommenen Wahlen sind in jeder der drei genannten Universitäten unter den Professoren zwei Mitglieder, in der katholischen Universität Löwen freilich vier Mit= glieder ernannt worden, ohne diejenigen Examinatoren zu renen, die außerhalb der Universitäten gewählt sind und der katholischen Mei= nung zugehören.

Wir haben es bis jeßt unterlassen, eine Thatsache zu erwähnen, welche überall, besonders aber in einem Lande T Ras sich mit politisher und religiöser Freiheit brüstet. Vor einiger Zeit de- nunzirte Herr Gendebien, Direktor einer der großen Kohlenminen in Charleroi, mit Entrüstung das Verfahren der Société de Martivet (ebenfalls eine Kohlen-Gesellschaft), welche den protestantischen Gruben- Arbeitern die Alternative gestellt hatte, entweder zur katholischen Re= ligion überzutreten oder verabschiedet zu werden. Herr Gendebien führte 6 Arbeiter namhaft an, die sich standhaft geweigert, ihre Ré- ligion zu ändern, und forderte seine Kollegen der anderen Kohlen- gruben driugend auf, diesen Arbeitern, wenn irgend möglich, Beschäf= tigung zu geben, da es ihm unmöglich sei, noch mehr in seinen Gru= ben anzustellen. Wir haben diese Thatsache, die keines weiteren Kom= mentars bedarf, niht früher mitgetheilt, weil wir noch immer hofften, eine Berichtigung derselben in den katholischen Jou nalen zu lesen. Da diese bis jeßt ausgeblieben, so halten wir es für Pflicht, ein Ver= fahren zur Kenntniß eines größeren gebildeten Publikums zu bringen,

wodurch der leiblihe Hungerzwang zur Tödtung des Gewissens und der innersten Ueberzeugungen angewandt wird. Erfährt diese That- sache noch eine Berichtigung, so werden wir sie mit Freuden mittheilen.

Italien.

Nom, 18. Juni, (A. Z) Die päpstliche Regierung hat in den leßten Tagen den Kabinetten von Wien, Paris und London ein Memorandum übersandt, worin sie sich gegen den Vorwurf vertheidigt, als hätte eine mangelhafte Verwaltung des Kirchenstaatrs die Gäh= rungen in demselben herbeigeführt; es wird darin durch Thatsachen der Beweis zu liefern gesucht, daß die päpstlihe Regierung in Ein= führung zweckdienlicher Reformen gegen keinen Staat Europa's. zurück= geblieben sei, und überdies den ernsten Vorsaß habe, auf der Bahn zweckmäßiger Aenderungen fortzuschreiten.

Gestern Vormittag hielt der Papst im Vatikan ein geheimes Konsistorium, worin neunzehn Bischöfe ernannt wurden.

Der Dr. Hurter aus Schaffhausen, welcher unlängst aus Neapel zurückgekehrt is, hat vorgestern das römisch = kfatholishe Glaubensbe= kenntniß in die Hände des Kardinals Ostini abgelegt.

S panien.

©ò Madrid, 18, Juni. Die Erläuterungen, welche Sir Robert Peel im Unterhause auf eine Anfrage des M6 uns ertheilte, bestätigen vollfommen meine vor einigen Monaten gemach=- ten Angaben in Bezug auf die von Lord Aberdeen der spanischen Regierung mitgetheilten Eröffnungen des Don Carlos. Zugleich er- giebt sich, daß es feinesweges irrig war, als ih vor kurzem die Vermuthung äußerte, das englische Kabinet sei dem Plan einer Ver= mählung des ältesten Sohnes des Don Carlos mit der Königin Jsabella durchaus abgeneigt. Sir Robert Peel erklärte bei der er=

wähnten Gelegenheit ausdrüdcklih, er sei der Ansicht, daß die be= sprohene Combination keinesweges geeignet wäre, die Aufrechthaltung der Ruhe Spaniens zu verbürgen. Es wird wohl erlaubt sein, anzu= nehmen, daß Sir Robert sich bei Feststellung seiner Ausicht auf die Berichte stüßte, welche die hiesigen amtlichen Vertreter der britischen Regierung nach London einsandten. Der dermalige, zu den Grundsäßen Lord Pal= merston’s sich bekennende Gesandte, Herr Bulwer, spra gleich bei seiner Ankunft hier als seine Ueberzeugung aus, die spanische Armee werde sih mit den Waffen in der Hand der Ausführung des erwähu= ten Vermählungsplanes widerseßen. Unterdessen scheint Herr Bulwer ermächtigt worden zu sein, mit der Erklärung hervorzutreteu, daß seine Regierung den von dem pariser Kabinet verfolgten Plau einer Vermählung des Grafen von Trapani mit der Königin Zsabella nicht nur billige, sondern baldigst verwirkliht zu sehen wünsche, Wohl[= unterrichtete Personen behaupten, das euglishe Kabinet werde vor= züglich von dem Wunsche geleitet, der Möglichkeit, die junge Königin von Spanien an einem der Söhne des Königs Ludwig Philipp ver= mählt zu sehen, vorzubeugen, Dieser Monarch selbs \cheint zwar die genügendsten Zusicherungen über jenen Punkt ertheilt zu haben. Man will aber wissen, daß der durch einen verhängnißvollen Tod hinweggeraffte Herzog von Orleans den Plau hegte, als König einen seiner Brüder an die Seite der Königin Jsabella auf den spanischen Thron zu seßen, und da sih die Wechselfälle der Zukunft uiht wohl berehnen lassen, so soll es dem englishen Kabinet sehr daran ge= legen sein, die spanische Vermählungsöfrage noch vor dem Absterben des Königs Ludwig Philipp, und auf dem Wege eines freundlichen Verständnisses mit demselben, zur Entscheidung gebraht zu sehen. Während demnach Leßterer seine Söhne von der Bewerbung um die Hand Js\abella?s ausschloß , willigte das englishe Kabinet ein, - die des Grafen von Trapani zu unterstüßen, und je rascher diese ihr Ziel erreihen fonnte, um so erwünschter mußte es jenem sein. Zu diesem Behufe wandte man sich an Herrn Olozaga wäh- rend seiner Auwesenheit in Paris im vorigen Herbste, und bewog ihn zu der Zusage, den bezeihneten Vermählungsplan zur Reife zu n. gen, bevor die Königin Marie Christine, in deren Gesinnungen man Zweifel seßte, nah Spanien zurückgekehrt sein würde, Man weiß welch seltsames Verhängniß den shléunigen Sturz Olozaga's und als Folge desselben die Rückkehr Marie Christinen's herbeiführte. Unterdessen hat das neapolitanische Vermählungs=-Projekt bei dem spanischen Volke durchaus keinen Anklang gefunden, und fast bin ih überzeugt, daß man kaum den Namen eines Spaniers werde angeben können, der jener Combination geneigt wäre. Jm Ganzen genommen hegen die Spanier das Vorurtheil, daß die engen Famlfenbee, welche die herrshende Dynastie an die ueagpolitanishe knüpfen feine erfreulihen Ergebnisse für ihr Land herbeigeführt haben. Daß die spanischen Karlisten nicht zu“ Gunsten des“ neapo= litanischen Projektes gestimmt sein können, begreift sich vou selbstz sie behaupten vielmehr, man begehe einen Verrath an ihnen, und der Prinz Carini hat hier sich in manche Verlegenheit geseßt gesehen. Die übrigen Spanier pflegt wan in Exaltirte und Moderirte zu klassi- fiziren. Daß jene den Bewerbungen des Grafen von Trapani abge= neigt sind, bedarf kaum der Andeutung, sie sind ‘es um \o mehr, als Prinz Carini für gut befand, "mit der Behauptung hervorzutreten, der Graf von Trapani sei in rein monarchischen Grand en erzogen und werde diese als Gemahl der Köuigin Jsabella e zu ma en wissen. Wenn die Moderirten bisher. sich weniger laut gegen die besprochene Combination eiflärt haben, so geschah es einzig und allein aus dem Zartgefühl, das ihnen als Spaniern verbietet, ‘ihrer Königin mit Ungestüm irgend eine Ansicht aufdrängen zu wollen, oder einen

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