1844 / 182 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Abschrift einzusenden.

; ä inen Gunsten erfolgt, Nach einer zweimaligen Sus- S n E e Ens verwirkt wäre, stets auf Verlust Ei enschaft als Advokat und Anwalt zu erkennen, Der rechtskräftige Aus h des Verlustes der Eigenschaft als Advokat oder Anwalt wird -— Verfügung des General-Prokurators am Appellationsgerichtshofe durch dié Amtsblätter der rheinischen Negierungen bekannt gemacht und durch Ausstreichung aus der Advokaten-Matrikel vollstreckt. ;

6. 12. Von jedem Disziplinar-Beschlusse hat der Vorsteher binnen acht Tagen eine von sämmtlichen Mitgliedern des Disziplinar-Raths vollzogene Abschrift dem öffentlichen Ministerium einzureichen. Der Vorsteher des Dis- ziplinar-Raths zu Köln überreicht sie dem General-Prokurator.

g. 13. Bei denjenigen Landgerichten, bei welchen nah §. 2 wegen Mangels einer hinreicbenden Zahl von Advokaten ein Disziplinar - Rath nicht gebildet werden fann, versieht dessen Stelle bei dem Disziplinar- Strafverfahren eine aus fünf Mitgliedern bestehende Civil - Kammer, unter Mitwirkung des öffentlichen Ministeriums. E :

s. 14. Gegen die erlassenen Disziplinar-Beschlüsse ist nur die Beru- fung und zwar binnen Monatsfrist zulässig, Für den Verurtheilten läuft diese Frist vom Tage der auf Betreiben des öffentlichen Ministeriums be- wirkten Zustellung des Beschlusses; für das öffentliche Ministerium von dem Tage, wo dasselbe die im §. 12 bestimmte Abschrift erhal- ten hat, und im Falle des §. 13 von dem Tage, an welchem der Beschluß verkündet worden ist. Die Berufung wird durch einen Gerichts- vollzieher-Aft eingelegt. Appellirt der Verurtheilte, so wird der Berufungs- Aft, wenn die Verurtheilung durch den Disziplinar-Rath zu Köln geschehen ist, dem dortigen General-Prokurator, sonst dem Ober-Prokurator des be- treffenden Landgerichts zugestellt. Nach Maßgabe dieses Unterschiedes steht au die Berufung selbst eniweder dem General-Prokurator oder dem Ober- )rofurator zu. E N a 15. Ueber die eingelegte Berufung erkennt ein, aus zwei Civil- Senaten gebildeter Disziplinar-Senat des Appellationsgerichtshofes, unter dem Vorsige des Ersten Präsidenten, in der Raths-Kammer nach Anhörung des General-Prokurators, so wie des Beschuldigten, wenn dieser auf die an ihn ergangene Vorladung erschienen Wi 53 :

§. 16. Der gegen Disziplinar-Beschlüsse zweiter Jnstanz unter Aus- {luß der Opposition allein zulässige Cassationsrekurs is in der für Civil- sachen vorgeschriebenen Frist und Form einzulegen. Die Zustellung der Rekurs\chrift geschieht, wenn der Verurtheilte den Rekurs einlegt, an den General-Prokurator beim Appellationsgerichtshofe, welcher, wenn er eine

Erwiederung darauf für nöthig erachtet, die Erwiederungsschrift dem Cassa-

tionsfläger zustellen läßt und solche hiernächst nebst der Zustellungs-Urkunde an das Sekretariat des Revisions- und Cassationshofes übersendet.

§. 17. Von allen Disziplinar - Beschlüssen wider Advokaten und An- walte is durch das öffentlihe Ministerium Unserem Justiz - Minister eine Alle dieser Verordnung entgegenstehende Bestimmun- gen, insbesondere der Beschluß vom 4. Dezember 1800 (13. Frimaire IX.), die Artikel 102 und 103 des Dekrets vom 30. März 1808 und die Artikel

49 32 des Dekrets vom 14, Dezember 1810 werden hierdurch aufgehoben, *

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beige- drucktem Königlichen Jnsiegel. ] Gegeben Charlottenburg, den 7. Juni 1844.

(L. S.) Friedrich Wilhelm, Prinz von Preußen. v. Boyen, Mühler. Gr, v. Alvensleben. Eichhorn, v. Thile, v, Savigny. Frh. v. Bülow. v. Bodelschwingh, Gr, zu Stolberg. Gr, v, Arnim,

Rhein-Provinz. Das naturhistorishe Museum zu Bonn at dur ein bei dem Dorfe Rott am Siegengebirge gufgesundenes Wies fleines Säugethier aus der Gattung der Moschusthiere eine interessante Bereicherung erhalten. Das zierliche Thierchen, welches also einmal in den rheinischen Gegenden heimish gewesen sein muß, fommt mit dem auf Java lebenden Zwerg - Moschusthier am meisten überein. Die mit der Abendpost am 24. Juli aus London ab- gegangenen Briefe und Abendblätter langten, in Folge der jeßt cin= getretenen beshleunigteu Dampfpaketboot- Verbindung, hon am 26. Zuné um 94 Ühr Morgens zu Kölu anz folglich is jeßt zwischen beiden Stádten eine Communication im Zeitraum von anderthalb Tagen möglich.

Ausland.

Deutsche Bundesstaaten.

Königreich Bayern. Der Nürnb, Korresp. giebt in seinem Blatte vom 28. Juni ausführlihe Nachrichten über die unru- higen Auftritte im Landgerichte Feuchtwangen, in Bezug auf den Bau einer Landstraße resp. bei dem Termine am 12ten d. M., der die Akfford-Verhandlungen zum Gegenstande hatte. Es fand sih_an diesem Tage vor dem Landgerichts - Gebäude ein Haufe von 6—700 Landleuten ein, drang gewaltsam in den Vorplaß und wußte durh seine drohende Stellung bei der Unzulänglichkeit der zur Aufrechthal=

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tung der Ordnung verwendbaren Mittel den Termin durch Einschüch- terung der Affordlustigen abermals zu vereiteln; allen wohlmeinenden Abmahnungen ebenso, wie den im Namen des Gesehes und unter Eröffnung der Folgen eines solhen verbrecherischen Beginnens an ihn gerPtetey ernstlihen Aufforderungen nur frechen Hohn entgegenseßend.

inem solchen geseßlosen Treiben gegenüber erschien es als heilige Pflicht der Behörden, dem Geseße Gehorsam, der gestörten öffentlichen Ordnung Genugthuung, dem amtlichen Ansehen Folgeleistung in eben so ruhi= ger und gemäßigter, als fester Weise zu verschaffen; es wurde daher der zum zweitenmale vereitelte Termin abermals anberaumt, und unter Zuziehung der zum Schuße der Behörden erforderlihen bewaffneten Macht abgehalten. Der Erfolg hat bewiesen, wie nothwendig leßtere Maßregel war, da wieder eine Anzahl von 11- bis 1200 Landleuten sich versammelt hatte, und bedeuklihe Zusammenrottungen theilweise nur durch die eben \o feste als ruhige Haltung des Militairs, Übri- gens ohne Beschädigung der Exzedenten, zerstreut werden konnten, nachdem den geseßlichen Aufforderungen keine Folge geleistet worden war. Die Untersuehung wegen des Tumults vom 12. Juni is im Gange, und der geseblihen Ahndung werden die Schuldigen nicht entgehen.

Kurfürstenthum Hessen. Das Kurfürstlihe Justiz = Mi- nisterium hat durch ein Kommunikfat vom 7. Juni d. J. die Ober- Gerichte angewiesen, sämmtlihen Advokaten zu eröffnen, eine Theilnahme derselben an der mainzer Advokaten - Versammlung solle als eine Zuwiderhandlung gegen die Verordnung vom 21, Juli 1832 Nr, 2 (den Beschluß aus der 24sten Sißung des Bundestags vom Jahre 1832) angesehen und deshalb gegen die Theilnehmer nah Maßgabe dieser Vetorkuuia ein Strafverfahren eingeleitet werden. Jener Ministerial-Erlaß erklärt, der Zweck der Advokaten-Versamm- lung zu Mainz, als auf eine Abänderung bestehender Staats-Einrich= tungen gerichtet, sei ein politischer.

* Luxemburg, 23. Juni. Mit dem gestrigen Tage {lossen die diesjährigen Sißungen der Landstände. Die meisten zur Bera- thung gekommenen Gegenstände betrafen Lokal-Juteressen, wobei der Geseß-Vorschlag über allgemeine Feuer-Assekuranz viele und lebhafte Debatten veranlaßte; da man sich über die Grundsäße desselben nicht

: einigen fonnte, so is er zurückgelegt und wird daher erst in den

Sißungen des nächsten Jahres wieder zur Sprache kommen. Das

; Geseß über die Personalsteuer is zwar mit Abänderungen angenom- : men worden, befriedigt aber selbst in der jeßigen Form noch nicht all-

gemeinz gleiches gilt von dem Geseß-Vorschlag über die Gemeinde= wege, in welhem man eine Beeinträchtigung der Armen sehen will, Das Post- Geseß is den allgemeinen Wünschen entsprehend ange- nommen.

Daß im Primär= Unterricht das Deutschthum den Sieg davon trug, is der thätigen Mitwirkung des Herrn Ober -Gerichtêrathes Eyschen vorzugsweise zu verdanken, einem Manne von erprobter Recht= lichkeit und tüchtiger Gesinnung, der sich mit Feuereifer der deutschen Sache annimmt. Indessen verdient auch die Unterstüßung des Gou- verneurs Herrn de la Fontaine lobend erwähnt zu werden. Auffal- lend war es, daß der Direktor des Athenäums, der sich zur Zeit offen für die deutsche Sache aussprach, seiner damaligen Gesinnung widersprehende Ansichten entwidtelte, was wohl einem Mangel an Selbstiständigkeit zuzuschreiben sein dürfte. Charakterfestigkeit und Gesinnung \ind jedoch Attribute, die besonders dem Vorsteher einer

Lehranstalt niemals fehlen sollten. Während es wünschenswerth ge- wesen wäre, die Mängel des Friedemannshen Schulplanes abzu- hafen, unterliegt es keinem Zweifel, daß man nur deshalb seit Jahren damit umging, ihn gänzlich zu beseitigen, weil er auf das deutsche Element basirt ist. Dieses zu lähmen, scheint sich zwar das ehemalige Luxemburger Journal, das sih jeßt Courrier du Grand-Duché nennt, zur Hauptaufgabe gemacht zu haben, indem sich die Redaction durch zwei Häupter der Anti- Deutschen verstärkt hat, da sich dieses Blatt jedoch, im Parteigeiste geschrieben, über einen nur sehr beschränkten Leserkreis ausdehnt und vom Volke ganz ignorirt wird, so is der Einfluß desselben minder {ädlich. Hierin liegt aber auch der Grund der Abneigung gegen deutsche Blätter, Während es selbst im wahren Sinne des Wortes eine exotishe Pflanze ist, bezeichnet es die neue luxemburger Zeitung nur deshalb mit dem Ausdruck eines fremden Erzeugnisses, weil diese in der deut- \chen Sprache auftritt, Es is unglaublich, zu welchen Abgeshmat- heiten sich die Leidenschaft hinreißen lassen kann, wenn sie im Be- wußtsein des Unrechts auftritt, Se, Majestät der König Groß- herzog wird Mitte Juli in Walferdingen eintreffen.

Frankreich.

Paris, 26. Juni. Die Debatten über die Eisenbahnen schei- nen mit dem sonderbaren Schicksal des Rumillyshen Amendements, welches halb angenommen, halb verworfen wurde, ihren Gipfelpunkt erreiht zu haben. Der Widerspruch, in welchen die Deputirten-Kam=- mer hier, was man auch sagen mag, mit si selbst gerathen ist, ín- dem sie einen abstrakten Grundsaß aufstellte, vor dessen praktischer Ausführung sie gleih darauf wieder zurücktrat, hat ihr vielleicht diese Verhandlungen etwas verleidet; jedenfalls i sie gestern mit zwei Eisenbahn - Projekten eben so schnell verfahren, wie sie die früheren Diskussionen in die Länge dehnte. Jn einer einzigen Sißung wurde sie mit den Geseßentwürfen über die Bahnen von Tours nah Nantes und von Paris nach Rennes fertig und genehmigte beide ganz nah dem im Jahre 1842 angenommenen System. Vorher hatte sie auch noch über das Ganze des Entwurfs für die Bahn nah Lyon abge- stimmt und denselben mit den bekannten, in den einzelnen Artikeln vorgenommenen Veränderungen gutgeheißen. Endlich fand sie am Schluß noch Zeit zum Beginn der allgemeinen Diskussion über die Bahn nach der belgischen Gränze, worüber heute weiter berathen wird, Hier hat die Kommission selbst vorgeschlagen , daß der Staat die Schienenlegung übernehme. Die Kammer wird also zum dritten- male über diese Frage zu entscheiden haben. B ;

Es is gestern von Haussuchungen bei zwei legitimistischen Pairs gemeldet worden. Auch von Verhaftungen war in einigen Blättern die Rede. Der Moniteur enthält uun hierüber folgende offizielle Erklärung: „Seit einigen Tagen waren Sapeurs der Jngenieur- Abtheilung von Jssy der Gegenstand wiederholter Umtriebe von Sei= ten zweier Judividuen, welche dieselben anzuwerben suchten, indem sie ihnen theils von Plänen der karlistishen Partei sprachen und von Unternehmungen, die nächstens stattfinden sollten, theils Broschüren, autographische Schreiben und Medaillen mit dem Bildniß des Her= zogs von Bordeaux zeigten und unter sie vertheilen wollten, Diese Militairs aber gaben bei dieser Gelegenheit eine neue Probe von ihrer Treue gegen die Fahne und von ihrer Anhänglichkeit an ihre Pflichten. Sie machten von jenen Umtrieben ihren Offizieren An= zeige, und diese unterrichteten ihrerseits ihre Oberen davon, In Folge dieser Aufschlüsse und mehrtägigen Wachsamkeit wurden ver= haftet: Toutain, ehemaliger politischer Verurtheilter in der Sache der Rue des Prouvaires, Cauchard - Desmares, Literat, und Herr von Lespinois, ehemaliger Unter - Präfekt zur Zeit der Restauration und Direktor des St. Ludwig =- Vereins, Nach den Aufklärungen, welche die vorläufige Instruction lieferte, sind kraft gerichtlicher Mandate bei dem Fürsten von Montmorency =- Robecq und bei dem Herzog von Escars Haussuchungen angestellt worden, und man hat verschiedene Piècen, so wie eine Fabrik von Büsten und Medaillons, die den Herzog von Bordeaux vorstellen, in Beschlag genommen, Die Ge=- richte sind mit der Justruction dieser Sache beschäftigt.“

Aus Toulon sind Nachrichten vom 22sten über den Zustand der Dinge in Afrika eingegangen, die jedoh durch die gestern publi= zirte telegraphishe Depesche vom folgenden Tage an Juteresse verlie- ren. Man wußte in Toulon nah Briefen aus Oran vom 16ten, daß die Antwort auf die vom Marschall Bugeaud nah Tanger ab=- gefertigte Mittheilung eingetroffen war, und es hieß, sie laute gün- stig, was jedo nicht verbürgt werden konnte. Wäre dies aber auch der Fall gewesen, so hätten die neuen Feindseligkeiten der Marokkaner die Lage schon wieder verändert. Der „Vautour“‘‘, der mit der Mis-

sion nah Tanger beauftragt war, hatte auf der Rückkehr einige Ha- varieen erlitten, die ihn nöthigten, in Gibraltar anzulaufen. Die

englishe Marine stellte darauf sogleih das Paketboot „Vesuvius“ zur Verfügung des französischen Commandeurs, um dem Marschall Bu- geaud die Depeschen zu überbringen,

O Paris, 26. Juni. Das vermeintlihe Karlisten-Komplot, wovon man seit vorgestern allgemein spricht, und worüber der M e s sager von gestern Abends nähere Aufschlüsse giebt, hat bei weitem nicht die Wichtigkeit, die man ihm anfangs beilegte. Die Regie= rung hofft jedoch dabei einer weit bedeutenderen Vershwörung auf den Grund zu kommen, worüber sie bisjeßt nur mangelhafte Anzeichen besißt, die jedoch von der Art sind, sie schr zu beunruhigen. Es ist notorish, daß die nicht railliirten Legitimisten, und deren Zahl ist sehr groß, jährlich vou ihren Einkünften eine bestimmte Summe abziehen, und sie in eine allgemeine Kasse niederlegen, um einen Reservefonds zur Erreichung politischer Zwecke zu bilden. Die auf solche Art zusammengebrachten Gelder sollen bereits über 40 Millio= nen Franken (?) betragen. Die Regierung weiß, daß diese Reserve- Kasse existirt, aber sie hat noch nicht entdecken können, wo die frag- lichen Gelder aufbewahrt werden, obwohl sie zu vermuthen scheint, daß dieselben in irgend einem Schloß der Vendée niedergelegt sind,

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vollste gedruckt und illustrirt, vor uns. Ueber den Zweck seines Unternehmens äußert sich der Herauëgeber in der Einleitung dahin: „Jn der Umgegend von Potsdam, die Se. Majestät der König durch mannigfache Bau-Unter- nehmungen und durch Erweiterung der bereits bestehenden Garten-Anlagen unablässig zu verschönern bemüht sind, kommen in neuester Zeit häufig Umbauten von vorhandenen, theils Königlichen, theils Privat-Gebäuden vor, die neben einer mehrentheils bedingten Erweiterung und Ausstattung der be- stehenden Räume auch den Zweck haben, das unangenehme und vernachlässigte Aeußere derselben in einen besseren und meist charakteristisch gefor- derten Baustyl umzuwandeln. Mit der Herausgabe dieses Werkes beabsichtigen wir die successive Mittheilung dieser Bauunternehmungen, die entweder gleichzeitig mit diesen oder kurz nach der Vollendung derselben er- scheinen soll, damit zugleich über den Kostenpunkt und über die dabei an- gewendeten beachtungswerth scheinenden technischen Hülfsmittel, Rechenschaft und Aufschluß gegeben werden könne. Wir geben dabei der Hoffnung Raum, daß, durch die Aufstellung und Lösung einer Reihe der verschiedensten Auf- aben dieser Art, Beispiele aufgestellt werden dürften, die den Privat- esiger aufmuntern könnten, über die Umgestaltung und Verbesserung seines Besißthums nachzudenken, dessen innere Einrichtung seinen Bedürfnissen nicht entspricht, und dessen äußere Gestalt ihm mißbehagtz welche Mängel er aber ertragen zu müssen vermeint , da ihm nicht glaublich scheint, mit Beibehal- tung des Bestehenden, nur mit Anwendung einer gegen einen Neubau ver- hältnißmäßig geringeren Summe, in beider Beziehung seinen längst geheg- ten Wünschen und seinen Bedürfnissen genügen zu können“

Herr Persius giebt sodann eine anziehend geschriebene Schilderung der Stadt Potsdam nebst einem historischen Ueberblick der Entstehung dieser Stadt und ihrer Garten-Anlagen und am Schluß derselben folgende höchst {interessante Nachricht : : : ; i

„Noch andere erfreuliche Unternehmungen sind bereits eingeleitet und sollen successive der Vollendung entgegengeführt werden, Es betreffen diese die Verbindung und weitere Ausdehnung aller um Potsdam bestehen- den Garten - Anlagen, 4 die Umwandlung der Mens selbs zu einem großen Kunst-Ganzen, Friedrich der Große begnügte sich mit dem Garten von Sanssouci, den er mit Allem ausgestattet hatte, was sei- _nem fein gebildeten Sinne entsprach, und wohin er sih zurückzog, um sich edleren Beschästiguugen hinzugeben. Aber er durste die Gränzen desselben nicht überschreiten, wenn er nicht erinnert werden wollte, daß sein durch Kunst geshassenes Pardes in einer Wüste lag, welche außer Sanssouci nur noch einige zerstreut liegende anziehende Punkte bot, die er schon da- mals dur Pflanzungen aller Art herauszuheben bemüht war.“

„„Friedrih's Nachfolger fühlte das Bedürfniß, außer Sanssouci einen eiten Garten zu besigen, der, in der Ungenirtheit des inzwischen ausge- mmenen englischen Geschmackes, Genuß und Abwechselung darböte, und

dieser Wunsch führte die Anlage des ‘neuen Gartens herbei,

„Nachdem nun auch unter der Regierung des Königs Friedrich Wil- helm 111, für die Umgebung Potsdams, namentlih durch die Anlage des russischen Dorfes in der Nachbarschaft des neuen Gartens und durch die Erweiterung und Ausbildung der Garten - Anlagen auf der Pfauen - Insel Vieles gethan worden; nahdem des Prinzen Karl Königl. Hoheit das \{höne Besißthum Glienicke durch rastloses Schaffen zu einer Berühmtheit erhoben habenz nahdem .Se. Majestät hon als Kronprinz das in der Nachbarschaft von Sanssouci gelegene Charlottenhof zu einem klassischen Complement der Schöpfung der erlauchten Vorfahren umgewandelt und ausgebildet ; und nachdem endlich des Prinzen von Preußen Königl. Hoheit die bewaldeten Höhen des Glienike gegenübergelegenen Babersberges durch Bauten und Garten- Anlagen zu einem wahrhaft erfreulichen Besip- thum umzuschaffen noch ferner bemüht sind, mußte sih als nächste Folge der Wunsch herausstellen, alle diese chönen mehr oder weniger zerstreut lie- genden Schöpfungen , deren Reize noch durch die harafteristischen Eigen- thümlichkeiten jeder einzelnen erhöht werden, durch bequeme Wege und Garten-Anlagen zu verbinden und so, nachdem auch andere an malerischen Wasserzügen der Havel gelegene oder \schöóne Aussichten bietende Punkte gewählt und berücksichtigt worden, die ganze In sel Potsdam in einen einzigen anziehenden Park zu verwandeln. j

Diejenigen vorhandenen Bauten, welche diesem großartigen Plane störend in den Weg treten, sollen fortan einer Umformung unterliegen und sind zum Theíl schon in verschönerter Gestalt umgeschaffen worden. Namentlich is leßteres mit dem Königlichen Civil - Kabinetshaus bei Sanssouci und mít dem Wohnhaus des Hofgärtners Sello in Sanssouci der Fall gewesen, und die ausführlihe Nachweisung, wie, nah welchen Grundsäßen und mit welchen Kosten dies geschehe, bildet den Jnhalt der beiden ersten Bändchen der „Architektonishen Entwürfe“, denen wir auch in weiteren Kreisen die verdiente Beachtung wünschen, u,

Eugen Sue's „Ewiger Jude.“

A Paris, 26. Juni. Gestern hat der Constitutionnel endlich den Anfang des bereits vielbesprochenen „Ewigen Juden“ von Eugen Sue gebracht, auf welchen die Neugier des Publikums der Lese-Kabinette in und außer Frank- reich seit Monaten wie auf eine leckere Beute lauert. Wir fürchten indessen gar sehr, daß diese Neugier eine Fehlrechnung gemacht haben wird. s ersten Lieferungen des „Ewigen Juden“ versprechen wenigstens durchaus nicht, die davon gehegten Erwartungen zu befriedigen; man bemerkt ee l vielmehr eine gewisse Mühseligkeit der Anlage, einen Mißbrauch der d Er- lihen Maschinerie des modernen Romans, welche auf Abspañnung {h andel {öpfung schließen lassen, Wir möchten jedenfalls den deutschen Lo oreili- gewarnt haben, den neuen Roman Eugen Sue's zum Gegenstan

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ger Speculationen zu machen z denn wir bezweifeln doch, daß der Geschmack der deutschen Lesewelt hon so weit verdorben ist, daß man seine Rechnung dabei finden könnte, ihm Ueberscßungen eines vielleicht ziemlich werthlosen Buches anzubieten, wenn dieselben auch einen berühmten französischen Na-= men tragen.

Vermischtes.

Man vernimmt aus Paris, daß der geniale Klarinettist Jwan Müller, der früher in der Kapelle Napoleon's war, nah langer Zurückgezogenheit, während welcher er si{ch mit der Vervollkommnung der Klarinette mit bewunderungswürdiger Geduld beschäftigte, wieder in die Welt treten und au Deutschland bereisen wird, wo er noch zahlreihe Freunde hat. Jwan Müller is jedenfalls ein Künstler ersten Ranges. Er hat ein Jy strument, im Genre der Klarinette, welches das sogenannte Basset ersept, erfunden und spielt sein Justrument mit einer Vollendung des Ausdrucks, wie man es in Deutschland kaum hören kann, Wegen eincs nächtlichen Anfalls, wobei ihm der Arm zerschmettert wurde, ist er genöthigt, sipend zu spiclen, Jn diesem Manne athmet aber noch eine Lebensfraft, die kein Dampswesen is, sondern die n Energie eines ursprünglichen Geistes.

Der Theater-Neubau zu Hannover ist beschlossen. Der König will die Kosten aus eigenen Mitteln bestreiten und hat für das neue Schauspiel- haus, das mit großer Pracht aufgeführt werden soll, einen freien Play in ben Nähe des Eisenbahnhofes gewählt, Der Bauplan is genehmigt , in- dessen werden die Arbeiten wohl nicht vor nächstem Frühjahr beginnen,

Kunstfreunde machen wir auf ein bedeutendes artistishes Werk auf- merksam, das unter den Auspizien Jhrer Majestät der Herzogin von Parma erscheinen wird. Da nämlich die Fresfogemälde Correggio?s immer mehr ihrer Zerstörung durch die Einflüsse der Zeit entgegengehen, so hat die Her- zogin ‘Auftrag gegeben, von allen Fresken Correggio's, welche sich zu Parma befinden, und eben so von einigen Gemälden armigianino's, welche ebenfalls dem Verderben nahe sind, genaue Kopieen zu entwerfen. Diese Arbeit haben Herr Paul Toschi mit seinen Schülern und Professor

allegari übernommen, und es wurde bereits unter Toschi's thätigem Antheil und persönlicher En der Kupferstih nah diesen Zeichnungen begonnen. Das große Werk erscheint in Lieferungen mit erkflärendem Text und ist Jhrer Majestät der Herzogin von Parma gewidmet, Zu seiner Vollendung wird ein Zeitraum von zehn Jahren erforderlich sein.

Von Berthold Auerba ch, dem Verf. der „Dorfgeschichten““, erscheint zu Stuttgart für 1845 ein Volkskalender unter dem Titel „Der Gevatters- mann“, Er wird sich in Ton und Auffassung dem Volke aneignen und in Format, Preís und Umfang den gangbaren gleih und mit Holzschnitten ausgestattet sein,

—ck——

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G.

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Herr Lespinois, gewesener Unter - Präfekt während der Restauration, und zu gleiher Zeit Verwalter der geistlihen Brüderschaft des heili- gen Ludwig, scheint einer der Mitverwalter jener Kasse zu sein, wor=- über der Prinz von Montmorency und der Herzog d'Escars die Auf- sicht führen sollen, So erklärte mir wenigstens ein ministerieller De=- putirter die von der Polizei unternommene Haussuchung bei den bei- den Lehteren und die Verhaftung des Herrn de Lespinois. Unter den Papieren des Leßteren sollen offenbare Beweise vorgefunden worden sein, daß die Legitimisten mit einer Fraction der Radikalen in Verbin= dung stehen, und Leßteren eine regelmäßige Subvention aus der Reserve-Kasse verabreichen lassen, Moutain und Couhard-Desmares, welche ebenfalls arretirt worden sind und zu den geheimen Gesell- schaften gehören, waren die Vermittler zwischen Herrn Lespinois und den übrigen Radikalen.

Großbritanien und Irland.

Oberhaus. Sitzung vom 25. Juni. Die gestrige De= batte im Unterhause über die Verleßung des Briefgeheimnisses fand heute bei den Lords ihren Wiederhall. Graf Radnor beantragte die Vorlegung sämmtlicher an das General-Postamt seit 1. Januar 1841 erlassener Befehle des Min isters des Jnnern zur Erbrehung von Briefen. Als den Grund seines Antrags gab der edle Lord seine Ueberzeugung an, daß der Minister seine Befugniß überschritten und seine geseßlih ihm zustehende Gewalt gemißbraucht habe; denn nur eine England selbst oder dessen Souverainin drohende Gefahr fönne die Anwendung einer solchen Gewaltmaßregel rechtfertigen. Mazzini, der Jtaliener, sei ein Mann von eminenten wissenschaft= lichen Verdiensten, welchen Alle, die ihn kennen, lieben und bewundern, und der Hauptmann Stolzberg habe das einzige Verbrechen began- gen, daß er der Freiheit gehuldigt. Daraus lasse sich mit Gewißheit entnehmen, daß beide Jndividuen nicht verrätherische Pläne gegen England und dessen Köuigin im Sinne führen, Das Verfahren aber gegen sie von Seiten der Regierung habe die öffentlihe Meinung im Lande gegen si, und er müsse bekennen, daß er dasselbe in der That für eine Shmach und eine Schande (a leeling of shame and dis- grace) halte, die dem Lande damit angethan seien, Er glaube, daß wenigstens der Herzog von Wellington das Verfahren nicht billigen werde, der so Vieles gethan habe, um den Charakter Englands zu he= ben, und der wegen seiner Geradheit und Offenheit so hoh geachtet sei, Der Herzog von Wellington sagte: „Mylords, ih muß dem edlen Grafen für diese Lobeserhebungen dankbar sein, mit denen er mi in so s{önen Ausdrücken überhäuft, und ih kann ihm ver= sichern, daß mir íu der That die Ehre meines Landes sehr am Her= zen liegt, Mylords, ih habe eine Pflicht in diesem Hause zu ver- rihten , die Pflicht, Ew, Herrlichkeiten hinsichtlich des gestellten An- trages _denjenigen Weg zu empfehlen, welher mit den üffentlichen Fnterejjen und der öffentlihen Sicherheit am vereinbarsten ist. My- lords, das Parlament hat für gut befunden, den Minister des Junern mit einer gewissen Gewalt zu befleiden, welche ihn berechtigt, Befehle zur Erbrehung von Briefen auf dem Post- Amte zu erlassen. Wie ih son neulih bemerkte, is diese Gewalt {hon lange in diesem

Lande ausgeübt worden. Es isst also kein Zweifel - darüber, daß sie wirklich bestcht, Unter solhen Umständen halte ich es für rathsam, daß das Haus zuvörderst sich davon über=

zeugt, ob diese Gewalt auch wirklich gemißbrauht worden if, che es einen Antrag zu Untersuchung dieses Mißbrauchs zuläßt. Es is schon so viel über diesen Gegenstand gesprochen worden, aber man hat noch feinen einzigen Beweis vorgebracht, daß wirklih ein Mißbrauch der ministeriellen Gewalt stattgefunden hat. Jch ersuhe Ew. Herrlich= keiten deéhalb, dem Antrage des edlen Lord nicht beizupflihten.“/ Der Graf von Taukerville berief sich zur Entschuldigung des Ver= fahrens der Regierung darauf, daß in früherer Zeit sogar einmal der Befehl erlassen worden sei, die Briefe aller fremden Gesandten, zu erbrehen und bald darauf die Briefe des durh seine Machinatio= nen gegen die Katholiken bekannten, halbwahnsinnigen Lord George Gordon. Der Marquis von Clanricarde dagegen bewies gerade aus diesen Beispielen, daß die den Ministern ertheilte Befugniß nur in der höchsten Noth und nur in unmittelbarem Jnteresse Englands selbs ausgeübt werden dürfe, wenn sie Entschuldigung finden wolle ; denn der erst erwähnte von dem älteren Pitt ausgegangene Befehl, sei zu einer Zeit erlassen worden, wo fast die ganze Welt gegen England unter den Waffen stand, und dessen Cxistenz in ihren Grund= vesten bedroht war, nämli zur Zeit des amerikanischen Krieges, und was den zweiten Befehl betreffe, so sei er zu einer Zeit zur Aus= führung gebraht worden, wo ein fanatisirter Pöbel das Land in einen Zustand allgemeinen Aufruhrs zu verseßen drohte. Jn den vor- liegenden Fällen dagegen handle es sih um die Briefgeheimnisse von Ausländern, welche unter dem Schuße der britischen Geseße leben und nichts gegen die Regierung oder das Land unternommen haben, das sie dieses Schußes unwürdig machen könnte, Graf vonHaddington, der erste Lord der Admiralität, erklärte persönlih von den näheren Umständen der vorliegenden Fälle nicht unterrichtet zu sein, beschränkte sich indeß niht darauf, wie der Herzog von Wellington, die Aus=- übung der dem Minister ertheilten Befugniß nur auf die gesebmäßige Existenz dieser Befugniß zu begründen, sondern deutete darauf hin, daß es auch wohl im Juteresse Englands liegen könne, Pläne zu hintertreiben, welche zwar zunächst niht gegen England selbst zur Ausführung gebracht werden sollten, die aber den allgemeinen Frie- den Europa's und daher auh die Ruhe Englands bedrohen. Lord Campbell, Lord Denman, der Lord-Oberricht er von England, endlich au selbst Lord Brougham, troß seiner Neigung zu dem

Antrag zurü,

Unterhaus. brachte die maroftanishen Angelegenheiten zur Sprache und verlangte nähere Aufklärung über die zwischen Frankreih und Marokko ausge= brochenen Feindseligkeiten. Ohne Zweifel werde die Regierung si von dem französishen Kabinette Aufklärung über den Vifvrütid der= selben und darüber ausgebeten haben, wie weit man französischerseits den Krieg zu treiben beabsihtige. Möglicherweise auch habe die franzü= sische Regierung, wie das wohl zu geschehen pflege, der britischen die Jn= structionen mitgetheilt, welhe der an die maroffanishe Küste abge= sandte Admiral erhalten habe, und diese Jnstructionen zu fkeanen, müsse um so wichtiger sein, da dieser Admiral bekanntlih der Prinz von Joinville sei, dessen Name allein himeiche, vor neuen Verwite= lungen, welhe die britishen Jnteressen affiziren könnten, besorgt zu machen. Sir Robert Peel erklärte, daß die französische Regie- rung der britishen die ausführlihsten und rühaltlosesten Erflä= rungen über ihre Verhältnisse zu Marokko und zugleih die Ver= siherung ertheilt habe, daß es den Feindseligkeiten gegen dasselbe möglichst aus dem Wege zu gehen versucht, und daß die freund= \haftlihen Beziehungen zu demselben A dann unterbrochen worden seien, als Abd el Kader nicht nur eine Zuflucht auf marokkanishem Boden, sondern auch entweder bei dem Kaiser direkt oder doch we= nigstens bei dessen Unterthanen Unterstüßung zur Reorganisation und Ergänzung seiner Streitkräfte gefunden habe, Was die stattgehabten Feindseligkeiten betreffe, so sei mit Grund anzunehmen, daß der erste

Sipung vom 25, Juni, Lord J, Russell.

Îsind dem englischen Volke sehr neu und überraschend.

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Angriff auf den General Lamoricière niht auf Befehl des Kaisers stattgefunden, sondern in der Jndisziplin der marokkanischen Truppen seinen Grund habe; über den zweiten Angriff wisse er nichts, als was die telegraphische Depesche berichte. Wie derselbe aber au entstan- den sein möge, so könne er (Sir Robert Peel) doch nur erklären, daß die von der französischen Regierung ertheilte Auskunft über die An- forderungen, welche sie an Marokko zu richten beabsichtige, so wie die diesen Mittheilungen beigegebene Justruction des Prinzen Joinville das britishe Kabinet vollflommen zufriedengestellt haben, wenngleih es begreifliherweise niht im Stande sei, sich darüber weiter auszu- lassen. Lord John Russell, dur diese Erwiederung für jeßt befrie digt, behielt sich weitere Anfragen vor. |

Eine längere Debatte über die Korngesebe in Folge eines An- trags des Herrn Villiers auf gänzliche Abschaffung derselben wurde vertagt. Wir kommen morgen darauf zurü.

X London, 25. Juni. Die Frage über das Oeffnen ver- dächtiger Briefe auf der Post unter Verantwortlichkeit des Staats- Secretairs wurde gestern Abend abermals vor das Unterhaus ge- bracht, und wenngleih es der Regierung gelang, den gestellten Antrag auf Ernennung eines Untersuchungs - Comités, durch eine Majorität von 44 Stimmen verwerfen zu lasseu, so dürfte sich dennoch die statt- gehabte Diskussion von niht geringem Nachtheil für sie erweisen, Sir James Graham antwortete rihtig und vernünftig, daß die Be- fugniß, Briefe zu öffnen, in alten und neuen Parlaments=Akten von der Legislatur des Landes feierlih anerkannt und von allen seinen Vorgän- gern stets nah eigenem Ermessen ausgeübt worden sei. Man kann au in der That nicht leugnen, daß namentli bei Kriminal-Untersuchungen, wie bei dem vorjährigen Prozeß wegen Fälshung der Schaßkammer- Scheine oder in diesem Jahre bei den Testaments-Verfälschungen, der Minister des Junern nicht unpassend mit einer solchen Gewalt be- traut is, da seine Pflicht ihm vorschreibt, die Schuldigen

zur Bestrafung zu ziehen und das Gemeinwohl zu schüßen, Im gegenwärtigen Falle stellt sich die eigentlihe Frage da-

hin, ob diese außerordentliche ministerielle Befugniß mit Verstand und Vorsicht ausgeübt worden sei oder nicht. Sir James Graham muß bei all’ seiner vollendeten Geschicklichkeit und Entschlossenheit als Mitverwalter öffentliher Angelegenheiten einen ungewöhnlichen Grad von Unpopularität erfahren, und der jeßige Fall, so unbedeu- tend er sheinen mag, da das Ueberschreiten gesebliher Vollmacht oder ministerieller Befugniß gar niht einmal behauptet wird, dürfte auf lange Zeit das Volk dieses Landes gegen ihn einnehmen. Auch stehen gewiß mit den einzelnen zur Sprache gebrachten Fällen noch Umstände in Verbindung, welche die gereizte Stimmung im Volke noch steigern fönnen. Die Männer, dereu Briefe man geöffnet hat, sind fremde Flüchtlinge; die Maßregel gegen sie wurde niht zur Entdeckung irgend eines Civil - Vergehens oder zum Schuße des Staates getroffen, sondern auf Ansuchen fremder Gesand- ten. Jh erwähnte bereits vor einigen Monaten, daß die be- fannten Umtriebe der geheimen politischen Gesellschaften italienischer Flüchtlinge in London und Paris die Besorgnisse der italienischen Regierung rege gemacht hätten. Dieselben wurden durch den Grafen Pollon, den sardinischen Gesandten am hiesigen Hofe, dem Grafen Aberdeen in einer Note mitgetheilt, welche den Zustand Jtaliens als sehr beunruhigend darstellte und besonders den Einfluß hervorhob, welhen Mazzini, das Haupt der italienishen Demokraten in London, dort ausübte. Lord Aberdeen?s Antwort gab dem österreichishen und sardinischen Kabinette große Genugthuung, obschon sie von einer nach= drücklihen Mahnung begleitet war, die päpstliche Regierung zu ver= azilassen, nicht zu Maßregeln der Unterdrückung, sondern vielmehr der ersöhnung und Reform ihre Zuflucht zu nehmen. Mazzini ward ndeß unter polizeiliche Aufsicht gestellt, und die Mailänder Zei=- tung erwähnte dies kfürzlih vielleicht zur Unzeit, All diese Dinge Jch wage zu behaupten, daß neun Zehntel des Unterhauses oder des Volkes, das der Regierung wirklich zugethan is, die Möglichkeit solher Vorgänge

sin unserem Lande geradezu geleugnet haben würden, hätte man ihnen

früher davon Etwas erzählt. Fhlimmer.,

Derartige Diskussionen sind nun keinesweges geeignet, die Stel= lung des Kabinets zu verbessern , da überdies noch nihts geschehen if, was die tieferen und s{chwärenden Wunden aus der leßten Woche heilen fönnte. Ueberblickt man die Liste der 38 konservativen Mit- glieder des Unterhauses, welche bei der neulihen Abstimmung über die Zucker-Zölle gegen die Regierung stimmten, so begegnet man freilich nur Namen von Männern, welche weder durch Einfluß noch Charak= ter ausgezeichnet sind, aber die Unzufriedenheit mit Sir R. Peel, welche diese an sh unbedeutenden Organe an den Tag legen, geht weit tie= fer und erstreckt sich über die Lebens-Elemente der Partei. Jm Ka- binet, heißt es, doch ich weiß nicht, wie viel davon wahr is, herrsche eine Meinungs - Verschiedenheit über die Frage, ob man unter solhen gefährlihen Symptomen sogleich oder wenigstens bei der nächsten Niederlage resigniren, oder aber es vorziehen solle, troß aller fallen Freunde und heftigen Opponenten die Regic=- rung zu behaupten. Sir R. Peel, Lord Aberdeen und Lord Wharn=- gliffe, mehr bekfümmert um die Erhaltung ihres politischen Charakters Als um den Besiß der Gewalt und ihrer Emolumente, dürften meiner

Das aber macht die ganze Sache nur

Ansicht nah es vorziehen, ihr Amt niederzulegen, als es unter un- Wortheilhaften Verhältnissen fortzuführen; aber die jüngeren und älte= ren Männer, der Lord - Kanzler Lord Lyndhurst und der Herzog, ‘so wie Graham und der ungestüme Stanley klammern sih an ihre Ministerium Peel, sprachen sich gegen das Verfahren der Regierung F aus, bezeihneten dasselbe als gehässig und eine strengere Begufsich= tigung für unerläßlich. Graf Radnor nahm hierauf vorläufig seinen |

Aemter mit der Hartnäckigkeit, welhe das Alter giebt, oder mit dem Muthe einer rüstigeren Zeit des Lebens, Das Resultat wird waghr= sheinlich sein, daß das Peel = Kabinet bis zum Schlusse der Session sich halten und seine Fortdauer bis zur nächsten ausdehnen wird; aber es is sehr die Frage, ob es jemals die Einigkeit seiner ersten Berathungen und die Stärke seiner ersten Maßregeln wieder erlan= gen wird,

Niederlande,

Aus dem Haag, 26. Juni, Heute fand eine gemeinschast= lihe Sißung beider Kammern statt, in welher der Minister des Jn- nern die diesjährige Session der Generalstaaten im Namen des Kö= nigs für geschlossen erklärte.

S chwe iz.

Kanton Luzern. Am 25. Juni wurde die außerordentliche Tag- sabung eröffnet. Der Präsident Siegwart-Müller sucht in seiner Rede das Benehmen der Staats-Behörden des Kantons Wallis und des ober- walliser Landsturms bei den jüngsten Ereignissen zu rechtfertigen, er bezeichnet die Unterwalliser als Ruhestörer, Rebellen und Meuterer, die schon seit Jahren Geseße und Ordnung mißachtet, Gott und al- les Heilige mit frevelnder Zunge gehöhnt und durch das endliche ger sun nze Einschreiten der son seit langer Zeit allzu nach- sichtigen Regierung den verdienten Lohn empfangen hätten.

Bei Verlesung der Kreditive der Gesandtschaften erhob Basel= land Einsprache gegen die der walliser, weil die durch den Bund ga- rantirte Verfassung des Kantons verleßt sei; der Antrag auf Aus- schließung dieser Gesandtschaft wird jedoch nur von Aargau unter- stüßt und mithin verworfen.

Nachdem die gewöhnliche Beeidigung erfolgt, begann die Be- rathung über die Angelegenheiten des Kantons Wallis ; zuerst wur=- den die bekannten Kreisshreiben der Regierung' von Wallis und des Vororts, sodann der Bericht des eidgenössischen Kommissariats im Kanton Wallis an den Vorort verlesen. Bern verlangte, daß au die übrigen auf diese Angelegenheit bezüglichen Aftenstücke den Stän- den mitgetheilt würden.

Bei der Umfrage an diejenigen Stände, welhe die Einberufung einer außerordentlihen Tagsaßung verlangt hatten, erklärten dieselben, daß sie lediglih dur die traurigen Ereignisse in Wallis dazu bestimmt worden seien. Hierauf stellte der Präsident noch den Antrag, ob ín dieser Angelegenheit im Allgemeinen jeßt {hon einzuschreiten oder zu- vor die Frage zu erledigen sei, ob bei den jeßigen Zuständen in Wallis noch eine eidgenössishe Jntervention stattfinden fönne und solle. Die E entshied sich einstimmig für das Leßtere und trennte sich odann.

Spanien.

5 Madrid, 20. Juni. Die in meinem vorgestrigen Briefe besprochenen Erklärungen Sir Robert Peel's haben hier großes Auf- schen erregt, und der Heraldo nennt sie „das wichtigste Ereigniß für Spanien nah dem Quadrupel - Allianz - Traktat und der Beendi= gung des Bürgerkrieges,“ Es dürfte daher Jhnen niht unerwünscht sein, die Stimmen der hiesigen Tagespresse über diese Angelegenheit zu vernehmen. y

Der Heraldo, der bisher sich jeder Aeußerung in Bezug auf die Vermählungs-Frage enthielt, erklärt heute in einem längeren Ar=- tifel die Vermählung der Königin Jsabella mit einem Sohne des Don Carlos für unmöglich und zwecklos. Für unmöglich, weil es sich nicht blos um eine dynastishe Frage handle, sondern um andere sih widerstreitende und unvereinbare Prinzipien. Für zwecklos, weil am Tage nah der Vermählung der alte Haß mit neuer Wuth wie- der ausbrechen würde. Troß aller inneren Zwiste unter Moderirten und Exaltirten wäre, \o meint der Heraldo, doh ein Punkt nie= mals angefochten worden :

„Die nothwendige Aechtung (la proscripcion fornoza ) einer die öóf- eee Nuhe beeinträchtigenden und mit den Justitutionen unvereinbaren

amilie.

„Der Einfluß des mit der Königin zu vermählenden Prinzen“, sagt der Heraldo ferner, „läßt sich nicht ableugnenz es genüge, daß er mit Vorsicht und ohne die Rechte des Landes zu beeinträchtigen geltend gemacht werde. Dieses dürfen wir von keinem Mitgliede der Familie des Don Carlos errearten .…,. Die erste Folge einer solchen Vermählung würde die Bildung zweier Parteien sein: die Partei des Königs und die Partei der Königin, die sih vergeblich auf die rehte Seite des Thrones seßen würde, sobald diejenigen, welche aus ihrem Gemahl ein Werkzeug ihrer Herrshsucht machen wollen, alte Ansprüche auf die Obergewalt zu erneuern anfangen (und dies würde ohne Verzug gesehen). Man bedenke die Fol-

en einer so wahrscheinlichen Entwicktelung, und man erwäge, ob nicht in thr Sen der Keim zu cinem Bürgerkriege für ein halbes Jahrhundert ent- halten is,“

Ein anderes \sih konservativ nennendes Blatt, das erst seit vor- gestern erscheint, der Globo, äußert sih in gleihem Sinne, Aus den von Sir Rob. Peel gemachten Mittheilungen zieht dieses Blatt den Schluß, „daß Don Carlos, über seine früheren Mißgriffe ent=- täuscht, nunmehr, obwohl zu spät, sih mit seinen Gegnern auszu=- gleichen wünsche.“

„Es i} bekanni“, so heißt es weiter, „daß die große Mehrheit der kar- listischen Partei diese Art von Ausgleichung wünscht, und daß ihre Wünsche vollständig erfüllt würden, wenn sie den Erstgeborenen ihres vorgeblichen Königs auf den Thron an die Seite Jsabella?s 11. geseht erblickten.… Vielleicht fehlt es auh nicht an Einigen, die zwar nicht seine Pa1teigänger waren, jedo von falschen Ansichten über unsere inneren Zwistigkeiten ge- leitet, aufrihtig der Meinung sind, das wirksamste Mittel, diese zu beendi- gen, bestehe in der Vereinigung der liberalen mít der farlistischen Partei vermöge der vorgeshlagenen Vermählung.“

Dem Globo zufolge, irren sich Beide, und die karlistische Partei, als solche, bestände niht mehr. „Wohl aber“, sagt dieses Blatt, „giebt es in Spanien eine absolutisti\che Partei, die mit Vergnügen den Sohn des Don Carlos und die Königin Jsabella selbst regieren schen würde, wenn sie der Repräsentativ - Regierung ein Ende machten und mit kräftiger Hand das ganze Werk der Re= volution vernichteten,“ Diese Absolutisten erblickten nämlih in der den Söhnen des Don Carlos durch Jesuiten ertheilten Erziehung das zur Verwirklichung ihrer Wünsche nothwendige Element. Denn in Spanien handle es sich niht um eine dynastische Frage, sondern um die Ausstellung der absoluten oder der constitutionellen Monarhie. Diese zwei einander gegenüberstehenden Systeme könnten unmöglich e eine Heirath ausgeglichen werden. Eines von beiden müsse obsiegen.

Der Globo sieht endlose Reactionen und Revolutionen voraus, für den Fall, daß der Sohn des Don Carlos sich mit der Königin Jsabella vermähle, und schließt mit folgenden Worten: „Frankreich wird, unsrer Ansicht nah, eine solhe Verbindung nicht unterstüßen. England, obwohl die Tories am Ruder sind, betrachtet sie als zweck- los und unwahrscheinlich, und in Spanien hält man sie für unvor= theilhaft und unmöglih. Wir seßen voraus, daß das Ministeriunr dieses als Antwort auf die Note (?) des Don Carlos ertheilt habe.“

Der Castellano, ein konservatives Blatt, verwirft ebenfalls den Vermählungsplan als unausführbar und die Ruhe des Landes beeinträchtigend. Dieses Blatt drückt sich noch stärker aus, als die bereits erwähnten. „Weder die Königin, noch die Nation“, sagt der Castellano, „wollen die Vermählung mit dem Sohne des Don Carlos, und weder der einen noch der anderen kann sie als zwed= mäßig erscheinen.

Das vierte konservative Blatt, der Tiem po, schweigt bei dieser Gelegenheit.

Die Blätter der progressistishen Partei beobachten bis jeßt eben- falls Stillschweigen, Nur das Eco del Comercio sagt, die Kö=- nigin wäre viel zu jung, als daß jeßt von ihrer Vermählung die Rede sein könnte.

Die hier zurückgebliebenen vier Minister sollen diesen Abend nah Barcelona abreisen. Der englishe Gesandte läßt Bauten in seinem hiesigen Hotel vornehmen und einen Theil seiner Mobilien nah Bar- celona kommen, Die Bank von S. Feruando hat, wie es heißt, der Regierung drei Millionen Piaster für die Bedürfnisse des nächsten Monats vorgeschossen.

Am 12ten kam der Gouverneur von Gibraltar in Ceuta an, besprach sich mit den dortigen Behörden und begab sich dann in das Lager der Marokkaner, wo er mit großen Ehrenbezeugungen empfan=-

en wurde. s Jn Sevilla scheint eine Verschwörung entdeckt worden zu sein, Einige Offiziere der Besaßung sind verhaftet worden.

Vorgestern versammelten sich etwa 60 „Patrioten“ in einem Gasthofe zu einem Mittagsmahl, um die Jahresfeier der Constitution zu begehen. Als die Köpfe \ih erhißt hatten, wurden mit großem Geräusch „patriotishe Gesundheiten““ ausgebracht, Dieser Umstand und das Anstimmen der Hymne Espartero's hatte einen Wortwechsel mit einigen in demselben Gasthofe anwesendeu Offizieren zur Folge, der endlich in Thätlichkeiten ausartete.

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