1844 / 188 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

ob es unter diesen Umständen niht angemessen erscheine, von dem Unternehmen abzusteheu. Russland und Polen.

St. Petersburg, 30. Juni. Jhre Majestät die Kaiserin

hat unterm 25sten v. M. folgendes Reskript an den patriotischen F 1-Verein gerichtet : V Meine R Schwiegertochter, die Frau Cäsarewna Maria Alexan- drowna, hat Mir ihren Wunsch zu erkennen gegeben, an den Arbeiten des vatriotishen Vereins Theil zu nehmen. Dieser für Mich so freudigen Aeuße- rung Jhrer Kaiserlichen Hoheit mit innigem Vergnügen entsprechend, mache J, mit der Genehmigung Sr. Majestät des Kaisers und mit der Einwil- ligung Sr. Kaiserl. Hoheit des Thronfolgers und Cäsarewitsch, dem Conseil den Vorschlag, Ihre Hoheit unter die Zahl der aktiven Mitglieder auszu- uchmen und ihrer Leitung dieselbe Privatschule zu übergeben , welche sich seither unter der wohlthätigen Fürsorge Meiner geliebtesten Tochter, der Frau Großfürstin Alexandra Nikolajewna, befand, die aus bekannten Ursachen den Verein als aktives Mitglied verläßt, aber den Wunsch geäußert hat , stets ein Ehrenmitglied desselben zu bleiben. Die von der Cásarewna geäußerte Bereitwilligkeit, an den Werken der Mildthätigkeit Theil zu nehmen, wird dem patriotischen Verein ein neues Unterpfand seiner wohlthuenden Fort- schritte und Meiner steten Sorgfalt für dessen Bestes sein,“

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Deputirten-Kammer. Sibßung vom 1. Juli, Ju Konferenz - Saale der Kammer wurde heute {on vor Beginn der Sitzung der Artikel des Moniteur über die Dotationen, der über- all, in den Salons und an der Börse, große Sensation gemacht hat, mit lebhaftester Aufregung besprochen. Die fonservativen Deputirten zeigten sich theils bestürzt, theils unwillig. Mehrere wollten hon die unheilvollsten Folgen für das Königthum und für das Land vor hersehen; Andere erstaunten wenigstens, daß man in einem Augen blick, wo die Kammer ein ungeheures Budget und Nebenausgaben aller Art zu votiren habe, wo der Krieg in Afrika sich ausdehne und unermeßlihe Opfer erfordern könne, so unvorsichtig sei, eine bereits wiederholentlih von der Majorität zurückgewiesene Gelbfrage von neuem auf das Tapet zu bringen. Einige erzählten, das Ministerum |e1 nun einmal von der Jdee erfüllt, die Cinkünfte der Krone zu ver- mehren, und es habe hon, jedoch ohne Erfolg, einige einflußreiche Deputirte über den Plan ausgeforscht, die Kosten der beabsichtigten Reise des Königs nah England auf Rechnung des Staats zu be- streiten. Andere, die indeß shlecht unterrichtet shienen, wollten wihjen, die offizielle Veröffentlichung der Denkschrift über die Dotationen je! gegen den Willen der Minister geschehen, und diese würden sicherlich ihre Entlassung einreihenz sie wiejen dabei auf die Stimmung der Börse hin, wo die Fonds um 30 Centimes gefallen waren. Daß diese leßtere Vorausseßung auf einem Jrrthum beruhte, sollte sich bald zeigen: bei den Jnterpellationen, welhe nach Eröfssnung der Kammer stattfanden, übernahm der Minister der auswärtigen Ange- legenheiten laut alle Verantwortlichkeit für den Artifel des Moni- teur und machte darauf aufmerksam, daß derselbe sogar mit einer Rede, die er, der Minister, vor zwei Monaten in der Pairs-Kammer gehalten , vollkommen übereinstimme. Der Präsident eröffnete die Sißung mit der Anzeige, daß Herr Lherbette vor dem Uebergehen zur Tagesordnung das Wort zu erhalten wünsche, um eine Frage an das Ministerium zu richten, Die Erlaubniß hierzu wurde bewilligt, und die Diskussion begann.

Herr Lherbette; Es handelt sich um die Würde der parlagmentari- chen Gewalt und der Krone. Jch werde jedoch warien, bis ich den Prä- sidenten des Ministerraths (Marschall Soult) oder wenigstens die Mehrheit der Mitglieder des Kabinets auf der Ministerbank sehe. (Zeichen der Auf mecifsamkeit.) S :

Herr Guizot: Der Herr Präsident ist in der Pairs-Kammer, Warum also die Sache verzögern ? | E

Herr Lherbette: Sobald Herr Guizot bereit ijt, mir zu antworte, ohne Ti vorher mit dem Präsidenten des Conseils berathen zu haben, .

Herr Guizot: Darum handelt es sich niht. Jch bin bereit, auf Alles zu antworten. S y : E E

Der Präsident: Das Ministerium wird hier von denjenigen sciner Mitglieder repräsentirt, die in der S1bung zugegen sind, i:

“Herr Lherbette: Erlauben Sie; die Frage is so ernst, daß ich gcrate auf das Ziel losgehen muß und mich von keinem Zufall davon fann ablenken lassen, (Allerdings!) Jch frage das Ministerium, ob es die Verantwortlichkeit sür den Artikel übernimmt, der über die Lage der Civil- Liste und der Privatdomaine, \o wie über die vermeintliche Nothwendigkeit einer Dotation für alle Prinzen, im gestrigen Moniteur erschienen ist.

Herr Guizot; Das Ministerium steht für Alles ein, was im Mo- niteur im Namen der Regierung veröffentlicht wird. (Exclamationen.)

Herr Cremieux: Was soll das heißen? :

Herr Guizot: Das Ministerium steht für den erwähnten, im niteur publizirten Artikel ein. (So, f) E

Herr Lherbette: Da das Ministerium für diesen Artikel einsteht, da es sich gewissermaßen als Verfasser desselben befennt, o muß es auch auf eine Erörterung dieses Artikels gefaßt sein, der von ihm nicht unvorbereitet ausgegangen sein kaun, obgleich er einen Jeden von uns unvorbereite! ge- troffen hat. Dieser Artikel, der einen \& schmerzlichen Eindruck in ganz Paris gemacht und einen eben so \chmeizlichen in ganz Frankreich machen wird « - + (Bewegung in verschiedenem Sinn) Dieser Artikel is belei- digend für . . « its J

Herr Dupin: Der Attifel ist bedauernswerth! l

Herr Guizot: Warten Sie doch die Diskussion ab, ehe Sie ihn so bezeichnen. : n 2 a,

Herr Lherbette: Ja, der Artikel is beleidigend für diejenigen unter uns, die stets die Dotationen bekämpften, und es sich zur Ehre rechnen, dies gethan zu haben;z beleidigend au für die früheren Kammern , von denen sie zweimal zurückgewiesen wurden, beleidigend für diese Kammer selbft, die sih eben so energish wie ihre Vorgänger gegen jedes Dotations-Pro- jekt ausgesprochen beleidigend für das Königthum selbst, insofern er dasselbe als Kontrahenten von Schulden darstellt, die es nicht hätte koutrahiren sollen, die es nicht fkontrahiren fonnte, ohne seine Verpflichtungen gegen den Staat zu verleßen , wenn man diesen zuleßt jene Schulden abtragen lassen will, oder seine Verpflichtungen gegen die Donatare, wenn sie cs sind, die {späterhin von dem ihnen, den Prinzen, im Jahre 1830 gegebenen unfrucht- baren Eigenthum dieselben abzahlen sollen, ohne die Rechte der Gläubiger zu fompromittiren.

Herr Guizot:

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Jch kaun nicht umhin, mein Erstaunen über die Ueber- rashung auszudrücken, welche der ehrenwerthe Redner über die Veröffent- lihung des besagten Artikels bezeigt. Vor 2 Monaten hatte ich die Ehre, mit Hinsicht auf dieselbe Frage in der Pairs - Kammer mich dahin auszu- sprechen, daß das Kabinet ein Dotations-System für die Königliche Familie als die natürliche und geseßmäßige Folge uicht nur des Regentschafts- Gesehes, sondern unserer ganzen monarchischen Einrichtungen betrachte, daß es aber glaube, man dürfe dicse Angelegenheit nicht cher vor den Kammern zur Sprache bringen, bis die darüber leider verbreiteten argen und traurigen Jrr- thümer und Verleumdungen gehörig bekämpft und beseitigt seien. (Der Minister verlas die beiresfende Stelle aus seiner Nede.) Was steht nun in dem be- sagten Artikel, meine Herren? Steht darin mehr, als ih vor zwei Mo- naten auf der Tribüne der Pairs Kammer sagte? Niemand also hat das Recht, jeyt zu erstaunen, denn Niemand is damals erstaunt, Was ist der Artikel anders als eine Appellation an die Oeffentlichkeit, an die Prüfung, an den gesunden Sinn des Landes, an seine Billigkeit und Unparteilichkeit ? Ja, das Kabinet glaubt, und ich für mein Theil bin überzeugt, daß Dotationen B freu weige der P Sen Familie nüßlich und ein wesentlicher e anviyell des monarchischen Systems sind, Zugleich aber bin ih auch überzeugt, daß man diese Fragen nur dann vor die großen Staatsgewalten bingen darf, wenn man mit gutem Fug auf deren glücklichen Erfolg rech- neu kann. (Murren zux Linken. Eine Stimme: Das werden Sie nicht fönnen!) Jh verstehe dieses Murren nicht, Weun eine Frage vom Lande nit ordentlih begriffen wird, wenn Vorurtheile, ernste Das in den

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I Â 1072 Gemüthern herrschen, was fann man da anders thun, als sich bemühen, dieselben zu versheuchen, als das Land zur Prüfung der Thatsachen auffordern, sich an die Oeffentlichkeit wenden und Licht über alle Punkte der Frage verbreiten ? Js irgend eiwas unserer Regierungsform und der Loyalität der Staatsgewalten gegen einander angemessener? Hätte man dagegen die Frage unvermuthet vor die Kammer gebracht, suchte man die Kammer durch Ueberraschung zu ewinnen, daun würden Sie Recht haben, sich zu beklagen, dann wäre die tegierung im Unreht. So aber, wie kann man ihr einen Vorwurf machen? Sobald die Negierung glauben wird, daß es ihr gelungen, die Vorurtheile des Landes zu zerstreuen, an dem Tage wird die Frage den Kammern wie- der vorgelegt werden, So lange die Regierung aber keine vernünftige Aussichten auf Erfolg zu haben glaubt, wird sie dieses Juteresse der Monar- cie nicht durch neue Niederlagen gefährden. (Murren zur Linken.) .

Herr Lherbette: Jedermann begreift, wie wichtig und zart diese Frage is; wichtig nicht nur für die Gegenwart, sondern auch sür die Zu- kunft; niht minder aber zart und peinlid, Wir müssen daher bei ihrer Erörterung mit äußerster Rücksicht zu Werke gehen , die übrigens sets an- gemessen und stets unsere Gewohnheit gewesen ist, Der Minister glaubt, wir seien durch den Artikel überrascht worden, Ueberrascht, o nein, aber {merz li) betrübt, (Sehr gut.) Ueberrascht! Wissen wir nicht, daß es Fragen giebt, welbe man niemals so leicht im Stich läßt ? Dreimal schon is die vorlie- gende zur Sprache gebracht ‘und dreimal if sie zurücfgewiesen worden, Man versucht den Angriff zum viertenmal. Eben so wenig aber, als man müde wird, diese unablässigen Geldforderungen zu stellen, eben so wenig werden wir ermüden , sie zu bekämpfen z nicht nur, weil es sich um Geld, um das Interesse der Steuerpflichtigen handelt: das Geld ist nur die geringere Scite der Frage, die bedeutende Seite is die Ehre der Kammer, von der man nicht Schlag auf Schlag verlangen kann, ihre eigenen Aus sprüche zu widerrufen, (Bewegung.) Auch um die Ehre des Königthums l'andelt es si, welches man hier von der hohen Stufe der Achtung, auf welche die Charte es gestellt, herabsteigen läft, um die Ehre und Würde des Königthums, die wir gegen ein Ministerium vertheidigen, welches sie nicht begreift, (Zur Linken: Schr gut.) Es handelt sich hier um Fragen, die man nicht unkluger Weise im Voraus und im Widerspruch mít den Gefühlen des Landes aufs Tapet bringen muß, gessen Sie nicht, Herr Minister, daß man, um ein Land zu regieren , noch eber mit der Meinung, als mit den Gefühlen desselben nicht im Einklange zu sein braucht; nichts aber widerstrebt so sehr dem Nationalgefühl, als diese wiederholten Geldforderungen , als diese Projekte, die das Land con längst mit dem Namen Familiengescße gebrandmarkt hat. (Zur Linken: Sehr gut.) Solche Projekte legt ein Minister, der sich und die National Emvsfindlichkeit achtet, nicht vor, selbst wenn er ihres Erfolges sicher wäre, ( Beifall.) Denn das Traurigste in sollen Fällen is das Gelingen, Geseßt, diese Pläne gelängen eines Tages, so würde man alljährlich einen Plus im Budget fordern müsscn, und alljährlich würden die Factionen, über die man sich bcklgt, das Land aufregen und sagen können: „Da sehet, wozu man die Steuerpflichtigen belastet !“ Und aus diesen unermüdlichen Angriffen, unermüdlich wie Jhre Zähigkeit, würden die traurigsten Folgen enispringen, nicht nux für die Kammer, niht nur für das Ministerium, sondern auch ,.. doch lassen sie uns hier innehalten. (Bewegung.) Jch kenne diese Frage hinlänglich, da ih Mitglied der Kommissionen war, von denen sie gründlich geprüft wurde, ih fenne sie zur Genüge, um aus dem Stegreif im Ganzen und Großen darüber sprechen zu können, Doch ich will mich auf den Kreis beschränken, den der Minister gezogen hat, ich müßte denn etwa unwillkürlich mich weiter fortreißen lassen; nun, wir werden ja sehen. ((Ge- lächter.) Jch habe erklärt, es könne nichts Unpolitischeres und für uns Beleidigen- deres geben als jenen Artikel; denn die, welche die Dotationen bekämpft haben, werden darin als Mitglieder der Factionen bezeichnet, welche die Feinde des von der Juli-Revolution begründeten Thrones sind, Jun meinen Augen aber sind das die Feinde dieses Throncs, die ihn so von der hohen Stufe der Achtung herabstürzen wollen, auf der wir ihn bleiben sehen wollen, Und in meinen Augen sind das die wahren Freunde dieses Thrones (ich spreche hier nicht von Personen, diese daf die Diskussion nicht berühren), die 1hn in die strengen Gränzen der Verfassung, in die Gränzen der Verträge ein \cchließen wollen, welche nicht mit ihm abgeschlossen, sondern welche ihm auf- erlegt worden, als die fouveraine Natiou die Krone verlieh. (Veweg::1g.) Nein, es fand kein Vertrag im gewöhnlichen Sinne des Wortes stattz es wurden Bedingungen auferlegt, E

Herr Guizot: Wie, es hätte kein Vertrag stattgefunden!

Der Präsident: Es waren Bedingungen, welche frei aufgestellt und frei angenommen wurden. E

Herr Lherbette: Erlauben Sie nur noch ein Wort über diesen Punkt, denn ih will mich nicht über die Gränzen der Hauptfrage fortreißen lassen, Die Nation war souverain, ein Prinz stand am Fuß des Thrones, man reichte ihm die Hand, um ihm die Stufen hinanklimmen zu helfen, man sagte zu ihm+ „Hier ist die Krone, aber unter folgenden Bedingun- genz wollen Sie dieselben eingehen Wenn Sie dies wollen, so nehmen Sie die Krone hinz wenn nicht, so nicht.“

Der Präsident: Die Bedingungen wurden frei angenommen, nicht auferlegt.

Herr Lherbette: Verzeihen Sie, Herr Präsident angenommen, aber nachdem sie durh die damals wie jeßt noch souveraine Nation auferlegt waren, (Verschiedene Bewegung.) Und glauben Sie nicht, daß ich deshalb der Krone ihre Ncchte streitig machen will; ganz im Gegentheil; aber i wiederhole dennoch, daß die wahren Freunde der Krone diejenigen sind, welche sie in den Gränzen der Verfassung, in den Gränzen der festgestellten Bedingungen erhalten wollen, in den Gränzen auch der Gesühle des Landes und in den Gränzen der würdevollen und edelmüthigen Gefühle, dencn man vor Allen in dem Herzen desjenigen begegnen muß, der in den Titel des ersten“ Bürgers seinen Stolz seht. (Sensation.) Nach diesen wenigen Worten gegen die Form des ministeriellen Artikels lassen Sie uns doch auf etwas aus den ÎJnhalt eingehen, denn da der Minister sagt, die öfffent- l:che Meinung müsse vorbereitet werden, so ist der Artikel ein offizieller, von der Negierung ausgehender, den zu beantworten die gewöhnlichen Zeitungen nicht die hinreichende Autorität haben z überdies würden ihnen nicht die Minister gegenüberstehen, an die die Antworten sich zu richten haben. Der ministerielle Artikel spricht also zuvörderst von der Vereinigung der Apanage mit der Kron-Domaine beí der Thronbesteigung. Cr vergißt aber, dap diese Apanage, che sie mit der Kron-T omaine vereinigt wunde, weit weniger ein- trug, als zu vex Zeit wo der Prinz sie durch die Restauration zurü erhielt. Unermeßliche Holzfällungen, die, den Bewirthschastungs- geseßen entgegen, auf diesen Domainen vorgenommen waren, hatten die- selben verwüstet, so wie die Civilliste in gleicher Weise das Kapital der Forsten angreift, deren bloßer Nießbrauch ihr bewilligt is, Ferner vergißt der Artikcl die Vorkehrungen, welche getrcsfen wurden, damit der Prinz bei der Thronbesteigung seine persönlichen Güter behielt, Sie alle, meine Herren, kennen die Vorgänge von 1832; Sie kennen die Gesehe der Mo- narchie; Sie wissen alle, daß in dem Prinzen bei seiner Thronbestei- gung der Privatmann im Könige unlterging, damit er feine andere Interessen mehr habe, als die der Nation. Man wollte, daß er mit der Nation ih eins fühle, daß er fein anderes Wohl als das der Nation denken könne, vaß, um mich der kräftigen Worte des Edifts Heinrichs 1Yi von 1607 zu bedienen, eine wahrhafte Ehe zwischen der Nation und dem König stattfinde. Jn jener damaligen Che brachte der König, nah dem Grundsay der Güter-Gemeinschast, seine Güter als Mitgift mit, Jm Jahre 1830 aber wollte man, ih will nicht sagen leine Ehe, aber man wollte sie nur mit Trennung der Güter eingegangen sehen. (Gelächter auf der lin- fen Scite.) Auch Heinrich 1V, versuchte dies, indem er scine Güter für seine Schwester vorbehalten wollte, aber das Parlament verweigerte es, und der alte und heilsame Grundsaß des Heimfalls siegte. Unter Napoleon, unter Ludwig XV111., unter Karl X. wurde dieser Grundsaß ebenfalls auf- recht erhalten; ih:e Güter fielen auch der Staats-Domaine anheim, Da- mals adoptirte ver Staat, indem er die Güter des Königs empfing, auch seine Kinder, die deshalb die Kinder Frankreichs hießen. Jm Jahre 1832 wollte man, daß sie auf diesen shönen Titel verzichtetenz man wollte, daß der König seine Güter behalte, also auch, daß die Nation fortan seine Kinder nicht mehr zu dotiren habe. Man betrachtete sie nicht mehr als die Kinder Frankreihs, sondern blos als F zen, die auf bie Güter ihrer Acltern Anspruch hätten. Das 1 die Uebere/nkunft des Gesehes von 1832, durh welches die Civilliste se stellt wurde. Man sügte nur hinzu, daß sie im Fall der Unzuläng e der Privat-Domaine detint werden könuten. Jh frage QiM Pie Ae E des Ministeriums von Verzichtleistung auf die, Privat - Juteressen , /vo1 Selbstverleugnung sprechen kann? Jch tadle die Berathung des Prinzen

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nit, die ihn veranlaßte, den Heimfall zu verweigern, Die Umstände waren bedenklich, die Zukunft ungewiß. Jch sage nur, daß Vorkehrungen für diese Zukunft getroffen wurden. Ferner: ba man niht wissen konnte, ob die Abweichung von dem großen monarcischen Grundsaß des Heimfalls von den Kammern würde genehmigt weidcn, da man fürchten durfte, sie möchten auf Vereinigung der Güter des Königs mit der Staats - Domaine bestehen, wie dies stets Gebrauch gewesen war, so trat der Prinz, um seine Güter zu retten, am 7. August 1830 vor Her:n Dentend, Notar zu Paris, diesclben dur eine Schenkungs-Akte an seine Kinder ab, Aber beim Ver- {enken mußte man auch daran denken, sich nicht zu sehr zu berauben. Man wußte Alles geschickt zu vereinigen. Der Prinz verschenkte seine Güter, be- bielt sich aber den Nießbrauch davon vorz; er hat also seinen Kindern die Güter geschenkt, die ihnen als Erbe zukemmen mußten, wenn der Grund- sat des Heimfalls aufgehoben war, und sih den Genuß der Schenfung vor- behalien, Das hieß dem Anscheine nach viel geben, ohne auf etwas zu verzichten. |

Die Mittheilung der leßten Hälfte der Rede des Herrn Lher- bette, welche darthun sollte, daß das Privat-Vermögeu des Königs nicht unzulänglich sei, um für seine Familie auszureichen, so wie der Antwort des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, der an die hohen Tugenden des Königs und der Königlichen Familie und an die Hingebung, von der sie fo viel Proben abgelegt, erinnerte und die Kammer zu wiederholten Beifallsäußerungen veranlaßte, müssen wir uns noch vorbehalten. Herr Lherbette hatte eme motivirte Tages- Orduung beantragt, aber auf den Vorschlag des Herrn Dupin (f. un- ten das Schreiben aus Paris) ging die Kammer ohne Weiteres zur einfahen Tages - Ordnung über.

París, 2. Juli. Die Vorladung der Advokaten des Königl. Ge- rihtshofes von Paris vor diejes Tribunal, wegen ihres Schreibens an den Präsidenten desselben, hat um einige Tage verschoben werden míissen, da die Verhandlungen des Prozesses Donon-Cadot, welche jeßt vor den hiesigen Assisen stattfinden, die Anwesenheit mehrerer der Vorgeladenen erbeishen und nicht unterbrochen werden können. Dieser Prozeß, in welchem es sich um einen Mord handelt, den ein Sohn gegen den eigenen Vater angestiftet, bietet dem pariser Publikum eines der \chrecklichsten und empörendsten Schauspiele. Dennoch wird er wie eine vffentliche Belustigung hingenomméen ; die Damen kommen mit ihren Handarbeiten in den Gerichtssaal, machen es sich bequem, wenn die Hiße ibnen unerträglih wird, bringen dann ihre Toilette wieder in Ordnung, wenden alle ihre Koketterieen auf, um einen Plaß zu erlangen, be- haupten unerlaubte Pläße mit äußerster Hartnäcigkeit , lorgnettiren

die Physiognomieen der Angeklagten, besonders die des 18jährigemw -

Eduard Donon, der jenes shaudervollen Verbrechens angeklagt ist und eine Herzlosigkeit ohne gleichen zeigt. Weniger Interesse erregt der Schlosser Rousselet , ein Mann in den Funfzigen, eben so roh und frech, als falsch und verschmißt, des verübten Mordes geständig nnd zugleich Ankläger eben jenes jüngeren Sohnes des Er= mordeten, als Anstifters der gräßlichen That, nahdem schon vorher das Benehmen Eduard Donon's und zahlreiche Jndizien den allgemeinen Verdacht auf ihn geleitet hatten. Der furchtbare Rechtsfall wirft leider ein nur zu schreckliches Licht auf die Zerrüttung, welche durch das Konkubinat in das französische Familienleben ge- bracht is. Wir sehen hier Vater und Sohn mit derselben Magd in folchem sträflichen Verhältniß leben, und wie sehr hierdurch die Gefühle der findlichen Liebe und Achtung in einem, wie es scheint, ohnehin von früh an verhärteten Gemüthe untergraben werden mußten, haben die Folgen in diesem Falle auf entseglihe Weise dargethan, Der ermordete Donon - Cadot, der ein Banquier-Geschäft in Pontoise führte, galt sonst in bürgerlicher Hinsicht sür einen Mann von sren= ger Rechtlichkeit und war öffentlich allgemein geachtet, Das Privak= ieven von Vater und Sohn ist ers durch den Prozeß an den Tag gekommen. Haß und Eifersucht scheinen die Haupt-Triebfedern zu dem abscheulichen Verbrechen gewesen zu sein, dessen der Sohn angeklagt it. Die Entscheidung der Assisen wird morgen erwartet.

Einem Schreiben aus Oran vom 22. Juni zufolge hatte man dort keine späteren sicheren Nachrichten vond er maroffanishen Gränze, als bis zum 17ten. Damals standen die Truppen noch in ihren alten Positionen z es war aber die Rede von einer Bewegung gegen Uschda, die Marschall Bugeaud angeordnet hätte, um si{ch durch Zerstörung dieses Orts an dem treulosen Feinde zu rächen. Auch wurden zu Oran alle Anstalten zur Beseßung eines neuen Küstenpunktes, Dschema=- Gasauta, getroffen, der zum Depot sür fernere Operationen dienen follte. Angeblich sind 400 Mann und 120,000 Rationen dahin be- stimmt, die am 23sten abgehen sollen, und der Marschall selbst wollte am 25sten dort eintreffen, Ein in Marseille erscheinendes Blatt be= stätigt den Abmarsch einer Kolonne nach Uschda, dessen Kaid bekannt= lich El Genaui, der maroffanische Befehlshaber, is. Den General Lamoricière hat der General = Gouverneur nach Maskara zurück= geshickt und 11 Bataillone, in 2 Brigaden, zu seiner Disposition behalten, die eine unter den Befehlen des General Bedeau, die andere vom Oberst Pelissier kommandirt. Chef des Generalstabes is Oberst Die Kolonne besteht aus 8000 Mann und 700 Pferden.

Unter Vorsiß Amedee Jaubert's, Pair und Mitglied des Justiz tuts, wurde im Jahre 1840 vom Soultschen Ministerium eine Kom- mission bestellt, um ein Wörterbuch und eine Grammatik der Ber= bernsprache abzufassen. So eben is nun der erste Band dieser Arbeit erschienen, der den in der Provinz Algier und in der ganzen Atlas= fette bis Medeah von zahlreichen Stämmen gesprochenen fkabyglischen Digaleft enthält. Die Grammatik desselben soll bald folgen, und der zweite. Theil des Lexikons wird den Dialekt der Stämme von Kon=- tantine, der westlihen Berbern und der Beni - Mesah umfassen. Zwei Mitglieder der Kommission, Charles Brosselard und der Jman von Budschia, Achmed Ben el Hadsh Ali, seben zu diesem Zweck ihre Forschungen in den Provinzen Konstantine und Oran fort,

T Paris, 2. Juli, Ju der heutigen Sibung der Deputirten- Kammer war bie Fortseßung der Diskussion über das Geseß in Be= treff der Eisenbahn von Paris nach Straßburg an der Tagesordnung, und es wurde die von der Regierung vorgeschlagene Richtung über Epernay, Chalons, Bar le Duc, Toul oder Nancy und die dafür angeseßte Summe von 88,700,000 Fr. genehmigt. Der Minister der bffentlihen Arbeiten legte dann einen Geseb-Entwurf wegen Konzession einer Eisenbahn von Paris nach Sceaux als Ver-= su eines Systems des Jngenieurs Arnoux mit gegliederten Wagen vor, Diese Bewilligung wurde ohne Subvention ertheilt,

O Paris, 2. Juli. Die gestrigen Debatten in der Deputir- ten-Kammer haben vollfommen meine Behauptung gerechtfertigt, daß mit der Einrückung des vorgestrigen Artikels zu Gunsten der Dotation des Herzogs von Nemours in den Moniteur, das Kabinet nichts Anderes bezweckte, als die öffentlihe Stimmung des Landes über die=- sen Punkt zu sondiren, Aus den heftigen Angriffen des Herrn Lherbette gegen die Veröffentlihung des erwähnten Artikels geht deutlich hervor, daß die Kammer den Streit, welher deshalb im Schoße des Conseils zwischen dem König und den Ministern sih er= hob, genau kennt, Ja man versichert, daß Herr Dupin der Aeltere, der als Mitglied des Familien-Rathes der Juli-Dynastie mehr geneigt war, ge=- stern Stillschweigen zu beobachten, nur darum an den Debatten theilnahm, um zu verhindern, daß von der Tribüne herab der König als der Verfasser des Artikels bezeichnet werde, Unter solchen Umständen war zu be= fürchten, daß die Diskussion in einen direkten Angriff gegen die Krone ausarten möchte, denn die Vergleichung, welche Herr Lherbette zwi

schen der gefallenen und der gegenwärtigen Dynastie iu Betreff der Verwendung der Gelder der Civil - Liste machte, is unstreitig das Stärkste, was bisher von der Tribüne herab ein Deputirter gegen die Krone vorzubringen je gewagt hat. Als uun gar Herr Odilon Barrot das Wort begehrte, da begriff Herr Dupin, daß es die höchste Zeit wäre, dem Streite Einhalt zu thun, was er mit großer Ge- wandtheit that, indem er die Kroze außer Spiel schte und dafür im Sinne der Opposition desto bitterer das Benehmen des Kabinets tadelte, ohne jedoch das Prinzip der Dotation zu bestreiten. Herr Dupin erklärte ofen, daß cr vor sech8 Monaten das Dotations=Pro= jeft unterstüßt hätte und gegenwärtig das Ministerium nur darin tadele, daß leßteres niht mit der gehörigen Würde und Zeitgemäßheit eine Streitfrage zur Sprache bringe, welche in der Deputirten-Kammer so großen Widerstand finde. Die Worte des Herrn Dupin könuen hier als die Ansichten des linken Centrums gelten, dessen Haupt, Herr Thiers, die Dotation soglei vorlegen würde, wenn ihn Ludwig Philipp ins Ministerium berufen wollte. Man erzählt si, daß, als beim Beginn der laufenden Session Ludwig Philipp den Herrn Thiers zu bereden suchte, das Dotations=Geseß in Schuß zu nebmen, der Ex - Präsident ganz unumwunden dem Könige darauf antwortete : „Jh werde nie ein Dotations-Geseß unterstüßen, wenn es nicht von nir oder meinen Freunden vorgelegt wird.“

Was das gegenwärtige Ministerium anbelangt, so hat Herr Guizot gestern auf das bestimmteste erklärt, daß dasselbe die Dotation nicht vor dem Schlusse der laufenden Session cinbriugen werde und noch weniger die Absicht habe, von der Kammer die Aunahme die- fer Dotation duïh Ueberraschung zu erschleihen, wie die Blätter der Opposition es glauben lassen möchten.

Die Journale der Opposition bekritteln stark die Ernennung des Abbé Coguereau (der nämliche, welher diz Asche Navoleon?s von St. Helena nah Frankreich begleitete) zum Feldkaplan der Expedition nach Marokko. Die Opposition will darin ein neues Zugeständniß der Regierung zu Gunsten des Klerus wahrnehmen, ohne zu beden fen, daß die französishe See- und Land-Armee die einzige in Europa ist, welche feinen Seelsorger hat. Der Mangel eines äußeren Got- tesdienstes bei der französischen Armee ist nah der Meinung aller Je: ner, welche Algerien bereist haben, und vorzüglich nach der Autorität des Marschall Bugeaud, eines der wesentlichsten Hindernisse, welche der Begründung der französischen Herrschaft in Algerien im Wege stehen. Der Muhamedauer, dessen Gottesfurcht zum Sprüchwort ge worden ist, kann nicht begreifen, warum die französishen Soldaten Gott nicht öffentlih anbeten. Jn allen Proclamationen Abd el Kader's wird den Franzosen vorgeworfen, daß sie niht an Gott glauben und oaher aus Algerien vertrieben werden müßten. Gleich bei der Bil- dung des Kabinets vom 29, Oktober ging der Marschall Soult mit der dee um, die Feld- Kapläne (aumöniers) in der Land = Armee einzuführen. Doch bevor der diesfällige Geseß=Entwurf ausgearbeitet wurde, brach der Streit zwischen der Kirche und der Universität aus,

as Kabinet, um allen feindlichen Kommentaren zu entgehen, ver- \{chob die Ausführung dieses Projektes auf einen günstigeren Augenbli, Die Expedition von Marokko bot indessen dem Minister der Marine eine \hickliche Gelegenheit dar, um einen ersten Versuch in dieser Art zu machen, Die Wahl des Abbé Coquereau, Domherr von St. Denis, zum Kaplan der Expedition konnte nicht glücklicher ausfallen. Der Abbé Coquereau hat während der Expedition von St, Helena die allgemeine Achtung der Offiziere und Matrosen sih zu gewinnen ge= wußt, und da er, als einer der ersten Kanzel-Redner Frankreichs, bei Hofe und dem Prinzen von Joinville im hohen Ansehen steht, so wird die Freundschaft des Prinzen ihm die beste Aufnahme von Sei= ten der Expedition sichern, Davon wird es abhängen, ob das Pro- jekt der Einführung der Kapläne eine größere Ausdehnung erhal- ten wird,

A Paris, 2. Juli. Es läßt sich niht bezweifeln, daß die Legitimisten in leßter Zeit verdoppelte Anstrengungen gemacht haben, um Anhang und Einfluß zu gewinnen, wobei ihnen die im Kampfe gegen die Universität neu ermuthigte und gekräftigte Priester = Partei als rüstige Bundesgenossin dient, Die thatsächlichen Beweise von der Einmischung der Geistlichkeit in politishe Dinge vervielfältigen sich täglih, Eine sehr bedenflihe Art der priesterlichen Einwirkung ist jüngst zur Sprache gekommen; es zeigt sich nämlih, daß die Geistlichkeit, niht blos in Paris, sondern auch in mehreren anderen Städten, den Regiments-Schulen eine Konkurrenz macht, welche einen sehr bedenklihen Charakter annimmt. Jn Orleans sollen alle Sol- daten, welhe die Regiments - Schulen besuchten, bis auf drei, in die von der Geistlichkeit eröffneten Unterrihts-Austalten übergegangen sein, deren Geist, wie man sich leiht denken fann, der herrschenden Dynastie und der bestehenden Staatsordnung nichts weniger als freundlich ist. Die Sachen stehen in diesem Punkte so, daß die Offiziere der in Paris garnisonirenden Regimenter zu dem Marschall Sebastiani und dem Géneral Aupick berufen sind, welche die dringendsten Aufforde rungen an sie gerichtet haben, sich mit allen Kräften der Verbreitung des geistlihen Ünterrichts unter den Soldaten zu widerseben,

Großbritamen und Arland.

Hberhaus. Sibßung vom 1. Juli. Die Bill des Lord Powis, welhe die Maßregel der Regierung hinsichtlich der Ver= einigung der beiden waliser Bisthümer Banger und St. Asaph wie= der aufheben soll, stand heute zur dritten Verlesung auf der Tages= ordnung, Der Herzog von Wellington nnd der Lord=-Kan zler erklärten auf das bestimmteste, die Bill werde die Sanction der Re= gierung nit erhalten, da die firhlichen Vorrechte und pecuniagiren Interessen der Krone dur den Antrag gefährdet würden; sie for= derten das Haus auf, einen Präcedenzfall dur ein besonderes Comité feststellen zu lassen, welcher für die vorliegende Frage maßgebend sei. Das Haus fand sich dur diesen Einspruch der Regierung veranlaßt, die Beschlußnahme über die Bill des Lord Powis zu vertagen, und dem Wunsche der Minister durch die Ernennung des Untersuchungs= Comités zu willfahren. j e

Unterhaus. Sihung vom 1, Juli. Die Verhandlungen des Hauses konnten heute von keinem besonderen Belang sein, da gegen die auf der Tagesordnung stehende zweite Lesung der irländi- \hen Registrirungs = Bill sich }o viele Stimmen erhoben, daß Sir R, Peel genöthigt war, von seinem die Lesung betreffenden Antrage abzustehen. Man wollte niht in Erörterungen über das Prinzip ciner Bill si einlassen, welche, der bereits mitgetheilten Anzeige des Pre= mier - Ministers zufolge, doch in diesem Jahre niht zur Ausführung gebraht werden soll. Beide dem Hause zugleih vorgelegte Regie= rungs-Maßregeln, die irländische Registrirungs- und Munizipal-Re- form-Bill, wurden demnach von der Tagesordnung gestrichen und für diese Session gänzlih verlassen, Ein gleihes Schicksal theilt, der vorhergegangenen Anzeige Sir R, Peel's zufolge, die Bill üher die geistlichen Gerichte. ;

ZU Anfang der Sibung richtete Lord Palmerston an den h Hld iti dd eine Frage in Bezug auf die marokkanischen Ange- legenheiten, Er fragte, ob die Regierung, wie dies in solchen Fällen üblich sei, Militair-Commissaire an die marokkanische Gränze und See- Offiziere an die marokkanische Kiste beordert habe, um durch dieselben genaue und authentische Berichte über Alles, was dort vorfalle, zu erhalten, oder ob sie sih allein auf die Berichte verließe, welche ihr

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etwa von französischen Behörden zugehen möchten? Sir R. Peel er- wiederte, daß Jhrer Majestät Regierung sich nicht aussließlich auf franzö- sische Berichte verlasse, sondern bereits Befehl gegeben habe, daß Personen, welche ihr verantwortlih seien und unter ihrer Kontrolle stehen, ge- naue Auskunft über die dortigen Ereignisse erstatten sollen; au habe die Regierung Befehl gegeben, daß diejenigen Maßregeln getroffen werden, welhe für den Schuß der britischen Interessen erforderlich seien, falls überhaupt britische Jnteressen gefährdet werden sollten. (Hört, hört!) Auf die Frage des Obersten Fox, ob die (aus fran zösischen Berichten herrührende) Nachricht gegründet sei, daß Sir R. Wilson, der Gouverneur von Gibraltar, Ceuta besuht habe, und ob dies auf Befehl der Regierung geschehen sei, entgegnete Sir R. Peel, daß er die Nachricht für richtig halte, daß aber Sir R. Wilson nicht auf Befehl der Regierung den Besuch gemacht habe, :

Loudon, 2. Juli. Lord de Grey verläßt seinen Posten als Lord - Lieutenant von Jrland am 15ten d. M. Sein Nachfolger, Lord Heytesbury, als Sir William A’Court und als Botschafter an den Höfen von St. Petersburg, Neapel, Madrid und Lissabon be=- fannt, hat sich bisher uur in der diplomatischen Laufbahn bemerfbar gemacht.

Die Oppositions-Journale stellen eine Niederlage des Ministeriums

[Fin der heutigen Sißung des Unterhauses, in welcher bekanntlich der T

Antrag des Herrn Duncombe wegen Verleßung des Briefgeheimnisses zur Sprache kommt, als sehr möglich in Aussicht. Man schließt aus den in diesen Tagen häufigen und langen Kabinets - Versammlungen selbst auf eine Besorgniß der Minister vor dem Votum des heutigen Abends. Dér ministerielle Standard indeß sicht keinen Grund für derartige Besorgnisse, falls das Haus die Frage einer gründlichen Prüfung zu unterwerfen geneigt sein und den Grundfab festhalten werde, daß „die Gewohnheit eines Amtes dessen Geseß sei.“ Das Blatt fügt hinzu : „Wir sind in den Besiß einiger wihtigen Entdeckungen gelangt, welche alle diejenigen in Verwunderung seßen werden, welche heute die Mitglieder des Melbourneshen Ministeriums, namentlich die Lords John Russell und Palmerston, gegen Sir James Graham thre Stimmen erheben sehen. Wir haben außerdem Manches von dei Geschichte Mazzini's gehört, was abgesehen von seiner muthmaßlichen Verbindung mit der Verschwörung, welche den Frieden Europa's bedroht, allein hon hinreichend is, um ihn zum Gegenstande einer strengen Beauf= sichtigung zu mae Der Ständard ervartéet demnach von einer gründlihen Untersuhung der Frage die Rechtfertigung des Ministers sowohl aus ähnlichen Präcedenzfällen als auch gus den faftischen Beweisen für die Nothwendigkeit der getroffenen Maßregel.

X London, 2. Juli, Die Abdankung Lord de Grey's als Lord - Lieutenant von Jrland is zwar kein politisches Ereigniß von Bedeutung, doch werden die denkwürdigen Begebenheiten der lebten drei Jahre dem abgetretenen Vice-König einen Plaß in der Geschichte jenes Landes sichern. Der Lord-Lieutenant von Jrland hatte in der That eher eine Neben = als eine Hauptrolle auf der Bühne britischer Politik; er hält feinen kleinen Hof in Dublin - Castle, besichtigt seine Truppen im Phöbuix-Park, empfängt zuweilen eine Adresse von einer Orangisten - Loge oder einer demokratischen Corporation und erbebt dann und wann einen Apotheker zum Ritter. Ju unseren Tagen kann solche heinbare Größe höchstens noch den dubliner Krämertöchtern impo= niren. Die Verwaltung des Landes liegt in der Wirklichkeit dem Stagts= Secretair für Jrland ob, der zuweilen (wie Lord Morpeth) einen Siß im Kabinet, aber immer einen Siß im Unterhause hat. Während der leßten drei Jahre übte Lord Elíot einen weit größeren Einfluß in den öffentlichen Angelegenheiten Jrlands aus, als Lord de Grey, und leßterer befand sich mehr in der Stellung eines französischen Präfekten als ín der eines englischen Ministers. Dessenungeachtet ist er, ohne außerordentlihe Eigenschaften des Geistes oder Charafters zu besiben, ein wihtiges Jnstrument gewesen, die erfolgreihe Politik der Regierung gegen O'Connell in Ausführung zu bringenz und er hinterläßt seinem Nachfolger ein geebnetes Feld,

_ Wenn wix auf den Zustand Jrlands während der leßten beiden Sommer zurückblicken, als meine Versicherungen, der Friede der Jn- sel werde niht gestört werden, ohne Zweifel mit Kopfschütteln von den Lesern dieser Briefe aufgenommen wurden, wenn wir jene Zeiten der Aufregung mit dem gegenwärtigen Zustande des Landes verglei- chen, da selbst die alten Kunstgriffe ihren Reiz verloren zu haben cheinen, so muß man gestehen, daß Lord de Grey's Verwaltung überaus erfolgreih gewesen ift. . I

Dies erinnert mich an das Appellations-Gesuch O’Connell's und seiner Freunde, welhes am 4ten d. M. vor das Oberyaus femmt. Die Verhandlungen werden, wie man erwartet, vier Tage dauern und die Richter in der Stadt bleiben, um die Peers zu unterstüßen. Da es sich um eine reine Rechtsfrage handelt, so werden nur die Law-Lords an der Entscheidung Theil haben, obwohl diese Auszeich nung allein auf der Gewohnheit, nicht auf constitutionellem Rechte beruht. Es is seltsam genug, daß ein Staatskörper von entschieden politischem Charakter und politischen Vorurtheilen die höchste Cigen- haft richterlicher Autorität ungeshmälert gufrecht erhält, und felbst O'Connell wird es nicht wagen, die Jutegrität desselben anzugreifen. Sehr unwahrscheinlih ist es, daß das Urtheil des irländischen Ge rihtshofes in irgend einem Punkte eine Aenderung erleiden tvird, da auch die allgemeine Stimme der englishen Barre (die der englischen Queens = Bench werden wir noch besonders vernehmen) sich durchaus zu Gunsten der Geseblichkeit des ganzen Prozeß-Verfahrens ausspricht.

Was den Nachfolger Lord de Grey's betrifft, so bezeichnen die Blätter Lord Heytesbury als den künftigen Lord-Lieutenant von Jr land, und ih glaube au, daß die Wahl auf keinen Anderen gefallen is, Als Diplomat pflegte Canuing von ihm zu sagen, daß ex derx einzige auswärtige Diener der Regierung wäre, welcher die ihm von den Ministern daheim ertheilten Jnstructionen immer vorher zu wissen \hiene. Die Regierung Jrlands is indeß nicht Diplomatie, und wenn die ganze Last derselben auf seinen Schultern ruhen sollte, so müßte ih sehr befürchten, daß er in seinem Alter nicht fähig wäre, sie zu tragen. Eine bessere Wahl hätte indeß zur Zeit nicht getroffen wer= den können,

Belge

Brüssel, 2. Juli. Der Versuch der belgischen Regierung, die neue zum Rückkauf der niederländischen Schuld bestimmte Anleihe von 84 Millionen Fr. ohne Vermittelung der großen Banquierhäuser zu Stande zu bringen, ist vollkommen gelungen. Die am 28sten v. M. eröffnete Unterzeihnung hat alle Hoffnungen übertroffen, denn sie be- lief sih auf mehr als das Doppelte der verlangten Summe, daher mau auf jede Subscription von 1000 Fr. nur 450 wird annehmen können, Die Anleihe is zu 104 pCt, gegen 4x pCt, Zinsen abge= \{lo}sen, E ; :

Griechenland.

© München, 3. Juli. Der Jnhalt der gestern hierherge- langten Briefe aus Athen vom 21. und aus dem Piräeus vom 22. Juni is nicht so unerfreulich, als nach den ersten Gerüchten verlauten wollte. Den wesentlichsten Anhaltepunkt in dieser Beziehung gewährt das Lebenszeichen, welches die Repräsentanten der Schußmächte durch ihr unmittelbares Eingreifen bei der dringend gebotenen Beschwich= tigung der Bewegung im Norden Griechenlands von sich gegeben haben. Nachdem Grivas und sein Anhang die Fahne der Empörung

unter dem Aufruf zum gleichzeitigen Angriff der türkishen Gränze aufgepflanzt, konnte ein solches unmittelbares Eingreifen offenbar nur erwünscht sein. Alle hierhergelangte Briefe, deren Jnhalt überhaupt be- fonnt geworden ist, melden übereinstimmend, daß Sir Edmund Lyons und Herr Piskatory gemeinshaftlich und in volllommener Uebereinstimmung alle jene Schritte thaten, welhe Grisiottis zur völligen Unthätigkeit in Chalfis genöthigt und Theodor Grivas bewogen haben, sich von der Spiße seiner Mannschaft, die täglih im Wachsen begriffen war, nah der Hauptstadt zu begeben, Er scheint guten Grund gehabt zu haben, den ministeriellen Zusicherungen, nahdem ein direkter Brief von ihm an den König ohne Antwort geblieben, weniger zu trauen, als den Worten des Herrn Piscatory. Daher seine Ankunft im Pi- räeus auf einem französischen Dampfboote und seine Verseßung auf ein Kriegs-Fahrzeug unter derselben Flagge, nahdem er s{ch bald da- von hatte überzeugen können, daß Maurokordatos nicht daran denke, seiner Feinde, inwieweit er ihrer habhaft werden könne, sih nur halb zu entledigen. Zwei weitere Umstände sind es, welche als geeignet ershei- nen, gute Hoffuung für die nächste Zukunft zu verschaffen. Nicht nur die Hauptstadt, wo Kalergis' Eifer und Vorsicht alle Versuche der Gegner zu einer öffentlihen Demonstration gegen Maurokordatos vereitelte, sondern im Allgemeinen alle städtishe Bevölkerungen waren bis zur leßten Zeit ruhig geblieben, wenn auch da und dort von denselben die neuen Gouverneure un=- ter Zeichen von Mißfallen empfangen und die Wahlen nicht ohue Exzesse vollzogen worden waren. Die Haufen, über welhe Theodor Grivas und andere Häuptlinge zu gebieten hatten, namentlich auch die moreo= tischen, bestanden und bestehen wohl noch in meuterischen Soldaten, entlaufenem Gesindel aus den Häfen und aus unbeschäftigten Land= leuten, Nur die Lehteren geben dem Ganzen Bedeutung, und eben darum ist es gut, daß gerade jeßt die Zeit der Aerndte komnit, und zwar einer in allen Beziehungen höchst ergiebigen Aerndte. Hunderte von Müßigen finden da Beschäftigung und Brod. Unter Hinweisung auf die guten Aerndte-Aussichten wird auch erwähnt, daß Maurokor= datos immer noch die nöthigen finanziellen Mittel zu finden wisse. Demnach darf man annehmen, daß derselbe sih mit feinen Kollegen im Minister - Nath halten werde, bis der Landtag beginnt, obschon ausdrülich hervorgehoben werden muß, daß er auch noch neuerdings dem Könige scine Bereitwilligkeit zum Austritte erklärt hat. Türen

Smyrna, 30. Mai. (A. Z.) Zur Beurtheilung der Um- triebe der unverbesserlihen, über die Möglichkeit eines Erfolgs auf unbegreifliche Weise verblendeten italienischen Flüchtlinge is die Kennt= niß dessen, was hier gesheben, unumgänglih nöthig, Es gelang ibnen, eine Anzabl italienischer Seeleute der österreichishen Marine in ihre tollen Pläne zu verwickeln, selbst die Söhne Bandiera?s*), einen Sohn des Admirals Paulucci, einige andere Offiziere und Un= teroffiziere, als Moro, Rota 2c. Die Absicht der italienishen Ver=- \{wornen soll dahin gegangen sein, sih der hier liegenden österreichi= hen Kriegsschiffe und eines Theils der Postschiffe des Lloyd und der Donau-Dampfschifffahrt zu bemächtigen und mit diesen Streitkräften vor den Häfen des avriatischen und mittelländischen Meeres zu erscheinen, um die Bevölkerungen zum Aufstand zu bewegen. Durch die Maßregeln der Polizei kam jener todtgeborene Plan ans Licht. Da Smyrna seit einem Jahre der Sammelyplaß einer großen Anzahl italienischer Flüchtlinge geworden war, sandte mehr als eine Regierung ihre Agenten hierher. Unter Anderen fam ein gewisser Miciarelli, der bei den Ereiguissen von 1831 kompromittirt Sitten, und in Folge dieser vorhergegangenen Beziehungen sofort mit den Verschworenen in Verbindung trat. Er organisirte selbst das Bünd= niß, und sobald ihm Alles bekannt war, verrieth er die Thoren, die sih seinem geheuchelten Patriotismus anvertraut hatten. Uebrigens war es lächerlih von den Vershworenen , Smyvyna zum Centrum ihres Brandheerdes zu wählen, sich mit einem Haufen von Land= streihern und Glücfsrittern zu verbinden, und endlih an die Spibe des Unternehmens einen Fechtmeister, einen Leichdornschneider, einen Zahnausreißer und einen wandernden Musikanten zu stellen. Man spricht von der Ankunft einer Militair-Kommission, mit dem Auftrage, über die in dem vferreihischen Geschwader stattgehabten Desertionen eine Untersuhung anzustellen, Einige mehr oder weniger Kompro= mittirte haben ihre Entlassung und die Weisung erhalten, nah Venedig zurückzufehren. Der Admiral Bandiera, sagt man, soll außer aktiven Dienst gestellt werden. Die Offiziere gehen niht mehr ohne Uniform E Land, und der zu häufige Umgang mit den Einwohnern is ihnen verboten.

Eisem ai en Die Eisenbahn von Augsburg nah Donauwörth soll am Geburtsfest des Königs von Bayern (25. August) eröffnet werden.

Berlin-Frankfurter Eisenbahn,

Im Monat Juni 1844 betrug die Frequenz: 1) 20,740 Personen und 61 Equipagen,

wofür eingenommen wurde 18,084 Kthlr. 12 Sgr. 6 Pf. 2) Passagler cepäck-| Der OHE A SOO0 L E E G 3) 694 Cir. 4093 Psd. Eilfracht 410 - Gi 4) 29244 Cu. 77 Pfd: Gütérfraclt «- 6,827 ä Pa 9: 9) Y L li-Transport C U 620 - 10 -_ 26,303 Rthlr. 17 Sgr.

U A a e 9 Pf.

Im Monat

Juni 1843 wurden einge- N OMmITMICTI C6

E 24968 -— 26 =- Mehr-Einnahme im Juni 1844. 1.334 Rilile. 21 Sgr, Vom 1. Januar bis 30.Jun1 1843 wurden, einschliesslich von 7453 Rihlr. 18 Sgr. {ür den Transport des für Rechnung der Königlichen Regierung angefah- renen Brennholzes, « iIncenommen é 129,642 Rthlr, 24 Sgr. Vom 1. Januar bis 30, Juni 1844 dagegen 132,783 - F S Melhr-Einnahme 1844 . 3,140 Rthlr. 18 Sgr. Zandels - und Börsen - Uachrichten.

Berlin, 6. Juli, Mit dem Beginn des neuen Monats hat das Ge- {äft in Eisenbahn-Effefkften sehr an Umfang gewonnen und wir ha- ben die erfreulihe Bemerkung gemacht, daß im Allgemeinen eine weit grö- ßere Solidität eingetreten is, als es seither der Fall war. Die Umsäße waren insbesondere pr. Cassa sehr beträchtlich, wodurch fortwährend der Be- weis geliefert wird, daß das Privatpublikum die Theilnahme für Eisenbahn- Unternehmungen weder aufgegeben, noch das Vertrauen dazu verloren hat, Der Aufschwung in den Coursen war meistentheils ziemlich beträchtlich, doch gilt dies mehr von Quittungsbogen als von voll eingezahlten Actien, in welchen leßteren der Umsay überhaupt sehr beschränkt blieb.

Köln-Mindner wurden bereits bis 1155 % bez., gingen jedoch in

*) Das Mediterraneo von Malta vom 12. Juni veröffentlicht einen durch das österreihishe Marine-Tribunal gegen die Freiherren Attilio und Emilio Bandiera, von Venedig, der Eine Linienschiffs-Unterlieutenant, der Andere Fregatten-Unterlieutenant, erlassenen Erscheinungsbefehl, Sie werden aufgefordert, sich in der Frist von 3 Monaten vor dem Tribunal zu stellen, um sich wegen der Beschuldigungen des Ausreißens und des Hochverraths, dessen sie, als dem jungen Jtalien angehörend, angeklagt sind, zu rechtfertigen, Jm Falle ihres Nichterscheinens werden \ie in contuma- ciam verurtheilt werden, Die Brüder Bandiera haben durch ein aus Korfu vom 19, Mai datirtes Schreiben geantwortet, worin sie erklären, daß fe ihre Wahl getroffen hätten und ihrem Entschluß geireu bleiben,