1844 / 218 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Ö úurttemberg- Jm Shwäbis{chen M er- Fur of niarets TB mau in Betreff des Gerüchts über die Ent- lassung des Herrn v. Herdegen: _-- Ein Feind des Schuldenmachens, und dem Eisenbahnwesen auf Staatskosten überhaupt abhold, soll dieser Minister insbesondere auch in Ansehung des kürzlich zurük- gen enen Erbietens einer Actiengesellschaft zur Uebernahme des aues und Betriebs der Eisenbahnen darüber si zu beruhigen nicht vermoht haben, daß über diese große, so weit greifende Finanzfrage sih auszusprechen den Vertretern des Landes niht dur eine außer=- ordentlihe Ständeversammlung Gelegenheit gegeben wurde.

Großherzogthum Hessen. Se. Hoheit der Erbgroß-

herzog ist am 1, August nah Berchtesgaden abgereist,

Kiel, 1. Aug. (N. H. Z.) Das in den Herzogthümern all- emein und in Dänemark zum Theil verbreitete Gerücht, als sei die jütländische Stände-Versammlung aufgelöst worden, rührte aus Vor- gängen bei der Debatte über den Adreß-Entwurf her, und es mögen wobl selbs nicht wenige Abgeordnete der Versammeung des Dafür- haltens gewesen sein, die Auflösung werde erfolgen. Auch wäre sie gewiß erfolgt, wenn niht Transactionen eingetreten und die einge- reichte Adresse wenigstens ein anderes Gewand angenommen hätte. Daß der Entwurf sehr ungereimt und die Debatte sehr scharf gewe- sen, leuchtet daraus hervor, daß weder der Entwurf, noch die De- batte in der sonst sehr ausführlich berichtenden und von Oersted als Censor sons nicht gehinderten Stände = Zeitung mitgetheilt werden,

Oesterreichische Monarchie.

reßburg, 21. Juli. (D. A. Z.) In den leßten Cirfular- Eitudia 0 Sndetafel wurde befanntlih die Zoll - Angelegenheit in Verhandlung genommen. Mehrere Redner bemühten sich, die Majorität zu Gunsten der österreichishen Verwaltung zu gewinnen und Negociationen zum Behuf der Erleichterung der zwischen Oester= rei und Ungarn bestehenden Mauthschranken zu veranlassen. Judeß mißglükte dieser Versuch. Nach mehrtägigen Debatten wurde be- \{lossen, den König um Mittheilung der betreffenden statistischen Daten zu bitten, um auf dieser Grundlage ein für das Land geeig- netes Shuzoll\y stem ins Leben einzuführen, Man kann wohl, ohne voreilig zu sein, diesen Beschluß eine in jeder Beziehung todtgeborne Frucht nennen. Die Regierung wird si zur Förderung dieses Zwecks nim- mer bereitwillig hergeben, da man blind sein müßte, um nicht einzu- sehen, daß ihr Hauptzweck dahin gerichtet is, nah vorher festgeseßter Be- steuerung des ungarischen Adels ein Fallenlassen der Zwischen - Zoll- Linie möglich zu machen, um sich mit dem vollen Gewichte der Mo-=- narhie dem deutschen Zoll - Vereine späterhin anzunähern. Anderer- seits eint die Majorität sich auch im Jrrthum zu befinden, wenn sie glaubt, mit Schuß - Zöllen sei Alles abgethan, und die Industrie werde nah Einführung derselben unverweilt emporblühen und Früchte tragen in Einem Athem. Um sie irgendwo heimisch zu machen, be- darf es zuerst der Jutelligenz im Allgemeinen, sodaun des Geistes der Betriebsamkeit insbesondere. Dann genügt es keinesweges, wenn ein brauhbares Wechselgeseh existirt; auch die Civil-Geseßgebung muß wohlgeordnet sein, was doch hier durchaus nicht der Fall ist. Die Einführung der Schuß - Zölle würde im ersten Augenbli nur die mißliche Folge haben, daß die Schmuggelei auch nah Ungarn eine bedauerliche Ausdehnung gewinnen würde. i N Die Königliche Statthalterei hat einen äußerst wichtigen Be- {luß bekannt gemacht, Vom nächsten Schuljahr angefangen, ist die magyarishe Sprache an sämmtlihen Gymnasien und Lyceen des Landes, die kroatischen Distrikts-Schulen einzig und allein ausgenom- men, zur öffentlichen Unterrihts-Sprache erhoben worden. Nur we- nige Gegenstände sollen in Zukunft uo lateinish vorgetragen wer- den, so z. B. die theologischen Wisseuschasten, wobei die Keuntniß der alten Sprachen unentbehrlich ist; ferner Pathologie, Chemie, Physik, Mathematik und Metaphysik, wofür die magyarische Termi- nologie noch niht genügend entwickelt scheint, Diese Verordnung er- streckt sich auf alle Königlichen Gymnasien und wird nicht verfehlen, im Lande den tiefsten und mächtigsten Eindruck hervorzubringen, Allerdings war den Magyaren shon in der leßten Königlichen Sprach-Resolution die Berücksichtigung ihres Wunsches, ihre Sprache zur Unterrichts -Sprache erhoben zu sehen, zugesagt worden, Allein daß diese so schnell und \o umfangreich eintreten werde, fonnte wohl Niemand voraussehen. Die Herrschaft des lateinischen Jdioms, welche in den leßten Zeiten ohnedies blos eine illusorishe war, is dadurch gänzlih gebrochen. Das Latein gehört nunmehr ad res actas, und dies bekümmert wohl Niemanden im Ernst. Allein das Schicksal der nihtmagyarischen Nationalitäten und Sprachen ist auf das Spiel ge- scht, und diese Rücksicht greift tief in die Brust eines jeden Betheilig- ten, Wir gestehen, im Laufe der mehr als achthundertjährigen Geschichte des von den Magyaren gestifteten Königreichs ist kein wichtigerer, das Verhältniß der Nationen berührender Beschluß gefaßt worden. Wir haben beständig gleihes Recht sür alle Nationalitäten des Landes in Anspruch genommen, und eine nothwendige Folge desselben wäre das Recht jeder Nation, Schulen mit ihrer Sprache zu errichten.

Frankreich.

Paris, 1. Aug. Der Geseh - Entwurf über die Verbesserung der Häfen is von der Pairs-Kammer mit 81 gegen 12 und der über die Befestigungen von Havre mit 78 gegen 17 Stimmen angenommen worden. |

Die einzigen Gegenstände von allgemeinerem Interesse, welche gestern in der Pairs-Kammer bei der Diskussion des Budgets der auswärtigen Angelegenheiten zur Syrache kamen und eine bestimmte Erklärung von Seiten des Ministers dieses Departements zur Folge hatten, waren die Frage hinsichtlih des Durchsuchungsrechts und die in Betreff des Exequatur für die Konsuln in Algier, Marquis von Boissy und Vicomte Dubouchage forderten Erklärungen hierüber mit Hinsicht auf die Juterpellationen, die über diese Punkte kürzlich im englishen Parlamente stattgefunden hatten. Das Durchsuchungsrecht im Allgemeinen betreffend, erklärte Herr Guizot, daß er den Wunsch der Kammern in gehörige Erwägung gezogen und Unterhandlungen

angeknüpft habe, die indeß noh nit beendigt seien, über die daher au jeßt keine Diskussion eröffnet werden könne, Doch hoffe er, daß bis zum Beginn der nächsten Session befriedigende Resultate erlangt sein würden. Bekanntlich hat nun die englische Regierung fürzlih die Justructionen für ihre Kreuzer erneuert und dieselben dem Parlamente vorlegen lassen. Darauf hin rieen die französischen Oppositions - Blätter , die Verträge von 1831 und 1833 hätten also nicht nur eine neue Sanction erhalten, sondern England sei noch über deren Bedingungen hinausgegangen, denn Artikel 5 des Traktats von 1831. selle fest, daß die Justructionen für die Kreuzer von beiden Regierungen ey entworfen werden sollten. Dies wieder- holte nun au der Marquis von Boissy, worauf er aber vom Mi- nister zur Antwort erhielt, es gebe "zweierlei Arten von Jn- structionen für die Kreuzer der Mächte, die jene Verträge unterzeichnet, einerseits allgemeine, in gemein chaftli er Verab- T Ee Fotrieyo besondere, Von Ra Macht ihren Kretzern er S \ e étsteren \eien seit dem von der Kammer qaus- gesprochenen Wunsch nicht erneuert worden, was aber die besonderen

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Justructionen betreffe, so habe Frankreich so gut wie England mehr- mals von der ihm zustehenden Befugniß, dieselben nah Belieben zu modifiziren, Gebrauch gemacht; dasselbe habe so eben die englische Regierung gethan, und dazu sei keine Zustimmung von Seiten Frank- reihs nôthigz übrigens seien diese neuen Instructionen bei weitem besser als die früheren und von einem Geist der Mäßigung und Loyalität diftirt. Was dann zweitens die Frage des Exequatur be- trifft, so handelt es sich hauptsächlich um Herrn Brauzell, der zugleich Vice-Konsul für Toskana, Sardinien, England, Schweden und Si- cilien zu Budschia is. Von Geburt ein Tosfkaner, wurde er zu der Function als Vice-Konsul zuerst von seinem Souverain er- nannt und erhielt in dieser Eigenschast, also für Toskana, das Exe- quatur vom König der Franzosen. Der ministeriellen Erklärung zu= folge, erhalten nun aber Konsulats - Agenten einer fremden Mat, wenn sie daneben noch für andere Staaten dieselben Functionen aus- üben, in dieser leßteren Eigenschaft nur ein ministerielles Exequatur oder eine Autorisation zur Mitbesorgung dieser anderen Geschäfte. Jn diesem Fall befindet sih Herr Brauzell, und er hat eine solhe Au- torisation vom französischen Ministerium ebensowohl für Großbritanien wie für die anderen Staaten nachgesucht und erhalten. Nach Be-= endigung der verschiedenen Debatten wurde übrigens das der Pairs-= Kammer vorliegende Budget von ihr einstimmig genehmigt.

Die leßten Nachrichten vom Prinzen von Joinville sind vom 49, Juli; Se. Königliche Hoheit befand sich damals wieder zu Gi- braltar, wo auch die englische Flotte angekommen war, Der Prinz wartete noch immer auf die Antwort des Kaisers von Marokko in Folge des demselben zugefertigten französischen Ultimatums. Mau glaubte indeß nicht, daß dieselbe vor dem 26sten oder 27sten Juli würde anlangen können.

Der General - Lieutenant Jacqueminot, Ober - Befehlshaber der National - Garde des Seine - Departements, hat vom König auf vier Wochen Urlaub zu einer Badereise nah Ems erhalten; seinen Dienst wird unterdessen der Chef des Generalstabs der National - Garde, General Carbonel, verschen. Au Herr Duchatel, der Minister des Jnnern, begiebt sich nah Ems, jedoch nur auf einige Tage, und es wird in dieser Zeit der Minister des öffentlihen Unterrichts für ihn unterzeichnen.

ny Paris, 1. Aug. Jn der heutigen Sibung der Pairs-= Kammer wurde das Budget der Ausgaben weiter diskutirt, Vicomte Dubouchage klagte bei dem Kapitel in Betress der Primärschulen über obwaltende Mißbräuche, namentlich über das Zusammensein der Kinder beider Geschlechter in den Schulen, und sprach seine Verwun- derung darüber aus, daß der Minister des öffentlichen Unterrichts die- sem Zustande der Dinge noch nicht abgeholfen habe. Der Minister des öffentlihen Unterrichts: Die Regierung sei damit be- \chäftigt, Abhülfe könne aber uur allmälig eintreten, Die verschiede- nen Kapitel des Budgets des Ministeriums des öffentlichen Unterrichts werden angenommen, Bei dem Budget des Ministeriums des Ju- nern rihtet der Marquis von Boissy zwei Fragen an den betref- fenden Minister. Er fragt, ob ein Theil der Polizei-Fonds nicht zur Ueberwachung des Don Carlos verwendet werde, und zweitens, warum die Regierung fortfahre, den Jahrestag der Juli-Revolution zu feiern? Der Minister des Junern: Auf die erstere Frage glaube er nicht hier autworten zu dürfen, für die Aufrechthaltung der Feier der Julifeste aber habe ih die Deputirten - Kammer selbst förmlich ausgesprochen. Es liege darin eine Huldigung für das Andenken derer, die sür die Vertheidigung der Gesehe gesallen seien, und in Gegenwart der Er= eignisse des lehten Jahres und der Demonstrationen einer gewissen Partei wäre es nicht klug, diese Feier abzuschaffen. (Beifall.) Der Marquis von Boissy besteht bei seinen Worten und sagt, man gebe dadurch den Volks - Umwälzungen seinen Beifall, General Gour- gaud: Was 1830 geschehen, sei nicht eine Volks - Revolution, son- dern der Triumph der Ordnung über die Unordnung, und das Land werde dies stets in rühmlichem Andenken behalten. Marquis von Boissy findet die Bemerkung des Generals Gourgaud nicht begründet, Er (der Marquis) greife die Juli-Revolution nicht an, sie sei eine vollendete That- sache. Er sei und werde stets sein für Aufrechthaltung des Bestehenden oder dessen, was bestehen könne. (Gelächter.) Vicomte Dubouchage, lebhaft sich erhebend: Er protestire gegen das Wort Unorduung, das der General Gourgaud auf die Regierung der Restauration angewen- det habe. Die Unordnung sei nicht auf Seiten der Monarchie gewe- sen. Der Artikel 14 der Charte habe der Regierung das Recht ge- geben... (Allgemeines Murren und heftige Unterbrehung.) Der Präsident mit kräftiger Stimme: Die Diskussion könne über die- sen Punkt nicht weiter fortdauern, das Budget sei zu erörtern, er müsse daran erinnern. Vicomte von Dubou chage seßt sich nieder. Marquis von Boissy, auf die Tribüne eilend : Jh verlange das Wort. Der Präsident: Sie können es jeßt nicht erhalten, Der Zwischenfall ist abgemacht. Jch gebe Jhnen das Wort nicht. Mar= quis von Boissy: Dann werde ih es soglei verlangen, (Heiterkeit.) Die anderen Kapitel werden der Reihe nah vo- tirt, nahdem noch Vicomte Dubouchage, Villiers Duterrage und Marquis von Boissy einzelne Bemerkungen gemacht hatten. Bei dem Budget des Kriegs-Ministeriums verlangen Marquis von Boissy und der Fürst von der Moskwa Aufschlüsse über die Angelegenheit von Marokko und die darüber angeknüpften Unterhandlungen. Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten: Bei dem jebi- gen Stande der Verhältnisse zu Marokfo sei es seine Pflicht, jede Erklärung zu verweigern. Er wolle und fönne nicht die Feldzugs- pläne des Fürsten von der Moskwa erörtern. Er wiederhole nur zwei Dinge: daß die Regierung feine Vergrößerungs-Absichten habe, und andererseits, daß sie einen Zweck zu erreichen habe und ihre Freiheit zu handeln behalten wolle, um zu diesem Zweck zu gelan- gen, (Beifall. ) Die Sibungen der Kammer sollen Sounabend be- endigt werden und der Schluß der Session am 5. August erfolgen.

Paris , 1. August. Nach den genauesten Angaben besteht die Zahl der Opfer der Katastrophe des 29. Juli in vier Personen, welhe gestorben sind, und in etwa vierzig Verwundeten. Funfzehn dieser Lebteren, deren Zustand besonders beunruhigend war und da- her sorgfältigste Pflege erheischte, wurden in das Spital Beaujon gebrachtz die anderen kehrten theils zu Wagen, theils zu Fuß nah Hause zurück, nachdem sie in dem Wachthause auf dem Plate oder auch im unmittelbar daneben befindlichen Hotel der ottomanischen Botschaft, das beinahe in ein förmliches Spital umgewandelt war, die erste Pflege erhalten hatten. Eine Menge von Frauen und Kindern waren au im unverleßten Zustande von den Fhrigen über die Mauer des Gartens jenes Gesandtschaftshotels gehoben, dort von der Dienerschaft Reschid Pascha’s in Empfang genommen und \o in den Stand geseht worden, nah Hause zu kommen. Außer den offiziell konstatirten Fällen mögen allerdings noh eine Anzahl Ver= leßungen vorgekommen sein, indeß, wie es scheint, keine von \onder= liher Bedeutung, denn man hat nichts dergleichen vernommen.

Neuerdings verbreiten sich Gerüchte von dem Ausbruche eines Aufstandes in Marokko, in Folge davon, daß der Sultan Nachgiebig= keit gegen Frankreih gezeigt habe. Die Fanatiker hätten diesen Um- stand benußt, um den Sultan, einen Mann ohne Talent und Energie, vom Throne zu stürzen und Abd el Kader an seine Stelle zu seben.

Unverkennbar i}, daß die Schwierigkeiten der Frage sich vergrößert

haben. Jn diesem Augenblicke is ein Adjutant des Kriegs-Ministers auf dem Wege von hier zum Marschall Bugeaud, dem er die In- structionen des Ministeriums überbringt. Herr Guizot hat dieser Tage im Kreise seiner Freunde in einer Weise sich über die Lage dieser Frage ausgesprochen, die darauf hindeutet, daß er selbst den Krieg mit Marokko als für beinahe unvermeidlich ansieht. Das Mi- nisterium \heint niht sowohl mehr über die Frage, ob man Krieg beginnen solle, als darüber, wie derselbe geführt, welcher Plan dafür angenommen werden solle, in Verlegenheit zu sein. Der Marschall Bugeaud \{lägt vor, auf Fez zu marschiren, und verlangt für die Expedition 25,000 Mann Jufanterie, 25 Geschüße, 60090 Kameele und 8000 Mann Reiterei. Herr Guizot will aber darauf nit ein- gehen und hat gewihtige Gründe, deren Bedeutung kein Unbefange- ner verkennen fann. Ein Feldzug durch die Sandwüste, in unbekann- tem Lande, unter brennendem Himmel, durch eine Gegend, wo das Wasser fast gänzlich fehlt, gegen einen Punkt, der über 70 Stunden von der Gränze entfernt liegt, kann die Armee unberehenbaren Un- fällen ausseßen. Herr Guizot hält einen Angriff auf Mogador für zweckmäßiger, von wo man dann nah Marokko (der Hauptstadt) selbst vordringen könnte, Die Spannung, mit der man allgemein dem endlichen Entschlusse des Ministeriums entgegensieht, ist ungemein, die gestrige Angabe eines Blattes aber, daß bereits Befehle an den Prinzen von Joinville abgegangen seien, das Bombardement von Tanger zu beginnen, findet nur geringen Glauben, : ;

Nach den aus den Provinzen eingetroffenen Nachrichten sind au dort die Julifeste dieses Jahr mit besonderem Glanze gefeiert worden und überall ohne Störung der Ordnung abgegangen. Zu Lyon scheint man aber militairische Vorsichtsmaßregeln getroffen zu haben, und mögen dort wieder allerlei Umtriebe im Werke sein, um die Arbeiter zu unüberlegten Schritten zu verleiten. Am 28sten und 29s}ten sind eine gewisse Anzahl derselben verhaftet worden, die Einen haben sich zu verantworten wegen der Anschuldigung, an einer Arbeiter-Coali- tion Theil genommen zu haben, die Anderen sind in die schon neuer- lih erwähnte Angelegenheit wegen der verbotenen Waffen verwielt. Ju Betreff noch Anderer kennt man den Grund ihrer Verhaftung noch gar nicht. Man will die in der leßten Zeit in beunruhigender Zahl vorkommenden Fälle von Brandlegungen zu Lyon, deren fast täglih einige besonders in gewissen Quartieren der Stadt stattfanden, mit den vorerwähnten Umtrieben in Verbindung bringen. Die vor- zugsweise von Arbeitern bewohnten Quartiere de la Guillotiere (die eine eigene Gemeinde bildende Vorstadt von Lyon) und les Brotteaux haben besonders davon zu leiden.

Großbritanien und Irland.

Unterhaus. Sibung vom 31, Juli. Sogleich zu An= fang der Sibßung richtete heute Sir Charles Napier an den Premier-Minister folgende Fragen in Betreff der otaheitischen Ange legenheit: ob es wahr sei, daß der britishe Konsul in Otaheiti von den französischen Behörden unter dem Namen Pritchard 1ns Gefäng- niß geworfen worden wäre, ob die Franzosen Befestigungen auf der Jusel errichtet hätten, ob die Königin Pomareh Zuflucht an Bord eines britischen Schiffes gesucht, und ob eine britische Streitmacht im Hafen von Otaheiti während dieser Vorgänge gegenwärtig gewesen wäre? Sir R. Peel erwiederte hierauf: S :

„Obgleich der tapfere Herr mich von seiner Frage nicht im Voraus |n Kenntniß gesezt hat, so kann ich doch erklären, daß Jhrer Majestät Regie- rung Nachrichten aus Otaheiti erhalten hat, welche ihr viel Unruhe verur- fachen (cause mnceh pain). Indem ich diese Nachrichten für wahr halte, und ih sehe keinen Grund, sie in Zweifel zu ziehen, trage ich kein Be- denken, zu erklären, daß auf Otaheiti eine grobe Gewaltthat begangen worden ist, begleitet von Umständen grober Beschimpfung des Konsuls Jh- rer Majestät, (Beifall.) Die Regierung hat die Nachricht von diesem Ereiguiß erst am leßten Montage erhalten, und sofort Veranlassung genom- men, darüber mit der französischen Regierung in Unterhandlung zu treten, Die Beschimpfung is von einer Person ausgegangen, welche nur eine tem- poraire Autorität in der Südsee ausübte, und wir haben Grund zu glau- ben, daß diese Gewaltthat ohne irgend eine von der französischen Negie- rung ertheilte Besugniß begangen worden ist. Jch muß vorausseßen , daß jene Regierung die erste Gelegenheit crgreisen wird, um folhe Genug- thuung zu geben, welche England zu fordern cin Recht hat. (Beifall.) T hofe, man wird nicht verlangen, daß ih noch mehr. sagen soll.“

Sir Charles Napier bezeigte s{ch zwar mit dieser Antwort noch nicht zufrieden, doch konnte er den Premier-Minister zu feiner weite=- ren Erklärung bewegen. Der Admiral Lord Jungestrie lenkte hier- auf die Aufmerksamkeit des Hauses auf das Zerstörungs - Experiment des Capitain Warner in Brighton mittelst der sogenannten „unsicht- baren Bombe“, und suchte im Juteresse des Ersinders den aus\chließ= lichen Besiß dieser furchtbaren Zerstörungskraft für England von großer Bedeutung erscheinen zu lassen. Er stellte die Erfindung des Capitain Warner der des Schießpulvers, der Dampffraft und anderer Gewalten glei, welche gleihfalls im Anfange, wie die gegenwärtige, nicht geglaubt und belächelt worden wären, und beantragte nah aus=- führliher Darstellung der verschiedenen Unterhandlungen und Expe- rimente, welche seit zehn Jahren über diesen Gegenstand von der Re- gierung veranlaßt worden seien, die Vorlegung der Korrespondenz zwischen Capitain Warner und der Regierung über die Mittheilung des Geheimnisses. Die Adm'ralität, sagte der Lord, habe die Sache mit Gleichgültigkeit behandelt ; Lord Melbourne habe sie immer verzögert und Sir Rob. Peel sei allzu vorsichtig; die Freunde des Capitain Warner würden von einem Departement ins andere gewiesen und die Regierung komme zu keinem Entschluß; einestheils verlange sie Proben der neuen Er- findung, welche zu große Kosten verursachten und das Geheimniß of fenbarten, anderentheils biete sie feine Garantieen für die Belohaung der Mittheilung. Zuerst habe Capitain Warner 400,000 Pfd. als Preis der Mittheilung seiner beiden Erfindungen gefordert, jeßt stelle ér die Summe dem Gutdünken der Regierung anheim, in Rücksicht darauf, daß Sir R. Peel den Werth und die Wichtigkeit der Ersin- dungen gehörig ermessen werde, Durch die Freigebigkeit von Privat= Personen sei Capitain Warner in den Stand gescßt worden, einige Proben seiner Kraft zu liefern, und namentlich in Brighton vor kurzem Zedermann von der Wirksamkeit derselben zu überzeugen. Die Re- gierung würde wohlthun, wenn sie um jeden Preis den Besib des Geheimnisses sich verschaffte, da sie damit, troß der Zerstörungskraft dieser Erfindung, das wirksamste Mittel zur Verhinderung des Krieges erhielte. Sir R, P eel widerseßte sich keinesweges dem Antrage, da er das Publikum in Stand seben wollte, aus der ganzen Korre- spondenz zu ersehen, daß die Regierung durchaus nicht gleichgültig gegen Capitain Warner's Erfindungen sich verhalte. Derselbe habe zwei Arten von neuen Wurfgeschossen erfunden, „die unsichtbare Bombe“ und die „lange Schußweite““, welches leßtere Justrument ihm aber von noch größerer Wichtigkeit erscheine, als das erstere, da Capitain Warner erklärt, daß er damit bis auf eine Entfernung von 6 Miles den Felsen von Gibraltar fortshaffen, Algier und Toulon zerstören und eine Flotte auf, hoher See vernichten könne. In den Unterhand= lungen mit Capitain Warner habe die Regierung niemals den Wunsch in Abrede gestellt, daß sie das Geheimniß besiyen möchte, aber sie habe Proben von der Wirksamkeit der Kraft verlangt, welhe vor fom- petenten Personen veranstaltet werden sollten, und da es Regel sei, daß die Kosten für derartige Proben von den Unternehmern getragen würden, weil sonst das Geschüib-Amt mit einer Unzahl von dergleichen Anerbietungen belästigt würde, so sei bei der Forderung von 400,000

* Schwester des Lord Melbourne, eine Reise nah dem Kontinent zu

serl. russische Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Graf von # Nesselrode, hier angekommen und hatte gestern die Chre, von Sr. # Majestät dem Könige empfangen zu werden.

Ï schiffen.

Pfd. von Seiten des Capitain Warner dem Anerbieten desselben keine Folge gegeben worden. Alle seine Erfahrungen in dieser Angelegen- heit bestärkten ihn (den Minister) überdies in dem Entschlusse, feine Verpflichtungen eher einzugehen, bevor nicht Capitaïn Warner sein Geheimniß mitgetheilt und die Wirksamkeit der neuen Kraft erwie- sen habe. Das Haus möge nicht von dieser Regel abweichen. Er glaube aber somit gezeigt zu haben, daß die Régierung die Vorschläge des Capitain Warner nicht vernachlässigt habe. Herr Cowper (Pri- vat-Secretair Lord Melbourne?s unter der vorigen Regierung und vorzugsweise der Unterhändler mit Capitain Warner) erklärte, daß nicht allein die britische Regierung, sondern auch die preußische, wel- cher dasselbe Anerbieten gestellt worden sei, alle Unterhandlungen mit Capitain Warner abgebrochen habe, weil derselbe vor Ueberlieferung seines Geheimnisses die Bezahlung verlangte, Nach längerer Exör= terung, während welher Sir Charles Napier Capitain Warner's Erfindung ein gewöhnliches chemisches Experiment nannte, wurde der Antrag genehmigt,

London, 2. Aug. Gestern ist die Ueberland- Post aus Jn- dien hier eingetroffen. Sie bringt Nachrichten aus Bombay vom 49, Juni und aus China vom 1. Mai, die bis” auf die Berichte aus Sind von geringem Juteresse sind. Lehtere melden die friedlihe Be= endigung der großen Zusammenkunft der Beludschen - Häuptlinge in Hydrabad, welhe Sir Charles Napier berufen hatte zur friedlichen Ausgleichung des Streites. Den Mahratten is der Distrikt Buram- pur zurückgegeben worden, Jm Pendschab währte die Anarchie fort. Die Zurückberufung Lord Ellenborough's war in Bombay am 6, Juni g geworden; in Kalkutta sollte die Nachriht am 15ten ein- reffen.

Gestern erhielt man hier über Paris die Nachricht von dem Attentate gegen Se. Majestät den König von Preußen, Die Blätter theilen die offiziellen Dokumente darüber mit.

O London, 30. Juli, Die mysteriöse Höllenmaschine des Capitain Warner will namentli unter unseren See - Offizieren noch keinen rechten Glauben finden, und die Regierung wird sich genöthigt sehen, einen zweiten Versuch zu verlangen, bevor man erwarten fann, daß sie sich dazu verstehen sollte, das Geheimniß zu dem enormen Preise von 200,000 Pfd. St, käuflich an sich zu bringen, Man hegt von vieleu Seiten den Verdacht, daß Capitain Warner oder seine Freunde dafür gesorgt, irgend einen brenubaren Stoff an Bord des „John a Gaunt“ zu bringen, oder dieses Schiff auf irgend eine besondere Weise zu dem Experiment tauglich zu machen. Der Eigenthümer des „John a Gaunt“/, ein reicher Rheder, ist, wie man glaubt, bei dem Gelingen der Sache sehr interessirt und soll Capitain Warner Geld vorgeschossen haben, um ihn in den Stand zu seben, den Plan zu verwirklichen. Gleichwohl möchte ih keines= weges behaupten, daß es bei dem unweit Brighton vorgenommenen Experiment nicht mit rechten Dingen zugegangen sei; aber der Ver- suh wäre jedeufalls viel befriedigender, wenn das zerstörte Schiff von der Regierung geliefert und unter der Aufsicht eines Marine= Offiziers an Ort und Stelle gebracht worden wäre, so daß zwischen demsel= ben und Capitain Warner oder seinen Freunden eine Verbindung gar niht möglich gewesen wäre. Ohne Zweifel wird die Admiralität den Versuch unter ihrer Aufsicht wiederholen lassen, ehe wegen des An- kaufs der Erfindung von Seiten der Krone Unterhandlungen einge- leitet werden dürften. N

Lord Palmerston is im Begriff, mit seiner Gemahlin, einer

machen. Wie es heißt, wird er zuerst Wien besuchen und dann über Berlin nah Paris gehen. Er i} seit vielen Jahren nicht auf dem Kontinent gewesen, und man glaubt, daß seine jeßige Reise eine bloße Vergnügungsreise sei; wenigstens liegt kein politisher Zweck vor, den man damit in Verbindung bringen könnte, obgleich dieser Staatsmann, o lange er lebt, im Fall die Whigs wieder qus Ruder fommen sollten, mit ziemlicher Sicherheit als zur Nachfolge im aus- wärtigen Departement bestimmt bezeichnet werden fann.

Unter den wenigen wirklich nüßlihen Maßregeln der diesjähri= gen Session verdient die von Lord Brougham in das Oberhaus ge- brachte Fremdenbill, welhe mit Zustimmung der Regierung vorläufig durch das Unterhaus gegangen ist, besondere Erwähnung. Diese Bill beseitigt die bisher noch bestehenden Schwierigkeiten in der Art und Weise, daß Fremde Land -Eigenthum erwerben können, und seht die Kinder englischer Mütter, deren Väter aber Ausländer sind, in den Staud, englishe Bürger zu werden, Sie vereinfacht zu gleicher Zeit das Verfahren bei der Naturalisation und verringert die Kosten derselben. Wenn die Bill durhgegangen is, wird es Zeit sein, das Nähere darüber mitzutheilen,

lliederlan de. Aus dem Haag, 1. Aug. Vorgestern Abend is der Kai-

\ ; Der Graf wird, dem Vernehmen nah, am Freitag sich in Rotterdam nah London ein=

Schweden und Uorwegen.

Stockholm, 26. Juli, (D. A. Z.) Nach dem auf dem vorigen Reichstage angenommenen , aber erst auf dem jeßigen sein endliches Schicksal erwartenden Plane zu einem neuen System der \{chwedishen Volksvertretung soll ein Antheil an dem aktiven Wahl- recht einem Jeden zustehen, der das 21ste Lebensjahr erfüllt und 1) auf dem Lande oder in der Stadt irgend eine Grundbesißung hat. Aber er soll ihm nicht in gleiher Weise zustehen, sondern sich nach der Größe des Besißthums rihten. Eine Besißung von nur 10 Rthlr. an Werth giebt auh nur ¡z; Stimme; erst eine Besißung von 1000 Rthlr. an Werth giebt eine ganze, eine von 3000— 10,000 Rthlr, giebt zwei Stimmen 2c,, bis auf eine von 100,000 Rthlr,, welche sechs Stimmen giebt, was die höchste Zahl der Stimmen ist, die ein Einzelner ausüben kann. Beamte, denen gewisse Krongüter statt Ge= halt zugetheilt sind, stimmen für diese, Pächter haben nur daun eine Stimme, wenn ihre Pachtung mindestens 10,000 Rthlr. werth ist, 2) Wer ein Gewerbe treibt, das mindestens 200 Rthlr, jährlichen Ertrag bringt. Bei 600 Rthlr. solchen Einkommens hat man zwei Stimmen 2c., bis zu sechs Stimmen, 3) Jeder Staatsbeamte, mit Ausschluß der sogenannten Kronbeamten (eine Art Exekutiy-= und Polizeibeamten für Steuereintrei= bung, Execution der Urtheilssprüche 2c.), hat eine Stimme. 4) Kommunen, Gesellschaften, Compagnieen 2e, Wählbar is Jeder, der Wahlrecht hat; nur muß er 25 Jahr alt und Protestant sein. Die Städte und Marktflecken (von 500 Einwohnern und darüber) wählen 30, das Land wählt 145 Abgeordnete. Die städtischen Wahlen sind direkt, die ländlichen indirekt, beide geheim. Die Gewählten wählen unter sich 75, welche das Oberhaus bilden. Jn minder wihtigen Sachen treten beide Kammern zusammen und stimmen viritim, Vergleiht man diesen Vorschlag mit dem jebigen Verhältniß, so ergiebt sih, daß Geistliche und Adel Alles, die Bürger Vieles dabei verlieren und nur der Bauernstand scheinbar gewinnt, aber auch er nur scheinbar, da bei dem niedrigen Wahleensus, viel niedriger als in Norwegen, der Kern

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werden fann und darin ein offenes Feld für Jutriguen, Bestehungen, Drohungen und andere Verführungen erdssnet ist, Das Oberhaus würde nur ein Aus\{huß der Kammer sein, folglich entweder dersel= ben Richtung folgen oder keine Widerstandskraft haben. Der ganze Vorschlag wird selbst von seinen Anhängern als höch}| mangelhaft erfannt. SMHweFlTz

Kanton Graubúündteu. Die Churer Zeitung bemerkt über den leßten Felsensturz oberhalb Felsberg, taß derselbe niht von der in Beobachtung stehenden Masse herfam, sondern von einer an- (deren, zwischen dem Leonhardskopf und dem Haas. Merkwürdig if, paß bei dieser stattgefundenen Erschütterung, die man bis in die Nähe Pon Chur spürte, die noh hängende Felsenmasse keine bedeutende Veränderung in ihren Klüften erlitt, sondern, daß die Beobachtungs= Ftangen dessenungeachtet die gewöhnliche stete Neigung der Felsmasse fanzeigen. Der größte Uebelstand ist, daß sich der Hauptkoloß so ab= “gelagert hat, daß die später fommenden Feismassen, die auf denselben stürzen, durch ihr Abprallen dem Dorf noch gefährlicher werden müssen, als wenn dieses Hemmniß weggeblieben wäre.

It 2 n.

. Nom , 25. Juli, (A, Z.) Heute Vormittag hielt der Papst im Palast Quirinale ein öffentliches Konsistorium, in welchem der neue Kardinal Carafa di Traetto den Kardinals - Hut empfing. Jn dem hierauf folgenden geheimen Konsistorium ernannte der Papst zum Erzbischof von Tarsus in part. den bisherigen Bischof von Feren- tino, Mons. Antonucci; zum Bischof von Goyaz in Brasilien, Mous. F. Ferreira de Azevedo; zum Bischof von Patti, Mons. M. Ursino, Dr. Theol.; zum Bischof von Nicosia, Mons. R. Benzaz zum Bi= {hof von Gadara in part., Mons. A. G. Claesen, Dr. Theol., Ka nonikus in Köln, und zum Bischof von Retimo, Mons. M. A. Maiz, Pfarrer in Paraguay. Sodaun übergab der Papst dem Kardinal Carafa den Ring und zum Schluß das heilige Pallium als Erz= bischof von Benevento,

Hier eingegangenen Nachrichten zufolge, gedahte Se, Majestät der König von Bayern Palermo am 26. Juli zu verlassen, einige Tage in Neapel zu verweilen, am 2, August hier einzutreffen und am ten die Reise nah Deutschland fortzuseßen.

_ Neapel, 19, Juli, Das hiesige Giornale enthält drei Königliche Dekrete; in dem ersten heißt es: „Da die öffentliche Sicherheit in den Provinzen Calabria citeriore und Calabria ulteriore seconda durch Uebelthäter gefährdet wird, die sich in bewaffneten Rotten versammeln und den Verfolgungen der bewassneten Macht bisher zu entzichen wußten, so verfügen Wir, nah Anhörung des Staatsrathes und auf Vorschlag des Justiz = Ministers, hiermit : 1) Die in Unserem Dekrete vom 30, August 1821 zur Vildung von Listen über ungeseßlich Abwesende (liste di fuorbando) erlasse- nen Verfügungen werden hiermit zur strengsten Befolgung wieder in Kraft geseßt. 2) Zur Eintragung eines Judividuums in die erwähn= ten Listen soll die notorische, von der Ortsobrigfeit konstatirte Kennt- niß hinreichen, daß dasselbe sih von seiner Gemeinde in der Absicht eutferute, sie nicht mehr zu betreten. 3) Die von dem Dekrete des Jahres 1821 für ungeseßzlich Abwesende und zur Vorbringung ihrer Rechtfertigungsgründe auf 8 Tage eingeräumte Frist wird hiermit auf 20 Tage verlängert. 4) Die durch den gegenwärtigen Erlaß in dem erwähnten Dekrete vom Jahre 1821 eingeführten Modificationen bleiben bis Ende Oktober d. J. in Kraft,“

Durch das zweite Dekret . wird - allen senen ungeseblih abwesen- den Bewohnern der beiden genaunten Provinzen, welche in dem Zeit- raume von 20 Tagen sich vor ihren kompetenten Behörden freiwillig stellen, ein Nachlaß der über dieselben etwa zu verhängenden Stra- fen um zwei Grade zugesichert. Das dritte Dekret verfügt, daß über die Anwendung der auf unbefugtes Tragen von Waffen und auf Landstreicherei stehenden Strafen von augenblicklich zu errichten- den Kriegsgerichten zu entscheiden sei. i | Am 13, Juli, gegen 10 Uhr Vormittags, wurden in Messina zwei ziemlich starke Erdstöße verspürt, welche übrigens keinen Scha den verursachten, i :

Spanten. ò Madrid, 26. Juli, Die außerordentlichen Maßregeln der Militair - Behörden dauern fort, ein großer Theil der Garnison stand in der vorigen Nacht unter den Waffen, und das Posthaus ist von zwei Bataillonen beseßt. Mehrere Häuser sind durchsucht wor= den, und einige Verhaftungen haben stattgefunden. Man erfährt jeßt, daß vorgestern die „Patrioten“ das Gerücht aussprengten, die Truppen wären für einen Aufstand gewonnen und würden sih an jenem Tage erheben, Jn der That wies sih aus, daß unter den Soldaten, deren Dienstzeit abgelaufen is, durch unbekannte Hände Geld ausgetheilt worden war. Einige brachten dies zur Kenntniß des General-Capitains, der ihnen guf der Stelle den Abschied er= theilte, Auf diese Weise wurden die Anstrengungen der Aufrührer vereitelt, und sie haben die Erfahrung gemacht, daß die Behörden ihnen gewachsen sind. Heut traf ein Courier ein, der Barcelona vorgestern verlassen hat, Jn Folge der Ankunft der Minister Mon und Mayans be- stimmte die Königin ihre Abreise auf den 10. August, verfügte aber zugleih im Gegensaß zu den von Narvaez getroffenen Anordnun= gen, daß die Rückreise niht über Saragossa, sondern über Valencia geschehen soll. Von dem Geschwader des Prinzen von Joinville sind keine wei= teren Nachrichten eingegangen. Aus Gibraltar erfahren wir, daß der englische General = Konsul , Herr Drummond Hay, am 10ten unter einer Bedeckung von 25 Mann von Mogador nach Marokko abging, um sih mit dem Kaiser zu besprehen. Unsere Nachrichten von Ceuta gehen bis zum 20sten. Der Befehlshaber der marokkanischen Linie ließ den in spanischen Diensten stehenden Dollmetscher, einen Marok= faner, aus der Stadt rufen, und versicherte ihm, daß der Frieden niht unterbrohen werden würde. Jn Ceuta bezweifelte man jedoch, daß diese Angabe begründet wäre. Die wenigen Marokkaner, welche vor Ceuta lagern, verhalten sich durchaus friedlich. :

Griechenland. Ö Athen, 21. Juli. Die Deputirtenwahlen nehmen fortwäh= rend die ganze Aufmerksamkeit des Volkes in Anspruch, Alle Zeitun- gen, deren Zahl bereits zwanzig übersteigt, sind mit meist widerspre- chenden Wahl -Berichten aus den verschiedenen Eparchieen angefüllt. Die Oppositions - Presse triumphirt noch immer über Maurokordatos? Niederlage in Missolunghi und behauptet, daß er sich nur darum von den abseßbaren Mitgliedern der hiesigen Universität habe erwählen lassen, weil er die Unmöglichkeit eingesehen, seine Wahl in irgend einer Eparchie des Königreichs durchzuseßen. Auffallend is es aller- dings, daß bis jeßt, mit Ausnahme des alten Londos, welcher in sei- ner Vaterstadt Vostißa gewählt worden, alle anderen Mitglieder des Ministeriums bei den Wahlen durchgefallen sind; so, außer Mauro- fordatos, auch Trifupis in Missolunghi, seinem Geburtsorte, der Kriegs - Minister Rhodius in Nauplia, und aller Wahrscheinlichkeit

des Bauernstandes von Häuslern, Einliegern, Tagelöhnern überstimmt

Genannten die Vertreter dieser Orte bei der National - Versammlung waren. Jndessen heißt es, daß Maurokordatos? Erwählung în Ka= rysto auf Süd-Euböa gewiß sei, und die Oppositions-Blätter erzäh= len bereits, daß dieselbe dem griehischen oder einem anderen Schabe 10,000 Dr. koste, weil der Adjutant des Generals Chur zur Lei- tung der Wahl dahin gegangen sei, Grivas und sein Freund Mau- romatis sind in Akaruanien mit großer Stimmen - Mehrheit gewählt worden. Die Nummer des National, welche dieses ankündigte, war zum Zeichen der Freude auf rosenfarbenem Papier gedruckt. In Chalfkis scheiterte der ministerielle Kandidat komplett und sah sich ge- zwungen, vor den Nachstellungen des aufgereizten Volkes bei Nacht zu flüchten und das Wahlfeld Grisiottis und dessen Anhängern zu überlassen, Merkwürdigerweise is dies derselbe Mann, welcher vor 10 Monaten die September-Bewegung an demselben Orte eingeleitet und dirigirt hatte. Die Opposition macht kein Hehl daraus, daß die gewaltsame und geseßwidrige Einmischung des Ministeriums ihr eher vor= theilhaft als nachtheilig sei, und sagt selbst, daß Grivas schwerlich ge- wählt worden wäre, wenn ihn das Ministerium unangefochten gelassen hätte, indem erst seine Verfolgung die Sympathie des Volkes für ihn erweckt habe, Das Gesammt-Resultat der Wahlen ist natürlih noch zweifelhaft; doch scheint bereits so viel gewiß zu sein, daß in den Kammern feine der bestehenden drei Parteien in der Art das Ueber= gewicht erhalten werde, daß ein aus ihrer Mitte gebildetes exklusives Ministerium der vereinten Opposition der beiden anderen gewachsen wäre, und demna nur ein Coalitions-Ministerium möglich sei. Daher werden denn die vershiedenen Combinationen eines english-russishen, englisch - französishen und russisch - französishen Ministeriums vielfach besprochen, und Wohlunterrichtete behaupten, daß das bestehende Mi= nisterium sich an den Gedanken einer Modification zu gewöhuen an=- fange, ja daß es bereits dem entsprechende Schritte nah verschie- deuen Seiten hin gethan habe, Die Nachrichten aus der Maina lauten traurig ; dort soll wieder der alte Zustand, wie er unter der türkischen Herrschaft und während der Revolution bestand, eingetreten sein, die beiden feindlichen Parteien liegen in offener Fehde, welche bereits über 30 Menschen das Leben gekostet; auch in Messenien nimmt der anarchishe Zustand überhand und is Blut vergossen wor= den, Jm Allgemeinen könnte man sagen, daß die Aufregung im ganzen Lande überhaupt im Steigen sei und die Opposition gegen das Ministerium täglich an Kraft gewinne, h

© München, 2. Aug. Gegen Erwarten haben die mit der griechishen Post vom 21. Juli gestern hier eingetroffenen Briefe noch fein Ergebuiß der in Athen stattfindenden Abgeordneten-Wahlen ge=- meldet, wennschon die betreffenden Angaben an dem endlichen Sieg Kolettis? kaum mehr zweifeln lassen. FJndessen wurden nicht uur von den ministeriellen Kandidaten, sondern auch von einem oder auch wohl einigen Dußend anderer Kompetenten unausgeseßt die größten An= \trengungen gemacht, um ihm den Sieg streitig zu machen, oder doch die Erreichung seines Zieles möglichst zu erschweren. Die Post von

nach au der Justiz-Minister Lontides in Patras, während doch alle

26. Juli wird, wenn nicht ganz Unerwartetes dazwischentritt, jeden- falls die Entscheidung bringen. Was wir von leßten Wahl = Ergeb-= nissen außerhalb der Hauptstadt lesen, gleicht völlig den früheren Mittheilungen über Wahl=-Exzesse bis zum blutigen Aneinandergerathen der Parteien und über andere Vorkommnisse, welche an einem späteren Anfechten der getroffenen Wahlen nicht zweiseln lassen. Von allen Seiten her waren übrigens schon so viele Abgeordnete und Senatoren eingetroffen, daß nah wie vor angenommen wurde, die Einberufung beider Kam= mern werde in den ersten Augusttagen stattfinden. Die öffentliche Ruhe war in Athen troß der großen Aufregung, in welcher si die meisten Einwohner befanden, nicht einen Augenblick lang gestört wor- den. Außer der Wachsamkeit Kalergis? und der guten Haltung seiner Soldaten verdankt man dies wohl auch der Zersplitterung der Ge= sammt-Bevölkerung in eine so große Menge von Wahl-Parteien, ob= schon natürlich inmitten dieser der Anhang Kolettis* und die Freunde der ministeriellen Kandidaten wieder eine sehr hervorragende Stellung einnehmen. Ï -

Jn den Tagen vor dem Abgange der Post schickte / L milie des so bekannt gewordenen ci EE Sa L

Athen, Herrn Katakazi, zur Abreise aus Griehenland und nah Konstan=

tinopel an, wo sie von demselben Behufs der Rückehr nah Rußland

erwartet wird, An der leßteren zweifeln jsedoch noch immer viele

seiner Anhänger, und es berufen si diese für die angeblihe Wahr=

scheinlihkeit seiner baldigen Wiedereinsebung in seine nur interimistisch

anderen Händen anvertraute Stelle auf die bekannt gewordene Absicht

desselben, mit seinen Angehörigen vorläufig noch eine geraume Zeit

in Konstantinopel zubringen zu wollen. : :

Fast alle Zeitungen, welhe gegen Maurokordatos eine persönliche Opposition fortseßen, fahren fort, den Unabhängigkeitssinn der Akar= nanier wegen der Wahl des flüchtigen Theodor Grivas zum Abgeord=- neten zu preisen, Daß Grivas übrigens, den neuesten Nachrichten nach, niht in Beirut gelandet worden is, wo er bekanntlih ein un= freiwilliges Exil finden sollte, sondern daß man im Begriff war, ihn nach Alexandrien zu bringen, von wo er noch um Vieles leichter und schneller nah Syra gelangen fann, wenn ihm an der Ausführung irgend eines Handstreiches gelegen ist, scheint nicht eben unbeahtens= werth zu sein. ?

TACn l.

Konstantinopel, 16. Juli. (A. Z) Nah den Aeußerungen der Pforte gegen die europäischen Diplomaten hatte die Absendun Halil Pascha?s nah Syrien keinen anderen Zweck, als wahrhafte Berichte über den gegeuwärtigen Zustand des Landes zu erhalten und Essaad Pascha durch sein Erscheinen zu unterstüßen, ohne daß es ihm jedo erlaubt sein sollte, sich direkt in die Angelegenheiten dieser Provinz zu mischen, Man war daher sehr erstauut, als am 4. Julí nachstehendes Bujurildi von Essaad Pascha an die Emire, Scheiche und Vorsteher der Ortschaften, an die Bauern und sämmtliche Be=- wohner des Libanon erlassen wurde :

„Se, Hoheit der Kapudan Pascha ist mit einem beträchtlichen Theil der Kaiserlichen Flotte und einer hinlänglichen Anzahl regelmäßiger Truppen in den hiesigen Gewässern erschienen, um im Einverständniß mit mir den Befehlen des Sultans gemäß die Maßregeln auszuführen, welche man für die Entschädigung der Maroniten, die Verwaltung des Landes, mit einem Worte, für die Wiederherstellung der Ruhe und der Oidnung in dem Ge- birge für nothwendig und zweckmäßig befunden hat. Wir unsererseits be- ginnen, um mit der Hülfe des Höchsten dieser Aufgabe zu entsprechen; allein wir erfuhren, daß man unter Drusen und Christen damit umgehe, Bittgesuche zu verfassen, mittelst welcher man die Zurü- berufung des Emir Beschir aus der Familie Schehab zur “Regie rung des Libanon zu bewerkstelligen gedenkt, Dieses aber kann bei den Bestimmungen, welche der Sultan im Einverständniß mit den befreundeten Mächten getroffen, nun und nimmer geschehen, und ih kann daher nur mein Erstaunen über die Leichtfertigkeit und den Mangel an Urtheilskrast ausdrücken, mit welchen sich die genannten Völkerstämme Schritte erlauben die jenen Bestimmungen geradezu entgegengeseßt sind, die daher nicht den geringsten Erfolg hoffen lassen, die ihnen keinerlei Nuyen bringen, ja sogar ihnen schwere Strafe zuziehen werden, Ein Gefühl von Mitleiden bewegt uns, euch im voraus von den Folgen zu unterrichten, die euer eitles Beginnen haben wird, und darum erlassen wir gegenwärtiges Befehlschreiben an euch und cr- mahnen euch alles Ernstes, zur Besinnung zurückzukehren und eure Augen zu öff- nen, Jhr Alle, Große und Kleine, Edle und Gemeine des Volks, daß eure Lippen nie mehr den Namen des Emir Beschir, nech- ter Familie Sche-