1844 / 221 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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nungen zusammen. Das Elend hat den höchsten Gipfel erreicht. aeben zus Rettung, Unterbringung und Beköstigung der am härtesten betroffenen, obdaclosen Familien, deren Zahl stündlich im Steigen begriffen ist, hat sich jeßt förmlich konstituirt und seine Wirk- samkeit kräftig begonnen. Die am jenseitigen Ufer der Weichsel uns gegenüber liegende Stadt Kulm entsendet täglich ein mit Brod be= frachtetes Fahrzeug, das seit gestern {hon zweimal dur das empörte Element glücklich zu uns gelangt is. Mehrere Gutsbesißer und Ort= schaften der Höhe führen uns in thätiger Nächstenliebe, der hier cin weites Feld sich öffnet, unentgeldlih Lebensmittel zu. Mit trüben Ahnungen sieht man den nächsten Stunden und Tagen entgegen,

Am 3. August. Wenn der von neuem mit Heftigkeit sih er= hebende Sturm, der wieder unendlihe Regenglisse mit sih herauf- geführt hat, nicht nahläßt, so muß jede Hoffnung auf Erhaltung auch nur eines Theils unserer Stadt {winden, und es stände dann die gänzlihe Vernichtung derselben in dem Buche der Vorsehung. —- So cben läuft die, Gott sei Dank, noch unverbürgte Nachricht cin, daß auf der surawer Kämpe von 18 Menschen nur 6 gerettet wer= den fonnten. Ganze Gehöfte werden von dem Strudel wirbelnd in die Höhe gehoben, um nach wenigen Minuten spurlos zu yer= \chwinden.

Ein Theil des Magistrats und des Rettungs =- Vereins sind zu permanenter Sißung auf dem Rathhause versammelt. Wasserstand 16 Fuß 5 Zoll.

Am 4, August. Mittags 1 Uhr. Die Stille des Sabbaths hat dem Sturme auch Ruhe geboten. Bei einem Wasserstande von 14 Fuß 10 Zoll sind der Marktplaß ganz, einige Straßen zum Theil von den Fluthen befreit, während andere noch zwei und die katholi= {he Pfarrkirche noch 1 Fuß mit Wasser erfüllt siud. Jebt erst läßt sich der Gräuel der Verwüstung in seinem ganzen erschütternden Um= fange übersehen. Die näheren und entfernteren Folgen des Unglücks, von welhèm unsere Stadt in diesen Tagen is heimgesucht worden, und das die Trübsale des Jahres 1745 noch überragt, sind unbe= rehenbar. Die Glocken der evangelischen Kirche konnten nur eine fleine Schaar zum Gotteshause rufen, wo dieselbe zuerst zum Dank= Gebete wegen der wunderbaren, mit Herz und Mund gepriesenen Er= rettung Sr. Majestät unseres theuren , heißgeliebten Königs aus der Gefahr, die sein gesalbtes Haupt umshwebt hatte, s{ch vereinigte, das erlauchte Köuigspaar der Gnade und Liebe des Allerhöchsten Gottes empfahl und dann mit Gebet und Danksagung sih und die leidenden Brüder getrost dem Walten der Vorsehung übergab.

Ausland.

Deutsche Bundesstaaten.

Königreich SHanuover. Nach erfolgter Allerhöchster Be= stätigung is in dem Magistrate der Residenzstadt Hannover der bisherige Stadtrichter Delßen als Stadt - Syndikus beeidigt und ein= geführt worden.

Herzogthum Nassau. Der Nürnberger Korre-= \poudent und die Weser=-Zeitung enthalten, im Wesentlichen übereinstimmend, folgende betrübende Nachriht: „Wiesbaden, 3. August. Am hiesigen Hofe eingetroffene Nachrichten aus St, Petersburg melden, daß, wie srühere Gerüchte voreilig kund gaben, die Großsürstin Alexandra uun wirklich vou einem todten Kinde ent- bunden worden is. Der Zustand der hohen Kranken is fortwährend derselbe, wenn nicht {limmer und rettungslos. Die Abzehrung, an welcher sie darnieder liegt, bekundet sich in einer förmlichen Auflösung des Körpers, Dieser Zustand is ein hinlänglihes Anzeichen , daß Se. Majestät der Kaiser von Rußland niht, wie neuerlich berichtet wurde, mit dem König von Preußen zu derselben Zeit nah Wien fommen. wird. Ueberhaupt dürfte selbst eine solhe Absicht gar nicht vorhanden sein.“

Das erstgenannte Blatt enthält ferner folgenden „Vom Rhein“ datirten Artikel: „Es bestätigt sih die schr erfreulihe Kunde, daß die hohe Bundes = Versammlung in Frankfurt a. M. laut Beschluß vom November 1837 sich jeßt mit Erweiterung eines Geseßes, die Rechte der Schriftsteller und Verleger betreffend, beschäftigt, und da= hin wirken will, daß eine Uebereinkunft über literarisches Eigenthums- recht zwischen Nationen zu Stande komme, zu welhem Behuf Unter= handlungen mit England, Frankreich und Belgien angeknüpft sind,“

Neußische Fürstenthümer. Zum bleibenden Andenken an den bald nah seiner Geburt verstorbenen Erbprinzen isst zu Greiz ein Justitut unter dem Namen „Erbprinzen-Stistung““ begründet wor= den, deren Zweck in Bewahrung und Erziehung verlassener Kinder besteht, die nicht uuter die Kategorie der eigentlichen Waisen ge- hören.

Freie Stadt Hamburg. Se. Majestät der König von Sachsen is am 7. August, Mittags gegen 1 Uhr, auf dem engli- hen Regierungs-Dampfboot „Lightning““ nah glücklicher Ueberfahrt zu Hamburg angelangt. Alle Schiffe hatten ihre Flaggen aufgezo- gen, Der König hat die leipziger Deputation sehr huldvoll empfan- gen und war sichtbar von ihrem Gesuche freudig ergriffen, Die Weiterreise Sr. Majestät geht, wie es heißt, am 8. August über Braunschweig, und wahrscheinlich trifft er am 9ten Mittags in Leip= zig ein, Ob zu längerem Aufenthalt, ist zur Zeit noch ungewiß. Der Deutschen Allgemeinen Zeitung wird aus Hamburg ge=- schrieben: Ueber unsere Lösch-Anstalten sind jeßt ernstlihe Berathun= gen im Gange, die demnächst bei der Bürgerschaft zum - Antrage kom= men dürften. Wie es scheint, hat man bei der neuen Einrichtung die Organisation des Sprißen-Corps in Paris zum Vorbilde genommen, das man unseren Verhältnissen anzupassen die Abficht hegt. Dem Vernehmen nach sollen dazu 3 Compagnieen Sprißenleute von je 60 Mann gebildet werden, die unter dem Befehl eines Lieutenants nebst einer verhältnißmäßigen Anzahl Unteroffiziere 2c. stehen und im Ganzen, mit Einschluß des Stabes, 250 Mann zählen sollen. Zur Unter= bringung dieser Leute, zur Einrichtung des Sprißenwesens ynd An= schaffung des nöthigen Materials wird, wie man sagt, § Millionen Mark erforderlih sein, womit zwölf Wachthäuser in verschiedenen Quartieren der Stadt, eine Kaserne 2c. hergestellt werden sollen. Der jährliche Unterhalt nah dem neuen Systeme wird auf 200,000 Märk angeschlagen, und es hat den Anschein, daß dieser Gegenstand auf entschiedene Widersacher bei der Bürgerschaft stoßen wird, da man der beabsichtigten Einrichtung feine Vortheile über die alten Lösh-Anstalten zuerkennen will und dennoch größere Auslagen dabei erblickt, Jeden- falls wird der Antrag, sobald er zum Vorschein kommt, genau gesichtet u et werden, und is} die Wahrscheinlichkeit einer größeren Vat als nah dem alten Systeme nicht sehr zu seinen Gunsten, rf an einer Ablehnung desselben kaum gezweifelt werden,

Oesterreichi i A sterreichische Monarchie.

e 2, Aug. Es wäre eine sehr große und dabei d pern MABA Via grundlosen Rnaaben nid die Doniiat 7 f O rad cs tun g von hier aus mittheilt, zu beri tigen. Nach=

em jewve vereils vor ungefähr 3 Wochen, während e böhmischen

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Arbeiter-Unruhen, den dortigen Landes-Chef, Erzherzog Stephan, hier- her reisen ließ, wird in Nr, 213 abermals erwähnt, derselbe befinde sich noch fortwährend hier, um wegen angeblicher Differenzen mit den böhmischen Ständen, bei den hiesigen Hofstellen zu unterhandeln, Welche Glaubwürdigkeit diese unbegreifliche Mittheilung für sih hat, mag daraus erhellen, daß, wie hier Jedermann weiß, jener Prinz seit seiner leßten Auwesenheit im Mouate April d, J. unsere Stadt nicht wieder besucht hat. Als eben so wenig wahrheitsgemäß muß die weitere Mittheilung in demselben Blatte bezeihnet werden, daß die böhmischen Arbeiter-Unruhen von den Fabrikanten selbs (!) an= gestiftet worden wären, aus Abueigung vor dem Beitritte Oester= reichs zum deutschen Zoll-Verein (?).

Dem Hof-Kriegsrathe war eine Vorstellung des Festungs-Gou- vernements in Mainz über die mißlihen Verhältnisse vorgelegt worden, in denen si dort die österreichishe Mannschaft hinsichtlih der kleinen Geld - Unterstüßungen befindet, welhe von ihren diesseitigen Angehö- rigen abgesendet werden und im Auslande einem sehr hohen Porto unterliegen. Jene Behörde hat darauf folgende Erleichterung aus= nahmsweise verfügt, Es wird allen Militair = und Civil - Personen, weihe Geldsendungen an ihre Angehörigen in der mainzer Garnison zu machen wünschen, gestattet, dasselbe den im Julande befindlichen Militair = Behörden desselben Truppen = Corps zu übergeben, wogegen der Uebernehmer allmonatlih der zu Mainz befindlichen Truppen-Ab- heilung eine nominative, die einzelnen Beträge enthaltende, und in der vorgeschriebenen Form beglaubigte Consignation zuzusenden hat, auf welche dann die in Mainz befindliche diesseitige Militair - Kanzlei die Auszahlung an die dortige betreffende Maunschaft leistet, und der Kriegskasse verrechnet. Dieses Zugeständuiß findet auch Anwendung auf die Geldbeträge, welhe von der zu Mainz garnisouirenden Mann-= hast nah Oesterreich dis ponirt werden sollen.

Um der in jüngster Zeit so schr überhandgeuommenen Einschwär- zung ausländisher Cigarren entgegenzuwirken, hat die Kaiserliche Tabacks-Administration 27,000 ganze Kisten Cigarren für eigene Rech= nung aus der Havana bezogen. Es ist die Verfügung getroffen wor= den, daß jene Waare von Triest aus an die Haupt-Verschleiß-Depots der Provinzen versendet und dort, mit Zuschlag eines mäßigen Ge- winnes und der freilich sehr hohen, für den Centner 240 Fl, Conv. Mze. betragenden Eingangsgebühr, an Jedermann durch die betreffenden Tabacks-Debit-Austalten verkauft werde,

Frankrci.

Pairs-Kammer. Sihung vom 3. Aug. Die Aeußerung

des Grafen Molé über die otaheitishe Frage war in der gestrigen Kammer = Korrespondenz nicht ganz richtig wiedergegeben. Cin Be- dauern darüber, daß das Kabinet nicht einige Worte der „Ermuthi=z gung für die französischen Offiziere“ habe vernehmen lassen, is von demjelben nicht ausgesprochen worden, Er sagte nach der vorliegen- den offiziellen Berichterstattung : „Die Frage scheint mir in einen ganz falschen Gesichtspunkt gerücft zu sein. Man sprichi fortwährend von einer Beschimpfung, die auf der ande- ren Seite des Kanals aus dem erustesten Munde unjeren Sce - Offizieren zugefügt worden sei, Das is cin Mißverständniß, meine Herrenz die von dem ernstesten und gewöhnlich auch besonn-usten Munde ausgesprochenen Worte, {lossen eine dirckte und heftige Ankiage gegen einen oder zwei un- serer See -Offiziere in sich, keine Belcidigung, keinen Schimpf. Man hat vor versammeltem Parlamente gesagt, ein englischer Agent habe eine von Schmach begleitete grobe Unbill erlitten, und es sei eine Genugthuung erforderli. Niemand fanun über die Bewegung er- staunen, welche diese Worte unter uns HvLerursacht haben, Alle, die wie ih davon durchdrungen sind, wie viel daran liegt, ein gutes Verhäliniß zwischen zwei großen Nationen aufrecht zu er- halten, Alle, die in diesem Verhältniß eine Bürgschaft des Welt- fricdens erblicken, müssen durch die Heftigkeit und Raschheit ciner sol- chen Sprache beunruhigt worden sein, Jch bedaure es, daß der- Mínister der auswärtigen Angelegenheiten, wenn er sih auch immerhin in cin Maß einschränken mochte, welches ih achte, und in eine Bedächtigkeit, die seine Pflicht ist, doh uns nicht einige Worte sagen zu können glaubte, die am Vorabend vör-dem Schluß der Session, wie mir scheint, unerläflich waren, um eine Aufregung und Besorgniß, die er selbst als schr natürlich betrachten muß, zu verringern.“

Herr Guizot antwörtete: „Wenyw" ih geglaubt hätte, daß einige Worte geeignet wären, die Wifkung hervorzubringen, welche der edle Pair wünscht, so würde ih nicht gewartet-haben, bis ich von ihm dazu aufge- fordert worden. Weil ich überzeugt bin, daß diese Frage, ehe darüber ge- \sprochen wird, erst zwischen den beiden Regierungen ins Neine gebracht werden maß, deshalb habe ich bis jezt geschwiegenz dies is mein einziger Beweggrund, Jch bin überzeugt, daß, wenn ich mich herbeilicße, auf dieser Tribüne zu antwor- ten, wenn ich hier sagte, was ich anderswo zu thun habe, ih dadurch, statt das Ziel zu erreichen, welches Sie im Auge haben, die gereizten Gefühle, die ich beshwichtigen wollte, nur noch mehr erhiyen würde, Mir liegt so sehr wie irgend Jemanden die Ehre unserer Marine und die Vertheidigung der Rechte unserer Offiziere am Herzen z ih muß und will diese Ehre und diese Rechte aufrecht erhalten, und eben deshalb, weil ih sie in diesem Augenblicke anderswo zu behaupten habe, kann ih in diesen Mauern mich auf die Diskussion nicht einlassen,“ (Lebhaster und einstim- miger Beifall.)

Vicomte von Dubouchage: Das is Alles, was ich wolite,

Graf Molé: Mehr verlangen wir nicht.

Herr Guizot: Dies verstand sich so vou selbst, daß es nicht der Mühe lohnte, noch erst davon zu sprechen.

Von allen Seiten: Zur Tagesordnung! Lassen Sie uns endlich die Geseßz- Entwürfe vornehmen, die auf der Tagesordnung stehen.

Es wurden darguf sehr rash hinter einander das Geseh über die Eisenbahn von Paris nah Sceaux mit 100 gegen 6, das über die atmosphärishe Eisenbahn mit 95 gegen 10 und das über das Einnahme-Budget für 1845 zum Velauf von 1,327,784,417 Fr., in 12 Artikeln bestehend, worüber gar kein Redner das Wort verlangte, mit 99 gegen 9 Stimmen angenommen.

Paris, 4. Aug. Die Pairg=- und die Deputirten-Kammer sind zu morgen zusammeuberufen, um eine Mittheilung von Seiten der Regierung zu empfangen, die wohl in nihts Anderem als in der Verordnung über den Schluß der Session bestchen dürfte.

Lord Cowley wird, wie verlautet, in den nächsten Tagen von hier abreisen, um einige Zeit auf Urlaub in England zuzubringen.

Der Minister des Jnnern, Herr Duchatel, hat sich gestern nah Bad Ems und der Handels= Minister, Herr Cunin Gridaine, nach Vichy begeben.

Die Regierung publizirt im heutigen Moniteur die Nachrichten, welche sie aus Marokfo erhalten hat. Man wird daraus ersehen, daß das gestern an der Börse verbreitete Gerücht von einem Beginn der Feindseligkeiten durch Bombardement von Tanger unbegründet war, und daß man dem Kaiser von Marokko zu Ertheilung einer entscheidenden Antwort auf das Ultimatum der französischen Regie= rung eine nochmalige, aber legte Frist von aht Tagen gesebt hatte. Am 23. Juli richtete der französishe General-Konsul dies neue Ulti matum an den Kaiser, die Frist is also erst am 31. abgelaufen, und falls die Antwort uicht befriedigend ausgefallen wäre, hätten die Feindseligkeiten niht vor dem 1. August beginnen können, Man kann also jeßt noch keine Nachricht davon in Paris haben. Folgendes ist die wichtige offizielle Publication :

¿Der Kaiser von Marokko hat am 11. Juli durch seinen Minister Sid Mohammed Bendris auf das Schreiben antworten lassen, welches der Königliche General-Konsul zu Tanger, Herr von Nion, unterm 28. Juni an ihn gerichtet hatte, um ihn von den Absichten der Königlichen Regierung

in Kenniniß zu sehen. Diese Antwort, welche am 22. Juli zu Tanger eintraf, is aufschiebend und ausweichend. Der Kaiser erkennt darin die gegen unser Gebiet verübten Angriffe an, verspricht die Bestrafung der Kaids, welche sich derselben shuldig gemacht, und verlangt die Abberufung des Marschall Bugeaud wegen der Einnahme von Uschda. Ueber Abd el Kader erklärt er ih gar nihti, Nach Empfang dieses Schreibens und auf die Mittheilungen des Marschall Bugeaud, welche besagten, daß der Krieg thatsächlich an unserer algerischen Gränze fortdaure, begab sih der Prinz von Joinville am 23, Juli auf dem ¿„Pluto““ vor Tanger, Se. Königl, Hoheit ließ den Königlichen General- Konsul zu Tanger, seine Familie und eine Anzahl unserer Landsleute an Bord kommen und behielt sie daselbst, Daun fertigte Se. Königl. Hoheit das Dampfboot „Veloce“ längs der Westküste von Marokko bis Mogador ab, um unsere dortigen Konsulats - Agenten und Landsleute ebenfalls an Bord zu nehmen. Herr von Nion richtete unterm 23. Juli ein neues Schreiben an den Kaiser von Marokko, worin er eine deutliche und entscheidende Aniwort verlangte und eine achttägige Frist bis zu Eröffnung der Feindseligkeiten einräumte, Der Prinz vou Joinville is, mit Herrn von Nion an Bord, bis zu Ablauf diejer Frist nach Cadix zurückgekehrt. Auf der Seite unserer Landgränze is der Kaid von Uschda, El Genaui, abgescht und in Ketten gelegt worden, und Sidi Hammida Ben Ali, sein Nachfolger, hat dem Marschall Bugeaud friedliche Eröffnungen gemacht. Der Marschall antwortete, er wolle die Aufrechthaltung des Friedens, aber unter den von der Königlichen Regie- rung bezeichneten Bcdingungen. Der Kaiser hat Marokko verlassen, um sih nach dem Norden A Neichs zu begeben und ohne selbst Herrn Drummond Hay, den englischen General - Konsul, zu empfangen, der sich min aufgemacht hat, um den Kaiser einzuholen,“ (Man vergl, den Art, Paris in unserem gestrigen Blatte.)

Die Nachrichten sind, wie der Siècle bemerkt, am 30, Juli mit dem Dampfboot „Chimère“/ in Toulon eingegangen. Als dieses Fahrzeug den Hafen von Cadix verließ, am 26. Juli, traf der Prinz von Joinville alle Anstalten zu seiner baldigen neuen Abfahrt, und das Bombardement von Tanger wurde für unvermeidlih gehalten, da man feine Nachgiebigkeit von Seiten des Kaisers Abd el Rhaman erwartete.

Folgendes i} das gegenwärtige Personal der französishen Kon- sulate in Marokko: Unter dem General-Konsul zu Tanger stehen ein Konsul und sechs Konsulgts-Agenten, nämlich zu Mogador Herr Jorelle, Konsul, ein Franzosez zu El Araish: Haim Ben Tschimel, ein einge= borener Jude; zu Rbat Herr Joseph Ferrieu, Franzose; zu Casa Bianca Herr Pierre Ferrieu, desgleichenz zu Masagan Herr Frederic Redman,, Engländerz zu Safi Herr Jonas Delevante, eingeborener Jude z zu Tctuan Herr David Ben Tschimel, desgleichen, Diese ses Lebteren sind bloße, vom General - Konsul angestellte Agenten. Zu Tanger is der Agent des General= Konsulats auch ein eingeborener Jude, Herr David, zu Mogador der Konsulats-Kanzler ein Engländer.

Die Nachrichten aus Maroffko, in Verbindung mit den Erklärun= gen im Parlament über die otaheitische Angelegenheit, erregten an der gestrigen Börse eine solhe Bestürzung, daß die Course der Ren- ten fast um 1 Fr. fielen. Auch an der heutigen Börse war die Stimmung noch nicht viel besser. :

Aus dem Departement der oberen Alpen wird dem Journal des Débats unterm 29. Juli berichtet: „So eben hören wir, daß am Msten auf dem Zollamt von Chirens eine Quantität bron= zener Medaillen mit dem Bildniß Heinrich's V. in Beschlag genommen worden, Man hat sie den Gerichten von Grenoble überschidt. Sie sollen von einem „Edelmann‘“ von der Gränze an einen „Edelmann“ des Thales adressirt gewesen sein.“

Die Akademie der Zuschriften und {bnen Literatur hat gestern den ersten Gobertschen Preis von 9000 Fr. der „Geschichte Frank= reichs‘ in 12 Bänden von Henri Martin und das Accessit der „Ge- \chihte der Franzosen nah den verschiedenen Ständen ““ von Alexis Monteil zuerkannt.

Der Gouverneur des Senegal, Herr Bouet, begiebt sih nah Algier, um dort Mannschaften für die senegalschen Spahis zu rekru= tiren.

Jm Justiz=-Palast war heute das Gerücht verbreitet, Mad. La= farge sei gänzlich begnadigt und in Freiheit geseßt worden; man fügte hinzu, daß sie sch bereits in Bordeaux befinde.

ck= Parés, 4, Aug. Mit der „Chimere““ is folgendes Schrei= ben von der Rhede von Cadix, vom 25. Juli datirt, eingetroffen, wodurch die gestern hier verbreiteten Angaben berichtigt werden, wie solhes auch durch die heute veröffentlihte offizielle Note gez schieht: „Am 417ten um 1 Uhr Nachmittags kam das Danmpf- {iff „Euphrat“, befehligt von Herrn Dumalle, der, dem Ver- nehmen nah, beauftragt war, die englishe Flotte zu überwachen, hier an. Kaum hatte dieses Schiff Anker geworfen , als der Kom- mandant sich an Bord des Admiral = Schiffes begab. Einige Minu= ten nachher berief Se. Königl. Hoheit alle Kommandanten der Schiffe, aus denen die Division besteht, zu sich, ließ unverzüglich die Abfahrts= Flagge aufziehen und nebstdem noch einen Kanonenschuß als Signal abfeuern. Die Dampfschiffe erhielten Befehl, aufs shnellste zu hei= zen, und die Segelschiffe, sih bereit zu halten, die Anker zu lichten. Um 2 Uhr lief die Division in folgender Ordnung aus: das Dampf= chi} „Asmodee““ nahm das Linienschiff „Suffren“ ins Schlepptau, das Dampfschiff „Gassendi“/ das Linienschiff „Jemappes““, und das Dampfschiff „Pluton““ den „Triton“z die Fregatte „Belle Poule‘/ und die Brigg „le Cassard““ fuhren mit bloßer Segelkraft ab, und wir machten uns nach Tanger auf den Weg. Jn dem Augenblick, wo die Division im Begriff war, abzufahren, kam das Dampfschiff „Rubis““ von Tanger, wie man sagt, mit wichtigen Depeschen für den Admiral, an, Der „Rubis“/ erhielt nah Vollbringung seiner Mission den Be= fehl, unverzüglih nah Tanger zurückzukehren. Am 18ten kam die Division vor Tanger an, Der „Pluton“, der „Gassendi“/ und der „Rubis““, die vorausgefahren waren, kreuzten bereits vor dieser Stadt. Etwa funfzehn Kriegsschiffe verschiedener Nationen lagen auf der Rhede vor Anker, Die englische Division, welche, wie man sagt, sih ge- weigert hatte, abzufahren, hatte am Morgen die Anker gelich- tet und war abgefahren. (Der französishe Korrespondent fügt hier in “offenbar gehässiger Absicht hinzu, man habe versichert, fönne jedoch nicht behaupten, diese Division (die englische) habe den Marokkanern Waffen und Kriegs-Munition geliefert. Der einsihtige Leser wird überhaupt bei dergleichen Mittheilungen stets den französischen Gesichispunkt im Auge behalten, von welchem aus sie geschrieben sind.) Wir haben vernommen, daß bei Annäherung unserer Flotte die Marokkaner die Stadt und die Forts verlassen und sich aufs Land geflüchtet hatten. (Diese Ben erscheint wenigstens nicht in ihrem ganzen Umfange glaublih.) Nachdem die Division den ganzen Morgen vor Tanger gekreuzt hatte, erhielt sie den Befehl, von neuem vor Cadix sich zu begeben. Der „Pluton““, der „Gassendi“/ und der „Rubis“ aber empfingen den Auftrag, die Bewegungen der englischen Flotte zu überwachen. Am 19ten ging die Flotte auf der Mie von Cadix vor Anker, Am 2l1sten traf der „Pluton“ ein und fuhr mit dem Prinzen von Joinville an Bord wieder ab, der sich nach Tanger be- gab. Am 24sten, um 8 Uhr Morgens, ging der ,Pluton“’ wieder auf der Rhede vor Anker, er hatte an Bord Herrn von Nion, unseren General-Konsul, Geschäftsträger zu Tanger, und seine ganze Familie, welher, wie man sagt, seinen Wohnsiß verlassen hat, troß der Bitten der Bevölkerung von Tanger, daß er bleiben möge. Bei der Anfunst des „Pluton““ erhielt der „Asmodée“/ Befehl zur Abfahrt, um sich vor Tanger zu begeben und die dort niedergelassenen Fran-

zosen an Bord zu nehmen. Wir lichten in diesem Augenblicke die Anker, und ih habe nur noh so viel Zeit, Jhnen zu sagen, daß die ganze Flotte den Wunsch hegt, die Sache auf die eine oder die an- dere Weise beendigt zu sehen, und daß die \{nellste und kräftigste Weise unseren Seeleuten und Soldaten die liebste sein würde.“

Ein wichtiger Punkt des Ultimatums an den Kaiser von Marokko ist noch nicht zur Oeffentlichkeit gelangt, nämli, daß, wenn die Ge- nugthuung nicht in genügendem Maße gegeben wird, die Jnstruc- tionen des Prinzen von Joinville ihm vorschreiben, un ver- züglich das Feuer seiner Batterieen auf Tanger zu er- öffnen und, wenn inzwischen den gerechten Beschwerden Frankreichs niht willfahrt werde, alle Marokko gehörigen Schiffe zu verbrennen und der Reihe nah die Pläße des.Littorale's ohne Ausnahme sowohl am Mittelmeere als am Ocean zu bombardiren.

Sicherem Vernehmen nah, bedurfte es großer Vorsichts - Maß- regeln, um an Bord des „Pluton“ den französischen Konsul, seine Gattin, seine Kinder und mehrere zu Tanger wohnende Franzosen einzuschiffen. Alle diese Personen sind fast einzeln an Bord gekommen, unter dem Vorwande, den Prinzen von Joinville zu spreheu. Herr von Nion konnte niht einmal seine Effekten mitnehmen. Die Marok- kaner erriethen ven Zweck der Einschiffung, behielten die Kisten und Koffer zurück und widerseßten sih sogar der Abreise des Kanzlers, der gezwungen wurde, im Konsulate zurückzubleiben. :

Herr Drummond Hay, der General-Konsul vou England, dessen Instructionen dahin lauteten, dem Kaiser von Marokko zu erklären, daß die britische Regierung das Verlaugen Frankreichs sür eben so gereht als gemäßigt betrahte und ihm auf die unbedingteste Weise jeden Gedanfen au eine moralische Unterstüßung des Kabinets von London zu benehmen, fand zu Marokko nur einen Minister vor, der mit ihm fkonferiren sollte, er ließ sih jedoch dadur keinesweges ent= muthigen, sondern folgte dem Kaiser sogleich nah dem Norden, eine um so größere Aufopferung von Seiten dieses britishen Diplomaten, als er selbst seine elf Kinder zu Tanger zurückgelassen hat.

Troh der allerdings sharfen Worte, die im englischen Parla=- mente über die Vorgänge auf Otaheiti gefallen sind, ist auch diesmal eine für beide Theile befriedigende Ausgleihung zu erwarten. Das französische Kabinet wird, sicherem Vernehmen nah, das Verfahren der französischen Behörden dem Wesen nah als rehtlich begründet vertheidigen und aufrecht halten, dagegen für die dabei etwa vorge= fommenen Formfehler, im Fall solhe nahgewiesen werden können, Genugthuung zugestehen. Das Recht der französishen Behörden, Herrn Pritchard, der selbst seine Eigenschaft als Konsul, somit als offizielle Person, seit der Besißnahme der Jnsel durch den Admiral Dupetit-Thouars aufgegeben hatte, der also nur noch den Charakter eines gewöhnlichen Privatmanns, wie jeder andere Engländer, hatte, im Falle nahgewiesener Umtriebe desselben, zur Aufregung der Ein- gebornen, von der Jnsel wegzuweisen, wird gufreht erhalten. Daß aber der Marine - Lieutenant, Herr von Aubigny, denselben gefangen seßen und sechs Tage hindurh in engem Verwahr ließ, is eine That- sache, die als bedauerlih an Ort und Stelle selbs anerkannt wurde, indem der Gouverneur, Herr Bruat, sich beeilte, sobald die Sache zu seiner Kenntniß gekommen, Herrn Pritchard aus dem Gefänguisse zu befreien, um ihn anfangs auf ein französisches, dann auf ein eng- lisches Kriegs\hi} zu bringen. Dieser Punkt wird als bedauerlich au hier anerkannt, und dafür wird auch Genugthuung nicht ver= weigert werden.

Nachschrift, Jch glaube noch eines Gerüchts erwähnen zu müssen, das ih jedo keinesweges als gegründet verbürgen will, wo- nah nämlih die Befehlshaber der gleichfalls an der marokkanischen Küste befindlichen Flottillen von Holland, Schweden und Dänemark bereits erklärt haben sollen, daß sie, ihren Justructionen zufolge, si im Falle des Krieges unter die Befehle des Prinzen von Joinville stellen würden. Es wird wohl mehr von einer Cooperation, als von einer Unterordnung die Rede sein.

Großbritanien und Irland.

London, 6. Aug. (Telegraphische Depesche.) Jhre Majestät die Königin von England ist heute früh um 77 Uhr von einem Prinzen glücklich entbunden worden. Der Gesundheits - Zustand der hohen Wöchnerin und des Neugebornen is sehr befriedigend,

London, 3. Aug. Der preußische Gesandte, Herr Dr. Bunsen, begab sich gestern Mittags nah Eingang der Nachricht von dem Attentate gegen Se. Majestät den König von Preußen nah Schloß Windsor, wo derselbe eine Audienz bei Sr, Königl. Hoheit dem Prinzen Albrecht hatte. :

Die Opposition kommt bei Gelegenheit der von neuem angereg- ten otaheitishen Frage auf ihre gewohnte Polemik gegen die aus- wärtige Politik des Ministeriums zurück, So ungewöhnlich es auch ist, die englische Presse bei Erörterung solcher Fragen, welche allge= meine nationale Juteressen berühren, aus ihrer maßvollen Haltung fallen zu sehen, so widersprehen doch die kriegerischen Whig = Bestre= bungen der friedlihen Tory= Politik dermaßen, daß nah Art jeder \hlechten Opposition unsere Whig - Presse die Sachen auswärtiger Politik nicht nah der Wahrheit der vorliegenden Thatsachen und ge- mäß den wahren Jnteressen des Landes, sondern von ausshließlihem Partei = Standpunkte aus, unter Verdrehung der Thatsachen und ge= mäß den besonderen Bestrebungen einzelner Männer behandelt. Sie sucht in der otaheitischen Angelegenheit das Ministerium der Jukon-= sequenz zu zeihen, weil die jeßigen energishen Erklärungen gegen das französische Verfahren auf Otaheiti der früheren Unthätigkeit wäh= rend der Uebernahme des Protektorats von Seiten Frankreichs we- nig entsprechen sollen. Es ist die alte Beschuldigung der Whigs gegen die Tory =- Politlk, daß diese niht in die Juteressen fremder Länder sich genug mische, was namentlich die Verwaltung Lord Palmerston's auszeichnete, der in der Art der Behandlung

nationaler und fremder Juteressen eben keinen Unterschied zu kenuen

schien, Die Times widerlegt solche Angriffe unter der treuesten Charakteristik der Regierungs=-Politik : „Wir sind nicht so eifrig dahin= ter, aller Zänkereien anderer Völker uns anzunehmen, wie wir dafür sorgen, für das an uns selbst verübte Unrecht Genugthuung zu for= dern. Wir versparen uns die Sprache des Remonstrirens, was uns freilih für ein unverzeihliches Verbrechen angerechnet wird, auf die Fälle, in denen wix über ein wirkliches Unreht uns zu beklagen haben.“ „Wenn die spanische Nation es für gut befunden hat“, fährt die Times fort, auf die einzelnen Angriffe der Whigs zu antworten, „die Regierung des Regenten durch eine Beweguug umzustürzen, welhe gewiß so einstimmig als übelberathen war mochte dies nun mit oder ohne Beihülfe Frankreichs geschehen #0 bedauern wir dies allerdings, aber haben doch feinen rechten Grund, einer sol= chen Revolution uns zu widerseßen, Wenn zwischen den Franzosen in Asrika und dem Kaiser von Marokko Feindseligkeiten ausbrechen, so können wir wohl unsere Vermittelung anbieten und die Gefahr eines Krieges zu vermeiden suchen, doh is wahrlich kein Grund vorhanden, zu Gunsten des afrikanishen Sultans thatsächlih zu in= terveniren, Wenn die Gesellschafts - Jnseln unter ein sranzösisches Protektorat gestellt werden, das wir selbst seit zwanzig Jahren abge- lehnt hatten, fo können wix wohl der Ansicht sein, daß ein solher

1223 Wechsel für die Wohlfahrt der Inseln, die Bequemlichkeit der Schif- fer I L die m Europas eben nit vortheilhaft sein dürfte ; aber wir haben ausdrücklich in den Worten der eigenen Depesche Lord Palmerston’s uns geweigert, die Königin Pomareh unter den Schuß der britischen Flagge zu stellen, und obschon wir ihr Unglück aufrichtig bedauern, so ist es doch unmöglich, sih des Lächelns über die politishe Wichtigkeit zu erwehren, welche man dem Schisale ihres Kokusnuß = Reiches beilegt. Jun allen diesen Fragen is die Stellung Englants die eines Vermittlers gewesen, niemals die einer Partei, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil es sein eigenes direftes Jnteresse dabei nicht im Spiele sah, und in der Ausrehter- haltung des Friedens das direkte Juteresse dieses Landes bestcht, ein Juteresse von weit größerer Bedeutung sür uns, als alles Un= recht und alle Revolutionen, welche andere Länder erfahren mögen.““

Belgien.

Brüssel, 5. Aug. Der General - Lieutenant Graf d'Hane de Steenhuyse, General-Adjutant des Königs, ist, wie der heutige Mo-= niteur meldet, gestern Abend auf der Eisenbahn nach Preußen ab- gegangen, um Sr. Majestät dem Könige von Preußen wegen des von

è Allerhöchstdemselben dur die Hand der Vorsehung abgewendeten At=

tentats die Glückwünsche seines Souverains zu überbringen. Eine Hof-Equipage und einige Dienerschaft begleitet den Abgesandten, der beauftragt ist, sich seiner Mission auf der Reise Sr, preußischen Ma- jestät zu entledigen.

Dänemark.

Schleswig, 3. Aug. (A. M.) Jn der zehnten Sißung trug der Abg. Berwald darauf an, daß Niemanden ein Monopol ertheilt werde, auf fremdem oder öffentlichem Grund und Boden nach Stein= fohlen, Salz, anderen Mineralien 2c. zu forshen und die aufgefun- denen Lagen, Adern, Minen 2c. ausscließlich zu benußen, so wie, daß ein Geseh - Entwurf vorgelegt werden möge, daß und unter welchen Bedingungen Jedermann dergleihen Nachforshungen anzustellen und das Aufgefundene zu benußen berechtigt sei. Veranlaßt wurde diese Proposition dadur, daß von einer Juteressentshaft aus Flensburg bei der Kanzlei um ein Monopol zur Nachforshung und Benubung von Steinkohlen, Salzlagen 2c. nahgesucht worden war, Der Pro=- ponent motivirte seinen Antrag besonders dadurh, daß Monopole überall niht ohne Noth ertheilt werden müßten, daß die Bestimmung des jütschen Lov, wonach die aufgefundenen Schäße dem König gehören, zu unbestimmt, auch unbillig, und daß es au der Zeit sei, jeßt, wo das Vorhandensein von Mineralien im Jnuern des vaterländischen Bodens mehr als eine bloße Hypothese geworden, geseßliche Bestim- mungen zum Schuß des Eigenthums und zugleih zum Nußbarmachen jener unterirdishen Schäße zu erlassen. Dem Proponenten trat zu= nächst der Advokat Rönnenkamp entgegen, welcher in einer solchen Konzession zur Bohrung u. st. w. ein Entdeckungs - Patent erblickte, das nach Analogie der Erfindungs - Patente zu beurtheilen sei, und rüdsichtlich dessen man zur Staats = Behörde, event, zu den richterli= hen Behörden, das Vertrauen haben müsse, daß dabei Privatrechte geshüßt werden würden. Der Etatsrath Lüders wollte jene Analogie und dieses Vertrauen niht gelten lassen, weil Entdeckungen zumeist vom Zufall abhingen, und weil die Regierung, sobald sie, was sie sehr leiht könne, die Fossilien zu den Regalien rechne, keinen Eingriff in Privatrechte sich erlaube, wenn sie derartige Konzessionen ertheile. Die Versammlung erklärte sich nah längeren Debatten mit 20 gegen 14 Stimmen gegen die Erwählung eines Comités, nahdem eine von dem Grafen Moltke vorgeschlagene Trennung der Proposition in zwei Theile, dem Wunsche des Proponenten gemäß,“ niht angenommen worden war.

Scbleswig, 2. Aug. An der Tages-Ordnung war die Mo= tivirung des vom Pastor Morißen gemachten Antrages, den König zu bitten, daß noch eine Professur der Staats- und damit verwandten Hülfswissenschaften bei der Landes= Universität errihtet und Jeder, welcher die Verwaltungs-Laufbahn zu betreten beabsichtige, einer Prüz= fung in den Staatswissenschafteu unterworfen“ werde, Der Propo= nent begann seine lebhafte Motivirung«mit einer geschichtlichen Pa- rallele zwischen der preußischen und vaterländischen Verwaltung, welche wenig erfreulih für leßtere ausfiel. Er fand einen Hauptgrund dieser Verschiedenheit zu unserem Nachtheil in dem Mangel einer allgemei- neren Verbreitung der erforderlichen Verwaltungskunde, wies auf die staatswissenschaftlichen Akademieen, auf die Berufung von Männern wie Struensee, Thaer, Dahlmann, Papst hin, um zu zeigen, daß die preußische Regierung sih die Bildung tüchtiger Beamten besonders angelegen sein lasse, wogegen bei uns Männer, wie Dahlmann und Hanssen, nach furzem Wirken dem Auslande überlassen zu werden pflegten. Er hob nächst- dem hervor, daß, so lange keine kameralistishe Prüfung existire, die Studirenden feinen Antrieb fänden, durch kameralistishe Studien ihrem juristishen Examen Eintrag zu thun. Die mehr und mehr erforder= lih werdende Trennung der Justiz von der Administration mache aber ein selbstständiges Erlernen der Verwaltungskunde um so dringlicher und nothwendiger. Der Vorschlag ward von dem Land =Jnspektor Tiedemann, dem Pr. Müller und dem Kanzlei-Secretair Clausen un= terstüzt. Ersterer hob besonders hervor, daß der von Allen hochge- achtete Professor Hanssen, welcher vor einigen Jahren nah Leipzig berufen worden, wo seine Kenntnisse und Fähigkeiten besser geschäßt und anerkannt würden, als bei uns von Seiten der Regierung ge=- schehen, {hon vor aht Jahren Vorschläge wegen Einführung eines fameralistishen Examens eingereiht habe, daß aber bis jeßt noch nichts in der Sache geschehen sei.

Der Präsident wollte sich als Mitglied der Universität auf die Sate selbs nicht näher einlassen, fand aber in der Motivirung viel Uebertriebenes und Grundloses, indem er namentlich bemerkte, daß die Nichtabzahlung der Staatsschulden aus dem Mangel einer Professur der Staatswissenschaften nicht abgeleitet werden könne, und daß die Leistungen Preußens zu hoh angeschlagen seien. Mit den bloßen Kenntnissen sei in der Welt nicht viel ausgerichtet, sittliher Charakter und praktishes Geschick seien die Hauptsachen; die Examina beför= derten zwar ein gewisses Maß von Kenntnissen, aber auf ein wahr= haft wissenschaftlihes Studium wirkten dieselben nicht günstig.

Der Königl. Kommissar hob hervor, daß die Schleswig - Hol- steiner keinen Grund hätten, das Olück und den Wohlstand der Preußen zu beneiden und zu wünschen, daß die dortige Regierungs- art hier eingeführt werde, wenn sie auch ihre Vorzüge habe. Uebri= gens werde die Einrichtung eines staatswissenschaftlihen Examens grade jeßt von der Regierung in Erwägung genommen, doch sei dessen Einrichtung nicht ohne Bedenken, da juristishe Prüfung entweder werde ershwert werden müssen, wenn jenes damit verbunden würde, oder, wenn es getrennt würde, der Nachtheil entstehe, daß die ju- ristishe von der kameralistishen Laufbahn vollständig getrennt werde. Der Justizrath Fries meinte, der Antrag komme zu früh; ers müsse man Realschulen errichten, ehe kameralistishe Studien mit Erfolg betrieben werden könnten, Die Versammlung erklärte sich mit 31 Stimmen gegen 7 für die Ueberweisung des Antrags an die Kommission.

Hierauf folgte die Motivirung der gemeinsamen Proposition der Abgeordneten des ersten, zweiten und dritten ländlichen Wahldistrikts, folgenden Jnhalts: Die \chleswigsche Stände-Versammlung beschließt,

Se. Majestät den König in einer Petition zu bitten, den Gemeinden im Amte Hadersleben, so wie in den Aemtern Apenrade und Ton- dern, das Recht einzuräumen, P eriaon selbs zu wählen, und zuglei zu verfügen, daß zu diesen Prediger-Stellen nur Eingeborene Schleswigs, die der dänishen Sprache mächtig sind, E würden. Der Abgeordnete Petersen motivirte diese zur ufflärung sibér die Stimmung im nördlichen Schleswig höchst wichtige Proposition besonders dadur : 1) daß die dänischen Prediger, wie die Erfah-= rung gezeigt, gemeiniglih eine große Vorliebe für die ihnen befann=- ten dänischen Einrichtungen im Kirchen-, Schul = und Armenwesen mitbringen , ja daß sie oftmals nur mit Widerstreben sich in shles- wigsche Verhältnisse zu finden wissen, indem er bemerkte, es sei wohl geschehen, daß sie direkt von Grönland, von den Faröern oder von dem nördlichsten Jütland hierher verseßt werden; 2) daß die Wahl- besugniß der Gemeinden sehr dazu beitragen werde, das gute Ver=- nehmen zwishen Predigern und Gemeinden zu befördern. ie Pro- position ward von allen Seiten unterstüßt und einstimmig an eine Kommission verwiesen. :

Die fernere Proposition derselben Abgeordneten wegen Erweite= rung des Tondernshen Seminars und daß den in Tondern gebildeten Seminaristen allemal der Vorzug vor den auf dänischen Seminarien gebildeten gegeben und soldes geseblich ausgesprohen werde, moti- virte der Abgeordnete des Lten ländlichen Wahl-Distrifts, Dall, be- sonders auch dadurch, daß in Nord-Schleswig durchaus beide Sprachen nothwendig, die dänischen Seminaristen aber meistens niht im Stande seien, in der deutshen Sprache zu unterrichten. Nachdem der Königl. Kommissar bemerkt, daß die Regierung bereits auf eine Erweiterung des dänischen Unterrichts am Tondernschen Seminar bedacht sei, ward auch diese Proposition mehrseitig unterstüßt, besonders au vom Prä sidenten, der ein eigenes dänishes Seminar für Nord-Schleswig für iberflüssig hielt. Die Proposition ward mit großer Majorität der= selben Kommission überwiesen, welche für die Predigerwahl im Amte Hadersleben erwählt war.

Eisenbahnen.

3erlin-Potsdamer Eisenbahn.

In der Woche vom 30. Juli bis incl. ‘den 5. August c. sind auf der Berlin- Potsdamer Eisenbahn 9955 Personen gefahren.

Im Monat Juli c. sind auf der Berlin - Potsdamer Eisenbahn 47,748 Personen gefahren und betrug die Einnahme 19,407 Kthlr. 7 Sgr. 3: Pf;

Berlin-Steitiner Eisenbahn. Frequenz in der VVoche vom 28, Juli bis ind. 3. August 1844 7085 Personen. Im Monat Juli c. sind befördert : 32,897 Personen, 72,960 Ctr. 23 Pfd. Passagiergepäck, Eil- und Frachtgut, wofür eingenommen wurde resp. 32,285 Kthlr. 3 Sgr. 6 Pf. 10,200 » 410 Summa 42,485 Kthlr, 13 Sgr. 6 Þf.

Berlin-Frankfurter Eisenbahn, Im Monat Juli 1844 betrug die Frequenz: 1) 27,834 Personen und 91 Equipagen, wosür eingenommen wurde .

2) Passagiergepäck-Ueberfracht . ......- 175 4 3) 3435 Cir. 30 Psd. Eilfracht 2,082 - 41 - 6 - 4) 37,928 Cir. 101 Pfd. Güterfracht .. 9,800 - 13 - —- 5) Vieh-Transport 511 - 1 - —- 43,639 Kthlr. 9 Sër. 5 Pf.

D »

30,469 Riblr. 416 Sgr. 9 Pf. 27 - 2-

1843 wurde

Im Monat Juli einge- nommen -..--o..c oco ooo u e o e .

Minder-Einnahme im Juli 1844

Vom 1. Januar bis 31. Juli 1843 wurden, einschliesslich.von 7453 RthIr. 18 Sgr. für den Transport des für Rechnung der Königlichen Regierung angefal- renen Brennholzes, eingenommen .. 174,340 Rihlr, 15 Sgr. 11 Pf.

Vom 41. Januar bis 31. Juli 1844 dagegen 176422 - 19 - 2-

Mehr-Einnahme 1844 2,082 Rthlr. 3 Sgr. 3 PÞE.

44697 - 24 - 9 - 1,058 Rthlr. 15 Sgr, 4 Pf.

Landels- und Börsen - Uachrichten.

Berlin, 9. Aug. Heute war mehr Kauflust für einige Eisenbahn- Effekten , wodurch deren Course einen kleinen Aufschwung erfuhren , obwohl besonders alle volle Actien offerirt blieben,

Marktpreise vom Getraide.

Berlin, den 8. August 1844,

Zu Lande: Weizen 1 Rthlr. 24 Sgr.z Roggen 1 Rihlr, 7 Sgr, 6 Pf., auch 1 Rthlr. 2 Sgr. 8 Pf.z große Gerste 4 Rthlr. 2 Sgr. 5 Pf.; Hafer v (26s 7 Pf., auh 21 Sgr, Eingegangen sind 36 Wispel 12 Scheffel,

Zu Wasser: Weizen (weißer) 2 Rthlr, 1 Sgr, 2 Pf., au 2 Rihlr. und 1 Rthlr. 25 Sgr. 2 Pf.; Roggen 1 Rihlr. S Pf., auch 1 Rtblr. 6 Sgr,z Hafer 25 Sgr. 5 Pf, auch 19 e: 7 Pf. 5 Erbsen (\chl. Sorte) 1 Rthlr, 12 Sgr, Eingegangen sind 218 Wispel 6 Scheffel,

Mittwoch, den 7. August 1844.

Das Schock Stroh 6 Rthlr,, auh 5 Rthlr. 20 Sgr. Der Centner Heu

4 Rthlr, 2 Sgr. 6 Pf., auch 20 Sgr. Branntwein - Preise.

Die Preise von Kartoffel - Spiritus waren am 3. August 15; Rthlr., am 6, August 15% Rthlr. und am 8. August d. J. 16 Rihlr. (frei ins Haus geliefert) pr. 200 Quart à 54 % oder 10,800 % nach Tralles. Korn-Spiritus: ohne Geschäft.

Berlin, den §. August 1844,

Die Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin.

B E T O0 Den 9. August 1844.

Pr. Cour. Brief. | Geld,

Pr. Cour.

Aclien. |&8 Brief. | Geld. | Gem.

Fonds.

St. Sechuld-Scb, B tz 1013 101% |Brl.Potsd. Eisenb.| 5 | 1641

Prämien - Scheme do. do. Prior. Obl. 4! 103%

d. Seeb. à S T. 9075 Mgd. Lpz. Ra Kur- u. Neumärk, do. do. Prior. Obl. 4 104%

Schuldyversebr.|ch 1005 Br. Anh. Eisenb.|— Berliner Stadt- do. do. Prior. Obl| 4

Obligationen 101 Düss. Elb. Eisenb.| 5 Danz. do. in Th. do. do. Prior. Obl.| 4 Westpr. Pfandbr, Rhein. Eisenb. 5 Grossh. Pos,. do, do. do. Prior. Obl.| 4

do. do. do. v.Stäat gárant. 35 Ostpr. Pfandbr. el. Frankf. Eisnb.| 5 Pomm. do. o. do. Prior. ObLl.| 4 Kur- u. Neum. do. b.-Schles. Eisnb.| 4 Schlesische do.

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