1844 / 227 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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; / alle deutschen Länder nah eulih afer E jedenfalls, lies Lebens auf bereitwillige und

erfr M i der Eigenthümlichkeit eni t haben, und daß folglih diese Aus- würdige Weise dazu beige E R dem giebt, was deutscher Fleiß

stellung E h ¡es zu leisten vermag, und was er in fort- mit vereinter Kraft beree Zufunst noch erwarten läßt. Und

twidelung für die Éreitende chung glauben wir, diese Gewerbe - Ausstellung, deren Eröffnun wir mit stolzer Freude begrüßen, in ihrer Erscheinung und ihren Folgen als ein bedeutungsvolles Ereigniß der Zeit bezeichnen u können, welches die allgemeinste Theilnahme im höchsten Grade N Anspru nehmen darf und, wie wir nicht zweifeln, auch überall

finden wird,

ovinz Westphalen. Der Westphälische Merkur h uss Ä herer Ble, daß Sr. Excellenz dem Herrn Mini- ster Eichhorn eine von der Mehrzahl der westphälishen Wundärzte erster Klasse unterzeichnete Bittschrift eingereiht worden, worin um Abschaffung der Benennung „Wundarzt erster Klasse“ und Verleihung eines As s gebeten wird, welcher die Qualification und Befugnisse dieser Klasse von Aerzten möglichst genau bezeichnet, Die eigentliche Veranlassung hierzu soll, wie das angeführte Blatt sagt, durch viel= fahe, von Doktoren gemachte Versuche gegeben sein, den Namen „Wundarzt“ zu einer Mißdeutung der wirklichen Befugnisse der nicht- promovirten Medico-Chirurgen beim Publikum zu benußen.

Rhein-Provinz. Der Kölnischen Zeitung berihtet man aus Ruhrort vom 9. August: Während der Anwesenheit Sr. Kö- niglihen Hoheit des Prinzen Adalbert in Wesel erging an denselben von Ruhrort aus eine Einladung zur Besichtigung unserer ausgedehn- ten Hafen- und industriellen Anlagen, die auf das freundlichste ange= nommen wurde. Heute erfreute uns der Prinz mit seiner Anwesen= heit, besah zunächst die Pläne der Stadt und ihrer Umgebungen, durhfuhr dann in einer Schaluppe, gefolgt von einer Menge von Fahrzeugen, die festlich geshmückten Hafen - Anlagen und stieg bei der Hafenschleuse und dem Hafenkopfe aus. Als Se. Königl. Hoheit sich bei dem Dampfboot - Werfte der Herren Jacobi, Haniels und Huyssen befand, wurde em eben vollende- tes eisernes Schleppboot vom Stapel gelassen. Nachher fuhr der Prinz in einem Dampfschiffe durch die Ruhrmündung, in welcher lange Reihen geshmückter Fahrzeuge vor Anker lagen. Bei dem festlichen, zu Ehren des Prinzen veranstalteten Mittagsmahle, welches der hohe Gast mit sciner Gegenwart beehrte, fehlte es nicht an passenden Trinksprüchen, und auch des Ereignisses vom 26. Juli wurde in passender und loyaler Weise erwähnt. Se. Königl. Hoheit äußerte sich in anerkennender freundlicher Weise über das, was er gesehen. Es fann nur wohlthätige Folgen haben, wenn ein Mitglied unserer Königsfamilie aus eigener Anschauung sih überzeugt, wie rüstig vorwärts strebend die deutsche Betriebsamkeit und wie dieselbe jeder Förderung von hoher Stelle durhaus würdig ist. Der Elberfelder Zeitung wird aus Koblenz geschrieben: „Ver

Bischof Arnoldi hat gegen die hier bestehende sogenannte fromme Gesellschast ein Benehmen an den Tag gelegt, welches hinlänglich Zeugniß von dessen richtiger gemäßigten Deukweise giebt, diesen Leu- ten aber vielen Verdruß verursacht haben soll , indem er jede Gele=- genheit vermied, mit denselben in nähere Beziehung zu fommen und auch unter Anderem bci einem von jenen gerade ihm zu Ehren ver- anstalteten Mahle uicht erschien. Dieses Ausbleiben des hohen Prä- laten gefiel der erwähnten Gesellschast {o wenig, daß man wohl einen Toast sür das Oberhaupt der Kirche, nämlich den Papst, aber keines- weges einen für unseren Bischof ausbrachte, dem doch anfänglich das Test allein gelten sollte,“

X Schwet a. d. W., 5. Aug. Der Sturm und die Regengüsse haben von neuem sih erhoben, doch sinkt der Strom fort- dauernd, wenn auch nur langsam. Wasserstand 14 Fuß 4 Zoll. Dée Straßen sind größtentheils frei, aber der zurückgebliebene Schlamm bedeckt in den niedrigen Stadttheilen fußhoch das Straßenpflaster. Díe mephitischen Dünste werden so manche Krankheit erzeugen. Jm Uebrigen herrscht natürlich große Niedergeshlagenheit.

Am 6, August. Kein Lüfthen bewegt sich heute, und die Wasserfläche, vor kurzem noch Tod und Verderben drohend, liegt, bis auf 13 Fuß 6 Zoll gesunken, wie ein klarer Spiegel vor uns, wäh= rend die glühenden Strahlen der Sonne ihren lange entbehrten Se-= gen uns spenden. Der Lebensmuth kehrt wieder. Tausend Hände regen sih, um den Fluthen so manches Opfer noch zu entreißen und zu retten, was ctwa noch zu retten is. Der Unterstüßungs - Verein fährt fort, die Nothleidenden mit Lebensmitteln zu versorgen, doch werden die Kräfte desselben sehr bald ershöpft sein. Zur Bethäti= gung der Nächstenliebe bietet sich hier jedem Menschenfreunde, nah und fern, die passendste Gelegenheit dar.

Ausland.

Deutsche Bundesstaaten.

Königreich Bayern. Der Nürnberger Korrespon- dent vom 12. August giebt Details über den Fortgang der Ar- beiten am Ludwigs - Kanal, um nachzuweisen, daß die großartige Schöpfung, welche den Main mit der Donau verbindet, nah -mensch=- licher Voraussicht im Laufe des Jahres 1845 vollendet und der Ka- nal alsdann in seiner ganzen Länge von Bamberg bis Kelheim ohne Vùterbrehung der Schifffahrt geöffnet sein wird.

Königreih Sachsen. Der Bürgermeister von Dresden hat am 13, August das nachfolgende von des Königs Majestät an ihn gerichtete Handschreiben veröffentlicht :

„Mein lieber Bürgermeister Hübler! Die freudigen Gefühle, die Mich bei der Rüeffehr in Meine gute Stadt Dresden, nach langer Abwesenhcit, beseelten, sind dur den herzlichen Empfang, welcher Mir daselbst zu Theil wärd, noch um Vieles erhöht worden, Auf das inuigste gerührt über diese Beweise treuer Liebe, die Meinem Herzen so wohl thaten, ersuhe Jch Sie, Meinen innigsten Dank dafür zur Kcnrtniß Meiner guten Dresdner zu bringen, und verbleibe mit wahrer Hochachtung Jhr wohlgeneigter Friedr i August. Pillniy, 12. August 1844,“

Am Morgen des 12, August fand in Pillniß eine feierliche Men Fnd Sr, Majestät von beinahe ‘300 Sängern und Mu-

ern tatt.

__ Herzogthum Sachsen - Koburg - Gotha. Jn Ge- mäßheit eines vom Herzog von Sachsen-Koburg-Gotha am 24, Juli hs enen Resfripts is der Titel des Ministeriums dahin abgeändert or v de vom 1. August an die Bezeihnung: „,Her- gli \ä@Gsishes Staats-Minister ium“' führen wird, wo- vei ed jedoch hinsichtlih der für diese Behörde nah dem Resfripte zom 30, November 1826 getroffenen organischen Bestimmungen au Dewenden behält, Unter diesem neuen Titel macht zuglei der B Ana u Erlasses vom 1. August bekannt, daß es von hung ehenden vielikeht L: Da l Beezbaliung 7 feiner Bezie- Ri ta Ua E R T

1252 erzogthum Holstein. Se. Königl. Hoheit der Kron- n togéhun S e 9ten Nachmittags von Altona in Kiel an und seßte augenblicklih mit dem Dampfschiffe „Aegir““ seine Reise nah Friedericia fort. i i s Das anhaltende Regenwetter, welches jedo in den leßten Tagen etwas nachgelassen hat, fängt an die Aerndte - Aussichten sehr zu trüben. Öinsichtlih der Rappsaat, so weit diese nicht schon vor mehreren Wochen eingeärndtet war, ist der Nachtheil des Auswachsens bereits eingetreten, auch der Roggen beginnt theilweise sehr zu leiden; jedoch wird in dieser Gegend, wenn es jeßt trocken bleibt, der Schaden im Ganzen noch nicht bedeutend werden.

Oesterreichische Monarchie.

5 Aus Böhmen. Anfangs Aug. Nah einer Anordnung des Hof-Kriegsraths sollen auch in diesem Jahre die in Böhmen dis= lozirten Jufanterie-Regimenter und Extra-Corps zu Waffen-Uebungen auf 4 Wochen vereinigt werden. Bei der Kavallerie wird ebenfalls nah vorauêgegangenen vierwöchentlichen Uebungen der einzelnen Ab- theilungen eine Konzentrirung in ganzen Regimentern stattfinden. Den Uebungen beider Truppen-Gattungen werden die entsprechenden Artil lerie - Abtheilungen und Geschüße beigegeben. Die Konzentrirung 1n den drei größeren Lagern bei Prag, Theresienstadt und Budwe1s be-

innt am 26. August und soll am 28, August überall beendet Fein. Das Lager bei Prag bilden 10 Bataillone Infanterie, 3 Gre- nadier- und 2 Jäger-Bataillons, 12 Escadrons Küra|]iere, dann 4 Fuß- und 4 Kavallerie-Batterieen, jede zu 6 Geschüßen. Das Lager bei Theresienstadt wird 6 Bataillone Jnfanterie, 1 Feldjäger-Bataillon und 1 Fuß-Batterie, jenes bei Budweis die 4 Bataillone des Jufan- terie-Regiments Wocher und 1 Fuß-Baiterie vereinigen. Außer die- sen 3 größeren Lagern finden noch Truppen - Uebungen statt für die Infanterie zu Josephstadt, Eger, Pilsen, Neuhaus und Czaslau, dann für die Kavallerie zu Pardubiß, Saaz und Klattau.

Þ Pra 9, Aug. Die Stände Böhmens unterhalten aus dem DoteiL/gcitds bur Selbstbesteuerung befanntlih auch mel= rere Lehr - Anstalten. Außer dem hiesigen, für Schüler aus allen Ständen bestimmten polytechnischen Jnstitute werden aus diesem Fonds noch besondere Reit-, Tanz=- und Fechtlehrer besoldet zum Unterrichte für mittellose Söhne des böhmischen Herren- und Ritterstandes, Auf dem im vorigen Monate stattgehabten Geschäfts-Landtage ist der Be= \chluß gefaßt worden, diesen Unterrichts - Gegenständen noch eine von den Ständen zu unterhaltende Turn-Anstalt hinzuzufügen. Vieje hat vor der Hand ebenfalls die Bestimmung blos zur Benußung für Söhne der beiden erwähnten Stände, und es soll der Jnhaber der hiesigen, von Kindern aller Klassen sehr zahlreich besuch= ten gymnastischen Anstalt, Herr Stephani, zum ständischen Turnlehrer bestellt werden. Bei der anerkannten Wichtigkeit aber, die das Tur= nen, als ein wesentliher Theil der physischen Erziehung, gegenwärtig behauptet, und bei der Ausbreitung, die dasselbe neuerlih, wie in Preußen, so auch in anderen deutschen Bundesstaaten, erlangt hat, is nicht zu zweifeln, daß jencs von den Ständen bei uns zu errih= tende Turn - Justitut isolirt bleiben werde, und vielmehr zu hoffen, daß der bald sih herausstellende große Nuben desselben auf ange= messene Art auch den Angehörigen des Bürgerstandes zu erlangen möglich gemacht werden wird.

Die in einem meiner früheren Berichte erwähnten Vor=

Konsuls, Herrn Drummond Hay, hatte sich an Bord des „Hekla“ be= geben. Ueber die Sicherheit des Herrn Hay selbst war man in einiger Besorgniß gewesen, aber nah den leßten in England einge- gangenen Nachrichten befand er si, auf der Rückkehr von Marokko begriffen, nur noch zwei Tagemärsche von Tanger. ; i

Das Journal du Havre isst der Meinung, daß die Nathrich- ten, welhe die englishen Blätter neuerdings Uber die Vorfälle auf Otaheiti gegeben (s. den Art. London in unserem gestrigen Blatt), und wona einige Häuptlinge der Jnsel, denen die Franzosen ihre Weiber mit Gewalt geraubt, unter dem Ausruf: „Sind wir denn Hunde, daß wir uns so behandeln lassen sollen?“ die Eingeborenen zum Aufstande getrieben und an 50 Franzosen niedergemeßelt hätten, nichts als eine übertriebene und entstelltc Variation der von sranzö= sischen Blättern bereits mitgetheilten Berichte aus Otaheiti bis zum 26. März sei. Auch das Journal des Débats is der Meinung, daß jene Nachricht sih auf das schon bekannte Scharmügel in der Bucht von Tairabu beziehe, in welchem nur 4 oder 5 Franzosen ums Leben gekommen. Das ministerielle Blatt empfiehlt bei dieser Gelegenheit überhaupt große Vorsicht in der Aufnahme der von so entfernten Gegenden und durch Privatquellen herkommenden Nachrichten und führt eine in französischen Blättern enthaltene Version der leßten Erklärungen des Herzogs von Wellington an, um zu zeigen, wie geneigt die Partei-Leidenschaft zu unrichtiger Auffassung selbst bei nahe liegenden Mitteln zu genauer Juformation sih erweise, Der Herzog hatte nämlich gesagt: „J will von den lehten Vorgängen auf Otaheiti nicht sprechen, die in Folge von Umständen stattgefunden, gegen die wir protestirt haben und die von der französishen Regierung desavouirt worden sind.‘ Die französischen Oppositionsblätter hatten aber den Mittelsaß ganz weggelassen, #o daß der Protest und die Desavouirung auf die leßten Vorgänge, nicht, wie der Herzog von Wellington es gemeint, auf die Occupation von Otaheiti, bezogen wurden.

Wenn einer Korrespondenz der Presse aus Papeiti vom 9%. März zu glauben ist, so haben die otaheitishen Händel zwischen den Franzosen und Engländern schon, wie man befürchten mußte, einen sehr nachtheiligen Einfluß in religiöser Hinsicht ausgeübt. Die Otaheitier fangen an, wieder vom Christenthum abzufallen, da sie ihre Lehrer, die englischen und französischen Missionaire, sih gegen- seitig so leidenschaftlih befehden sehen. Der französische Berichter= statter schreibt dies freilih nur den Umtrieben der Engländer zu und behauptet, die Missionaire dieser Nation gelangten schon zu der Ein- sicht, daß sie zu weit gegangen, und suchten nun die Wilden wieder zu beruhigen, aber er giebt doch zu, daß die Missionaire der Fran- zosen von den Eingebornen eben so zurückgewiesen würden, als die der Engländer. Es scheint also den Ersteren niht eben gelungen zu sein, durch ihr Beispiel einen besseren Eindruck auf die Otaheitier zu mahen. „Das ist die gruht““, heißt es in der Kor= respondenz, „„von funfzigjährigem Predigen. Man versichert, der alte Aberglaube sei dur eine ehemalige Priesterin wiedererweckt worden, die in das Lager der Wilden gekommen sei, um ihnen vorzuwerfen, daß sie ihre Götter verlassen, und ihnen die Wiederkehr ihrer Unab- hängigkeit zu prophezeien, wenn sie ihre Fetische wieder aufrichten wollten. Die Wirkung ihres Erscheinens soll überdies durch reichliche Spenden einer Art von Alkohol, der aus einer Pflanze gezogen wird, unterstüßt worden sein. Was die politischen Verhältnisse betrifft, #o wird in dieser Korrespondenz geradezu behauptet, das englische Dampf= hi} „Cormoran““ habe Flinten und Pulver für die Eingeborenen

{läge unserer Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde, zur Restau= rirung des unter dem Namen Belvedere in der Nähe der hiesigen Kaiserburg befindlichen Ferdinandeischen Lustschlosses, haben, zur großen Freude aller gebildeten Stadtbewohner, die höchste Ge- nehmigung erhalten, Nach einer in diesen Tagen an das hiesige Gu- bernium gelangten Mittheilung -des Obersthosmeister - Amtes hat der Kaiser das Anerbieten der erwähuten Gesellschaft, den großen Saal jenes Lustschlosses auf ihre Kosten mit Freskogemälden aus der Ge- shichte Böhmens zu zieren, angenommen und die Vorlegung der zu diesen Gemälden zu wählenden historischen Gegenstände angeordnet. Für mehrere im Jnnern nothwendige Herstellungen auf einer der mo- numentalen Würde und Bestimmung des Gebäudes, daun seiner Aus= shmückung durch Malerei und plastische Decoration, entsprehende Weise sind die auf 15,419 Fl. C. M. veranschlagten Kosten auf den Etat des Kaiserlihen Hofstaates übernommen worden. Der von der genannten Gesellschaft für die Ausführung der Fresken aus= geseßte Betrag ist auf 30,009 Fl. C. M. normirt und theils {hon vorhanden, theils au bereits gesichert durch das Actien= Erträgniß des mit jener Gesellschaft verbundenen Kunst - Vereins. Die Ausführung des Ganzen wurde unserem wackeren, um die Förderung des Kunstsinnes hochverdienten Akademie =- Direktor Ruben übertragen, dessen eigene Schöpfungen sowohl als auch die Befähi= gung zur Mithülfe, welche unter seiner treuen Leitung mehrere Zög- linge der hiesigen Akademie bereits erlangten, eine glüdlihe Lösung des ganzen großartigen Unternehmens verbürgen. Durch die Her= stellung !jenes Gebäudes nah seinem ursprünglichen Bestande in der äußeren Form und inneren Aus\chmückung desselben zu einem nationa=- len Denkmale erhält dasselbe niht nur eine seiner herrlihen Lage und s{önen Bauart würdige Bestimmung, sondern es wird diese Rcstauration auch der Anfang, bei uns die Kunst in das öffentliche Leben wieder einzuführen und sie so ihrem höchsten und edelsten Zweck zuzuwenden, was nicht ohne vortheilhafte Rückwirkungen blei= ben kann und wird.

Frankreicch.

Paris, 10, Aug. Die heutigen Nachrichten aus Marokko lau- ten friedlih. Der Moniteur enthält folgende Mittheilung darüber : „Berichte aus Tanger vom 2, August melden, daß zu dieser Zeit die dem Kaiser geseßte Frist abgelaufen und daß auf das lebte Schrei= ben des Herrn von Nyon (französischen General - Konsuls) noch keine Antwort eingegangen warz der „Gregeois““ aber, welcher Tanger in der Nacht zum Zten Seiidieli hatte, bringt die Kunde, daß in dem Augenblick, wo die Feindseligkeiten beginnen sollten, ein Schreiben des Kaisers dem Pascha von Larache Vollmacht zur Friedens -Unter= handlung ertheilte. Der Kaiser benachrichtigte überdies den Pascha noch, daß er ein Schreiben an den Prinzen von Joinville zu richten im Begriff stehe, welche die Wiederherstellung des Friedens sichern solle.‘ Der Pascha von Larache, Sidi Busselam, der also beauftragt ist, mit dem Prinzen zu unterhandeln, hatte hon in der lebten Zeit freundlihe Gesinnungen gegen Frankrei gezeigt, wogegen Sidi Ben- dris, der Minister des Sultans und bisheriger Vermittler zwischen ihm und Frankrei, von entgegengeseßter Stimmung sien, Man ließt daher, daß der Sultan jeßt ernstlich den Wunsch hege, einen Vergleich zu Stande zu bringen. Gleichzeitig hat man über L aus Gibraltar vom 30. Juli die Nachricht, daß das Damp boot „Hefkla‘“/ am 29sten Tanger verlassen hatte, daß einige Tage vorher maroffanische Truppen in diese Stadt eingerückt waren, si aber wieder daraus entfernt hatten. Es war kein einziger Christ mehr in Tanger, und auch alle Juden, die es möglich machen konuten, waren ausgewandert, um nicht der Willkür der eingebornen Truppen preisgegeben zu scin, vor denen sie s{ch, wie die englischen Korrespondenzen sagen, noch mehr fürchteten, als vor den Bomben der Franzosen. Wie es s{eint, waren den Beduinen, die der Bevölkerung großen Schrecken einflößen,

die Thore verschlossen worden, Die Gattin des englishen General-

zur Bekämpfung der Franzosen auf Otaheiti gelandet, ein, Engländer habe die Eingebornen in der Bucht von Tairabu fommandirt, und der Gouverneur Bruat habe das Verfahren des Marine-Lieutenants von Aubigny gegen Herrn Pritchard vollkommen gebilligt. Ueber den Charafter und Lebenswandel des Leßteren hat jeßt ein zu Caen er= sheinendes Blatt, der Haro, allerlei nachtheilige Angaben verbreitet, welche cs um so glaubhafter machen sollen, daß er auch zu Otaheiti eine unziemliche Rolle gespielt habe. „Der englische Konsul Prithard““, heißt es in diesem Blatte, „der jeßt in der politischen Welt so viel Aufsehen macht, is in Caen sehr bekannt. Vor etwa 12 Jahren kam er mit einer zahlreichen Familie und einer Kammerjungfer, welche die Aufsicht über die Kinder führte, hier an und licß sh in einem Hotel garni nieder. Hier lebte er einige Monate auf sehr behaglichem Juß, ohne daß Jemand von Lady Pritchard etwas sah oder hörte. Herr Pritchard war ein sehr excentrischer Mann, sein National-Phlegma hatte einer Ungemessenheit im Benehmen Plaß gemacht, die sehr nach der Taverne und anderer schlehter Gesellschaft schmeckte. Seine Be= fannte sprachen von ihm, wie von einem verschrobènen Kopf, und selbst seine Landsleute gestanden, daß es mit seinen Gedanken nicht immer ganz richtig zu sein s{eine. Nach Verlauf einiger Zeit entfernte sich Herr Pritchard in einer {önen Nacht ganz im Stillen, ließ seinen zahlreichen Lieferanten nichts als die Ehre zurück, ihn bedient zu ha- ben, und vergaß zwei seiner Söhne, die sih in ciner Pensions-Anstalt zu Caen befanden. Die armen Kinder hatten es der Menschenfreund= lichkeit des Pensions - Vorstehers zu verdanken, daß sie nicht in ein Hospital gebracht wurden, denn erst nach längerer Zeit wurden sie von ihrer Familie reklamirt,‘/ Uebrigens äußert sih das Journal des Débats folgendermaßen über die vorleßten Verhandlungen des Ober= hauses (die lebten sind in Paris noch nicht bekannt) in Betreff der otaheitishen Angelegenheit: „Wir können nicht umhin, zu versichern, daß wir durchaus keinen Werth auf diese Debatte legen, an welcher Lord Aberdeen, das eigentliche Organ Englands für die auswärtigen Beziehungen, keinen Theil nahm. Vielleicht hätte der Herzog von Wellington besser gethan, zu schweigen, als sih in die von ihm ge= machten Erläuterungen einzulassen, die durchaus nichts aufklären, in= dem er sagte, daß er nicht in die Frage eingehen wolle, ob Herr Pritchard die erduldete Behandlung verdient habe oder nicht! Darin liegt ja das punctum saliens der ganzen Sache, und so lange nicht entschieden is und wir noch unklar darüber sind, von welcher Seite die ersten Uebergriffe ausgegangen, können wir gerechter Weise nicht über die von England in Anspru genommene Genug-= thuung urtheilen. Lord Haddington, der See- Minister, scheint die Sache von viel richtigerem Standpunkte aus anzusehen, indem er sagte, daß, wenn Agenten irgend einer fremden Regierung über ihre Jnstructiouen hinausgehen und handeln, man sich deshalb an ihre Regierungen zu halten habe ; das Recht der Intervention könne durh- aus nicht untergeordneten Agenten irgend einer anderen Regierung anheim= fallen, welche ihr Land auf solche Weise in Kriege verwickeln könnten, deren Folgen gar nicht abzusehen wären. Wir müssen eingestehen, daß diese Worte ein Verdammungs-Urtheil des Herrn Pritchard sind und seine Uebergrifse andeuten und enthalten.“ Der Constitutionnel ant- wortet guf diese Bemerkungen, das Ministerium köunte sich alle diese weitläufigen Redensarten ersparen; es komme nur darauf an daß dasselbe einfach erkläre, ob es Herrn von Aubigny desavouiren r ave wolle oder nit; alles Andere sei überflüssig und nichts verth.

___ Gestern hatten die Advokaten, den Vorschriften gemä lichen Erneuerung ihres Dieridiitor » Red T0 gena A stande wurde wieder, und zwar zum viertenmal Herr Chaix d'Estange mit 352 unter 384 Stimmen gewählt, Jm Justizpalast ging das Gerücht , daß die Mitglieder des Disziplinar - Raths ihre Appellation gegen das Urtheil, welhes in ihrem Zwiste mit dem Präsidenten Séguier sie mit einem Verweise bestraft, zurückgenommen hätten,

ck Paris, 10. Aug. Die Angabe eines Blattes, daß Abd el Kader durh einen vom Sohne des Kaisers abgeshickten Mann niedergeshossen worden, findet keinen Glauben; bestätigte sie sih, so fönnte man den Frieden als hergestellt betrahten, So lange aber Abd el Kader nicht zur vollkommenen Mahtlosigkeit herabgebracht ist, wird Frankreih die Waffen in Afrika nicht niederlegen können. Daß man auch hohen Orts hier diese Ueberzeugung theilt und noh immer an der Möglichkeit zweifelt, daß Kaiser Muley Abd el Rhaman seine jeßigen Versprechungen und Zugeständnisse, wenn überhaupt von leßteren hon die Rede fein fann, zu erfüllen im Stande sein sollte, geht klar aus der heutigen Bemerkung des Journal des Débats hervor, welches sagt : „Wir wünschen, daß diese Versprechungen gehalten werden mögen.“ Zugleich ersicht man daraus, daß au die Ansicht, als wolle der Kaiser durch die im leßten Augenblicke gegebenen Versprehungen vielleicht nur aufs neue Zeit zu gewinnen suchen, selbst in den höheren Re= gionen Raum findet. Gestern sprah man übrigens bereits von der Ab- sendung eines diplomatishen Agenten an den Kaiser Muley Abd el Rhaman und nannte als dazu bestimmt den jungen Herzog von Glüs- berg, der längere Zeit unter Espartero's Regentschaft und nachher noh bis zur Ankunft des Botschafters Grafen von Bresson als Ge=- \häftsträger zu Madrid fungirte und jeßt die Stelle als erster Ge= sandtschasts= Secretair dort bekleidet. Daß der Prinz von Joinville niht länger gezögert hätte, kräftig gegen Marokko aufzutreten, ist sicher, denn die leßten Jnstructionen des Ministeriums sagten aus-= drücklih, er solle, wenn am 2. August die befriedigende Antwort nicht erfolgt sei, sich ohne Weiteres der Pläße Tanger und Mogador be- mächtigen.

Heute und zum Theil gestern {hon kündeten alle hiesige Blätter die Ankunst des Capitains Bouet mit Depeschen des Prinzen von Joinville aus Cadix an, die vorgestern erfolgt sein sollte, während heute die, bayonner Blätter die Nachricht bringen , daß derselbe am 5ten, mit Depeschen des Ministeriums von Paris fommend und auf der Reise nah Cadix begriffen, durch Bayonne passirt sei, ein neuer Beweis, wie wenig man auf die Angaben der pariser Blätter sih verlassen kann.

Für die Streitfrage Frankreihs mit Marokko is übrigens nun die zweite Periode eingetreten, der Kampf Muley Abd el Rhaman's mit Abd cl Kader beginnt. Troß des starken Anhangs, den der Leh= tere unter den fanatishen Maroffanern selbst findet, und des Ueber- gewichtes, das er dadurh über den Kaiser zu haben scheint, könnte seine Lage doch in der That fkritisch werden, da er sih nun zwischen zwei Feuern befindet. Für Frankreich is die neue Lage der Dinge allerdings günstig und wichtig, denn wenn es seiner Flotte auch etwas Leichtes gewesen wäre, die marokfanishen Seepläße zu verbrennen, so wäre es doch eben so \hwer als kostspielig, die Marokkaner ins Junnere zu verfolgen und zu besiegen.

Jn Betreff des Standes der Dinge hinsihtlich der Wegweisung des Herrn Pritchard von Otaheiti und dessen sehstägiger Gefangen- haft daselbst vernimmt man von neuem aufs bestimmteste, nicht blos, Herr von Aubigny9, sondern auch der Gouverneur der französischen Besißungen in Vzeanien, Herr Bruat, würden zurückberufen werden, dieser, weil er die Maßregeln des Ersteren gutgeheißen. Man fügt bei, die betreffende Verordnung werde schon in nächster Woche im Moniteur erscheinen, die englischen Minister aber würden Gelegen= heit finden, im Parlamente die im ersten Augenblicke gemachten Er- flärungen über die Sache, welche hier Anstoß erregten, auf eine be= friedigende Weise zu modifiziren. Die Schilderung, welche die eng- lische Presse von den französischen Offizieren und besonders von dem Lieutenant von Aubigny entwirft, is nichts weniger als der Wahr= heit getreuz Herr von Aubigny is} hier als tüchtiger Seemann so= wohl, wie als Mann von ruhigem, gemäßigtem Charakter und als Offizier von großer Kaltblütigkeit bekannt.

Man vernimmt, daß Jhre Majestät die Königin. von Großbri= tanien unmittelbar nah ihrer völligen Genesung eine Rundrcise in Jrland zu machen gedenke, so daß sie also den Besuch des Königs Ludwig Philipp erst nach ihrer Rückkehr empfangen könnte. Dieser würde demnach erst spät im September, wo nicht gar erst in den ersten Tagen des Oktober, stattfinden können, Bis dahin wird jedenfalls die otaheitische Angelegenheit in Ordnung gebracht sein.

Auch zu Mebß macht man sih aus Anlaß des dortigen Uebungs= lagers Hoffnung auf einen Besuch des Königs. Es ist dort wenig- stens das Gerücht verbreitet, außer den Prinzen und Prinzessinnen werde au der König selbst kommen, um die versammelten Truppen eine große Musterung passiren zu lassen. Der trefflihe Empfang, den der Herzog von Nemours zu Langres, Besançon und überhaupt im Osten findet , wird durch zahlreiche Privatbriefe bestätigt, die alle sagen, daß der Prinz einen sehr guten Eindruck auf die Bevölkerung gemacht habe. Seine Antworten auf die verschiedenen Reden finden bei allen Unbefangenen Beifall. Der Prinz hat dabei aufs neue be- wiesen, daß es ihm an Geist und Redegabe nicht fehlt, und daß nur eine gewisse Schüchternheit, die sein Auftreten charafterisirt, za so viel= fachen falschen Deutungen über ihn Anlaß gegeben hat.

Briefe aus Jtalien bringen die Nachricht von einer Vermählung, die, wenn sie sih bestätigt, hier in den Salons des Faubourg St. Germain sowohl als in denen des Faubourg St. Honoré eine mehr als gewöhnliche Sensation machen müßte. Mademoiselle, die Schwester des Herzogs von Bordeaux, soll sich nämlich in morganatisher Ehe mit dem Sohne des Herzogs von Blacas vermählt haben,

Großbritanien und Irland.

Unterhaus. Sibßung vom 9. August. Die heutige lebte Sibung des Hauses vor seiner einstweiligen Vertagung bis zum An- fange des nächsten Monats war duïh mannigfache Erklärungen über den gegenwärtigen Zustand des Landes vou Seiten dar Minister wie der Opposition von Bedeutung. Der Antrag Sir R. Peel’s, das Haus möge sih bis zum 5. September vertagen, ricf die Diskussion hervor, deren Haupt - Resultat ist , daß nicht blos der Wunsch, die Entscheidung über das O'Connellsche Cassationsgesuh noch in diesem Jahre aussprehen zu lassen, als die Ursache der ungewöhnlichen Vertagung des Parlaments betrachtet werden darf, sondern daß noch andere Umstände diese Maßregel vorzugsweise veranlaßt haben. Herr Sheil leitete heute die Diskussion durch eine Darstellung der irländishen Verhältnisse ein, indem er ver= langte, daß das Ministerium niht erst das Parlament ver- tagen sollte, um die Cntscheidung über das Cassationsgesuch O'Con- nell’'s aussprechen zu lassen, sondern sofort in seinem eigeren Jnter- esse vermöge des Königlichen Begnadigungsrechtes O'Connell und seine Genossen in Freiheit seßen möchte. Zur Motivirung solcher Forderung ließ sich Herr Sheil über die bekannte, vielfach erörterte Art und Weise der Prozeßführung gegen O'Connell ausführlich aus, wie die Ge= \{wornen - Liste verstümmelt, die Jury nur aus Protestanten gebildet, und die Verurtheilung der Angeklagten im Parlamente von Lord J. Russell und Anderen für eine Ungerechtigkeit erklärt worden sei, wie endlih die Einkerkerung selbs dem irländischen Volke als ein ungeheures Unrecht erscheine, welhes demselben in der Person seines Befreiers angethan sei, Die mit der bekannten Beredsamkeit des Herrn Sheil ofenbarten Ansichten und Angriffe gegen irländische Politik der Minister fanden in Herrn Wyse ihren gewohnten Unter- stüger, der des bedrohlihen Zustandes der Dinge in Jrland in em- phatisher Weise erwähnte. „Weder die Regierung, noh die Legis=

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latur,““ sagte er, „hat Grund, sich zu shmeiheln, daß sie die Macht besiße, der Aufregung in Jrland nah Belieben zu jeder Zeit ein Ende zu machen. Jch fürchte sehr, daß das Gefühl der Abneigung und des Miß- trauens in dem Herzen der Nation von Tage zu Tage größere Ausdeh- nung gewinnt. Es handelt si nicht mehr um einen Streit zwischen zwei verschiedenen Fractionen um Amtsgewalt oder zwischen verschiedenen Glaubens-Parteien um die Suprematie, sondern es ist ein Kampf einer ganzen Nation gegen die andere und der Kampfpreis ist unabhängige Gewalt, Andere Männer, Männer, von denen das Haus bis jeßt wenig Kenntniß hat, die auf der Schaubühne aber täglich mehr hervortreten, Männer von Talent, Energie und Entschlossenheit, nehmen immer mehr die Stelle der Männer von gemäßigter Bildung ein. Eine andere Generation, besser unterrichtet, vielleicht nicht besser genährt und ge- kleidet als ihre Vorgänger, ist im Aufwascn begriffen und wird bald genug herangewahsen sein, um das Volk zu bilden, das für jene Männer ein Terfieita sein soll. Und is mitten unter allen diesen Elementen der Unbehaglichkeit , der Krankhaftigkeit und Gefahr im Jnnern der po- litische Hvorizent ganz frei von drohenden Stürmen? Js die Zeit des ewigen Friedens gekommen und der Krieg für immer dahin? Lord John Russell benußte nah solhen Worten des Herrn Wyse den Zustand des Landes im Allgemeinen zur Sprache zu bringen. Er stellte zuvörderst in Abrede, daß er, wie Lord Lyndhurst zur Zeit, als das vorige Kabinet im Sturze begriffen war, zu thun pflegte, zu Ende der Session die Maßregeln des Ministeriums einer hämischen Kritik unterwerfen wolle, und gab als seinen Zweck an, fern von al- len parteisüchtigen Bestrebungen, die gegenwärtige Lage des Landes im Allgemeinen in Erwägung zu ziehen und seine Ansichten über die noth= wendig zu ergreifenden Maßregeln gleihsam zu Protokoll zu geben. Er berührte zuerst die irländischen Verhältnisse, und sprach seine Verwunde- rung aus, daß troß der wiederholten Erklärungen des Premier-Mini- sters über die Schwierigkeiten Jrlands, der Zustand dieses Landes im Großen und Ganzen behufs Einleitung von Maßregeln zur Verbessc- rung desselben noch niemals in Erwägung gezogen worden sei, Jrland sei zwar gegenwärtig ruhig, aber man solle dech ja niht annehmen, daß diese Stille das Resultat einer durch die Maßregeln des Mini- steriums gewonnenen Zuneigung des Volkes sei. Diese Maßregeln haben nur die Erbitterung des Volkes vermehrt, Lord Russell wie- derholte alle seine früher gegen die Regierung erhobenen Vorwürfe wegen des O'Connellshen Prozesses, der plößlichen Unterdrückung der Repeal - Versammlungen, der Zusammenseßung der Jury und der gezwungenen Deduction einer conspiracy aus einer Reihe von Um- ständen und Handlungen, welhe sich über einen Zeitraum von mehrmonatliher Dauer erstrecken. Alles dies konnte er niht Gerechtigkeit , sondern Tyrannei nennen, die ihren Grund darin habe, daß die Regierung mit den Gefühlen des Volkes unbekannt sei oder sie niht ahte. Wenn es nun auch er- freulih sei, bemerkte er, daß einige neuere Maßregeln der Regierung wenigstens als Symptome einer besseren Zukunft betrachtet werden fönnen, so sei doch eine gründliche Heilung der Uebelstände unmöglich, so lange man nicht Jrland mit England völlig gleichstelle sowohl in Bezug auf Pflichten als Rechte, und diesen Zweck zu erreichen sei nichts geeigneter als die Freilassung O’Connell's, welche die wahre Zuneigung des Volkes der Regierung gewinnen würde, wogegen die längere Haft, an einem am Ende seiner politischen Laufbahn stehen- den Greise vollzogen, den Schein persönliher Rachsucht nicht entfernen könne. Diese Zuneigung aber, \o erklärte Lord John Russell, sei unter den gegenwärtig obwaltenden poli= tischen Verhältnissen für die Regierung und das ganze Reich von der größten Wichtigkeit, Die Verhältnisse der Gegenwart seien von der größten Bedeutung, denn abgesehen davon, daß die Regie- rung dafür zu sorgen habe, daß Frankreich, den von ihm übernom- menen Verpflihtungen gemäß, seine Besißuügen in Afrika weder nah der Seite von Tunis noch von Marokko ausdehne, habe Sir Robert Peel von Frankrei mit Recht für die an einem britischen Unterthan in Otaheiti ausgeübte Gewaltthat Rechenschaft gefordert, und sei daher verpflichtet, dem Parlamente, sobald dasselbe wieder zusammen- trete, über beide Punkte eine die Jnteressen und die Ehre des Landes zufriedenstellende Erklärung zu geben. „Man muß,“ sagt Lord John Russell, „wie ih glaube, zugeben, daß zu feiner Zeit seit dem allgemeinen Frieden von 1815, mit Ausnahme des Herbstes 1830, nach der belgishen und französischen Revolution und den Unruhen in Jtalien und des Herbstes 1840, nah dem Juli- Traktate jenes Jahres und während der Operationen in Syrien, unsere auswärtigen Angelegenheiten geeignet ge- wesen sind, so große Besorgniß einzuflößen, wie in dem gegenwärtigen Augenblicke.“ (Hört!) Einigkeit im Jnnern sei daher unter solhen Umständen mehr noh nöthig als eine starke Flotte und ein zahlreihes Landheer, und um so mehr müsse man Jrland zu versöhnen suchen. Schließlich verbreitete sich Lord John Russell noch über den immer mehr versinkenden Zustand der arbeitenden Klasse in allen Theilen sowohl von Großbritanien als Jrland und suchte nachzuweisen, daß nicht durch Wiederaufhebung des neuen Armengesebes, in welher so Manche die Hülfe erblicken wollen, sondern durch möglichste Verminderung aller die ge- wöhnlichen Lebensbedürfnisse drückenden Belastungen , insbesondere durch Einführung eines mäßigen festen Getraide- Zolles und dur Herabseßung der Malzsteuer geholfen werden könne. Ueberhaupt empfahl er eine umfassendere Anwendung des Prinzips der Handels=- Freiheit. Außerdem sprach er sich im Juteresse der ärmeren Klassen für eine zweckmäßige Beförderung der Auswanderungen aus, End= lich tadelte er mit besonderer Bezugnahme auf die abgelaufene Sese sion des Parlaments, daß sich das Unterhaus zu Anfang der Session allzusehr von den eigentlichen legislativen Geschäften fern halte und zu sehr mit Prinzipien - Fragen beschäftige, wodur es fomme, daß die nothwendigsten und nüßlichsten Maßregeln gewöhnlih am Ende der Session in übermäßiger Eil berathen werden müssen.

Sir R. Peel belobte den allgemeinen Charakter der Rede Lord Russell's, der sich vom Partei= Standpunkte ferngehalten habe, und tadelte nur die einzelnen Bemerkungen. Er zeigte in dem Haupt- theile seiner Rede die Vortheile, welche die diesjährige Session in legislativer Beziehung dem Lande gewährt habe und rechtfertigte gegen die einzelnen Anschuldigungen in Bezug auf Jrland und die Handels=-Beschränkungen die Politik des Kabinets. Wir kommen auf diese Rede noch zurü.

London, 10. Aug. Ueber den Titel des neugeborenen Prin= zen ist man noch im Zweifel, Nach dem analogen Fall unter Georg Ill. dürfte er zum Herzoge von York erhoben werden, doch steht î er Kü= nigin allcin die Entscheidung hierüber zu und es is möglich, daß der Prinz den Rang und den Titel seines verstorbenen Großvaters, des Herzogs von Kent, erhält.

Der nunmehr veröffentlichte Bericht des Geheimen Post - Comi- té’s des Unterhauses umfaßt sechs Folio - Spalten der Times und entwidelt auf Grund. der in den Staats=- Archiven niedergelegten Do- fumente die ganze Geschichte des Brief - Eröffnungs - Verfahrens von der ersten Einrichtung der Posten bis auf die jeßige Zeit. Nachdem in England die ersten Justitute zur Beförderung von Re= gierungs = Befehlen, Berichten an dieselben und dergleichen auch dem Dienste der Privat-Korrespondenz eröffnet wurden, entstand auch, wie darin geschichtlich dokumentirt wird, fast gleichzeitig der Gebrauch, auf

einen Regierungs-Befehl einzelne Briefe zurüzuhalten und der Ein- sicht des betreffenden Regierungs-Departements vorzulegen, und der- selbe hat bis auf die neueste Zeit im Jahre 1711, dem Iten Regie- rungsjahre der Königin Anna, dur ein förmliches Geseß und dann dur alle das Postwesen betreffenden späteren Parlaments-Akten auto- risirt, fortgedauert. Sir James Graham hat demna nur nach dem bestehenden Rechte und nicht anders als alle seine Vorgänger gehan- delt. Was nun den besonderen Fall Mazzini's betrisst, so 1} der betreffende Befehl vom 1. März bis zum 3. Juni in Kraft gewe- sen, während dessen seine Korrespondenz vom Post - Amt un- gelesen dem Staats - Secretair der auswärtigen Angelegenheiten übersandt wurde. Auf die der englischen Regierung hohen Orts zu- gegangenen Vorstellungen, daß Mazzini der Mittelpunkt gewisser Pläne zur Anstiftung einer Jnsurrection in Jtalien sei, erließ die britische Regierung, in Erwägung der Wichtigkeit der Aufrechthaltung des eu- ropâischen Friedens für hre britishen Juteressen, nit aber auf An- trieb einer fremden Macht, den betreffenden Spezialbefehl. Diejeni= gen aus diesen Briefen geshöpften Nachrichten, welche der britischen Regierung zur Vereitelung jenes Versuchs geeignet schienen, wurdeu einer fremden Macht mitgetheilt, auf eine Weise aber, daß keine Per= son innerhalb des Bereichs jener fremden Macht dadurch gefährdet Bee und leßtere auch mit der Quelle jener Nachrichten unbekannt ieb. Ein Spezial - Befehl in Betreff der an Grodicki zu Paris und ein anderes fremdes Jndividuum gerichteten Briefe war nur vom Zten bis zum 13. Juni in Kraft und beruhte auf Gründen der dem Schuße Englands vertrauten persönlichen Sicherheit eines fremden Souverains; die Briefe scheinen indeß nihts Gefährliches enthalten zu haben. Auch bei Veranlassung der Arbeiter - Unruhen in den Fa- brikdistrikten im Jahre 1842, so wie der Unruhen in Wales im Jahre 1843, und in diesem Jahre auch in Betreff der Korrespondenz der Herren Worcell und Stolßmann waren ähnliche Spezial - Befehle erlassen worden. : Was die Art und Weise, wie diese Befehle ausgestellt und aus= geführt werden, betrifft, so werden diejenigen, welche si auf reine Kriminalverbrechen beziehen, in Folge eines Gesuchs der betreffenden Behörde an das Ministerium des Jnnern von diesem leßteren er= lassen, das Gesuch aber zunächst an den Unter-Staatssecretairen dieses Ministeriums gerichtet, der darüber an den Minister berihtet; die- jenigen aber, welche auf politische Anschläge Bezug haben, werden von dem Minister des Jnnern nach eigenem Gutdünken gegeben, doch wird nicht, wie behauptet worden, der ganze Postbeutel dem Minister des Junern zur Untersuchung übergeben, Die erbrochenen Briefe werden, wenn nicht ausdrücklich etwas Anderes bestimmt wird, wieder versiegelt und ohne ein Merkzeichen ihrer Eröffnung weiter besördert. Die Schlußfolgerungen aus dem Ganzen sind, daß 1) die auf Kri- minalvergehen bezüglihen Warrants, deren Erfolg im Einzelnen h nicht nahweisen lasse, schon der Natur der Sahe nah wenig Anstoß erregenz daß sih aber unter Umständen 2) der Nußen der auf poli- tishe Anschläge bezüglichen nicht in Abrede stellen lasse, und daß, wenngleich die Publizität, welche die Sache jebt erlangt habe, die- jenigen, welche sich staatsgefährliche Angelegenheiten neu En haben, künftig vorsichtig mahen werde, denno die gänzliche Aufhe- bung der den Staatssecretairen bis jeßt zustehenden Besugnisse, all- zugroße Sicherheit für staatögefährlihe Umtriebe hervorrufen würde. Das Comité überläßt es dann dem Ermessen des Unterhauses, ob und wieweit eine Aenderung der bestehenden Gesebe in dieser Bezie- hung nöthig sei.

X London, 10. Aug. Die Praxis, der Post anvertraute Briefe zu öffnen, scheint sich in England von derselben Gewohnheit in Frankreich oder in anderen Ländern hauptsächlich dadur zu unter= scheiden, daß in England diese Gewalt geseblih begründet is, und niemals ohne alle die Formalitäten einer geseßlichen Handlung der Regierung ausgeübt wurde, während das sogenannte cabinet noir ein geheimes und willkürlihes Mittel ist oder war, dessen gewisse französishe Regierungen sih bedient haben. Die Berichte der gehei- men Comité’s des Ober= und Unterhauses sind nunmehr veröffentlicht worden, und der leßtere namentlich enthält eine sehr umfassende und ershöpfende Darstellung der Geschichte und der Ausdehnung dieser Praxis. Es kann, nach den Zeugnissen des Herrn Reeve vom Ge- heimen Rathe und anderer Staats-Archivare, kein Zweifel darüber bestehen, daß die Gewohnheit, Briefe der Durchsicht der Regierung zu unterwerfen , gleichzeitig mit Einrichtung der Posten entstanden ist. Unter der Regierung der Königin Anna wurde dies dur ein Geseh förmlich sanctionirt und die Anwendung desselben unter Auto= rität eines vom Staats - Secretgair ausgehenden Befehls gestellt; dasselbe Verfahren is hiernah ununterbrochen bis auf den heutigen Tag beobachtet worden, Die Nachweisungen über dergleichen Befehle (warrants), welhe beim Ministerium des Jnnern aufbewahrt wer= den, sind bis zu Ende des vorigen Jahrhunderts sehr unvollständig, obschon während der Rebellion von 1745, während Lord George Gordon's Unruhen im J. 1780 und in Kriminal-Prozessen wegen Un- ruhestiftung bis zu der Untersuchung gegen Horne Tooke, solche Be= fehle häufig erlassen wurden. Vom Jahre 1799 bis 1844 sind 372 Befehle erlassen worden, welche die Briefe von 724 Personen zur Oeffnung designirten. Von diesen bezweckten 233 die Entdeckung von Verbrechen und Betrügereien und ungefähr 139 die Förderung von Staats= Angelegenheiten ; 20 Befehle überhaupt bezogen sich auf die Desfnung aus. wärtiger Korrespondenzen. Alle Staats-Secretaire des Jnnern und einige der auswärtigen Angelegenheiten haben si diese Befugniß zu Nuyen gemacht. Lord Normanby sowohl als Lord-Lieutenant von Jrland wie als Minister des Junern in ziemlich ausgedehntem Maße. Sir James Graham indeß erließ im Jahre 1842 zwanzig Befehle, welche vorzugsweise in die Zeit der Fabrik-Arbeiter-Unruhen jenes Jahres fielenz im Jahre 1843 betrug die Anzahl solcher Erlasse aht, und im Jahre 1844 sieben. Von lebteren bezog sih einer auf die Kor- respondenz Mazzini's, die in Verbindung mit den befürchteten Um=- wälzungen in Jtalien stehen sollte, und zwei auf die Briefe von vier Fremden, die in Verdacht waren (obschon er sih später als unge- gründet erwies), gegen die Person des Kaisers von Rußland wäh= rend dessen Anwesenheit in England zu komplottiren. Andere aus= wärtige Korrespondenzen sind nicht geöffnet worden. Es scheint indeß, daß bis vor sehr kurzer Zeit die dur die Post gehende Korrespondenz der fremden Gesandten zurückgehalten und im Ministerium der Aus=- wärtigen gelesen worden sei. Diese sehr anstößige Gewohnheit ist nunmehr gänzlich abgeschafft.

Die Haupt - Argumente gegen das Fortbestehen dieser Gewohn=- heit sind die, daß in Betracht der sehr geringen Ausdehnung, in wel= her sie zur Anwendung kam, selbst bei strenger Geheimhaltung nur sehr wenig Vortheil daraus hat entspringen können, und daß von nun an, nahdem das ganze Verfahren offenbar geworden is, Ver= rath und Verbrechen übende Personen sih hüten werden, das Post- Amt mit ihren Plänen bekannt zu machen. Die Verhandlungen der geheimen Comité's haben übrigens über alle Zweisel erwiesen, daß diese Befugniß, Briefe zu öffnen, durchaus stets in geseplicher Weise und zur Förderung von Staatszwecken, niemals als geheime Praktif, oder aus Privat-Rücksichten oder anderen unehrenhasten Bewe den ausgeübt worden is. Bei der ganzen Sache i} deshalb t

nichts tadelhafter, als der Versuch der Whigs, darauf einen Angriff