1912 / 289 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 05 Dec 1912 18:00:01 GMT) scan diff

1 t J f P

E e T I

eim Heere entfallen die Mehrausgaben A

auf die Durchführung der Heeresverftärkung nebst

“gien “anschaftelöhnung, auf das Artillerie- und Waffe

M E auf verkehrstechnischem Gebiete, Verbesserun

i der Unteroffiziere, Erhöhung des Tagelohnes der

fun l ifung ber 6 a Da bei der Kavallerie.

e bén eshaffungen auf verkehrstewni

i finden Sie Ausgaben für das Luftfahrwesen, die i S N

Gebiet der regelmäßigen Fortbildung dieses Dienstzweiges ohne

w 4 thre Erklärung finden. Daneben wird im Hinblick auf die

n ¿cte tehnishe Weiterentwiälung und das Vorangehen auf diesem

in anderen Staaten eine weitere einmilage Mehrbereitste[l Ghitteln fich nicht vermeiden lassen. Soweit in dieser Sa

1 here Forderungen, die bei der Einb

l riagung des Etats nach Art 6 óhe noch nit feststanden, für das Jahr 1913 zu erheben sind,

i ge sie Ihnen im Wege eines Ergänzungsetats unterbreitet werden. [D gúr die Rations- und Pferdegeldgebühren sowie Ent- F „digung für die Pferdehaltung ist erneut eine anderweite Regelung E eschlagen. Sie läßt für die ersten Jahre allerdings noch eine P: göhung, für den Beharrungszustand aber eine Minderung der i gusgaben erwarten. Die Maßnahme ist durch eine Denkschrift er- tert: Eine weitere Denkschrift, über das Zulagewesen im Reichs q lo ¡s auf Wunsch des Reichstags beigefügt. "Die Einnahmen der Militärverwaltung bestehen zu ¿iner wesentlichen Teil in Verkaufserlösen aus Grundftücken. Neu unter anderem der Verkauf der ehemaligen Kaiser Wilhelm-Akademie wle die Veräußerung eines Teils des Grundstücks an der Eke der Pniggräber- und Prinz Albrecht-Straße und des Grundstücks Behren- “firaße 66. Findet dieses Projekt Ihre Zustimmung, fo wird dadur im Faushwege cinerseits ein Grundstück für militäris@e Zwecke in der ¡ftoriastraße, dann aber auch ein weiteres Grundstück in der Wil. mstraße gesichert, das eintretendenfalls für weitere allgemeine Be- túrfnisse des Reichs Verwendung finden kann.

Der Marineetat bringt ein starkes Zurückgeben der Anleihe- geanspruhung gegen 1912 weniger 31 Millionen Mark und pementsprechend gleichzeitig ein stärkeres Anwatsen der Ausgaben im

tlichen Etat. Im ganzen ergibt sich gegen das Vorjahr ein Mehr von

Millionen. Die sählihen und die persönlichen Ausgaben sind in

rem Ausmaß ‘im wesentlichen auf die weitere Dur{hführung der ttengeseße zurückzuführen. Einige Abweichungen von früberen exechnungen stellen nit etwa eine Erhöfing der bisherigen For-

im wesent- Aufbesserung nwesen, Be- 9 der Unter- Arbeiter und

F ecungen, sondern nur eine zeitliche Vorwegnahme dar.

Eine von der Flottengesetzgebung unabhängige Rate von y Millionen glei der Hälfte des Gesamtbedarfs für den Bau der Jett „Ersaß Hohenzollern“ beruht darauf, daß das vor M Fahren gebaute Schiff, {on im Hinblick auf die Art seiner Ver- e g im Manövergelände der Flotte, den Sicherheitsanforderungen { mehr entspricht, die vom Standpunkt der modernen Technik ge- 0 it werden müssen. : se Etat für das Shußzgebiet Kiautschou und das oft- ¡tische Marinedetachement finden Sie cin Mehr an NReichs- asi gon 740 000 %. Es handelt sih dabei um die durch den jl ten Stand _des Detachements bedingten Ausgaben, die im iragsetat für 1912 nit im ganzen Umfange zur gl famen, weil damals eine in dieser Höhe nur lge Mehreinnahme von 330 000 Æ für Landverkäufe cini estellt werden konnte. Sieht man von den Kosten des gegen ents einerseits und den Landverkäufen andererseits ab, so ct si eine, wenn au nur leichte, arate

Verbesserung gegenüber dem Bei den Verkehrsanstalten des Reiches wird gegen den erhöhten { bon 1912 für 1913 mit etner weiteren Steigerung um 13 Millionen bei der Post, um 4,9 Millionen bei der Eisenbahn- erwaltung gerehnet. Dabei ist es mögli gewesen, neben dem iiaban der vorhandenen Einrichtungen und Anlagen fowie der Bereit- jtellung von 7,8 Millionen Mark für Vermehrung des Wagenparks t Reichseisenbahnen, bei beiden Verwaltungen eine erheblihe Ver- mehrung der etatsmäßigen Stellen vorzunehmen. So sind im Postetat insgesamt 7571 neue Stellen au8gebracht, davon 4722 ir Unterbeamte. Die angestrebte Vebertragung von Geschäften der oberen Beamten auf die mittleren und von Geschäften der mittleren Beamten auf die unteren kommt in dem Etat allerdings noch nicht zur Erscheinung. Die Einwirkung auf die Zahl der Etatsstellen für here und mittlere Beamte wird im Hinblick auf die bestehenden glnwärterverhältnisse erst in späterer Zeit möglich sein.

Die mißlihen Verhältnisse, die sich für die - mit der Osft- markenzulage bedahten Beamten in Posen und Westpreußen bei Megfall dieser Zulage zu Ende dieses Jahres ergeben werden, haben die verbündeten Regierungen veranlaßt, die Frage der Zulage- gewährung von neuem Ihrer Entscheidung zu unterbreiten. (Bravo)

8.)

O Die Anleihe hat si bei der Post- und Telegraphenverwaltung der fortgeseßt starken Ausdehnung des Fernsprechwefens anpafsen müssen. Gleichzeitig sind, der Uebung entsprechend, im ordentlichen (tat, für die Fortführung der Fernkabellinie nach dem Westen g Millionen Mark ausgebracht, gegenüber einem Betrage von ÿ Millionen Mark im Vorjahre.

Beim Reichs\chaßamt finden Sie eine Vermehrung des Fonds für die Veteranenbeihilfe um 2 Millionen Mark, also im ganzen auf 31 Millionen Mark. Die Vermehrung verfolgt den Zweck, ohne Etatsübershreitung alle bedürftigen Kriegsteilnehmer in ten Bezug der geseßlichen Rente gelangen zu [afsen. (Bravo! auf mehreren Seiten.)

IndenSchußgebieten sinddie finanziellen Verhältnisseniht glei- mäßig fortgeschritten. In Südwestafrika hat die rückläufige Bewegung, welche die Diamanteneinnahmen unter dem Einfluß des bisherigen Steuersystems und der Marktlage gewonnen haben, dazu genötigt, die Einnahmen, die ohnehin dur die Abschlüsse früherer Jahre ungünstig heeinflußt wurden, um über 2 Millionen Mark herabzusezen. Wenn troßdem die Gefamteinnahme der Shußzgebiete eine Steigerung auf- weist, so liegt das an der anhaltend befriedigenden Entwi®Xlung anderer Kolonien, insbefondere Dsftafrikas. Der ReichszusGuß hat für 1913 mäßig erhöht werden müssen. Diese Erböhung, die bei Fortdauer der jegt beobachteten Gntwidlung nur eine vorübergehende fein wird, beruht, abgesehen von den militärischen Mehraufwendungen, auch auf der geplanten Erschließung des Landes in Neu Guinea. Ihrem Wunsche entsprechend ist für diese Ershließung ein Programm auf- gestellt, das einige finanzielle Opfer fordern wird, zunächst für 1913,

in höherem Grade fúr 1914. (Sehr gut! rets.) Man darf aber annehmen, daß als Folge davon ein allmählihes Aktivwerden der Kolonie, cin Eintreten in die Reihe derjenigen Schußzgebiete ih er- geben wird, die si aus eigenen Mitteln erbalten.

___Im übrigen hat der Grundsaß, daß die Shußgebtete die Kosten ihrer Zivilverwaltung selbst bestreiten follen, sich in den bisherigen Grenzen aufrecht erhalten lassen. Dabei muß bemerkt werden, daß die Ausgaben infolge der Inangriffnahme zahlre!her Landeskultur- aufgaben und anderer wirtshaftliher Maßnahmen si beträhtlich erböben. Kamerun hat, wie Sie aus dem Nathtragsetat ersehen, anläßlich der Neuerwerbung für die erste Einrichtung der Verwaltung einen einmaligen ZusGuß des Retchs erhalten. Im übrigen hat aber Kamerun den ihm zugefallenen erweiterten Aufgabenkreis von vorn- herein auf eigene Schultern übernommen, und wir dürfen erwarten, daß auch in Zukunft dem Reiche nur solche Ausgaben belafsen werden, die entweder auf militärishen Aufwendungen beruhen oder auf Fest- legung des neuen Ländergebtets. In leßter Beziehung hat sih nach der Natifizierung des deuts{-französishen Abkommens und nah der Beendigung der Berner Vorbesprechung bereits eine Expedition, die aud in wissenschaftliher Hinsicht angemessen ausgerüstet ist, in das neue Gebiet begeben.

Der außerordentli%e Etat der Shußgebiete weist eine starke Steigerung der Einnahmen auf. Für 1913 wird Ihnen vor- geschlagen, statt 34 Millionen Mark im Vorjahre, 52 Millionen Mark auf die Anleihe zu verweisen. Es resultiert dies im wesent- lichen aus dem etfreulih raschen Fortschreiten ter Mittellandbahn- bauten in Ostafrika sowie der inzwischen erfolgten Beendigung der Babhnbauten in Südwest und der dadurch bedingten bes{leunigten Abwicklung der Unternehmerverpflihtungen. Wenn auch die Gesamt- anleibe der Schußtgebiete damit einen Betrag von nahezu 250 Millionen Mark im näbsten Jahre erreichen kann, so braudt das an sich noch keinen Gegenstand der Besorgnis zu bilden. Die Anleihen sind für werbende Zwette aufgenommen, insbesondere für Eisenbahnen, deren belebender Einfluß si wie allgemein, so insonderheit auch in finanzieller Beziehung \{on jeßt wirksam zu machen beginnt.

Ih komme zum Schluß. Aus meinen allgemeinen und zum Teil auch aus den sie ergänzenden speziellen Darlegungen werden Sie ersehen haben, daß es mögli gewesen ist, die feste Grundlage unseres Finanzwesens, wie sie in den leßten Jahren geschafen worden ist, auch für die nätste Zukunft aufrecht zu erhalten, daß dies gesehen ist troß der notwendigen hohen Ausgaben für unsere Wehrmachtstellung, daß wir also über unserer militärishen die finanzielle Rüstung nit aus dem Auge verloren haben.

Die geldlihe Lage des Reiches zeigt zurzeit alle Symptome der Gesundung. Sie bedarf aber strenger diätätis{er Behandlung, wenn ein Rükfall vermieden werden soll. Sorgliche Pflege der Einnahmen, Einschränkung des Bedarfs, Zurükstellung aller Ausgaben, für die keine Deckung vorhanden ist, au wenn es sich um an sich erwünschte und dringliche Aufwendungen handelt, das muß für alle Zeit unser Streben sein. (Sehr gut! rechts und links.)

Meine Herren, wobin eine Umkehr führen kann, lehrt noch die nahe Vergangenheit. Das Jahr 1913 bringt Ihnen und uns aus der neueren Finanzges{ihte des Retchs eine recht trübe Erinnerung. Es ist dann gerade ein Jahrzehnt verflossen, seit für das Reich eine Pertkode der Zuschußanlkeihen begann, womit also vor aller Welt ein- gestanden wurde, daß ein Ausgleich zwishen dem Aktiv- und dem Passivkonto des ordentlichen Etats auf regelrechtem Wege nit mehr gewonnen werden könne. Meine Herren auf allen Seiten des Hauses: helfen Sie dazu, daß derartige Zustände in Zukunft nur noch der Geschichte angebören ! (Lebhafter Beifall.)

Abg. Dr. Fran k- Mannheim (So, .): Wenn man die Zahlen ansieht, dann hâtten wir allen Grund, Gi den 3 Milliardenetat stolz f sein. Aber wenn wir fragen, aus welchen Quellen diese Ens ummen fließen und wozu de verwendet werden, dann wird das Bild viel T ege, freundlih. Dann lautet die Zensur für den Staats- sekretär: Fleiß recht gut, Leistungen ganz ungenügend. Der Staats- sekretär meint, der Etat sei so gut wie in den Vorjahren. Vielleicht 1st dieser „gerade so s{chlecht. Wenn wir an der Hand der iffern zunächst die Einnahme betraten, dann sehen wir 1642 Millionen

innahmen aus Zöllen, Steuern und Gebühren, das sind 28 Millionen mehr als im Vorjahre. Die Stei erung findet fih also gerade bei denjenigen Posten, die die breite Masse des Volkes belasten. Der Staatssekretär hat selbst darauf hingewiesen. Dagegen sehen wir Nückgang oder Stillstand bei len Einnahmen, die hauptsähli die wohlhabenden Schichten treffen. Der verhältnismäßige Anteil

der besißlofen Massen an der Tragung der Staatslasten hat si ver- \lechtert. Durch die in Aussicht gestellten Besibsteuern soll dieses Mißverhältnis

gebessert werden. sich so geheimnisvoll aus, and zu weisen ist, es Flagge von Besißsteuern

? Aber der Staatssekretär drückte daß die Befürchtung nicht von der solle wiederum versucht werden, unter der Belastungen - der breiten Masse einzu- chmuggeln. Der Staatssekretär {loß mit einer Art Jubiläums- rede. Er hat gute Vorsâße, aber er befolgt sie nit. Die Tat- [ade bleIGt bestehen, daß wir zur Feier des Jubiläums in die sechste Milliarde Schulden hineinmarscieren. Es wird gesagt, es werden nur 334 Millionen verlangt, die gegenüber dem 3 Milliardenetat gar keine Rolle spielen. Mir fällt da eine Sage aus meiner Heimat ein. Dort spricht man von einem Dorfgespenst, das zuerst unschein- bar ausfieht und dann immer größer wird. (Der Reichskanzler von Bethmann Hollweg erscheint im Saal.) So geht es au mit diesem O Zu dem Fehlbetrage muß man doch die 81,7 Millionen für Ge lie Schuldentilgung binzurechnen, für die man im Etat ver- geblich Mittel zur Deckung sucht. Dann muß man aber auch die Summe zurechnen, die man aus dem Ueberschuß des Jahres 1911 genommen hat. All das muß den Jubel über die Herrlichkeit der NReichsfinanzreform erbeblich dämpfen. Denn jeßt nah 3 Jahren steŒen wir noch tief in der größten Schuldenwirtschaft. Dazu ommt, daß neue Lasten in nälster Zukunft gefordert werden. So soll in einem Nachtragsetat eine Luftflotte gefordert werden. Der Staats- sekretär hat ja versucht, einige freundliche Lichter aufzuseßen. Von dem vorliegenden Gtat kann man sagen, daß er nicht balanciert, man jongliert mit ihm vielmehr. Die Nettoeinnahmen des Reiches be- tragen 1820 Millionen; wir können daraus nicht einmal die Aus- gaben für Heer und Flotte deen. In welhem Verhältnis stehen dazu die bescheidenen Ziffern für die Versicherung der Arbeiter, namentli für die Hinterbliebenenversicherung! „Heißt es nicht die Not direkt verspotten, wenn man mit 1,9 Millionen die Hinter- bliebenen versichert? Diese Versicherung muß erst richtig ausgebaut werden. Es ist uns eine Denkschrift über Ersparnisse auf dem Gebiet der Heeresverwaltung überreiht worden. Dana sind ein paar Mil- lionen an Zulagen erspart worden. Das ist aber im Vergleich zu dem Millionenetat für Heer und Flotte nur ein Tropfen auf den beißen Stein. Millionen sind im Laufe der Zeit am falshen Ort gespart worden, z. B. in bezug auf Mutterschuß, bessere Versorgung der Veteranen usw. Die Massen des Volkes haben die MRiesen- summen aufzuwenden, aber E ihrem Besten wird nur ein vershwin- dend kleiner Teil der Milliarden verwendet. Man hört das nit gern und sagt, nicht die Arbeiter bringen jene Summen auf, sondern die Industrie. Diese Erfolge wären aber nit erzielt worden, wenn

nit Millionen organisierter Arbeiter, sondern ein Heer Gerberknechte

in ihr beschäftigt würden. worden, wenn

Industrialismus kräftig 4 Wehr geseßt hätte.

Was wäre aus dem deutshen Volke ge- ih die Arbeiterschaft niht gegen die Auswüchse des Die Organisation der deutschen Arbeiter ist vorbildlih geworden für die der ganzen Welt. Die Organisationen der deut chen Seer alen wiegen alle Wahl- und Kriegervereine auf. Der Reichskanzler sieht aber ruhig zu, wie die Se schamlos durch \{warze Listen jährlih Hundert- tausende von Arbeitern und sonstigen Angestellten brotlos machen. Ich erinnere nur an das Set der Versicherungsgesell saft „Victoria“, Wo bleibt da der Schuß des N Sau tas Aber natürlich wird die Neichsregierun „zum Schuß der Koalitionsfreiheit geseßgeberisch auch nit einen Finger rühren. Nicht einmal das neue Vereinsrecht wird strikte durchgeführt, Die Bestimmungen des Reichsseuchengeseßzes \o ar werden gegen die Arbeiter mißbraucht, um ersammlungen zu verbieten. Das berverwaltungsgeriht hat eine diesbezügliche polizeiliche Bestimmung allerdings für ungültig erklärt. Aber erfahrungêgemäß kehrt si die Polizei daran nit. Obwohl wir Milliarden für das Militär ausgeben, erleben wir immer noch die Militärboykotts. Es ist eine ungeheure Se Uge daß die

ilitärverwaltung Lokale, die von Sozialdemokraten esucht werden, gleichsam für verpestet erklärt. Das wird sich das Volk auf die Daugec nicht gefallen lasten, Durch die le enannten Volksversicherungen wer- den die Arbeiter A geschädigt, wenn sie ihre Police nicht bezahlen können. Bei den L ersicherungen „Victoria“ und „Friedrich Wilhelm“ sind in 3 Jahren 666 000 Policen verfallen. Dabei bezieht der Direktor der „Victoria“ 780 000 Æ Gehalt. Die Reichs- regierung hal lange genug geschlafen, aber niht um für, sondern gegen die Sell! e der Arbeiter etwas zu tun. Daß sie aber aus ihrem Schlafe überhaupt erwacht ist, ist ein Verdienst der Sozialdemokratie. Diese hat überhaupt au auf andern Gebieten das Beispiel gegeben, 3. B. in der Jugendfürsorge. Früher empfahl man den Arbeitern die Selbsthilfe, greifen fie aber dazu, dann fällt man ihnen in den

rm. Die deutschen Arbeiter haben den Ghrgeiz, teilzunehmen an dem Geistesleben der Nation. Die Leistungen der Berliner Arbeiter auf dem Gebiete des Theaters, die beiden freien Volksbühnen, könnte man den Fremden mit N zeigen als die übrige Berliner Kunst mitsamt der Siegesallee. ies hatte die Zensur a e Scheu vor den freien Volksbühnen, man redete nur von Feuersgefa r, später verbot sie das Stück von Rosenow: „Die im Schatten leben“. Der Oberpräsident von Potsdam rieb, der Verfasser des Stückes. hätte die Bestimmungen des Berg eseßes von 1906 nit beachtet. Nur \cade, daß Rosenow {on 1904 gestorben ist. Hier bietet sich für \trebsamè Oberpräsidenten ein weites Gebiet. Man zielt auf nichts anderes ab, als dur einen großen vernihtenden Schlag das Koalitionsrecht zu beseitigen, und man fkasciert dies unter dem Titel: Schuß der Arbeitswilligen. Der Reichstag hat zwar früher eine ent- sprechende konservative Resolution abgelehnt, aber die Agitation geht weiter, und wir ließen uns nit in Sicherheit wiegen. Es ist eine frivole Entstellung der Wahrheit, daß die Arbeitswilligen in Deutsch- land _ nit genügend geschüßt sind. Wenn ein mächtiger Mann wie der Reichskanzler oder der Abg. Erzberger beleidigt werden, so kom- men die Beleidiger mit 3 4 weg. Nennt aber jemand einen Streik- brecher Streikbrecher, so muß ihn der Richter ins Gefängnis werfen. Im Berggebiet hat man sogar den Kampf gegen Frauen und Kinder geführt, man hat Frauen eingesperrt. Eine Frau mußte im_Ge- fângnis ihr Kind stillen in s{lechter Luft. Man kann diese Schil- derung niht ohne Bewegung lesen. Sogar einzelne konservative Blätter, so der „Reichsbote“, verurteilten die Streikurteile als zu weitgehend. Und wie hat die „Agrarkorrespondenz“ die Brenner stigmatisiert, die sih weigern würden, in den Spiritusring einzu- treten! Wer ist der anständigere Kerl, derjenige Arbeiter, dem in der Hiße des Lohnkampfes, des Kampfes um die Existenz ein Wort gegen die Streikbrecher entfährt, oder der Redakteur, der eine solche Verrufserklärung gegen Angehörige des Mittelstandes \{leudert? Die Arbeiter denken gar ni t daran, sih gegenüber den Anschlägen auf ihre S Nechte L auf die 2 E zu beschränken; sie werden den trafretlihen Schuß für das oalitionsrecht in das Strafgeseßbuh aufzunehmen verlangen. Wucher bleibt Wucher, auch wenn er in der Gestalt der Ausbeutung der Notlage des Arbeiters auftritt. Die Macht des Kapitals wächst in gewaltig \hnellem Tempo, die Fusionierung der Großbanken, der großen Unternehmungen, wie der A. E.-G., grei t immer mehr um sih. Auf dem Gebiete der Kohlenproduktion scheint ja auch der Regierung die Erkenntnis gedämmert zu sein, daß hier eine Gefahr vorliegt, aber bei dem ersten s{üchternen E n) die Herren Sydow und Breitenbach so \chleckcht behandelt worden, daß li die Gründung eines Schußverbandes von Ministern gegen folhe Behandlung dur die Berg- und Zechenherren empfehlen würde. Daraus könnte aber selbst er Kanzler erkennen, wie nel Herren erst die Arbeiter be- handeln, wenn fie so gegen [eibhaftige Minister auftreten. Vielleicht macht der Kanzler einen weiteren Versuch bei der Eisenindustrie. Wie steht es auf dem Gebiete des ce E Im Frühjahr ver- langte der Meichstag ein Reichswohnungsge eb; jeßt scheint man si aber wieder hinter Kompetenzbedenken zurückziehen zu wollen. Inzwischen hat nämlich der Abg. von Zedliß im preu ischen Landtage: eine Nede gegen ein Reichsgeseß gehalten und ein peaaees ver- langt, welches sich auf die Großstädte beschränken sollte. on den Landarbeitern soll eben jeder soziale Hau ferngehalten werden. Dabei bat {on 1904 und 1901 gerade die pee Regierung die Not- wendigkeit geseßgeberishen Vorgehens auf dem Gebiete der Woh- nungsreform mit Entschiedenheit betont. Jn dieselbe Kategorie ge- bört die Nichteinlösung des Versprechens der preußischen Thronrede bon 1908 wegen Neform des preußischen Dreiklassenwahlrechts. Und ganz neuerdings will es das kleine Neuß jüngerer Linie seinen großem deutschen Brüdern gleihmaden und ein Fünfklassenwahlrecht éin- ühren. Sämtliche bürgerlichen Parteien dort sollen für das neue Wahlrecht eintreten wollen; seltsamerweise au zwei oder drei Mit- glieder der fortschrittlichen Volkspartei. So berichten die Zeitungen; es soll mih freuen, wenn sie unrecht haben. Die Bentrumspartei hat in den leßten Zeiten mit zahlreichen Na gegen das Jesuitengeseßz demonstriert; gestern und vorgestern aber hat dieselbe Partei die Demonstrationen des Volkes für den Frieden mit den übrigen bürgerlichen Parteien verurteilt! Die Entscheidung des Bundesrats, wie sie jebt erfolgt ist, über die Auslegung des Jesuiten- gesebes, halte ih für eine erfreuliche, denn es geht nicht an, daß ein Reichsgeseß durch eine Landesbehörde dem Geist und Sinn des Ge- seßes entgegen ausgelegt wird. Wir halten diese Entscheidung für eine {were Niederlage des Ministeriums Hertling. Freiherr von Hertling sah man immer als den Ritter Georg an, der gegen den Umsturz Sturm läuft. Seine erste Tat in Bayern war Umsturz gegen die Geseße. Wir sind mit dem Verhalten des Bundesrats in Es Angelegenheit zufrieden, ja wir freuen uns darüber. Wir haben Bl stverständlich a wie vor keine Angst vor den Jesuiten. . Wir ind bereit, für die Aufhebung des Restes des Geseßes einzutreten, troßdem die Jesuiten als bestes Mittel zur Bekämpfung der Sozial- demokratie empfohlen werden. . Wir erwarten mit Ungeduld einen dementsprehenden Antrag und die Interpellation des Zentrums. Das Zentrum wird aber wohl erst die Aufhebung des Jesuitengeseßes aus sozialdemokratischen Händen entgegennehmen müssen. Man erwartet eine Zeit der Opposition für das Zentrum. Die „Augsburger Post- zeitung“ schreibt, Deutschland regiere nit der Bundesrat, sondern der Evangelische Bund, der von einer hohen Dame protegiert werde, die ihre Ansicht über den Katholizismus sih in Mecklenburg gebildet hat. Cin solch \{arfer Angriff ist wohl niemals gegen politisierende Damen des Hohenzollernhauses gerichtet worden, selbst zu Bismarcks Zeiten nicht. Bismarck spra von den Politikern im langen Kleide und meinte die Politiker beiderlei Geschlehts. Das Zentrum hat in den leßten Jahren aber zu lange als Regierungstruppe exerziert, sodaß es nit mehr fähig ist, Opposition zu treiben. Das \{ließe ich aus den Vorgängen am Anfang dieses Jahres. Damals hat der Kriegê- minister, vielleiht durch ein Versehen, das Zentrum \{chwer verleßt, Der Abg. Spahn gab eine kurze Kriegserklärung ab, sodaß den Neu- ling im Hause und vielleiht am Bundesratstisch eine Gänsehaut über- lief. Aus dieser Kriegserklärung ist aber nichts weiter herausge- kommen, als eine Militärvorlage für das Zentrum. Dieses so be- leidigte Zentrum hat \{ließlich dem Minister das Gehalt und den