1878 / 296 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 Dec 1878 18:00:01 GMT) scan diff

Das Staats-Ministerium trat heute, Mittags 1 Uhr, zu einer Sißung zusammen. -

Die in mehrere Fe en aufgenommene S lung, nach welcher der Kaiserliche Extrazug am 5. d. Mts. zwischen den Stationen Dransfeld und Göttingen niht ganz

Der Extrazug Jhrer Majestüten hat zwischen den bezeichneten Stationen an keiner Stelle die für Schnellzüge dort nor- male Geschwindigkeit über)chritten und ist vor dem Einlaufen in den Bahnhof Göttingen langsamer befördert, als alle Schnellzüge dort gefahren werden.

Jm weiteren Verlaufe der (18.) Sizung des Hauses der Abgeordneten am Sonnabend wurde die weite Berathung des Etats des Ministeriums des R iets Cg eEE Abg. Freiherr von Pes hielt die Beshwerden der Linken über die Artikel der „Provinzial- Korrespondenz“ für unbegründet. Als zur Zeit, wo die kon- servative Partei in Mißkredit gewesen sei, die „Provinzial- Br viele Artikel gegen diese Partei gebracht habe, hätten die Liberalen Nichts dagegen einzuwenden gehabt. Aus den von ihm verlesenen Stellen Ae hene Kreisblätter hrte Redner den Nachweis, daß dieselben sich gegen die Kon- ervativen ausgesprochen hätten. Er beshwere sih darüber e nicht, aber mit Recht verlangten die Konservativen gleiches iht und gleiche Luft. Offizielle Kandidaten verwerfe auch die konservative Partei auf das Bestimmteste. Die Regierung möge nur ganz unzweideutig aussprechen, was sie wolle; dann würden id die ihr genehmen Wahlen von selbst machen.

Der Abg. Freiherr von Schorlemer-Alst hielt sich den Aeuße- R der Vorredner gegenüber für verpflichtet, zwei Uebel- stände zur Sprache zu bringen, unter denen die westlichen Provinzen {wer zu leiden hätten. Zunächst sei die übergroße Belastung der Gemeinden durch die Art der Anstellung resp. Entlassung der Kommunalbeamten, zweitens die Ueberlastung dieser Beamten mit staatlichen Arbeiten zu moniren. Man ofktroyire den Gemeinden Vorstände, die sie nicht wollten und die nicht sowohl das FJnteresse ihrer Gemeinden verträten, als den Blick nur nach oben richteten, wo ihre Autorität zu finden sei und wo sie fih angenehm machen müßten. Der Minister möge doch Sorge tragen, daß den westlihen Provinzen dieses bureaukratische

genommen werde. Redner bedauerte, daß die Arbeits- aft der Kommunalbeamten zu zwei Dritteln durch Staats- arbeiten in Anspruch genommen würde, z. B. Militärange- legenheiten, Standesamtssachen, Polizeiwesen, Statistik, vom Kulturkampfe ganz zu s{chweigen. Wo bleibe da Zeit übrig, auch etwas für die Kommune selbst zu thun. Für die Staatsarbeit müsse der Staat den Kommunalbeamten eine Remuneration zukommen lassen. Bei diesen Ausgaben, die die Kommunen für denStaat mzchen müßten, sei es nicht zu verwoun- dern, wenn in den westlichen Gegenden die Kommunalzuschläge zu den Staatssteuern eine exorbitante Höhe erreicht hätten. Der Minister des Fnnern Graf zu Eulenburg erwiderte, es verstehe sih von selbst, daß er den hier vorgetragenen Dingen Ausmerfsamkteit zuwende Und erforderlichen ¡Falles Äb- hülfe schaffen werde. Auf die große Zahl von Eitzelheiten sih einzulassen, sei ganz unmöglih. Daraus, daß er (der Minister), wo ihm die Sache bekannt sei, oder allgemeine ENEe berührt würden, sich über deren Nügßlichkeit und Nothwendigkeit ausspräche, könne eine Zuneigung zu einer bestimmten Partei nicht gefolgert werden. Das wä- ren Sachen, welche alle arteien berührten und bei denen es sich um das FJnteresse des Landes handele. Speéeziell auf die Ausführungen des leßten Redners eingehend, habe er zu bemerken, daß die Anklagen über die größere Ueberlastung mit Staatsgeschäften, welhe den Amtmännern in den westlihen Provinzen oblägen, unbegründet seien, und daß die Verhältnisse in dieser Beziehung doh kaum anders lägen, als im Osten, wo die Gemeindevorstände eben so verpflichtet seien, wie dort die Bürgermeister und Amt- männer, als Organe der Staatsgewalt zu fungiren und in ihrer Jnstanz die Geschäfte der Staatsgewalt zu besorgen. Es sei nicht zu leugnen, daß in der weiteren Entwickelung, die das Staatswesen seit einer Reihe von Jahren genommen habe, die Anforderungen auf diesem Gebiete ganz außer- ordentlih gewachsen seien. So lange aber keine anderen Organe an Stelle jener eingeseßt wären, so müsse sih die Staatsregierung derjenigen, welche geseßlih dazu verpflichtet seien, dazu bedienen. Auf die Au3wahl dieser Beamten werde thatsählih die größte Sorgfalt verwendet ; daß nicht überall das Richtige getroffen werde, bedürfe keiner beson- deren E Hierauf erklärte der Abg. Dr. Freiherr von der Golg, indem er sih gegen den Abg. Schulz (Booßen) wendete, daß ein großer Theil der von demselben vorgebrachten Beschwerden, wie dieser selbst eingestanden, bereits Seitens der Zentral- instanz Remedur erfahren habe. Ein anderer e sei auf die Bestimmungen des Geseges selbst zurückzuführen. Daß der Abg. Richter die Landxzäthe zum Angriffsobjekte gemacht iei pes man doch wohl nur so auffassen, daß dessen artei den Glauben nicht wolle aufkommen lassen, daß ihre Niederlage in der geänderten Volksstimmung ihren Grund s und daß die liberale Partei besorge, daß ihre Nieder- age bei den nähsten Landtagswahlen eine noh größere wer- den möchte. Von den Landräthen hoffe Redner, daß sie nah wie vor der rocher de bronze der Monarchie bleiben würden, als welcher sie sich bisher in allen Wechseln bewiesen hätten.

Der Abg. Frenzel glaubt nicht, daß die Kreisblätter, aus denen der Abg. von Hammerstein zitirt habe, von Land- räthen redigirt seien. Redner greift sodann unter Mitthei- lung von Einzelfällen die Verwaltung des bisherigen Land- ua in Jnsterburg an und beklagt sich über die Wahlbeein- flussungen, welhe im Regierungsbezirke Gumbinnen statt- gefunden hätten.

Der Abg. Jungck bestreitet die Richtigkeit der von dem Abg. Richter (Hagen) monirten hohen Liquidationen, welche r / po Selbstverwaltung des Kreises Niederbarnim aufge-

ellt seien.

Abg. Dr. Miquel stellte dem Centrum anheim, wenn es Geseßesverlezungen nahweisen könnte, bestimmte Anträge zu stellen. Mit allgemeinen Klagen sei nihts gethan, weil man die Sache nicht übersehen könne und_ nicht im Besize des Aktenmaterials sei. Aus seiner Heimath Osnabrück wisse er, daß die Kirchengeseße strikte und energish, aber auch human ausgeführt würden, so daß dort unnüte Erbitterung vermie- den werde. Fn dem benachbarten Westfalen würden die Ge- seße aber weit schroffer ausgeführt.

Hierauf erwiderte der Minister des Jnnern, Graf zu Eulenburg, was diesen leßten Punkt angehe, so gäbe er do

außer Gefahr dhrer 2 sein soll, entbehrt jeder Begründung.

zu bedenken, daß bei der Ausführung der Kirchengeseße die Stellung sehr stark in Betracht komme, welche die Bevölke- rung ihnen gegenüber einnähme.

Der Abg. Plath bedauert, daß durch den Abg. von Meyer ganz unmotivirte Angriffe gegen die Kreisrichter gefallen seien ; dieselben thäten nihts weiter, als daß sie ihr geseßlih garan- tirtes Staats3bürgerrecht, zu wählen und sih wählen zu lassen, wahrnähmen, und würden auf diesem loyalen Wege au ferner verharren.

Abg. Richter (Ha va erklärte, daß er neulich in einer Privatgesellschaft die Aeußerung gehört habe, es sei do merk- würdig, daß - die Krankheiten unter dem Vieh, seit der Dr. PELA Minister sei, gar nit aufhörten, bald Reblaus,

ald Koloradokäfer, bald Rinderpest vorherrschend sei; das sei doch zur Zeit des Ministers von Selchow besser gewesen. Es sei dies dieselbe Art zu urtheilen, die den Liberalen die Schuld an den Mißständen gebe, die die Kriege hinterlassen hätten und die wir ohne die neueren Geseße noch viel {lim- mer empfinden würden. Er bitte niht zu vergessen, daß be- sonders die Aufhebung der Wuchergeseße von allen konser- vativen Parteien votirt sei. Daß der Abg. von Meyer die Landräthe vertheidige, wundere ihn niht: Clericus clericum non decimat. Aber das müsse er doch betonen, daß er dem nicht beistimmen könñe, die Landrätye als den rocher de bronze des Sas hinzustellen. Jn Bezug auf die Liqui- dation im Kreise Niederbarnim bemerkt Redner, daß er seine Angaben bona fide gemacht habe, auf Grund der Mittheilun- gen eines Reichstagsahgeordneten.

Der Abg. Windthorst (Meppen) erklärte, dadur, daß ein- zelne Personen die Bestimmungen des Geseßes mißbräuchlich anwendeten, werde Nichts für den Werth der gesammten Geseß- gebung bewiesen. Die Landräthe hätten sih auch Verdienste um die Verwaltungsreorganisation erworben, wenn sie mit derselben auch nit einverstanden gewesen seien. Die Aeußerungen des Abg. Miquel habe er mit Befriedigung vernommen und er wünsche, daß auch der Minister dieser Ansiht wäre. Das günstige Zeugniß für die Bevölkerung von Osnabrück und Hildesheim im Gegensaß zu der westsälishen könne Redner nicht acceptiren, der Unterschied der Verhältnisse rühre her von dex verschiedenen Behandlung der Dinge durch die höheren Verwaltungsbeamten.

Abg. Dr. Miquel hielt seine vorher gemahten Aeußerun- gen ausreht, bat indessen nochmals den Minister, Alles zu thun, um den konfessionellen Frieden der Bevölkerung fo wenig als möglih zu stören.

Hierauf erwiderte der Minister des Jnnern Graf zu Eulen- burg, er sei mit den lezten Aeußerungen ganz einverstanden, müsse aber auch den Grundsaß aufrecht aiten: daß er die Beamten, auch die Kommunalbeamten, fragen müsse, ob sie die Geseße ausführen wollten. Er L sodann nicht behauptet, daß die Bevölkerung der Provinz Hannover um im Sinne des Abg. Windthorst zu sprehen den Maigeseßen gegenüber konniventer gewesen sei als die westsälishe. Er ie aber gegenüber der Verurtheilung der dortigen Behörden sich verpflichtet gefühlt, darauf hinzu- weisen, daß im Kampfe gegen die Maige)eße ein schr ver- schiedenes Verfahren beobachtet werden könne, und die Be- völkerung Westfalens habe den Behörden entschieden einen | shrofferen Widerstayd entgegengestellt,

/ Hierauf wurd„Knah einer Reihe; perfönliher Bemerkun- gen Kap. 95 genehmigt:

Zum Kap. 96 (Polizeiverwaltung von Berlin) beantragte cer Abg. Dr. Virchow, dasselbe an die Budgctkommission zu verweisen. Jm gleichen Sinne sprach sih auch der Abg. Windt- horst (Meppen) aus, während der Abg. Rickert den Antrag bekämpfte. Nach längerer Debatte, an der noch die Abgg. Dr. Himmermann und von Benda theilnahmen, beschloß das Haus, dem Antrage des Abg. Dr. Virchow keine Folge zu geben und sich bis Abends 71/7 Uhr zu vertagen.

Die - vorg-strige Abendsiß ung des Hauses dcr Abgeordnelen, welcher der Minister des Jnnern Graf zu Eulenburg und mehrere Regierungskommissarien bei- wohnten, wurde vom Präsidenten um 73/4 Uhr eröffnet ; das Haus seßte die zweite Berathung des Etats des Ministeriums des Fnnern fort. Zu Kap. 96 wiederholte Abg. Dr. Zimmer- mann den vorher bereiis abgelehnten Antrag, den vorliegenden Titel einer besonderen Kommission eventuell der Budgetkom- mission zu überweisen. Der Redner begründete 4 Antrag durch den Hinweis auf die Nothwendigkeit einer Reform des Polizeipräsidiums an Haupt und Gliedern. Die gegen- wärtige Organisation stamme aus dem Jahre 1822, einer Zeit, wo Berlin 200 000 Einwohner zählte. Es liege auf der Hand, daß die Stadt aus den Formen diefer Organisation herausgewachsen sei. Redner gab zu erwägen, ob man den beabsihtigten Zweck der Vermehrung des Personals für den Sicherheitsdienst nicht besser erreihe, wenn man die Sicherheitspolizei von einer Anzahl von Geschäften entlaste, die der eigentlichen Aufgabe der- selben ganz fern lägen. Redner schilderte hierauf die verschie- denen Unzuträglichkeiten in der Berliner Polizeiverwaltung, z. B. die Vereinigung von Orts- und Landespolizei in einer Behörde, die Vereinigung großer Massen von Schußleuten in den Revierwachen, die dadurh den Bezirkswachen entzogen würden, die Leistung des Polizeidienstes auf den Eisenbahn- höfen dur die Stadt und der große Kostenaufwand, den die Buen Uniformirung verursache, endlih die unpraktische

rganisation der Baupolizei und des M A Zur erfolgreichen Lösung ihrer Aufgabe müsse die Polizei mit der Bürgerschaft einheitlih zusammenwirken. Was sie allein thue, stehe alles auf schwankendem Boden.

Der Abg. von Wedell - Malchow hielt die von dem Vorredner entwidelten Gründe für die Ueberweisung an eine Kommission für durhaus nicht zutreffend. Hier han- dele es sich nicht um einen Antrag der Reorganisation des

olizeipräsidiums, sondern einfah um Bewilligung oder

ihtbewilligung größerer Mittel zur Verstärkung der Sicher- heit in der Hauptstadt, und einer solchen Frage gegenüber werde mit Ausnahme der Fortschrittspartei hoffentlich keine Partei sich negativ verhalten, wenn man erwäge, daß die höchsten Jnteressen, ja das Leben theurer Personen auf dem Spiele stehe. Nachdem der Reichstag das Sozialistengeseh angenommen habe, würde es dem Abgeordnetenhause \{lecht atitibes. die Mittel zu dessen Durchführung zu verweigern. Er bâte also, die Forderung der Regierung ohne weitere De- batte sans phrase zu bewilligen.

Hierauf erwiderte der Regierungskommissar, Geheime Regierungs-Rath von Kehler, die Bezirkswachen, welche nicht die Revierverwaltungsbeamten, sondern nur die sog. Sektions-

Schußmänner beschäftigten, hätten sich als praktish bewährt, um

in Fällen der Noth eine größere Anzahl Mannschaften zu pen, ohne daß diese dadur behindert würden, \ich mit en speziellen Verhältnissen ihres Bezirkes bekannt zu machen, Die Stadt trüge zu den Kosten der Ortspolizei nah dem diesjährigen Etat 982 177 M bei; diese Summe würde, wenn die jeßt geforderte Erhöhung des Personals bewilligt würde, sich nur auf 1 209 698 M erhöhen.

Der Abg. Dr. Virchow protestirte dagegen, daß die Forts\chritts- partei aus bloßer Opposition geneigt wäre, an fich nothwendige Ausgaben der Regierung zu verweigern. Auch würde nie- mand hoffentlih ihm und seinen Freunden unterschieben wol- len, daß ihnen die Sicherheit des Kaisers oder anderer höchster Personen weniger am Herzen liege, als E einer anderen Partei. Es handele sich um die materielle Prüfung der Zweck- mäßigkeit der geforderten Ausgaben, und wenn der Abgeord- nete von Wedell eine Bewilligung sans phrase verlange, so hôre überhaupt die ganze Budgetberathung auf. Die Regierung behaupte, daß die gegenwärtig vorhandenen Sicherheitsbeamten nicht ausreihten, Es frage si aber, ob dem vorhandenen Mangel nicht dadurch abgeholfen werden könnte, daß einzelne Zweige von der Polizei- verwaltung abgetrennt und der Kommune übertragen würden. Ein anderes Mittel, dem vorhandenen Mangel abzuhelfen, sei die Beseitigung der Einrichtung, zu bloßen Schreiber- diensten Schußleute zu verwenden und diese dadurch dem eigentlichen Exekutivdienst zu entziehen. Es geschähe dics nur deshalb, weil der Staat einen niht uniformirten Schreiber allein bezahlen müsse, während die sählihen Ausgaben für den Shußmann die Stadt zu tragen habe. Ein großer Mangel der Polizei sei ferner, daß die Shußmannschaft nach den verschiedenen Abtheilungen des Polizeipräsidiums einge- theilt sei und sich streng innerhalb dieses Rahmens bewege, \o daß z. B. ein Shußmann, der das Fuhrwesen zu üÜber- wachen habe, sich um gar nichts anderes sich kümmere, möge um ihn vorgehen, was da wolle; recht bedenklih erscheine es, daß man den Schwerpunkt derx Exekutivpolizei in die Bezirkswachen zu legen bemüht sei, dur welche die wihtigen Geschäfte der Revierpolizei mehr als zwecklmäßig sei, aufgefogen würden. Das Bedürfniß einer Verstärkung der höheren und Sicherheitspolizei erkenne er an und beantrage demgemäß, 1) die Mehrfo-derung für die höhere zur Disposition des Polizeipräsidenten stehende Polizei , sowie 2) für die Sicherheitspolizei im vollen Umfange, dagegen 3) die Mehrforderung für den Bureaudienst, für die Verstärkung des Bezirks- Wachdienstes und des Revierpolizei- Wachdienstes nur zur Hälfte zu bewilligen. Außerdem empfehle er 4) die Annahme einer Resolution, welche den Minister auffordere, dem Hause im nächsten Fahre den Plan einer Reorganisation des Polizeipräsidiums vorzulegen.

Der Minister des 7Fnnern, Graf zu Eulenburg, erwartete die unbeanstandete Bewilligung der in Rede stehenden Mchr- forderung, da dieselbe durch eine eingehende Denkschrift moti- virt sei. Er behalte sihch vor, auf Einzelbeshwerden der Vor- redner zurüclzukommen. Das hier in Betracht kommende Be- dürfniß stehe niht im Zusammenhang mit der Organisation des Polizeiprändiums, deren Anomalie nur in der glei{h- zeitigen Funktion dieser E als Orts- und Landes- polizeibehörde liege. Die Bezirkswachen absorbirten durh- aus nicht die Geschäfte der Reviere, für welche leß- tere ebenfalls eine Vermehrung der Mannschaften jeßt be- antragt werde. Die Shußmänner würden nicht zum Theil ausschließlich zum Schreiberdienste verwendet, fondern sie ver- richteten gleichzeitig den Straßendienst. Durch Civilschreiber würden nur geringe pekuniäre Ersparnisse gemacht werden, dagegen ginge die nöthige strafe Disciplin verloren. Die 12 Be- zirkswachen seien nothwendig, weil sie nah lokalen Anforde- rungen etablirt seien, das geforderte Personal sei durchaus für den Posten- und Patrouillendienst nöthig. Das Bedürf: niß nach Vermehrung der Polizei sei {hon seit Jahren dringend, und jeßt hätten die traurigen Ereignisse des vorigen Sommers die Befriedigung desselben zu einer un- abweislichen Nothwendigkeit gemacht. Die jeßige Vorlage sei detaillirt erwogen worden. Fm Jahre 1851 habe in Berlin die Polizeimannschast 1200 Personen bei 400 000 Einwohnern betragen. Bei der jeßigen Einwohnerzahl von einer Million müßten verhältnißmäßig mehr Polizisten bewilligt werden, als hier gefordert würden. Alle europäishen Großstädte wie Wien, London und Paris, hätten bedeutend mehr Polizei- “eiae wie Berlin. Er bitte um Bewilligung der Po- ition.

Unter Ablehnung aller Anträge wurde das Kapitel be- willigt, jedoch die Resolution Virchow mit 119 gegen 112 Stimmen angenommen. E

Die Berathung wandte sich dann dem Kapitel 97 (Polizei- verwaltung in den Provinzen) zu. Bei Titel 1(Königsberg i. Pr.) bedauerte der Abg. Röckerath, daß man die Diskussion über die Verinehrung der Polizei in Berlin so {nell geschlossen, und nicht gestattet habe, die Vermehrung der Ausgaben, die man fast überall für diesen Zweck in Anspruch nähme, einer gründ- lichen allgemeinen Erörterung zu unterwerfen. Die Folge davon sei, daß sich die Debatte nun an die Etats der Polizelt verwaltung anderer Städte anknüpfe und dadurch zerfplittere. Jmmerhin möge der Staat ein gewisses Jnteresse an den Vellieiverwaltungen der größeren Städte haben; jeden- falls sei es unbillig, daß diejenigen Gemeinwesen, welche mit erheblichen Opfern für ihre Polizei selbst Sorge tragen, glelGueitig noch für die so erheblich wachsenden Kosten der Königlichen Polizeiverwaltungen beizusteuern g& zwungen seien. Daß die Polizei ihrer CRDOS gegenwärtig in sehr mangelhafter Weise gerecht werde, sei anzuerkennen; es gâlte dies namentlich von ihrer Thätigkeit zur Unter- drückung obscöóner Abbildungen, aber hieraus folge noch nit die Nothwendigkeit einer Vermehrung des Polizeipersonals. Die Thatsache, daß überall da, wo die Kirche zurückgedrängt werde, der Ruf nah einer Vermehrung der Polizei sich hör

bar mache, liefere den Beweis, daß die Abhülfe des pelen |

wärtigen Mißstandes auf einem anderen Gebiete zu suchen sei. Er werde deshaib gegen den geforderten Mehrbetrag stimmen. Hierauf wurde le Position bewilligt, und ver? tagte sih das Haus um 10} Uhr auf Dienstag 11 Uhr.

Nach cinem Telegramm aus Olympia ist dort am 13. d. M. ein kolossaler weiblicher Kopf, archaischer Arbeit, B an der Nordostecke des Peribolus gefunden worden.

Nach der vom Reichs - Eisenbahn - Amt au? gestellten, in der Ersten Beilage veröffentlichten Nachweisung über im Monat Oktober d. J. beförderte Züge 11° deren Verspätungen wurden auf 57 größeren Eisen bahnen Deutschlands (exkl. Bayerns), mit einer

mtlänge von 26 636,12 km, an fahrplanmäßigen Zügen (Górdert: 12 134 Courier- und eret 78 084 Personen- üge, 40075 gemischte und 70548 Güterzüge; an außer- i lanmäßigen Zügen : 1486 Courier-, Personen- und ge- mischte, und 33 503 Güter-, Materialien- und Arbeitszüge. Jm Ganzen wurden 636 922 690 Achskilometer bewegt, von genen 180 976 959 Achskilometer auf die fahrplanmäßigen Züge mit Personenbeförderung entfallen. s verspäteten von den 130 293 fahrplanmäßigen Courier -, Personen- und gemishten Zügen im Ganzen 1242 oder 0,95 pCt., (gegen 1,16 pCt. in demselben Monat des Vorjahres, und 1,32 pCt. im Vormonat). Von diesen Verspätungen wurden jedo 596 dur das Abwarten verspäteter Anschluß üge hervor- gerufen, so daß aus im eigenen Betriebe der betreffenden Bah- nen liegenden Ursachen 646 Verspätungen oder 0,50 pCt. (gegen 0,60 pCt. im Vormonat) der beförderten Züge entstanden. Jn demselben Monat des Vorjahres verspäteten auf 57 Bahnen durch im eigenen Betriebe liegende Ursachen 791 Boe: leich 0,61 pCt., sonach 0,11 pCt. mehr. n Folge er Verspätungen wurden 170 Anschlüsse versäumt (gegen 150 in demselben Monat des Vorjahres und 204 im Vormonat).

Jn den deutshen Münzstätten sind bis ?um 7, Dezember 1878 geprägt worden, an Goldmünzen: 9301170 M Kronen, hiervon auf Privatrechnung 9301 170 #4. Vorher waren geprägt: 1243 512 220 M Doppelkronen, 393 763 520 4 Kronen, 27 969 925 # Halbe Kronen, hiervon auf Privatrehnung geprägt 345 634 430 M; bleiben 1 243 421 080 #4 Doppelkronen, 395 995 200 4/4 Kro- nen, 27 969 845 6 Halbe Kronen, Summa 1 667 386 125 M,

Bis Ende November 1878 sind für Rechnung des Reichs Silbermünzen im Werthe von 1 043 150 037,38 4 (832 619 766,42 A in TZhaler- und 210 530 270,96 # an- derer Währung) und Kupfermünzen im Werthe von 3512 278,65 M, zusammen 1 046 662 316,03 4 zur Ein- ziehung gelangt.

Von der durch den Erlaß vom 23. Juni 1874 den Regierungen ertheilten Ermächtigung zur Bewilligung der nah 8. 2 des Geseßes vom 5. Juni 1874 zulässigen Befreiung solher Gewerbetreibender der Steuerklasse B., welche nur den niedrigsten Steuersaß dieser Klasse aufzubringen ver- mögen von der Gewerbesteuer, ist, nah einem Cirkularerlaß des Finanz-Ministers vom 2. d. M., in den verschiedenen Be- zirken ein ungleihmäßiger, der Absicht des Gesetzes nicht überall entsprehender Gebrauch gemacht worden. Der Finanz-Minister hat sih dadurch veranlaßt gesehen, die in dem gedachten Erlasse vom 23. Juni 1874 und in der ergänzenden Cirkukar - Ver- fügung vom 14. August desselben Fahres enthaltenen Bestim- mungen über diesen Gegenstand L: j zu modifiziren, daß bei der Entscheidung über die Bewilligung der Steuer- freiheit auf Grund des vorbezeichneten Geseßes von den

ragen:

e das betreffende Geschäft als ein nüßlihes Gewerbe anzusehen, und ob der betreffende Gewerbetreibende nicht in der Lage sei, fi in einer vortheilhafteren Weise zu be- schäftigen,

fortan akzusehen sei. Die Entschließung ist vielmehr lediglich

davon abhängig zu machen, daß

I. der betreffende wewerbebetrieb unzweifelhaft nah den für die Steuervertheilung in der Klasse ß. maßgebenden Grundsäßen nur zur Veranlagung mit dem geringsten Steuersaße geeignet ist, und daß zugleich ;

IT. besondere Urnstände nachgewiesen werden, wegen deren die Entrichtung selbst des geringsten Steuersaßes als eine drückende Last für den betreffenden Gewerbetreibenden er- achtet werden muß.

Die Berücfsihtigung der individuellen Verhältnisse des Gewerbetreibenden (große Dürftigkeit, Krankheit, Gebrechlich- keit, Alter u. \. w.) i} hierbei, wenn über den Punkt zu 1. kein Zweifel obwaltet, durchaus gerechtfertigt.

Unter Festhaltung dieser Voraussetzungen sind die Re- gierungen zur selbständigen Bewilligung der Steuerbefreiung mit der Beschränkung ermächtigt worden, daß es der Einholung der vorgängigen Genehmigung des Ministers bedarf, wenn der Gesammtbetrag der Befreiungen für jedes Veranlagungs- jahr in den einzelnen Rollenbezirken der ersten Abtheilung 5 Proz., der zweiten Abtheilung 4 Proz., der dritten und vierten Abthei- lung 3 Proz. des Sollbetrages an Gewerbesteuer der Klasse B. über- steigen sollte. :

Behufs Berechnung des Sollbetrages ist der Mittel- say mit der bei Ausstellung der Gewerbesteuerrolle vor- handenen Zahl der Steuerpflichtigen der Klasse B. des Rollen- bezirks einschließlich derjenigenGewerbetreibenden, welchen die Befreiung bewilligt werden soll, zu multipliziren, wobei jedoch die auf Grund des §. 15 Absaß 2 des Geseßes vom 19. Juli 1861 mit dem Mittelsay der Klasse B. zu besteuernden Kleinhändler mit geistigen Getränken außer Betracht bleiben. .

Die bisherige Beshränkung der Anzahl der freizustellenden Gewerbetreibenden auf ein Drittheil der zum niedrigsten Steuersaße herangezogenen und der steuerbesreiten Personen findet keine Anwendung mehr.

Sollte sich der vorstehend normirte Prozentsaÿ des Steuersolls ausnahmsweise unzulänglih erweisen, so ist die für nothwendig erahtete Erhöhung desselben unter eingehen- der Motivirung des Bedürfn es zu beantragen.

Endlich sind die Regierungen ermächtigt worden, die Bewilli-

ung der Steuerfreiheit innerhalb der oben kestimmten Beschrän- ung hinsichtlih des Gesammtbetrages nach ihrem pflihtmäßigen

Ermessen auch solchen Personen, welche das Gewerbe erst be-

nen (Zugängern), zu Theil werden zu lassen, und zwar ei Ea Zutreffen d:r erforderlihen Vorausseßun-

e sowohl vom Beginn des Gewerbes an, als auch nach er- olgter Veranlagung.

Der General-Lieutenant von Rauch 1, Commandeur der 9. Division, hat sich nach Glogau zurückbegeben.

S. M. Kanonenboot „Cyclop“, 4 Geschüße, Kom- mandant Kapt. Lt. von Shuckmann I., hat am 20. Oktober cr. Nagasaki verlassen und ist am 23. dess. Mts. in Shanghai eingetroffen.

Bayern. München, 13. Dezember. (Allg. Ztg.) Der Ausschuß der Abgeordnetenkammer hat in seiner heutigen Sißung auc die zweite Lesung des Entwurfs eines Ausführungsgeseßes zum Reihs-Gerichtsver- fassungsgeseh beendigt, und es erlitten die Beschlüsse der ersten Lesung nur einzelne Modifikationen. Der Aus\{huß hat nun die ihm vorgelegten vier Geseßentwürfe seinerseits erledigt und kann erst wieder eine Sizung abhalten, wenn

ihm die Beschlüsse des Ausschusses der Reihsrathskammer über die Ausfü rungsgeseße zur Reichs-Civil- und Straf- prozeßordnung und zum Reichs-Gerichtsverfassungsgeseße zuge- gangen sein werden.

Hessen. Darmstadt, 14. Dezember. (W. T. B.) Jn Folge des Ablebens der Frau Großherzogin Alice ist ein Os Hostrauer (bis zum 7. März) angeordnet worden.

__ Mecklenburg. Malchin, 14. Dezember. (W. T. B.) Die Stände sind auf den Vorschlag der Regierungen einge- gangen und werden Deputirte wählen, um die Berathungen r Ne Modifikation der Landesverfassung vorzu-

ereiten.

Sachsen - Altenburg. Altenburg, 13. Dezember. (Leipz. Ztg.) Auf Befehl Sr. Hoheit des Herzogs hat das Herzogliche Ministerium, Abtheilung für Kultus, angeordnet, daß am nähsten Sonntag in allen Kirchen des Landes ein besonderes Dankgebet für die glückiiche völlige Wieder- genesung Sr. Majestät des Deutschen Kaisers ab- gehalten wird.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 14. Dezember. (W. T. B.) Der Kaiser hat den FZM. Baron Philippovic einge- laden, nah Pest zu kommen und in der Ofener Burg Ab- steigequartier zu nehmen. Baron Philippovic trifft, wie bereits gemeldet, heute Abend in Pest ein.

_ Pest, 14. Dezember. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung der ungarischen Delegation unterzog Graf Apponyi die auswärtige Politik der Regierung einer eingehenden Kritik und trat für das Minoritätsvotum ein. Nachdem sodann noch Miron Fiath Ladislaus Szoegyenyi für den Bericht des Ausschusses gesprochen hatte, richtete sih Graf Andrassy in einer längeren Rede gegen die Einwendungen der Redner der Opposition und widerlegte deren Ausführungen. Die Einverleibung von Serbien und Montenegro wäre die schiesste und unglücklichste Politik gewesen, die man hätte befolgen können. Serbien sei wohl auch ein slavischer Staat, aber zugleih ein unabhängiger, mit einer Versassung und eigener nationaler Entwickelung. Das serbische Volk hätte es nie verziehen, wenn ODesterreih ihm seine Unabhängigkeit genommen hätte. Ein Gleiches gelte ron Montenegro. Statt des Dankes würde Desterreih ewige Feindschaft eines unge- theilten Elementes gewonnen haben. Graf Andrassy wider- legte sodann die Behauptung des Grafen Apponyi, daß Rußland heute ungehindert durch Rumänien aus- und ein- gehen fönne, wie durch sein eigenes Gebiet. Der Minister betonte hierbei , der Berliner Kongreß habe ein unabhängiges Rumänien geschaffen, welches die Scheidewand zwischen der Türkei und Nußland bildet. Durch die von der Regie- rung befolgte Politik sei der Eatshluß Rumäniens, seine Rechte zut vertheidigen, ein viel größerer geworden als er früher gewesen. Schlieflih widerlegte Graf Andrassy die Besorgnisse, daß die Ofkkupation den Dualismus erschüttern würde; weder die geographische noch die ethnographische Lage der ofkupirten Länder sei von solcher Art, daß sie die Mon- archie erschüttern oder den Schwerpunkt derselben anders wohin verlegen würden. Die Rede wurde von anhaltendem lebhaften Beifall begleitet. Schließlich wurde bei der Ab- stimmung über den der Regierung zu gewährenden außer- ordentlichen Heereskredit pro 1879 der Antrag Hegedue's, unter Vorbehalt einer nahträglihen Verrehung 20 Millionen zu bewilligen, mit großer Majorität angenommen.

15. Dezember. (W. D. B.) Die Delegation des Reichsrathes trat den meisten differirenden Beschlüssen der ungarischen Delegation bei, beharrte jedoch bezüglih der Be- rittenmahung der Hauptleute, der ersten in Höhe von 300 000 Fl. für die Erbauung eines neuen Citadellschiffes zu zahlenden Rate und bezüglih zweier unwesentliher Posten auf den bereits gefaßten ablehnenden Beschlüssen.

Großbritannien und Zrland. London, 16. Dezember. (W. L. D) Der Dod ZJhrer: Könialthen Hoheit der Großherzogin von Hessen hat im ganzen Reiche die tiefste Betrübniß und die herzlihste Theil- nahme für die Königlihe Familie hervorgerufen. Alle Londoner Blätter sind mit Trauerrand erschienen und widmen der Verstorbezen die wärmsten Nachrufe. Die Königin ist tief niedergebeugt, die Gesundheit Fhrer Majestät hat indeß nicht gelitten. Die Uebersiedelung des Hofs nah Osborne ist aufgeschoben worden.

Den „Daily News“ wird aus Peshawur, von gestern, gemeldet, dem Vernehmen nah habe General Browne, ohne auf Widerstand zu stoßen, den Vormarsch nach Jellala- bad begonnen. Von der Bevölkerung Jellalabads werde die Besetzung der Stadt herbeigewünscht.

Nach einer Meldung aus Capetowne hat der Gouverneur dem Könige der Zulus, Cetewayo, ein Ultimatum übersandt.

Bristol, 14. Dezember. (W. T. B.) Bei der heutigen Wahl eines Mitgliedes zum Unterhause wurde Fry (liberal) mit 9342 Stimmen gegen Jvor Guest (konservativ) gewählt, der 7795 Stimmen erhielt.

ahore, 15. Dezember. (W. T. B.) General Roberts. hat die Rekognoszirung des Shutergard.an am 9. d. M. beendet; die Truppen leiden von der starken Kälte. Der Vormarsch is} soweit als nöthig beendet. Der Weg bis zur Spitze des Khotuls war télcbter als man erwartet hatte. General Roberts ist am 10. d. M. nah Alikhel zurückge- kehrt, ohne einen Shuß abgefeuert zu haben. Die Stämme der czFagis und Ghilzais haben sih als freundlich gesinnt gezeigt. Die Stellung bei Peiwar ist in Vertheidigungs- zustand geseßt worden. Oberst Browne meldet, daß bei Dakka alles ruhig ist. General Biddulf hat den Kojeck-Paß beseßt. Es befindet sich nun kein Paß mehr in feindlihen Händen. :

Frankreich. Versailles, 14. Dezember. (W. T. B.)

Bei der s des Budgets für das Ministerium der Auswärtigen Ange Lr ebo in der heutigen Senats- sizung richtete der Vicomte de Gontaut-Biron eine A über die Ausführung des Berliner ertrages an die Regierung. Der Jnterpellant versicherte, keine Kritik ausüben zu wollen, er wünsche vielmehr nur, über die Zukunft vergewissert zu werden. Der Minister des Auswärtigen, Waddington, erklärte in Beant- wortung der Interpellation, daß die Jnstruktionen, welche di e

Bevollmächtigten Frankreichs für den Berliner Kongreß gehabt,

dahin gegangen wären, die C Frankreichs zu verthei- digen, den europäischen Frieden aufreht zu erhalten, die Neu- tralität Frankreihs in keiner Weise zu kompromittiren und jede Verpflichtung für die Zukunft zu vermeiden. Die Be- vollmächtigten hätten sich ihrer Aufgabe in loyaler Weise ent- ledigt. Er (der Minister) sei der Meinung, daß der Friede von der Ausführung des Vertrages abhängig sei. Er könne fonstatiren, daß zahlreihe Bestimmungen des Vertrages schon ausgeführt seien. Frankreich habe die Jnteressen Griechen- lands vertreten, weil eine solche Haltung feiner traditionellen Politik entsprähe. Die Verhandlungen in der griechischen Angelegenheit seien noch in der Shwebe. Frankreich sei bei derjelben der Mitwirkung der anderen Mächte versichert wor- den. Es werde sih diesè Mitwirkung - als eine europäische, auf die Jnitiative Frankreihs hin unternommene Aktion dar- stellen. Europa seße Vertrauen in die französische Regierung. Frankrei habe keine Verpflichtung übernommen, werde auch feine eingehen und werde frei bleiben, wie es frei den Kongreß verlassen habe.

__ Auf eine Jnterpellation Larcy's erklärte der Mi- nister des Fnnern, daß er das Vorgehen des Maires von Marseille billige, welher Prozessionen verboten hatte, die man zu politishen Manifestationen ausbeuten wollte. Er werde dafür Sorge tragen, daß das Geseß von Allen ge- achtet werde.

Jtalien. Ueber den Verlauf der Kabinetskrisis liegen folgende Meldungen des „W. T. B.“ vor:

Rom, 14. Dezember, Abends. Cairoli zeigte heute dex Deputirtenkammer an, daß der König die Demission des Kabinets angenommen habe, und daß das Kabinet die Geschäfte bis zur Bildung des neuen Ministeriums fortführen werde. Die Kammer vertagte sih hierauf. Der ais qt mit mehreren P EECCLER Dan politischen Persönlichkeiten B e- sprechungen über die noch immer s{chwierige parlamen- tarische Lage gehabt. Gestern Abend. fand eine Versamm- lung der Führer der Rechten statt, um sich über die ferner von ihnen zu beobachtende Haltung in Einvernehmen zu seßen. Cairoli wohnte einer Versammlung der Führer der Linken bei, um zu prüfen, ob eine Vereinbarung mög- lih sei. Die Jdee, ein neues Kabinet aus Elementen aller Fraktionen zu bilden, stößt auf Schwierigkeiten.

Weitere Meldung. Cairoli hat auf die Bildung eines neuen Kabinets verzichtet, da Anzeichen einer neuen Koalition der Fraktionen der Kammer gegen ihn zu Tage ge- treten sind. Cairoli bezeichnete dem Könige den Präsidenten der Deputirtenkammer, Farini, als die geeignetste Persönlich- keit zur Bildung des neuen Kabinets; Farini hat dieselbe jedoch abgelehnt. Der König konferirte sodann mit den Führern der verschiedenen Fraktionen der Kammer und beauftragte in Folge dieser Konferenzen Depretis mit der Kabinctsbildung. Letterer hatte eine Unterredung mit verschiedenen politischen Persönlichkeiten.

15. Dezember. (W. T. B.) Depretis übernahm nah einer Besprechung mit mehreren Staatsmännern die

AN: T 44 n444 ali a4 411 GiTS 47 L ILUi, Ct A DLILCI JgU VLLOUC,

Türkei. Konstantinopel, 15. Dezember. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten aus Philippopel vom 14. d. Mts. 1 der Finanzdirektor von Ostrumelien, auf seiner Reije Behufs Jnspizirung der Kassen in Jenizagra von der bulgarishen Bevölkerung gewaltsam zur Einstellung seiner Funktionen und zur Rückreise gezwungen worden.

Afrika. Egypten. Alexandrien, 14. Dezember. (W. T. B.) Das Amtsblatt veröffentlicht einen Erlaß des Finanz- Ministers Wilson, durch welchen die Abschaffung der en g- lishen und französischen Generalcontroleure vor- eshlagen wird, vorausgeseßt, daß die Staatsschuldenkasse sich Bier einverstanden erklärt. Das italienishe Mitglied der Staatsschuldenkasse, Raravelli, is zum Ober-Berichterstatter ernannt worden; Blum wurde zum Unter-Staatssekretär im Finanz-Ministerium und Fißgerald zum Generalcontroleur der Rechnungen ernannt.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Pest, Montag, 16. Dezember. Jm Abgeordnetenhause wurde die Vorlage über die Verlängerung des Wehrgeseßes mit bedeutender Majorität angenommen ; dagegen stimmte nur die äußerste Linke,

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentliungen des Kaiserlichen Gesu-ds- heitsamts sind in der 49, Jahr:28woche von je 1000 Bes wohnern, auf den Jahresdurchscchnitt bereWwnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 24,8, in Breslau 25,9, in Königsberg 25,6, in Cöln 20,6, in Frankfurt a. M. 18,7, in Hannover 16,4, in Cafiel 27,2, in Maadeburg 22,3, in Stettin 22,2, in Altona 27,4, in Straßÿ- burg 25,7, in München 30,2, in Nürnberg 33,1, in Augsburg 37,9, in Dresden 23,5, in Leipzig 19,6, in Stuttgart 21,9, in Sie 16,3, in Karlsruhe 17,3, in Hamburg 27,1, in Wien 28,3, in Buva- pest 31,0, in Prag 30,9, in Triest 33,0, in Basel 20,9, in Brüffel 18,0, in Paris 23,6, in Amsterdam 24,4, in Kopenhagen 17,0, in Stoctholm 21,7, in Christiania 15,6, in St. Petersburg 35,8, in Warschau 26,9, in Odessa 28,7, in Bukarest 39,5, in Rom 20,2, in Turin 31,4, in Athen —, in Lissabon 30,6, in London 29,4, in Glasgow 25,6, in Liverpool 33,4, in Dublin 37,6, in Edinburgh 22,2, in Alexandria E, 38,0. Ferner aus früheren Wochen : in News ae —, in Philadelphia 16,9, in Boston —, in Chicago —, in

an Franzisîo 15,3, in Calcutta 41,7, in Bombay 31,6, in Madras 44,2. Ï

Beim Beginn der Berichtswoche herrschten an den meisten deutschen Beobachtungsstationen südliche und südwestliche, in Bremen südöstliche, in München nordöstliche Luftströmungen, die im Laufe der Woche über Oft ziemlih geme in nördliche Windrichtungen übergin;en. Jn der zweiten Hälfte der Woche machten sich an ein- zelnen Stationen südliche, in München und Cöln westlihe Wind- rihtungen geltend, doch gingen sie zum größten Theil in Nordwest und am Schluß der Woche allgemein in westliche und südwestliche um. Die Temperatur der Luft überstieg das Monatsmittel. Nieder- s{läge, zum Theil in Schneeform, sapben häufig statt. Der Luft- dru stieg im Anfange der Woche, fiel aber dann und behielt bis zum Schlusse der Woche sinkende Tendenz.

Die Sterblichkeitsverhältnisse der meisten größeren Städte haben sich mit Ausnahme der ena en, in der Berihegwoce günstiger estaltet und weisen kleinere Verhältnißzahlen auf. Die allgemeine

terblihkeitsverhältnißzahl für die deutshen Städte sank von 26,0 der Vorwoche auf 24,2 (auf 1000 Bewohner und aufs Jahr be-

rechnet). Jn % n meisten Städten zeigt sich der Antheil des Sänge-