1844 / 251 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

- ach Paris gebracht hatte, übergab sie, in Abwesenheit des aps E die Hünde des General-Lieutenants, Baron Petit, Kommandanten des Jnvalidenhaufses , der dieselben in Gegenwart der Jnvaliden in Empfang nahm. An demselben Morgen wurden von 6 auf dem Marsfelde vereinigten Infanterie - Bataillonen unter den Besehleu des so eben nah Paris zurückgekehrten Marschall Se- bastiaui, vor einem zahlreichen Generalstabe und einer großen Volks= menge ein Theil der Manöver der Shlaht am Jsly ausgeführt, namentlich die Bildung des großen und der kleinen Carrés, die mit großer Präcision geschah. Heute sollen Kavallerie- Manöver folgen, und später will man die ganze Schlacht darstellen,

Herr Thiers ist vorgestern, von Dieppe kommend, hier einge- troffen, und hat gestern zu Neuilly eine dreistündige Unterredung mit dem Könige gehabt. Dem Vernehmen nah wird er jedoch gleich wieder abreisen und den September und Oktober in Lille zubringen, um dort sein Geschihtswerk über Napoleon zu beendigen.

Herr Martinez de la Rosa hat gestern Paris verlassen, um si in Begleitung des Herrn Ruiz d’Arana, der am spanischen Hofe die fremden Gesandten einzuführen hat, nah Spanien zu begeben.

Wie verlautet, sollen auf Verwendung des Herzogs von Ne- mours in diesen Tagen die Zöglinge der polgtechnishen Schule auf- gefordert werden, in dieselbe zurückzukehren und sich den Prüfungen vor den früher ernannten Examinatoren zu unterziehen, in welchem Fall sie keine weitere Folgen zu befürchten haben würden, während die Widerspänstigen aus den Listen der Schule gestrichen werden sollen.

Das Motiv zu der Rückkehr des Marschall Bugeaud von der ma= rokfanishen Gränze sucht der Constitutionnel nicht in der Gewißheit, daß der Krieg mit Marokko so gut als beendigt und von Seiten der feind=- lihen Armee nichts mehr zu besorgen sei, sondern vielmehr in der Unmöglichkeit, sih mit einem bedeutenden Armee-Corps in jener Ge- gend längere Zeit zu halten. „Der Marschall“, bemerkt das ge nannte Blatt, „ist nah scinem Siege nicht auf dem Terrain geblie- ben, wo er den Kampf geliefert hatte. Er ging eine Stunde über das maroffanische Lager hinaus, bis Kudiad Abd el Rhaman ; hier= durch wollte er ohne Zweifel zeigen, daß er Herr seiner Bewegungen seiz aber es mahte s{ch Wassermangel fühlbar, und seit- dem ein Paar der von Gasauat kommenden Convois ge- plündert worden, war, aus Mangel an Transport - Mittelu, auch die Verproviantirung shwieriger; er mußte sih daher entschlie- ßen, sein Armee-Corps zu dislociren, und nur die zur Vertheidigung des Lagers von Lalla Magrnia nothwendig erforderlichen Mannschaf= ten dort zu lassen. Die Truppen, welche er zu sich berufen, kehren in diesem Augenblick wahrscheinlih nach ihren Garnisonen zurück, und der Marschall selbst gedachte um die Mitte September in Algier ein- zutreffen. Die Jahreszeit erlaubte uns nicht, länger im Felde zu bleiben, und den Sieg zu benuben, um die ershreckten und entmuthig- ten Araber zu verfolgen. Mit Freude bemerken die englischen Blät- ter, daß Abd el Rhaman und Abd el Kader Zeit haben werden, wieder Kräfte zu sammeln und ihren Widerstand zu verlängern. So- viel ist jeßt wohl gewiß, daß der Marschall keine Friedens- Vorschläge von Seiten des Kaisers empfangen hat, Was uns in Algerien jeßt besonders fehlt, sind Transportmittel, und wie

1358 befand, nah Paris berufen worden sei. Man {ließt daraus , daß die Regierung die Nothwendigkeit der Rückehr desselben nah London erfannt habe, und daß demnächst der Graf von Jarnac, dem einst- weilen die Führung der französishen Botschafts-Geschäfte daselbst oblagen, davon wieder werde entbunden werden,

_Es bestätigt sih, daß die hervorragenden Personen der legi- timistishen Partei eine neue Zusammenkunft in diesem Herbste zu Venedig zu halten beabsihtigen; aber es erweist sich nun, daß Herr von Chateaubriand, der von den Männern seiner eigenen Partei in dem neulih vor den Assisen hier abgehandelten Prozesse wegen eines legitimistishen Komplotts sehr bloßgestellt worden is, an diesem Kongresse keinen Theil nehmen wird. Die dur die Anklage-Akte jenes Prozesses zu Tage gekommenen Enthüllungen haben den edlen Vi- comte tief verleßt. Er unternimmt blos eine Reise, um der eben so edlen als unglüdcklihen Herzogin von Angoulème einen Besuch zu machen.

Einige englische Blätter berichten, seitdem der englishe Commo- dore Purvis bei seiner Regierung in Ungnade gefallen und aus den Gewässern des La Plata = Stromes nah Rio Janeiro abgereist sei, habe General Paz, Plak = Gouverneur der Stadt Montevideo, die Unmöglichkeit längerer Vertheidigung erkennend, diese Stadt verlassen und bei den Jusurgenten der brasilianishen Provinz Rio Grande Zu- flucht gesucht. Diese Nachrichten bedürsen noch sehr der Bestätigung. Der General Paz hätte niht zur See sich nah Rio Grande bege- ben fönnen, da er nah Brafilien unerkannt hätte gelangen müssen. Um aber auf dem Landwege dahin zu gelangen, hätte er zuvörderst die Linien Oribe’s vermeiden müssen, welhe die Umgebungen von Montevideo beseßt halten, und ferner hätte er durch die Guerillas des Generals Riveira, seines persönlichen Gegners, durchkommen müs sen. Dieser aber würde kaum ermangelt haben, ihn als Ueberläufer festnehmen zu lassen. Wäre aber die Entweichung des Plaß-Gouver- neurs von Montevideo richtig, so würden besonders die Franzosen, welche für die Sache von Montevideo die Waffen ergriffen, in einer fritishen Lage und die Opser ihrer Hingebung für eine Sache sein, welche von den am meisten Betheiligten, nah dem Beispiele ihres Hauptes, des Generals Paz, im Stiche gelassen wird.

Nachschrift. Briefe aus Tanger vom 20. August, welche heute eingetroffen sind, melden, daß jene Stadt von dem Bombardement sih nur langsam erholt, und daß die fremden Konsuln ihre Landsleute noch immer von der Wiederausschiffung daselbst abzuhalten suchen, weil man fürchtete, auch die Spanier könnten demnächst die Feind= seligkeiten gegen den Plaß beginnen. Es erhellt hieraus, daß die an- geblih schon erfolgte Verständigung zwishen Spanien und Marokko doch noch nicht sicher is, oder daß der Kaiser gegen Spanien jebt nur dieselbe Politik der Täuschung gebraucht, die er vergeblich gegen Frankreih anzuwenden suchte. Auch mit der Geneigtheit des Kai sers zum Friedens\hlusse mit Frankreich scheint es nicht weither zu sein, und man fürchtete daher, der Prinz von Joinville könnte zurück= fommen, das Bombardement von neuem beginnen und diesmal die Stadt, die das erste Mal so ziemlich verschont geblieben, vollends in Asche legen. Die Nachrichten von den französishen Waffen-Erfolgen zu Mogador und am Jsly hatten denn doch die maurishen Behörden

wir hören, soll eine Lieferung von 3500 Sagumthieren in denjenigen unserer Departements, wo man sih mit der Zucht derselben besbäf= tigt, ausgeschrieben werden. Auch unsere Flotte wird sehr hald die See nicht mehr halten fönnen und nah Cadix oder den kanarishen Juseln ihre Zufluht nehmen müssen. So wäre denn, wie auch der Adjutant des Prinzen von Joinville, Herr Touchard, an den franzsü= sischen Konsul zu Cadix geschrieben hat, der Feldzug sür dieses Jahr beendigt.“

Nach zwei Stunden vor Eingang der Devesche, welche das Bombardement von Tanger meldet, soll Herr Guizot, wie der Cou- stitutionnel ganz bestimmt zu wissen behauptet, dem englischen Botschafter versichert haben, man werde Tanger nicht angreifen.

Das General-Conseil des Seine- und Marne-Departements vo- tirte bisher stets die Summe von 3000 Fr. für den Bischof von Meaux, die schon einen feststehenden Posten in dem Budget des De- partements bildete, Jn diesem Jahre aber hat das Conseil dem Bischof seine Theilnahme an dem Streit mit der Universität auf eine ziemlih fkleinlihe Weise entgelten lassen, indem es diese Be- willigung um 100 Fr. verkürzte. Der Vorschlag wurde von dem Grafen von Haussonville, Schwiegersohn des Herzogs von Broglie, vergebens bekämpft. Ein anderes General = Conseil, das des Maine- und Loire- Departements, hat gegen das Privilegium protestirt, wel- hes die Nonnen genießen, ohne vorherige Prüfung über ihre Fähig- feiten das Amt von Lehrerinnen übernehmen zu dürfen, und darauf angetragen, daß dieselben dem allgemeinen Geseß unterworfen würden,

etwas stubig gemacht, sie scheinen endlich doh das Gefühl ihrer Schwäche gegen die Ueberlegenheit der ristlihen Mächte zu bekennen. Sie hatten fortwährend Besprehungen mit dem neapolitanischen Konsul, Herrn de Martino, der auch mit Vertretung der f}ranzösischen und spanischen Juteressen begustragt is. Es soll ihm gelungen sein, den Mauren einige Achtung vor dem Völkerrechte einzuflößen und sie zu Respektirung des Eigenthums der Franzosen zu vermögen, die Tan- ger hon vor dem Bombardement verlassen hatten. Er war es be- fanntlih auch gewesen, der von dem Pascha von Larrache die Er=- laubniß zur Einschiffung der Franzosen und übrigen Europäer erlangt hatte. Bei keinem früheren Anlaß ähnlicher Art war in Marokko eine solhe Erlaubniß ertheilt worden. Herr de Martino hat durch seine aufopfernden Bemühungen den Dauk aller mit Marokko in Ver= fehr stehenden Staaten verdient, Cin Sohn des Kaisers stand seit dem 6, August im Lager außerhalb Tangers, aber Niemand begriff, warum er gekommen war.

Großbritauien und Irland.

London, 3. Sept, Am Sonnabend (31, August) Nachmittags traf Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen in Schloß Windsor zum Besuch bei Jhrer Majestät der Königin ein, nachdem Höchstder- selbe die Reise von Brislol dorthin in der kurzen Zeit von drittehalb Stunden zurückgelegt hatte. Jn seiner Begleitung befanden sich der preußishe Gesandte, die Grafen von Königsmark und von Pückler, Baron Schleiniß und Capitain Meynell. An demselben Tage langten

ck Paris, 3. Sept. Wir sind bis jeßt ohne alle weiteren bestimmten Nachrichten von der Flotte des Prinzen von Joinville sowohl, als von der Armee des Marschall Bugeaud. Doch weiß mau, daß der Kaiser Muley Abd el Rhaman, troß seiner schwierigen Lage, Mequinez niht verlassen hat, Der Grund is ganz einfah, da sich À dort seine Schäbe befinden, die auf ungefähr funszig Millionen ge- è \{chäßt werden. :

Gestern muß zu London in einem von Lord Aberdeen zusammen-

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gien

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Betreff der Differenzen wegen Otaheiti berathen worden sein, Was

daselbst beschlossen worden, wird aber s{werlich vor Ende der Woche Die Lage des F englishen Kabinets in dieser Frage i}, wo möglich, noch s{hwieriger, F als die des französischen; auch in England befindet sich das Kabinet F

bekaunt werden und läßt sich schwer voraussehen.

ziemlich heftigen Leidenschaften gegenüber, und diese sind durch die Ÿ Worte, welche glei bei der ersten Anregung der betreffenden Frage im Parlamente gefallen, natürlich niht beruhigt worden. Anderer-

seits fann das britishe Kabinet so wenig als das französische an eine

an sich so unbedeutende Frage, wie die wegen des Herrn Pritchard, F

die Erhaltung des Friedens zwischen den beiden großen Ländern knüpfen, Schon aus diesen Schwierigkeiten wird begreiflih, daß die Antwort des britischen Kabinets an das französische nur nah reiflihster Erwä- gung aller möglichen Folgen, also siherlich nicht allzu schnell, erfolgen werde, Man will wissen, îm britishen Kabinet sei es vorzüglich der Herzog von Wellington, der, in dem Verfahren der französischen Behörden auf Otaheiti gegen Pritchard eine die ganze englische Nation verleßende Handlungsweise erblickend, auf dem Verlangen einer vollkommenen Genugthuung in weit größerem Maße, als sie das französische Kabi- net bis jeßt zugestehen will, bestehe, während Lord Aberdeen die Sache mit größerer Ruhe betrachte, ihr nicht diese hohe Bedeutung fog und vor Allem das höchste Jnteresse im Auge behalte, näm- E q Aufrechthaltung des guten Verhältnisses zwischen beiden Län- sei m LOEE allein ein wahrer und dauerhaster Friede möglich i Parl hat Lord Aberdeen angekündigt, daß er in dem Falle, Schmier aOmente tin Versuch zu Juterpellationen in Betre} der entschlofen Ce zwischen England und Frankreih gemaht würde, Erkiliruna «bra mai auf eine derartige Debatte einzugehen und keine aud Lóûton E en, Die Spannung, mit welcher man der Antwort daß der fran öff ensieht, läßt si begreifen, Man kündet eben an, dessen Abwesenheit ‘iomcegalter Sinn; Graf von St, Aulaire, L | unter ärti á ständen bemerkt worden ist, und der sich seit cines gl ae

E Kapelle bei.

auch mehrere Notabilitäten des englischen Adels als Gäste“ in Windsor Fan, darunter die Grafen Westmorland, Aberdeen, Liverpool und Jersey Fund Viscount Melbourne. ( # Preußen mit Prinz Albreht dem Gottesdienst in der Königlichen

Sonntags früh wohnte der Prinz von : Gestern früh begleiteten die beiden Prinzen die Königin * auf einer Spazierfahrt, und Nachmittags machten dieselben zusammen

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# eine Jagdpartie. Jm Schlosse haben die Vorbereitungen für die

Taufe des Königlichen Kindes begonnen, die nächsten Freitag in der dortigen Privat-Kapelle der Königin stattfinden soll; der junge Prinz

gerufenen Kabinets-Rathe die Antwort der französischen Regierung in F wird den Namen Alfred erhalten.

Heute Mittag haben sich Sir James Graham, der Kanzler der Schaßkammer, und mehrere andere Kabinets - Minister zu einer Ge- heimen-Raths-Versammlung nah Windsor begeben, in welcher unter Vorfiß Jhrer Majestät über die Thron - Rede zur Prorogirung des Parlaments berathen und dieselbe dann der Königin zur definitiven Genehmigung vorgelegt werden soll. |

Die Times wünscht hente dem Lande Glück zu der erfreulichen Nachricht, von einer wahrscheinlihen Ausgleichung der otaheitischen Frage und Beseitigung aller Besorgniß vor einem Bruch mit Frank- rei. „Die Frage‘, sagt das genannte Blatt, „scheint auf eine für beide Länder ehrenvolle Weise erledigt zu sein. Die Unbill gegen England i} gehoben, ohne daß Frankreichs Würde im geringsten dabei leidet; wir haben jedes Zugeständniß erhalten, welches wir mit Recht fordern fonnten, und Franfreih hat nur bewilligt, was es gereter- weise uns nicht versagen konnte. Herr von Aubigny is von Otaheiti entfernt, sein Benehmen entschuldigt worden, und Herr Pritchard wird, wie wir hören, Genugthuung für die ihm widerfahrene üble Be- geguung erhalten. Jener Offizier war hon vorher von seinem Vor- geseßten, dem Capitain Bruat, getadelt worden, und die Art und Weise, wie sein Verfahren nun noch gestempelt wird, nebst einer an- gemessenen Genugthuung für die beleidigte Person, scheint uns von Seiten der französischen Regierung eine hinreichende Anerkennung unserer Beschwerde gegen Herrn von Aubigny. Er wird zwar niht aus dem Dienst entlassen, aber dies war au nuiht nothwendig z es reichte hin, daß seine Regierung anerkannte, seine Schritte seien niht zu recht- fertigen. Das frühere Benehmen des Herrn Pritchard auf seinem Posten fällt auch mit in’s Gewicht, wenn wir diese Rüge der Hand- lungsweise des Herrn von Aubigny für vollkommen genügend halten. Daß Herr Pritchard in seinem Benehmen gegen die Weantosen, nach=- dem dieselben die Jnsel beseßt hatten, die geziemenden Gränzen über- schritten und s{ch mehr oder weniger als Begünstiger und Anstister von Feindseligkeiten gegen sie gezeigt, is nur zu wahrscheinlich. Und

wenngleich ein solhes Benehmen von seiner Seite, insofern er si

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einer Aeußerung seiner Stimmung dur positive und offene Haud- lungen der Feindseligkeit enthielt, ihn niht der Verhaftung aus- seßen und des Privilegiums der Unverleblichkeit berauben konnte, welche die Person eines britischen Kousuls umgiebt, so war es doch herausfordernd zu gewaltsamem Verfahren, und muß daher als eine Bemäntelung desselben betrachtet werden,

Die Verhandlungen in dem Prozeß gegen O'’Connell und die anderer Repeal-Vershwörer, die nun fast ein Jahr lang die öffent- lihe Aufmerksamkeit beschäftigt haben, nahen ihrem Ende. Gestern haben die Richter, neun an der Zahl, im Oberhause ihre Antworten auf die ihnen vorgelegten Fragen abgegeben; sieben erflärten ch für Bestätigung des von dem irländischen Gerichtshofe der Queens bench gefällten Urtheils; nur zwei, die Herren Coltman und Parke, wollten den Urtheilsspruch umgestoßen wissen, jedoch auch nur aus rein for- mellen Gründen. Zur Verhandlung dieser Appellgtionssache erschien gestern um 10 Uhr der Lord-Kanzler im Oberhause , ihm folgten die meisten anderen Richter von England : der Lord-Oberrichter Denman, Baron Pollock, Oberrichter Tindal, Baron Parke, Baron Gurney, Baron Alderson, die Richter Patteson, Williams, Coltman, Wightman und Maule. Nur vier Richter fehlten, Außerdem waren viele rehchts- gelehrte Lords, Brougham, Cottenham, Campbell, der Herzog von Cambridge und Andere anwesend. Nachdem die Sache O'Connell's nebst Genossen aufgerufen worden, erhob sich der Lord - Oberrichter Tindal, um das Gutachten der Richter über die ihnen von dem Oberhause in dieser Sache vorgelegten Fragen abzugeben.

Die erste den Níchtern vorgelegte Frage, sagte derselbe, sei die, ob alle oder irgend einer der Punkte der Anklage unbegründet wären, so daß kein Urtheil darauf gestüßzt werden könnte, Die Frage würde demnach scin, ob alle Anklagepunkte mit geseßmäßiger Sicherheit und Genauigkeit aufgestellt worden, denn wenn irgend einer so lose und unsicher wäre, daß die Ange- geklagten bei Aunahme der vorgeblichen Einwände die Folgen der Verur- theilung vermieden hätten, so müßte ihnen aus ihrer jeßigen Appellation wegen Nullität des gerichtlichen Verfahrens derselbe Vortheil erwachsen, Um das Verbrechen der Verschwörung darzuthun, sei es nothwendig, daß zwci oder mehrere Personen übereinkämen, um etwas Ungeseßliches zu vollführen; solches thun, sei ein Verbrechen gegen das gemeine Geseß und als solches immer seit der Zeit Eduard des Ersten auf- gefaßt, immer anerkannt worden, daß das Hauptwejen des Frevels die Absicht bilde, das Gese zu verleßen, gleichviel ob die That verübt worden oder nicht. Kein ernstliher Einwand schiene gegen die Begründung der fünf esten Anklagepunkte gemacht worden zu sein; denn jeder dieser fünf Punkte scheine ganz klar und hinreichend begründet, Es könne feinem Zweifel unterliegen , daß eine Absicht vorhanden gewesen, Eifersucht, Haß und Uebelwollen gegen verschiedene Unterthanen Jhrer Majestät in Jrland anzuregen und insbesondere Feindschaft gegen andere Unterthanen, nament- lih gegen Engländer, hervorzurufen. Ueberführung sei vorhanden, daß man sich zu ungescßlihen Handlungen vereinigt habe, und daher sei cs unnöthig, die anderen Einwürfe gegen diese Klagepunkte noch zu erwägen. Was nunmehr den 6ten und 7ten Anklagepunkt anbe- lange, so waren alle rechtsgelehrien Richter einverstanden, daß diese Punkte die ungeseßzlichen Absichten und Zwecke niht mit o ernster und bewei'ender Klarheit und Genauigkeit darthäten, als nöthig wäre, um nah den Erfor- dernissen des Geseßzes den Beweis zu führen, daß man Handlungen oder eine Handlung zur Verleßung des Gesezes beabsichtigt habe, Diese beiden Anklagepunkte führen an, daß verschiedene Personen übereingekommen, zu einem ungeseßlichen und aufrührerischen Zwecke sich zu versammeln, um ver- möge physisher Krast-Demonstrationen, Veränderungen in der Regierung, in den Geseßzen und in der Constitution des Königreichs zu bewirken. Ob gleich nun diese Punkte ungeseblihe Handlungen und Absichten auf- stellten, so thäten sie dies doch nicht mit solcher genügenden Sicherheit und Klarheit, daß sie vom geseßlichen Standpunkt aus haltbar wären. Sie klagten der Einschüchterung anz Einschüchterung sei aber cin Wort des gewöhnlichen Sprachgebrauchs und habe keine ver- brecherische Bedeutung. Es sei kein juristischer Kunst-Ausdruck, sondern ein bloßes Wort des Sprachgebrauchs, welches, wie jedes andere Wort, im all- täglichen Sinne gebraucht würde, Judem die Anklagepunkte besagten, daß Einschüchterung beabsichtigt worden, daß Besorgniß erregt werden sollte, hätten sie klar bestimmen müssen, welche Art von Befürchtung hervorgerufen werden und wohin sie wirken sollte, Aber die Anklage habe durchaus keine Andeutung gegeben, an welchem Punkte, auf welche Partei oder Per son diese Einshüchterung einwirken sollte, ob in der Nähe oder an ganz entfernten Orten. Ju diesen Anklagepunkten geschehe keine besondere Er- wähnung, ob diese Einshüchterung und Furchterregung gegen die friedlichen Einwohner der Umgegend in Jrland, ob sie gegen die Autorität der Kione oder gegen die Legislatur des Königreichs gerichtet wäre, Diese Punkte klagten gewisse Personen an, physishe Gewaltentwicklung veranlassen zu wollen, ohne irgend einen Beweis zu versuchen, daß solhe Gewalt auch in Anwendung kommen sollte, Es schiene uur eine Massenentwicklung gewesen zu sein, in der Absicht, physische Kraft zu offenbaren, aber ohne die Absicht, die Ruhe weiter zu trüben. Jndem die Richter dieselben Prinzipien an den 8., 9, und 10, Anklagepunkt hielten, kämen sie alle darin überein , daß der Zweck gewesen sei, sih zu einem Aft und zur Erreichung eines Zweckes zu vereinigen, welcher eine Verleßung des Landesgeseßes sei ; alle diese Klagepunkte und jeder von ihnen insbesondere zielten auf eíne llare Verlezung des Gesetzes. Wegen der oben erwähnten Gründe wäre die Antwort der Richter auf die erste Frage die, daß der 6te und 7te Anltlagepunkt rechtlich nicht gültig seien. Jn Bezug auf die zweite den Nichtern vorgelegte Frage: „War irgend in Mangel und, wenn dies der Fall, welcher Mangel in dem Ausspruch der Jury 7 wären sie alle darin einverstanden, daß die Geshwornen-Aussprüche über den 1sten, 2ien, 3ten und {ten Klagepunkt nicht gültig vor dem Gesetz seien, Die Jury hätte kein Recht, auf die Weise, wie sie gethan, zu ant- worten, zu erklären, daß einige der Angeschuldigten eines oder mehrerer Theile der angeschuldigten Frevel schuldig, und daß andere Angeschuldigte anderer Dinge schuldig seien, denn das hieße mehrere Verschwörungen an- nehmen , während sie doch nur eíner Verschwörung bezüchtigt wären. Die Anklage enthielt nur Eine Beschuldigung, und darauf habe die Jury nux Eíne Antwort zu geben gehabt. Die Richter hätten daher entschieden, daß die vier ersten Aussprüche nicht geseßlich gewesen und daher niht vom Gerichte hätten angenommen werden sollen. Die dritte ihnen vorgelegte Frage wäre, ob ein hinreichender Grund vorhanden sei, das Urtheil auf Grund eines Mangels in den Aussprüchen der Ge- {hworenen und in der Art ihrer Auffassung umzustoßen. Diese Frage sei der cilsten ihnen vorgelegten Frage ähnlich; da eine Meinungs- Verschieden- heit unter den Richtern in diesem Punkte herrsche (große Sensation), o nehme er sich die Erlaubniß, zu erinnern, daß er nur seine individuelle An- sicht hier gebe, Seine Ansicht wäre nun, baß, wenn ein begründeter An- klagepunkt vorhanden sei, in Bezug auf welchen die Beschuldigten für s{ul- dig ciflärt worden, und das Uitheil darauf hin gefällt sei, das- selbe niht dadurch umgestoßen werden könne, weil einer oder mch- rere Anklagepunkte im Rechtspunkt und der NRechtsform mangelhaft besunden worden. Wohl bckannt sei es ihm, daß der geseßliche Brauch in Civilfällen verschieden sei, was von Vielen als cin großer Uebelstand be- trachtet würde. Jn Kriminalfällen aber genüge es, wenn Ein Anklage- punkt stichhaltig sei; seiner Ansicht nah, das Urtheil gültig zu machen, selbst wenn alle anderen Punkte unbegründet wären, Auf einen begrüntet befundenen Anklagepunkt müsse Ein Ausspruh und Eine Strafe erfolgen, Jn Fällen von Felonie, wo die Anklage-Akte verschiedene Punkte aufzähle, geschehe dies nicht etwa, um verschiedenartige und getrennte Frevel zu be- zeichnen, sondern nur um zu verhüten, daß der Angeklagte durch schlechte Darstellung derselben zu leicht sreigesprohen werde. Sie wären daher der Ansicht, daß man von keinem Beispiel wisse, wo ein Urtheil auf solhen Einwand hin umgestoßen worden, und daß das Urtheil bei der jeßigen Nullitätsklage nicht verworfen werden könne, Der zweite Theil der Erwägung in dieser Frage sei; Was würde die Folge eines mangelhaften Ausspruchs bei begründetem Klagepunkt sein? Die Folge eines mangelhaften Ausspruchs sei gerade so, als wäre gar kein Ausspruch erfolgt; ein mangelhaster Ausspruch bei be- gründetem Klagepunkte oder ein rechtsgültiger Ausspruch bci mangelhastem Klagepunkt stehe auf derselben Linie, und weder das Eine noch das Andere sei rechtlich gültig. Nun die vierte Frage: „Js hinreichender Grund vor- handen, das Urtheil zu verwerfen wegen der in dem Cassationsgesuch berührten oder der in dem Urtheil über dies Cassationsgesuch erwähnten Punkte 2?“ Jn

Antwort auf diese Frage, müsse er sagen, seien alle Richter einverstanden, daß das Urtheil nicht auf das Cassationsgesuh oder auf das darüber gefällte Urtheil hin umgestoßen werden könne. Ueberslüssig wäre es, zu sagen, das Gesetz erfordere, daß eine Cassations-Klage mit sicherer, bestimmter und strenger Genauigkeit geführt werden müsse. Die fünfte, den Richtern vor- liegende Frage sei: „Is hinreichender Grund zur Umstoßung des Urtheils vorhanden wegen der Fortführung des Prozesses in den Ferien, oder wegen des vom Gerichtshofe zu dem Ende gefällten Beschlusses?“ Zur Beant- wortung dieser Frage ging der Oberrichter den ganzen Lauf dieses Pro- zesses durch und sagte, daß der dahin zielende Beschluß des Gerichtshofes innerhalb seiner Berechtigung gelegen hätte, daß der Prozeß zweckmäßiger- weise in den Ferien fortgeführt worden, und daß alle Nichter in Verneinung dieser Frage übereinkämen. Die sechste Frage sei: „„J| cin hinreichender Grund vorhanden, das Urthcil zu verwerfen, wegen des Urtheils des Gerichtshofes, welhes die Einwendungen gegen die Abfassung der Geschwornenliste zurü{wies und verwarf, oder wegen der in dem Pro- teste darüber angeführten Gründe?“ Darauf müßten sie erwiedern, daß dies von dem Grundsaße abhänge, nah welchem das Geseh die Verwerfung der Geschwornenliste zulasse, nämlih wenn vou Seiten des Sheriffs Nachläs- sigkeit oder ein Fehler stattgefunden. Kein Beweis liege aber vor, daß sol- ches in diesem Falle von Seiten dieses Beamten stattgefunden, und daher sei das Necht der Geshwornen-Verwerfung nicht auf diesen Fall anwend- bar. Man habe sich beshwert, daß die Materialien, woraus das Jurybuch bestehe, ungenügend zusammengeseßt seicn, dies sei aber auch fein angemessener Grund zur Verwerfung der Juryliste, Die siebente Frage wäre: „IZ| hinreichender Grund vorhanden, das Urtheil zu verwerfen, wegen irgend eines Mangels bei der Vertagungs- Erklärung des Prozesses bis zum 15, April, mit Rücksicht auf das Erschei nen der Angeklagten an dem leßtbenannten Tage?“ Die Antwort darauf fei, daß die Vertagung bei der Lage der Dinge eine varlamentarische BVer- tagung gewesen, und daß keine rechtliche Unterbrehung stattgefunden habe, Die achte Frage sei; „J ein genügender Grund vorhauden , den Aus- spruch umzustoßen wegen des über die Angeschuldigten, besonders mit Rück- siht auf die von denselben eingegangenen Verpflichtungen, sich zur Zeit zu stellen, gefällten Urtheils 7‘ worauf alle Richter der Meinung wären, daß feine Ungescylichkeit dabei stattgefunden, und daß die Frage zu verneinen sei, Die neunte und zehnte, geringfügige Nechtsformen behandelnde Fragen seien ebenfalls verworfen worden und fönnten keine Umstoßung des Urtheils motiviren. Die elfte und leite Frage laute: „Wenn es sich um eine Anklage han- delt, die drei Klagepunkte A. B. C. hat, über die das Verdikt im Allgemei nen schuldig ausspricht (während die Klagepunkte A. B, rechtsgültig, C. aber unbegründet ist), und das Urtheil zugleich besagt, daß die Angeschul- digten wegen des erwähnten Frevels mit ciner Geldbuße und Freiheitsstrafe belegt werden sollten, cin Urtheil, das vom Nechtspunkt aus auf A, und B. sih ausdehnen dürfte, fann hier das Urtheil auf den Grund einer Nullitäts= Klage hin umgestoßen werden? Kann es hier irgend einen Unterschied be- gründen, ob die Strafe dem richterlichen Ermessen nach bestimmt oder dem Geseße nach ausgesprochen wurde?“ Der Richter bemerkte, daß bereits in der dritten Frage diese levte erledigt sei, indem, seiner persönlichen Meinung nach, auch diese Frage verneint werden müsse.

Die Richter Patteson, Coltman, Williams, Gurney und Baron Alderson sprachen sich übereinstimmend mit dem Richter Tindal aus. Baron Parke dagegen erklärte, daß er nah genauer Erwägung des Gegenstandes mit seinen Kollegen niht in Bezug auf die dritte und elfte Frage übereinstimmen könne, die er bejahend beantworten müsse. Nachdem der Lordkanzler die weitere Erwägung dieser Frage in An- trag gebracht hatte, wurde dieselbe auf Mittwoch vertagt.

iede rlande

Aus dem Haag, 4, Sept. Heut früh is Se. Majestät der König im besten Wohlsein aus Weimar hier wieder eingetroffen.

Degen

Brúüssel, 4. Sept. Cine im Moniteur publizirte Königliche Verordnung vom 31. August annullirt die Berathung, vermittelst wel= her die permanente Deputation des Provinzial =- Conseils von Lüttich sich nicht berechtigt glaubte, das ihr von dem Couseil anvertraute persönlihe Mandat auf den Gouverneur der Provinz zu übertragen und diesen zu ermächtigen, die von dem Conseil votirte Adresse an den Köuig, die nunmehr erledigten Handels-Disserenzen mit Preußen betreffend, dem Minister des Junern zu übersenden, Der Minister hatte nämlich den Gouverneur, in seiner Eigenschaft als Präsident der Deputation, hiermit beauftragt und zuglei anzeigen lassen, daß er die Adresse dem Könige vorlegen wolle, und daß auf diese Weise die der Deputation ertheilte Mission, angenommen, das Conseil sei zu Ertheilung einer solchen befugt, was für jeßt dahingestellt bleiben solle, erledigt sein werde. Den beiden Abgeordneten, die sich mit dieser Mission persönlich nach Brüssel begeben wollten, ließ der Minister für ihre Absicht danken, mit dem Bemerken , die Deputation werde begreifen, daß unter den vorhandenen Umständen ein zu fetierliher Schritt den Zwed selbst, den das Provinzial - Conseil vor Augen habe, kfompro=- mittiren könnte. Die Deputation aber war bei ihrem am 31, Juli und 5. August gesiellten Audienzgesuch beharrt und hatte mit 3 gegen 2 Stimmen beschlossen, alles auf diese Angelegenheit Bezügliche zur Kenntniß der Betheiligten zu bringen, Dies war unterm 14. August verhandelt worden, und unterm 23sten hatte der Gouverneur der Provinz Lüttich dagegen Rekurs ergrisfen, worauf wiederum die per manente Deputation unterm 28sten eine Denkschrist gegen diesen Rekurs an die Regierung gerichtet hatte. Auf dies Alles wird nun in der Königlichen Verordnung vom Z31sten Vezug genommen und sodann die Annullirung der Deputations-Be-= schlüsse dur folgende Anführungen motivirt: der Gouverneur allein sei, nah tem Provinzial-Geseß vom 30, April 1836, Art, 124, mit Vollziehung der von dem Conseil oder der Deputation gepflogenen Berathungen beauftragt ; die Ueberreichung einer Adresse an den Kö= nig sei aber ein blos exefutiver Aft; ferner verleihe zwar Art. 21 der Verfassung allen Bürgern das Recht, Petitionen an die bestehenden Behörden zu richten, aber nicht auch das, die Petition entweder selbst oder durch Abgeordnete an diese Behörden zu überreichen, also ge- höre der Schritt, um den es sich handle, gar nicht in die Kategorie der Ausübung des Petitionsrechts. Hieruach wird denn, ohne damit, wie gesagt ist, der Entscheidung der Frage vorgreifen zu wollen, in- wieweit überhaupt die Provinzial-Conseils zur Cinreihung von Adres= fen über Gegenstände von allgemeinem, politishem und internationa= lem Juteresse berechtigt seien, die oben erwähnte Berathung der per= manenten Deputation von Lüttich für annullirt erklärt, insofern sie zum Zweck habe, den Deputationen das Recht zur Beseitigung der Vermittelung der Gouverneure in Bezug anf die Vollziehung ihrer Berathungen und derer der Provinzial-Conseils zu beseitigen, und inso=- fern sie zur Folge haben würde, aus dem Art, 21 der Verfassung das Recht herzuleiten, die Petitionen persöulich an die bestehenden Behör= den zu überreihen. Diese Entscheidung der vorliegenden staatsrecht= lihen Frage wird von der Oppositions - Presse mit großer Hestigkeit bekämpft. „Die hier aufgestellten Lehren“, sagt die Judependance, „gehören zu den unerhörtesten; sie berühren niht nur die permanente Deputation des lütticher Conseils, sie betreffen und interessiren alle bestehenden Körperschaften des Königreichs, die Provinzial - und Kommunal = Conseils, die Han= delskammern u. st. w. Die Frage is} eine sehr ernste.‘ Das Jour-= nal de Liége analysirt die Verordnung von Saß zu Saß und fömmt zu dem Resultat, daß die Annullirungs - Motive einem System absihtliher und berehneter Verwirrung der Begriffe entlehnt seien. Man habe, bemerkt es unter Anderem, nah dem Beschluß des Pro= vinzial-Conseils, aus welhem die Berathung der Deputation nur ein Ausfluß sei, die gesebmäßig zur Appellation eingeräumte Frist von zehn

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Tagen verstreichen lassen, ohne dagegen Rekurs zu e:greifen, folglich sei man auch nicht mehr berechtigt gewesen, dies gegen den Beschluß der per- manenten Deputation zu thun, welche den Willen des Provinzial-Conseils auszuführeu verpflichtet sei. Der Krone müsse es natürlich stets frei- stehen, cine bei ihr nachgesuhte Audienz zu verweigern, und Nie- mand dürse sich ihr mit Gewalt aufdringen, aber darum handle es sich hier niht im entferntesten, sondern nur darum, ob die Deputation des Provinzial - Conseils niht bei der Krone um eine solche Audienz nahsuchen dürfe ; dieses Recht aber werde das Ministerium doch wohl feinem Bittsteller absprechen wollen, und von dem Recht, darum nah=- zusuhen, eine Petition persönlich oder durch Bevollmächtigte überrei- hen zu dürfen, seien, nah Art. 43. der Verfassung, nur die an die geseßgebenden Kammern gerichteten Petitionen ausgenommen. Das genannte Blatt glaubt, den ministeriellen Prinzipien zufolge, nun auch die Annullirung der rechtfertigenden Denkschrift der permanenten De- putation erwarten zu müssen. ; l j Ï

Nach der Ansicht hiesiger Blätter hätte die Veröffentlihung der preußischen Denkschrift über die Handels-Verhältnisse zu Belgien mit dazu beigetragen, daß das so erwünschte Ziel, der Abschluß eines Traktats zwischen beiden Ländern, sobald erreiht worden. „Diese Denkschrift“, sagt die Judependance, „schien uns in einem Tone der Mäßigung gehalten, dem man Huldigung widerfahren lassen mußte z die Gesinnungen des Wohlwollens und der Sympathie, welche sie gegen Belgien ausdrückte, waren dazu geeignet, die Gemüther zu beruhigen, und die natürlichen Besorgnisse, welche der Konflikt erregte, zu beschwichtigen. Man mußte daraus ersehen, daß, wenn man ernst lich unterhandeln wolle, man dazu gelangen würde, ziemlich umfas sende Handels-Uebereinkünfte mit dem Zoll-Verein abzuschließen.“

Dänemark.

Schleswig 26. Aug. (A. M.) Jn der 28sten, 30sten und 31sten Sißung währte die Vorberathung über die Städte-Ord nung noch sort. Der Präsident machte aufmerksam darauf, wie unbestimmt die Ausdrücke des Entwurfs und der Kommissision seien, indem die Ausnahme in die Bürgerschaft davon abhängen solle, daß Jemand sich keiner in der öffentlichen Meinung entchrenden (resp. her- absezenden) Handlung (resp. Lebenswandels) schuldig gemacht habe, daß er unbescholtenen Nufes sei. Man möge doc, um wenigstens zu einem juri- stischen Begriffe zu gelangen , den Verlust der bürgerlihen Ehre (inlamia), der doch wohl eigentlih gemeint sei, als Bedingung der Nichtaufnahme in die Bürgerschaft hinstellen. Hiergegen wurde bemerkt, daß die Ehrlosigkeit höchstens noch als Folge lebenslänglicher Zuchthausstrafe cintrete, so daß ihr Begriff in Betreff der Aufnahme in die Bürgerschast kaum jemals eine Anwendung werde finden können, Der Graf von Moltke wollte die Erwerbung des Bürgerrechts an den (Grundbesitz geknüpft wissen, wogegen der Advokat Storm cinwendete, daß dann cine Menge Gewerbtreibender, die nicht Bürger wer- den könnten, auh von ihren Gewerben ausgeschlossen werden müßten, da die Betreibung dersclben von der Gewinnung des Bürgerrechts abhängig sei. Der Antrag der Kommission, daß auch die Tagelöhner und Lohn- Arbeiter in die Bürgerschaft aufzunchmen seien, fand bei dem Grafen von Reventlow und dem Königlichen Kommissarius Widerspruch, da den Städten nichts daran liegen könne, aus dieser Klasse ihre Bürgerschaft zu rekrutiren; dagegen meinte der Berichterstatter, daß die Klasse der Lohn- Arbeiter durch die Aufnahme in die Bürgerschast gehoben und eben dadurch jede Bedenklichkeit gegen ihre Aufnahme beseitige, Zum §, 22, welcher die Niederlassung in der Stadt von der Erlaubniß der Behörde abhängig macht, wurde ein Amendement beantragt, wonach diese Erlaubniß wegfallen solle.

Eine längere Diskussion erhob sih über die Stellung des Magistrats als Stadt-Vertreters und zugleich als Organs der Staats-Gewalt, Einige Abgeordnete fanden eine solche Doppelstellung unverträglich, da sehr wohl Verhältnisse eintreten könnten, wo das Juteresse der Kommune mit dem des Staais fkollidire; Andere wiesen darauf hin, daß, wenn man dem Magistrat die Eigenschast, als Organ der Staatsgewalt zu fungiren, ent ziehen wolle, alsdann die Negierung, da sie ein Organ in der Stadt haben müsse, genöthigt sein würde, eigene Beamte, Stadt-Direktoren oder Präsidenten, anzustellen, was den städtischen Juteressen weniger entsprechen dürfte, als wenn der Magistrat, der zugleih Bertreter der Stadt sei, als Organ der Staats-Getwalt fungire.

Diese Diskussion führte zu der Frage über die Ernennung des gelehr- ten Bürgermeisters. Der Dr. Gülich, gestüßt auf die früheren Berhandlun- gen in der holsteinshen Stände-Versammlung, verlangte, daß die Negierung drei Kandidaten vorzuschlagen und die Stadt einen von diesen zum Bür- germeister zu wählen habe, Der Bürgermeister, meinte er, könne unmöglich cin geeigncter Repräsentant der Kommune sein, wenn er nicht ven ihr durch Wahl berufen sei. Die richterliche Function köune nicht weiter in Betracht fommen , da ja auch die übrigen Magistrats-Mitglieder richte:lichhe Functio- nen bekleideten und dennoch von der Kommune gewählt würden. Der Ad- vokat Beseler wies auf das Beispiel Preußens, Sachsens, Badens und Bayerns hin, um zu zeigen, daß es unbedenklich sei, den Kommunen die Wahl des Bürgermeisters einzuräumen, Die Unabhängigkeit desselben werde weit weniger dadurch gefährdet, daß er eine einzelne Stimme von diesem oder jenem erhalten habe, als dur das Bewußtsein, daß er von der Ne gierung ernannt sci, namentlih werde dadurh der Gefahr vorgebeugt, daß die Bürgermeister in kleinen Städten, im Bewußtsein, wem sie ihre Stel- lung vez: dankten, als kleine Despoten aufträten,

Portu.g&@l

A Lissabon, 25. Aug. Wegen der vorgerückten Schwan gershaft Jhrer Majestät der Königin sind bereits die üblichen Gebete in allen Kirchen des Königreichs angeordnet worden. Nach erfolgter Entbindung Jhrer Majestät wird der Hof von Cintra hierher zurück= fehren. Man bemerkt, daß bereits mehrere der hervorragendsten po- litischen Personen, welche die Sommer-Monate auf dem Lande zuge bracht haben, hierher zurüdgefommen sind, und dic nahe Ankunft anderer wird angekündet. Mit dem Hergunahen der Epoche, wo die Cortes wieder eröffnet werden, wird auch in diese Hauptstadt wieder größere Regsamkeit zurückkehren. Alles is ruhig, die Protestationen einer Anzahl Mitglieder der Gerichtshöfe gegen das Dekret über die Ver selbarkeit der Richter haben keine Wirkung im Großen hervorgebracht ; man sieht überall die Früchte der Festigkeit, welche die Regierung entwickelt. Die Ruhestörer von Profession sind eingeschüchtert und werden nicht sobald wieder einen neuen Versuch zur Störung der Ordnung wagen.

Griechenland. © München, 3. Sept. Die uns diesen Morgen zugekom menen Briefe aus Athen vom 22, August nehmen durch ihren zum größten Theil betrübenden Juhalt die allseitigste Aufmerksamkeit in Anspruch. Gerüchte der verschiedensten Art waren denselben aus Triest vorausgegaugen , denen man jedoch um f}o weniger Glauben heimessen mochte, als selbst Briefe vom 27sten aus lebterer Stadt nur unruhiger Auftritte in Athen im Allgemeinen gedachten, nicht aber der blutigen Vorgänge vom 16ten und überhaupt nicht des nur durch des Königs Energie nicht zur unglücklichen Katastrophe gewordenen ministeriellen Jnterregnums zwischen dem 15, und 19, August. Daß übri- gens mit dem Sturze des am 15. August abgetretenen Ministerrathes und mit der Bildung eines neuen Ministeriums durch Kolettis und Me- taxas die gegenwärtige Krisis nicht beendigt werden konnte, würde auch in der Ferne Jedem klar sein, selb wenn nicht alle Mitthei- lungen aus Athen darin übereinstimmten, daß das neue Ministerium im allergünstigsten Falle die Staatsgeschäfte bis zu dem Augenblick der Einberufung der Kammern werde zu führen vermögen. Wer weiß aber, was uns in dieser Beziehung hon die Post vom 27. August bringt? Daß Ts\avellas und Balbis, jener ein Anhänger Metaxas’, dieser ein Freund Kolettis), nur Nebenpersonen ohne alle und jede be- sondere Bedeutung sind, darf nicht übersehen werden, denn je mehr die

Lebensbedingungen für das neue Ministerium in der zwischen dem Präsi- denten und Metaxas bestehenden Harmonie beruhen, desto voraussitlicher bleibt ein naher Bruh \{chon wegen des unverkennbaren Keimes der Auflösung, den ein Bund so heterogener Art in Ermangelung versöhnender und vermittelnder Kräfte durch Dritte nothwendig in si{ch tragen muß. Die Wiederaufnahme des am 16ten ausgeseßten Wahlgeschäftes dürfte faum ohne neue Auftritte arger Art möglich gewesen sein, weshalb denn auch alle Ruhigeren diesen Moment fürchteten. Mehrere Briefe drüden die ernste Sorge aus, die Bestrebungen der Anarchisten dürs- ten zuleßt niht ohne Einfluß auf den bisher guten Geist der Gar= nison bleiben; doch scheint man sich mit der Annahme beshwichtigt zu haben, Kalergis werde nicht auf der Niederlegung seiner Stelle als Militair-Gouverneur der Hauptstadt beharren und der König nöthigen- falls seine Abdankung um der obwaltenden Umstände willen niht ge- nehmigen*). Je eher das neue Ministerium das Wahlgeschäft in Athen zu beendigen und die Kammern einzuberufen vermag, desto mehr darf man sich Glück wünschen. Maurokordatos soll dem Könige vor seinem Rücktritt die Versicherung gegeben haben, daß er und seine Freunde vor dem Landtag si aller und jeder Opposition gegen die Regierung enthalten würden. König Otto selbs wird in allen Briefen von Lauds= leuten und vou Griehen einmüthig als der Hort des Vaterlandes gepriesen.

Je mehr man übrigens von den neuesten aus Athen hierherge- langten Briefen liest und deren Junhalt vergleicht, desto fester begrün- det sich leider die Ueberzeugung, daß die Tage vom 15. bis zum 18. August für die Gegenwart und für die nächste Zukunft des sungen Königreichs abermals eine bedenkliche Krisis herbeigeführt haben. Ge- wiß is, daß bei dem Abgang der Post die Anarchie in mehr denn einer Beziehung den Stempel der Geseslichkeit erhalten hatte. Man erinnere sich nur an das Eine, daß die Aufrechthaltung der Orduung bei den Wahlen einer Kommission unter Makrijannis anvertraut, daß diejenigen Offiziere, welche die Stüßen Kalergis? bei der Wiederein= führung von Zucht und Gehorsam unter den Truppen gewesen wa- ren, entlassen, und daß eine große Menge von Palikaren und ande- rem Gesindel mit Waffen versehen werden fonnte, ohne daß sih ir- gend Jemand gefunden hätte, der Muth genug gehabt hätte, Wider- stand zu leisten, und man wird anderer Beweise niht mehr bc- dürfen. Bei allen Gutmeinenden in Griechenland selbst wird es nur Gutes wirken können, daß König Otto nicht gestatten wollte, daß das in den Provinzen gegen seinen Willen stattgefundene Wahl-Unwesen auch unmittelbar unter seinen Augen getrieben werde. So wurde die Jrenen - Kirche, in welher nah griechischem Brauch das Wahl- geschäft vollzogen wurde, bei dessen Beginn nicht von der bewaffne- ten Macht beseßt, die Verwegensten der Gegner wurden niht noch vorher von Gendarmen aus den Betten geholt und in siheren Ge wahrsam gebracht, vielmehr wurde das Volk der Hauptstadt und der Provinz Attika seinem eigenen guten Geiste überlassen. Mit welchen Folgen, is fein Geheimniß mehr. Das Ministerium mißtraute mit Recht diesem Geiste und dankte unter nichtigem Vorwand ab. Der 16, August begann mit blutigen Raufhändeln und würde mit Mord und Plünderung geeudigt haben, hätte niht König Otto's Persön- lichkeit den Ausruhr bewältigt.

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Konstantinopel, 21. Aug. (D. A. Z.) Wutsitsh und Pe- troniewitsch haben mit dem gestern abgegangenen österreichishen Damps= \chife Konstantinopel verlassen, um sih auf der Dongu-Linie nach der längst ersehuten Heimat zu begeben. i

Die Pforte hat den verschiedenen fremden Gesandtschaften in einem Cixsfular mitgetheilt, daß sie den Eingang der hellenischen Tag- gesblätter in der Türkei verboten habe, weil mehrere derselben ganz offen die Schilderhebung der griechischen Christen gegen sie predigten;z zu desen de yomontlid das Journal, die Vereinigung ( nion) genannt, welches die Vereini ‘iedisen | Æ fien unter einem peleaisden Gerd LUOE M FNNN Ebi. die Pforte die Gesandtschaften, durch ihr Mitwirken zur Me HATEE Voll= ziehung dieser nur durch die Sorge für die Ruhe und das Wohl des osmanischen Reichs gebotenen Maßregel beitragen zu wollen. Die französische Gesandtschast wurde insbesondere ersucht, das Ueberbringen hellenisher Journale in die Türkei durch französische Postdampfschiffe verbieten zu wollen, Da vorgestern in Busukdere drei Mordthaten und in Galata eine verübt wurden, so wurde dies zugleih vou der Pforte benußt, um strengere Polizei-Maßregeln eintreten zu lassen.

__ Die Instructionen des nah Syrien abgegangenen Pforten-Kom- missars lauten dahin, die Klagen der Bewohner des Libanous genau zu untersuchen und ihnen auf eine passende Art abzuhelfen, ohne je- doch Veränderungen in der jeßigen Regierungsform des Libanons vor= zunehmen, Sir Stratford Canning und die Pforte sind jeßt fester als je entschlossen, diese Regierungsform aufrehtzuhalten, Die Be- ziehungen des englischen Gesandten zur Pforte sind in der leßten Zeit viel freundschaftliher und inniger geworden, Der Prozeß der in den hiesigen Gefängnissen sich befindenden Albanesen, es sind deren 900, iff jeßt beendigt. Achtundzwanzig derselben wurden zum Tode verurtheilt, die Todesstrafe aber vom Sultan in lebenslängliche Ga= leeren-Arbeit gemildert, die übrigen je nah ihrer Betheiligung an der Empörung zu Galcerenstrafe auf eine gewisse Anzahl von Jahren ver= urtheilt. Emin Pascha ist abermals aus Albanien hier angekommen. Ex hat der Pforte seine Berichte über den den Christen von den Re- bellen zugefügten Schaden und über die ihnen zu gebende Entschädi= gung übergeben, Die Pforte soll nicht abgeneigt sein, auf die Vor= schläge des Pascha einzugehen, so daß die Christen bald ihre Entschä= digung erwarten dürften. Emin Pascha geht in wenigen Tagen wie= der mit einer Mission von hier nah Albanien ab, i:

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a Paris, 2, Sept. Die neusten Briefe aus Tunis vom 418. August melden, daß die französishe Schiffs - Division unter Contre- Admiral Parseval= Deschênes, aus den Linienschiffen „Ocean“, „Jn-= flexible““, „Neptune““, „Marengo“/ und „Alger“/ bestehend, dort ein= getroffen war und im Hafen der Goulette vor Anker lag. Sie wird dort bleiben, bis die Nachricht von der Rückehr der türkischen Flotte in die Dardauellen eintrifft. Prinz Heinrich der Niederlande war mit den beiden Fregatten „Rhein“ und „Jason“ und einer Brigg nach Malta abgesegelt, ohne daß der Bey vollkommene Genugthuung ge- geben hätte, Er erklärte, es sei ihm unmöglich, sich der flüchtigen Individuen zu bemächtigen, welche eine arge Verleumdung gegen den holländischen Konsul, Herrn Nydsen, wie cs scheint durch Fabrizirung eines falschen Dokuments, sih hatten zu Schulden kommen lassen. Der Prinz hatte sich vollkommen von der Unschuld des Konsuls überzeugt, und erklärte bei der Abfahrt, die Regierung der Niederlande werde sich nicht zufrieden geben, bis sie vollkommene Gerechtigkeit erlangt habe.

Eisenbahnen.

Köln, 3. Sept. Ju der gestern stattgehabten Sibßung des Administrations-Rathes der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft

*) Nach von anderen Seiten uns zugekommenen Nachrichten wäre je- doch die von Kalergis eingereichte Entlassung bereits wirklich angenommen worden, Anmerk, der Redackt.