1844 / 267 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

die Astronomie, des Auderen um die Naturkunde, bedürfen feiner Apologie.

X Königreich Sachsen. Der in Sachsen bestehende „Verein zur Berbräitung guter und wohlfeiler Volksschriften““ hat sei= nen dritten Jahresberiht ausgegeben, dem wir Pren entnehmen: Das Direktorium des Vereins zu Zwickau ist von Seiten der Zweig= Vereine durh einstimmige Bestätigung zur ferneren dauernden Leitung des Vereins, so wie durh die von den Ministerien des Jnnern und des Kultus erfolgte Bestätigung der Statuten, berufen worden. Während der atr drei Jahre seines Wirkens hat der Verein 112,222 Exemplare von 25 Schriften theils unentgeltlih, theils zu geringen Preisen verbreitet, und zwar von 17 selbst| herausgegebenen und von 8 aus fremdem Verlage entnommenen. Am Schlusse des dritten Jahres umfaßte der Verein 310 Zweig- Vereine, und zwar 242 im Königreiche Sachsen selbst, die übrigen 68 in den sächsischen Herzogthümern, in der preußischen Provinz Sachsen, in Schlesien, im reußischen und deßauischen Lande. Die Beiträge zu den baaren Mit- teln haben im leßten Jahre 3287 Rthlr, betragen. Es wird vom Direktorium beabsichtigt, künftig mit dem Volksbücher - Verein in Württemberg sowohl, als auch mit dem Zschocke - Verein in Magde= burg in nähere Verbindung zu treten, Hinsichtlih des lebteren steht indeß ein guter Erfolg zu bezweifeln, niht sowohl wegen des räum= lichen Zusammenstoßens der beiderseitigen Wirksamkeit auf gleichem Gebiete, als vielmehr wegen der vom Zschocke - Vereine aufgestellten Grundsäße, welchen sich das zwickauer Direktorium nicht anschließen zu fönnen glaubt.

Einen der sichersten Barometer des erhöhten Volkslebens gewährt den Regierungen der mit jenem steigende Postverkehr. Die auffallende Steigerung des sächsischen Post - Ertrages, welche die veröffentlichten Budgets und Rechenschafts= Berichte nahweisen, kann zum Theil in administrativen Verbesserungen des Postwesens und in ersprießlihen Verträgen und Verbindungen mit dem Auslande begründet sein, daß sie aber zugleich auch auf der höheren Volksbetriebsamkeit beruhe, die sih in so mannigfacher Weise kundgiebt, dürfte die nachstehende, der Zeitung für National -Jndustrie entnommene Uebersicht des leipziger Postverkehrs beweisen, zumal wenn man die eingetretene Konkurrenz der Eisenbahnen und die eingeführte Porto - Ermäßigung in Betracht zieht.

G Leipzig sind mit der Post befördert und resp. gewonnen worden:

Jahrgang. Briefe, Pakete. Personen. Ee aid dd 1839 992,000 63,000 30,000 8,70( N O 16 O 1840 1,045,000 71,000 32,000 9,000,000 159,000 S841 41,128,000 77,000 27,000 410,700,000 158,000 1842 1,199,000 85,000 23,000 412,500,000 161,000 1843 41,313,000 92,000 20,000 412,000,000 167,000

Oesterreichische Monarchie.

*& Triest, 15. Sept. Se. Königl. Hoheit der Prinz Walde= marx von Preußen ist heute Vormittag um 11 Uhr hier eingetroffen m wird morgen die Reise mit dem Dampfschiff „Mahmudieh““ fort= eben,

Russland und Polen.

= Warschau, 17. Sept. Man ist im Begriff, hier eine Lebens = Versicherungs = Anstalt zu begründen, deren Statuten bereits entworfen und veröffentlicht sind. Die Gesellschaft der Freunde der

Wohlthätigkeit verpslegte im Monat August 1230 Judividuen und verobecidte ou £79 Puticutcu Mebikamrutez der Fürst Statthalter

hat sih bei diesen Wohlthätigkeits-Spenden gleichfalls betheiligt, Nachrichten von einer überaus günstigen Getraide-Aerndte in England und der niedrige Stand der Preise in Danzig wirken entmuthigend auf unsere Korn=-Produzenten, und sle finden nur Trost în der fort= dauernden lebhaften Nachfrage nah polnishen Wollen. Jn Folge der oft plöblih eintretenden Hibe zeigt sch unter dem Vieh die Hy= drophobie in einer Weise, daß besondere Vorsichtêsmaßregeln noth= wendig werden.

Frankreich.

Paris, 19, Sept. Die Regierung foll heute Depeschen er- halten haben, welche das Nähere über den Jnhalt der Stipulationen des mit Marokko abgeschlossenen Traktats enthalten, und man erwar= tet die baldige E Ad bad ga des Textes dieses Friedens-Vertrags. Einstweilen beeilt sich das Journal des Débats, zur Kenntniß seiner Leser zu bringen, was es davon hat erfahren können. „Die wichtigste Bestimmung“/, meldet es, „ist die, welhe Abd el Kader be- trisst. Der Emir wird für vogelfrei erklärt. Folglih verpflichten sich die Marokkaner, ihn auf der ganzen Ausdehnung ihres Gebietes mit bewaffneter Hand zu verfolgen, bis sie ihn vertrieben, oder sich

seiner Person bemähtigt haben, Wenn der Emir in ihre Hände fällt, machen sie sich verbindlih, ihn in einer der

Städte am westlihen Gestade des Reichs cingeschlossen zu halten, bis die beiden Regierungen sich über die Maßregeln verständigt haben, welche nothwendig sein möchten, um die Ruhe Algeriens für immer gegen seine Unternehmungen zu schüßen. Dies is der wesentliche Ar- tikel des Traktats. Jndeß stipulirt ein anderer Artikel, daß die ma=- roffanischen Anführer, welche den Frieden verleßt haben und in unser Gebiet eingefallen sind, eine exemplarische Züchtigung treffen soll, Der Kaiser verpflichtet sich, in Zukunft jede Truppen-Ansammlung an unserer Gränze zu hindern und niht mehr als 2000 Mann unter dem Kommando des Kaid von Uschda, der uns benachbartesten und nah dem Siege am Jsly von uns beseßten Stadt, zu unterhalten. Was die Feststellung der Gränzen betrifft, so bleibt dieselbe so, wie sie zur Zeit der türkischen Herrschaft in Algerien gewesen. Diese Gränzfrage war, wie man sich erinnern wird, der Ursprung oder Vor= wand des- Augriffs der Marokkaner ; der Traktat erkennt unsere Rechte an und macht unsere Sache gewonnen. Es werden neue Unterhand= lungen stattfinden, um die alten Verträge, welche unsere politischen und kommerziellen Verhältnisse zu Marokko ordnen, zu vervollständigen und zu befestigen. Einstweilen bleiben diese alten Verträge in Kraft, und Frankreih wird in jeder Beziehung in Marokko auf dem Fuß der begünstigsten Nation behandelt werden. Diese Klauseln, alle Ver-

ständigen werden dies anerkennen, lassen nihts zu wünschen übrig. Die Bestimmung, welhe Abd el Kader betrifft, is ganz so, wie sie Er sein konnte, und wir zweifeln nicht, daß nah der furchtbaren d rfahrung, welche sie von der Leute unserer Waffen und von L Kraft, womit wir eine Unbill zu rächen wissen, ee haben, ba Marokfaner e fue gation mad A erfüllen werden. Sie hatten Eile, air n abzuschließen. Der Bevollmächtigte des Kaisers wartete und E auf die Ankunft des Prinzen von Joinville vor Tanger, Stadt a Bear! isé erschien, begab sich der Gouverneur der zu erneuern “Unsere im Nanien seines Gebieters das Friedensgesuh gelegt, um sie o' re Bedingungen wurden dem Pascha sogleich vor- Tiveilos M Pae Erörterung entweder zu genehmigen oder zurüdck- Sd alótal Ea beeilte fh, feine Unterschrift darunter zu seben, j on und die Stadt begrüßte sie mit 21 Kanonenschüssen, Eigent n-

1432 terhandlungen haben also gar niht stattgefunden; wir haben den Frie- den diktirt, ohne zu gestatten, daß über die Bedingungen mit uns diskutirt wurde; die Marokkaner haben sich ie Ea Der Krieg war mit Energie gesührt worden, der Frieden ist mit Ruhm geschlos= sen, und jene Völker werden sich eben sowohl der Stärke, wie der Großmuth Frankreichs erinnern.“

Durch Königliche Verordnungen vom 18ten d. wird Prinz Join- ville zum Vice-Admiral ernannt und dem Marschall Bugeaud der Titel Herzog von Jsly verliehen. Der Moniteur erklärt zugleich, daß andere Belohnungen für ausgezeichnete Dienste bei der Expedition gegen Marokko folgen sollten, sobald die desfallsigen Vorschläge dem Ministerium zugegangen sein würden.

Bekanntlich is das zuerst vom Morning Herald verbreitete Gerücht von einem angeblichen Traktat zwischen England und dem Pascha von Aegypten bereits von anderen englischen Blättern, nament- lih von der Times, als eine reine Erfindung bezeihnet worden, Das Journal des Débats glaubt heute noch hinzufügen zu kön- nen, daß auch das englische Ministerium selbst aufs förmlichste die Cxistenz jedes Projekts dieser Art desavouirt und erklärt habe, die unter einer anscheinend offiziellen Form von dem englischen Blatte veröffentlihte Notiz enthalte eben so viel Jrrthümer als Worte, Schon früher hatte, wie erwähnt, das französische ministerielle Blatt, ohne diese Berichtigungen abzuwarten, die Ueberzeugung ausgesprochen, daß jener eingebildete Vertrag unmöglih irgend einen Grund haben fönne, Es bemerkte, daß dies eine \hreiende Verleßung der leßten Verträge sein würde, welche ausdrücklih zu dem Zwede ab- geschlossen seien, die Gebiets-Zerstückelung zu verhindern, zu welcher die vermeintlihe Convention Englands mit Mehmed Ali das Signal gegeben haben würde. Die Oppositionspresse antwortete, dies be= weise gar nichts, und es sei naiv, auf dergleichen zu vertrauen. Hier- auf entgegnet nun das ministerielle Blatt? „Gern wollen wir in diesem Sinne für naiv gelten, daß uns die Achtung vor Treu und Glauben, auch bei Anderen, noch niht als ein Trugbild erscheint ; wir haben eine bessere Meinung als unsere Gegner von unserer Zeit und unseren Sitten, und sind gerechter gegen die Fortschritte, die das Rechtsbewußtsein bei allen Völkern gemacht hat. Die Zeiten sind vorüber, wo die Kabinette bei verschlossenen Thüren über das Schick= sal und die Freiheit der Völker entscheiden konnten, Die Partikular = Rehte haben dem allgemeinen Reht den Play geräumt, Man \chließt niht mehr geheime Theilungs-, Besibergrei= fungs -= und Usurpations=- Verträge, denn man weiß, daß sie keinen Werth haben würden, was man auch sagen möge, keine Nation in Europa, welche es auch sei, würde mit den feierlihsten Verpflichtun= gen leihtfertig zu spielen und die geshworene Treue ungestraft zu verleßen im Stande sein. Wir glauben also, daß bei dem jeßigen Zustande der Verhältnisse unter den europäishen Großmächten die Integrität des osmanishen Reiches gegen vermeintlihe Partikular= Conventionen durch die öffentlihen Verträge hinreichend geschüßt ist.

Die Auswanderung der an der Gränze von Algerien lebenden Stämme der Regentschaft Tunis dauert fort und wird immer bedeu= tender, Es sind bereits 250 Duars mit fast 3000 Zelten der Drei- den, vom Stamm Mesarguia, auf algierishem Gebiet eingetroffen. Der Anlaß dieser Auswanderung is eine Truppen = Aushebung, die der Bey von Tunis unter dieser arbeitsamen Bevölkerung vornehmen wollte, Es is von Konstantine eine vom Capitain Devaux befehligte Schwadron Chasseurs abgegangen, um diese Flüchtlinge entweder in Algerien unterzubringen, oder sie über die Gränze zurückzuweisen, Der Herzog von Aumale hat auch Maßregeln getroffen, um eine et= wanige Verwicfelung der Verhältnisse zwischen Frankreih und Tunis wegen dieser Sache zu verhindern,

Herr Camille Périer, Pair von Frankreich und Bruder Kasimir Périer's, und der General-Lieutenant, Marquis von Faudoas, Com- mandeur der 11ten Militair-Division, sind in diesen Tagen gestorben,

ck= Paris, 19. Sept. Sicherem Vernehmen nah, wird die Vermählung des Herzogs von Aumale hier gefeiert werden und seine erlauchte Braut, durch ein französisches Staats-Dampfschiff von Neapel abgeholt, zu Marseille ans Land steigen, wo sle festlih empfangen werden soll.

Allmälig erfährt man einiges Nähere über die Umstände, welche den Abschluß des Friedens zwischen Frankreich und Marokfo theils begleiteten, theils demselben vorangingen. Es scheint keinem Zweifel unterworfen, daß der Kaiser Muley Abd el Rhaman, sobald er von der vollen Ausdehnung der ihm zugefügten Verluste unterrichtet war, den lebhaftesten Wunsch hegte, Frieden zu \{ließen, Allein er mußte natürlih fürchten, jeßt niht mehr \o vortheilhafte Bedingungen zu erhalten, wie vor dem Kriege, und beauftragte den Gouverneur von Tanger, sich unverzüglich an Bord des französishen Admiralschiffes zu begeben und die Unterhandlungen zu beginnen,

Schon vor der telegraphischen Depesche, welche den Friedens- {luß meldete, waren zwei andere hier eingetroffen, deren erstere aus Cadix berichtete, daß der Pascha von Larrache erklärt hätte, mit den nöthigen Vollmachten vom Kaiser versehen zu sein, um über die Frie=- dens=Bedingungen nach dem Wortlaute des französischen Ultimatums zu unterhandeln; die zweite, aus Gibraltar, soll den Abgang der französischen Dolmetscher zur Prüfung der Vollmachten des Pascha gemeldet haben. Außerdem sprehen Gerüchte, deren Quelle ihnen einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit verleiht, von einigen eben so bemerfenswerthen als belangreihen Umständen. Man sagt näm- lih, der Prinz sei mit dem Repräsentanten des Kaisers noch vor der Ankunft der Herren von Glücksberg und von Nyon in Unterhandlun=- gen getreten; er habe die Frage wegen einer Schadloshaltung für die Kriegskosten angeregt und der Pascha dieselbe besser aufgenom= men, als man zu erwarten berechtigt war, Die Instructionen des Ministeriums an die Herren von Glücksberg und von Nyon erwähn- ten, allem Anschein nach, nichts von dem Verlangen ciner solhen Schadlos- haltung. Diese Frage wird also davon abgehangen haben, ob die Justruc=- tionen des Ministeriums noch zeitig genug angekommen sind, um bei der Unterhandlung als Basis zu dienen. Jeder Zweifel darüber muß ungesäumt verschwinden, da das Ministerium die Details der Unter= handlung mit dem Text des Friedensvertrages entweder bereits erhal- ten hat oder ohne Verzug erhalten muß. Wenn die Stipulationen in Betreff Abd el Kader's so sind, wie sie angegeben werden, so haben sie wohl mehr scheinbaren als wirklihen Werth. Er is} für vogelfrei erklärt, soll eingefangen oder jedenfalls aus dem A ras Ge-= biet ausgetrieben werden, wenn er sich dort wieder blicken läßt. Allein Jedermann fragt natürlich zuerst, ob der Kaiser im Stande sein werde, diese Versprechungen zu halten, zumal wo es sich um Maßregeln der Gewalt gegen einen Mann handelt, der den geheiligten Charakter eines Marabuts und eben deshalb auf die ganze Bevölkerung ara= bisher Abkunft in Marokko einen großen, unbestreitbaren, selbst von den ministeriellen Blättern zu wiederholtenmalen anerkannten Einfluß besißt. Der Kaid von Uschda soll ferner an der Gränze, die wie zur Zeit der türkischen Herrschaft festgestellt bleibt, niht mehr als zweitau- send Mann versammelt haben; aber wie s{hwierig wird es sein, von dem genauen Einhalten dieser Ziffer si stets zu vergewissern. Aller- dings glauben Manche, der berührte Paragraph sei absichtlich #0 ge- faßt, daß er später Anlaß zu neuer Ausnahme des Streites geben könne, und diejenigen, welhe Frankrei Eroberungspläne auf ganz Nordafrifa von den Küsten des atlantishen Meeres bis zum rothen

Meere beimessen, werden nit verfehlen, der Sache eine derartige Deutung zu geben,

Großbritanien und Irland. __ London, 18. Sept, Die Schwierigkeit der irländischen Frage für die Regierung besteht nah der Ansicht der Times vorzüglich darin, daß der Geist der Zeit, so wie der Charakter des jeßigen Kabinets, das Ergreifen von Gewalt-Maßregeln gegen das Repeal- treiben verbieten, Was aber die Regierung thun wird, um dies Treiben unschädlich zu machen, das gerade jeßt durch die theilweise Unterstüßung der Whigs eine drohendere Gestalt annimmt, sagt die Times nicht; nur so viel glaubt sie erklären zu können, daß die Annahme des Vorschlags O'Connell's, ein Föderal - Parlament für Irland herzustellen, im Reiche der Unmöglichkeit liegt. „O'Connell“,

schreibt dies Blatt, „begnügt sich mit einem Souverain, welcher die einzige Brücke sein soll zwischen den beiden Län- dern, und durch dessen absolute Jndividualität der Rath, die

Stärke und jede heilsame Gegenseitigkeit von Reih zu Reich, wie von einem Ufer zum anderen, ausgehen sollen. So weit er seine An- sichten entwickelt hat, müßte aber Jhre großmächtigste Majestät die Aufgabe eines Wagenlenkers lösen, der ohne andere Hülfe, als die seiner beiden Hände und einer Peitshe einen Omnibus und ein Ka- briolet zu gleicher Zeit lenken soll, seinen Plaß auf beiden Wagen behauptend, die noch dazu nach diametral entgegengeseßten Richtungen hin ihren Lauf nehmen.“ Wie schwierig aber die Aufgabe der Re- gierung is, durch andere versöhnlihe Maßregeln der Bewegung des irländischen Volkes Einhalt zu thun, geht aus der bekannten That- sache hervor, daß dort zwei schroff sich gegenüberstehende Nationali- täten versöhut werden müssen, welche beide seit Jahrhunderten sich bekriegt haben, und von denen die eine dur blutige Eroberung des Landes seit Jahrhunderten unterdrückt ist. Die besiblose, eigentlich irländische Bevölkerung, welche nit vergessen hat, daß ihre Vorfahren einst im Besiß des Landes gewesen, und deren Agitation jeßt die britishe Regierung durch versöhnlihe Mittel beseitigen soll, wird von der Times folgendermaßen charakterisirt: „Es ist niht rihtig, wenn man behauptet, daß die irländishe Agita- tion eine rein demofratishe Bewegung sei, Man ist immer gewohnt, zu sagen, England sei ein aristokratishes und Jrland ein demokratisches Land, aber man beging niemals einen größeren Fehler. Es wird allerdings bei uns große Achtung alten Namen und guten Familien gezollt, besonders wenn sie von guten Familien - Erbgütern unterstüßt werden, aber in Jrland is dies Gefühl mehr als ein bloßes Gefühl; es is gerade dort eine Leidenschaft, allgemein in ihrem Einfluß und beinahe religiós in ihrer inneren Gewalt. Was ists, das des irländishen Bauers Herz und Blut erwärmt? Das Elend und die Leiden dessen, was er seine „alten Familien“/ nennt, Was hält er für der größten Huldigung werth? Das Alter der Geburt, gleihviel, ob mit oder ohne Vermögen. Man sehe wohin man will; überall verehrt der Jrländer die, welche er für seine „Gentry“ hält. Gute Abkunft is bei ihm so viel, wie Häuser und Ländereien, aber gute Abkunft mit Güterbesiß ist ihm natürlich noch verehrungswür- diger. Wenn dies aber die Gesinnung des Bauernstandes is, so ist es niht möglich, daß diejenigen, gegen welche er solhe Gesinnungen hegt, Gleichmahher und Republikaner sein können. Und |\ie sind es niht. Es giebt feine stolzere und aristokratischere Wesen in der Welt, als diese irländishen Gentlemen. Der Träger eines celtischen Namens blickt mit Verachtung auf das Sachsenthum seines mehr modernen Nachbarnz der Lettere erbt den Stolz, mit welchem die glücklihe Eroberung seinen Cromwellistishen Vorfahr beseelte; aber Beide sind stolz und hochstrebend. Aus der Mitte die- ser Männer nun werden die Reihen der Repeal - Partei rekrutirt. Warum? Weil sie stolz, hochstrebend und ehrgeizig sind, Weil sie ihre Stellung für eine falsche, für eine shimpfliche halten. Sie suchen, was alle Menschen suchen, Bedeutung für sich und für die Jhrigen zu gewinnenz sie entbehren über deren Besiß alle Menschen sich freuen der Macht, Um sie zu erlangen, sehen sie kein anderes Mittel, als Jrland zu einer Nation zu machen, Eine verschiedene Nationalität und ein getrenntes Parlament würde ihnen Gelegenheit geben, Ansehen und hohen Rang zu geben, welche jeßt nur einige we= nige Glücklihe unter ihnen erreihen fönnen, Nein, die Bewegung ist feinesweges hauptsächlih eine demokratishe. Sie ist niht mehr demokratish, als es die amerifanishe Revolution in ihrem Anfange war. Das war eine Revolution, deren thatkrästigste Leiter und acht= barste Männer Leute von Geburt und Familie waren, Repräsentanten der ältesten Familien in der Kolonie, Die Folge der Ereignisse ge- staltete erst mit der Zeit die Verhältnisse anders und stellte den vir= ginishen Edelmann mit dem bostoner Gewürzkrämer gleich, aber die Prinzipien, aus denen jene Revolution hervorging, waren die- selben, welche gegenwärtig in Jrland wirksam sind Ungeduld über das Entbehren der Selbstherrschaft, Privat-Chrgeiz, und auh müssen wir hinzufügen, ein poetisher Patriotismus, der sich freut und entzüdt ist bei dem Namen „das Königreih und Parlament von Jrland.“ Es war in Amerika die Gentry, welhe zuerst davon träumte, aus der Kolonie eine Nation zu machen, es is in Jrland die Gentry, welhe zur Rente steuert und in College green ihr Par= lament haben will.

Sir Robert Peel hat 1000 Pfund Sterling unterschrieben zur Anlage eines Parks bei Manchester, der den arbeitenden Klassen als Erholungs=- und Belustigungsort dienen soll; bei Unterzeichnung die- ses namhaften Beitrags bemerkte Peel, er habe slch dazu verstanden in Anerkennung der Verbindlichkeiten, welhe er mit seiner Familie dem großen Manufaktur - Distrikt schuldig sei.

Capitain Basil Hall, bekaunt durch seine Reisebeshreibungen und eine Reihe von Schriften über nautishe Gegenstände, ist am 1iten d, M. in dem Hospitale von Haslar gestorben, Er hatte {hon vor ein paar Jahren einen Schlaganfall erlitten, von dem er sich nicht wieder erholt hat,

H e, lg f f.

Brüssel, 20. Sept, Am 17ten erschien zu Verviers folgende Proclamation des dortigen Bürgermeisters, Herrn Warnottet

„Meine lieben Mitbürger, Zusammenrottungen der Art, wte sie in den beiden leßten Nächten stattgefunden haben, können unheilvolle Folgen her- beiführen, ih sehe mih daher genöthigt, Sie zur Ordnung und Ruhe zu vermahnen, Jch bin damit beschäftigt, die nöthigen Schritte zu thun, um die Ursachen zu beseitigen, durch welche die heute von uns beklagten De- monstrationen veranlaßt wurden, und ih glaube sicher, daß es mir gelingen wird, Hoffentlih wind also die Nuhe nicht ferner gestört werden, Sie

i Anwendung der von dem Geseß zur Aufrechthal- werden mich dadurch der hrten strengen Mittel überheben,“

L nir gewä

29 der Ordnung B bgermeister eingeleiteten Unterhandlungen waren von Erfolgz die Personen, welche bei dem Kirchen-Vorstand von St. Lambert um Einräumung dieser Kirche und eines Privat - Gebäudes an die Jesuiten nachgesucht hatten, gaben ihr Vorhaben auf, wie aus folgender Proclamation des Bürgermeisters vom 18ten d, her= orgeht :

T S eem zeigte ih Jhnen an, meine lieben Mitbürger, daß Schritte geschehen sollten, um die Ursachen der öffentlichen Erbitterungen rückgängig zu machenz heute bin ich so glücklih, meinen Administrirten mittheilen zu fonnen, daß ein vollfommener Erfolg die Schritte der Verwaltung gekrönt hat. So möge denn die auf einen Augenblick gestörte Ordnung in unsere friedliche und gewerbfleißige Stadt wieder zurükfehren,“

Der Nouvelliste, der die Vertheidigung der Jesuiten über- nommen hatte, bestätigt obige Nachricht in folgender os „Wie wir hören , is der Plan aufgegeben, den einige von den besten Ah= sichten beseelte Personen gehegt hatten, zum allgemeinen Besten und des Rechts sich bedienend, welches die Verfassung und die Gesebe ihnen bewilligen, zwei Jesuiten nah Verviers zu ziehen, ein Plan, der übri- gens noch lange nicht so weit vorgeschritten war, als man glaubte. Diese achtbaren Personen sind ohne Zweifel durch den Wunsch, die öffentliche Ruhe aufrecht zu erhalten, zu ihrer Verzichtleistung bestimmt worden z hof= fentlich wird man ihnen dies in Anrechnung bringen.“ Andererseits liest man in dem ebenfalls zu Verviers erscheinenden Jndustriel: „Sobald die Absicht der Jesuiten, sich bei uns niederzulassen, ruchbar wurde, bemächtigte sich aller Gemüther lebhafter Unwille. Man kennt diesen Orden, seine Geschichte is in zu klaren Worten geschrie= ben, als daß man über seine Zwecke sih täuschen könnte, Auch geriethen unsere Behörden sogleich in Bewegung, als die Ankunft der Jesuiten eine ausgemachte Thatsache war. Man bemühte sich, durch Ueberredung, dem einzigen geseßlihen Mittel, von unserer Stadt diese Unruhestifter fern zu halten. Dank unserem Gemeinde=- rath und den Männern, die sih die Sache der öffentlihen Ruhe und Ordnung angelegen sein ließen, is dies glücklih gelungen. Der Nouvelliste behauptet, in den Gruppen, die sich am Sonntag Abend gebildet hatten, sei der Ruf: Nieder mit den Katholiken! er- tönt. Diese Behauptung is durchaus falsch. Man rief: Nieder mit a Jesuiten! aber nicht ein einziges Mal: Nieder mit den Katho= liken]!

R E E

Madrid, 13, Sept. Durch ein ministerielles Cirkular werden die außerordentlichen Befugnisse, welche in Folge der leßten Bewe-= gung den General-Capitainen übertragen waren, wieder aufgehoben,

Dem Vernehmen nah wird Herr Martinez de la Rosa das Portefeuille der auswärtigen Angelegenheiten niht übernehmen, son=- dern die Präsidentschaft in der Deputirten - Kammer vorziehen, die indeß, wie man allgemein glaubt, Herrn Jskuriz zu Theil werden dürfte, Zum Präsidenten des Senats wird die Königin den Pa- triarhen von Jndien ernennen,

Se Pn

Von der türkischen Gränze, 11. Sept. (Schles. Z) Die Primaten Wutsitsch und Petrouiewitsh sind in Belgrad einge- troffen und mit den größten Beifalls - Bezeigungen empfangen wor- den, wobei die Privat-Personen mit dem türkischen Pascha und der serbishen Regierung wetteiferten, Das Geläute der Glocken und der Donner der Kanonen von mehreren Punkten verkündeten am Tage weithin dies gefeierte Ereigniß, während in der Naht am Vradschar, dem Hallava-Berge und anderen hervorragenden Orten Freudenfeuer aufloderten, wozu einzelne Serben den Stoff in ungeheuren Massen auf eigene Kosten zusammengeführt hatten,

T S

ch2 Paris, 19, Sept, Briefe aus Tunis vom 30, August ge- ben eine Schilderung von dem besonderen Glanze, mit welchem in diesem Jahre das Fest des heiligen Ludwig am 25. August von den dortigen Franzosen in der Kapelle begangen wurde, welhe auf der alten Anhöhe von Byrsa König Ludwig Philipp zum Andenken des auf jenem Plaße verstorbenen Ludwig des Heiligen hat erbauen -las= sen. Der General = Konsul von Lagau mit seinen Beamten, der Ad- miral Parseval -= Deschenes, Ober-Befehlshaber der jeßt vor Tunis liegenden Flotten-Abtheilung, mit mehr als 60 Offizieren aller Grade, dann die gegenwärtig im Dienst des Bey von Tunis zum Unterrricht der Truppen stehenden französischen Ober=Offiziere, die Frauen der Verheiratheten unter diesen Herren und die sonst noch in Tunis befínd= lichen Franzosen in großer Zahl wohnten dem in der Kapelle gehaltenen Gottesdienste bei. Der Bischof von Rosalia (in partibus) Superior der apostolischen Mission in Tunis, früherer General-Vikar, der erst fürzlich auf Verwendung der französischen Regierung von dem Papste mit der bishöflihen Würde bekleidet worden war, hielt den Gottes- dienst ab, wobei ein Militair - Musik= Corps spielte und der Donner der Kanonen die vershiedenen Haupt-Momente desselben, nah katho- lishem Ritus, ankündete. Es war die erste feierliche Messe, die ein fatholisher Bischof von Karthago seit langen Jahrhunderten wieder mitten im mahomedanischen Lande, an jener ungastlihen Küste von Afrika abhielt, Auch mehrere andere Konsuln von katholischen Mächten wohnten auf ergangene Einladung der religiösen Feier bei.

Die Getwerbe-Ansfstellung der deutschen Butides- und Zollvereins - Staaten.

(Vergl. Allg. Preuß. Ztg. Nr. 227, 238, 240, 242, 243, 248, 249, 252, 253, 254, 255, 256, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 264, 265 und 266.)

XXVIIL. VYandestrachten und Volkskostüme.

Von besonderem vaterländischen Juteresse sind die zum Theil von den entferntesten westlihen und östlihen Gränzen des preußischen Staats, zum Theil aus anderen deutschen Gauen, wo sich eigenthim- liche National-Trachten noch erhalten haben, zur Gewerbe- Ausstellung eingesandten charafkteristishen Kostüme. Der deutsche Landmaun is in manchen Gegenden stolz auf seine eigenthümliche althergebrahte Lan- destracht, und er hat Ursache, es zu sein, wenn er sich uud die Sei- nigen in der Sonntagskleidung neben den in manchen kleinen Städten gefertigten Fracks und Phantasie-Beinkleidern näher betrahtet. Re- ferent is zwar Manchem begegnet, welcher, uaserümpfend, nicht be-

greifen fonnte, was eigentlih an diesen Trachten ausstellungswürdig wäre, Wer indessen über den Charakter, die Beschäftigungen und Bedürfnisse des Landmanns Belehrung sucht, wer im Stande is, an den Anblick eines Kostüms eine Betrachtung über die Hauptbeschäf- tigungen des Volkes, über Sitten, Gebräuche und Lebensart der eiu- zelnen Landschaften, Nationen und Zeitalter, über ihre Rückwirkungen auf Bedürfnisse und Wohlstand zu knüpfen, wird den bereitwislligen Einsendern dieser großentheils aus der einfahen Gewerbsamkeit des flahen Landes hervorgegangenen mannigfaltigen Gegenstände seinen Dank nicht versagen, Die nähere Anschauung derselben wird aber noch interessanter und lehrreiher, wenn man erwägt, daß an ihnen nichts idealisirt und vershönert, daß diese einzelnen Bekleidungsstücke und Volkstrachten, wie sie bei festlizen Gelegenheiten wirklich getra- gen werden, zum Nationalfeste der deutschen Gewerbe - Ausstellung von ihren Besißern und Fertigern bereitwillig hergeliehen wurden, Mit jeder Tracht ist eine Figur bekleidet, wodurch das Zusammenge- deine S übersihtlich und das nationale Kostümbild erst vollstän- ig wird,

Noch eine zweite Rücksicht dürfen wir audeuten. Es is von we- sentlichem Nußen für den Fabrikanten, den Geshmack und Bedarf der gro= ßen Bevölkerung des platten Landes- näher zu kenneu. Sie unterliegt in den meisten Gegenden nicht, wie die Kleidung der Städter, dem raschen Wechsel der Mode, und wenn uns Manches zuerst ganz zufällig er- sheint, so wird sih doch häufig große Zweckmäßigkeit in den altge- wohnten Trachten entdecken lassen, welhe ihre Dauer verbürgt und es um so anräthlicher erscheinen läßt, daß der Fabrikant auch diesen,

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unmittelbar durch die zahlreihen Zwischenhände der Detaillisten ver- sehenen Markt studirt und seinen Richtungen sih anschmiegt.

So sehen wir unter Nr. 2122 zwei durch den Amtsrath Herrn

von Shmiedeberg zu Pyriß eingesandte, vollständige weibliche Bauernanzüge, wie sie bei Hochzeiten im Waizacker Pommerns getra- gen werden. Eine solche Hochzeitstracht ist niemals vorräthig zu ha- ben und wird von den Bestellern sehr theuer bezahlt. Aber au außerdem legt man in jenen wohlhabenden Gegenden einen sehr ho- hen Werth auf diese Kleidung. Die Anzüge strahlen, dem Geshmack des pommerschen Landmannes entsprechend, in grellen, bunten Farben; der Stoff ist von grobem farbigen Leinen und Baumwolle, die hohe Taille trägt dazu bei, den Figuren ein fräftiges mobiles Ansehen u geben. s ® Tiuda noch eigenthümliheren Anziehungspunkt gewähren die vom Herrn Kaufmann Hanewald aus Memel (3074) und vom Königl. Landraths-Amte Heidekrug im Regierungs = Bezirk Gumbin- nen (2105) eingesandten National-Trachten und verschiedenen Beklei= dungsstücke aus dem preußischen Antheil Litthauens,. Die Manns- trat, aus einem mächtigen, von dickem Woll- und Pferdehaar-Zeug gefertigten Ueberzieher, Szarkas genannt, nebst einer blau und rothen Kopf- und Halsbedeckung, der Capuse, bestehend, deutet auf das Be- dürfniß, sih gegen die rauhen Seestürme und die Unbilden eines nor dischen Klima?s zu {hüben , hin, während in den weiblichen Anzügen mehr Mannigfaltigkeit und Näherei-Kunst sih bethätigt.

Die verschiedenen Beisteuern der Bauernwirths -= Töchter Erd = muthe Gudjohns (2106) und Ennutle Kiszkat (2107), der Eigenkäthner-Frauen AduszeMilkereit (2108) und Urte Nit} (2113), der Abbauer-Frau Madline Olingat (2109) und Bauers-= Frau Else Urbantat (2110), der Altsiberin Adusze Jurgaitene (2111), der Bauerwirths-Frauen UrteBajorat (2114) und Elske Skarus (2112) geben ein belehrenderes und detaillirteres Bild für das Studium der lettishen Nationaltrachten, als alle bis jeßt erschie- nenen Kostümwerke, welche leßtere außerdem noch den Mangel mit sich führen, daß sich aus ihnen weder die Art und Feinheit der Stoffe, noch der höhere oder geringere Grad der Ausführung der Näherei und Stickerei beurtheilen lassen. Einen Verein des Bizarren und Malerischen, des Nationellen und Eigenthümlichen bilden insbe- sondere diese Frauenpelze (pamusztinnis), Shawls (drobullis), Gürtel (josta), Frauenröcke (marginnis) und Strumpfbänder.

Von einer ganz entgegengeseßten Gränze des Reichs sandte Herr J. M. Bellefontaine in Weismes, Regierungs = Bezirk Aachen (Nr. 1186), einen niht minder eigenthümlichen vollständigen Frauen - Anzug ein, wie er von den wallonishen Landleuten in der Gegend von Malmedy getragen wird, welcher zu interessanten Ver- gleihungen Veranlassung giebt, Auch hier nöthigt ein rauhes Ge-= birgs - Klima zu besonderen Schußmitteln: ein doppelter Rock shütt den Körper, eine starke Garnitur (sogenannte Gardine) an dem brei= ten Strohhute den Hals, Die în der dortigen Gegend gewebten derben Stoffe, mit hellen Farben bedruckt, die blaue Schürze, das weiße, über einem kleineren bunten liegende Tülltuch, der breite Schnitt des Kleides mit tiefer Taille geben der ganzen Figur ein kräftiges, dreistes Ansehen, und am Halse fehlt das auf einen höhe= ren Schuß hinweisende goldene Kreuz uicht.

Der Madame Louise Grohmann in Hamburg (Nr. 1895) verdanken wir dagegen die nähere Anschauung des beliebten und uns hon bekannteren National =- Kostiims eines Vierländers und ciner Vierländerin. Die Figürchen, etwa 17 Fuß hoh, stehen einander wohlgepußzt gegenüber: das rothe Mieder der weiblichen Figur is bunt mit Perlen und Blumen ausgesteckt: der runde, forbförmige Hut giebt der ganzen Figur ein sehr reputirliches, aber etwas steifes Ansehen, während der Vierländer in roth und s{chwarzem grünbebän= dertem Hut sich freier zu bewegen scheint,

Der Schneider -= Meister Michael. Beer in Barkersdorf (Nr, 2627) hat zwei vollständige Fest - Anzüge eines altenburger Bauers und einer Bäuerin ausgestellt, welhe um so belehrender sind, als sie zur Berichtigung mancher durch zu phantastische bildlihe Dar- stellungen veranlaßten Uebertreibungen die Hand bieten,

Gegen diese vaterländischen Trachten bildet der unter Nr. 2353 von Noack und Hoffmann in Berlin ausgestellte vollständige Mamelucken = Masken - Anzug einen prunkvollen Abstich: ein weißes goldgesticktes Unterkleid, ein rothes dolmanartiges Oberkleid, ebenfalls mit reicher Goldstickerei, ein buntseidener mit weißer Feder geshmiüick= ter Turban und ähnlihe Schärpe, weite blaue Pantalons und rothe Saffian-Stiefeln geben ihm ein etwas hohmüthiges Ansehen; Näherei und Stickerei loben ihre Verfertiger. Möge man indessen nicht auf einen gleihen Umfang des Konsums bei diesen, wie bei den vorge nannten Artikelu, rechnen,

XXIX. Musikfalishe Blase-Jnstrumente und Trommeln,

Die ausgestellten Blase - Justrumente würden zur Ausstattung eines ausgedehnten Orchesters genügen, Von 16 verschiedenen Ein= sendern sind 11 Klarinetten, 10 Flöten, 4 Fagotts, 1 Serpent, 1 Contrahorn, 2 Oboen, 4 Trompeten, 1 Posaune, 1 Baßtuba, 2 Hörner und 1 Bathyphon, im Ganzen 38 Jnstrumente, und zwar aus Preußen 23, Bayern 2, Sachsen 3, Württemberg 1, Nassau 2, Hannover 2, Anhalt - Deßau 5, geliefert.

Im Ganzen sind sie mit lobenswerthem Fleiße gearbeitet, von gutem Material verfertigt, sauber, elegant, ja reih in der äußeren Ausstattung gewähren sie dem Beschauer ein augenehmes Bild, und dem Kenner zugleich die Ueberzeugung, daß ihre Verfertiger fortwäh- rend bemüht sind, durch neue Erfindungen auf Erleichterung des Spiels und Schönheit des Tons hinzuwirken, und so den ausgezeich= neten Rang zu behaupten, welchen die vaterländishe Kunst in Bezug auf diese Kategorie musikalischer Junstrumente stets vor den Erzeug-= nissen des Auslandes eingenommen hat,

Besonders hervorzuheben sind: unter den Klarinetten die von C, Kruspe in Erfurt (Nr. 635.) eingesandte, welche {vön gearbei- tet, von trefflihem Ton, leichter Ansprache, mit einer neuen sehr zweckmäßigen Fis - Klappe versehen und dabei völlig preis- würdig istz ferner die Klarinetten von Stü m pel in Minden (Nr. 1310) und Lauter in Münster (Nr. 2541), deren voller, angenehmer Ton dem eleganten Aeußeren ganz entspricht. Unter den Flöten zieht vor Allem die von Wünnenberg in Köln (Nr. 2560) ausgestellte, ein in jeder Beziehung vortrefflihes Justrument, die Aufmerksamkeit auf sh; nächst ihr die von Wiedemann in Halle (Nr. 714) ver: fertigte, welche mit der äußersten Reinheit des Tones besondere Schön- heit der Form und Sorgfalt der Arbeit verbindet,

Was die ausgestellten Fagotts betrifft, so läßt sich leider über die Qualität ihres Tones kein Urtheil fällen, da die angestellten Ver= suche, sie mit den beigefügten Röhren zu blasen, mehr oder weniger fruchtlos geblieben sind; wir müssen uns deshalb darauf beschränken, die vortrefflihe Arbeit an dem Fagott von Neddermann und Meier in Hannover und das Verdienstlihe in der Art der Klappen- Befestigung sowohl an diesem als an dem von Heckel in Bieberich (Nr, 1746) hervorzuheben.

Unter den starken Blase-Justrumenten zeichnet ih besonders die aus der Fabrik von Gablers seligen Erben in Berlin (Nr. 1975) hervorgegangene Posaune aus.

, Die treffliche Arbeit, der weihe Ton, die Schönheit des Mate- rials dieses Justruments geben ein neues Zeugniß von dem Eifer

und der Tüchtigkeit, welhe den Ausstellern einen so wohl begründeten und weit verbreiteten Ruf verschafft haben. ;

Auch das B. Cornopeon (Cornet-Piston) von Schuster jun. in Neukirhen (Nr. 1599), das Euphonion von Gabler 's Erben, leßteres von einem Umfange von 34 Oktaven, so wie die von Kirs\ch in Jesniß (2660) ausgestellten Trompeten und Hörner, welche ob- {hon nur aus Thon geformt;, einen sehr reinen Klang haben, und gut ansprechen, sind lobenswerthe Jnstrumente.

Eine besondere Beachtung verdient das von Wiepreht und Sfkorra in Berlin (Nr. 440) erfundene Bathyphon. Dasselbe hat einen Umfang vom contra E bis zum fleinen (& und wird mit einem Klarinett-Mundstück geblasen. Seine Töne sind weih und wohlklin- gend. Es is in verschiedenen Exemplaren durch Herrn Berlioz in Belgien und Frankreich eingeführt worden und wird bereits in mehre- ren Regiments-Musik-Chöreu der preußishen Armee benußt. Die Erfinder haben ein Patent auf 10 Jahre darauf erhalten. Eine von Krause in Wien (Nr, 2880) ausgestellte Trommel verdient wegen des zu ihrem Ueberzuge verwendeten wasserdihten Leder- Surrogats Beachtung.

XXX, Streih=JFnstrumente und Guitarren.

Die Ausstellung enthält von 7 Einsendern 13 Violinen, 2 Violen, 5 Violoncells und 1 Contrabaß, im Ganzen 21 Streih-Justrumente, worunter 9 aus Preußen, 10 gus Bayern und 2 aus Hamburg sind.

Die Kunst der Verfertigung von Streich - Jnstrumenten stand bekanntlih in einer längst verflossenen Zeit in Jtalien auf ihrem Culminationspunkte: die Geigen und Bässe, welhe aus den Händen der Amati, Stradivari, Guarneri, Maggini und anderer bekannter Künstler damals hervorgingen, sind das Beste, was von solhen Jn- strumenten je geliefert worden is, und das Bestreben neuerer Jnstru- mentenmacher war“ deshalb vorzüglih darauf gerichtet, durch eine genaue Nachahmung jener Meisterstücke ihre eigenen Erzeugnisse den- selben möglichst nahe zu bringen.

Mit besonderem Glück und Erfolge i} dies von den Franzosen und unter ihnen namentli von Vuillaume in Paris gesehen, welcher bereits seit einer Reihe von Jahren Violinen uud Bässe liefert, die bei sehr gutem Tone die erwähnten Muster in Form, Holz und Lack so treu nachahmen, daß nur ein geübtes Kennerauge vor der Ver= wechselung gesichert ist.

Die Junstrumente des Herrn N. Darche in Aachen (Nr. 1144) gewähren die wohlthuende Ueberzeugung, daß wir fernerhin nicht, wie bisher, das Beste dieser Ärt im Auslande zu suchen haben werden, indem sie den französishen, mit Ausnahme vielleiht der Schönheit nund Aehnlichkeit des Lacks, in jeder Beziehung gleihkommen und da= bei für den Käufer den Vortheil darbieten, bei weitem billiger zu sein, als jene.

Drei der eingesandten Violinen und das Cello sind nah Stra=- divarius, die beiden anderen Geigen nah Guarnexius und Maggini mit äußerster Sorgfalt gearbeitet, vom {önsten Holze, und bei aller Neuheit doch von vollem, metallreihem Tone. Am schäßbarsten in leßterer Rücksicht schien uns die in der breiteren Form von Stra- divarius ausgeführte Violine, Dem schon bei früheren Gelegenheiten rühmlihs| ausgezeihneten Herrn Verfertiger auch von unserer Seite die vollste Anerkennung hierdurch bethätigen zu können, gereicht uns zur wahrhaften Freude.

Tüchtiges haben auch Neuner und Hornfsteiner (Nr. 1334) in Mittenwald geleistet, Die von ihnen eingeschickten Jnstrumente zeichnen sih durch \{önes Holz und fleißige, besonders in der mühe- vollen Einlegung sichtbare Arbeit aus; der Ton is zwar nicht groß, das Ganze aber mit Rücksicht auf die beispiellos billigen Preise durh- aus befriedigend,

Die Sorgfalt, welhe sich in der äußeren Arbeit der alten

Mustern nahgeahmten Fnstrumente von F. Cellier und Sohn in Hamburg (Nr. 1867) Fundgiebt, verdient gelobt zu werdenz der Ton der Violine ist nicht übel. Unter den fünf Guitarren, von denen Darche in Aachen zwei Neuner und Hornsteiner in Mittenwald, Schuster ín Neukir- chen und Weikopf in Hannover jeder eine ausgestellt haben, nehmen die beiden ersten durch Güte des Tons und Preiswürdigkeit einen vorzüglichen Rang ein, während die von Schuster verfertigte durch den Reichthum und die Schönheit der Perlmutter - Einlegung beson- ders bemerkenswerth bleibt. E

Die von Neuner und Hornsteiner herrührenden Bogen sind sauber und gut gearbeitet; der Violoncellbogen is vorzüglich , die Preise auch hier sehr niedrig.

Schließlich können wir einestheils unser Bedauern niht unter= drüccken, daß anerkannt tüchtige Meister, wie Sauke in Hamburg Bausch in Leipzig, Wiesener und Golde in Dresden, Otto und Wolf in Berlin und mehrere Andere, in der Liste der Aussteller nicht anzutreffen sind; anderentheils müssen wir an die eigenthüm- lihen Schwierigkeiten erinnern, welche sich einem befriedigenden Ur- theil über musifalishe Jnstrumente stets in den Weg stellen werden. Wer jemals über ein Klavier, eine Violine oder ein Blase-Justrument zu urtheilen hatte, wird wissen, wie mannigfaltiger Prüfungen es dazu bedarf; wie bedeutend der Einfluß ist, den Lokal, Witterung und technische Fertigkeit des Prüfenden auf den Ton ausüben, weshalb der nähecen Prüfung und dem eigenen Urtheil der Ausstellungsbesucher um so weniger vorgegriffen werden darf.

Yandeis- und Börsen - Uachrichten.

Berlin , 24. Sept, Bei einem wenig belebten Geschäft waren die Course der Eisenbahn-Effekten fast gar nicht verändert und der Umsaß war im Allgemeinen nur gering.

Marktpreise vom Getraide. Berlin, den 23. September 1844.

Zu Lande: Weizen 1 Rthlr. 18 Sgr., auch 1 Rthlr. 16 Sgr, 10 Pf. 3 Roggen 1 Rthlr. 8 Sgr. 5 Pf., auch 1 Rthlr. 4 Sgr. 10 Pf. z kl, Gerste 24 Sgr.z Hafer 25 Sgr. 2 Pf., auh 20 Sgr. 5 Pf.

Zu Wasser: Weizen (weißer) 2 Rthlr, 2 Sgr, 5 Pf., au 1 Rthlr 27 Sgr. 7 Pf. und 1 Rthlr. 18 Sgr.; Roggen 1 Rihir. 1 Sgr. 2 j auch 1 Nthlr.; große Gerste 1 Rthlr. 2 Sgr. 5 Pf.z kleine Gerste 1 Rthlr. ; Hafer 20 Sgr. 9 Pf; E:bsen (\{lehte Sorte) 1 Rthlr, 6 Sgr,

Á R E den 21. September 1844,

as Schock Stroh 7 Rthlr. 5 Sgr., auch 6 Rthlr. Der 1 Rthlr. 2 Sgr. 6 Pf., auch 20 Sgr, i T B

Auswartige Börsen. Amsterdam, 20. Sept. Niederl. wirkl. Sch. 6277. 6% Span. 207. 3% do. 345. Pass. G. Ausg. —. Zinsl. Tf. Sch. —. Pol. —. OVesterr. 1095. 4% Russ. Hope 922. Antwerpen, 19. Sept. Zinsl. —. Nene Anl. 197. Frankfurt a. M., 21. Sept. 5% Mer. 1123. Bauk- Actien p- ult, 1966. Bayr. Bank-Actien 725 G. Hope 90 G. Stiegl. 89% G. Int 61%. Poln. 300 Fl. 95 G. do. 500 Fl. 94’. do. 200 FI. 28 Be. London, 18. Sept. Cons. 3% 997. Ard. 233%. DPass. D, A4 Seb. Joa. Int. Gar 5% A: Port. —. Bn 882. Mex. 362. Peru E : aris, . Sept. 5% Revuie fin cour. 119, 10. Reute fi . 014. 5% Pry 98. 55. 5% Span. Rente 32. Pass. 5%, O : H ien, 20. Sept. 6% Mei. 1103. 4% 1002. 3% 76!. Bank-Actien 1604. Anl. de 1834 151% de 1839 1322 Mordk 55 “115 Mail, 13%. Livorn, 116%. D +368 arf E E

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