1879 / 3 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 04 Jan 1879 18:00:01 GMT) scan diff

anstalt unter erleihterten Bedingungen gestattet ist, au die diätarish beschäftigten Hülfsrichter.

Die in der heutigen Börs.n - Beilage abgedrudckte tabellarishe Uebersicht der Wochenausweise deutscher Zettelbanken vom 23. v. M. {ließt mit folgenden summarischen Daten ab: Es betrug der gesammte Kassenbestand 621 541 000 Æ oder 7 474 000 A weniger als in der Vorwoche, während der Wechselbestand mit 580 135 000 eine Zunahme um 83 456 000 A und die Lombardforderun- gen mit 78 556 000 A eine solhe um 2 476 000 M erkennen lassen; es betrug ferner der Notenumlauf 785 672 000 # oder 16 252 000 6 mehr als in der Vorwoche, wöhrend die sonstigen tägli fälligen Verbindlichkeiten in Höhe von 200 850 000 #4 eine Abnahme um 18 219 000 4 und die an eine Kündi- gungsfrist gebundenen Verbindlichkeiten in Höhe von 48 202 000 6 eine solhe um 951 000 A ausweisen.

Der Kaiserliche Gesandte von Pirch ist mit Ablauf eines ihm bewilligt gewesenen Urlaubs auf feinen Posten in Lissabon zurückgekehrt und hat die Leitung der Gesandtschaft wieder übernommen.

Se.? Durchlaucht der Prinz Friedrich Wilhelm zu Hohenlohe-Fngelfingen, General-Lieutenant à la suite der Armee und General-Adjutant Sr. Majestät des Kai- sers und Königs, ist wieder abgereist.!

Se. Durchlaucht Heinrich XII1. Prinz Reuß, Oberst, Flügel-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur des Königs-Husaren-Regiments (1. Rheini- schen) Nr. 7, ist nah Bonn zurückgekehrt.

__ Bayern. München, 1. Januar. Der Präsident der Kammer der Abgeordneten beabsichtigt, wie die „Allg. l meldet, die erste der Reihenfolge neh die 63.

lenarsißung der Kammer auf kommenden Mittwoch, den 8. d. M., anzuberaumen. Jn derselben soll unter anderem der Präklusivtermin bestimmt werden (wahrscheinlich auf aht Tage), innerhalb dessen die Abgeordneten etwaige Modi- fikationen zu den mit den Geseßgebungsausschüssen beider Kammern vereinbarten vier Ausführungsgeseßen zu den Reihs-Justizgeseßen einbringen könnten. Es müßten folhe Modifikationen aber von mindestens 25 Abgeordneten unterstüßt sein, um, zunächst im Ausschuß, zur Berathung ge- langen zu können. Zum Vollzuge der §88. 138 und 139 des Geseges vom 17. Juli v. J., die Abänderung der Ge- werbe-ODrdnung betreffend, welhe Paragraphen von der Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken und denselben gleichgestellten Anlagen handeln, hat das Staats-Ministerium des Jnnern eine eingehende Jnstruktion erlassen.

_Sessen. Darmstadt, 3. Januar. Die „Darmstädter Zeitung“ bestätigt, daß \sich der Großherzog mit seinen Kindern noch im Laufe des Januar zum Besuche der Königin Victoria nach Osborne begeben werde.

WaldeÆŒ. Arolsen, 1. Januar. (Magdb. Ztg.) Vor- gestern traf Se. Majestät der König der Niederlande mit zahlreihem Gefolge wieder hier ein. Die Vcrmählungs- feierlihkeiten sind auf den 7. Januar festgeseßt.

Hesterreich -: Ungarn. Wien, 2. Januar. Der Kaiser ist heute von Gödölls nah Wien zurückgekehrt.

3. Januar. Die „Polit. Korresp.“ meldet aus Skutari in Albanien vom 1. d. M.: Die Bewohner von Podgorißa haben dem Sultan telegraphisch an- gezeigt, daß sie entschlossen seien, dem ihren Bezirk be- treffenden Beschlusse des Berliner Kongresses sich in keinem exalle zu unterwerfen. Zugleih ließ die Medshliß von Podgoritza die R IEaiE derjenigen Einwohner von SpUz demoliren, welche sich nach Danilovgrad begeben hatten, um Montenegro ihre Unterwerfung anzuzeigen. Aus Konstan- tinopel meldet dasselbe Blatt: Die Verhandlungen wischen Karatheodory Pascha und dem russishen Botschafter, Fürfien Lobanoff, über einen definitiven Frieden

aben bereits am 31. v. Mts. ihren Anfang genommen. Et

Gr SONDon, 5. Ja: Uu. T. B) Ein vel Der Admiralilkät cit gegangenes Telegramm aus Jsmid, von gestern, bestätigt das Bersten eines 38-Tons-Geshüßes an Bord des „Lhunderer“. Die Zahl der dabei Getödten stellt sih auf 10, 2 Lieutenants und 8 Matrosen ; der Verwundeten sind 32, darunter 12 {wer Verwundete. Der Thurm ist nicht zer- stört, sondern nur sehr stark beschädigt.

4. Januar. €Ein Telegramm des „Standard“ aus Kho f, vom 3. d. M., meldet: Eine Abtheilung des unter dem ommando des General Roberts stehenden Truppen- Corps rüdckte gestern, ohne Widerstand zu begegnen, in Khost ein. Die Eingeborenen nahmen die Truppen unfreundlih A und weigern sich, die Verpflegung derselben zu über- nehmen.

Kalkutta, 3. Januar. Nach einer Depesche aus Quett ah hatte ein großer Theil der Division Stewart am 31. v. M. den Vormarsch gegen Kandahar durh den Engpaß von Chawaja angetreten, während die Division Biddulp h dur den Khojakpaß vorrückte.

(E. C.) Der Nachweis über die Staatseinnahmen des [leßten Vierteljahres vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1878 zeigt éine bédeutende Verbesserung gegenüber dem vor- hergehenden Vierteljahre und läßt deshalb auf weiteres Steigen der Einnahmen im Frühjahre \chließen. Verglihen mit dem [leßten Jahresviertel von 1877 stellt es sih wie folgt :

ölle 1. Oktober bis 31. Dezémber 1877 : 5 386 000 Pfd. Sterl, 1878: 5484 000 Pfd. Sterl. , Verbrau@hssteuern 1877: 6 855 000 Pfd. Sterl., 1878: 6 990 000 Pfd. Sterl., Stempelsteuern 1877: 2735 000 Pfd. Sterl., 1878: 2628000 Pfd. Sterl., Land- und Haussteuern 1877: 46 000 Pfd. Sterl., 1878: 26 000 Pfd. Sterl., Einkommensteuern 1877: 342000 Pfd. Sterl., 1878: 440-000 Pfd. Sterl. , Post 1877: 1 577 000 Pfd. Sterl, 1878: 1554000 Pfd. Sterl., Tele- graphen 1877: 320 000 Pfd. Sterl. , 1878: 325 000 Pfd. Sterl, Staatsgüter 1877: 141000 Pfd. Sterl., 1878: 141 000 Pfd. Sterl., Zinsen 1877: 337310 Pfd. Sterl., 1878: 383151 Pfd. Sterl. , Verschiedenes 1877: 643.884 Pfd. Sterl., 1878: 1 098411 Pfd. Sterling. Summa 1877: 18 383 194 Pfd. Sterl. 1878: 19069562 Pfd. Sterl. (Land-, Haus- und Einkommensteuern *rscheinen deshalb so niedrig, weil sie meist in dem ersten Vierteljahre eingehen).

Ein Vergleih der Gesammtcinnahmen der Jahre 1877 und 1878 ergiebt: Zölle 1877: 20 165 000 Pfd. Sterl., 1878:

I und Jrland.

19 762 000 Pfd. Sterl., Verbrauchssteuern 1877: 27 372 000 Pfd. Sterl., 1878: 27 368 000 Pfd. Sterl., Stempelsteuern 1877 : 10 652 000 Pfd. Sterl., 1878: 10 968 000 Pfd. Sterl., Land- und Haussteuern 1877: 2655 000 Pfd. Sterl., 1878: 2 636 000 Pfd. Sterl. , Einkommensteuern 1877: 6 031 000 Pfd. Sterl., 1878: 5736000 Pfd. Sterl., Post 1877: 6 180 000 Pfd. Sterl., 1878: 6133 000 Pfd. Sterl., Tele- raphen 1877: 1 380 000 Pfd. Sterl., 1878: 1 320 000 Pfd.

terl., Staatsgüter 1877: 410000 Pfd. Sterl., 1878: 410 000 Pfd. Sterl., Zinsen 1877: 1 047 242 Pfd. Sterl., 1878: 954335 Pfd. Sterl., Verschiedenes 1877: 4641 797 Pfd. Sterl., 1878: 3393 219 Pfd. Sterl. Summa 1877: 80 484 039 Pfd. Sterl., 1878: 78 680 554 Pfd. Sterl.

Frankreih. Paris, 2. Januar. (Fr. C.) Die Presse läßt es niht an Anstrengungen fehlen, das Jnteresse für die am Sonntag bevorstehende Wahl zum Senate an- zuregen. Ganze Bogen voll Betrahtungen, Wahlnachrichten, Anr1woeisungen 2c. gehen in die Welt. Es handelt \sich bekannt- lih um die Wahl von 75 Senatoren, deren Mandat abgelau- fen ist, von denen 55 der Rechten und 20 Linken angehört haben. Gelingt es den Republikanern, eine wesentliche Anzahl Sitze der Rechten zu etiteiiét. so wird die Majorität des Se- nats eine andere. Außer diesen durch die Konstitution potgeieze nen Mandatserneuerungen find noch 7 durch Todesfall erledigte Sitze zu ergänzen. Von jenen zu erneuenden Mandaten werden die Republikaner die 20 bisher innegehabten ohne alle Frage wiedergewinnen, ja es wird selbst auf konservativer

eite zugestanden, daß die Linke 20 Sitze hinzu erwerben wird. Sie selbst rechnet auf 30. Damit würde die liverale Partei des Senats von 134 auf 154 oder 164 Stimmen steigen und die Majorität würde sie also so wie so haben. Der Senat bestcht as 300 Mitgliedern, von denen 75 lebenslänglich sind. Von den übrigen 225 scheidet alle drei Jahre ein Drittel aus; die erste Erneuerung steht eben bevor. Das Comité der Rechten des Senats hat in der zwölften Stunde noch ein neues Cirkular an die Senatorenwähler gerichtet. Dasselbe ist von dem ehemaligen Justiz-Minister Tailhaud gezeichnet und betheuert aufs Neue : es handle sich in den Wahlen vom 5. Januar nicht um die Regierungsform, niht um die Frage, ob Republik oder Monarchie, sondern um die fundamen- talen Grundlagen der Gesellschaft. Wer ‘,„für die radikalen Kandidaten oder für folche stimme, welche die Bundesgenossen- schaft derselben annehmen“, der wolle den Senat zu einem einfachen Abklatshe der Deputirtenkammer herabwürdigen, welche leßtere in den Wahlprüfungen gezeigt habe, was man von ihrem Despotismus zu gewärtigen hätte.

Nashri Bey, zur Zeit erster Sekretär bei der türkischen Botschaft in Paris, is von der Pforte den Mächten als Gouverneur des Libanon vorgeschlagen worden, und Frank- reih, welches hierbei in erster Reihe mit in Frage kommt, hat dazu bereits seine Zustimmung gegeben. Nashri Bey ist der Sohn eines vornehmen Armeniers, Franco Pascha, der N 14 zu seinem Tode Gouverneur des Libanon ge- wesen ist,

Spanien. Madrid, 3. Januar. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Kongresses wurde das gegen einen Sergeanten und 2 Soldaten wegen Verschwörung gegen das Leben ihres Chefs gefällte Todesurtheil, welhes

morgen in Ceuta vollstreckt wérden soll, zur SpraGhe gebracht. :

Mehrere Deputirte brachten einen Antrag auf Umwandelung der Todesstrafe in eine andere Strafe ein. Der Minister- Präsident Canovas del Castillo machte demgegenüber geltend, daß das Militärgeseß die Exekution der Verurtheilten vorschreibe.

Italien. Rom, 3. Januar. (W. T. B.) Die Nac(h- riht von einer angeblichen Mission des Grafen Corti an das Wiener Kabinet wird von dec „Jtalie“ nach aus E Quelle stammenden Fnformationen für unbegründet erklärt.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 31. De- zember. Das hiesige „Dagbl.“ bringt einen Artikel unter der Ueberschrift: „Der Reichstag des Jahres 1879“, in welchem die Ansicht ausgesprochen wird, daß dieser Reichstag sich haupt- sächlih mit wirthschaftlichen Gegenständen zu beschäf- tigen haben werde, und daß verschiedene, durch die ungünsti- gen Zeitverhältnisse veranlaßte Anträge auf Einschreiten des Staates zum Zwecke einer Verbesserung der allgemeinen Lage eingebracht werden dürften. Diese Anträge werden wahrscheinli theils Aenderungen in der Bankgeseßgebung, theils eine Staats-

arantie für Eisenbahnobligationen, theils die Uebernahme von

rivatbahnen von Seiten des Staats bezwecken. Der Staat habe aber jeßt feine jährlihen bedeutenden Ueberschüsse zu seiner Verfügung, im Gegentheil würde er diesmal mit einem Defizit zu rechnen haben, welches in der einen oder der anderen Weise gedeckt werden müsse. „Dagbladet“ vermuthet, daß die Regierung zu diesem Zwecke eine Erhöhung der allgemeinen „bevillning“ und der Branntweinsteuer, sowie des Einfuhr- zolles von einigen großen Konsumartikeln im Auge habe, wo- gegen sie von der mehrfach besprochenen Einführung einer Bier- und Malzsteuer Abstand nehmen werde.

Dánemark. Kopenhagen, 3. Januar. (W. T. B.) Bei den heute stattgehabten Wahlen zum Folkething verlor die gemäßigte Linke 14 Sitze, davon 7 an die Rechte ; die radikale Linke verlor 6 Sitze an die Rechte, welche nur 2 Sitze einbüßte. Der frühere Führer der Radikalen, Tauber, unterlag. Der frühere Minister-Präsident , Graf Holstein- Holsteinborg, siegte über den radikalen Gegenkandidaten. Gewählt wurden : 36 Ee der Rechten, 33 Mitglieder der radikalen und 28 Mitglieder der gemäßigten Partei. Zwei Abgeordnete gehören keiner bestimmten Partei an ; die Partei- stellung eines Abgeordneten ist unbekannt. Zwei Wahlen finden erst später statt.

Amerika. Washington, 3. Januar. (W. T. B.) Der frühere Unionsgesandte in Madrid, General Caleb Cushtng, ist gestorben.

_ Afrika. Egypten. Kairo, 3. Januar. Das amt- liche Blatt veröffentlicht ein Dekret, durch welches die Vor- (lage zur Organisation eines speziellen Departements zum Zwedte einer systematishen Verwaltung und Ueberwahung der Kanalisirungsbauten angenommen werden.

Nr. 1 des „Justiz - Ministerial - Blatts“ hat fol- genden Inhalt: Verfügung des Finanz-Ministers vom 23. No- vember 1878 und Belanntmahung des Justiz-Ministers vom 30. Dezember 1878, die Aufnahme in die Allgemeine Wittwen-Ver- pflegungsanstalt betreffend. Erkenntniß des Königlichen Ober-

Tribunals vom 28. März 1878. Die Stempelpflichtigkeit einer Urkunde ift ledigli nach ihrem Jahalte, nit! aber nah Umständen zu beurtheilen, welche nicht aus der Urkunde selbst entnommen wer- den können. Insbesondere fällt die Stempelpslichtigkeit einer Urk unde nicht deshalb fort, weil der darin beurfkfundete dres wegen Be- truges anfehtbar ift.

Neichstags - Angelegenheiten.

Der Geheime Justiz-Rath und Professor der Rechte Dr. Joh. Friedr. von Schulte hat sein Mandat zum Reichstage für den 6. Düfsel- dorfer Wahlbezirk (Duisburg-Mühlheim a. Ruhr) niedergelegt.

Landtags- Angelegenheiten. __ Im 4. Potsdamer Wahlbezirk (Nieder- und Oberbarnim ist an Stelle des Ober-Forstmeisters Bernhardt, dessen Mandat wegen seiner Beförderung im Staatsdienste erloschen ist, der Baron von Edckardstein-Prößel mit 373 gegen 215 Stimmen, welche der Prediger Gueffroy erhalten hat, zum Mitgliede des Hauses der Ab- geordneten gewählt worden.

Statistische Nachrichten.

Von dem „Buteau Veritas“, internationalem Register für Schiff- fahrtsklassifikation, ist, wie die „Ostsee-Zeitung“ mittheilt, vor einiger Zeit der achte Jahrgang (1878—1879) des „General-Registers der Handelsmarinealler Länder“ herauêgegeben worden. Dieses Register besteht, wie bisher, aus 2 Theilen, von denen das erste in alphabetisher Ordnung über 49529 Segelschiffe (nur Seeschiffe, d. h. solhe, welhe mindestens 50 Register-Tons gemessen sind), das zweite über 5462 Dampfschiffe (ebenfalls nur Se:schiffe) Auskunft ertheilt. Die Zahl der Sciffe und Tonnen ift wieder erheblich ge- ringer geworden. Hauptsächlich bezieht ih dies auf die Segelschiffe, welhe um 2883 Sciffe und 483076 t zurückgegangen sind, währe ;d bei den Dampfschiffen, bei 9 Schiffen weniger, die Tonnen- zahl sich um 87 476 vermehrt hat. Der Hauptrückgang bei den Segelschiffen trifft Jtalien und Spanien. Ersteres is gegen 1877 um 1267 Schiffe und 333 360 t, leßteres um 1154 Schiffe und 221 318 t zurückgegang:n. Eine erheblihe Zunahme an Segel- schiffen hat England erfahren (629 Schiffe von 169088 t), eine geringe Deutschland, Norwegen und Schweden (nur an Tonnen) und Central-Amerika. Nicht unerheblich zurückgegangen ift auch Nord- Amerika an Segelschiffen (um 257 Schiffe und 70899 t) und an Dampfschiffen (um 26 Schiffe und 64 935 t). Der Gesammtrückgang von Nord-Amerika gegen 1876 beträgt 1327 Schiffe und 495 316 t. Was spægiell die deutshe Handelsmarine angeht, so nimmt dieselbe, was die Segelschiffe betrifft, die fünfte Stelle, bezüglih der Dampf- \chiffährt die vierte Stelle unter den s-efahrenden Nationen ein. Deutsche Segelschiffe gab es 1878 3201 mit 914674 t gegen 3149 mit 875 844 t im Jahre 1877 und 3456 mit 875995 t im Jahre 1876. Deutsche Dampfschiffe gab es 1878 220, ebensoviel 1877 gegen 226 im Jahre 1876. Die Tonnenzahl betrug in den dre: Jahren 253 667, 259 785 und 226 888.

Nah dem Statistishen Jahrbuch für das Groß- herzogthum Baden pro 1877 waren im Großherzogthum im Jahre 1877 gegen Feuersgefahr 543 989 Gebäude (161 666 aus Stein) versichert, gegen 535011 in 1876, Die Ans{lagssumme betrug einsch{ließlich des nicht versiberten Fünftels 1 324 309 535 M, gegen 1 257 595 014 4 in 1876. Die Fahrnißversicherung belief sich auf 1 110 233 793 M, gegen 1030 884 366 4. im Vorjahre. Die Bezirksämter hatten im Jahre 1877 861 833 Geschäftsnummern zu erledigen ; sie seßten 421 067 M Sporteln und 125 702 M Sinrasen fest; an Legitimationspapieren stellten dieselben aus 4038 Reisepä}se, 562 Paßkarten, 21 720 Heimathscheine, 10 Reiseausweise, 5674 Jagds und 3446 Fischereikarten. Wegen Polizeivergehen und Uebertretungen wurden 39 125 Anzeigen (gegen 46 866 Angeschuldigte) bei den Be- zirksämtern eingereiht; 21 885 Anzeigen erledigten fih durch frei- willige Unterwerfung, 17510 durch bedingten Strafbefehl. Die Bezirksräthe hielten 578 Sitzungen und erließen in Verwal- tungsrathsfahen 236, in Verwaltungësaben 2040 Entscheidungen und erledigten 155 Rekurse. Die Bürgermeisterämter erledigten 74 704 Feldfrevel und 40 981 s\onstige Polizeianzeigen, stellten 1802 Reiseauêsweise und 1782 Fischereikarten aus. Die Amtsgerichte er- ledigten 104 735 Forstfrevel Die Bezirksämter hatten im Jahre 1877 1450 Gemeinderechnüngen abzuhören, 64 Zehent- und 1547 Stiftsrechnungen. In 319 Gemeinden (1876 in 287) fan- den 422 Brände (1876: 387) statt, für welche 1 180 596 4. Im- mobiliar- und 599 846 4 Mobiliar-Brandentschädigung gezahlt wur- den (1876: 1 914 407 bezw. 16193406 A); davon waren 30 Brände (1876: 25) durch Brandstiftung, 82 durch Fahrlässigkeit und zwar 37 durch Kinder (1876: 70 bez. 29), 56 dur mangelhafte oder schad- hafte Feueranlagen (1876: 61), 6 dur feuergefährlihen Geschäfts- betrieb (1876: 6), 3 durch Explosion (1876: 4), 11 durch Zufall (1876: 5), 33 durch Blit (1876: 50), 8 durch Selbstentzündung von Pen (1876 : 4), 193 durch unbekannte Ursache entstanden. Wald- rände fanden 18 statt, die 3,15 ha Fläche beschädigten (gegen 54 bezw. 21,1 ha in 1876) und 290 M Schaden verursachten (gegen 2808 Æ in 1876). In 5 Fällen (gegen 20 in 1876) war Fahr- lässigkeit die Ursache des Waldbrandes. Im Großherzogthum Baden bestanden 305 Feuerwehren mit 26 637 Mitgliedern. An Gemeinde- feuersprißen waren 3324 vorhanden; der Aufwand für das Feuer- lôöshwesen betrug 126 772 M (gegen 201 448 M. in 1876). Die Gemeinden befaßen am 1. Januar 1877 248559 565 #4 Ver- mögen (gegen 234 612 716 Æ Anfangs 1876), darunter 19 547 450 #. Kapitalien (gegen 19 822359 A in 1876). Die Gemeindeschulden betrugen 38 605053 Æ (gegen 36 338 481 4 in 1876), darunter 36 928 485 M. (1876: 34200958 M.) Passivkapitalien; außerdem \{huldeten die Gemeinden noch für Schulhazusbauten 112 238 Æ, für Kirchenbauten 1295957 # und für Kriegskosten 52437 K. (gegen 1543322 bzw. 1153887 und 159734 in 1876), Aa CEinnahmecücckständen blieben im Jahre 1877 2 850 159 M. (gegen 2149091 M in 1876). Auf die Zehent- ablösungsfkapitalien von ursprünglih 57 919 965 A sind im Jahre 1877 75161 Æ und auf den 1. Sanuar 1878 270019 Æ Rest ab- getragen worden. Den Gemeinden waren zur Verwaltung über- wiesen Ablöfungskapitalien von Pfarrkompetenzen 5117471 # und von Schulkompetenzen 554215 Der Gemeindevoranshlag für 1878 ergab 3 157 845 308 Æ umlagepflihtiges Steuerkapital (aétn 2019211 194 Æ pro 1877) und an eigentlichen Gemeindefteuern 424002 # Vorausbeitrag (gegen 361625 Æ pro 1877), 12 165256 # allgemeine Umlagen (9672154 Æ pro 1877) und 385801 # Auflagen auf den Bürgernußen im Ganzen (347496 pro 1877). An Gebäuden, und zwar an Hauptgebäuden, wurden 1739 neu hergestellt und 731 im Jahre 1877 durch andere griept, wogegen 646 Gebäude in Ab- gang famen. An Nebengebäuden betrug dec Z gang 2402, der Ab- gang 729; Hauptausbesserungen wurden an 2202 Gebäuden aus- geführt. Von den 31 badishen Bädern wurde Baden mit Lichten- thal im Jahre 1877 von 39 824 Bade- und Kurgästen besucbt, die 55 120 Bâder nahmen ; demnächst war Badenweiler mit 2809 Bade- gästen und 10 465 Bädern am stärksten besucht. Jn Griesbach wurden jedoch noch mehr Bäder (10612) verabreicht.— Durch 59 Hagel wetter wurden 197 Gemeinden betroffen ; der auf 51 758 ha dadurch angerichtete Schaden belief si auf 4 284 163 4; versichert gegen Hagelschaden waren im ganzen Großherzogthum nur 1 744754 #4 An Land- kfulturverbesserungen wurden im Zahre 1877 ausgeführt ‘in 88 Gemeinden Oedungskultivirungen auf 69,65 ha; in 95 Cemeinden Feldbereinigungen auf 2852,24 ba; ‘in 48 Gemeinden Dränagen auf 174,52 ha; in 43 Gemeinden sonstige Be- und Entwässérungsanla- en auf 735,58 ha; in 183 Gemeinden die Anlage von 259756 m Feld- und Wiesenwegen. Mit Wald waren Ende 1877

595 696 ha bestanden, davon 92977 ha Staats-, 246695 ha Gemeinde-, 12986 ha Körper-_ und Genofsenschafts- und 173 038 ha Privatwaldungen. Die landwirthschaftliche [äche bestand 1877 aus 801 697 ba (1876: 8(0 449, 1875: 793 897, 874 : 793 267 ha), davon 522 708 ha beftelltes und 30 106 ha bra- liegendes Aterland, 177 089 ha Wiesen, 21048 ha Rebland, 13 021 ba Gârten, 911 ba Kastanienwald, 36814 ha ftändige Weide. Die Ernte 1877, welche im Ganzen eine Mittelernte war, brachte 6764085 Ctr. Körner- und Hülsenfrüchte, 11912 512 Ctr. Kar- toffeln, 20736 232 Ctr. Heu und Futter, 13 948 372 Ctr. Futter- Hackfrüchte, 1 727 292 Ctr. Handelsgewächse, 341 616 Ltr. Gemüse, 867 324 Ctr. Obst, 939 600 h1 Wein, 10512 240 Ctr. Stroh der Körner- und Hülsenfrüchte. Der Viehstand bestand am 3. Dezbr. 1877 (im Verglei zum 3. Dezbr. 1868) aus 66 324 (72 471) Pferden (die Abnahme liegt in den ärarishen Pferden, die sich von 1868: 1873 von 75 223 auf 69594 vermindert haben), 137 (173) Eseln und Mauleseln, 590 158 (603 242) Stück Rindvieb, 135 267 (174 127) Schafen, 357 060 (340 713) Schweinen, 81 123 - (57 302) Ziegen, 76 056 (83 875) Bienenstöcken, 26 211 (31 548) Hunden. Aus Staats- mitteln wurden 1876—1877 74 Hengste gehalten, welche 3511 Stuten deckten, von denen 1505 Fohlen fielen. Bei den Farrenshauen wurden 4316 Farren vorg-funden und untersucht, 121 als fehlend be- zeichnet ; auf einen Gemeindefarren kamen dur{snittlich 83 Kühe, außer- dem wurden 422 Privatfarren für 7098 Kühe gehalten. Auf den Frucht- märkten wurden verkauft 194512 Ctr. Weizen, 252703 Ctr. Kernen, 9643 Ctr. Spelz, 43 770 Ctr. Roggen, 93 133 Ctr. Gerste, 106 287 Ctr. Hafer, 20068 Ctr. Mischfrubt, 13151 Ctr. Raps u. \. w. Auf den 1080 Viehmärktcn waren 7712 Pferde, 164 403 Stück Groß- vieh und 208 220 Stü Kleinvieh aufgestellt. An landwirthschaft- lihen Bezirksver:inen waren 68 mit 14867 Mitgliedern (1878 15 274) vorhanden. Unter Aufsicht der Straßenbauverwaltun wurden im Jahre 1877 43584 m Straßenbauten und Korrek- tionen ausgeführt. Die Länge der Landstraßen betrug Ende 1877 3781,52 bw, die der unter Aufficht der Straßenmeister stehenden Ge- meindewege 5966,81 km. Von den Landstraßen hatten 31,58 km einen dur{s{chnittlichen täglichen Verkehr von mehr als 1000 Zug- thieren, 412,95 km einen solchen von weniger als 30 Zugthieren.

Kun}, Wissenschaft und Literatur.

Von den Publitationen des Börsenvereins der deutshen Buchhändler (neue Folge) ist das II. Stü des „Archivs für Geschichte des deutschen Buchhandels“, herauêgegeben von der historisben Kommission des Börsenvereins der deutschen- Buchhändler (Leipzig, Verlag des Börsenvereins der deutschen Buchhändler, 1879), ersbienen. Die in Aussicht genommen gewesene Arbeit des Dr. Wustmann über den Buchdruck und Buchhandel in Leipzig im 16. Jahrhundert hat eine solche Ausdehnung erhalten, daß ihre Veröffentlihung - cbgeshlossen für fich zu geben, als zweckmäßig erachtet worden ist. Sie is daher für das V. St.ck zurückgelegt worden und wird sich dann gleichzeitig als Jubelschrift für die vor 400 Jahren erfolgte Einfüh- rung der Buchdruerkunst in Leipzig darstellen. Dafür ift dem 11. Stück ein interessanter Aufsaß des Buchhändlers Ed. Burger in Guben über den deutshen Buchhandel in seiner Entwickelung und in seinen Einrichtungen in den Jahren 1815 bis 1867 eingeschaltet wor- den, jener Periode, in welher der deutshe Buchhandel zuerst mit dem Brot ausschen Konverfationslexikon, dessen 4. bis 7. Auflage von 1817 bis 1827 \{nell einander folgten, in weitere Kreise drang. Die Einleitung zu dem 11. Stück bildet der Bericht über den Fortgang der Vorarbeiten zu einer Geschichte des deutshen Buchhandels, die bekanntlich Hrn. Dr. Friedr. Kapp übertragen ist, aber noch nicht in Angriff genommen werden kann, weil zunächst die Vorarbeiten be- endet werden müssen. Hr. Karl Theodor Heigel hat einen Aufsaß über die in Altbayern {on seit dem Jahre 1523 einge- führte Zensur geliefert, Hr. Albrecht Kirhhoff Beiträge zur Geschichte der Preßmaßregelungen und des Verkehrs auf den Büchermefsen im 16. und 17. Jahrhundert. Hr. F. Herm. Meyer vervollständigt die Kir{hoff\{hen Untersuchungen “über die genofsenschaftliben und Gelehrten-Buchhandlungen des 18. Jahrhunderts. Den Schluß des Bandes bilden Miscellen: Zwei Urkunden zur Geschichte des Hand- \chriften- und Bucbdrucks in Straßburg (F. X. Kraus); über Nach- druck von Dürers Arbeiten (Ernst Mummenhof); über die Einfuh- rung der Buchdruckerkunst in Bern und zur Geschichte der Preß- polizei in Bern (G. Rettig); zur Geshihte des Buchhandels in Tübingen (Th. Schott); deutsber Papierhandel im Beginn des 18. Jahrhunderts (Albr. Kirchhoff); Preiscourant des Schriftgießers Feremias Stenglin in Augsburg 1693 (Th. Scbott); ein Engage- mentsvertrag 1707 (Herm. Hartung); aus Briefen N. S. Frommanns in Leipzig an seinen Stiefvater J. J. Dendeler in Zürih (Fr. Joh.

rommann) und Intercessions\{reiben wegen Nachdruds 1781 (Heinr. emgerbsen). E :

Paris, 31. Dezember. Das „Journal officiel" veröffent- liht einen Bericht des Ministers Bardoux an den

räsidenten der Republik, in welhem es heißt: „Dem

ber-Kunstrath, welcher alljährlih die Ausstellung der leben- den Künstler zu regeln hat, mußte \{chon seit längerer Zeit der immer wachsende Strom von Werken, die sih für unsere Jahres- salons einstellen und unmöglich alle zur öffentlihen Belehrung bei- tragen können, bedenklih ersheinen. Auf der anderen Seite wollte und konnte der Rath, der aus mitstrebenden Künst- lern, Verwaltungsbeamten und aufgeklärten Liebhabern zusam- mengeseßt ist, bei seiner lebhaften Sympathie für alle Be- \strebungen der modernen Kunst der Nothwendigkeit ih nicht verf{ließen, die größte Zahl der jungen Künstler in die Lage zu seßen, frei an das öffentliche Urtheil zu appelliren. In seiner leßten Session hat d r Ober-Kunstrath äuf meinen Antrag diese shwie- rige Frage neuerdings geprüft und die Lösung in der Einrichtung zweier Serien von Ausstellungen zu finden geglaubt: 1) Die jährliben Ausstellungen oder Salons, 2) die dreijährigen oder rekapitulirenden Ausstellungen. Die ersteren wären fo zu sagen die Ausstellungen der Künstler, die leßteren die Ausstelungen der Kunst. "Jn den einen, zu denen der Zutritt von einer frei und durcbaus gewählten Jury allen Talenten leiht gemaht werden könnte, würde man alljährlih die freie Entfaltung der nationalen Kunst in der zahllosen Mannigfaltigkeit ihrer Erzeugnisse beobachten können. In den anderen, wo die Zulassung von dem Urtheile einer noch näher zu bestimmenden Jury abhängig wäre, würde man periodisch eine Vereinigung auserwählter Werke finden, die meistens son die Probe des öffentlichen Urtheils bestanden haben und in ihrem Ensemble einen Maßstab für den jeweiligen Stand der Kunstproduktion abgeben könnten“. Es folgt ein Dekret, nah welchem also außer den Jahresfalons noch alle drei Jahre, und zwar eben- falls am 1. Mai éine Exposition triennale, die erste solhe am 1. Mai 1881 eröffnet werden soll. R

Stodckholm, 31. Dezember. (H. C.) Das Ministerium des Auswärtigen, . welches am Sonnabend nah New-York telegraphirte, um nähere Details bezüglich der Mittheilung über die Noroen- fiköld’\ch{che Expedition zu erhalten, !hat folgende Drahtantwort d, d. New-York, 30. Dezember, empfangen: „Campbell, Befehletaber des amerikanischen Schiffes „Norman“, verließ die St. Lawrence- Budckt am 22, Oktober. Die Bewohner des Ostkaps berichteten, eir Kriegsfahrzeug 42 -Meilen nördlich von der Nordseite des Ostkaps gesehen zu haben. Diese Leute sollea glaubwürdig fein. Viele Wal- fishfänger haben bei ihnen überwintert.“ St. Lawrence-Bucht liegt an dcr Südseite der Halbinsel, deren äußerste Spitze das Ostkap ist.

Gewerbe und Handel.

Wie die „Hamb. B. H." meldet, hat auf Ersuchen des finayz-Minifters der Vereinigten Staaten von Amerika das Departement des Auswärtigen an die Vereinigten Staaten- Konsularbeamten in Groß ßritennien, Frankrei, der Schweiz, Bel- gien, Jtalien, - Oesterreich und Deutschland ein Cirfkularschreiben esandt und in demselben darauf hingewiescn, daß es wün- enswerth sei, die Zolltaratoren in den Hauptzollämtern der Vereinigten Staaten regelmäßig mit zuverlässiger Information bezügli der Preise der Produkte und Fabrikate,

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welhe aus den betreffenden Konsulardistrikten nach den Vereinigten Staaten exportirt werden, zu versehen. In dem betr. Cirfularshreiben heißt es, daß einige Waaren von den Fabrikanten im Auslande aus\chließlich an ihre Agenten in Amerika zum Ver- káuf fonsignirt und, falls die betreffenden Waaren einem Wert h- zoll unterliegen, in der Fakftura unter dem wahren Marktwerth im Auslande angegeben werden. Durch diese alljährlich größere Aus- dehnung gewinnende Konsignation von Waaren würden die Zollreve- nuen geshädigt und die amerikanische Industrie sehr benatheiligt. Betreffs einiger Stapelartikel, wie Seidenstoffe, Bänder, Sammet, Wollenwaaren, Handschuhe 2c. werden die Konsularbeamten um de- taillirte Angaben über Preise des Rohmaterials, sowie über Arbeits8- lohn und Gesammtkosten der Fabrikation ersucht.

London, 2. Januar. (E. C.) Das Elend unter den arbeitenden Klassen in den nothleidenden Distrikten wird von Tag zu Tage größer, und die Zahl der Unterstützungsbedürftigen vermehrt sich stetig. Besonders groß ist die Noth in Schottland ; in Glasgow sind z. B. 8000 Mam außer Beschäftigung, während die Zahl derjenigen, welche auf öffentliche Ot ga esen sind, bereits auf 25 090-—30 000 gestiegen ist und fi in jeder Woche um 500 vermehrt. Auch das Unterhausmitglied Mr. Biddulph und Mr. Osman Riccardo, ebenfalls ein bedeutender Grundbesißer, haben ihren sämmtlichen Pächtern jeßt 10% - des Miethszinses erlassen. Der Strike der Baumwollarbeiter in Oldham ist, wie bereits kurz gemeldet, nunmehr definitiv beendet, da die- selben sich in einer gestern abgehaltenen Versammlung von Arbeitgebern und Arbeitern bereit erklärt habea, die Lohnherab- seßung von 5 9% anzuerkennen und selbs auf die Erfüllung der Be- dingung, daß alle Arbeiter ih:e früheren Stellungen wieder ein- nehmen sollten, verzichtet haben. Wahrscheinlich wird die Arbeit nun am Montag überall wieder aufgenommen werden. Dagegen haben gestern tausend Dockarbeiter in Hull, die si mit einer Lohnherabseßung nit einverstanden erklären wollten, ihre {hon vor einigen Wochen geäußerte Absicht, die Arbeit niederlegen zu wollen, ausgeführt. L: A

Washington, 3. Januar. (W. T. B.) Die Zinsen au die Shaßbonds wurden heute, obschon in Gold zahlbar, auf Wunsch der R E in Papier ausgezahlt. Die meisten Be- fißer von beim Unter]shaßamte in Gold zahlbaren Checks zogen gleichfalls die Aus:ahlung in Papier vor. Die aus den verschieden- sten Theilen der Union eingegangenen Nachrichten lauten ebenfalls dahin, daß nirgends eine erwähnenswerthe Nachfrage nach Gold stattgefu:-den habe. Wo eine solche vorkam, ges{ah dies mehr der bloßen Kuriosität wegen.

VBerlín, 4. Januar 1879.

Die Ausgrabungen zu Olympia. XRIX., (Veral. Nr. 304 v. 27. Dezbr. 1878.)

Den im vorigen Berichte XXVIII. mitgetheilten architek- tonishen Funden der ersten sieben Wochen des vierten Aus- grabungsjahres stehen die arhäologischen würdig zur Seite. Denn zum ersten Male treten arhaisch-griehishe Skulp- turen in größerer Menge auf und zeigen, daß uns nicht allein Giebel und Metopen des Zeustempels zu retten beschieden war, sondern daß auch der bildlihe Shmuck andrer kleinere Bauwerke Olympias nicht gänzli verloren ist. s

Indem ich zunächst von diesem bedeutendsten Ergebnisse des genaueren zu berichten beginne, erwähne ih, daß es die das byzantinishe Festungsviereck im Westen einschließende Mauer is, bei deren Abbruch zahlreiche Fragmente ar chaif her Hochreliefs zu Tage gekommen sind, leider niht aus Mar- mor, sondern aus einem weichen Kalkmergelstein, an dem zwar die Farben zum Theil sehr s{hön haften blieben, der aber sehr leicht zerbröckelt. Der Stein findet sich auch an mehreren der ältesten Bauten der Altis angewendet und mußte zu einer els da die Einfuhr des Marmors aus der Ferne noch sehr ostspielig war, diesen in der an brauchbaren Steinen fo armen Gegend erseßen.

Es si; d etwa sechs größere und besser erhaltene, und an- dere zahlreihe zum Theil sehr entstellte Stücke. Fast alle a ég Krieger erkennen, bald in heftigster Bewegung kämpfend, bald knieend oder gefallen. Das beste und größte Stü ist ein in die Kniee gesunkener Kämpfer (in halber Lebensgröße) von einem Lanzenstoße in die Rippen getroffen ; \merzvoll beugt sih sein Oberkörper vor der Gewalt der Waffe zurü; sein Kopf sinkt auf die Brust und nur noch mechanish hält er den großen Rundschild am linken Arme fest und sucht mit der Rechten vergeblich dem Feinde zu wehren. Gut er- halten is auch der Kopf eines unbehelmten Mannes mit Binde im Haare, besonders merkwürdig dur die wohleryaltenen Farben ; es war alles, Haare, Lippen, Augen, Brauen, roth gemalt, nur das Fleisch war farbefrei; der Reliefgrund war überall himmelblau. Ganze Gruppen ferner von je zwei bis drei Figuren lassen sich theilweise zusammensegen , theilweise aus den Resten wenigstens ergänzen. Alles ergiebt eine Kom- position von feltener Lebhaftigkeit. Ueber den Jnhalt etwas festzustellen, scheint bis jeßt leider niht möglih; man unter- scheidet nux nackte und bewaffnete Figuren, ohne alle be- stimmtere Kennzeichen. Wichtiger ist die Piaoe nach der ursprünglihen Verwendung dieser meist sehr hoh vom Grunde sich lösenden Reliefs. Verschiedene Umstände, vor allem aber starke Unterschiede in den Proportionen mehrerer Figuren sowie die Kompositionsart derselben Stücke, [weisen auf ein zur Füllung eines kleineren Giebeldreiecks bestimmtes Werk hin. Freilih kommen wir bei der großen Anzahl von

igurenresten damit niht aus, und müssen außerdem einen Ca Fries an demselben Gebäude annehmen. Jn der That fanden sich auch in derselben byzantinishen Mauer die architektonishen und zwar dorischen Reste, welche aus ver- schiedenen Gründen mit jenen Skulpturen in Beziehung gesetzt werden dürfen, und ihnen in Giebel sowohl als Fries den geforderten Raum bieten. : i

Um den Stil dieser Bildwerke kurz zu bezeichnen, so darf er am meisten mit dem der Aegineten verglichen werden : die Körper sind wie dort von vortrefflicher Duréhbildung, in den Köpfen macht sih zwar das weiche Material sehr geltend das alles scharfe Detail, namentlih an den Augen, unmögli machte, doch der Typus stimmte im Allgemeinen mit dem der Aegineten überein. M

q Nicht minder erwünscht sind uns die kunstgeschichtlichen Thatsachen, welche einige der neugefundenen Bronzen zu- führen. Da finden wir zunächst den noch' vön asiatischen Einflüssen beherrschten Stil aus dem siebenten oder mindestens sechsten Jahrhundert v. Ch. in einem seltsamen Stüde, das den Oberkörper eines bärtigen Mannes darstellt, der hinten mittelst eines Ringes und zweier großen Flügel an ein Gefäß befestigt war. Gesicht und Haar erinnern ganz an ape Typen und ein griechisher Gedanke liegt dem Stüde noch ebensowenig zu Grunde, das übrigens außerdem ein interes- santes Beispiel für die uralte dekorative Verwendung von

Halbfiguren ist.

Den archaishen Bronzeguß vertritt die trefflihe Votiv- statuette eines bärtigen Mannes mit Panzer, der Schild und Lanze in streng und \ymmetrish vorgestreckten Armen gehalten zu haben scheint. i :

Den Endpunkt des Archaismus, etwa um die Mitte des fünften Jahrhunderts, repräsentirt der herrliche, erst ganz fürzlich gefundene Zeuskopf aus Terrafkotta mit runa hig in mehr als halber Lebensgröße. Der in den

rundzügen noch festgehaltene dorishe Typus verfeinert ih hier von dem viershrötigen und allen fleishigen Details ent- behrenden Gesichte der vorigen Statuette auch weit über den \{hönen archaishen Bronzekopf des vorigen {zahres hinaus, zu einem Ausdrucke, der sich bereits mit attishen Werken der Phidiassischen Heit berührt. Ueber der Stirne zeigt er noch eine dreifache Reihe fünstliher Bukellökchen, wie der eben genannte vorjährige Bronzekopf; hinten ist das Haar indeß in einen einfahen runden Wulst genommen und nicht lang herabhängend wie dort. Z : ie leßtgenannten Funde zusammen sind wohl geeignet, die archaish-dorishe Kunst des Peloponneses denn dieser ehören sie ohne Zweifel an zu lebendiger Anschauung zu ringen. A

Von der Vorzüglichkeit der außerhalb Olympias bis jeßt anz unbekannten größeren Terracotta-Statuen des fünsten V abrhundberis erhielten wir noch einen neuen Beweis in dem Untertheile der bereits dem freien Stil angehörigen Gruppe eines Silens mit Pferdehufen, der eine Nymphe gehalten zu haben scheint. Das von der leßteren allein erhai- tene Gewand is mit vielen Mustern reih bemalt.

Zu dem großen Schaße der drei früheren Jahre, den Giebelskulpturen des Zeustempels, gesellen sich immer noch neue ergänzende Stücke: so der Untertheil der Deidamia des Westgiebels, so ein Kopf und mehrere Pferde-Fragmente vom Ostgiebel. j : ————

Es bleibt neben den größeren allgemein kunsthistorischen, bedeutenden Funden noch jener große Rest der alltäglih in Menge zuströmenden kleineren Gegenstände, die als Einzel- werk keinen besonderen Werth beanspruhen können. Sie sind dem Fernerstehenden von geringerm Fnteresse und ver- halten sich wie die rein topographischen zu den aritektur- historishen Funden: ihre Bedeutung besteht wesentlich darin, daß sie uns die spezielle Physiognomie der antiken Altis mit all ihren Bronzegeräthen, Dreifüßen, Becken, geweihten Waffen, Thierbildern 2c. vorführen. Es genüge deshalb, zu erwähnen, daß die Jnventare an kleineren Bronzen während der ver- gangenen sieben Wochen um 500 Nummern, darunter z. B. wieder neue treffliche Greifenköpfe, Stücke alterthümlicher ge- triebener Reliefs, an Münzen um mehr als dreihundert, und an den (meist architektonischen) bemalten Terracotten um gegen vierhundert Nummern gewachsen sind. i

Endlih hat uns die neue Arbeitsperiode auch an Jn- schristen ungewöhnlich viel und Gutes gebracht : nämlich nicht weniger als vier größere freilich auch nit vollständig erhaltene archaishe Bronze-Jnschriften, durch Jnhalt wie Dialekt bedeutend. Unter den Stein-Fnschristen sind hervor- ragend die mehrerer Künstler argivisher Schule: die Basis, an der sch Dädalos der Sohn des Patrokles nennt, ist auch dadurch merkwürdig, daß sie bereits in Be Zeit umgekehrt und als Untersaßt einer anderen Statue verwendet wurde. Ein anderer Bathronbloc, an dem sih die Künstler Athanodoros und Asopodoros nennen, ist eine willkommene Ergänzung zu den mehreren bereits früher ausgegrabenen Blöcken, die zusammen ein uns un- bekanntes großes Weihgeschenk eines gewissen Praxiteles trugen, an welhem nicht weniger als vier Künstler gearbeitet hatten.

Adolf Furtwängler.

Der Magistrat von Berlin hat in seiner gestrigen Sitzung, wie die

Nat. Ztg.“ mittheilt, die Berathung des Stadthaushalts-Etats

für das nächste Etatéjahr 1. April 1879 bis eben dahin 1880 zuw Ende geführt. Der Etat balancirt nunmehr in Einnahme und Aus- gabe mit 43 287 047 4; von der Einnahme kommen auf das Ordi- narium 37 029 427 4, auf das Extraordinarium 6 254 620 #4, 1 on der Ausgabe auf das Ordinarium 37 368 269 4, auf das Ertra- ordinarium 5915751 Æ# Das Extraordinarium der Einnahme besteht aus rund 2 Millionen Ueberschuß des Jahres 1877/78 und außerdem aus Anleihebeträgen in Höhe von etwa 4 illionen, unter denen sich die extraordinäre Bauausgake für den Viehhof nicht befindet. Bei der durch die Subkommission des Magistrats veran- laßten Herabsezung des Ausgabeetats um rund 1 600000 find N ven die Etats der Park- und Gartenverwaltung, des Hoch- baus und des Straßeubaus betroffen worden. Der Magistrat hat den Anträgen seiner Subkommission zugestimmt, so daß die_ Arbeiten im Park zu Treptow und an den dortigen Baumschulen erheblich eingeschränkt werden, dasselbe bei der Bewässerung d28 Friedrihs- hains gescieht, die Anlagen auf dem Arconaplaß und auf dem Alexanderplay, sowie der Bau des Verwaltungsgebäudes in der Alexandrinenstraße Nr. 70 noch unterbleiben und die Neu- und Umpflasterungen der Straßen und Pläße nur in demselben Maße stattfinden, wie in diesem Jahre. Den Bau von drei neuen Ge- meindeschulen hat der Magistrat als unbedingt nothwendig lege halten, da die Zahl der schulpflihtigen Kinder so stark wächst (in einem Jahre um mehr als 5000), daß, wenn dem Bedürfniß voll- ständig genügt werden sollte, niht drei Doppelschulen, sondern 18 einfache Schulen gebaut werden sollten. Der durch die Gemeinde- Einkommensteuer aufzubringende Betrag stellt sich, da die Mieths- steuer erheblih herabgegangen ift, auf 10 197 932 Wieviel Prozent Einkommensteuer in Folge dessen nothwendig sein werden, läßt sich noch nicht übersehen, der O will indeß nit über 100 %% (den jeßigen Prozentsaß) hinauf gehen und wird ich, sobald über die els part mit der Stadtverordnetenv-rsammlung zu beruthenden Polizeietats beshlossen worden ist, mit der Stadtverordnetenversamm- lung über die etwa noch möglichen Herabminderungen verständigen.

Der „Rotterd. Cour.“ veröffentlicht einen Brief des Lieutenants Weypreht aus Triest vom 21. Dezember, nah welchem er und Graf Wilczek seit vergangenem Frühjahr keine weiteren Schritte zur Verwirklihung der internationalen Nordpolexrpedition gethan haben, weil die politishe Lage eine zu unsichere sei, um ein gemeinshaftliches internationales Vorgehen erwarten zu können. Um den Plan nichtsdestoweniger niht gänzlih aufzugeben, haben fie nah Abschluß des Berliner Friedens beschlossen, die öôsterrzichische Expedition im Jahre 1880, fei es mit oder ohne Mitwirkung anderer Nationen, zu unternehmen. In leßterem Falle würden sie ein ganzes Fahr an der Nordküste von Novaja Semlja bleiben und fih auf magnetische, elektrische, meteorologische und hydrographishe Beobach- tungen, Untersuhungen des Nordlichts, Parallaxren 2c. beschränken, um eine Reihe von gründlihen Beobachtungen für die Dauer eines

anzen Jahres zusammen zu stellen. Graf Wilczek übernehme sämmt-

liche Kosten dieser Expedition für sein- Rechnung. Im Herbste 1879 trete der internationale Meteorologenkongreß in Rom zusammen, auf dessen Tagesordnung die von Prof. Mohn einzuleitende Besprehung des Planes stehe. Vielleiht werde bei dieser Gelegenheit eine inter- nationale bindende Uebereinkunft getroffen.