1879 / 4 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 06 Jan 1879 18:00:01 GMT) scan diff

vinzial-Steuerdirektoren durch Cirkularerlaß vom 31. v. M. U. L darauf aufmerksam gemacht, daß, na der Verein- barung im Schlußprotokoll unter B. zu Artikel 6 des Vertrages, leinene Garne, welche im Grenzverkehr zum Bleichen oder Verweben aus dem Gebiete des einen vertragenden Theiles in das des andern gebraht und gebleiht oder ver- webt zurückgebracht werden, weder in Ketten gelegt noch plom- birt zu sein brauchen ; es genüge vielmehr, bei der Ausfuhr beziedentlich Einfuhr die Menge und Gattung anzugeben, eventuell Proben zurückzubehalten und bei dem iederaustritt beziehentlih Wiedereintritt die Uebereinstimmung des gebleich- ten oder zu Leinwand gewebten Garnes mit dem ausgeführten rohen Garn nah Gattung und Menge nachzuweisen. Da vor- aussitlih österreih-ungarischerseits fofort nah dem Inkrasft- treten des Vertrages der Veredelungsverkehr an die verein- barten Bedingungen und Förmlichkeiten werde gene werden, so seien die betheiligten Gewerbetreibenden des Bezirks in geeigneter Weise noch besonders auf dieselben aufmerksam zu machen.

Jn den deutschen Münzstätten sind bis zum 28. Dezember 1878 geprägt worden, an Goldmünzen: 1 244 824 580 /& Doppelfronen, 399 904 660 # Kronen, 27 969 845 M, Halbe Kronen , hi:rvon auf Privatrechnung 353 246 030 #. Vorher waren geprägt: 1 244411 100 Doppelkronen, 399 370 320 / Kronen, 27 969 925 M Halbe Kronen, hiervon auf Privatrechnung 352140580 Summa 1 672 699 085 M

Jn der Untersuchung gegen einen Hausbesitzer, welcher die Wohnung eines seiner Miether zu einem anderen als dem kontraftlih erlaubten Zweck betreten hatte, e d Haus- friedensbruches, hat das Ober-Tribuna durch Er- kenntniß vom 15. November 1878 folgenden Rechtssaß aus-

esprohen: Ein widerre{chtlihes Eindringen in eine fremde

ohnung liegt niht nur vor, wenn Jemand gegen den aus- drüdcklih oder dur konkludente Handlungen erklärten Wider- spruch des Bewohnecrs die fremde Wohnung betritt, sondern au dann, wenn der Eintritt in- dieselbe wider den wirklichen, vom Eindringenden auch nur vermutheten oder zu vermuthen- den Willen des Bewohners erfolgt.!

“_— Wenn einem schulpflihtigen Kinde von dem Lokal- Schulinspektor ein den geseßlid en Vorschriften entsprechendes Entlafsungszeugniß ertheilt worden ist, obwohl nach den landes- geseßlichen Vorschriften des betreffenden Regierungsbezirks dem Kinde wegen noch zu jugendlichen Alters oder aus son- stigen Gründen ein Entlassungszeugniß noch nicht hätte er- theilt werden dürfen, so bewirkt, nah einem Erkenntniß des Ober-Tribunals (Rheinischer Senat) vom 28. November 1878, das Zeugniß dennoch das Aufhören der Shulpfl icht des entlassenen Kindes. Die Eltern desselben können nit mehr gezwungen werden, ihr Kind wiederum in die Schule zu \chicken.

Se. Durchlaucht der Prinz Kraft zu Hohenlohe- «Fngelfingen, General-Lieutenant, General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der 12. Division, hat sich nach beendetem Urlaub nach Neisse, ebenso der General-Lieutenant Graf von Brandenburg T., Ge:

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Commandeur der 11. Division, nah Breslau zurückbegeben.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich s{wedi\s{-nox- wegischen Hofe, von Pfuel, ist nah Stockholm zurückgckehrt und hat die Leitung der Gesandtschaft wieder übernommen.

_— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der Juen L Pansestads Repu, i chroeder ist in Ber- in eingetroffen und der Königlich sächsishe Geheime Justiz- Rath Held nah Dresden abgereist. n

Vayern. München, 2. Januar. Unter den zur Vor- lage an den Landtag vorbereiteten Geseßentwürfen be- findet si, dem Vernehmen der „Allg. Ztg.“ na, auch einer, durch welchen die Besteuerung der anderlager und Wanderau ktionen geregelt werden soll. Der Geseß- entwurf entspricht einem Antrage, den auf Grund einer Pe- tition aus Hof beide Kammern des Landtags im Laufe des Monats Januar v. J. an die Staatsregierung gerichtet hatten.

Das Genera comité des Landwirthschaft ichen Vereins in Baer hat sih, demselben Blatte zufolge, in einer am 21. v. M. abgehaltenen Sißung, zu der a::ch.-aus- wärtige Mitglieder geladen waren, mit der Zollfrage und Jener der indirekten Steuern beschäftigt, zu derselben Stellung genommen und \ich in folgender Weise aus- gesprochen:

1) Es ist zunächst auf Beseitigung der Differentialfracht- tarife auf den E Deutschlands hinzuwirken; 2) neben Der Beseitigung der Differentialfrachttarife wird als zweckmäßig anerkannt, für Feldfrüchte, Vieh und Erzeugnisse der Viehzucht, Holz und sonstige Forsiprodukte beim Ein- gang an der Grenze eine Gebühr zu erheben, jedoch nur in einem Betrage, welcher nicht geeignet ist, die Preise der Lebensmittel—im Jnland in fühlbarer Weise l steigern ; 3) zur Hebung der Branntwein- und Spiritus- abrikation wäre eine gleiche Besteuerung im Deutschen Reiche anzustreben oder wenigstens dié Ausfuhrprämie, welche nord- deutscher Branntwein beim Eingang nah Bayern bezieht, in Wegfall zu bringen; 4) eine Vermehrung der indirekten Steuern is weniger drüdend als die Erhöhung der direkten und daher ger E en vorl aen, 5) das Generalcomité hat keinen Grund, ih gegen die nführung des Tabakmonopols auszusprechen, hält es aber für angezeigt, das Ergebniß der Enquete abzuwarten,

Anhalt. Des au, 3. Januar. Am 24. Dezember v. E, erfolgte durch den hiesigen „Staats-Anzeigec“ die Veröffent- lihung einer Synodalordnung für das Herzogthum mit folgcndem Herzoglichen Erlasse:

„Wir, Friedrich, von Gottes Gnaden Herzog zu Sachsen, Engern und Westfalen, Graf zu Askanien, Herr zu Zerbst, Bernburg - und Gröbzig 2c. 2c. 2c., haben Uns in Erwägung, daß ‘die Kirchengetmeinde- und Synodalordr.ung, welhe Wir mittels nseres Erlasses - vom 6. Februar 1875 unter Vorbehalt der Vereinbarung mit der außer- ordentlichen Landeésynode, sowie der verfassungsmäßigen Zustimmung des Landtags veröffentliht haben, nur in ihrem erften, die Kirchen- gormeinde-Drdumn betreffenden Theile ‘und den die Ausführung der

ixcengemeinde-1 rdnung bezweckenden PVebergangsbestimmungen zur geseßlichen Gültigkeit gelangt ift, in ihren übrigen Bestimmungen aber zu Unserem Bedauern wegen mangelnder Uebereiustimmung zwischen Vorsynode und Landeëvertretung nit hat in Wirksamkeit treten können, bewogen gefunden, diesen Unsern Erlaß, sowie die- E E eser tir arg a be I welche noch nt in ge]eßlihe Wirksamkeit geträenFsind, wie hiermit gae- \{ieht, wieder zurückzuziehen, s y

Da Wir Uns aber als Landesherr und oberster Träger des Finihenreghnentt verpflichtet fühlen, die fast in allen deutshen Staa- ten bestehenden und als heilsam erkannten fynodalen Einrichtungen aub in Unseren Landen ohne weiteren Verzug ins Leben zu rufen und dabei zugleich eine Vereinigung der noch getrennt be}tehenden Konfessionen anzuftreben, so haben Wir beshlossen, den bisher ver- R Weg aufzugeben und nunmehr eine Synodalordnung, bei welcher zugleich nach dem Muster anderer deutschen Länder von ähn- lichen territorialen Verhältnissen auf cine wesentliche Vereinfachung in der synodalen Vertretung der Kirhengemeinden Bedacht genommen ist, für Unser Herzogthum aus eigener Machtvollkommenheit, wie hiermit geschieht, als fkirhliche Ordnung zu erlassen.

Jedoch bleibt für diejenigen Bestimmungen dieser Ordrung, zu deren voller Wirksamkeit es noch einer Mitwirkung der Landesgeseßtz- ebung bedarf, die landesgeseßlihe Regelung unt-r vcrfassungsmäßiger Betheiligung des Landtags vorbehalten.“

Oesterreich - Ungarn. Wien, 4. Januar. Die „Polit. Korresp.“ meldet aus Konstantinopel von gestern: Die in dem russischen Botschaftshotel fortgeseßten Verhand- lungen über den russisch - türkishen Friedens- vertrag an gus einen günstigen Verlauf. Es ist gegründete Hoffnung auf einen baldigen befriedigenden Abschluß derselben vorhanden. Nach einer verbürgten Aeußerung Karatheodory Paschas hat Fürst Lobanoff bei der Eröffnung der Verhand- lungen in Aussicht gestellt, daß unmittelbar nah der Unter- zeihnung des Friedensvertrages die theilweise Räumung des türkischen Gebietes beginnen werde. Der seit Monaten be- urlaubte türkishe Botschafter in London, Musurus Pascha, ist auf seinen Posten zurückgekehrt. Der Grenzregulirungs- Kommissar für Montenegro, Kiamil Pascha, ist nah Al- banien abgereist.

Pest, 5. Januar. (W. T. B.) Jm Unterhause legte der Finanz-Minister Szapary den Voranschlag der Staats- einnahmen und Ausgaben für das Jahr 1879 vor und erklärte, er werde ein Exposé über dieselben geben, sobald der Finanzausshuß seinen Bericht über das Budget erstatten werde. Nach dem Voranschlag beziffern sih die Gesammt- ausgaben auf 246 902 104 Fl., oder 5 934 669 Fl. mehr als im Vorjahre. Die Gesammteinnahmen werden auf 224 099 706 Fl., oder 4 253 687 Fl. mehr als im Vorjahre veranschlagt. Das Defizit beträgt demnach 22 802 398 F[., mithin 1 680 982 Fl. mehr als im Vorjahre. Die Mehrausgaben find nament- lih durch den Titel „Staats\huld“ S bie Aen während die Mehreinnahmen hauptsählih dur die Konsumsteuern er- zielt worden sind.

Niederlande. Haag, 2. Januar. (Jndép. belge.) Der Kriegs-Minister de Roo van Anderwerelt ist am 30. v. M. gestorben.

Großbritannien und Jrland. London, 5. Ja- nuar. (W. T. B.) Nach hier vom Kap eingegangenen Nachrichten ist die Entscheidung der Zulu-Grenz- kommission zu Gunsten der Zulus ausgefallen. Die Bot- schaft der Kapregiexüng an den König der Zulus fordert

unter anderem die Liu» dor Zulu-Armee Und ote Nü: eryr Zunmevtas ulS Neslba 2. Ferner wird verlangt, daß

vor diesem Residenten und. dem Könige alle Streitigkeiten der Europäer geschlihtet werden, sowie daß Niemand ohne die ustimmung des Residentèn ausgewiesen werden dürfe. Die rie inblungee E dauern fort, da das Ergebniß der Unterhandlungen zweifelhaft ist.

6. Januar, Morgens. Ueber die beabsichtigte künftige Feststellung der Grenzen gegen Afghanistan erfährt die „Times“: Pischeen, das hurumthal und der westliche Theil des Khyberpasses würden mit Ausnahme der Gebiets- theile zwischen Pischeen und Peiwar und zwischen Peiwar und Jellalabad annektirt werden. Die die vorgedachten Gebiets- theile bewohnenden Stämme sollten unabhängig bleiben, aber unter den freundlichen Einfluß der englischen Regierung ge- Eraht werden. Die „Times“ meint, es sei mögli, daß \ich dieses Resultat ohne ein weiteres Vordringen der englischen Ko- lonnen werde erzielen lassen. Der „Van © S TEAT CUD [läßt sich aus Jellala bad, vom 3. d. M,., melden: Es gehe das Gerücht, daß Fakub Khan Fluchtvorbereitungen treffe Und wahrscheinlih nach Herat gehen werde. Die Truppen in Kabul seien unbotmäßig und zügellos; es stehe ein Volks- aufstand zu erwarten. Der „Standard“ meldet aus Hazarpir, vom 4. d. M., die Truppenabtheilung des Ge- neral Roberts sei in Bukk, unweit des Ortes, wo die Truppen des afghanishen Gouverneurs von Khost kantonnir- O I Der leßtere habe seine Unterwerfung an- geboten.

Dublin, 3. Januar. (Ag. Hav.) Der General Grant und der General Noyes, Gesandter der Vereinigten Staaten in Paris, sind hier eingetroffen. Dem ehemaligen Präsidenten ijt der Ehrenbürgerbrief der Stadt überreicht worden.

Kalkutta, 31. Dezember. Offizell[. Major Gholan Naktschaband hat nah Durbar berichtet, daß ilm der Emir am 10. Dezember eröffnete: er habe angesichts des Ver- [ustes von Alimusjid und Peiwar, sowie wegen des ershüt- terten Vertrauens seiner Truppen und da er einen weiteren Widerstand für unthunlich halte, beschlossen, bei Rußland Schuß zu suchen und seine Angelegenheit einem europäischen Ko ngr esse zu unterbreiten. Facub Khan sei an demselben

age in Freiheit gesezt und ihm ein Eid abgenommen wor- den, daß er nach den Weisungen des Emirs handeln wolle. Am 13. Dezember habe der Emir darauf Kabul verlassen, nachdem er vorher sein in 70 Lacs Rupien bestehendes Privat- E L das ens geidet.

3. Januar. fiziell. Der afghanishe Ge- neral Wali Mahomed hat dem General f ein Schreiben übersendet, in welchem er seine Dienste anbietet. Zugleich theilt Wali Mahomed darin mit, daß Jacub Khan, welcher zu „entkommen suche, bewacht werde, und pi der Emir Schir Ali sich nach St. Petersburg begeben habe. (vergl. Rußland.)

Frankreich. Paris, 5. Januar, Nachmittags. (W. T. B. Nach dem vollständig vorliegenden Resultate dcr heute fiatincbat ten Senatorenwahlen gewannen die Republikaner 41 Sigte. Sämmtliche früheren Senatoren der republikanischen Partei wurden wiedergewählt. Vón den Seitens der konservativen Partei aufgestellten Kandidaten wurden nur 13 gewählt, darunter der gegenwärtige Botschafter in Konstantinopel, Fournier. Unter den nihtwiedergewählten früheren{Senatoren der konservativen Partei ‘befinden sih der Marschall Canrobert, ehe r Gencral d’Espeuilles, Montgolfier, Dutreil, Belcastel,

Béhic, Pourcet und Meaux. Zwei Stichwahlen sind erforderlich.

__— Abends. Der neue Senat wird aus 119 Mit- gliedern der konservativen und 176, darunter 64 heute ge- wählten, Mitgliedern der republikanischen Partei bestehen. Die v aag werden somit eine Majorität von 57 Stimmen aben.

Die „Agence Havas“ meldet aus Tunis, von heute: Der franzöfische Generalkonsul hat nunmehr telegra- phish die Anweisung erhalten, wegen des Vorfalls mit dem R Sancy die erforderlihe Genugthuung zu ver-

ngen.

6. Januar, früh. Bei der gestrigen Ersaßwahl in Landes wurde de Gavardie (konservativ), bei der Stichwahl in Toulouse ein Republikaner gewählt.

6. Januar, Vormittags. Die neue Majorität des Senats besteht aus gemäßigten Republikanern. Man hält hier die Fortführung der Geschäfte durch das Kabinet Dufaure für wahrscheinlich. Die „République frança ise“ schreibt : Die neue Lage der Dinge lege der Re- gierung neue Pflichten auf; die hartnäckigen Feinde der Re- publik dürften bei den öffentlichen Verwaltungen nicht mehr jene Duldung oder Aufnahme finden, welche das Land ihnen verweigere.

Spanien. Madrid, 3. Januar. (Ag. Hav.) Bugallal

ist zum Fustiz-Minister ernannt worden. Die amtliche Zeitung veröffentlicht den Auslieferungsvertrag mit England. f:

4. Januar. (W. T. B.) Die Hinrichtung Mon-

casi’s ist heute früh um 8/, Uhr erfolgt; eine große Volks- menge wohnte derselben bei, beobachtete aber die größte Ruhe und Ordnung. _— 5. Januar. Nach hier eingegangenen Nachrichten sind in Ferez 7 Mitglieder eines internationialistishen Comités verhaftet worden; es wurden bei denselben wichtige Sqriftstücke vorgefunden und mit Beschlag belegt.

Portugal. Lissabon, 3. Januar. (Ag. Hav.) Der König hat heute in Person das Parlament eröffnet. Die Thronrede kündigt den Vertrags\{luß mit England, be- treffe::d den Bau von Eisenbahnen zwischen den englischen und portugiesischen Besißungen in Jndien und Afrika, an. Die Kammern werden der finanziellen Lage iyre ernste Aufmerksamkeit zuzuwenden haben. Die Regierung beabsih- tigt, die Zahl ter Leuchtthürme an den Küsten zu ver- ien und die militärishen Bauten zur Vertheidigung Lissabons und der Tajo-Mündung zu vollenden.

Italien. Rom, 4. Januar. Der „Osservatore Ro- mano“ schreibt : Das vom Deputirten Massim o wegen Bil- dung einer konservativen Kammerpartei veröffentlichte Programm sei für die Katholiken unannehmbar. Die Nat- rit, es sei ein Cirkular an die Bischöfe ergangen, worin den Katholiken die Is an den politishen Wahlen gestattet worden sei, wird von dem „Ofservatore Romano“ für unbegründet erklärt.

6. FZanuar. Der Minister - Präsident Depretis ist in Stradella mit sehr bedeutender Majorität zum De- putirten wiedergewählt worden, desgleihen der Minister des Ackerbaues Majorana in Militello.

(Pol. Korr.)

, Türkei. RUst\{chUuk, 27. Dezember. Die Versammlung der bulgarischen Notablen in Tirnowo, welche die Nolle einer konstituirenden Versamm- lung zu erfüllen hat, wird aus 286 theils gewählten, theils von der Regierung ernannten Mitgliedern bestehen, welche in drei Gruppen zerfallen. Der ersten Gruppe gehören an: a. die Präsidenten der drei Räthe eines jeden Bezirkes (Ofrug), nämlih des Munizipal- Administrativ- und Justiz- rathes ; da es 38 Distrikte in Nord-Bu!garien giebt, so reprâjentirt dies 114 Mitglieder; b. die Präsidenten des Ober-Administrativ- und des Ober-Justizrathes eines jeden Sandschaks {Gubernios); es giebt fünf solher Guber- nmiums, deren Hauptorte die Städte Rusischuk, Warna, Tir- nowo, Widdin und Sofia sind. Die Präsidenten der «Fustiz- Räthe werden von der Regierung ernannt, so daß si also unter den Deputirten der ersten Gruppe 43 von der Regie- rung designirte und 81 von der Bevölkerung gewählte Mit- glieder befinden. Der zweiten Gruppe gehören 120 Deputirte an, welhe in 120 Wahlbezirken aus je 10 000 Bewohnern gewählt werden. Wähler ist jeder Bulgare im Alter von 22 Fahren, der ein Eigenthum besißt oder ein Gewerbe betreibt. Vom Wahlrecht ausgeschlossen sind Dienstleute, Lehrlinge und Tagarbeiter. Die Bevölkerung Nord-Bul- gariens wird auf 1200000 Seelen geschäßt. Der dritten Gruppe gehören an: a. 10 Mitglieder des hohen christ- lichen Klerus, nämlich 9 bulgarische Bischöfe und der grie- ische Bischof von Warna; b. der Musfti von Widdin und der Großrabbiner von Sofia; c. 30 Mitglieder, welche der Ee Gouverneur von Bulgarien zu wählen das Recht besißt. Er dürste 10 bis 11 Mahomedaner zur Vertretung der mahomedanischen Bevölkerung designiren, welche auf un- gefähr 100 000 Seelen geschäßt wird. Die Affsemblee wird thren Präsidenten und das Burcau wählen. Die erste Session wird 4 bis 6 Wochen in Anspruch nehmen.

Serajewo, 3. Januar. (Pest. Lloyd.) Die poli- tishe Organisation Bosniens und der erzegowina ist gänzlih durchgeführt. Die Militär-Kommandanten sind bis auf Weiteres Chefs der Kreisbehörden. Zur Besorgung der Geschäfte sind ihnen höhere politishe Beamte zugewiesen. Alle verwendbaren früheren türkishen Beamten werden von der Landesregierung übernommen, unterstehen aber den Mili- tär-Kommandanten. Von der direkten Steuer verbleiben der r die Einkommen-, Erwerbs-, Haus-, Zins-, Ausschank-,

haf- und Ziegen ¿euer. Jeder Kreis- und jeder Bezirks- behörde ist eine Abtheilung Zaptiehs unterstellt. Die Bestim- mungen türkischer Geseße bleiben ferner in Kraft. Die Gericht8- organisation ist gleihfalls im ganzen Lande dur{geführt, an die wichtigsten Gerichtshöfe sind dfterreihisGauiganikbe Richter berufen ; im Uebrigen amtiren die türkischen Kadis.

Nußland und Polen. St. Peter sburg, 5. Januar. Wenn {hon die Pforte die Albanesen aufgefordert hat, der Abtretung von Podgorißa nicht feindselig entgegenzu- treten, und darauf hingewiesen hat, daß der Berliner Vertrag, welcher die Herausgabe von Podgoritza verlangt, ausgeführt werden müsse, so herrschen hier doch noch Zweifel darüber, ob die türkische Regierung den aufsässigen Albanesen mit den geeigneten Machtmitteln gegenübertreten werde. Die „Agence Russe“ giebt diesen Zweifeln Ausdruck und meint daß die faktische Herausgabe Podgorißas an Montenegro bei Unterzeihnung des definitiven ru sisch-türkischen Friedens unter die o R aufzunehmen fein würde, von denen Ruß- land die Zurückziehung seiner Truppen abhängig mache.

6. Januar. (W. T. B.) Die von London verbreitete Nachricht, daß-der Emir von Afghanistan rue Schuß nacgesucht hat, findet hier an unterrihteter Stelle keinen Glauben. Ebensowenig liegen Nachrihhten vor, welche darauf ließen lassen, daß sich der Emir auf russischen Boden be- geben wolle.

Dánemark. Kopenhagen, 5. Januar. (W. T. B.) Der Minister des Krieges und der Marine, General Dreye r, hat sein Portefeuille niedergelegt. Das Kriegs- und das Marine-Ministerium sind von einander getrennt, und ist ersteres dem General Kauffmann, leßteres dem bis- herigen General-Direktor des Marine - Ministeriums, Commo- dore Ravn, übertragen worden.

Afrika. Marocco. Tanger, 24. Dezember. Die von allen Kreisen der hiesigen Bevölkerung mit Ungeduld er- wartete Aufhebung der Quarantäne, welhe in den spanischen Häfen *) und in Gibraltar **) für die aus Marocco fommenden Schiffe bentand, ist nun endlich erfolgt und in den

rößeren Küstenstädten, wie Casablanca und Tanger, haupt- ächlih von den ärmeren Klassen, welche ihren Lebensunter- E bei den Arbeiten im Hafen zu finden pflegen, mit Freuden egrüßt worden. / :

Nur die Provenienzen aus Mogador sind in Spanien einer dreitägigen und in Gibraltar einer einundzwanzig- tägigen Beobachtungsquarantäne unterworfen gebiieben, da die andauernde starke Sterblichkeit, welche in dem genannten Orte unter den aus dem Jnnern des Landes zusammen-

eströmten Flüchtlingen bis vor Kurzem herrschte, noch immer Bedenken wachhält. Es steht jedoch fet, daß auch in Mogador par eigentlicher Cholera nicht vorgekommen sind. Auch ver- autet neuerdings aus Mogador, wie aus Saffi und Mazagan, daß der dortige Gesundheitszustand ein normaler geworden ift, nachdem die Landbewohner wieder begonnen haben, sih an ihre Wohnsiße zurückzubegeben und ihre Felder zu bestellen.

Die starken Regengüsse, deren Wirkung auf den Boden eine gute Ernte erhoffen läßt, und die Aussicht, daß Handel und Wandel nah Aufhebung der Quarantänen bald den früheren Umfang wieder annehmen werden, beleben allgemein das Vertrauen auf die Zukunft, wenngleih augenblicklich noch starke Noth herrscht. : : i

Lebensmittel werden zwar in größerem Maße bereits eingeführt; aber ihre Preise sind unverhältnißmäßig ho. So kostet ein Mudd Weizen (1 Mudd = 12 Meßen), welches im Fahre 1877 zu derselben Zeit mit 10 Realen = 2,10 M bezahlt wurde, gegenwärtig 40—44 Realen oder 8,40—9,20 4

Unter solchen Verhältnissen bleiben die Nothleidenden vorläufig noch auf die private und öffentlihe Wohl- thätigkeit angewiesen, die fich denn auch in mannigfaher Weise bethätigt. i : i

So fand am 11. d. M. in der Kaiserli ch deutschen Ministerresidentur hierselbst ein Konzert statt, in welhem, außer anderen musikalishen Damen der europäischen Kolonie, eine Schwester des Kaiserlichen Ministerresidenten Herrn Weber, lee die Gemahlin des französishen Gesandten, Mme. de

ernouillet, und die Tochter des englishen Gesandten, Fräulein Alice Hay, mitwirkten. 4 :

Die erzielten Einnahmcn, die sich auf die Summe von 1465 Fr. belaufen, sollen ¿u Gunsten der Armen der Stadt und der hier noch zurückgebliebenen Flüchtlinge aus dem Jnnern des Landes verwendet werden.

*) siehe „Reichs-Anz.“ vom 16. Dezember v. J. **) siehe „NReihs-Anz.“ vom 2. d. M.

Nr. 1 des Amtsblatts der Deutschen Reich3 Post- und Telegraphenverwaltung hat folgenden Inhalt - Verfüguxg vom 28. Dezember 1878. Telegramme der Wahl- Tommiffarien in Angelegenheiten der Wahlen zum deutschen Reich8- tage und zum preußishen Abgeordnetenhause.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlihey Sesurd- Heitsamts sind in der 52. Jahreswohe von je 1000 Be- wohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben

emeldet: in Berlin 25,9, in Breslau 31,7, in Königsberg 22,7, in Cöln 25,5, in Frankfurt a. M. 25,9, in Hannover 20,8, in Caffel 31,0, in Magdeburg 24,1, in Stettin 19,7, in Altona 34,9, in Straß- burg 25,-, in München 32,3, in Nürnberg 26,6, in T 19,8, in Dresden 24,2, in Leipzig 21,5, in Stuttgart 17,9, in Braunschweig 34,7, in Karlsruhe 17,3, in Hamburg 22,8, in Wien 27,3, in Buda- pest 34,2, in Prag 31,8, in Triest 35,8, in Basel 28,3, in Brüffel 24,5, in Paris 246, in Amsterdam 25,3, in Kopenhagen 18,7, in Stoctholm 25,2, in Christiania 16,0, in St. Petersburg 45,7, in Warschau 28,0, in Odessa 45,4, in Bukarest 41,6, in Rom —, in Turin 32,5, in Athen —, in Lifsabon —, in London 27,7, in Glasgow 35 6, in Liverpool 37,4, in Dublin 38,6, in Edinburgh 24 3, in Alexandria (Egypten) 40,0. Ferner aus früheren Wochen: in New- York 22,1, in Philadelphia 17,6, in Boston —, in Chicago 16,7, in San Franzisko 15,1, in Calcutta 494, in Bombay 28,3, in Madras 42,2.

Inu der erften Hälfte der Berichtswoche waren an allen deutschen Beobachtungéstationen westliche und südwestliche Windrichtungen vor- herrshend. Um die Mitte der Woche ing die Windrose jedoch an den meisten Stationen nah Oft und Südost, und am Schluß der Woche nah Süd und Südwest. Die Temperatur der Luft entsprach in den ersten Tagen der Woche dem Monatsmittel, in den lehten überstieg sie dasselbe jedoch an allen Stationen. Niederschläge er-

olgten wenig Der Luftdruck stieg in den ersten Tagen der Woche {nell und hoch, sank aber vom 25. an ras und tief und begann erst am Schluß der Woche wieder langsam zu edt

Die Sterblichkeit: verhältnisse der meisten größeren Städte haben fih im Ver leich zur Vorwoche wenig geändert. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl blieb nahezu die gleiche der vorangegan- genen Woche (25,7 gegen 25,9 auf 1000 Bewohner und aufs Jahr

erechn t). Inebesondere wurde jedo der Antheil des Säuglings- alters an der Gesammisterblichkeit ein geringerer, der der höheren Altersklafsen ein größerer. : i

Unter den Todesursachen zeigen die Infektionskrankheiten im Allgemeinen ein ähnliches Vorkommen wie in der vorangegangenen Woche. Die Masernepidemie in Nürnberg hat noch nit argen men, auch in Mainz, Mannheim, Frankfurt a. M. mehren si die Todesfälle daran und sind in Bukarest sogar auf eine namhafte Höhe

20) gestiegen. Auch das Scharlachfieber tritt in Berlin, Danzig,

ufarest, Pest mit gesteigerter Heftigkeit auf, in Essen, Liverpool und Birmingham erfuhr die Epidemie keine wesent- lihe Veränderung. Codesfäle an Diphtherie waren in Berlin, München, Hamburg, -Wien, Pest, Dresden, Königs- berg, Danzig u. a. noch ret zahlreich. Unterleibstyphen erscheinen gegen die Vorwoche nicht sehr verändert, Erkrankungen an Slecktyphus waren in Breslau wieder häufiger. Darmfkatarrhe der

Kinder und Brechdurchfälle haben im Allgemeinen weitere Nachlässe erfahren, nur in München, Breslau, Stuttgart, Braunshweig war die Zahl der Opfer wieder etwas gestiegen. Lungenphthisen v-ran- laßten etwas mehr Todesfälle, während akute Entzündungen der Athmungsorgane etwas abnahmen und nur in London eine ungewöhn- liche Höhe von 558 erreihten. Das Vorkommen der Free war in Ee Paris, Odessa ein der Vorwoche ähnliches, in London, Wien, arshau, St. Petersburg haben die Pocken wieder an Ausdehnung gewonnen. Nach den Aufstellungen des Kaiserlichen ftatistishen Amts im Oktoberheft: der Monatshefte zur Statistik des Deutshen Reichs für das Jahr 1878 war die Salzprcoduktion des Deutschen Reichs in den leßten zehn Jahren folgende:

Mineralsalz. Kowbsal z. Zusammen. 1868. . , 6525530 Ctr. 5661 597 Ctr. 12 187 037 Ctr. S. 12 U 13276005 , O 1 Sa 6111786 , 14208224 ,„ L 2 L 6639136 ,„ 16936633 , 1 6. T QOG S8T L 7334424 20081311 , S... B 7460803 ,„ 19519272 10/4 ... = B GIO SII21JE 19960761 , I a A 8068952 ,„ 22065103 ,„ 18676 . . 1500118. 815500. - 2170387 - 1877 19633843 . “8271834 27 925677

Mineralsalz wurde im Jahre 1877 auf 9 Salzbergwerken als Hauptprodukt und auf 8 anderen Werken als Nebenprodukt ge- wonnen und waren bei dieser Gewinnung 2411 Arbeiter. Jn Preußen lieferten 5 Steinsalzwerke und 4 Nebenwerke init 1210 Ar- beitern zusammen 7 482 883 Ctr. (1876 5 484 181 Citr.), von welcher Menge auf die in der Provinz Sachsen belegenen Salzwerke allein 7421941 Ctr. (1876 5425 207 Ctr.) entfallen, während das Steinsalzwerk Stetten bei Hohenzollern eine Förderung von 60942 Ctr. (1876 58272 Ctr.) nahweist. In Bayern förderte das Salzbergwerk bei Berchtesgaden 50 597 Ctr. (1876 51 568 Ctr.), in Württemberg die Werke Wilhelms- glück und Friedrichshall 1 297 496 Ctr. (1876 1214 977 Ctr.), in Anhalt endlich das in der Nähe von Staßfurt belegene Salzberg- werk Leopoldshall mit 4 Nebenwerken 19 822 865 Ctr. (1876 8 270 402 Ctr.). Nah den verschiedenen Arten der Produkte ver- theilt fich die für 1877 angegebene Gesammtproduktion auf 3415725 Ctr. Steinsalz, 634832 Ctr. Kainit, 15 599 495 Ctr. andere Kalifalze, 39040 Ctr. Bittersalze und 751 Ctr. Borazit. Der Gesammtwerth derselben wird auf 7 617 001 Æ gegen 5 903 768 M in 1876 beziffert und zwar im Dur{schnitt für 1 Ctr. Steinsalz auf s S (1876 0,36 Æ), für 1 Ctr. Kalifalz auf 0,38 A (1876 40 M).

Produktion von Kochsalz findet theils aus Soole, theils dur Auflösen von Mineralsalz oder anderen Robfalzen in den meisten deutshen Staaten statt. Im Jahre 1877 sind 65 Salinen, welche zusammen 3334 Arbeiter beschäftigten, im Betriebe gewesen und haben 8 271 834 Ctr. Kochsalz im Werthe von 11112 728 M ge- liefert, während die Produktion des Vorjahres 8 155 209 Ctr. im Werthe von 11 054 484 46 betragen hatte, Der Dur{schnittswerth für 1 Ctr. Kochsalz berechnet sih hiernach auf 1,34 A gegen 1,36 M in 1876. Die preußishen Salinen (32) waren an der vorstehend angegebenen Gesammtproduktion mit 4 536 436 Ctr. und 5 638 363 M (1876 4501537 Ctr. und 5659314 #4) betheiligt und entfallen hiervon auf die Provinzen: Posen (1 Sal.) 343030 Ctr. und 446 419 Æ (1876 311 730 Ctr. und 417 718 4), Sachsen (6) 2252301 Ctr. und 2546466 Æ (1876 2240298 Ctr. und 2537472 A), Hannover (10) 1 443 002 Ctr. und 1870921 (1876 1 427 219 Ctr. und 1 900618 4), Westfalen (9) 415 377 Ctr. und 596 968 f. (1876 418 030 Ctr. und 634 042 M), Hessen-Nassau (3) 57 874 Cir. und 85075 Æ (1876 55161 Ctr. und 81472 A), Ryeinland (2) 22219 Ctr. und 47 480 Æ (1876 20391 Ctr. und 43 518 E), Hoherzollern (1) 32633 Ctr. und 45 034 A (1876 28 708 Ctr. und 44475 4). Von “den übrigen deutschen Staaten produzirten Bayern (6) 885410 Ctr. und 1898736 ÆÆ (1876 911 686 Ctr. und 1912297 A), Württemberg (4) 507 885 Ctr. und 773 988 M. (1876 505890 Ctr. und 785211 A), Baden (3) 597 535 Ctr. und 926 907 Æ (1876 530056 Ctr. und 769 668 A), Hefsen (2) 249 073 Ctr. und 267355 Æ (1876 254054 Ctr. und 279 024 #4), Mecklenburg-Schwerin (1) 29438 Ctr. und 36 798 (1876 26 112 Ctr. und 32 640 4), Sachsen-Weimar (1) 44182 Ctr. und 57437 A (1876 37780 Ctr. und 49114 M), Braunschweig (2) 109 390 Ctr. und 122 467 Æ (1876 106 924 Ctr. und 118 982 M), Sacsen-Meiningen (2) 315631 Ctr. und 429101 A (1876 326 926 Ctr. und 504345 M4), Sachsen-Coburg-Gotha (1) 63 436 Ctr. und 63 436 4 (1876 46350 Ctr. und 73 370 4), Schwarz- burg-Rudolstadt (1) 24 688 Ctr. und 34560 4 (1876 12 821 Ctr. und 17821 F), Schwarzburg-Sondershauscn (1) 8340 Ctr. und 15846 A. (1876 9472 Ctr. und 17 997 4) Reuß j. L, (2) 127 609 Ctr. und 164975 Æ (1876 115 931 Ctr. und 150709 ), Lippe (1) 25 100 Ctr. und 47 090 Æ (1876 23 600 Ctr. und 41 660 M), und Elsaß-Lothringen (6) 717681 Ctr. und 635759 A (1876 746 070 Ctr. und 642332 M).

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Der „Bär, Zeitschrift für vaterländische Gescbichte und Alterthumskunde“ (Berlin, Nicolaische Verlagsbuhhand- lung, R. Strier,) tritt uns im Jahrgange 1879 in neuem Ge- wande und verbesserter Ausstattung entgegen. Die neue geschmack- volle Titelvignette deutet den Reichthum des dem „Bär“ ofen- stehenden Gebiets der Belehrung und Forshung symbolisch an. Der reiche Inhalt der ersten Nummer bringt neben einer Ansprache der Redaktion „an die Freunde vaterländisher Geschichte“ eine ausführ- lihe Beschreibung der brandenburg-preußis{hen Beutestüke in Däne- mark und Schweden aus der Feder des Direktors des Mär- kishen Museums Stadtrath E. Friedel, nebst Abbildungen; ferner einen Aufsaß von Th. Fontane: „Malchow, eine Weihnahtswan- derung“; einc Abhandlung von on Maurer: „Die Artillerie unserer Vorfahren“ ; endlich kleinere Notizen und Mittheilungen aus dem Verein für die Geschichte Berlins und aus dem Verein für Heimaths- kunde in Müncheberg. Jedem, der Sinn für vaterländische Geschichte hat, wird „Der Bär“ in seiner neuen Gestaltung willkommen fein.

Gewerbe und Handel.

Der Verwaltungérath der hiesigen Diskonto - Gesell- \chaft beschloß in seiner vorgestrigen Sihung, für das leßte Ge- \chäftsjahr eine 4/5 Abschlagsdividende zu vertheilen. E

Die Bergbau-Gesellschaft Neu-Essen vertheilt für das rerflossene Geschäftsjahr eine Abshlagsdividende von 5 %._

Ein Bericht der „Daily News" aus Leeds giebt etwas günstigere Auésichten über die Lage in den Töpfereibezirken und in der Eisenindustrie von Nord-Staffordshire, während in Süd-Stafford- sbhire und in dem sogenannten Kohlenlande (Black-Country) überhaupt die Nothlage noch wenig nachgelassen. Die Wosll- waarenfabrikation in dem westlihen Theile von Yorkshire (West Riding) soll indeß gleichfalls noch sehr daniederliegen. Dor- tige Fabrikanten versuchen die Schuld dem Geseße zuzuwälzen, das Frauen- und Kinderarbeit heilsamen Einshränkungen unterwirft.

Aus Bristol wird die Gründung einer neucn Bank unter dem Titel „The Bristol and West of England Bank (Limited) gemeldet. Das Kapital der Bank beträgt eine Million

fd. Sterl. in Aktien à 20 Pfd. Sterl., und die erste Emission beit t aus 15 000 Aktien. Die Compagnie is gebildet worden, um den besten Theil des Geschäfts der fallit gewordenen „West of Eng- land Bank“ zu acquiriren. Die neue Bank wird iren Hauptsiy in Bristol haben und in Bath, Bridgewater, Cardiff, Exeter, Glocestcr, Kingsbridge, Newport, Swansea, Taunton 2c. Komman- diten errichten. :

Dor Verwaltungêrath der „London and Westminster Bank“ hat beschloffen, für das mit dem 31. Dezember beendete Halb- jahr eine Dividende von 7%/g auf das eingezahlte Aftienkapital zur Ver-

theilung zu bringen und dem Reservefonds einen Saldo von ca.

60 090 Pfd. Sterl. zuzuweisen, der dadurch die Höhe von ca. 974 0E E E gegen 914813 Pfd. Sterl. im Juni leßten Jahres erreiht.

Wien, 6. Januar. (W. T. B.) In dea Offertverhandlungen bezüglih der neu zu emittirenden 30 Millionen- Papierrente ift nunmehr mit der Banque de Paris und der öfterreihischen Boden- kreditgesellshaft abgeshlofsen worden. }

London, 4. Januar. (W. T. B.) Wie der „Globe“ meldet, hat die Samenhändlerfirma R. Hudson & Comp. in Leeds und Hull ihre Zahlungen eingestellt. Die Passiva derselben sollen 105 000 Pfd. Sterl. betragen. Wie verlautet, foll au die Cornishbank în Truro ihre Zahlungen eingestellt haben. Ueber die Höhe ihrer Passiva ist nichts elanut.

6. Januar. (W. T. B.) Die Passiva der fallit gewor- Ga F pruishbaunt betragen zwishen 500000 und 1 Million

fd. Sterl.

Glasgow, 4. Januar. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roh - eisen in den Stores belaufen si auf 200100 Tons gezen 608 600 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 91 gegen 88 im vorigen Jahre.

Washington, 4. Januar. (W. T. B.) Der Shat sekretär Sherman macht die Einberufung von weiteren 10 Millionen 5/2er Bonds vom Jahre 1865 bekannt.

Verkehrs-Anstalten.

Vom Berliner Pfandbrief-Institut sind bis Ende Dezember 1878 40359900 Æ 4+ prozentige und 8 701 500 A d prozentige, zusammen 49061 409 # Pfandbriefe ausgegeben, wovon noch 39 623 700 Æ 4# prozentige und 8039 700 M 9 pro- zentige, zusammen 47 663 400 Æ Pfandbriefe verzinslich sind. Es sind zugesichert, aber noch nicht abgehoben 2 534 700 Æ; in der Feststellung begriffen 5 Darlehnsgesuhe auf Grundstücke zum Feuer- versicherung8werthe von 320 400 A; im Laufe des Monats Dezember 1878 angemeldet 5 Grundstücke mit einem Feuerversiherungswerthe von 461 800 M :

Triest, 6. Januar. Der Lloyddampfer „Ettore“ ist mit der ostindischen Ueberlandpost heute Morgen 83 Uhr aus Alexan- drien hier eingetroffen.

Berlin, 6. Januar 1879.

Unter Leitung des geprüften Lehrers der Stenographie, Hrn. L. Loepert, Berlin 80., Josephstraße 6, wird an Stelle des amt- lichen Unterrichts im Abgeordnetenhause, welher nur im Sommer abgehalten werden kann, am Dienstag, den 14. Januar 1879, Abends 8 Uhr, in der Königlihen Gewerbe-Afademie, Klosterstraße 36, Hör- faal 1, ein theoretisher Unterrihts8fkursus in der verein- fahten Stolze’shen Stenographie für Damen und Herren eröffnet werden. Der canze Kursus umfaßt nur 12 Untecrichts- stunden und ift am 25. Februar beendet. Zur Einleitung des Unterrihts wird eia Vortrag über das Wesen der Stenographie am Dienstag, den 14. Januar, Abends 8 Uhr, in der Königlichen Gewerbe-Akademie, Klosterstraße 36, gehalten werden, wozu der Zutritt auch Nicht-Theilaehmern am Unterricht unentgeltlih freisteht, und wird der Unterricht, vom 17. Januar be- ginnend, Dienstag und Freitag von 8 bis 9 Uhr Abends fortgeführt werden. Zur Deckung der entstehenden Unkosten und für das er- forderlihe Lehrbuch sind bei der Meldung von jedem Theilnehmer ses Mark zu zahlen. Eintrittskarten \ind bis zum 13. Januar zu haben in dem Abgeordnetenhause, Leipzigerstraße 75, ferner in der Polytehnishen Buchandlung (A. Seydel), Leipzigerstraße 72, König- lihen Gewerbe-Akademie beim Kastellan Hrn. Kutscher, Kloster- ftraße 36, bei Hrn. G. Honrath, Charlottenstraße 62, in R. Krusche's Buchhandlung, Friedrihstraße 131, an der Karlstraße. Schriftliche Unmeldu gen und Anfragen find an Hrn. L. Loepert, 80., Joseph- straße 6, zu richten. Im Unterricbts\aale eingehende Meldungen fönnen nur, soweit der Raum reiht, berücksihtigt werden.

London, 4. Januar. (E. C.) Einem der Admiralität vom Admiral Hornby zugegangenen Telegramme zufolze wurden bei der Geschüßerplosion auf dem „Thunderer“ getödtet: 2 Offiziere und 8 Mann, verwundet 33 Mann, darunter 12 sehr \{wer. Der „Thunderer“ ist das mächtigste Panzerschiff der eng- lischen Marine, ward 1872 vom Stapel gelassen, aber ers 5 Jahre später in Dienft gestelt. Sein Tonnengehalt ift 4407, die Pferde- kraft 6270, Urfprünglißh mit zwei 35-Ton-Geschütßen aus8gerüftet, wurden diese später durch 38-Ton-Geschüte erseßt. Es ift noch nicht lange her, daß bei einer Maschinenprobe in Portsmouth dem „Thunderer“ ein Kessel platte, wodur eine große Zahl von Leuten getödtet und verwundet wurde. In Woolwich, wo die 38-Tone- Geschüße nach dem sogenannten Woolwich-System gebaut wurden, wird der Unfall damit erklärt, daß wahrscheinlih das Laden unvor- sichtiz geschehen fei, indem die Ladung nicht gehörig gerammt wurde; an dem Geschütze felbst könne der Fehler nicht liegen.

St. Petersburg, 5. Januar. (W. T. B.) Nach einer tele- Rz Meldung aus Astrachan, von heute, ist bald nach der Rückkehr der Kosaken aus der asiatishen Türkei im Jenotajewsk- schen Bezirke des dortigen Gouvernements eine epidemische Krankheit aufgetreten, welhe nunmehr: von den Aerzten als die Menschenpest erkannt worden ist. Die Epidemie hat sib, noch ehe Quarantänemaßregeln ergriffen werden konnten, nah mehreren Dörfern weiter verbreitet. Der Gouverneur von Astrachan hat zwar energishe Schritte gethan, um die strengsten Quarantänemazregeln durchzuführen; nah den vorliegenden Nachrichten hat sich aber die Lage außerordentlih vershlimmert, und ist die Sterblichkeit bereits eine fehr große. Zur Durchführung der Quarantänemaßregeln find nunmehr Truppen und Aerzte nach Astrachan beordert worden.

Die unter Direkt:on des Hrn. Emil Neumann stehende fran- ¿ôösishe Schauspielergesellsch{aft brachte am Sonnabend „Lady Tartuffe“ von Madame Emile de Girardin zur Auf- führung. Das Stück, welches bereits ein Vierteljahrhundert alt ift Le ersien zuerst in Paris im Jahre 1853), ift auch in Deutfsch- and seit Jahren bekannt und wurde noch im Os Winter auf der hiesigen Königlihen Bühne, neu einstudirt, mit vielem Bei- falle gegeben. In der Manier und im Stile der Schule Scribe's geschrieben, zeihnet sih dasselbe dur die an den älteren französi- schen Lustspielen bekannten Vorzüge, den geshickten scenishen Auf- bau, die spannende Fortführung der Intrigue, die feine Zeichnung der Charaftere und einen sorgfältig gearbeiteten, gewählten Dial aus. Diese mit großem Verständniß für das auf der Bühne Wirk- same angewendeten Mittel sichern jenen Stücken immer wieder einen Erfolg, wenn es auch dieselben stets wiederkehrenden Ingredienzien und Stoffe sind, welche benußt werden. So wurde denn auch bei der Wiederaufnahme dur die gegenwärtige Gesellschaft dem interefsanten Intriguenspiele eine freundlibe Aufnahme, obwohl die Darstellung im Ganzen niht über das Mittelmaß hinausreihte. Mdme. Claire Bel, welche die Titelrolle spielte, wußte der Rolle nit diejezige Bedeutung zu geben, welche ihr zukommt; in den dramatisch bewezten Scenen ließ sie es an dem lebensvollen Ausdruck wahrer Leidenschaft fehlen und ihrem Intriguenspiele mangelte die nöthige Feinheit und Eleganz. Die Rolle der „Jeanne de Clairmont“, welche n ben der Titel- rolle am meisten hervortritt, stellte Frl. Van Ghèle mit mehr Erfolg dar, do traf auch sie in den Momenten, die einen wärmeren Gefühls- auédruck- bedingen, nicht voll dea echten Ton innerlicher E bewegung. Von den männlichen Darstellern sprachen am meisten de Men Blunio - (maréchal d'Estigny) und Leclerc (Hector de

nneville) an, während Hr. Schaub als Baron des Tourbière®ë zu

wenig vom Karalier gab. i:

Se. Majestät der Kaifer wohnt.n am Freitag der Vor- stellung der französischen Schauspieler-Gesellschaft im Saal-Theater des Königlichen Schauspielhauses bei.