1879 / 9 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 11 Jan 1879 18:00:01 GMT) scan diff

L SSTMEEU U

a R B NSIAI E C; G L C E E

T I R A G N A

legenheiten bei der 1. Inf. Brig. eraannt. 5. Januar. Weiß- man n, Rittm. und Comp. Chef vom 2. Train-Bat, in gleicher Eigenschaft zum 1 Train-Bat., Zöller, Sec. Lt. vom 8 Inf. Regt., bisher kommdrt. beim 1, Train-Bat., zum 2. Train-Bat., verseßt. Hertlein, Pr. Lt. im 2. Train-Bat., zum Rittm. und Comry. Chef, Huber, Hater, Sec. Lts. in dems. Vat., zu Pr. Lts. befördert. L

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 29. De- zember. Orthmayer, Major z.D., auf Nachsuchen von der Funktion als Referent für Landw. und Ersaßangelegenheiten bei der 1. Inf. Brig. enthoben und demselben der Abschied mit Pens., sowie: mit der Er- laubniß zum Tragen der Unif. bewilligt. Modrach, Sec. Lt. des 10. Inf. Regts., auf Nachsuchen zur Res. des gen. Truppentheils verseßt. d. Januar. Euler, Rittm. und Comp, Chef des 1. Train-Bats., mit Pens. und der Erlaubniß zum Tragen der Unif., unter gleichzeit. Verleih. des Charakiers als Major, verabschiedet. Höllerer, Sec. Lt. a. D., der Anspruch auf Anstellung im Mi- litär-Verwaltungsdienst verliehen. _ :

Im Beurlaubtenstande. 5. Januar. Frhr. v. Eich- thal, Pr. Lt. des 1. Kür. Regts., der nachgesuchte Abschied mit der Erlaubniß zum Tragen der Unf. bewilligt.

X71, (Königlich Württembergisches) Armee-Corps.

Ernennungen, Beförderungen und Verseußungen. Im aktiven Heere. 39. Dezember. v». Gleich, Oberst-Lt. uad etatsm. Stabsoffiz. im Ulan. Regt. Nr. 20, zum Commdr. des Drag. Regts. Nr. 26 ernannt. v. Scott, Major und Escadr. Chef im Ulan. Regt. Nr. 19, als etatêm. Stabsoffiz. in das Ulan. Regt. Nr. 20, Frhr. v. Gemmingen-Guttenberg, Kittmstr. und Esca-r. Chef im Ulan. Regt. Nr. 20, in gleicher Eigenschaft in das Ulan. Regt. Nr. 19 verseßt. S {oll, Pr. Lt. im Ulan. Regt. Nr. 20, zum Rittm. und Escadr. Chef, Frhr. v. Falkenstein, Sec. Lt. in demf. D. zum Pr. Lt., befördert. Frhr. v. Stark- [loff, Frhr. v. Crail8heim-Rügland, Pr. Lts. im Drag. Regt. Nr. 26, ein Patent ihrer Charge verliehen.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 30. De- zember. v. Faber du Faur, Rittm. a: D., zuleßt im damaligen 4. Reiter-Regt., der Charakter als Major, Michelberaer, Hauptm. a. D., zuleßt im Inf. Regt. Nr. 122, Wöllwart h, Hauptm. a. D., zuleßt im Inf. Regt. Nr. 121, v. &leischmann, Hauptm. a. D., zuleßt im Gren. Regt. Nr. 119, in die Kategorie der zur Disp. stehenden Offize. verseßt und der Charakter als Major, “Dg v. Sternenfels, Pr. Lt. z. D, zuleßt im damal. 2. Fäger-Bat., Enߧßlin, Pr. Lt. a. D., zuleßt im Inf. Regt. Nr. 120, der Charakter als Hauptm., verliehen, Wepfer, charakteris. Hauptm. a. D., zuleßt im Inf. Regt. Nr. 126, in die Kategorie der zur Disp. stehenden Offiziren verseßt.

Herzoglich Braunschweigisches Kontingent.

7. Januar. Walther-Weisbeck, Sec. Lt. im Hus. Regt.

Nr. 17, zum Pr. Lt. befördert.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 11. Januar. Se. Majestät der

Kaiser und König empfingen heute Vormittag Se. A

liche LOE den Prinzen Wilhelm vor Höchstdejssen Rückkehr nach Bonn und Se. Königliche Hoheit den Prinzen August von Württemberg, weicher Sih von den Vermählungsfeier- lichkeiten in Arolsen zurück meldete. :

Darauf nahmen Se. Majestät die Vorträge des Kriegs- Ministers, Generals der Jnfanterie von Kameke, und des Chefs des Militärkabinets, General-Adjutanten von Albedyll, entgegen.

Jhre Majestät die Kaiserin-Königin wohnt heute dem ersten diesjährigen Vortrage des Wissenschaftlichen Vereins in der Singakademie bei.

Die Antwort Sr. Majestät des Kaisers und Königs auf die Allerhöhstdemselben zum dem hiesigen Magistrat überreichte Adresse hat fo Wortlaut:

Die ¿um Jahreswe{sel Mir von dem Magistrat Meiner Haupt- und Residenzstadt Berlin gewidmete Adresse hat Mich zu ernsten Gedanken angeregt. Bedeutungsvoller als je ist aub Mir der dies- malige Uebergang in den neuen Zeitabschniit erschienen. Wie wohlthuend \sich Meine Erinnerungen gestalten, wenn sie ih auf die Beweise liebevoller Theilnahme rihten, die Jch in Folge {merzlicer Ereignisse des verflossene.: Jahres empfangen habe, so führen doch die sih mit dem Rückblick auf das Jahr verkuüpfenden weiteren Be- trachtungen leider zu dem Shlusse, daß {were Mängel sich in dem sozialen Zustande des Vaterlandes zu entwickeln Gelegenheit gefunden haben. Sie zu beseitigen, ist ein dringendes Bedürfniß für unsere Wohlfahrt; zur Wandlung ist die einsihtige und willige Selbst- ibâtigkeit des Volks wesentli erforderli. Dieser Erkenntniß auch bei dem Magistrat Meiner Haupt- und Residenzstadt Berlin zu be- gegnen, hat für Mi besonderen Werth. Fest ist das Streben Meiner Regierung darauf gerichtet, diz Erfahrungen des verflossenen Jahres im Interesse der Gesammtheit zu nützen; allein nur dur bewußte Mithülfe der Gesellshast selbst läßt si die ersehnte Besse- rung dauernd sicher erreichen. Willkommen is Mir daher der Entschluß des Magistrats, auch seinerseits an der Abstellung der eingedrungenen Schäden kräftig zu arbeiten. Dieser Vorgang wird, so hoffe Ib, nicht nur bei den Vertretungen anderer Gemeinden Nachfolge finden, sondern in weiten Kreisen au den Einzelnen dazu anregen, an dem allgemeinen Werke fi zu betheiligen, indem er durch Schärfung seines Pflihtbewußtseins an sich selbst die Arbeit der geistig-sittlihen Wandlung verrihtet. Die Ueberzeugung, daß von der kommunalen Leitung der Reichs- und Landes-Hauptstadt in der Richtung jenes Entschlusses mit einsihtigem Wirken vorge- {ritten wird, stärkt das Vertrauen, mit dem Ih das Jahr be- grüßt habe, und urter diesem Eindrucke danke J dem Magistrat herzlich für das in der Adresse von Neuem bekundete Entgegen- kommen.

Berlin, den 9. Januar 1879.

genden

Wilhelm. An den Magistrat Meiner Haupt und Residenzstadt Berlin. hre Majestät die Kaiserin-Königin pa dem Magistrat auf die E Ne zum neuen Jahre nach- stehende Antwort zugehen lassen :

Die Glücckwünsche, welhe der Magistrat von Berlin am Ab- {luß dieses so bedeutungsvollen Jahres an Mich gerichtet hat, haben Mich erfreut und tief bewegt. Die trübe Erinnerung wird gemildert dur eine so aufrihtige Theilnahme, wie sie fih in erhebender Weise

eet von

| dau:r Meiner treuen Wünsche für das Gedeihen von Berlin und

Meine Anerkennung ihrer Leistungen auf dem Gebiete der Wohl- thätigkeit auszusprechen. Berlin, den 2. Januar 1879,

A ugusta.

An den Magistrat von Berlin,

Seitens Jhrer Kaiserlihen und Königlichen Hoheiten des Kronprinzen und der Kronprinzessin sind dem Magistrat aus gleicher Veranlassung folgende Schreiben zugegangen : i 5 Ich bin dem Magistrate für seinen freundlihen Glückwunsch zu herzlihem Danke verpflichtet und erwidere denselben aufrichtig mit Meinen besten Wünschen für die Hauptstadt und ihr ferneres Ge- deihen. Mußten wir in dem eben beschlossenen Jahre des Ernstes und der Schwere der Zeit niht ohne banges Entseßen inne werden, so haben wir nit minder klar erkannt, daß wir stark genug sind, die drohende Gefahr zu besiegen, wenn wir muthigen und festen Sinnes im Verein mit aüen Denen ihr entgegentreten, welche in der Größe und dem Ruhme des Vaterlandes und in dem ( Glüde und der Wohlfahrt unseres Volkes die höchste Aufgabe des Staates und das s{chönfte Ziel bürgerlihen Strebens erblicken. Möge die nach langem Fernsein in voller Frische des Körpers und Geistes er- folgte, von ganz Deutschland mit Jubel begrüßte Rückkehr unferes Kaisers und Königs der Aus8gangspunkt sein für eive neue und alüdckliche Zukunft! Berlin, den 3. Januar 1879. : : Friedrich Wilhelm, Kronprinz. An den Magistrat zu Berlin.

Ich erwidere den Neujahr:gruß des Magistrats mit bestem

Danke und aufrihtigen Wünschen für die Hauptstadt und ihre

Bürgerschaft. Je tiefer Ih den unerseßlihen Verlust Meiner ge-

liebten Schwester empfinde, um so erkenntlicher bin Ich für den

Ausdruck der Theilnahme, welche der Magistrat Mir in so warmer

und herzlicher Weise bezeigt.

Berlin, den 3. Januar 1879. . S Victoria, Kronprinzessin.

An den Magistrat zu Berlin. ;

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Hol und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen, sowie der Ausschuß für Zoll- und Steuer- wesen hielten heute Sißungen.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen (26.) Sitzung seßte das Haus der Abgeordneten die weite Berathung des Etats des Kultus-Ministeriums brt, Der Abg. Dr. von Jacdzewski wandte sih gegen die Mai- geseße und namentlih gegen die Ausführung derselben, da jie in den meisten Fällen noch viel s{härfer gehandhabt wür- den, als es ihr Wortlaut erfordere. Redner beleuchtet: speziell die Verhältnisse der Provinz Posen, in welcher in vielen Be- zirken die gesammte Seelsorge vollständig brach liege, was er durch Ausführung zahlreiher einzelner Fälle crweisen könne; circa 100 ftatholishe Pfarrstellen seien in Preußen un- beseßt. Ebenso sei das Schulwesen in einem weit s{lechteren Zustande als früher, wo Geistliche es beaufsihtigt hätten ; die Schulen litten durch das Jnstitut der weltlihen Jnspektoren in hohem Grade.

Der Abg. Witt (Eig bdgowo) trat den Ausführungen des Vorredners entgegen. . Von einem Verfall der SQule in der Provinz Posen könne gar keine Rede sein, im ‘Gegentheil müsse man konstatiren, daß die Wirksamkeit des Kultus- Ministers auch in der Provinz Posen als eine höchst segensreiche zu bezeihnen fei. Ueber die Germanisirung in den Schulen könnten fih die Polen in keiner Weise beklagen, im Gegen- theil hätten sie alle Ursache, dem Minister dankbar zu sein, und bäte er, als früherer langjähriger Bewohner der Provinz, den Minister, auf dem betretenen Wege fortzufahren.

Der Abg. Dauzenberg betonte, daß weder die Majorität, noch die Regicrung den Schaden wirkli zu erkennen schienen, den die Maigeseßgebung der katholischen Kirche zugefüge. Die leßtere sei in Preußen in ihren Grundvesten erschüttert. Wenn man sage, die Anzeigepflicht beim Ober - Präsidenten sei eine leiht erfüllvare Aufgabe, so sei das ein Jrrthum. Die Zahl der ver¡vaisten fkatholishen Seelsorgerste!len in Preußen be- Jrage jeßt ca. 1100 und dennoch sei neulih ein Geistlicher ver- urtheilt worden, weil er einem Kranken die Sterbesakramente reichte, der nahher noch drei Stunden gelebt habe. Gegen dieses Verfahren steche sehr lebhaft die Fürsorge der Regierung für ihre Lieblingskinder, die Staatspfarrer, ab. Derartige Zu- stände seien doch wohl nit für das Wohl des Staates erforderlih und erheischten Remedur. Jhm sei es un- | zweifelhaft, daß es Pflicht des Staats sei, den Frieden herbei- zuführen, do die Handlungsweise und Sprache des Ministers kontrastire lebhaft gegen die des „friedliebenden“ Papstes. Als treue Söhne der Kirche werde seine Partei acceptiren, was der heilige Vater mit der Regierung vereinbare. Seit den Verhandlungen von Kissingen sei _schon eine geraume Zeit verflossen, so daß man sich über den lang- samen Fortgang der Verhandlungen bei der Bereit- willigkeit der Kurie wundern müsse, obwohl Redner die Schwierigkeit für den Staat anerkenne, \sich aus dieser selstgeschaffenen shwierigen Lage mit heiler Haut her- auszuziehen. Aber es handele sich doch um keinen äußeren Feind, jondern um das Jnteresse von Landeskindern, das

eide Paciscirenden zu wahren hätten. Der Brief Leo's X1II.

an den Erzbishof von Cöln zeige klar, daß die Falkschen Maigeseße eine Friedensbasis nicht abgeben könnten. Kein Kein Katholik werde in der friedfertigen Beilegung des Streites, in dem Eingeständniß des Zrrthums, einen Aft der Schwäche des Staats-Ministeriums sehen. Möge dieser Fall bald eintreten!

Der Abg. Dr. Gerber erklärte, wenn der Vorredner \ih beshwere, daß der Minister dem Laielement in der katholischen Kirche eine allzu große Macht gegeben, so scheine ihm, daß die im Berner Jura, Solothurn und Sitten jüngst gewissen Géist- lichen gegebene Erlaubn1ß, sich um Stellen zu beSderben, deren Beseßung von Laien abhängt, beweise, daß dies ein Ding ist,

uod fidei catholicae haut repugnat, n Bezug auf die olen müsse er die Bitte an die betreffenden bgeordneten rihten, doch nicht das Haus und besonders die linke Seite desselben mit ungerechten Anklagen zu überhäufen. “Jm Re- gierungsbezirke Bromberg z. B. fehle es an Lehrern der polnishen Sprache. Nimmermehr würde sich eine Sprache als Nebenbuhlerin der deutshen behaupten können, die nihts weiter als eine Sprechspra sei.

Eci der Rüdfehr des Kaisers allgemein Fund gegeben hat. Es war Mir dakbci vergörut, den Vertretern der Stadt mündli die Fort-

Eine Literatur habe die polnishe Sprache kaum, und soweit das Ministerium bezüglih des Unterrichts im Polnischen den

beresjtiglnn Anforderungen der polnische Bevölkerung ent- gegen kommen könne, sei das E bereits ge; hehen. ?

Der Aba. Windthorst (Meppen) entgegnete die angebliche Behauptung des Vorredners, daß die Polen keine Literatur haben sollten, nicht begreifen zu können. Es gäbe sogar polnische Lite- raturgeschihten. Fm Uebrigen habe sich Redner zum Worte finde, «¡m dem Minister Einiges zu entgegnen. Das katho- ishe Volk wisse, daß die Regierung ihm immer noch so feind- lih gegenüberstehe, wie seit sieben Jahren, das müsse konsta- tirt werden, damit Jeder, der noch eine Spur von Vertrauen habe, zur richtigen Einsicht gelange. Jn Bezug auf die evan- gelishe Kirche habe man an maßgebender Stelle es empfun- den, daß man; im Ministerium nicht auf dem richtigen Wege sei ; aber diese Besorgniß sei zerstreut dur die bekannte Berufung einiger Hofprediger in den Ober-Kirchenrath, wor- über Redner sih übrigens aufrichtig gefreut habe. Was die Stellung der Katholiken zum Kultus-Minister angehe, so könnte der Redner zwar noch Vertrauen fassen zur Person des Ministers, nie aber zu seinem Generalstabe. Gegen diesen müßten die Katholiken sich wehren mit allen geseßlihen Mitteln, wenn sie auch wüßten, daß sie niht durhdrängen, weil sie an Kopfzahl zu s{wach seien. Den Katholiken stehe eine zu große geschlossene protestantischc Majorität in diesem Hause gegenüber. Unter dieser Situation hätten die Katholiken Veranlassung zur Ver- zweiflung, aber sie verließen sih auf eine höhere Hand, und die werde nit fehlen. Langsam reiften die Dinge; das sei in der Geschichte und in der Oekonomie der Vorsehung immer so gewesen; Gottes Mühlen mahlten langsam, aber fein! Es fei kein bloßer Hujall, wenn der Papst Leo XIIl. gerade jeßt die ganze fatholishe Welt zum Gebet aufgefordert habe; von dieser Waffe erwarte seine Partei Alles, von einer anderen Waffe nichts. Was der heilige Vater in seinem Schreiben verlange, hätten alle Katholiken, auch ihre Vertreter im Parlament ausnahmslos gethan. Die Staatsgeseße seien von den Katholiken befolgt und würden befolgt, soweit sie dem Glauben und den Pflichten der Katholiken nicht widersprächen, aber die Maigeseße verleßten den Glauben, verleßten die Pflichten der Katholiken, und diese Gesetze scicn es, welche der Papst in seinem Schreiben ausnähme. Dieses Schreiben und das an den Kardinal Nina zeugten von einer Weisheit und seien in einer Sprache abgefaßt, die den heiligen Vater für immer weit über alle Schriflsteller der Gegenwart erhebe.

Der Abg. Dr. von Jaédzewski entgegnete auf die Reden der Abgg. Witt ünd Dr. Gerber, er habe den Kultus-Minister nur aufgefordert, die deutshe Sprache niht auf Kosten der pol- nischen lehren und ausbreiten zu lassen. Auch er, Redner, er- kenne die Nothwendigkeit deutshen Unterrichts vollständig an. Hierauf wurde nach dem der Abg. Dr. Gerber persönli be- merft hatte, daß er nur gesagt habe, die Polen benußten ihre Sprache nicht als eine literarishz: und iÿrer Literatur könne nur der Rang einer nahahmenden zukommen, die Diskussion geschlossen und Titel 1. (Gehalt des Ministers) ohne Abstim- mung bewilligt, worauf sich das Haus um 31/7 Uhr vertagte .

In der heutigen (27.) Sizung des Hauses der Abgeordneten, welher am Ministertische der Minister der geistlihen 2c. Angelègenheiten Dr. Falk und mehrere Negie- rungsfommissarien beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß die Kommission zur Borberathung des Gesezentwurfs, betr. die Na dfelgenbeschläge der Fuhrwerke in der Provinz Hannover Cy sei und si wie folgt konstituirt habe: Abgg. Dr. Miquel (Vorf.), Dr. Langerhans (Stellv.), Cremer [Cöln], Graf Shack (Schriftf.). Weiter theilte der Präsident mit, daß der Abg. Herrlein sein Mandat für den 12. Wahlbezirk des Regierungs- bezirks Kassel (Fulda) niedergelegt habe. Ohne Debatte erle- digte das Haus die dritte Bcrathung der Gesezentwürfe, be- treffend die Abänderung von Bestimmungen des Ge'eßes vom 30. Mai 1873 über das Grundbvuchwesen in dem Bezirke des Justizsenats zu Ehrenbreitstein und des Geseßes vom 23. März 1873 über das Grundbuhwesen im Jadegebiete; betreffend die Abänderung von Bestimmungen des Geseßes vom 27. Mai

1873 über das Grundbuchwesen und - die Verpfändung von Seeschiffen in der Provinz Stleswig-Holstein und betreffend die Abänderung von Bestimmungen des Geseßes vom 28. Mai 1873 über das Grundbuchwesen in der Provinz Hannover mit Ausschluß des Jadegebietes.

Darauf seßte das Haus die Spezialberathung des Etats des Kultus-Ministeriums fort. Bei Kap. 114 Tit. 1A. der Ausgaben (Unter-Staatssekretär) konstatirte der Abg. Dr. Petri den Friedensversicherungen des Centrums gegen- über, man sei auf allen Seiten des Hauses darin einig, daß eine Beendigung des kirchenpolitishen Kampfes dringend wünschenswerth sei. Es Ce sih nur um die Frage, auf welchem Wege das Angestrebte erreiht werden könne. Das Centrum stelle sich auf den Standpunkt des Koordinations- systems zwischen Staat und Kirche, indem es die Rechte des Staates auf kirhlihem Gebiete, das Placet und das jus circa sacra einfach leugne. Ganz abgesehen davon, daß der Vatikan selbst dieses Koordinationssystem nicht anerkenne, könne der moderne Nechts- und Kulturstaat dieses System nie annehmen. Preußen und seine Dynastie würden mit ihren historischen Traditionen in vollständigen Widerspruch gerathen, wenn es dem Papste das freie Selbstbestimmungsrecht und die Gleich- berehtigung aller Konfessionen opfern würde. Das werde nie der Fall sein. Nicht der Staat sei Schuld an den Noth- Len der Katholiken in Preußen, sondern die Herrshsucht

oms.

Der Abg. Frhr. von Schorlemer-Alst \{chrieb die Aus- führungen des Vorredners dessen tiefem Basse gegen die römisd)-katholische Kirche zu. Seine (des Redners) Partei habe nur die verfassungsmäßigen Rechte der katholischen Kirche in Preußen zu vertheidigen und sih niht um die etwa von Nom anderwärts beobachteten Systeme zu kümmern. Zu dem R das in dieser Beziehung Gesagte lid, Rom kümmere {h nicht um die rein staatlihen Geseße, sondern vertheidige nur die Freiheit der Kirhe. Beim Schlusse des Blattes sprach der Abg. Freiherr von Fürth.

4 Prozent und der Lombard-Zinsfuß für Waaren wie Effekten auf 5 Prozent ermäßigt worden.

Heute fand eiye Sißung des Gerichtshofes für Kompetenzkonflikte statt.

Errichtet cin Gewerbetreibender neben seinem bereits bestehenden Comtoir, Laden, Verkaufsstelle 2c. ein zweites Comtoir, Laden, Verkaufsstelle 2c., so hat er, nah einem Erkenntniß des Ober-Tribunals, gleihwie früher von

dem ersien Geschästslokal, auch von der zweiten Lo kal-

Der Diskont der Reichsbank isst heute auf

eröffnung gnzeige zu maten; unterläßt er dies, so mat er si einer Gewer esteuerkontravention resp. einer Defrauda- tion, wenn er ein fteuerpflihtiges Gewerbe betreibt, schuldig.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 10. Januar. Die „Polit. Korresp.“ meldet aus Konstantinopel von heute: Die Verhandlungen über den definitiven Frieden mit Rußland nehmen einen solhen Verlauf, daß die Unterzeich- nung desselben längstens im Laufe der nähsten Woche erwartet werden darf. Aus Albanien wird ein beruhigender Um- s{chwung in der Stimmung der Bevölkerung gemeldet. Den dortigen Muhamedanern, welche in das Jnnere der Türkei auswandern wollen, ist Seitens der Regierung die dauernde Befreiung von türkischem Militärdienst angeboten worden.

11. Fanuar. Die „Deutsche peitung“ erfährt, der montenegrinishe Minister Vrbica unterhandle in Wien wegen des Abschlusses von Verträgen, betreffs des See-Sanitätswesens, sowie in Betreff von Hafenbauten in Antivari und in Betreff des Baues einer Straße von Antivari nah Spizza. Ein Telegramm desselben Blattes aus Kattaro meldet, zwischen dem Kommissar der Pforte und dem Vertreter Montenegros sei ein Räumungs- Uebereinkommen abgeschlossen worden.

Großbritannien und Jrlaund. London, 9. Januar {E. C.) Jn Edinburgh ward gestern eine Versammlung des Exekutivcomités des liberalen Wahlvereins von Mid-Lothian abgehalten, in der einstimmig beschlossen wurde, Gladstone zur Kandidatur in dem Wahlkreise für die nähsten Wahlen einzuladen.

11. Januar. Dem „Standard“ wird aus Si- foodin, vom 7. d. M., gemeldet: Die Kavallerie der gegen Quettah operirenden Kolonne erfocht gestern einen Sieg über die Afghanen. Leßtere verloren 24 Todte, 9 Gefangene und 20 Geshüße. 1200 Mann der afghanischen Kavallerie ergaben ih den Engländern. Der Verlust der englishen Truppen betrug 11 Verwundete. Aus Kho, vom 9. d. M., wird dem „Standard“ berichtet: Die Häupt- linge der Mongols und Waziris, welche den General Ro- berts angegriffen hatten, haben um Pardon gebeten, der ihnen gewährt wurde.

Kalkutta, 10. Januar. (W. T. B.) Offizielle Meldung. General Roberts beabsichtigt in Folge von Gerüchten über eine drohende Haltung der Mongols in der Richtung auf Kurum zurückzukehren und seine weit zer- streuten Truppen zu konzentriren. Major Cavagnari be- rihtet, der afghanishe Führer Mir Akhor habe \ih nah Kabul begeben. Der Emir Schir Ali habe vor sei- ner Flucht den früheren Häuptling der Mamienas, Mir Hussein Khan, tödten lassen. Die allgemeine Stimmung in Afghanistan sei eine dem Emir feindselige.

10. Januar, Abends. (W. T. B.) Afzal Khan hat seine Armee aufgelöst und Kandahar verlassen. General Stewart war am 8. d. M. einen Tagemarsh von Kan- dahar entfernt. : L S

Frankreih. Paris, 9. Januar. (Fr. C.) Wie das „Fournal officiel“ meldet, ist der am 13. Juli 1862 zwischen Frankreih und Jtalien geschlossene Schiffahrts- vertrag bis zum 31. Dezember 1879 verlängert worden.

Der türkische Botschafter Aarifi Pascha hat dem Präsidenten der Republik heute fein Abberufungs\creiben überreiht. Morgen empfängt der Marschall den chinesischen Gesandten Marquis von Tseng.

…_— 10. Januar. (W. T. B.) Die Hauptpunkte des gegen- wärtig ausgearbeiteten Programms des neuen Kabi- nets sind folgende: Das Kabinet wird weitgehende Maß- regeln für E E treffen, aber es beabsicütigt nicht, ein Gefeß auf Erla einer allgemeinen Amnestie einzubringen. Das Kabinet erklärt sih ferner dafür, daß die Oberbefehls- haberstellen der Republik günstig gesinnten Generälen anver- traut sein sollen. Eine _allgemeine Maßregel bezüglich der Beamten foll nicht ergriffen, dagegen sollen die nothwendig erscheinenden Modifikationen in der Beseßung der richterlichen Stellen vorgenommen werden. Alle bestehenden Gesebe, dur welche neue Rechte des Staates zur Bekämpfung der klerikalen Eingriffe eingeführt oder die alten vertheidigt werden, sollen ausgeführt werden. ;

Die Subkrommission für die Untersuchung der Anits- handlungen des Ministeriums vom 16. Mai 1877 hat lhre Arbeiten beendet und - beschlossen, die ehemaligen Mit- glieder jenes Kabinets in Anklagezustand zu s

__Die „République française“ bespricht die gl ü ckl ice Lösung des R H46 dre mit Tunis, hebt die Schnelligkeit und Festigkeit, mit welcher der Minister des Aus- wärtigen vorgegangen sei, rühmend hervor und bemerkt shließlih: Diejenigen, die die Unklugheit begangen hätten, dem Vertreter Frankreichs zu troßen, hätten bald genug in Erfahrung bringen können, daß die französishe Republik A übcrall und von Allen Achtung zu verschaffen wissen erde.

Griechenland. Athen, 10. Januar. (W. T. B.) Das russishe Panzerschiff „Fürst Pojarski“ ist gestern im Piräus vor Anker gegangen.

, Türkei. Konstantinopel, 10. Januar. (W. T. B.) Wie es heißt, wird sich Safvet Pascha nah Paris begeben und dem Minister des Auswärtigen, Waddington, das Großkreuz des Medjidie-Ordens persönlich überreichen.

,_ Amerika. New-York, 10. Januar. (W. T. B.) Die legislative Versammlung von Konnektikut hat den Repu- blikaner Andrews zum Gouverneur gewählt.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

St. Petersburg, Freitag, 10. Januar, Abends. Die Feststellun en des Budgets pro 1879 ergeben eine Balanzirung der Einnahmen und Ausgaben. Jn die Ausgaben des Bud- 10s n O sind die Zinszahlungen für die neue Orientanleihe ingestellt.

St. Petersburg, Sonnabend, 11. Januar, Vormittags. Der „Golos“ konstatirt, daß die 42 Millionen Rubel, welche áro 1879 das Plus des Ausgabeetats gegen 1878 bilden und zum größten Theil dur die neue Anleihe begründet werden, mehr als gedeck werden durch neue A IEELLEN im Betrage von 22 Millionen, und zwar durch Auf- shlag auf Stempelpapier 83 700 000 Rubel, Steuer

auf Versicherungen 2500000 Rubel, Steuern auf im- portirte Baumwolle 3 500 000 Rudel, Steuer auf Eisen- bahnfahrpreise 8 Millionen, Steuer auf qualifizirte Getränke 4 Millionen. Die weitere Deckung liegt in der Vermehrung der Einnahme bei der Getränkesteuer, taxirt auf 15 Millionen (während im verflossenen Jahre diese Einnahme gegen 1877 um 23 Millionen stieg) und in Mehr-Zolleinnahmen im Be- trage von ca. 10 Millionen (während diese Einnahme 1878 den Voranschlag um 30 Millionen überstieg.).

Nr. 2 des „Amtsblatts der Deutscher! Reichs- Poft- und LTelegrabphenverwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen : Vom 8. Januar 1879. Schreibweise des Ortsnamens „Karlérubhe in Baden“. Vom 5. Januar. Ausgabe der Berichti- gurgSbogen zur Allgemeinen Dienftanweisung in zweimonatlichen Fristen; Herstellung besonderer Berichtigungsbogen für Postagenturen. Vom 7. Januar. Lieferung der Dienfstkleidung für die Unter- beamten dur die Kleiderkaïsen. Vom 2. Januar. Bezeichnung der Briefpostbunde. Vom 6. Januar. Veränderung des Preises der durch Vermittelung des Kaiserlichen Post-Zeugamts zu beziehen- den leihten Oberröcke für Bahnpost-Beamte. Vom 7. Januar. Anwendung des Eisenbahn- Postgesetes auf die Oberschlesishe Eisen- bahn. Vom 3. Januar. Sorgfältige Bedienung des Morse- Apparates.

Nr. 2 des „Justiz - Ministerial - Blatts“ bat fol- genden Inhalt: Erkenntniß des Königlichen Ober-Tribunals vom 2. Lezember 1878. Zur Begriffsbestimmung der böslichen Verlaffung.

Neichstags - Angelegenheiten.

Cassel, 11. Januar. (W. T. B.) Der Reibs- und Landtag8- Abgeordnete für Fulda, Herrlein (Centrum), hat bcide Mandate niedergelegt.

Statistische Naczrichten.

Das soeb:n erschienene zweite Heft des Berichles übec die Bevölkerungs-, Gewerbe- und Wohnungs-Aufnahme vom 1. Dezember 1875 in der Stadt Berlin (bearbeitet von Richard Bödcth, Direktor des statistischen Bureaus der Stadt Berlin, im Kommissionsverlage von Leonhard Simion in Berlin,) entbält eine vergleidende Uebersiht der Wohnung®- und Hausstands-Statistik Berlins im Jahre 1875 mit den früheren Zählungsjahren 1861, 1864, 1867 und 1871 in 24 Kapiteln. Wir entnehmen dieser die Berliner Wohnungsverbältnisse treffend kennzeihnenden Scil- derung folgende Daten: Nach einer kurzen Einleitung, welche einen Veberblick des Umfanges der diesmaligen Bearbeitung der Wohnungë- statistik im Vergleich mit den vier früheren Aufnchmen enthält, be- trabtet das erste Kapitel die Wohnungen mit ihrer Bewohner- zahl nach der Stockwerklage, Straßenlage und geschäftlichen Be- nußung. Die Zählung vom 1. Dezember 1875 ergab das Vorhan- densein von 212554 Wohnungen mit 940571 Einwohnern (also in einer Wohnung 442 Bewohner), während 1861 nur 105 811 Woh- nungen mit 521 933 Einwohnern (also je in einer Wohnung 4,93 Bewohner), 1864 130671 W. mit 600743 E. (also je in einer Wohnung 4,60 Bewohner), 1867 152 641 W. mit 674 400 E. (alfo je in einer Wohnung 4,42 Bewohner), 1871 178159 W. mit E E. (also je in einer Wohnung 4,46 Bewohner) ermittelt wurden.

Das Verhältniß der Bewohnerzahbl zur Wohnung ist also am stärksten während des ersten Intervalles, um etwa ein Siebeuzehntel zurückgegangen, wentger im zweiten Intervall, im dritten ist es unbe- deutend ge iegen und in der leßten Periode um 0,10 gefallen. Was die Vertheilung der Wohnungen auf die einzelnen Stockwerke be- triff, [0 [lad hier folgende Zahlen zu konstatiren: Die am stärksten vertretenen, eine Treppe hoc belegenen Wohnungen sind von

auf 207 pro Mille zurückgegangen, während die Keller- wohnungen von 92 auf 102 pro Mille, und die Wohnungen der höchsten Stockwerke (von IV. an incl. der Dacbwohnungen) von 36 auf 124 pro Mille emporgeschnellt sind. Die Thatsache, daß etwa der neunte Theil der Berliner Bevölkerung 50 und mehr Fuß hohe Treppen ersteigen muß, um zur Wohnung bezw. zur Familie zu gelangen, iraat mit. zur Charakteristik der Zustände bei, welche die durch Spekulation erzeugte verkehrte Bauweise des beutigen Berlins zur Folge hat. Hinsitli§ der Vertheilung der Wohnungen nach Stockwerken in den einzelnen Stadttheilen, ift zu konstatiren, daß die Wohnungen im ersten und zweiten Stock in allen Stadttheilen, mit Ausnahme von Moabit und Wedding gleich vertheilt sind, dagegen sind die 3 Treppen hoch und höher belegenen Wohnungen am Meisten in der jenseitigen Louisen- stadt, der Rosenthaler Vorstadt und dem Stralauer Viertel vertreten. Wohnungen im fünften Stock giebt es bereits in 10 Stadttheilen. Dachwohnungen treten verhältnißmäßig am stärksten in der Altstadt auf. Die Zahl der Entresol- wohnungen, welche ihren Insaffsen theilweise kaum die Möglichkeit gewähren, aufrecht zu stehen, und die nur einen traurigen Nothbehelf für den Wohnbedarf eines Theiles der handeltreibenden Bevölkerung sind, ist am höchsten im Wedding. Was das Verhältniß der Lage der Wohnungen anbetrifft, so steht in der Vorderlage einer Ver- mehrung der Mpaegeien Wohnungen um 482 pro Mille eine fol{e um 1783 der \ch{lecht belegenen gegenüber, während in der Hinterlage zwar die gutgelegenen Wohnungen um 1031 pro Mille zugenommen baben, die [chlecht belegenen aber auf das Fünfeindrittelfache estiegen find, was das immer s{nellere Fortschreiten auf der abs{üsfigen Bahn in den Berliner Wohnungsverhältnissen deutlih zur Anschauung bringt. Bei den ge\schäftlich benußten Wohnungen zeigt sich in den Vorderwohnungen eine Abnahme von den unteren Höhenlagen nah oben zu. Nur das fünfte Stockwerk und das Dach zeigen hiervon unerbebli&e Abweichungen, was vielleiht dem Einflusse der photo- graphischen Ateliers zuzuschreiben ist. Den stärksten Antheil an ge- 1chäftlich benußten Wohnungen weisen die Keller auf.

Das zweite Kapitel behandelt die Zimmerza hl der Wohs- nungen nach Stockwerklage, Straßenlage und gescäftlicher Benutzung. Die Aufnahme von 1875 hat 212554 bewohnte Wohnungen mit 418 811 heizbaren und mit überhaupt 495 877 Zimmern ergeben. Es würden also auf eine Wohnung 1,97 heizbare Zimmer kommen. Die Zahl der Bewohner ftellt sih pro heizbares Zimmer auf 2,94, also um 4%/ gürstiger als das vorige Mal, und ‘auf alle Zimmer berechnet, auf 1,89, Was die Größe der Wohnungen betrifft, so weisen dieselben im Königsplatbezirk die hohe Durhschnittszahl von mehr als fünf Zimmern auf, während der Fg die Nosfen- thaler Vorstadt 2c. niht zwei Zimmer pro Wohnung besißen. Die Bewohnerzahl pro Zimmer steht zu diesen Zahlen in umgekehrtem Verhältniß; so wohnen im Wedding 25 Einwohner in einem Zim- mer, während in normalen Verhältnissen auf jedes Zimmer nur ein Bewohner gerechnet werden darf. Dur diese Zahlen wird das Klägliche der Berliner Wohnverhältnisse am treffendsten chyarakterisirt.

Im dritten Kapitel wird das Verhältniß der Wohnungen mit und ohne Küchen, die nothwendig zu einer vollständigen Wohnung gehören, und gewissermaßen erst das Heimwefjen vollenden, besprohen. Es waren nämli im Jahre 1861 unter 105 811 Wohnungen 9450 (89 pro Mille) ohne Küche; 1864 unter 150 671 Wohnungen 13 771 (105 pro Mille) ohne Kübe; 1867 unter 152 641 Wohnungen 18 534 (121 pro Mille) ohne Küche; 1871 unter 178 159 Wohnungen 32 816 (184 pro Mille) ohne Küche; 1875 unter 212554 Wohnungen 49124 (231 pro Mille) ohne Küche. Neben der Altstadt sind es die vier ärmsten Stadttheile, welche den

steht. Die érbeblidste Versblehterung gegen die Verbältniffe von 1871 zeigen Moabit, der Wedding, dann Neu-Köln, die Friedrich- Wilbelms- und die Friedri. L :

Das fünfte Kapitel enthält die Verschiedenheit des Mieths- werthes der Wohnungen, obwohl die betreffenden Zahlen erft nach der Zählung dem Steuerkataster entno.nmen und daher keine An- sprüche an vollständige Korrektheit mache," können, so gewähren sie immerhin einen guten Einblick in die Woh Ungsverbältnisse Berlins. Was den Dur{schnittswerth der Wohm.ngen in dex einzelnen Stadttheilen anbetrifft, so nimmt der Königs, ‘laß die erste Stelle ein; hier kommt auf jede Wohnung 2512 4, „Juf jedes Zimmer 476 Á, auf jeden Raum 404 und auf jeden Ben. 'obhuer 469 M; den niedrigsten Plaß nimmt der Wedding ein; jede Wu'hnung kostet hier 309 Æ, jedes Zimmer 199 Æ, jeder Raum 123 und auf jeden Bewohner kommen hier 72 A Miethe Bezüglid -r ver- schiedenen Stockwerke geftaltet sid der durchsnittlice Miethswerth pro Raum der Vorderwohnungen auf: in mehreren Stockwerken 364 Æ, im Erdgeshoß 257 Æ, im Entrefol 231 4. im I Stock 250 Æ, im Il. Stock 210 Æ, im IIl. Stot 176 ÁÆ., im IV. Stock 146 M, im V. Stock 114 Æ, im Dat 131 Æ, im Keller 166 M

, Kapîtel 6 bespricht die Verhältnisse der Kellerwohnungen. Die Beobachtung derselben erhält dadurch eine erhöhte Wichtigkeit, daß die Lage in dem in den großen Städten fortdauernd mehr oder wentger Iinfizirten Erdreih, bei zugleib s{wierigerer Ventilation und in der Rezel geringerer Höhe des Zimmerraums, dieselben als einen Heerd der Krankheit und damit der erhöhten Sterblichkeit dec Bevölkerung erscheinen ließ; befonders die Tiefenlage der Keller übt auf die Bewohner einen mehr oder minder s{ädliben Einfluß aus. Nach der Zählung von 1875 sind von den 21 639 Wohnungen mit 95 908 Bewohzern nur 309 mit 1375 Bewohnern als nit weniger als zwei Fuß unter der Straßenfläcbe bezeihnet worden, während 2903 Wohnungen mit 12 880 Bewobnern 2 bis 3 Fuß, 6765 mit 30 095 Bewohnern 3 bis 4 Fuß, 6377 mit 28 148 Bewohnern 4 bis 5 Fuß und 5285 mit 23 410 Bewohnern über 5 Fuß tief unter der Straßenfläche liegen. s

Bei den Wohnungen mit Gas-, Wasserleitung und Waterkloset, welche Kapitel 7 und 8 behandeln, überflüzeln die woblhabendften Stadttheile (der Königsplaß und die untere Fried- rich8-Vorstadt) alle anderen bei Weitem; besonders in Betreff der Klosfeteinrihtung rangiren die Stadttheile in den versHiedenen Stock- werkslagen ziemlich genau nah der Wohlhabenheitsfolge. Kapitel 9 enthält das Verhältniß der Wohnungen der Eigenthümer und der Aftermiether. Der Vorzug der Eigenthüm rwohnungen doku- mentirt sich hier in allen Rubriken. Erftlich sind die Wohnungen der Eigenthümer vier bis fünf Mal größer als die der Aftermice ther, und dann ift die Lage der den Ersteren gehörigen Zimmer viel günstiger als die der Letzteren, au sind die Eigeuthümerwohnungen mit Ga38- und Wasserleitungen viel reichlicher versehen.

Das Verhältniß der leerstehenden Wohnungen, welches Kapitel 11 behandelt, hat fich seit der vorigen Zählung (1871) erbeblich zu Gunsten der Wohnungsuchenden gebessert, und zeigt, daß der Woh- nungsmangel großentheils überwunden ist. Von 1000 Wohnungen standen leer im Königsplaßbezirk 76, in Moabit 84 und im Wedding 127,

Kapitel 12—16 incl. klassifiziren die Wohnungen nach dec Zahk der heizbaren Zimmer und ihrer Bewohner. Diese Zahlen \cchildera am besten das Misere der Berliner Wohnungsverbältnisse. Von den 940571 Bewohnern Berlins wobhnien fm Jahre1875 ohne heizbare Zimmer 9855 (10 pro Mille), mit 1 heizbaren Zimmer 425 624 (453 pro Mille), mit 2 heizbaren Zimmern 249 849 (266 pro Mille), mit 3 heizbaren Zimmern 107 326 (114 pro Mille), rit 4 heizbaren Zimmern 53 051 (56 pro Mille), mit 5—7 heizbaren Zimmer 68 572 (73 pro Mille), mit 8 und mehr heizbaren Zimmern 26 304 (28 pro Mille), Der Wedding nimmt wieder die unterste Stufe ein, wo 7877 oder T aller Wohnungen nur ein heizbares Zimmer enthalten. Was nun die Dichtigkeit der Bevölkerung der Berliner Wohnungen anlangt, so ist zu konstatiren, daß über ein Drittel derselben übervölkert ist und daß drei Fünftel aller Bewohner sid in „folwen Wohnungen befinden. Ja den Staditheilen mit ungünstigsten Verhältnissen erhöht fich der Antheil der übervölkerten Wohnungen bis auf drei Viertel der Bewohner (im Weddina) bezw. auf fünf Siebeutel (jenseitige Luisenstadt). Nach

der Zählung von 1875 bewohnten 42 230 Personen eine Wohnung, die aus nur cinem heizbarcn Zimmer besteht: 670 haben dies eine heizbare Zimmer für fih allein, 4628 wohnen zu Zweien zusammen, 7746 zu 3, 8588 zu 4, 7815 zu 5, 5952 zu 6, 3437 zu 7, 2104 zu 8, 783 zu 9, 380 zu 10, 77 zu 11; 24 zu 12, 26 zu 13 Personen in einem h-cizbaren Zimmer.

. Mit dem Hausstandsverhältnisse beschäftigen {ic die Kapitel 17— 24. Die Zählung von 1875 hat ergeben, daß die größte Zahl der Hausbaltungen von Eheleuten allein, welche nur mit ihren Kindern wohnen (49 047), gebildet wird; dann folgen die Ehepaare mit Kindern und Schlafleuten (20 968), während die Ehepaare mit Kindern, Verwandten und Gewerbegehülfen (2342) den geringsten Prozentsaß der Bevölkerung bilden. Hierbei kommt hauptsäbli in Betracht, mit welchen Hausge1ofsen die 327 981 Kinder in den be- treffenden Haushaltungen zusammenleben. Die Bedeutung dieser

rage ltegt in dem Einfluß, welchen dieses Zusammen- eben auf das hecanwachsende Geslecht vothw2:ndig ausübt. Hier ift in erster Linie die Art des Familienhauptes selbft von Be- deutung, .ob die Kinder mit den Eltern, dem Vater oder der Mutter leben; dann bildet, dem eigentlichen Familienkreise gegenüber, die bloße Wohngemeinschaft ein wichtiges Element und namentli ift die große Anzahl der heimatlosen Klasse der Swhlafleute nihts we- niger als eine wünshenswerthe Geno}jen\schaft für die Kinder des Hauses. Bei der Zählung vom Jahre 1875 ergab si, daß in der jenseitigen Luisenstadt über drei Zehntel der Familien mit Kindern Sclafleute hatten, däann folgt Moabit, das Stralauer Viertel und die Oranienburger Vorstadt mit mehr als einem Viertel der Haushaltungen, sons stehen nochþ Alt - Köln und das Spandauerviertel über dem hohen Durschnitt der ganzen Stadt von 226 pro Mille; mit cinem Worte: die Swlafleute sind in Berlin diejenige Hauéstandsklasse, mit degen die Kinder verbält- nißmäßiz am häufigsten, wenn auch nicht zusammen leben, do zusammen nächtigen; welch traurigen Einfluß dies Zusammenleben auf den sfittliben Zustand der Kinder autüben muß, bedarf keiner Worte. Die Zahl der Sclafleute in Berlin betrug bei der Zählung von 1875 78 698 60 574 sogenannte Slafburschen und 18 124 S(lafmädhen —; ein großer Theil der Bevölkerung, der eines der ersten Vorzüge des zivilisirten Menschenlebens, eines eigenen Heerdes entbehrt. Selbst in den geringsten Verhältnissen lebend, werden sie des Gewinnes wegen mitten in den Kreis dec Familie und Haushaltung geführt, in welchen sie oft genug \hwer wiegende Schäden verpflanzen. Der Verfasser glaubt, daß die gründliche Abhülfe dieser traurigen Zustände in Berlin nur dann zu erreichen sein würde, wenn die ganze Richtung der Berliner Wohn=- verhältnisse sich umkehrte, und auch in Berlin an Stelle des Gehäust- wohnens allmählich wieder das Einzelwohnen der Familie träte, welches sih in vielen deutschen Städten besser erhalten hat, und welches na- mentlich in England ebensowohl auf das materielle Gedeih-n, wie namentlich auf die Erhaltung der Gesundheit und Sittlichkeit der Bevölkerung vortheilhaft einwirkt.

Nachdem das Königliche statistishe Bureau die Zufammenstel- [lung der vorläufigen Ergebnisse der gemeinde- und gutsbezirksweise vorgenommenen Ermittelungen der landsbirthfchaftli Bodenbenußung im Jahre 1878 oder des Anbauverhältnißses der Feld- und Garten|rüchte auf dem gesammten Acker- und Garten- lande des preußischen Staates beendigt hat, ist die „Stat. Corr.“ in a0 über diese erstmalige Erhebung folgende Mittheilungen zu machen.

Das gesammte Acker- und Gartenland beträgt 17 415 098 ha, mithin von dem Gesammtareal des Staates von 34 823 421 ha nur

höchsten Antheil der Wohnungen ohne Kitche aufweisen, während

die Friedrihé-Vorstadt und der Königsplaß auf dem Minimuw

wenig über die Hälfte, genau 59,01%. Von diesem Aker» und Garten- lande waren 1878 bestellt