1879 / 25 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 29 Jan 1879 18:00:01 GMT) scan diff

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„Das Darlehn wird getilgt durch Zablung einer von dem Darlehns\sucher auf bestimmte Zeit zu übernehmenden, mindestens jährlich zablbaren Rente (Landeékulturrente). Die Rente ist da- nah zu bestimmen, daß sie neben der fortdauernden Verzinsung der ganzen Darlehnssumme zur Tilgung des Darlehns jährlich min- destens 49/9 zu gewähren hat. Durch das Statut kann bestimmt werden, daß die im ersten Jahre zu zahlende Rente den zur Ver- zinsung erforderliben Betrag nicht übersteigt. Die nach der fortschreitenden Tilgung des Darlehns für dessen Verzinsung ent- ays werdenden Theile der Rente dienen zur Tilgung des Dar-

ehns.“

Nachdem der Regierungskommissar Landrath von Overweg die Zustimmung der Regierung zu diesem Antrage aus- gesprochen, fand derselbe die Genehmigung des Hauses. Beim 8. 21 war in zweiter Lesung ein Zusaß angenommen, wonach unter gewissen Umständen die öffentlihe Aufforderung der Realberechtigten unterbleiben könne. Der Negierungskommissar Geheime Dber-Justiz-Rath Kurlbaum 11. wies darauf hin, daß dieser Zusaß nothwendig noch andere Aenderungen des Entwurfs nöthig machen würde, und daß sich deshalb in dem gegen- wärtigen Stadium der Berathung wohl die Streichung desselben empfehle. Die Streichung dieses Zusaßes wurde darauf beschlossen.

8. 24 lautet:

„Durch das Statut kann bestimmt werden, daß diz SS. 18 bis bis 22 niht Anwendung finden, wenn das zu gewährende Darlehn den zwcifachen Betrag des Grundsteuerreinertrages des Grundstücks nicht übersteigt und auf zebietem eine andere Landeskulturrente mit cinem nach §. 23 gewährten Vorzugsrecht nicht haftet.“

Der Abg. Graf York beantragte die Streichung dieses Paragraphen, cer könne hier die Exekutive, welche in diesem Paragraphen liege, niht für berechtigt halten. Derselbe schädige die zuleßt eingetragenen Hypothekengläubiger durch das Vorzugsreht der Landeskultur-Rentenbanken erheblih ; würde ein solches Vorzugsreht gewährt, so würden die an- deren Gläubiger jedenfalls ihre Hypotheken kündigen und pw dem betreffenden Gutsbesißer eine \{limme Lage erciten.

_Der Abg. Dr. Lasker führte aus, daß er die Bedenken, welche gegen diesen (von der Kommission befürworteten) 8. 24 im Hause mehrfah geäußert wären, nur theilen könne. Die anscheinende Wohlthat dieses Paragraphen berge thatsächlich eine große Gefahr; er bitte deshalb, denselben zu streichen. Der Paragraph entziehe anderen Hypotheken dur das Vor- zugsrecht der Rentenbanken ihre wohlerworbenen Rechte, und der solide Grundbesiß werde die Kosten tragen müssen, wenn einmal einem unsoliden Gutsbesißer geholfen worden wäre. n dem Falle, daß ein Komplex von Gütern, wie dies mehr- fah vorkomme, gemeinsam in das Grundbuch eingetragen sei, die aber getrennt von einander verwaltet würden, sei der Be- siver berechtigt, eine Nente vom zweifachen Werthe des Grund- steuerreinertrages des ganzen Kompleres eintragen zu lassen, Tie auh nur ein Theil des Komplexes drainirt werden ollte.

Die Abgg. Schröder (Lippstadt) und Dirichlet traten für Beibehaltung dieses Paragraphen cin. Auch der Abg. Dr. Scellwitz erkannte in der Beibehaltung dieses Paragraphen, dem übrigens unrihtig eine große Bedeutung beigelegt würde, keineswegs cine Gefahr.

Dagegen hielten die Abgg. Graf York und Freiherr von /

Schorlemer-Alst den qu. Paragraphen für durchaus unzu- lässig. Lebterer führte aus, die vom Abg. Dr. Lasker hervor- gehobenen Bedenken seien nicht bloße Schreckbilder, sondern in Wirklichkeit etwas Abschreckendes. Nicht nur die Land- schaften würden in solchen Fällen ihre Kapitalien kündigen, sondern auch die übrigen Gläubiger. Der Grundbesitzer kónne ein Geseß mit solchen Bestimmungen nicht brauchen. Es wäre das ein Danaergeschenk, sür das si der Landwirth bedanken müsse.

Der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegen- heiten Dr. Friedenthal hob hervor, die Regierung lege wenig Werth auf diesen Paragraphen, da sie icn in der zweiten Lesung nach der Kommissionsfassung für unannehmbar und nur nah dem Antrage des Abg. Dr. Schellwiß für diskutabel erklärt hätte. Uebrigens sei der Paragraph unbedenklich, da derselbe nur fakultative Bestimmungen enthalte und daher der Staatsregierung zur Genehmigung resp. Versagung freie Hand lasse. Hierauf wurde §. 24 gestrichen.

Demnächst wurden ohne erhebliche Debatte die übrigen Paragraphen genehmigt, und scließlih das ganze Gesetz in der in zweiter Lesung beschlossenen Fassung mit den heutigen Aenderungen mit erheblicher Mehrheit angenommen , worauf sih das Haus um 2 Uhr vertagte.

Jn der heutigen (40.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Falk, der Handels-Minister Maybach und mehrere Regierungskommissarien beiwohnten, geneh- migte, nachdem vor Eintritt in die Tagesordnung der Abg. von Ludwig das Wort zu einer Bemerkung, welche einen karnevalistishen Scherz in der Lese- und Erholungsgesell- schaft zu Bonn betraf, erhalten hatte, das Haus in dritter Berathung ohne Debatte unverändert den Entwurf eines Ausführungsgesezes zum deutschen Gerichtskostengeseße und zu den deutschen Gebührenordnungen für Gerichtsvollzieher und für Zeugen und Sachverständige.

Es folgte die Berathung des Antrages des Abgg. Freund u. Gen., betr. die Regulirung der Oder, welcher lautet :

eDas Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

die Königliche Staatsregierung aufzufordern, in der nächsten Session des Landtages in Anschluß an die Denkschrift vom 15. No- vember 1867, [etreffend die Regulirung der Oder, eine Denkschrift

vorzulegen, in welcher dargelegt wird, welche Mittel im Laufe der

leßten Jahre für die Fortführung der Oderregulirung aufgewandt, welche Erfolge dadurch erreicht sind, und in welcher Weise nah dem Plane der Staatsregierung vorgegangen werden foll, um in möglichst kurzer Zeit das Werk zu Ende zu führen.“

Der Antragsteller legte zunächst dar, daß die Staats- regierung rechtlich zur Ausführung dieses Projektes verpflichtet sei, sodann, daß sowohl das Haus wie die Staats- regierung demselben gegenüber stets die wohlwollendste Haltung eingenommen habe. Troßdem komme die Angelegen- heit nicht vorwärts, und sein Antrag habe hauptsählich den Zweck, die Hindernisse der Fortführung und das bisher Geschehene fklarzulegen. Der Regicrungskommissar erklärte, dem Antrage keinen Widerstand entgegensezen zu wollen. Die Denkschrift werde die Momente ergeben, welche bisher hindernd auf diese Angelegenheit eingewirkt hätten. Die Beschleunigung derselben habe immer * gewisse Grenzen, nämlich die Möglichkeit der Beschaffung des nöthigen Mate- rials und weil die Regulirung der unteren Strecke jedes- mal abhängig sei von den Erfolgen der Regulirung der oberen

Strecke. Die Regierung werde stets dem Projekte das nöthige Interesse zuwenden. Der Abg. Schmidt (Stettin) trat für den Antrag Freund mit dem Hinweis ein, daß es sih hier niht um ein provinzielles, sondern um ein eigentliches Staatsinteresse handle. Der Abg. Dr. Hammacher sprach den Wunsch aus, daß die Mittheilungen über den Fortgang der Oderregulirung sich über alle Korrektionsarbeiten an vaterländishen Strömen verbreiten möchten. Der Staats- Minister Maybach sagte eine solche Mittheilung für die nächste Session zu. Nachdem noch der Abg. Dr. Meyer (Breslau) sih für die Beschleunigung des Projekts ausgesprochen hatte, wurde bei Schluß des Blattes der Antrag Freund ange- nommen.

Die in der heutigen Börs:n - Beilage abgedrudckte tabellarishe Uebersiht der Wochenausweise deutscher Zettelbanken vom 23. d. M. schließt mit folgenden summarischen Daten ab: Es betrug der gesammte Kassenbestand 632 605 000 6 oder 1 274 000 mehr als in der Vorwoche; der Wechselbestand zeigt mit 570 438 000 M eine Abnahme um 10246000 6 und die Lombardforde- rungen mit 81 764 000 6 zeigen eine folhe um 2 028 000 H; ferner betrug der Notenumlauf 772112 000 M oder 30 726 000 6 weniger als in der Vorwoche, während die sonstigen täglih fälligen Verbindlichkeiten mit 216 628 000 M eine Zunahme um 19167 000 /6 und die an cine Kündigungs- frist gebundenen Verbindlichkeiten mit 49 622 000 A eine solche um 56 000 M exkennen lassen.

Der hiesige hanseatishe Minister-Resident Dr. Krüger hat zur Wiederherstellung seiner Gesundheit einen längeren Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit wird der Herzogli braunschweigische Minister-Resident, Wirklihe Gc- heime Rath von Liebe, die Geschäfte der hanseatishen Ge- sandtschaft hierselbst mit wahrnehmen.

Der General-Feldmarschall Herwarth von Bitte n- feld hat sich nah Bonn, und der General der Infanterie von Kirhbach, kommandirender General des V. Armee- Corps, nah Pojen zurückbegeben.

Der General-Lieutenant Freiherr von Will is En, Aga der 28. Division, ist nach Karlsruhe zurück- getechrt.

Die seit dem 1. Oktober v. J. zur Theilnahme an dem Kursus der Artillerie\schießs{chule kommandirten Artillerie- Offiziere haben si, nachdem der Kursus beendigt ist, in ihre resp. Garnisonen zurückbegeben.

Bayern. München, 28. Januar. (W. T. D) Dex Aus\chuß der Kammer der Reichsräthe hat die gegen die Münchener .¿Simultanschulen gerichtete Beschwerde mit 7 gegen 2 Stimmen für unbegründet erklärt.

Sachsen - Coburg- Gotha. Gotha, 27. Januar. (Leipz. Ztg.) Jn der heutigen Nachmittagssißung ist dem gemeinschaftlihen Landtage folgender Erlaß zuge- gangen :

„Mittels Erklärungëschreibens vom 24. d. M. hat der gemeinfchaftlihe Landtag der Herzogthümer Coburg und Gotha das Ersuchen an Uns gerichtet, nochmals zu versuchen, die \0o- fortige Errichtung einer Handelskammer für das Herzog- thum Coburg mit dem Sitze in der Stadk Coburg herbei- zuführen. Wir sind gènetßt, diesem Wunsche zu entsprechen, müssen jedo, da Wir keinen Anstand nehmen können, den in der Beilage enthaltencn Ausführungen Unseres Staats- Ministers beizupflichten, erwarten, daß Uns zuvor darüber, wie sih der gemeinschaftlihe Landtag zu der gegen Unseren Staats-Minister erhobenen Beschuldigung stellt, durch einen Beschluß desselben Gewißheit gegeben werde.“

Die erwähnte Beilage is ein Exposé des Staats- Ministers von Seebach, in welchem Leßterer erflärt, daß er sih gegenüber der vom Abg. Forkel ausgesprochenen Behaup- tung, als wenn er, der Minister, eine ertheilte Zusage nicht gehalten habe, nicht beruhigen könne, vielmehr dieselbe als einen gegen ihn persönlich erhobenen Vorwurf der Wortbrüchig- keit ansehen müsse. Er, der Minister, könne deshalb die Geschäfte nicht weiter führen, sondern sehe ih genöthigt abzuwarten, ob ihm vom Landtage eine genugthuende Erklärung gegeben werden würde. Erfolge eine solche Erklärung nicht, dann wäre es ihm unmöglih, im Amte zu verbleiben. Der Landtag hat angesichts der Wichtigkeit der Frage die Nehtskommission ver- stärkt, welhe nunmehr den Herzoglichen Erlaß in Vorbera- thung nehmen soll. Die erwähnten vorwurfsvollen Behaup- tungen bestehen darin, daß der oben genannte Abgeordnete geäußert hatte, in der Kommission sei vom Staats-Ministerium die Zusicherung ertheilt worden, daß bei der neuen Justiz- organisation das Herzogthum Coburg eine Handelskammer mit dem Sigze in der Stadt Coburg erhalten werde.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 2. Januar. (W. T. B.) Der Ausschuß zur Vorberathung der Frage, betreffend die Einverleibung von Spizza, nahm den Antrag an, die Be- rathung bis zu der Genehmigung des Berliner Vertrages durh die beiden Häuser des Parlamentes zu verschieben. Ferner wurdé ein Antrag des Abg. Herbst angenommen, da- hin gehend, die Regierung aufzufordern, daß sie die in dem ungarischen Parlamente eingebrahte Vorlage betrcffs Spizzas dem Ausschusse bekannt gebe. : y

Die Gerüchte über eine angeblih beabsichtigte Re- organisation des Generalstabes und über Personal- veränderungen in der Leitung des Generalstabes werden von der „Polit. Korresp.“ auf Grund authentisher Jnformationen für vollkommen unbegründet erklärt. Ein Telegramm derselben Korrespondenz aus Konstantinopel vom 27. d. M. signalisirt bedeutende Schwierigkeiten in der griechischen Grenzregulirungsfrage.

Pest, 28. Januar. (W. T. B.) Das Ab geordneten- haus hat die handelspolitishen Vereinbarungen mit Frank- rei einstimmig genehmigt.

Schweiz. Bern, 27. Januar. (Bund) In der heu- tigen Sißung des Bundesraths wurde mitgetheilt, daß einer Kantonsregierung auf deren Anfrage über den Stand der Verhandlungen, betreffend einen „neuen Handels- vertrag mit Falten, Folgendes erwidert worden ist : Der Bundesrath erwarte von seinen Delegirten demnächst abs{hließ- lichen Bericht über den Sachverhalt. Sofort nah Eingang werde er von demselben den sämmtlichen Kantonsregierungen Kenntniß geben. Er theile indessen jeßt hon mit, daß der- malen die Vereinbarung eines neuen Vertrages mit Kon-

ventioaaltarif keine Aussicht habe, weil Ftalien einen solchen von Bedingungen abhängig mache, welche für die Schweiz un- annehmbar seien. Es handle sich dermalen nur noch um einen „Meistbegünstigungsvertrag“ als modus rvivendi bis Ende des Jahres.

Großbritannien und Jrland. London, 29. Januar. Der „Standard“ meldet aus Khost, vom 27. d. M.: Vali Mahomed, der Halbbruder Schir Ali's, sei auf dem Wege nach Hazarpir, um sich dem General Roberts zu unter- werfen. Vali Mahomed, welcher den Befehl erhalten habe, nah Kabul zu kommen, sei zu diesem Schritte dur die Be- fürhtung bewogen worden, daß er wegen seiner Niederlage im Peiwarpasse am Leben gestraft werden könne.

Kalkutta, 28. Januar. (W. T. B.) Die Ghilzais seßen dieFcindseligkeitengegenJakubKhan fort, dessen Autorität außerhalb Kabuls aufgehört hat. Schir Ali soll sih in Mazaricheriff befinden.

Frankreich. Paris, 27. Januar. (Fr. C.) Das „æFournal officiel“ veröffentliht Dekrete des Präsidenten, dur welche sieben General - Zahlmeister (hohe Finanzbeamte, welhe den Verkehr zwischen den niederen Finanz- und Steuereinnehmern einer- und dem Staatsschaße andererseits vermitteln und deren Funktionen meist mit einem sehr beträchtlichen Einkommen verbunden sind) in Nuhestand verseßt oder zur Disposition gestellt und dur Männer erseßt werden, die vermöge ihrer Vergangenheit der republikanischen Sache sichere Garantien bieten. Eine achte Stelle dieser Art gelangte infolge des freiwilligen Nüccktritts ihres Jnhabers ebenfalls zur Vergebung. Es handelt sih im Ganzen um die General-Einnehmerstellen von Bordeaux, Toulouse, Chalons, Saint-Brieuc, Montpellier, Tulle, Mezières und Saint-Lo.

Hr. Laferrière, früherer Mitarbeiter des „Nappel““ und zuleßt Requetenmeister im Staatsrathe, ist zum General- Direktor der Kultusabtheilung im Unterrichts- Ministerium ernannt worden.

Der Minister des Jnnern, de Marcère, hat dem Antrage des Polizei-Präfekten stattgegeben und die vorge- shlagene Enquete über die in dem Prozesse der „Lanterne“ zur Sprache gekommenen Thatsachen angeordnet. Der in dem- selben Prozesse genannte höhere Polizeibeamte, General-Sekretär de Bullemont ist, dem „Journal officiel“ zufolge, entlassen

worden.

28. Januar. (W. T. B.) Der „Soir“ schreibt, der Marschall-Präsident habe in dem heute früh abgehaltenen Ministerrath ein Dekret, welches Modi- fikationen beim Richterjtande betreffe, unterzeichnet, dann aber, als die Frage der Besetzung der großen Militär- kommandos aufgeworfen worden sei, erklärt: er könne der- artige Entschließungen nicht acceptiren, er lehne es ab, die Armee zu desorganisiren und müsse eine folche Verantwor- tung Anderen überlassen. Nach dicsen Worten habe der Marschall-Präsident den Saal, worin der Ministerrath statt- gefunden, verlassen.

Jm Laufe des Abends fanden zwischen den Ministern und den Präsidenten und einflußreihen Mitgliedern von der Majorität beider Kammern Besprechungen über die Wei- gerung des Marschall-Präsidenten statt, das Dekret “über die großen Mil itärkommandos zu unterzeichnen. Die Dele- girten der Majorität erklärten, daß die Majorität den Marschall- Präsidenten zwar nicht stürzen wolle, daß sie aber seine De- mission annehmen würde; zugleih forderten dieselben die Minister auf, nochmals darauf zu bestehen, daß die Unter- zeichnung des gedachten Dekrets durch den Marschall erfolge. Die Minister werden, wenn der Marsctall-Präsident abermals die Unterzeihnung des Dekrets verweigert, den Kammern über die Lage der Dinge Bericht erstatten und ihre Entlaj- sung geben. Der Bericht der Enquetekommission schließt mit dem Antrage, das Ministerium vom 16. Mai 1877 in Anklagestand zu versetzen.

Versailles, 28. Januar. (W. T. B.) Jm Senat und in der Deputirtenkammer wurde heute cin Antrag auf Erlaß einer allgemeinen Amnestie eingebracht, im Senat dur Victor Hugo und in der Deputirtenkammer dur Louis Blanc. Der Unter-Staatssekretär des Innern, Lepère, legte in beiden Häusern cinen Geseßz- entwurf, betressend das Verhältniß der in contumaciam Verurtheilten, nieder. Der Senat wie die Deputirten- kammer votirten die Dringlichkeit für die Berathung der Amnestie-Anträge und des Geseßentwurfs der Regierung. Die Bureaus der Linken des Senats beschlossen, die Kan- didatur Montalivets, des ehemaligen Ministers unter

Louis Philipp, als lebenslänglichen Senators an Stelle .

Morins anzunehmen. Der Minister-Conseil trat heute Nachmittag in Versailles unter dem Vorsiße des Minisier- Präsidenten Dufaure zu einer Berathung über die gegenwärtige Lage zusammen.

Türkei. Konstantinopel, 28. Januar. (W. T. B.) Der Prozeß Suleiman soll einem neuen Kriegsgericht zur Revision übergeben werden. Von dem Kommissar der Pforte bei der montenegrinischen Grenzregulirungs- tfommission, Kiamil Pascha, welcher shwer erkrankt war, ist ein Telegramm eingegangen, in welchem derselbe anzeigt, daß in seinem Gesundheitszustande eine Besserung eingetreten sei und er hoffe, demnächst wieder an den Arbeiten der Kom- mission Theil nehmen zu können.

Numánien. Bukarest, 28. Januar. (W. T. B.) Ju der heutigen Sizung des Senats erklärte der Justiz- Minister auf eine Anfrage Boerescu's, daß die Regierung, sobald sie sich mit den Kammern ins Einvernehmen geseßt haben würde, die Jnitiative wegen der Revision der Ver- fassung ergreifen werde. Die Deputirtenkammer nahm den Artikel 1 des Budgets des Ministeriums des Auswär- tigen an und kann “‘hierdurch die Ernennung bevollmächtigter Minister und diplomatischer Agenten in Berlin, Brüssel, Bern, Belgrad, Konstantinopel, London, Paris, Rom, Wien und St. Petersburg als genehmigt angesehen werden.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Dortmund, 28. Januar. (W. T. B.) Das hiesige Kriminalgericht hat Tölcke wegen Beleidigung von Reichstagsmitgliedern zu neunmonatlihem Gefängniß ver- urtheilt. Der Staatsanwalt hatte ein Jahr beantragt.

München, Mittwoch, 29. Januar, Nachmittags. Der Landtag berieth heute den Antrag Kraemer und Genossen: Der König wolle die Bundesrathsbevollmächtigten Bayerns an- weisen, dem Geseßentwurf, betr. die Strafgewalt des Neichstages,

ihre Zustimmung zu versagen. Nach Begründung des Antrags durch den Abg. Kraemer erklärte der Minister-Präsident von Pfrebschner, da der heutige Antrag ähnli sei, wie ein früherer in Betreff der Stellung der bayerischen Regierung zur Diätenfrage, so könne die Regierung den- selben Standpunkt einnehmen wie damals. Die Re- ierung habe die Angelegenheit, der gewissenhastesten Prü- ung unterzogen, hege aber andererseits die Anschauung, daß sie nicht gut thun würde, eine auf das Jnnere der Sache eingehende Ansicht auszusprechen, bevor die Bundes- rathsverhandlungen stattgefunden hätten. Diese Haltung scheine in dem vorliegenden Falle um fo mehr geboten, als die Angelegenheit Verhältnisse des Reichstags berühre. Troß des großen Jnteresses der Regicrung an den Berathungen müsse dieselbe doh Bedenken tragen, heute bindende Erklä- rungen abzugeben. Der Antrag wurde hierauf in nament- licher Abstimmung mit 130 Stimmen gegen die Stimme des Abg. Schmidt, welcher die Frage durch den Reichstag erledigt wissen will, angenommen.

München, Mittwoch 29. Januar. Die hiesigen Gerichte Haben sih dahin ausgesprochen, daß der Artikel 17 des Han- delsvertrags mit Desterreih vor der Zustimmung des Neichs- tags wirkungsvoll sei. Jn Folge dessen wurden gestern hier ein Waggon der Elisabeth-Bahn und in Regensburg zwei dort ankernde Dampfschiffe der Desterreichishen Donau-Dampf- schiffahrts-Gesellshast mit Beschlag belegt.

Bern, Mittwoch 29. Fanuar. Nach hier eingegangenen Nachrichten ist in Nom zwischen der Schweiz und Ftalien ein Meistbegünstigungsvertrag ohne Zollkartell bis Ende 1879 ab- geschlossen worden. :

Rom, 28. Januar, Abends. Der Kardinal Antonucci ist gestorben. Der Senat hat den österreichishen Handels- vertrag nah unerheblicher Debatte mit 75 gegen 4 Stimmen genehmigt.

Statistische Nachrichten.

Von den durch den © eheimen Regierungs-Rath Herrfurt bearbeiteten Beiträgen zur Finanzstatistik der Gemeinde u in Preußen ist der zweite Abschnitt (ein _VI. CGrgänzungsheft zur Zeitschrift des Königlich preußischen statistishen Bureaus, auch als Separatabdruck) ershienen. Derselbe behandelt die besonderen Abgaben für Benußung von Gemeindeanstalten, Ge- meindeeinrihtungen und -Unternehmungen, sowie die besonderen Beiträge, die Gebühren und Sporteln in den preußishen Gemeinden mit mehr als 10000 Ein- wohnern. Bei der Berathung des dem Abgeordnetenhause auf Grund der Allerhöchsten Ordre vom 14, Novem- ber 1877 vorgelegten Gesetzentwurfs, betreffend die Auf- bringung der Gemeindeabgaben, hat die Kommission des Hauses auch auf die Gebühren für die Benußurg von Gemeindeeinrichtungen und oUnternehmungen Seitens Einzelner als Einnahmequellen für die Gemeinden hingewiesen, doch wurde von der Aufnahme-spezieller Be- stimmung über diesen Gegenstand in den Eatwurf eines Kommunal- steuergeseßes Abstand O, weil die betreffenden faftischen Zu- stände nicht genügend bekannt seien. Hierdurch habe si der Minister des Innern und der Finanzen veranlaßt gesehen, über diese Verhält-

¿ nisse eine besondere Erhebung für das Rechnungsjahr 1877—78 in den

preußischen 170 Gemeinden von mehr als 10000 Einwohnern an- stellen zu lassen. Das Ergebniß; ift in der vorliegenden Arbeit systematisc zusammengestellt. Dergleihen „Gefälle“ werden in sämmtlichen 170 Gemeinden mit alleiniger Auenahme von Longerich, erhoben, aber in sehr verschiedenen Beträgen, s{wankend zwischen 215 4. in Harden- berg und 15 876 011 M in Berlin. Die Summe dicser Gefälle beträgt in Cöln über 3 Mill. Mack, in Breslau über 23, in Frankfurt a.M., Magde-

| burg, Barmen, Stettin und Düsseldorf je über 1 Mill. Mark, in 11

Gemeinden zwischen 500000 bis 1 Mil. Maik, in 16 Gemeinden weniger als 1000 M und in 4 Gemeinden weniger als 1000 M Der Grund dieser Verschiedenheit liegt keineswegs in der Größe der Gemeinden, denn es ergeben sih aus den Gefällen pro Kopf nur 16,41 4, dagegen für Magdeburg 21,10 M, Düsseldorf 23,23 4, 15 Gemeinden mit weniger als 10000 A nicht 1 4; die Verschiedenheit eutspringt vielmehr aus dem verschiedenen Umfang der betreffenden Einrichtungen. Im Ganzen belaufen ih die Gefälle für die in Rede stehenden 170 Gemeinden auf 52 260 000 4 oder 9,74 A. pro Kopf, wovon indessen 6 658 884 M für Nebeneinnahmen

N aus städtishen Gaëanstalten in Abzug zu bringen sein dürften, wo-

nach rund 48,600,000 M. oder 9 M. pro Kopf verbleiben. A. Von den einzelnen hierher gehörigen Gemeinde-Einrichtungen

| Tamen zunächst

1) die Gasan stalten in Betracht, welche in 83 Gemeinden von mehr als 10000 Einwohnern vorhanden sind. In den übrigen Gem-cinden bestehen die Gaztanftalten niht als Gemeindeeinrichtungen. In Emden ist die städtishe Gasanstalt verpachtet, alle anderen Ge- meinden verwalten ihre Gaéanstalten in Regie durch Gemeinde-

beamte. Was den Preis des Gases für Privatkonsumenten an-.

belangt, so ist derselbe am hötsten in Weißenfels mit 70 # pro

cbm, jedoch für aus Paraffinöl bereitetes Gas, welches angeblich eine vierfach stärkere Leuchtkraft als Steinkohlengas besitzen soll. In den 82 Gemeinden, welche St-inkohlengas herstellen, erreicht der Preis in maxmo 30 M pro 100 cbm in Fulda, der Minimalpreis 16 6 pro 100 cbm in Berlin,

Æ Cöln und Bochum. Der Dur@|chnittspreis von 20 M wird in 36

Gemeinden bezahlt, während 25 einen höheren, 21 cinen niedrigeren Sab erheben. Diese Verschiedenartigkeit wid noch größer, wenn man den Rabatt berücksitigt, der Eisenbahngesellscaften u. s. w. bewilligt wird. Da die Ausgaben niht nach _gleihmäßigen Grund- säßen gebucht werden, so läßt fich eine zuverläsjige Vergleichung der Nettoerträge der Gas8anstalten nit aufstellen. Im Ganzen haben 82 Gemeinde-Gasanstalten im Betriebsjahre 1877—78 27 977 279 M. Einnahmen (oder 54/9 der besonderen Abgaben 2c.) ergeben und 22 673 225 M Ausgaben verursacht, so daß ein Üeber]chuß von 5 304 054 A6, verblieb.

2) Für Gemeinde-Wasserversorgungsanstalten, deren Venußung gegen Vergütung au Privaten gestatt:.t ist, werden in 60 Gemeinden (59 Stadt- und 1 Landgemeinde) Abgaben erhoben. Jedoch sind in neuerer Zeit (so in Hannover, Aachen, Crefeld, Liegni, Neiste, Göttingen, Iserlohn und Torgau) noch andere derartige Tom- munaale Einrichtungen autgeführt worden, die aber im Betrieb8jahre 1877—78 net feinen Ertrag ergeben haben und deshalb in die|er Zusammenstellung nicht berücksichtigt sind. Die Einnahmen aus diesen Abgaben, welche sehr verschieden find, beliefen si in jenem Betriebs- jahr in den 60 Gemeinden auf 8 305 025 4 6

3) In 28 Stadtgemeinden sind Gemeinde-Entwässerungs- Anlagen und Abfuhranfstalten vorhanden, welche von Privaten gegen Entschädigung benußt werden; im Rechnungsjahre 1877—78 ergaben dieselben 459 338 46 Einnahmen, gleichfalls nah seh: ver- sciedenartig normirten Tarifen und Erhebungsformen.

4) Marktfstandsgelder finden sich in 154 (149 Stadt-, 9 Lande) Gemeinden, die im Ganzen 809 615 A aus diesem Titel beziehen. Markthallen und besondere Meßeinrihtungen sind in 3 Gemeinden ermittelt worden, und ergeben einen Ertrag von

904 M.

9) Kommunikationsabgaben für Benußung . von Land- und Wasserstraßen, sowie Abgaben für Benutzung von Güternieder- lagen, Kaufhäusern, Ablagepläten u. dgl. werden in 69 Gemeinden im Gefammtbetrage von 1 185 559 K erhoben. 4

6) Deffentlihe Schlachthäuser und Swlachthöfe haben 17 Gemeinden eingerihtet, welche für die Benußung derselben

305 287 M beziehen. Oeffentlihe Waageanstalten besizen 81 Ge- meinden, der Ertrag beläuft sich auf 140077 A

7) Die Gemeinde-Krankenhäuser, Hospitäler und sonstigen Wohlthätigkeitsanstalten können in 86 Gemeinden, foweit es der Hauptzweck der Anstalten gestattet, gegen Bezahlung einer, im Ganzen 1 539 894 G bringenden Abgabe von Privaten, namentlih für Dienstboten, benutzt werden.

8) Die Volksschulen werden in 20 Gemeinden von befon- deren Schulsozietäten ganz, in 25 tbeilweis unterhalten. In 43 an- deren Gemeinden wird der Unterriht in der Volksschule unentgeldlich ertheit. In noch anderen Gemeinden findet zwar in den Bolkss{hulen die Erhebung von Schulgeld statt, daneben sind jedoch bescndere Freischulen eingerichtet. Das Schulgeld, wo dasselbe üblich ist, s{chwankt zwischen 3 bis 8 M jährli, bewegt si aber meist zwischen 6 und 12 Im Ganzen wurden ir. den Gemeinden 1480 307 A. an Schulgeld in Volksschulen aufgebracht, und bildet dies Schulgeld für einzelne dieser Gemeinden eine verhältnißmäßig große Einnahmequelle, die z. B. in Cöôla und Borbeck nur dur 20,5 bzw. 37,4 9/9 Zuschläge zu der Staats-Klassen- und Einkommensteuer erseßt werden förnte.

Die höheren Töchterschuleln find5 zum Theil Privats anstalten, jedech in 88 Städten und 1 Landgemeinde Gemeinde- inftitute, welche 2029 809 ( Einnahmen ergeben und 85 % der fi auf 2445351 M. belaufenden Ausgaben decken, in cinzelnen Orten sogar einen fleinen Ueberschuß liefern.

Höhere Mittelschulen finden sich in 76 (75 Stadt- und |

1 Laud-) Gemeinden als Kommunalansftalt-n; sie ergebea 1 786 822 A6 Einnahmen, verursachen aber 3 442 063 M Ausgaben und erzielen

für keine Gemeinde einen Ueberschuß.

Die höheren Unterrichtsanstalten (Gymnasien, Neal- schulen T und 11. Ordnung, höhere BVürgerschulen) sind theils Staats-, theils Gemeinde-Institute. In 66 Städten werden für di: Unter- haltung der MReal- und höheren Bürgershulen 5 268 133 aufgewendet, denen nur 2854042 A4 Einnahmen gegenüberstehen. 52 Städte, welche Gymnasien unterhalten, verwenden für dieselben jährlih 4576 274 4 und nehmen dagegen nur 2 239 617 M ein.

Gewerbeschulen sind in 24 Gemeinden, gewerbliche Zeichnen- {chulen in 6, Fortbildungs\{ulen in 67 Orten als Kommunalan- stalten eingerihtet. Außerdem finden \ih hie und da noch andere Fabscbulen (Webe-, Navigations-, Landwirthschafts-, Hufbeschlags-, Vandels-, Musik- und Taubstummenschulen, Turnanstalten). Die ges sammten Fachschulen ergeben jedo für die betreffenden 91 Gemein- den nur 545433 M Einnahmen.

9) Mit sonstigen Gemeinveanstalten (Straßenreinigung, Bate- und Schwimmanstalten, Kommunalfriedhöfen, Kleinkiader- bewahranstalten, Museen u. st. w.) kommen noch 57 Gemeinden in Betracht, welche auf diesem Wege im Rechnungsjahr 1877—78 993 702 A erhoben.

B. Als besondere Beiträge sind noch aufzuführen :

a. Die Einquartierungs-, Ausmiethungsgelder, Subleva- E u. dgl, die in 41 Gemeinden mit 1018 691 M. entrichtet worden.

b. Beiträge zum Flur- und Waldhüterlohn in 20 Ge- meinden mit 34496 4.

c. Beiträge der Adjazenlen zu den Straßen- und Weges baukosten in 29 Gemeinden mit 1541 760 A

d. Sonstige Beiträge in 1s Gemeinden mit 38967 A

Aus den besonderen Beiträgen beziehen die betreffenden Ge- meinden insgesammt 2 633 914 l

C. Von Gebühren und Sporteln beruhen o. auf allge- meinem geseßlichen Titel: :

1) Die auf Grund des Reichsgesetzes, betreffend die Beutkun- dung des Personenstandes 2c. zur Erhebung gelangenden Gebühren, welche si auf 38 972 4. belaufen. : :

2) Die Gebühren in Eichungsangelegenheiten in 100 Gemeinden mit 138 195 M.

3) Andere Gebühren in 112 Geineinden mit 241309 (6.

b In8gesammt ergeben die Gebühren 1—3 418516 46 ‘Ein- nahmen.

b. Nach Herkommen oder bef onderen geseßlichen Titeln werden in 84 Gemeinden an Cin- und Ausschreibegebühren für Polizeigefan- gene, Gebühren für Ertheilung von Bautionsensen, von Attesten u. sw. 124271 M erhoben, so daß im Ganzen 542 787 J. an Gebühren und Sporteln vereinnahmt worden sind. :

In den 170 Gemeinden von mehr als 10 000 Einwohnern stehen die besonderen Beiträge, Gebühren und Sporteln den Gemeinde- steuern nur um 15 Millionen Mark nach und betragen über 78 °/0 derselben. In den dazu gehörigen 13 Landgemeinden erreichen diese Abgaben nur 9 %/%, dagegen in den 157 Stadtgemeinden ca. 80 % der Gemeindesteuern. In den 6 größten Städten von mchr als 100 000 Einwohnern betragen die besonderen Abgaben 86 9%, in den 53 Gemeinden mit 20000 bis 100000 Einwohnern 81 ‘/9 und in den 111 Gemeinden mit 10090 bis 20000 Einwohnern 55 °%/g der

Gemeindesteuern. Summarische Uebersiht über die Zahl der

Studirenden auf der Königlichen Georg - Augusfts- Universität zu Göttingen im Winter-Semester 1878/79. Im vorigen Semester sind immatrikulirt gewesen (988 + 4 =) 992, davon sind abgegangen 290, es find demnach geblieben 702, hierzu fiad in diefem Semester gekommen 288; die Gesammtzahl der immatrikulirten Studirenden beträgt daher 990. Die evangelish- theologische Fafultät zählt: Preußen 75, Nichtpreußen 16, zusam- men 91. . Die juristische Fakultät zählt : Preußen 200, Nichtpreußen 77, zusammen 277. Die medizinische Fatultät ¿ählt: Preußen 9, Nichtpreußen 34, zusammen 129. Die philosophische Fakultät zählt: a. Preußen mit dem Zeugniß der Neife 348, b. Preußen ohne Zeugniß der Reife nah §. 36 des Reglements vom 4. Juni 1834 44, somit Preußen 392, Nichtpreußen 101, zusammen 493. Im Ganzen 990. Außer den immatrikulirten Studirenden besuhen noch einzelne Vor- lesungen 17. Es nehmen mithin an den Vorlesungen überhaupt T osl 1007.

Tit 4

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Cassel, 29. Januar. (W. T. B.) Der Geheime Rath Dr. Stilling, erjter geshäftsführender Vorstand der 51. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte, ist gestern Abend in einem Alter von 69 Jahren gestorben.

Land- und Forstwirthschaft.

Im Deutschen Landwirthschaftsrathe gelangten gestern zunächst die indirekten _ Steuern des Deutschen Reiches zur Verhandlung. Der Oekoncmie-Rath Korn (Breslau) stellte folgenden Antrag: „Der Landwirthschafts-Rath erklärt: 1) eine Ver- mehrung der Einnahmen des Reiches erscheint nur statthaft aus er- höhten Erträgen der indirckten Steuern und der Eingangszölle. 2) Zu diefem Zwecke empfiehlt si: a. eine erheblihe Erhöhung der Tabaks- besteuerung; b. eine Besteuerung des Bieres bis auf Höhe der in Bayern gültigen Säße; e. die Einführung eines Petroleumzolles und einer entsprechenden Gasfkonsumtionsfteuer; 3) Der Absluß erneuter Handelsverträge auf Grundlage eines, die vorstehenden Gesichtspunkte berücsfihtigenden, revidirten Larifs und unter Wahrung des Prinzips der meistbegünstigten Nationen, liegt im dringenden JIn- teresse der deutshen Landwirthschaft. 4.) Die Einführung von Zöllen auf FNRohprodutte und Materialien, welhe in Deutschland nicht oder nit genügend erzeugt werden, resp. vorhanden sind und hier der Industrie, der Fabrikation, der Veredelung oder der Ernährung dienen, licgt weder im allgemeinen, noch im speziellen Interesse der Landwirthschaft. 5) Unerläßlich erscheinen geseßliche Bestimmungen dahin, daß ausländisches Gut auf inländischen Bahnen nicht billiger R werden darf (Differentialtarife 2c.) als gleichartiges in- ländishes Gut." ; :

Rittergutsbesißer Günther (Saalhausen hei Oschatz) beantragte

¡ die Säße sub 2 des Kornscben Antrages in folgender Weise zu fassen :

„Zu diesem Zwecke empfiehlt sih im Allgemeinen die landwirthschaft- lite Lage aller Ecwerbszweige einer gleihmäßia und gleichartig berück- sichtigenden Revision der Zolltarife und die Einführung beziehentlih der Ausdehnung der indirekten Steuern und Gebühren für Massen- artikel. Als besonders geeignet für eine böbere Besteuerung erschei- nen: a. der Tabaf, b. das Bier bis zur Höhe der in Bayern gelten- den Säte, c. das Petroleum. Al« Massenprodufkte, für welche eine Grenzübergang8gebühr geeignet erscheint, sind zu bezeihnen Mühblen- produkte, Feldfrüchte, Vich und Erzeuguisse der Viehzucht, Holz, ge- shni!tene Nug- und Bauhölzer,“ ferner den Absatz 4 des Kornschen Antrages gänzlich zu streichen.

Hr. I. H. Nabe (Hamburg) beantragte: 1) das Reichskanzler-Amt zu ersuchen, dasselbe woile sämmtliche zivilifirte Staaten auffordecn, dief Frage des freien Waarenverkehrs unter den Völkern auf einem iater- nationalen Kongreß zu ventiliren, 2) dem Reichskanzler-Amte die Ein- führung einer außerordentlihen Verbrauchsfteuer für Tabak, Wein und Spirituosen, die - Derienige nach einem näher festzustellenden Prozentsaß von dem Werth der Waare zu entrichten haben würde, welcher diefelbe dem Konsumenten zuletzt zuführt, vorzuschlagen.

Der Abg. Pogge (Roggow) beantragte, anstatt Nr. 4 des Korn- hen Antrages zu sagen: 9) Der deutsche Landwirthschaftsrath kann in d-r Einführung beziebungswecise Erhöhung der Schutzzölle sowohl für die Landwirthschaft wie für die Industrie kein geeigne:es Mittel erkennen, dercn gegenwärtige Nothlage zu beseitigen, weil die wirk- lichen Ursachen dadurch nicht gehoben werden : vielmehr ift daraus nur eine Schädigunc aller Konsumenten und ein: Verschiebung der natürliben Prod-ktion8verhältnise zu befürchten. Der deutsche Landwirthshaftsrath beansprucht deshalb in obigen Beschlüssen auch keine Schutzzölle für die Produkte der Landwirthschaft, erwartet dagegen aber au, daß solche für die Vrodukte der Industrie nicht ver- langt werden. Nur für den Fall, daß die Vcrlage des autonomen Tarifs diese Erwartung nicht erfüllen sollte, muß der deutiche Landwirth\chxfts- rath fo lange für die Produkte der Landwirthschaft einen, der Höbe des Schutzes der Industrie entsprechenden Schutz beanspruchen, bis cs gelingt, im Wege der Handelsverträg2 jenea wieder zu beseitigen.

Von Hrn. Kirchner sind folgende Anträge eingegangen: Der deutsche Landwirthschaftscath wolle den Vorstand beauftragen, das hohe Reichskan;ler-Amt zu erfuchen, zur Besteuerung des Brannt- weins eine für das ganze Reich gemeinsame gleiche Fabrifkfatsteuer geneigtest begünstigen und vermitteln zu wollen, und der deutsche Landwirthschaftérath wolle bes.bließen, zum Zweck einer höheren Einnahme aus der Besteuecung des Zutckers, sowie zum Zwecke einer gerechteren Vertheilung dieser Steuer enpfiehlt der deutsche Landwirth- schaftsrath an Stelle der Nübensteuer eine Zukersteuer einzuführcu. Auf Antrag des Gutsbesitzers Uhlemann wurde in der heutigen Sißung beschlossen: Die sämmtlichen Anträge einer Kommission zu überweisen, bestehend aus den drei Vorsiußenden des Landwirthscafts- raths und den vier Nefercnten, zur weiteren Bearbeitung der, für die (in den nächsten Tagen vorzunehmenden) Fortsetzung der heutigen De- batte vorzush!agenden Resolutionen.

Das Sommer-Semester amKöniglichen pomologi- hen Institute zu Proskau in Sgwlesien beginnt Anfang April. Der Unterricht umfaßt während des zweijährigen Kursus aus dem theoretishen und praktishen Gebiete a. Hauptfäer: Bodentunde, Allgemeiner Pflanzenbau, Obstkultur, insbesondere Obstbaumzucht, Obitkenntniß (Pomologie), Obstbenußung. Lehre vom Baumscnitt, Weinbau, Gemüsebau, Treiberci, Handelsgewähsbau, Landschaft8- gärtnerei, Gehölzzuht und Gehöl;fkunde, Planzeichnen, Zeichnen und Malen von Früchten und Blumen, Feldmessen und Nivelliren z b, begründende Fächer: Mathematik, Physik, Chemie, Mineralogie, Botanik, Krankheiten der Pflanzen, mikroskopiihe Uebungen ; e. Neben- fäher: Buchführung, Encyklopädie der Landwirthschaft.

Anmeldungen zur Aufnahme haben unter Beibringung der Zeug- nisse schriftlih oder mündlich bei dem Herrn Direktor Stoll zu er- folgen, der auch bercit ist, ¡auf portofreie Anfrage weitere Auskunft zu ertheilen.

Getverbe und Handel.

Nach amtlicher Nachricht aus Konstantinopel ist die Aus- fuhr von Last- und Zugvieh aus dem Sandschak Karaju (Sa- lonif) bis Ende April (a. St.) d. J. verboten.

Ferner ist die Auëfuhr von Getreide aus dem Santschak Drama bis zur nächsten Ernte verboten worde,

Ter Einlösungscours für die Zilbercoupons der österreihiswen Eisenbahngesellschaften an den deutschen Zahlstellen ist bis auf Weiteres unverändert (173) geblieben.

Die Oesterreichish -Ungarische Bank veröffentlicht soeben ihre Nechnungsabshlüsse für das Jahr 1578. Darnach be- trägt das reine Jahres-Crträgniß 6 861 351 F[., wovon auf das erfte Semester 3 209 188 Fl., auf das zweite Semester 3 652 162 Fl. ent- fallen. Von dem inclusive des Gewinnvortrages von 1877 vorhan- denen Gefsammtgewinne gebühren den Aktionären: der aus dem Jahre 1877 vorgetragene unvertheilt gebliebene Gewinn mit 2545 Fl., das ganze Rein-Etrträgniß des ersten Semesters 1878 mit 3 209 188 Fl. von dem Rein-Erträgnisse des zweiten Semesters 1878 nach Art. 102 der Statuten als halbjährige 7/ige Dividende des eingezahlten Aktienkapitals 3 150 000 Fl. und als die Hôälfte des hier- nah cerübrigenden Theiles des Gewinnes 251 081 Gl Es3 ente fallen sonaÞh auf 150000 Aktien der Bank 6612816 F[. oder 44,08 Fl. für jede einzelne Aktie. Aus den im ersten Semester 1878 erzielten reinen Erträgnissen wurden im Juli 1878 bereits ver- theilt 21 Fl. für jede einzelne Aktie, daher auf 150000 Aktien 3 150 000 Fl. Im Februar 1879 rad der Generalversammlung ommen zur Vertheilung 23 Fl. für jede Aktie, daber 3450 000 Fl., zusammen 6 600000 Fl. Der Rest von 12 816 Fl., welcher von den den Aktionären aus den Jahreserträgnissen gebührenden 6 612 816 Fk. erübrigt, wird als unvertheilt agebliebener Gewinn zu Gunsten der Aktionäre auf neue Rechnung Übertragen. Das Grträgniß für das Jahr 1878 beträgt somit per Aktie 44 Fl. oder 7,333 ‘o des ein- gezahlten Kavitals gegen 47 Fl. oder 7,833 % im Jahre 1877. Die zweite Hälfte des nah Abzug einer halbjährigen 7 proz. Attien- Dividende erübrigenden Theils des Reinerträgnisses im zweiten Se- mester 1878 fällt mit 251 081 Fl. den beiden Staat8verwaltungen zu und kommen hiervon 70 °/6 der öfterreichishen Staatäverwaltung, mithin 175756 Fl. und 30% der ungarischen, mithin 75 324 Fl. zugute.

Amsterdam, 28. Januar. (W. T. B.) Bei der heute von der niederländischen Handelsgesellschaft abgehaltenen Zinnauktion wurden 19479 Blôckte Bankazinn zu 36} à 36} Gent. angeboten, der Mittelpreis betrug 36,55; außerdem wurden 3417 Blöôcke Billiton zu 35} à 36 zum Verkauf gestellt, der Mittelpreis

betrug 35,80. AntwerVen, 28. Januar. (W. L. B) Wollauktion. 1619 B. angeboten, 1483 B. verkauft. Sehr belebt, Preise sehr fest. London, 29. Januar. (W. T. B.) Die Grubenbesißer und Grubenarbeiter in Süd-Yorkshire und Nord- Derby sh ire haben si dahin geeinigt, die zwischen ihnen schwebenden Differenzen bezüglih des Lohnsatzcs einem Schiedsgerichte zu unter- breiten. : London, 27, Januar. (Allg. Corr.) Der Strike der Midlandbahn-Bediensteten ist thatsählih zu Ende. Da die einzelnen Branchen getrennt zur Nachgiebizkeit gezwungen wurden und auch neue Hände in genügender Menge sich anboten, mußten die Leute sih in die Bedingungen der Verwaltung fügen. Der Ma- \chinenbauerstrike ist niht ausgebrochen, da ein Kompromiß zu Stande kam. Die Arbeiter ließen sih auf die projektirten Abzüge ein; die Arbeitgeber verzichteken auf eine Verlängerung der Arbeitszeit. Die Baumwollspinnerei-Besitßer in Ashton under Lyne haben beschlosscn, vom 14. Februar ab die Löhne der Weber um 9% herabs zuseßen. Die Frage, bezüglich einer Reduktion der Löhne der Spinner foll am nächsten Dienstag in Erwägung gezogen werden. Melbourne, 27. Januar. (W. L. B.) Der Dampfer „Tanjore“ nimmt 282000 Pfd. Sterl. nah Cnropa mit. New-York, 27. Januar. (W. L. B) Weizonvera \chiffungen der leßten Woche von den ctlantishen Häfen ter