1879 / 29 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 03 Feb 1879 18:00:01 GMT) scan diff

tretung der Staatêregierung geführt zu sehen nit wünsche. Was die Sache selbst betrifft, so betheilige id mi an der Erörterung der vorliegenden Frage, nur um einen positiven Belag dafür zu geben, daß im Einzelnen die analoge Anwendung des Kompet-nzgesetzes auf den Wirkungskreis dieses Gesezes zu Inkompetenzen führt, selbst vom Standpunkte der früheren Kompetenz-Gesezgebung aus. Ich er- kenne mit dem Abg. Hänel an, daß die Auflösung von Genossen- chaften woblgeeianet wäre, daran Kompetenzen zu knüpfen, wie er sie geknüpft zu sehen wünsht. Ich behaupte aber eben so, daß bei dieser Gelegenheit nicht neue Kompetenzbestimmuagen getroffen werden können, wie diese es sind, daß gegen der Ober-Präsidenten, mit dem Provinzialrath zusammen, das Verwaltungsstreitverfahren Plaß greift. Jch behaupte, daß das der Natur eines jolden Beschlusses widerspriht. Weil das der Fall ift, weil sich solhe Dinge nicht beiläufig abma@en lassen, weil wir diese Angelegenheit werden seiner Zeit befriedigend ordnen können, deéhalb vermag ich dem Wunsche des Hrn. Abg. Hänel nicht zu entsprehen. Es würde für den Provinzialrath ein solches Ver- fahren außerordentlich wenig konvenient sein, es würde die Stellung des Ober-Präsidenten verletzen, kurz und%® gut, es paßt eben nicht in das System weder unserer Behörden-, noch der Verwaltungs- kompetenzorganisfation. Nun habe i zugegeben, und das erkläre ih wiederholt auf die Bemerkungen des Abg. Hänel, daß die Kom- pctenz des Ober-Präsidenten an dieser Stelle Uebelstände mit sich bringt. Ich habe bei der ersten Lesung dieses Gesetzes schon be- merkt, daß der Ober-Präsident übcrhaupt in diese Vorlage als ent- \cheidende Instanz hincingebrat worden ist, um hinzuweisen auf diejenige Richtung, in welber ich mir die Angelegenheit später ge- regelt denke. Ich habe auch wiederholt erklärt, daß i dem Ge- dankengange des Antrags voa Benda, der unter solWen Umständen die Sache beim Alten in der Ministerialinstanz beläßt, selbst den Vorzug gegenüber der Regierungsvorlage gebe. Jch komme auch hierauf nicht zurück, um den beute gefaßten Leschluz in seinen Kon- jequenzen anzugreifen, fondern ledigli, um zu erörtern, weshalb ich dem Wunsch des Abg. Hänel niht nachgeben kann, obwohl ich im fahliwen Auégang8p-onkte ihm nicht fern stehe. Nach meinem Dafürbalten existirt, so lange der Minister die Entscheidung hat, mindestens eine ebenso große Garantie dafür, daß die Gesetze beobachtet werden, als wenn Sie die Entscheidung an das Ober-Verwaltungs8- gericht verweisen, Dern um was handelt es sich? Sollte eine Ge- seßeêve:leßung begangen werden, so würde sie darin bestehen, daß nicht auf den Antrag eines Genossen, wenn die Genossenschaft nur noch aus zwei Mitgliedern besteht, die Auflösung ausaesprochen wird, oder daß in ähnlicher Weise die einfachen formalen Voraussetzungen von Nr. 2 des Antrages Hänel nicht vorhanden wären. Wenn wirklich in cinem solchen Falle es handelt sich hiertei uicht um feine NRechtéfragen, sondern um ganz klare Gesetzesvorschristen das Gesetz verleßt worden scin follte, würden Sie dann nicht in der Lage sein, bei Gelegenheit einer Petition, oder, wenn sich der Verletßte an Sie wendete, den Minister zur Verantwortung zu ziehen? Sind denn die Verhältnisse bei uns so, daß bei so ¡laren Bestimmungen sich nit die Handhabe bieten 1ollte, das Necht zu wahren? Ich kann fehr wobl mit dem Antrage des Abg. Hänel einv-rstanden sein, daß hier ein Fall vorliegt, bei dem es an und für si gar nicht bedenklich wär2, cine Rechtskontrole zuzulassen. Ib würde zum Beispiel, wenn ich heute die fertige Organisation der Behörden vor mir hätte, in diesem Falle nicht den gecingsten Anstand nehmen, der richterlichen Ubtheilung der Provinzialbehörde die Entscheidung zu übertragen. Das kann ich aber heute niht, Sie selbst waren nur im Stande, so zu fagen, einen neuen Abjchnitt zum Kompetenzgesez bei Gelegen- heit dieses Melioration8geseßes zu versuchen. Das ist es, geaen welches id mich gewandt habe und gegen welhes id mich aub jeßt wenden muß, weil ih eine derartige Regelung der Sache für äußerst nachtbeilig cerade für die Selbstverwaltung halte.

Sodann wurde der Antrag Hänel-Lasker angenommen.

Dem §8. 59 (Auflösungsbeshluß der Genossenschaft) beantragten die Abgg. Dr, Hänel und Dr. Lasker hinzuzu- fügen :

G „Die Genchmigung kann nur mit Zustimmung des Provinzial-

rathes versagt werden. Im Falle der Versagung der Genehmi-

qung findet ianerhalb 21 Tagen die Beschwerde an den zuständigen

Minister statt.“

Dieser Antrag wurde troy des Widerspruchs des Regie- rungsfommifsars angenommen.

Die S8. 63 und 67 wurden auf Antrag des Abg, Dirichlet, mit redafktionellen Aenderungen versehen, angenom- men, ebenso auf Antrag des Abg. Rüppel der §. 68, dem außerdem auf Antrag Dr. Hänel und Dr. Lasker noch folgender Zusatz gegeben wurde: „Gegen den Beschluß des Kreisauss{chusses findet, soweit nicht der ordentlihe Rechtsweg zulässig ist, innerhalb 10 Tagen die Beschwerde an den Bezirksrath statt.“

8. 71 wurde ebenfalls redaktionell geändert, 8. 72 fiel in Folge früherer Beschlüsse aus. §. 74 bestimmt, daß unzu- lässige Anträge auf Bildung von Wassergenossen)]chaften dur Bescheid des Ober-Präsidenten zurüczuweisen sind, „in welchem Fall dem Antragsteller die erwachsenen Kosten zur Last fallen.“ Die leßten Worte wurden auf Antrag des Abg. Rüppel ge- Krichen. E

_JIn §. 75 wurde auf Antrag des Abg. Dirichlet der zweite Absatz gefaßt wie folgt:

«Ín allen Fällen kann der Ober-Präsident zur Bestreitung der Kosten für die Begründung des Antrages, sowie für die Lei- tung des Verfahrens einen angemesscien Kostenvorshuß von dem Antragsteller erfordern.“

Der §. 80 wurde in Folge der 88. 56 und 58 auf An- trag der Abgg. Dr. Hänel und Dr. Lasker gefaßt wie folgt :

„Der Provinzialrath beschließt, ob die Begründung der Ge- nossenschaft und die Bestätigung des Statutes zu erfolgen habe. Wird von cinem Betheiligten behaupbtet, daß der Beschluß mit den Vorschriften des Gesetes in Widerspruch steht, so findet innerhalb 21 Tagen nah Zustellung des Beschlußes die Klage bei dem Ober- Verwaltungs®gericbte statt. Nach erlangter Rechtskraft der Entschei- dung, weiche die Zulässigkeit der Senofsenschaft auétspricht, verfügt der Ober-Präsident die Begründung der Genossenschaft. Bedarf cs zur Auêführung des Unternehmens der vorgängigen staatlichen Genehmigung, so ift dieselbe vor dem Beschluß des Provinzial- raths zu erwirken."

Die §8. 81, 83 und 84 erhielten kleine redaktionelle Aen- derungen. Jn dem leßteren, der vom Liquidationsverfahren handelt, wurde überdies auf Vorschlag des Abg. Rüppel der Sab „und die Gläubiger aufgefordert werden, si zu melden“ abgeändert in „und die Gläubiger aufgefordert werden, bei einem der Liquidatoren sih zu melden. Forderungen, welche binnen Jahresfrist niht angemeldet werden, bleiben bei der Vertheilung unberücksichtigt.“

n redaktioneller Konsequenz früherer Beschlüsse wurden die §8. 89—91 gestrichen und in §. 92, der vom Beschwerde- weg handelt und den Ober-Präsidenten als Beshwerde-Jnstanz einseßt, in Alinea 1 geseßt: „entscheidet der zuständige Mi- nister, sofern das Gese nicht anderweitige Bestimmung

444 C444 ¿Lil +

__ Gegen die übrigen Paragraphen des Geseßes- erhob \ih kein Einwand mehr, sie wurden ohne Diskussion angenommen, worauf sich das Haus um 91/2 Uhr Abends bis Dienstag 10 Uhr Vormittags vertagte,

Am 30. Fanuar hielt die Königlihe Akademie der Wissenschaften ihre dem Gedähtniß Friedrichs des Zweiten gewidmete öffentlihe Sizung, welcher der Kultus-

tinister mit den Spitzen seines Ministeriums beiwohnte. Der an diesem Tage vorsißende Sekretär, Herr du Bois- Reymond, eröffnete die Sißung mit einer Rede, in welcher er die persönlichen Beziehungen Friedrihs des Großen zu zZean - Facques Rousseau erörterte, und daran eine Beurtheilung der auch in der Gegenwart noch fühlbaren, theils verderblichen, theils heilsamen Wirkung des Genfer Philosophen knüpfte. Darauf theilte Herr Curtius, Sekretär der pyilosophisch - historishen Klasse, die während des ver- flossenen Jahres in der Akademie vorgekommenen Personal- veränderungen mit. Die Akademie verlor durch den Tod das ordentliche Mitglied Herrn Hercher, die auswärtigen Mitglieder Ernst Heinrih Weber in Leipzig, Victor Negnault in Paris, die fkorrespondirenden Mitglieder Antoine Céfsar Becquerel, Claude Bernard in Paris, Elias exries in Upsala, Garcin de Tassy in Paris, Hofmann in Leyden. Diesen Verlusten gegenüber stehen folgende Erwerbungen: zum ordentlihen Mitgliede wurde ge- wählt Herr Nißsch, zu auswärtigen Mitgliedern Herr Charles Darwin und Herr Richard Owen in England, zu korrespon- direnden Mitgliedern Herr Anton de Bary in Straßburg und Herr Georg Bühler in Bombay.

Der langjährige beständige Sekretär der Akademie, Herr Kummer, legte im verflossenen Jahre sein Amt nieder. Zu feinem Nachfolger wählte die physikalisch-mathematische Klasse Herrn Auwers, der am 10. April 1878 die Königliche Be- stätigung erhielt. :

Darauf erstattete Herr du Bois-Reymond als Vorsitzender des Kuratoriums der Humboldt-Stiftung für Natur- forshung und Reisen statutenmäßig Bericht über die Wirksamkeit der Stiftung im verflossenen Jahre :

„Aus dem Kuratorium schied der bisherige Ober-Bürger- meister der Stadt Berlin und jetzige Finanz-Minister Hobreht, welchem das Kuratorium für seine stets lebhafte und that- kräftige Betheiligung an den Geschästen der Stiftung auf- rihtigen Dank zollt. An seine Stelle trat als statutenmäßiges Mitglied des Kuratoriums der neue Ober - Bürgermeister Dr. von Forckenbeck.

Die Humboldt-Stistung ward im verflossenen Jahre von einem {weren Unglück betroffen. Jn seinem vorjährigen Be- richte durfte das Kuratorium mit Genugthuung von dem ge- lungenen Unternehmen des Dr. Carl Sachs erzählen, der, 1876 zur Erforschung der Gymnoten na Venezuela gesandt, 1877 mit einer Fülle wichtiger Ergebnisse wohlbehalten heim- getehrt war. Wie damals gesagt wurde, war es Dr. Sachs? Ab- cht, zwei Werke über seine Reise herauszugeben, eine Mono- graphie über Gymnotus, welche einen monumentalen Charakter erhalten sollte, und ein der Schilderung von Land und Leuten in Venezuela und der Erzählung seiner Neifeerlebnisse bestimmtes Buch. Da er zu bemerken glaubte, daß seine Neiseerinnerungen rasch erblaßten, ließ er sich leider dazu verleiten, die Zeit, welche seine neuen Berufsgeschäfte im physiologishen Institut der Königlichen Universität ihm übrig ließen, vorzugsweise der Vollendung leßterer Schrift zu widmen. Diese erschien im vorigen Sommer bei Veit & Comp. in Leipzig unter dem Titel: „Aus den Llanos, Schilderung einer naturwissenschast- lichen Reise von Carl Sachs, Med. Dr.“, und hat si in zahlreichen Beurtheilungen uugetheilten Beifalls zu erfreuen gehabt. Kurz nah ihrem Erscheinen trat Dr. Sachs eine Erholungsreise nach Tirol an, von welcher er niht zurüdkehren sollte. Am 18; August fand er auf dem Cevedale-Gletscher in der Ortler-Gruppe den Tod, indem die ganze, dur - das Alpenseil verbundene Reise- gesellschast, Dr. Sachs, zwei Freunde, ein Führer und ein Träger, einen steilen Eisabhang hinunterstürzte. Nur einer von Dr. Sachs’ Freunden entkam mit dem Leben. Dr. Sachs? Leiche wurde erst mehrere Tage später aus einer mit Wasser gefüllten Spalte gezogen.

Wenn die Wissenschaft im Allgemeinen an Dr. Sachs, der zu so hohen Hoffnungen berechtigte, einen herben Verlust erlitt, so hat der Humboldt-Stiftung sein Tod einen unerseß- lichen Schaden gebracht. Denn leider fand sih unter seinen Papieren kein Manuskript zum Werk über Gymnotus vor, und die auf den Gymnotus bezüglichen Ergebnisse seiner Neise nach Venezuela würden, abgesehen von mitgebrahten Präpa- raten, fast ganz verloren sein, hätte niht Dr. Sachs von der Reise Briefe an den Vorsißenden des Kuratoriums geschrieben, welche seine wichtigsten Beobachtungen und Versuche ent- hielten, und im Archiv für Physiologie abgedruckt sind. Es ist die Hoffnung da, durch Vergleichung dieser Briefe mit seinem in Calabozo geführten Versuchs- tagebuche, wenigstens den expverimentellen Theil seiner Arbeit einigermaßen wieder herzustellen, obschon dies natürli stets nur kümmerlicher Ersaß für das bleiben wird, was er selber gegeben hätte. Der Erforshung der Gymnoten sollte das Jahr 1878 nicht günstig sein. Während seines Aufent- haltes in Ciudad Bolivar am Orinoko hatte Dr. Sas mit einem dortigen Handlungshaus Verbindungen angeknüpft, um die Sendung lebender Gymnoten hierher zu vermitteln. Kurz nah Dr. Sachs’ Tode langte hier die Nachricht aus Ciudad Bolivar an, daß bei einem Speicherbrande die zur Ein- shiffung nah Berlin bereit stehenden Gymnoten in den Flammen umgekommen seie.

Die laut vorigem Bericht im Jahre 1878 zu Stiftungszwecken verwendbare Summe von 13 050 (6, ist auf Beschluß der Aka- demie Herrn Dr. Otto Finsch, Direktor des naturwissenschaftlichen Museums in Bremen überwiesen worden. Pr. Finsh ist als Forscher und Sammler auf dem Gebiete der Zoologie, An- thropologie und Ethnographie, und als erfolgreiher Leiter der deutschen naturwissenschaftlihen Expedition nah West-

sibirien längst rühmlih bekannt. Seine Absicht ist jeßt, seine große Erfahrung, seine Kenntnisse und seine Fertig- keit im Sammeln darauf zu verwenden, von der rasch hinshwindenden * autohthonen Bevölkerungen Mikrone- siens möglichst vollständige Zeugnisse und Denkmäler zu be- wahren. Er wird sich zunächst über New-York nach San Francisco, von dort nach Honolulu begeben. Der weitere

erlauf der Reise läßt sich nicht siher im Voraus bestimmen, weil er zu sehr von veränderlichhen und zufälligen Gelegen- heiten abhängt. Dr. Fins{h's Plan ist, in der einen oder an- deren durch diese Gelegenheiten gebotenen Folge die Marshall- und die -Kingmill-Gruppe, die Carolinen, Mariannen und die Bonin-Jnseln zu besuhen. Auf der Nückehr gedenkt der Reisende Japan, China, vielleicht die Philippinen zu berühren. Es versteht si, daß neben dem anthropologishen und ethno- graphischen e der Reise zugleih Fauna, Flora und geologishe ¿Formation jener noch keineswegs wissenschaftlich ershöpften Eilande berüdcksihtigt werden sollen.

Das Kapital der Stiftung erhielt im Jahre 1878 feinen Zuwachs durch Zuwendungen. Das schon im vorigen

Bericht erwähnte, der Stiftung in Aussicht gestellte Legat aus dem Nachlasse des am 18. Juli 1877 zu Freiburg in Baden verstorbenen Dr. Alexander von Franzius wird, notarieller Mittheilung zufolge, etwa 14000 A betragen. Die für das laufende Jahr zu Stiftungszwecken verwendbare Summe be- läuft sich, Ln abgerundet, auf 12 000 M“

Darauf verkündigte Herr du Bois-Reymond folgende Preisvertheilung: „Die durch das Allerhöchste Patent vom 18. Juni 1844 verordnete Kommission, welhe Sr. Majestät dem Kaiser und Könige das beste in den Jahren 1873 bis Ende 1877 erschienene Werk über deutshe Geschichte Behuss Ertheilung des zum Andenken an den Ver- trag von Verdun gestifteten Preises zu bezeihnen hatte, ist nah erfolgter Ernennung der Mitglieder im vorigen Zahre vorschriftsmäßig zusammengetreten. Dieselbe hat zufolge Be- rihts vom 30. November v. J. beschlossen, dem Werke: „Ge- schichte des deutsch-französishen Krieges, redigirt von der friegsgeschichtlihen Abtheilung des Großen Generalstabes“ den

reis zuzuerkennen. Se. Majestät der Kaiser und König

haben geruht, diesen Beschluß der Kommission durch Aller- höchsten Erlaß vom 13. d. M. zu bestätigen und der kriegs- geschichtlichen Abtheilung des Großen Generalstabes für das gedahte Werk den stiftungsmäßigen Preis von Eintausend Thalern Gold nebst einer goldenen Denkmünze auf den Ver- trag von Verdun zu ertheilen“.

Schließlich las Herr Nißsch eine Abhandlung über Gilden, Innungen und Zünste.

Der Ober-Präsident der Provinz Brandenburg, Wirk- lihe Geheime Rath von Jagow, ist, wie „W. T. B.“ meldet, aas Nacht vom Sonnabend zum Sonntag am Herzschlage gestorben.

Der General-Lieutenant von Flöcher, Kommandant von Altona und über die in Hamburg garnisonirenden Truppen, hat sich nah Altona zurückbegeben.

Der Contre-Admiral Berger hat sih nach Wilhelms- haven zurückbegeben.

S. M. Glattdecks3-Korvette „Nymphe“, 9 Geschüße, Kommandant Korv. Kapt. Sattig, hat am 2. Januar cr. Ag igs verlassen, um nach La Guayra, via St. Vincent, zu gehen.

S. M. Panzer - Korvette „Hansa“, 8 Geshüte, Kom- mandant Korv. Kapt. Heusner, ist am 11. Januar cr. von St. Thomas nach La Guayra in See gegangen.

S. M. gedeckte Korvette „Prinz Adalbert“ is, tele- graphisher Nachricht zufolge, glücklich in Valparaiso und S. M. Kbt. „Wolf“, 4 Geshüßze, Kommandant Korv. Kapt. Bes, ist, telegraphisher Nachricht zufolge, am 2. Fe- bruar cr. wohlbehalten in Singapore eingetroffen.

(Fortsetzung des nihtamtlihen Theils in der Beilage.)

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Paris, Montag, 3. Februar, Vormittags. Nach dem nunmehr vollständig vorliegenden Resultate wurden bei den gestern stattgehabten 12 Ersaßzwahlen zur Deputirtenkammer 7 Republikaner und 3 Konservative gewählt; in zwei Wahl- bezirken sind Stichwahlen erforderlich. Fourtou wurde gegen den Grafen de Mun wiedergewählt.

Gewerbe und Fandel.

Nach amtlicher Nachricht aus Konstantinopel ist die Aus- fuhr von Cerealien aus dem Sandshak Bigna (Dardanellen) bis zur nächsten Ernte verboten.

St. Petersburg. Die zur Deckung der Kosten für den Bau einer stehenden Brücke über die N.wa bei dea Zollämtern von St. Petersburg und Mcskau bisher zur Erhebung gelangte Abgabe von 2°/o von jedem Zollrubel ist durch ein am 19, Dezember v. J. (a. St.) Allerhöchst bestätigtes Gutachten des russishen Reichsraths vom 1. Januar d. Is. (a. St.) ab beseitigt worden. Die fragliche Anordnung fiadet auf alle Waaren Anwendung, von welchen bis zu dem genannten Termin dic 2°/cige Brückenabgabe nicht erhoben ist.

Berlin, 3. Februar 1879.

Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, sowte Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl wohnten am Sonnabend der ersten Aufführung von „Le Roman d’un jeune homme pauvre“, im Saaltheater des Königlichen Schauspielhauses bei.

Am Sonnabend brachte das Wallner-Theater eine neue Posse mit Gesang: „Fräulein Findling*® betitelt, zu deren Ver- fertigung sich ein Triumvirat aus den Herren G. Engels, J. Hoppe und G. Michaelis gebildet hatte. Die Verfasser des Libretto haben diesmal feine besonders alüdtlihe Hand gehabt. Das Stü ist mehr ein Quodlibet von launigen Einfällen, humoristischen Redewendungen, die niht alle mit attishem Salze gewürzt sind, und ciner Anzahl größtentheils recht wirksamer Couplets und Gesänge, als cine Pofse, durch welche doch mindestens ein zusammen- hängender Faden einer Handlung geben muß. Der ganze Inhalt des Siüdes ist mit dem Titel gegeben; die vier Akte sind nur Arabesken zu diesem TCitelblatte, Wenn nun un- geachtet der großen dramatischen Bescheidenheit der Posse dieselbe bei dem vollbescßten Hause doch eine freundlihe Aufnahme fand, wenn viel gelacht wurde und die Zuhörer sich sihtli% gut zu unter- halien schienen, lichen Darstellung, Jn erster Linie welche die Titelrolle mit so vielem Humor und fo Laune spielte und die musikalisch ansprehenden Gesänge so ges{madckvoll und reizend vortrug, daß ihr wiederholt reicher Beifall gespendet wurde. Ihr reihten sich in den mehr hervortretenden Rollen die Herren Engels, Blendle und Meißner an, welche dur ihre drastishe Komik das Stück über manche Leere und Dürre hin- wegzuhelfen verstanden. Neben ihnen mögen noch die Damen Mejo, Löffler und Walter-Troft und Hr. Niedt als wirksame Vertreter ihrer Rollen lobend erwähnt sein. Zum Gewinn würde es dem Stücke gereichen, wenn der RNothstift eine gründliche Kritik übte und manche Längen ausmerzte.

_ Bei fast ausverkauftem Hause und lebhaften Applaus ging gestern „Onkel Bräsig“ im Germania- Theater wieder in Scene. Das trefflihe Zusammenspiel ließ ganz vergessen, daß das Personal zum großen Theil ein neu engangirtes war. Das Stü fand lebhasten Beifall. *

stand hier Frl. Wegner,

Redacteur: J. V.: Riedel. Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

Drei Beilagen (cins{ließliÞ Börsen-Beilage).

Berlin:

(975)

so galt diescr Erfolg der durchweg vortreff- . alücklicher

Nichtamtliches. Deutsches Neich. Preußen. Barmen, 1. Februar. Die „Barmer eitung“ meldet von heute: Auf die Seitens der hie-

igen Stadtverordneten - Versammlung an den Fürsten Bismarck gerichtete Adresse ist folgenze Antwort ein-

gegangen : A i Friedrich8ruhe, 29. Januar 1879.

Daz gefällige Schreiben vom 21. d. M. habe ih mit Dank er- halten und bin mit Ihnen der Ansicht, daß unsere Industrie mit Rücksicht auf die Halbfabrikate, deren sie bedarf, auf Schonung ihres Besißstandes Anspruch hat, sobald ihr mit entsprehendem erhöhten S res vollen Fabrikats nit gehol‘en werden kann. Der Land- wirth|chaft aber \{uldet der Staat die gleihe Beahtung wie der Industrie, und wenn Beide niht Hand in Hand gehen wird Keine ohn? die Andere stark genug sein, sich zu helfen.

j : s von Bismarck.

An. das S'adtverordncten-Kollegium in Barmen.

Bayern. München, 1. Februar. (W. T. B.) Die

Kammer der Reichsräthe berieth heute die wegen der emischten Schule in Großkarlbach eingegangene Be- f chwerde. Der Referent Frhr. v. Schrenk empfahl den An- trag des Ausschusses, welcher dahin geht, Se. Majestät den König zu bitten, 1) die Verordnung von 1873 aufzuheben und 2) die Simultanshule in Großkarlbah in eine konfessionelle Schule umwandeln zu lassen. Die Erzbischöfe von München und Bamberg, sowie Frhr. v. Frankenstein traten für den Antrag des Ausschusses ein. Der Minister v. Lutz hob hervor, daß die vorliegende Frage mit der gestern berathenen Angelegenheit, betreffend die Simultanschulen, identisch sei. Bei der Abstimmung wurde Punkt 1 des Ausschußantrages mit Stimmengleichheit abgelehnt, Punkt 2 mit 26 gegen 20 Stimmen angenommen.

Der Finanzaus\chuß der Abgeordnetenkammer hat heute den Antrag des Referenten Walter bezüglich einer Herabminderung der Militärausgaben berathen und shließlih abgelehnt. ‘22

Sachsen - Coburg-Gotha, Gotha, 1. Februar. Die „Gothaische Ztg.“ schreibt: Die Krisis, die in den leß- ten Tagen so unverkennbar {wer auf den Gemüthern unserer Bevölkerung gedrükt hat, ist heute glücklih gehoben, der Konflikt zwischen Staats-Ministerium und Landesvertretung, hervorgegangen aus beiderseits mißverständliher Auffassung der auf der Gegenseite obwaltenden Ansicht, ist durch beider- seitiges Einlenken gelöst: unser allverehrtes Staats-Mini- sterium Seebach bleibt uns erhalten.

Der gemeinschaftlihe Landtag der Herzogthümer hat nach einer am Mittwoch deshalb vergeblih abge- haltenen Sißung heute auf den einstimmigen Antrag seiner Rechtskommission einstimmig auf den Höchsten Erlaß vom 26. dieses Monats an Se. Hoheit den Herzog

1) die Erflärung abzugeben beschlossen, daß nach der Auf- fassung des gemeinschaftlichen Landtags, insbesondere derjenigen jeiner Mitglieder, welhe der Sizung der Rechtskommission vom 18. d. M. beigewohnt haben, in den Ausführungen, welche über Errichtung einer Handelskammer in Coburg eine von der Ansicht der Herzoglichen Sta..tsregierung abweichende Meinung vertraten, eine dem Herrn Staats-Minister ge- machte Beschuldigung, wie in der Darstellung vom 25. d. M. angenommen wird, überhaupt nit zu finden gewesen,

daß der Vertreter jener abweichenden Meinung auch nah seiner eigenen Erklärung weit entfernt gewesen ist, eine solche Beschuldigung erheben zu wollen, in seinen Ausführungen vielmehr nur dem Gedanken hat Ausdruck gegeben werden sollen, daß die im vorigen Jahre in Coburg gepflogenen Ver- handlungen über Errichtung einer Handelskammer daselbst, in einem anderen als dem vom Herzoglichen Staats-Ministerium angenommenen und bei Abschluß des Staatsvertrags zur Geltung gekommenen Sinne aufzufassen gewesen seien und daß der Landtag bei seinen in der Sihung vom 10. April 1878 gefaßten Beschlüssen allerdings von der Annahme aus- gegangen ist, es werde unter allen Umständen mit dem Ein- triit der Gerichtsorganisation in der Stadt Coburg eine Handelskammer errihtet werden,

2) die Erwartung auszusprechen beschlossen, daß mit dieser Erklärung die zum lebhaften Bedauern der Landesvertretung entstandene Differenz ihren Ausgleich finden und das Hinder- niß werde beseitigt werden, welches der alsbaldigen Erfüllung der im Erklärungsschreiben vom 24. d. M. ausgesprochenen Bitte entgegengetreten sei.

Der Vertreter der Staatsregierung, Geheime Regierungs- Rath Hornbostel, hat daraufhin Namens und Auftrags des Staats-Ministers von Seebach zu erklären gehabt, daß „der Herr Staats-Minister mit dieser Erklärung sich zufrieden- gestellt betrahte, seine mißverständlihe Auffassung der Land- tagsansiht vom 10. April 1878 bedauere, wenn auch natür- lih finde, und dem unter 2 ausgesprochenen Wunsch Genüge zu schaffen, nah seinen Kräften trahten werde.“

Schwarzburg-Sondershausen. Sondershausen, 31. Januar. (Leipz. Ztg.) Der Landtag des Fürstenthums ist heute von dem Staats-Minister Freiherrn von Berlepsch eröffnet worden. Die dem Landtage übergebenen Vorlagen beziehen sid vornehmlih auf die Justizreorgani sation.

Ma

2 Oesterreich-Ungarn. Wien, 1. Februar. Die „Pol. Korr.“ meldet aus Bukarest vom 1. d. M.: Rumänien ag! Ie oan zur Entsendung von Aerzten nach

ukarest behufs Ueberwachung der Ausführung der in Wien beslossenen Vorsihtsmaßregeli gegen die Pesi eingeladen.

umänien hat Truppen für die eventuelle Bildung eines Kordons längs des Pruth disponirt und beabsichtigt eine zweite Landwehr-Kordonlinie zu bilden; außerdem werden in Ungheni Quarantänemaßregeln vorbereitet. Nach den neue-

sten Berichten tritt die bulgarische Nationalversamm- lung am 22. d. M. in Tirnova zusammen.

,_— 2. Februar. Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht eine Ministerialverordnung, datirt vom 1. Februar, betreffend das

Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

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Berlin, Montag, den 3. Februar

Verbot der Einfuhr und Durchfuhr mehrerer Waaren- gattungen aus Rußland anläßlich der in dem Gouverne- ment Astrachan herrschenden Epidemie.

Pest, 1. Februar. (W. T. B.) Jm Unterhause er- klärte auf eine Jnterpellation bezüglich dcr Pest der Minister- Präsident Tisza unter Hinweis auf das Einvernehmen der ungarischen Regierung mit der österreihishen und der deutschen Regierung, sowie unter Hinweis auf die getroffenen Vorkehrungen für den Fall, daß ih eine größere Gefahr zeigen sollte, er habe auch den Kriegs-Minister ersucht, seinerseits das Nothwendige zu verfügen. Außer Rumänien habe auth Serbien Anordnungen getroffen für den Fall der Gefahr. Er glaube, Rußland werde die ausländischen Fahmänner freundlih auf- nehmen. Nach den neuesten Berichten sei die Epidemie im Ab- nehmen begriffen, doh sei es ungewiß, ob dies nicht nur eine Folge der großen Kälte sei.

Niederlande. Haag, 1. Februar. (W. T. B.) Der König pat Denbeer Poortugael zumKriegs-Minister ernannt.

Großbritannien und JFrland. London, 1. Februar. (W. T. B.) Nach aus Capetown, vom 14. v. M, hier eingegangenen Nachrichten haben die Feindseligkeiten zwischen den englishen Truppen und den Zulus begonnen.

2. Februar. Nach weiteren Meldungen haben vier Kolonnen der englishen Truppen, da der König Cetewayo auf das englische Ultimatum keine Antwort ertheilt hat, am 12. v. M. den Umgena- und den Tugela- Fluß überschritten unck im Zulugebiete Lager bezogen. Bisher sind die Truppen auf keinen Widerstand gestoßen. Wie es heißt, fürchte Cetewayo die Friedenspartei. Es wird nur ein \{hwacher Widerstand erwartet.

83. Februar. Gladstone hat an die liberale Partei in Midlothian eine Zuschrift gerichtet, in welcher er erklärt, daß er die ihm angebotene Kandida- tur für die nächste Parlamentswahl in der Grafschaft an- nehme. Er werde hierzu durch die außergewöhnlihen Um- stände in der politishen Lage bewogen, da es sich bei der nächsten Wahl um die ernste Frage handele, ob das Land wünsche, daß die gegenwärtige innere und auswärtige Politik der Minister fortdauere.

Die „Times“ meldet aus Fellalabad vom 31. Za- nuar: Fakub Khai habe in seiner dem Major Cavagnari zugegangenen Antwort die britischen Forderungen ent- schieden abgelehnt und erklärt, er sei entshlossen, dem Befehle Schir Alis, Kabul zu vertheidigen, nahzukommen. Vali Mohamed sei in Hazarpir angekommen und habe dem Vecnehmen nah die Unterstüßung der englischen Negierung nahgesucht, um eventuell den Thron von Afghanistan besteigen zu fönnen.

Frankreih. Paris, 31. Januar. (Fr. C.) Eine Geschichte der ebenso kurzen als bedeutsamen leßten Krise liefert das „Fournal des Débats“: „Am Montag, so be- rihtet dasselbe, verlas der Kriegs-Minister, General Gresley,

. seinen Kollegen einen Bericht über die Durchführung des Ge-

seßes von 1873, betreffend die großen Kommandos. Derselbe konstatirte, daß zehn Generäle zur Zeit das Kommando über ein Armee-Corps gegen den vom Geseße aufgestellten Grund- saß seit mehr als drei Jahren bekleiden. Acht von ihnen wurde die Funktion im Fahre 1876, dem neunten im Jahre 1877 und dem zehnten im Mai 1878 sein Amt durch bcson- deren Beschluß des Ministerraths auf drei Jahre verlängert, da dies dur die damals noch unvollendete Neorganisirung der Armee geboten schien. Diese Umstände, sagte der General Gresley, haben sich aber geändert, und bei dem leßten Manöver konnte man sich überzeugen, daß unsere Armee nicht mehr in dem Stdium der Unfertigkeit steht. Der Kriegs-Minister beantragte demnah, daß die erwähnten zehn Generäle vorbehaltlih anderer Verwendung einzelner von ihnen zur Disposition gestellt werden sollten. Das Ministerium ge- nehmigte diesen Bericht und bes{chloß, ihn im nächsten Conseil dem Marschall zu unterbreiten. Dieser Conseil fand am Dienstag um 91/7, Uhr Morgens statt. Nachdem der Marschall das Dekret unterzeichnet hatte, welches eine neue Kultusdireftion im Kultus- ministerium ins Leben rief und Herrn Laferrière an die Spiße derselben stellte, legte ihm der General Gresley seinen Bericht vor. Der Marschall erklärte sich mit der Theorie des Kriegs- Ministers nicht einverstanden ; nach seiner Auffassung wäre viel- mehr mit den in Rede stehenden Corps-Kommandanten ein neuer Kontrakt auf drei Jahre g:\{hlossen worden, so daß vor September an der gegenwärtigen Sachlage nihts geändert werden könnte. Das Ministerium vertrat den Standpunkt des GeneralsGresley mit großerFestigkeit, worauf man, ohne zu einem Einvernehmen zu eigen, auseinander ging. Um 2 Uhr hielten die Minister in Versailles bei Herrn Dufaure eine neue Be- rathung. Man beschloß, die Anträge des Generals Gresley aufreht zu erhalten und nöthigenfalls dem Marschall die- jenigen Corpskommandanten namhaft zu machen, denen man später allenfalls noch ein neues Kommando, doch nie dasselbe, welches sie bisher bekleidet, anvertrauen könnte. Man kam überein, fünf Stellen ganz neu zu besegen und fünf auf den Wunsch des Marschalls für bisherige Corpskommandanten offen zu lassen. Jm Laufe des Abends fand kein Verkehr zwischen dem Marschall und den Ministern statt. Am Mitt- woch um halb 10 Uhr Morgens eröffnete Hr. Dufaure dem Marschall die Beschlüsse des Ministeriums und stieß auf eine neue Ablehnung. Das Weitere ist bekannt.“

Amtlichen Berichten aus den Departements zufolge ist die Erhebung des Herrn Grévy zur höchsten Staatswürde allenth:lben mit unverkennbarer Befriedigung aufgenommen und die öffentlihe Ruhe nirgends gestört worden. i

Die Botschafter Graf Vogué in Wien, arquis de Gabriac beim Vatican und Marquis de Noailles bei der italienishen Regierung haben, nah dem Vorgange ihres Kollegen, des Marquis d’Harcourt in London, ihre Entlassung eingereiht. R

Ueber die Nachwirkungen der Krisis liegen fol- gende Mittheilungen des „W. T. B.“ vor:

Paris, 1. Februar, Abends. Der „Temps“ erfährt daß der Conseilspräsident Dufaure dem Ministerrat mitgetheilt habe, dab sein Entschluß, sich zurücckzuziehen,

1879.

unwiderruflih sei. Auf alle Entgegnungen habe Dufaure geantwortet, daß die veränderte Lage der Dinge auch andere Männer verlange. Dufaure wird seinen Entshluß heute Abend auch dem Präsidenten Grévy anzeigen.

2. Februar, Abends. Nachdem alle Bemühungen, den Conseils-Präsidenten Dufaure zum Verbleiben auf seinem Posten zu bestimmen, erfolglos geblieben waren, ist nunmehr der Minister des Auswärtigen, Waddington, vom Präti- denten Grévy mit der Bildung eines neuen Kabinets be- auftragt worden.

Paris, 3. Februar, Morgens. Bei den gestern stattgehabten 12 Ersaßwahlen zur Deputirtenkammer sind, soweit bis jeßt bekannt, 3 Republikaner und 2 Konservative gewählt worden. Fn zwei Wahlbezirken sind Stihwahlen nothwendig. Baron Reille (konservativ) und Granier de Cassagnac (Bona- partist), deren Wahl für ungültig erklärt worden war, wur- den wiedergewählt. Ueber das Ergebniß der Wahlkandidatur de Fourtou's und des Grafen de Mun ist noch nihts bekannt.

Spanien. Madrid, 2. Februar. (W. T. B.) Castelar und einige hundert ehemalige Deputirte der Cortes vom Fahre 1873 haben einen Wahlaufruf an die demo- kratishen Wähler gerihtet, in welchem dieselben aufge- fordert werden, bei den künftigen Wahlen zu den Cortes für eine legale Vertretung der demokratishen Partei zu wirken. Zugleich werden die Wähler ermahnt, sich jeder Ungesetßlichkeit zu enthalten und auf dem geseßlihen Boden zu bleiben.

Nufßland und Polen. St. Petersburg, 2. Februar. (W. T. B.) Offizielles Telegramm aus Astrachan, vom 31. v. Mts.: Jn Wetljanka und in den umliegenden Dörfern sind keine neuen Erkrankungen vorgekommen. «n Selitrenn befanden sich am 30. Januar 8 Kranke, von denon 2 starben. Am 31. Januar kamen 3 neue Erkrankungs- fälle und 3 Todesfälle vor; es verblieben somit 6 Kranke. Der dort fungirende Arzt Podgorsky meldet, daß die Epidemie auf 4 Bauernfamilien beschränkt blieb, welche im Verkehre unter einander gestanden hatten. Die angewendeten Heil- mittel seien ohne Erfolg geblieben ; das einzige Präventiv- mittel sei die Jsolirung. Die nach den von der Pest infi- zirten Ortschaften entsendete Sanitätskommission von Moskauer Aerzten hat sich für folgende Vorsicht 3- maßregeln gegen die Weiterverbreitung der Pest erklärt: Herstellung von Unterkunftspläßen für ca. 2000 Personen, Gratisverabreihung von warmer Nahrung, Desinfizirung der verdächtigen Ortschaften, Herstellung von Oefen in den Hospi- tälern Behufs Vernichtung der infizirten Wäsche und der Kleidungsstüccke, Ueberwachung der Speisehäuser und Schließung der ungesunden Erdgeschosse.

2. Februar, Abends. Der „Regierungsbote“ widerlegt auf Grund einer von dem General-Gouverneur von Moskau vorgenommenen Untersuhung die von einem Moskauer Blatte gebrahte Meldung, daß die Pest in dem unweit Moskau gelegenen, 20 Werst von Serpuchow entfern- ten Dorfe Wissokoje aufgetreten sei, und konstatirt, daß die Krankheit, von welcher in dem Dorfe Wissokoje 4 Perso- nen ergiffen wurden, sich als ein ty phoidales Fieber er- wiesen habe, das ganz regelmäßig verlaufen sei. Alle an dem Fieber erkrankten Personen feien bereits in der Besse- rung begriffen.

Das „„zournal de St. Pétersbourg“ vom 18./30. Ja- nuar veröffentlicht die unter dem 13. desselben Monats voll- zogene Ernennung des zum Geheimen Rath beförderten Fürsten Michael Gortschakoff, früheren Gesandten am Königlih sächsishen und Herzoglich sachsen - altenburgischen Hofe, zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister am Königlichen Hofe zu Madrid, sowie die Er- seßung desselben an den vorbezeichneten Höfen durch den Wirklihen Staatsrath und Kammerherrn Alexander ICEIT Do T,

Serbien. Nisch, 2. Februar. (W. T. B.) Nachdem die Skupschtina die Regierungsvorlage, betreffend die Auf- hebung des Verfassungsartikels, welcher die Juden in Bezug auf die denselben zustehenden bürgerlichen Rechte beschränkt, nunmehr einstimmig definitiv genehmigt hat, ist nur noch die Sanktion der außerordentlichen (großen) Skupschtina erforder- lih. Die Sißzungen der Skupschtina sind heute geshlo}en worden. .

Afrika. Egypten. Kairo, 2. Februar. (W. T. B.) Die über Uneinigkeiten im Ministerium cirkulirenden G e- rüchte werden Seitens der Regierung als unbegründet bezeihnet. Die dem Bankhause Rothschild an den Do- manialgütern zugesicherte Hypothek ist gestern unterzeichnet worden.

Gewerbe und Sandel.

Glasgow, 1. Februar. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Skores belaufen sich auf 206 40) Tons gegen 170 600 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen ©7 gegen 87 im vorigen Jabre.

Washington, 1. Februar. (W. T. B.) Im Monat Januar hat die Staatsschuld der Vereinigten Staaten um 2 752 000 Doll. abgenommen. Am 31. Januar befanden ih im Staatsfchaße 382 451 000 Doll. in Gold. Staatssekretär Sherma: hat wiederum 20 Mill. Doll. Schaßbonds einberufen, Zins- einstellung am 1. Mai. | E

Wien, 2. Februar. (W. T. B.) Wie die „Presse“ erfährt, foll zwishen dem Wiener und dem Pariser Verwaltungscomité der österreihisch-französishen Staatsbahn eine Differenz in Betreff der Bemessung der Dividende pro 1878 bestehen, indeß sei bereits siher, daß eine Einigung dahin erzielt werden würde, daß die Dividende auf 27 Frcs. festgeseßt würde.

Edinbur gh, 1. Februar. (W. T. B.) Das Urtheil in dem Prozeß gegen die Direktoren der Glas8gow-Bank ift heute Morgen publizirt worden, Dasselbe lautet gegen den Direktor Patter und den Geranten Stronach auf je 18 Monate Gefängniß, gegen Tayler, Inglis, Wright, Salmond und Stewart auf je 8 Mo-

nate Gefängniß. Verkehrs-Anstalten. : roßen Belt 2, Februar. (W. T. B.) Der E istran8port

im großen Belt hat heute begonnen. Triest, 3. Februar. (W. T. B.) Der Lloyddampfer

„Ettore“ ist mit der ostindishen Ueberlandpoft heute Morgen 7 Uhr aus Alexandrien hier eingetroffen.