1879 / 33 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 07 Feb 1879 18:00:01 GMT) scan diff

„Di8ziplinarstrafen find: 1) Verweis, 2) Geldstrafe bis zu zwanzig Mark, 3) Karzerhaft bis zu zwei Wochen, 4) Nichtanrech- nung des laufenden Halbjahres auf die vorgeschriebene Studienzeit, 9) Androhung der Entfernung von der Universität, 6) Entfernung von der Universität, 7) Aus\{luß von dem Universitäts-Studium ;“

hatte die Kommission folgendes Alinea hinzugefügt:

„Die von den Gerichten gegen Studirende erkannte Freiheiis- strafe bis zu zwei Wocken kann auf Antrag der gerichtlichen Be- Hörden auf dem akademischen Karzer verbüßt werden.“ :

Herr von Bernuth erklärte, er halte es für zweifelhaft, ob diese Bestimmung mit dem Reichsgeseß in Einklang stehe und bat, deshalb über dieses Alinea eine gesonderte Abstim- mung vorzunehmen. Herr Dr. Dove beantragte, den Zusaß der Kommission anzunehmen, namentlich mit Rücksicht auf die mangelhasten Einricßtungen in den Gefängnissen der kleineren Städte. Der Negierungskomiunissar , Ge- heime Ober-Justiz-Rath Dr. Stölzel verwies darauf , daß die Reichsgeseßgebung die akademishe Gerichtsbarkeit aufhebe, darum sei der Standpunkt, welhen das Geseß einnehme, nur ein disziplinarer. Die von der Kommission gemachte Aende- rung widerspreche aber diesem Standpunkte, und bitte er des- halb, den Kommissionsbes{hluß abzulehnen. Graf Rittberg sprach sich für den Beshluß der Komnission aus, während Herr Dr. Baumstark den Antrag stellte, die Nr. 2 des ersten Alinea zu streihen. Gegen diesen Antrag erklärte sih der Negierungskommissar , Geheime Negierungs-Nath Dr. Göppert. Die Staatsregierung habe das Gutachten der Uni- versitäten eingeholt, und von diesen hätten ih die Univer- sitäten Bonn, Königsberg, Breslau und Göttingen gerade für Aufrechthaltung dieser Bestimmungen ausgesprochen. Graf Udo zu Stolberg, die Herren Dr. Dove und Nasch ertlärten sih gleihfalls gegen den Antrag Baumstark, während Her- Dr. Dernburg denselben befürwortete. Nachdem \ih noch die Herren von Knebel-Döberiß und Adams, sowie der Referent Herr Dr. Beseler gegen den Antrag ausgesprochen, wurde derselbe abgelehnt und 8. 6 nach dem Antrage der Kommission angenommen. (Während der Debatte war der Staats-Minister Dr. Falk in das Haus eingetreten.)

Bei §. 7, dessen drittes Alinea nah der Fassung der Ne- gierungsorlage und dem Antrage der Komnission lautet:

„Die von einer nihtpreußishen Universität über einen Stu- direnden verhängten Strafen der Entfernung oder dcs Aus\{lusses von dem Ununiversitätsstudium Haben ebenfalls die vorstehend ange- gebenen Wirkungen ;“

stellten die Herren Graf Udo zu Stolberg und Dr. Dove den Antrag, hinter dem Worte „nihtpreußishen“ das Wort „deutschen“ einzufügen. Nachdem die beiden Antragsteller diesen Antrag mit Rücksicht auf das zwischen den deutschen Universitäten bestehende Kartel befürwortet hatten, wurde der S. 7 mit dieser Einfügung vom Hause genehmigt. Ohne Debatte wurden sodann die 88. 8 bis 14 der Vorlage nah den Vorschlägen der Kommission genehmigt. Den §. 15 etpfahl die Kommission in folgender Fassung zur Annahme :

„Ein Studirender darf von den ihm in dieser Eigenschaft zu- stehenden Recbten keinen Gebrauch machen, so lange gegen ihn ein gerichtlihes Strafverfahren wegen eines Verbrecbens oder Ver- gebens s{webt, wegen dessen auf den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann.

Die rechtskräftige Aberkennung der bürgerlichen Ebrenrechte hat den Ausfluß von dem Universitätsstudium ohne Weiteres zur Folgc.

Herr Dr. Dernburg bat, das erste Alinea dieses Para- graphen abzulehnen; dadurch werde über einen Studiren- den schon eine Strafe verhängt, ehe derselbe überhaupt noch als schuldig erkannt worden sei. Der Regierungskommissar, Geheime Regierungs-Nath Dr. Göppert, und Herr Wever, wie auch der Referent Herr Dr. Beseler sprachcn si gegen dicfen Antrag aus, der denn auch vom Hause verworfen wurde.

Der 8. 16 lautet:

„Das Disziplinarverfaßren ist gebühren- und \tempelfrei.“

Dieser Paragraph war von der Kommission hinzugefügt worden. Der Regierungskommissar erklärte si gegen denselben. Die Staatsregierung habe diese Frage augenblicklich einer ein- gehenden Erwägung unterzogen und sofern die Ermittelungen ergeben sollten, daß dies angängig sei, werde sie auch ohne diesen Paragraphen die Gebührenfreiheit einführen. Nachdem noch die Herren von Knebel-Döberiß, Graf zur Lippe und der Referent die Beibehaltung dieses Paragraphen befür- wortet, wurde derselbe angenommen. Die übrigen Paragraphen, jowie Titel und Ueberschrift des Geseßes wurden fodann ohne erhebliche Debatte vom Hause nah den Anträgen der Kom- mission genehmigt, und die Sizung um 31/2 Uhr ges{lossen.

Fn der heutigen (8.)Sißung des Herrenhauses, welche der Präsident Herzog von Ratibor um 1 Uhr 25 Minu- ten eröffnete und welcher der Minister des Jnnern, Graf zu Eulenburg, sowie mehrere Regierungskommissarien beiwohnten, trat das Haus zunächst in die Berathung des mündlichen Be- richts der Justizkommission über den Gesetzentwurf, betreffend die Befähigung für den höheren Verwaltungs- dien st Eine Generaldiskussion wurde über die Vorlage nicht beliebt. Jn der Spezialdiskussion wurden die 88. 1 bis 4 ohne Debatte nach den Vorschlägen der Kommisfion in der Fassung der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses genehmigt. Auch bei §. 5 \{lägt die Kommission vor, den Beschluß des Abgeordnetenhauses entgegen den früheren Beschlüssen des Herrenhauses anzunehmen. Nachdem der Neferent Q De Dernburg diesen Vorschlag befürwortet, trat das Haus demselben ohne Debaite bei. Ebenso wurden auch die 88. 6 bis 9 und 10 bis 15 unverändert nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses auf den Antrag der Kommission genehmigt.

Ueber §. 10, dessen Streichung die Kommission beantragt, begann bei Schluß des Blattes die Diskussion.

Jm weiteren Verlause der gestrigen (45.) Sizung ging das Haus der Abgeordneten zur zweiten Be- rathung des Entwurfs einer Schiedsmannsordnu ng über. m §. 1 beantragte der Abg. von Meyer (Arnswalde) die Abgrenzung der Schiedsmannsbezirke für die Landgemeinden, statt, wie die Vorlage wolle, durch Kreisvertretungen durch den Kreisausshuß erfolgen zu lassen. Der Antrag wurde abge- lehnt, und §. 1 nach der Kommissionsvorlage angenommen. Zu §. 2 stellte der Abg. von Magdzinski den Antrag, daß jolhe Schiedsleute nicht fungiren dürften, welche der Sprache der Parteien nicht mächtig seien. Redner motivirte diesen Antrag damit, daß in den Provinzen Posen und West- preußen viele Personen wohnten, welche der deutschen Sprache niht mächtig wären ; für diese würde das Gesetz un- wirksam sein. Nachdem der Referent Abg. Kummert den An- trag für unannehmbar erklärt hatte, da man sonst auch ver- langen fönnte, daß die Schiedsmänner aller möglichen Sprachen mächtig sein sollten, bemerkte der Abg. Kantak, *daß der An- trag dem praktischen Bedürfnisse, namentlih der östlichen

Provinzen, Rehnung tragen sollte. Der Regierungskommissar, Geheime Justiz-Rath Florshüß, bezeihnete den Antrag als überflüssig, da §. 15 den Schiedmann zur Ablehnung des Sühneversuches verpflichte, wenn er der Sprache der Parteien nicht mächtig sei. Hierauf wurde der Antrag abgelehnt, und S. 2 nah dem Kommissionsvorshlage angenommen, ebenso nah unerhebliher Debatte die 88. 3—9. S. 9a. bestimmt, daß, wer sich weigert, das Amt des Shied8manns zu über- nehmen, für drei bis sech8 Jahre der Ausübun seines Rechtes auf Theilnahme an Vertretung und Verwaltung seiner Gemeinde für verlustig erklärt und um ein Achtel bis ein Viertel stärker als die übrigen Gemeindeangehörigen zu den G-emeindeabgaben heran- gezogen werden kann.

Der Abg. von Corswant beantragte, diesen Paragraphen zu streichen, da er ungleiches Necht schaffe.

Der Abg. Jungck stellte den Antrag, falls dieser Para- graph, welcher von der Kommission der Regierungsvorlage an- gefügt worden, zur Annahme gelange, noch folgenden Zusatz zuzufügen: Besißern selbständiger Gutsbezirke könne in dem vorgedachten Falle dur den Kreisaus\{huß eine Erhöhung der Kreisabgabe um 1/z bis 1/, auf 3 bis 6 Jahre auferlegt wer- den. Nachdem die Abgg. von Liebermann und Witte sih für den Antrag Jungck erklärt hatten, wurde derselbe ange- nommen.

ZU §. 17 beantragte der Abg. Bähr (Cassel), daß Ehe- männer ihre Frauen vor dem Schiedsmann sollten vertreten dürfen. Der Antrag wurde abgelehnt, und die übrigen Para- graphen ohne weitere Debatte genehmigt.

Es folgte die Fortsezung der zweiten Bcrathung des Etats, und zwar des Etats der Justizverwaltung. Kap. 30 Einnahmen (49 110 000 M). Bei Titel 4 werden die Juris- diktionsbeiträge der früheren Reichsunmittelbaren in Höhe von 5100 s auf Antrag des Abg. Löwenstein unter Zustim- mung des Regierungskommissars in Fortfall gebraht. Bei Titel 5 (Antheil an dem Arbeitsverdienst der gerichtlichen Ge- fangenen) erneuerte der Abg. Dr. Eberty die Beschwerde in Betreff der Beschäftigung der Gefangenen. Der Justiz-Minister Dr. Leon- hardt stellte dem Vorredner anheim, diese Beshwerden bei dem Etat des Ministeriums des Jnnern anzubringen.

Bei Kap. 72 der Ausgaben (Gehalt des Ministers 36 000 M) tadelte Abg. Schröter (Barnim) die aus der frü- heren Verwaltung übernommene Einrichtung, wona die Richter bei Antritt eines Urlaubs für ihre Vertreter die Reise- kosten und Diäten zu zahlen hätten. Er rihte an die Regie- rung die Anfrage, ob sie beabsichtige, dem Uebelstande für die Zukunft abzuhelfen und, wie es in Hannover der Fall sei, die Vertretungskosten auf die Staatskasse zu übernehmen.

Der Justiz-Minister Dr. Leonhardt erwiderte, daß die Angelegenheit in einer den Wünschen des Vorredners ent- sprechenden Weise geregelt werden solle. Er stehe der Sache wohlwollend gegenüber und habe in diesem Sinne auch die bei ihm eingegangenen Anträge erledigt.

Der Abg. Schröder (Lippstadt) machte auf die Lege des Kulturkampfes aufmerlsam, die auch üm essort des Justiz-Ministers hervorträten. Er hoffe, damit einen Bundesgenossen mehr im Rathe der Krone zu finden, welcher sih ernstlih für eine Aenderung der bestehenden Verhältnisse interessire. Redner beklagte, daß die Maigesetze so viele De- nunzianten hervorgerufen hätten, die es sich namentlich an den Orten, wo Staatspfarrer sih befänden, zum Gewerbe machten, römisch-katholishe Géisilihe wegen unbefugter Amt3- handlungen zu denunziren.

Der Abg. Dr. Wachler wies die Ausführungen des Vor- redners bezüglih der Wirkungen des Æultarkampfes innerhalb des Justizressorts zurück, und wiederholte eine {hon im November 1877 von ihm an den Justiz-Minister gerichtete Anfrage, betreffend die Mitwirkung deutscher resp. preußischer Gerichte bei der Ausführung von Requisitionen polnish- russisher Gerichte. Jm Kriminalverfahren führe die heut herrschende Unklarheit oft zu den bedauerlichsten Prozeßver- zögerungen. :

Der Zustiz-Minister Dr. Leonhardt erklärte, augenblicklich niht in der Lage zu sein, eine präzise Antwort zu geben, er könne aber versichern, daß zwischen den diesseitigen und den russischen betheiligten Organen Verhandlungen im Gange seien.

Der Abg. von Ludwig beshwerte sih darüber, daß die Staatsanwälte die Frist hätten verstreichen lassen, ohne straf- rehtlich gegen die betrügerishen Gründungen vorzugehen. Der Minister verfehle vollständig seine Aufgabe, wenn er es unter- lasse, die Wirkungen der Geseße auf das Leben zu beobach- ten. Wenn sich f{chädlitze Wirkungen herausstellten, dann habe der Miaister die Pflicht, soweit er dazu im Stande, Remedur zu schaffen. Eine folhe {ädliche Wirkung liege hier vor; die Gründer hätten das Volk mehr geschädigt, als alle Räuber und Spißzbuben zusammen genommen, die die Zuchthäuser füllten. Jeßt seien die Gründungen thatsächlih verjährt, und die Gründer im Besiße des Raubes, den fie am Volke begangen hätten. Redner brachte hierauf den von Diestschen Prozeß zur Sprache, wurde aber von dem Präsiden- ten von Bennigsen darauf aufmerksam gemacht, daß seine Ausführungen sih niht auf die Thätigkeit des Justiz-Ministers bezögen unddemnächstzur Ordnung gerufen. Jm weiteren Verlaufe seiner Rede kritisirte der Abg. von Ludwig das Auftreten des Staatsanwalts Feige in dem genannten Prozeß und bemerkte es sei auffallend, daß der Staatsanwalt kurz nah Been- digung des Prozesses außer der Reihe einen Orden er- halten habe. Redner {ließt mit einigen Bemerkungen gegen den Abg. Lasker.

Der Justiz-Minister Dr. Leonhardt bemerkte, er wolle dem Vorredner nicht folgen in den großen Jrrgarten seiner Behauptungen. Derselbe habe aber an ihn verschiedene Fragen gerichtet, die sich zum großen Theile auf die Thâätig- keit der Gerichte und der Staatsanwaltschasten bezögen“ und er könne dem Vorredner nur den Rath geben, daß er sich, wenn er über diese Dinge Auskunft wünsche, an die betreffen- den Behörden wenden möge. Der Vorredner habe dann weiter und das solle ihn persönlih angehen gerügt, daß der Staatsanwalt Feige angeblich außer der Zeit einen Orden bekommen habe. Er habe nicht den Worten, aber demSinne nach angedeutet, das sei erfolgt wegen der bona officia, die der Staatsanwalt einem Mitgliede der Negierung erwiesen habe. Als früher der Vorredner diese Sache zum ersten Male hier zur Sprache gebraht habe, sei ihm (dem Minister) von dieser Verleihung außer der Zeit nichts bekannt gewesen. Er (der Minister) habe nunmehr die Akten eingesehen und könne fonstatiren , daß der Staatsanwalt Feige den Orden in der Reihe beim Ordens- feste bekommen habe. Zur Zeit, als die von dem Abg. von Ludwig angesührten Verhältnisse spielten, sei der Antrag zur

Dees bereits gestellt gewesen. Die von dem Vor- redner ausgesprochene Jnsinuation sei daher unberechtigt.

Der Abg. Freiherr von Uectriß erklärte, er sei selbst längere Zeit Staatsanwalt gewesen und bedaure außerordent- lih die Art, wie der Abg. von Ludwig seine Anklagen gegen die Staatsanwaltschaft erhoben habe. Diese Art sei ach sig und müsse auf das Entschiedenste zurückgewiesen werden. Seinen Behauptunaen fehle jede thatsählihe Unterlage.

Hierauf wurde die Diskussion geschlossen. Nah einigen persönlichen Bemerkungen der Abgg. Dr. Lasker, von Ludwig und Dr. Hammacher wurde Titel 1 bewilligt, und demnäthst ohne Debatte die folgenden Titel von Kap. 72 und Kap. 73 (Ober-Tribunal) genehmigt. -

ZU Kap. 74 Pos. 2 (Justizprüfungskommission) fragte der Abg. Windthorst (Meppen) die Regierung, welche Grund- säße sie bei der Anrechnung des von einem Referendar abge- leisteten Einjährig-Freiwilligen-Dienstjahres auf die vierjährige Vorbereitungszeit zum zweiten Examen anwende; es seien ihm viele Klagen zu Ohren gekommen, daß man jeßt mit beson- derer Härte und mit Ungleichheit verfahre. Der Negierung- kommissar Ministerial-Direktor Rindfleisch erklärte, von dem vierjährigen Vorbereitungsdienst nit absehen zu können ; indeß seien die Appellationsgerichte jeßt angewiesen, in jedem folchen Fall über die stattgehabte Beschäftigung zu berihten, und werde jeder Fall im Ministerium genau geprüft und nah Billigkeit entschieden. Darauf wurde der Titel bewilligt.

Bei Kap. 79 Tit. 1 (Stadtgericht in Berlin) beklagte sih der Abg. Cremer (Cöln), daß in der Gefangenanstalt Plößzensee die katholishe Jugend ohne Religionsunterriht aufwachsen müsse sowie über das \{lechte Wasser im Gefängniß.

Der Negierungskommissar Geh. Ober-Justiz-Rath "Starke erwiderte, daß die Art, wie der Gottesdienst in Plößzensee gehalten werde, streng den Anforderungen des früheren Fürst- bishofs von Breslau entsprehe. Das Wasser in Plößzensee sei nicht s{leter, als das Berliner Leitungswasser, und der Gesundheitszustand dort ganz normal.

Nach einigen Bemerkungen des Abg. Windthorst (Meppen É daß für den Gottesdienst in Plößensee und in allen übrigen Gefängnissen nicht genügend gesorgt sei und einer Erwiderung des Regierungskommissars, wurde der Titel bewilligt, worauf fih das Haus um 43/, Uhr vertagte.

In der heutigen (46.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Handels-Minister Maybach und mehrere Regierungskommissarien beiwohnten, genehmigte das Haus in dritter Berathung den Gesetzentwurf, betreffend die Deckung der erforderlihen Mehrkosten für den Bau der Bahnen: von der Reichsgrenze bei Sierk über Trier und Coblenz unter fester Ueberbrückung des Rheins nah Oberlahnstein zum Anschluß an die Lahnbahn und von Godelheim resp. Ottbergen nach Northeim, nahdem der Staats-Minister Maybah das Einverständniß der Staats- regierung mit den Beschlüssen zweiter Lesung erklärt hatte. Unverändert und ohne Debatte wurde sodann in dritter Be- rathung der Entwurf einer Schiedsmanns-Ordnung ange- nommen. Den Nachweis über die Verwendung des in dem Etat der Eisenbahnverwaltung pro 1. April 1877/78 untex Titel 9 der einmaligen und außerordentlihen Ausgaben vor- gesehenen Dispositionsfonds von 900 000 /4 erachtete das Haus auf Antrag des Abg. Dr. Hammacher, des Referenten der Budgetkommission, für erbracht.

Darauf seßte das Haus die zweite Berathung des Fu stiz-

etats fort. Bei dieser Gelegenheit wurde die Petition der Gerichtsvoigte Baumgarten und Genossen, betreffend die Er- höhung des pensionsfähigen Maximal - Einkommens der Gerichtsvoigte in Hannover, auf Antrag der Budget- kommission der Staatsregierung zur Berücksichtigung über- wiesen. Der Abg. Frhr. von Zedliß-Neukirh trat für - die Gehaltserhöhungen, welhe die Budgetkommission bei den Richtergehältern im Vergleih zu dem von der Regierung vor- gelegten Nachtragsetat vorgeschlagen hat, ein und zwar aus jahlichen Gründen, obwohl es den Etatsgrundsäßen nicht entsprehe, daß das Haus mehr bewillige als die Regierung fordere. Der Negierungskommissar Geh. Ober-Finanz-Rath Scholz erklärte, daß die Gründe, welche die Regierung beî Feststellung ihrer Vorlage geleitet haben, die jeßige Finanz- lage des Staates und die Nücfsicht auf gleihstehende Beamten- kategorien in andern Zweigen des Staatsdienstes ¿No jeßt zu beachten seien, daß aber die Staatsregierung einem eventuellen abweihenden Beschlusse des Hauses einen Widerstand entgegenzuseßen nicht beabsichtige, sih aber vorbehalte, die Konsequenzen dieses Beschlusses in Betreff von Gehaltsaufbesserungen für entsprehende Beamten- kategorien in andern Zweigen des Staatsdienstes zu ziehen. Auf den Antrag der Budgetkommission wurde der Tit. 16 des Kap. 82a. des Nachtransetats dahin abge- ändert, daß die darin aufgezählten Namen der Universitäten, deren Dozenten Neisediäten für die Theilnahme an den ju- ristisen Prüfungen bei den benachbarten Ober-Landesgerichten bewilligt werden sollen, gestrihen wurden. Der Abg. Kre laubte darin einen Wunsh der Budgetkommission zu er- ennen, daß auch die Dozenten der juristishen Fakultät der Universität Greifswald zu den juristishen Prüfungen beim Dber-Landesgeriht in Stettin zugezogen würden, da dies für die Frequenz der Fakultät sehr wichtig sei. Er richtete an den Justiz-Minister die Bitte, diesem Wunsche auch in der Praxis exolge zu geben. Der Abg. Löwenstein bemerkte dagegen, daß die Kommission mit ihrem Antrage nicht die vom Vorredner dargelegte Tendenz befolge. Sie wolle die Frage über die Zuziehung der Universitätslchrer zu den juristishen Prüfungen überhaupt nit präjudiziren, überlasse dieselben vielmehr vorläufig dem Ermessen des Justiz-Ministers, wünsche aber cine möglichst gleichmäßige Handhabung der Praxis in dieser Beziehung in der ganzen Monarchie.

ZU Titel 5 des Kap. 82 sprach dec Abg. von Magdzinski den Wunsch aus, daß die mit 38 000 ausgeseßten Gehalts- zulagen fürdie der polnischen, litthauischen und wendishen Sprache kundigen Bureaubeamten lieber für besonders anzustellende Dol- metscher verwendet würden. Der Rest des Nachtragsetats wurde ohne Diskussion genehmigt; dem Beschlusse der Budgetkommission gemäß, wurde der Titel 9 des Kapitel 82 von 2 534 000 M auf 2694000 erhöht. Die von den Gerichtöunterbeamten in Posen, Magdeburg und Berlin ein- gegangenen Petitionen wurden dur die Beschlüsse des Hauses für erledigt erklärt. Bei Schluß des Blattes begann die Dis- kussion über die dem Nachtragsetat angehängten „Grundsäte, nach denen das Dienstalter der Richter festzuseßen sein wird §- 9 des Gesetzes vom 24. April 1878“.

Die Königlichen Eisenbahndirektionen und Kommissionen sind vom Handels-Minister ermächtigt worden, füx die Er-

mittelung und Anzeige der Urheber von Freveln, durch welhe die Sicherheit des Bahnbetriebes gefährdet wird, je nah der Bedeutung des Falls Belohnungen bis zur Höhe von 300 H auszuloben und dem Denunzianten auszahlen zu lassen, falls auf Grund seiner Anzeige die rechtskräftige Verurtheilung des Thäters erfolgt.

Dur einen Cirkularerlaß vom 28. v. Mts. hat der Handels-Minister die Königlichen Eisenbahn-Kommissariate angewiesen, strenge zu überwachen, daß die Vornahme von Bahn-Unterhaltungsarbeiten an Sonn- und Fest- tagen auf das für die Aufrechthaltung der Betriebssicherheit unbedingt erforderliche Maß beschränkt werde.

Der soeben in Carl Heymanns Verlag, Berlin 1878, ershienene Jahrgang 1881 des nautishen Jahr- buches, welcher vom Reichskanzler-Amt, unter Nedaktion des Professors Dr. Tietjen, herausgegeben ijt, bildet eine seinem wesentlichen Fnhalte nah unveränderte Fortseßung der früheren Jahrgänge dieses Werkes.

Der inhalt desselben ist durch Angaben über das Alter des Monves in der leßten Spalte auf Seite II. jedes Monats, sowie durch Zusäße zu der die Zeitsignalstationen betreffenden Tafel XXVII. vermehrt worden. Um den Druck größerer und deutlicherer Ziffern zu ermöglichen, ist das Format des Buches vergrößert worden.

Der Jahrgang 1882 des Werkes wird voraussichtlich im Juli dieses ahres erscheinen.

Der General-Lieutenant von Wulffen, Kommandant von Breslau, ist nach Breslau zurückgekehrt.

Anhalt. U au, 5. Februar. (Magdb. Ztg.) Gestern verstarb hierselbst der Präsident Bartels, Chef der Finanz- Direktion.

Oesterreich : Ungarn. Wilen, 6. Februar. Der „Polit. Korresp.“ wird aus Triest von heute gemeldet: Der aus Konstantinopel mit 29 Passagieren heute eingetroffene Lloyddampfer „Apollo“ ist zur 24stündigen Beobachtung unter Quarantäne gestellt worden. Ein anderer, die thes- salishe Linie befahrender Lloyddampfer, welcher Salonichi be- rührt hat und heute fällig ist, dürfte ebenfalls eine mehrtägige Quarantäne halten müssen.

Ein Telegramm der „Polit. Korresp.“ aus Konstanti- nopel vom 5. d. bestätigt, daß der Ministerrath in seiner Gesammtheit ven A vereinbarten t ürkisch-russischen Friedensvertrag genehmigt und beschlossen hat, dem Sul- tan die Natifikation des Vertrages nach erfolgter Unterzeich- nung zu empfehlen. Jm Hinblick auf die bevorstehende Näu- mung Adrianopels seitens der Russen hat die Pforte eine Kommission eingeseßt, welche die Neinstallirung der türkischen Civilverwaltung in Rumelien vorbereiten soll.

Triest, 6. Februar, Abends. (W. T. B.) Nach einem Tele-

ramm des General-Konsuls in Salonichi an die hiesige See- ehörde ist eine in dem Dorfe Sanikowa bei Xanthi ausgebrochene Krankheit als Flecktyphus mit einem Falle von Metastasis bubonica erfannt worden. Die See- behörde hat in Folge dessen das Gutachten der Landes- Sanitäts-Referenten eingeholt, und die Leßteren haben die Krankheit für äußerst verdächtig erklärt, mit der orientalischen Pest identish zu sein. Die hiesige Seebehörde hat nach tele- graphishem Einvernehmen mit dem Handels-Ministerium und mit der ungarischen Seebehörde in Fiume in allen ihr unter- stehenden Häfen und Sanitätsämtern gegen die Provenienzen aus allen türkischen Häfen des ägeishen Meeres, welche seit dem 4. d. abgegangen sind, die Anwendung der bestehen- den geseßlichen Bestimmungen und der vorgeschriebenen Kontumazmaßregeln angeordnet.

Pest, 6. Februar. (W. T. B.) Jm Abgeordneten- hause befürwortete bei der fortgeseßten Berathung des An- leihe-Geseßentwurfs der Finanz-Minister die Vorlage in einer längeren Rede. Morgen sollen die Shlußredner das Wort erhalten. Jn Beantwortung der Jnterpellation in Betreff der Verwaltungsorganisation in Bosnien und in der Herzegowina erklärte der Minister-Präsident Tisza von Neuem, daß es nothwendig sein werde, die legislato- rischen Bestimmungen in Betreff der provisorischen Negierung Bosniens und der Herzegowina im Einvernehmen mit dem anderen Staate der Monarchie zu treffen. Wenn dies bisher noch nit geschehen sei, so finde dies seine Erklärung in der gegenwärtigen Lage des anderen Staates der Monarchie. Ob es gelingen werde, ein hierauf bezüglihes Einvernehmen her- beizuführen, könne er heute niht wissen. Jedenfalls aber mache er von dem Zustandekommen eines solhen Einver- nehmens fein ferneres Vorgehen abhängig. Die bisherigen Verfügungen hätten keinerlei definitiven Charakter und würden nicht im Mindesten eventuelle spätere legislatorische Vestimmungen präjudiziren. Sie hätten nur den Zweck, daß die Administration fortgehe. Die Antwort des Ministers wurde vom Hause mit einer Majorität von 10 Stimmen zur

Kenntniß genommen.

Schweiz. Bern, 4. Februar. (N. Zür. Ztg.) Der Tag des Zusammentritts der Bundesversammlung ist noch nicht festgeseßt, wohl aber der 17. März dafür in Aus-

sicht genommen.

Velgien. Brüssel, 5. Februar. (Cöln. Ztg.) Gestern trat die Repräsentantenkammer in die Berathung des Etats ein, den das Budget für das Ministerium des Jnnern angeseßt hat. Mehrere Mitglieder der Rechten be- nußten den Umstand, daß der Minister eine Anzahl von Arrondissements-Kommissaren aus dem Amte entfernt hatte, zu heftigen Angriffen gegen die liberale Regierung. Der Minister Rolin erwiderte, es seien sechs Kommissare abgeseßt worden, nachdem sie mehrere Monate hindurch bewiesen hätten, daß ihre politishen Ansichten mit den Pflichten, deren Erfül- lung die Regierung von ihnen verlangen müsse, unverträglich seien; andere Kommissare, die auh der klerikalen Oppo- sition angehören, si aber niht widerspenstig gezeigt hätten, seien unbehelligt geblieben. Auf den Vorwurf, daß so viele Gemeindewahlen für nichtig erklärt worden seien, antwortete der

inister, in 2600 Gemeinden kämen auf 285 Proteste nur 44 Wahlen, die er für ungültig erklärt habe, und zwar 22 derselben ganz nach dem Spruche der Wahlbureaus. Heute währte der Ansturm der Rechten fort. Einzelne Mit- glieder gingen so weit, den Minister in seiner Erwiderung mehrfach lärmend zu unterbrehen, so daß der Präsident mit der Aufhebung der Sizung drohen mußte, wenn die Un- gebührlihkeiten nicht aufhörten.

Gestern versammelte ne die parlamentarische Linke vollzählig zur Berathung über das gemeinsame Verhalten in

Betreff der Regierungsvorlage des Elenientars chulgeseßes. r

Zum Berichterstatter der Centralsektion wurde einstimmig Olin gewählt, der unter der Bedingung annahm, daß man lh \o- fort für die Annahme des Art. 4 der Vorlage verbindlich mache, was denn auch ges{hah. Auch beschloß man, dahin zu wirken, daß die Debatte über das Schulgeseß sofort nah den Osterferien beginnen könne. Der Senat tritt am nächsten Montag zur Sizung zusammen.

Großbritannien und Jrland. London, 6. Februar. (W. T. B.) Der bisherige diesseitige Botschafter in St. Peters- burg, Lord Loftus, ist zum Gouverneur von Neu- Süd-Wales ernannt worden.

7. Februar. (W. T. B.) Während auswärtige Zeitun- gen sehr weitgehende Mittheilungen über einen drohenden Konflikt zwishen Nußland und Rumänien bringen, liegen, wie glaubhaft mitgetheilt wird, im Auswärtigen Amte hier nur Berichte vor, daß Rumänien in der Grenzberich- tigungsfrage eine sehr feste Haltung eingenommen, und daß Rußland Protest erhoben habe. Eine weitere, diese An- gelegenheit betreffende Jnformation ist dem Auswärtigen Amte niht zugegangen.

Liverpool, 6. Februar. (W. T. B.) Aus Veran- lassung der Eröffnung des hiesigen liberalen Klubs fand heute ein Banket statt, welhem der Marquis von Hartington beiwohnte. Derselbe führte in einer längeren Rede aus, daß es eine Uebertreibung sein würde, wenn man behaupten wollte, daß die Regierung vollkommen verantwort- lih sei für die ungünstige Lage des Landes. Ebenso würde es aber auch eine Uebertreibung sein, wenn man be- haupten wollte, daß die Minister ohne jede Verantwortlichkeit seien. Die von der Regierung befolgte Politik habe dazu bei- getragen, die Unsicherheit in ganz Europa hervorzurufen, welche die direkte Ursache der traurigen Lage Englands sei. Hartington suchte zu beweisen, daß der Krieg gegen Afghanistan das direkte Resultat der von der Regierung während der orientalischen Krisis beobahteten Politik sei. Sdhlicßlih erklärte der Redner, daß die Opposition, indem sie die Politik der Minister fortgescßt einer Kritik unterzog, den Zweck verfolgt habe, das Land in den Stand zu seßen, ein verständiges Urtheil über die auswärtige Politik der Re- gierung zu fällen.

_Frankreih. Paris, 7. blique française“ meldet, officiel“ die Ernennung

Februar. Die „Répu- daß das heutige „Journal Z mehrerer Unter -Staats- sekretäre veröffentlihen werde. Sadi Carnot ist zum Unter - Staatssekretär der öffentlihen Arbeiten, René Goblet, Deputirter, zum Unter-Staatssekretär im Justiz- Ministerium und Turquet zum Unter - Staatssekretär im Unterrichts-Ministerium ernannt worden. Der General- Direktor der shönen Künste, Guillaume, hat seine Ent- lassung gegeben, ebenso der Vize-Präsident des Staatsraths, Andral. Dem Präsidenten Grévy is von dem Großkanzler, General Vinoy, der Großkordon des Ordens der Ehrenlegion überreiht worden,

Versailles, 6. Februar. (W. T. B.) Der Präsi- dent Gambetta eröffnete die heutige Sißung der DepuU- tirtenkammer mit einer kurzen Anjsprache, in welcher er der Kammer für seine Wahl zum Präsidenten dankte und hervorhob, daß Frankreich die Republik gewollt habe, daß die Deputirten die Republik gewollt hätten, und daß die Depu- tirten die Republik gerettet hätten. Der Friede werde ge- sichert sein, ebenso wie die Freiheit, die in der öffentlichen Meinung und in der Gerectigkeit ihre Grundlage habe. (Beifall.) Hierauf erfolgte die Verlesung der Botschaft des Präsidenten Grévy. Jn derselben heißt es :

„Zndem die Nationalversammlung mih zum Präsidenten der Republik erhob, legte sie mir große Pflichten au; 10 werde mich unverzüglih daran begeben, dieselben zu erfüllen und werde glüdcklich sein, wenn ih mit der sympathischen Unterstüßung des Senats und der Kammer nicht hinter dem zurücbleibe, was Frankreih von meinen Bemühungen und meiner Hingebung erwarten darf. Da ih aufrihtig dem roßen Geseße des parlamentarischen Regimes zugethan bin, so werde ich niemals in einen Kampf eintreten gegen den nationalen Willen, wie derselbe durch seine verfassungsmäßigen Organe zum Ausdruck gelangt.“

Es heißt dann weiter: Bei den Geseßentwürfen, welche dem Votum der Kammer unterbreitet werden würden, sowie bei den dur die parlamentarische Jnitiative aufgeworfenen Fragen würde die Negierung \ih leiten lassen von den wirk- lihen Bedürfnissen und den bestimmten Wünschen des Landes, im Geiste des Fortschriits und der Beruhigung, sie werde \ih namentlich die Aufrechterhaltung der Ruhe, der Sicherheit und des Vertrauens angelegen sein lassen ; es sei dies der glühendste Wunsch Frankreihs und das gebieterischeste seiner Bedürfnisse. Jn der Anwendung der Geseße, welhe der allgemeinen Politik ibren Charakter und ihre Richtung gebe, werde sich der Gedanke ausprägen, der die Gesetze hervorgerufen. Die Regierung werde liberal und gerecht sein für Alle, sie werde len der Beschüßer aller legitimen Junteressen und der ent- hlossene Vertheidiger der Rehte des Staats. Jn ihrer Sorgfalt für die großen Institutionen, welche die Säulen des sozialen Gebäudes bilden, werde sie einen reihen Theil der Armee zuwenden, deren Ehre und deren Jnteressen der beständige Gegenstand ihrer angelegentlihsten Fürsorge seien.

Die Regierung werde, indem sie erworbenen Rechten und geleisteten Diensten volle Rechnung trage, heute, wo die großen Gewalten der nämliche Geist beseele, welcher derjenige Frankreichs sei, darüber wachen, daß die Republik nicht von Beamten bedient werde, welche entweder deren Feinde oder deren Verleumder seien.

Die Negierung werde fortfahren, die guten Beziehungen zu erhalten und weiter zu entwideln, die zwishen Frankreich und den fremden Mächten beständen, und auf diese Weise bei- zutragen zur Befestigung des allgemeinen Frizvens. Mittelst dieser liberalen und wahrhaft erhaltend-z Politik würden die großen Gewalten der Republik, Ks einig, stets beseelt von demselben Geiste, stets mit Neeisheit zu Werke gehend, be- irten, daß die naturgem* en Früchte derjenigen Regierung zu Gute kämen, welche rankrei, belehrt dur Tine Unglücks- e sih gegeben habe, als die einzige, welt im Stande ei, seine

l ( uhe zu sia eri, und bei welcher es mit Nußen ar- beiten könne der Entwickelung seines Wohlstandes, seiner Stärke, “ner GröZze. ——

Die Botschaft wurde mit großem Beifall aufgenommen,

besonders bei den Stellen, welhe die Armee und die der Republik ergebenen Beamten betreffen. Die Rechte verhielt sih shweigend.

Louis Blanc stellte den Antrag, daß die Amnestie- fragé auf die Tagesordnung des nächsten Dienstags gesetzt werde. Der Minister des Jnnern beantragte dagegen, daß die Frage an die Abtheilungen verwiesen werde. Gam- betta sprach sih für die Verweisung an die Abtheilungen aus, welche auch von der Kammer beschlossen wurde.

Die Kammer vertagte si hierauf bis zum Dienstag, Mi T Tage auch die Budgetkommission gewählt wer- en soll.

. am Senat wurde die Botschaft des Präsidenten eben- falls verlesen und au sehr beifällig aufgenommen.

Türkei, Konstantinopel, 6. Februar. (W. T. B.)

Gutem Vernehmen nah ist der türkisch-russische Frie-

densvertrag nunmehr vom Ministerrath genehmigt und wird derselbe, sobald die Unterzeichnung erfolgt ist, dem Sultan zur Ratifikation unterbreitet werden.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 6. Februar. (W. T. B.) Nach von gestern vorliegenden telegraphischen Nachrichten befand sich in dem betreffenden Distrikt vorgestern ein Kranker.

7. Februar. (W. T. B.) Offiziel les Telegramm aus Astrachan vom 6. Februar: Jn Wetljanka und Um- gegend kein Kranker. Jn Silitrennoje ist von den am 3. verbliebenen 3 Kranken am 4. eine Person gestorben, eine gene}en, eine in Behandlung verblieben. Der Zustand des Kranken in Tschernojarsk ist unverändert. In Tscher- nojarsf 5, in Jenotajewsk 2 Grad Kälte.

Schweden und Norwegen. Christiania, 3. Fe- bruar. Die Thronrede, mit welcher Se. Majestät der König Oscar heute die 28. ordentliche Storthings- session eröffnete, hat folgenden Wortlaut :

Gute Herren und norwegis{e Männer ! Es ift cine Freude für Mich, Sie wieder zu fortgeseßter Arbeit für das Wohl des geliebten Vaterlandes persönalih willkommen heißen zu können.

Seit das Storthing zuleßt versammelt war, hat das freunds shaftlihe Verhältniß, das in so langer Zeit glüctlih zwischen den vereinigten Neichen und sämmtlichen übrigen Mächt:n bestanden hat, unverändert fortgedauert.

Das Land ist im vergangenen Jahre mit einer guten Ernte ge- segnet worden; aber im Uebrigen lastet fortgeseßt der Druck der leßten Jahre auf den Erwerbszweigen im Allgemeinen und auf eini- gen Haupterwerb8zweige insonderheit. Der Einfluß auf die Ein- nahmen des Staates konnte deshalb auf die Dauer nicht ausbleiben.

Neben den Maßnahmen, die das vorige Storthing zur Vermeh- rung der Staatseinnahmen bes{loß, erachte Ich cs fernerweit für nothwendig, daß zur Auflage einer Steuer auf Einkommen und Ver- mögen geschritten wird. Diesbezügliche Vorsläge, sowie aub ein erneuerter Vorshlag zur Erweiterung der Stempelabgabe werden dem Storthing aufs Neue vorgelegt werden.

Die neue Eisenbahnlinie von Christiania über Moß und Sredriks8s- stadt nah Fredrikshald ist zu Anfang diese: Jahres für den Verkehr eröffnet worden. Theils aus finanziellen, theils aus anderen Nüd- sihten erahte Ih es für zweckmäßig, die Autführung der noch restirenden bedeutenden Cisenbahnanlazen fo zu ordnen, daß dieselbe eiwas langsamer als früher geplant wurde, geshicht. Die Vorschläge, die dem Storthing in Betreff der fortgeseßten Bewilligungen zu diesen Anlagen vorgelegt werden sfollen, sind in Uebereinstimmung damit gebracht und werden von den nöthigen Mittheilungen und Er- klärungen begleitet scin.

Der Entwurf zu einem Gesetze, das die Grundzüge für die künftige Organisation dec Armee festseten soll, wird dem Stocthinge vorgelegt werden und in Verbindung dimit ein Vorschlag , be- treffend die Bewilligung zu theilweiser Durhführung der beabsih=- tigten Organisation.

Mehrere andere Geseßentwürfe, darunter einer über das Volks» shulwesen in den Städten und ciner über die niht normalen Schulen, werden gleichfalls dem Storthing vorgelegt werden, außer- dein cinzelne Geseßvorschläge, die dem lezten Storthing zugegangen, aber von diesem nicht b-handelt wurden, wiederholt werden.

Indem Ich hierdurch die Verhandlungen des Storthings für er- öffnet erkläre, erflehe Jh Gottes Segen über Ihre Arbeiten und verbleibe Ihnen, gute Herren und norwegishe Männer, mit aller Königlichen Huld und Gnade wohlgewogen.

Süd - Amerika. Brasilien. Nio de Janeiro, 20. Januar. (Allg. Korr., via Lissabon.) Der Finanz- Minister beabsichtigt, alle Arten von Einkommen und un- benußten Ländereien mit einer Steuer zu belegen. Hier eingegangenen Meldungen aus Ceara vom 11. ds. zufolge hat es daselbst während der leßten 5 Tage geregnet. Die Epidemie ist in der Abnahme begriffen, und die Sterb- lihkeit hat sih um die Hälfte verringert.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Pest, Freitag, 7. Februar, Vormittags. Jn einer Kon- ferenz der Minister wurden mit den rumänischen Delegirten Vereinbarungen getroffen behufs Entsendung einer Kommis- sion nah Rumänien, welche über die Gesundheitsverhältnisse in Bulgarien, Bessarabien und den von den Russen beseßten Gebietstheilen authentische fortlaufende Berichte erstatten soll. Rumänien gestattet Rußland nur wenige Einbruchsstationen. Die aus Rußland nah Rumänien kommenden Reisenden müssen ein rumänisches Certifikat haben darüber, daß sie sich den entsprehenden vorgeshriebenen Maßnahmen unterzogen haben. Die rumänische Regierung wird dahin zu wirken suchen, daß die russishen Etappenlinien weiter ostwärts gelegt werden und daß westlih von denselben längs der Donau und des Pruth ein Kordon gezogen wird und der Schiffsverkehr auf der oberen Donau freibleibt.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statistishen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Stan desämtern in der Woche vom 26, Januar bis incl. 1. Februar cr. zur Anmeldung gekommen: 140 Eheschließungen, 871 Lebendgeborene, 142 Todtgeborene und 504 Sterbefälle.

In Kapitel X. des dritten Hestes des Verwaltungs8- 22rihtes der Stadt Leipzig für die Jahre 1866—1877 (herau?- gegeben von Ernst Hesse, Direktor des städtischen statitishen Bureaus z im Verlage von Duncker u. Humblot in Leipzig) werden die Gesund- heits- und Sterblichkeitsverbhältnisse der Bewohner Leipzigs behandelt. Wie die Gesundheit ein unschäßbares Gut ist, so ift sie auch unmeßbar. Wenigstens läßt sih die Gesundheit direkt weder statistisch noch sonstwie messen; man muß sich mit der e obahtung ihrer Kehrseite, der Krankheit, begnügen. iese Statisti entbehrt indeß noch gegenwärtig aller praktische", Vorauésezungen, dagegen ist die Sterblichreits- (Mortalitäts-) Statistik von jeher mit Vorliebe gepflegt worden, und läßt diecelbe tiefe Blicke in die Nitalitätsverhältnisse der Bevölkerung w“.cfen. Es starben in Leipzig

- A "875 ännlice, 1548 incl. der Todtgeborenen: im Jahre 1875 1825 männliche, 1 weibliche Personen im Jahrs 1876 1743 männliche, 14476