1879 / 35 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 10 Feb 1879 18:00:01 GMT) scan diff

des Herzogt“,ams Sleëwig zu détnselben. Die Beschlüsse unter« liegen der Genehmigung der Ressort-Minister.“ i :

„Î. 15. Bei der Beaufsichtigung der von der Bezirksregierung auf Vorschlag des Landcsdirektors zu bezeichnenden und durch das Amiskblatt bekannt zu machenden wichtigeren Nebenwege findet eine Mitwirkun; der ständ schen Wegebaub:amten nach Maßgabe einer von der Bezirksregierung und dem ständishen Verwaltungs- auts{usse unter Genehmigung der Ressort-Minister zu treffenden Vercinbarung ftatt. Auf diese Wege finden die Bestimmungen der S8. 221 bis 227 der Wegeverordnung vom 1. März 1842 Anwen- dung, wogegen in Betreff des Baues und der Unterhaltung der übrigen Wege die Vorschriften des §. 228 a. a. O. maßgebend bleiben.“ A L i

Der Berichterstatter, Herr Riemann, empfahl die Annahme dieser Anträge und nachdem auch die Herren von Thaden und Dr. Forhhammer im Namen der Bewohner der betreffen- den Provinz sich für dieselben ausgesprochen, wurde auf Antrag des Grafen Rittberg der Geseßentwurf mit den Aende- rungen der Kommission en bloc angenommen. :

Der lebte Gegenstand der Tagesordnung war der münd- liche Bericht derselben Kommission über den Geseßentwurf, be- treffend die Nadfelgenbeshläge der Fuhrwerke in der Provinz Hannover. Der Neferent Herr Theune empfahl, dem Geseßentwurf in der vom Abgeordnenhause be- schlossenen Fassung zuzustimmen. Nachdem noch Herr Nasch fih im gleichen Sinne ausgesprochen, wurde auf Antrag des leßteren au diefes Geseß en bloc angenommen und um 2 Uhr 20 Minuten die Sißung geschlossen.

—Jnder heutigen (10. )Sißung des Herrenhauses, welche der Präsident um 1U/, Uhr eröffnete, und welcher mehrere Regierungskommissarien beiwohnten, berieth das Haus zunächst den Bericht der Kommission für Staatshaus- halts- und Finanzangelegenheiten über den Geseßentwurf, be- treffend die Neorga nisation der drei vormals - sishen Stifter Merseburg, Naumburg und Zeiß. Die Kommission hat den Gesetzentwurf mehrfachen Aende- rungen unterzogen, welche von den Veshlüssen des Abgeord- netenhauses abweichen und die Regierungsvorlage im Wesent- lichen wieder herstellen. Der Referent Herr von Dechend empfahl selbst auf die Gefahr hin, daß das Geseß wiederum nicht zu Stande kommen sollte, den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses nicht zuzustimmen, sondern das Gesetz in der von der Kom- mission beschlossenen Fassung anzunehmen. Jn der General- disfussion über. diesen Antrag wies zunächst Graf Nittberg darauf hin, daß die Fonds dieser Stifter in hervorragender Weise zu Kirchen- und Schulzwecken verwendet würden, daß es deshalb im Jnteresse der Nation liege, diese Sitsler t ihrcr wohlthätigen Wirkung zu erhalten und nicht in dem Sinne zu reorganisiren, wie es die Beschlüsse des Abgeord- netenhauses herbeizusühren bemüht seien. (Schluß des Blatts.)

Jm weiteren Verlaufe der vorgestrigen (47.) Sizung ging das Haus der Abgeordneten zur Berathung des Etats der allgemeinen Finanzverwaltung über. ZU diesem Etat beantragte die Budgetkommission, vorbehaltlich der definitiven Feststellung von Kapitel 11, Tit. 28 und Tit. 31 der Einnahmen, denselben unverändert zu bewilligen, Der Neferent, Abg. Nikert, erklärte, daß beim Verkauf der Staats- druckerei an das Deutsche Reih das Jnteresse der preußischen Finanzverwaltung nach jeder Richtung gewahrt sei.

Bei Kap. 60 Tit. 1 (Zuschuß zur allgemeinen Wittwen- verpflegungsanstalt in Berlin) beantragte Abg. Frhr. von Minnigerode, daß 8. 1c. des Gescßes vom 17. Mai 1856 na welchem die Wittwenpensionen, wenn der Chemann na drei- oder früher jähriger Ehe sterbe, “nicht voll gezahlt werden, abgeändert würde. Nachdein der Regierungskommissar Geheimer Ober-Finanz-Nath Scholz dies im FJnteresse der Penjtionskassen für unzulässig erklärt hatte, wurde der Antrag verworfen und der Titel unverändert genehmigt.

ZU Kap. 62 erklärte der Abg. Dr. Virchow, daß er den æinanz-Minister, wenn er zugegen wäre, gefragt hätte, welchen Standpunkt die Regierung zur Verwaltung der Güter der kurhessishen Nebenlinien einnehme : der Prinz Friedrich Wilhelm beshwere sich über eigenmächtige Veränderungen in der Substanz seines unter gerichtlicher Verwaltung stehenden Vermögens. Der Regtierungskommissar erklärte, daß der Finanz-Minister sih auf eine Stunde aus dem Hause entfernt habe, in der Erwartung, daß dieser Etat nicht so ras zur Debatte gelangen würde. Das Kapitel wurde bewilligt.

Es folgte die Verathung des Etats der Eisen- bahnverwaltung. Beim ersten Kapitel desselben {Kap. 15 Niederschlesish - MärkisWe Eisenbahn) em- pfahl der Referent Abg. Dr. Hammacher als Antrag der Budgetkommission, von einer Prüfung der einzelnen Titel abzusehen und die Einnahmen unverändert zu genehmigen. Die Prüfung dieses Etats habe der Kommission diesmal besondere Schwierigkeiten geboten, weil im Laufe des nächsten «ahres sich das Staatsbahnncß um rund 1000 Kilometer ver- mehre. Es trete noch hinzu, daß die neuen Strecken zum größten Theil Gegenden mit dünner Bevölkerung und geringer Gewerbthätigkeit durhzögen, und daß die Staatsbahnen nit blos den Privatbahnen gegenüber Verschiebungen des Ver- kehrs herbeiführten, sondern auch sich unter einander Kon- kurrenz machten; besonders die Linie Berlin-Wetßlar werde nicht blos die Einnahmen vieler Privatbahnen, sondern auch der Hannoverschen Staatsbahn shädigen. Es würden wohl überhaupt die wirklichen Einnahmen der Staatsbahnen im nächsten Etat wesentlich hinter den Voranschlägen zurückbleiben. Seit dem wahre 1874/75 seien die Gesammteinuahmen sämmtlicher Staatskahnen konftant geblieben, sie beliefen sid auf rund 159 Mülionen, obschon etwa 1000 Kilometer neue Eisenbahnen hinzugekommen seien. Auch in diesem Jahre sei feine Steigerung der Einnahme zu Tonstatiren, da nach den Ver- vffentlihuzgen im Staats - Anzeiger“ bis jeßt bereits 2 Villionea Mindereännahme gegen das Vorjahr sich ergebe. Welchen Antheil an diesen Erscheinungen neben der Wirth- s@aftslage und den niedrigeren Preisen der Materialien und Löhne ète Entwicklung unseres Staatsbahnwesens habe, welche Schlüsse daraus für unsere gesammte Eisenbahnpolitik, sowie für unsere Staatsfinanzen zu ziehen wären, darüber würde bei der Erörterung des Generalberichtes zu sprechen sein.

Hierauf richtete der Abg. Richter (Hagen) an den Han- dels-Minister die Frage, welche Stellung derselbe zu dem Ins halte eines Briefes des Minister - Präsidenten, welcher an einen deutshen Kollegen bezügli der Reform des Tarif- wesens gerichtet sei, einnehme? Der Handels-Minister habe erst vor einigen Wochen erklärt, daß er ein Neichs-Eisenbahn- geseß slr nöthig halte. Dann enthalte der Brief scharfe An- griffe gegen das bestehende Eisenbahnwesen, schärfere, als sie un März vorigen Jahres gegen die Verwaltung unter dem früheren Eisenbahn-Ministex gerichtet worden seien. Das

| Haus habe do das Jntkeresse zu wissen, ob dèr Minister diese

Charakteristik des Eisenbahnrechtes, Ausbeutung der Privat- intercssen durch lokale Behörden ohne geseßliche Kontrole, ob er diese Schilderung des Briefes für zutreffend hielte ; ob der Minister ferner auch der Ansicht sei, daß die Analogie der Post, der Chausseen, der Generalpähter finanzieller Abgaben auf die Eisenbahnverwaltungen in der dargestellten Weise zu- treffe, und ob er in Verbindung damit auch eine solche Mög- lichkeit einheitliher Regelung des Tarifwesens im Auge habe? Der Handels-Minister Maybach erwiderte hierauf, daß der qu. Brief nicht von dem „preußischen Minister-Präsidenten“, sondern von dem „Reichskanzler“ an einen deutschen Kollegen gerichtet sei und daß die Staatsregierung an der Gewohnheit festhalte, Angelegenheiten des Reichs in diesem Hause nit zu erörtern. Die Frage, „um die es si handle, könne gar nicht von ihm beantwortet werden, fondern werde, wenn sie an ihn gelange, vom preußischen Staats-Ministerium zum Austrag gebraht werden müssen. 1 i E Nachdem die Abgg. Dr. Nafse Und Dr. Lucius, die jeßt zum Wort gemeldet waren, Angesichts dieser Erklärung des Ministers auf das Wort verzichtet hatten, erklärte der Abg. Richter (Hagen), er sei im Grunde über diese Antwort nit befremdet, bedauere indeß die \chicfe Stellung des Fach- ministers, welche aus solhen Vorgängen hervorgehe , und glaube sich im Uebrigen dur die Erklärungen des Ministers nicht abhalten lassen zu sollen, in eine ausführliche Kritik des genannten Schreibens einzugehen. Jn demselben handle es sich um die Schilderung der gegenwärtig im Eifenbahnwesen bestehenden Zustände und um die Mittel der Abhülfe. Das Sthrei- ben sage, es bestehe eine Nechtlosigkeit der großen Jnteressenkreise der Bevölkerung gegenüber der Ausbeutung durch Privatinter- essen, und durch Lokalbehörden ohne geseßliche Kontrole; in dem- selben seien unsere Eisenbahnzustände ganz unrichtig geschildert. Unsere Bahnen befänden sich unter dem Eisenbahngescß von 1838. Nach demselben seien die Eisenbahnunternehmer Ge- zwungen, eine Konzession zu erwerben, und in derselben fei das Tariswesen aller Privatbahnen auf das Eingehendste ge- regelt. Das sei jeßt in weit höherem Maße der Fall als früher. Wir hätten jeßt ein allgemeines einheitlihes Klassi- fikationssystem für alle Bahnen, von dem keine Privatbahn ohne Genehmigung des Ministers abweichen könne. Wir hätten für alle diese Klassen unter Zustimmung des Ministers festge- jeßte Maximalsäte, es könne also auch keine Bahn das Publikum ausbeuten. Diese Maximalsäße unterschieden si sehr wenig von den für die preußischen Staatsbahnen bestehenden Normalfäßen.

der Maximalsäße Seitens des Bundesraths in Aussicht genom- men. Ausnahmetarife könne nur das Ministerium genehmi- gen, und werde diese Genehmigung auf Widerruf ertheilt. Es könnten also aus eigener Jnitiative der Regierung diese Ausnahmetarife wieder aufgehoben werden. Die Ausnahme- tarife seien gerade im Jnteresse der Landwirthschaft, der Kohlen- und Eisenindustrie, und zwar vielfach auf Verlangen der Regierung, eingeführt worden. Die Ausnahmetarife dien- ten zu nichts weniger, als zur Ausbeutung des Publikums in Privatinteressen der Eisenbahnen. _Differentialtarife könn- ten au nur nit Zustimmung des Ministers bestehen. Wir hätten selbsi gesehen, welche Wirkung eine einzige Nede des Minister-Präsidenten im März v. J. in diesem Hause auf die Umgestaltung des gesammten Holztariswesens in Deulschland gehabt habe und welch=4Rßnäßnen ergriffen worden seien zum Schuye der ‘Grünberger Weintrauben * gegen die ungarischen und zum Schuß unseres Mehles gegenüber dem nah den Niederlanden dur@gehenden ungarischen Mehl. Die Privat- eisenbahnen seien also in Bezug auf ihre Tariffreiheit auf das Aeußerste beshränkt, und man könne darin nicht weiter gehen, wenn das Privatkapital bei diesen Bahnen irgendwie rentabel sein solle. Die vom Rcichskanzler vor zwei Fahren berufene Sachverständigenkowmmission habe verneint, daß es möglich und räthlih sei, Einheitstarife auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens einzuführen. Die geschihtlihe Entwickelung unseres Eisenbahntarifwesens sei eine gerade entgegengeseßte. Anfänglich seien die Tarife viel mehr einheitlih gewesen, erst allmählich sei eine große Vielheit entstanden, welche wieder in den leßten Jahren durch die Bemühungen des Ministers Achenbach zu ciner größeren Einheit zurückgeführt worden sei. Das Publikum und die Jnteressenten meinten, man sei darin schon zu weit gegangen. Man wolle jeßt statt einer Stück- gutklasse zwei einführen und vie Ausnahmetarife vermehren. Man habe nämli endli eingeschen, daß die Einheit nicht blos Herabseßung, sondern auch Heraufsezung der Ta- rife bedeuten könne. Nichts würde den Interessen des Publikums mehr zuwider sein, als die in dem Briefe vor- geshlagene geseßliche Fixirung der Tarife. Wir hätten son an Zolltarifen genug. Wie käme nun der Brief zu folchen unmöglichen, unausführbaren Vorschlägen ? Auch der Hinweis auf die Analogie der Eisenbahnen mit der Post- und Chaussee- verwaltung sei nicht richtig. Der Besißer einer Chaussee gebe nur die Anlage, übernehme aber nicht den Transport. Den Unterschied von Post und Eisenbahn aber habe gerade die jeßige Wirthschaftspolitik klar gestellt. Man habe die Differential- tarife der ungarishen Weintrauben für die Eisenbahnen auf- gehoben und gleichzeitig für die Postpackete unter 5 kg den- jelben Tarif eingeführt, mögen die Trauben nun aus Ungarn oder aus Grünberg oder Naumburg kommen. Die Eisen- bahnen dürften ihre großen Traubenpaete nicht so billig aus Ungarn uns zuführen, wie \ie möchten, würden aber ge- swungen, für die Post kleine Traubenpackete aus Ungarn unentgeltlih zu fahren. Neu sei das in dem Briefe auf- gestellte Programm durchaus nicht, originell sei blos, daß dasselbe von maßgebender Stelle vertreten werde. Redner bemerkte s{ließlich, er wolle sich auf eine weitere Kritik des Briefes nicht einlassen, da der Neichskanzler niht im Hause anwesend sei, indeß müsse er doch die Besorgniß ausdrücken, daß es dereinst der deutschen Politik gefährlih werden könnte, wenn solche allgemeine Projekte von maßgebender Stelle ver-

öffentliht würden. Hierauf erwiderte der Handels-Minister Maybach, er

habe eben den Eindruck bekommen, als befände er sih im Reichstage. —Jn der That habe der Abg. Richter eine lange Auseinanderseßzung gehalten, wie man die Ausführung des Art. 45 Nr. Ix. der Reichsverfassung, der die einheitliche Regelung und Herabseßung der Tarife als zu erstrebendes Ziel hinstelle, sich denken könne. Es sei doch unzweifelhaft, daß man bestimmte Normen sich vorstellen könne, nach denen mit einer gewisser Latitüde in der That Tarife festgeseßt werden könnten. Wir hätten ja shor Normen in gewisser Bediehung, es seien bas die Maximaltarife, Den Tade; über den Reichskanzler lasse ex bei Seite, guf den wlirde, wie er denke, der große Staatsncgnn im victhstage selbst antworten.

Außerdem sei auch als geltendes Necht eine alljährliche Revision |!

Er glaube, daß der Reichskanzler \sich über den Tadel des Abg. Richter leiht hinweg jeßen könne. Es sei dann eine kleine, er möchte sagen, \kurrile Frage angeregt worden, die Frage wegen des Differentialtarifs für Weintrauben. Der Gedanke an die einheimischen Weintrauben habe ihm sehr fern gelegen, cr wollte nur das durchführen, was der Bundesrath beschlossen habe, nämlich keine Begünstigung aus- ländischer Produkte zu gestatten, wenn nit besondere Gründe vorhanden seien. Der ganze Éffekt dieser Maßregel bestche darin, daß das Pfund Trauben in Breslau 1,1 8, in Berlin 2,7 5 theurer würde. Habe das Einfluß auf den Konsum dieser Trauben? Sollten w.ir das Ausland besser stellen, wie das Jnland? Dann sei noch davon die Rede gewesen, daß die Aufficht über die Privatbahnen vermöge der Kon- zessionen vollständig ausreihe, um alle Ausschreitungen in Bezug auf das Tarifwesen zu verhindern. Fn gewisser Be- ziehung müsse er anerkennen, daß die Aufsichtsgewalt stark genug sei. Aber Eines könne sie nicht ; sie Tönne, wenn ihr nicht das besondere Necht dazu vorbehalten _Jei, eine Privat- bahn nicht zwingen, ihren bestehenden Tarif zu ändern, und darin liege ein Hauptmoment der Ungleichheit in der Ent- wiCelung unseres Tariswesens, die vielleicht den Ausdruck, daß eine Ausbeutung des Publikums stattfinde, in gewisser Beziehung rechtfertige.

Der Abg. Dr. Virchow erklärte, er könne den Standpunkt des Ministers nicht anerkennen. Das Haus dürfe nicht ver- gessen, daß Fürst Bismarck auch preußischer Minister-Präsident sei und das Haus das Recht habe, zu hören, wie sih der Han- dels-Minister zu dessen Programm verhalte. Wie komme denn der Minister dazu, auf den Reichstag zu verweisen ? Redner möchte von vornherein darauf aufmerksam machen, daß diese Methode nothwendig zu dem Gegentheile von dem führe, was man damit beabsihtige. Während die Regierung sih anschicke, die cinheitlihe Einrichtung des Reiches zu stärken, stärke sie thatsählih den Vartikulariëmus. Man sollte vom Standpunkte der deutshen Politik es vermeiden, die Leute in die partikularistishe Strömung bineinzutreiben. Die jetzige Agitation sühre in allen deutshen Staaten endlich dahin, daß sich auch die Elemente, welche wesentli dem eiche zustreben, mehr und mehr entschließen müßten, auf die par- titularistishe Bahn zu treten, um womöglich ihre Minister wieder selbständig zu mahcn. Die Unsicherheit, welche jeßt im Eisenbahnwesen herrsche, erkläre sich nur daraus, daß fein Mensch mehr wisse, was binnen 3 oder 4 Monaten geschehen werde. Wolle die Regierung Staatsbahnen, \o möge sie dies doch mit einem Male durchführen. Jeßt ruinire die Politik der Regierung die Bahnen stückweise, um sie dann billig zu kaufen. Das sei ein System, das nicht \{hwer genug verurtheilt werden könne.

Der Staats-Minister Maybach wies leßtere Beschul- digung auf das Bestimmteste zurück. Er sei sich bewußt, den Privatbahnen gegenüber auch als Verwalter der Staats- bahnen alle Nücfsihten der Loyalität und Billigkeit beachtet zu haben. Er halte es für unrihtig und des Staates nit würdig, die Privatbahnen zu ruiniren, um fie demnächst billig in seinen Besiß überzuführen. Auch damit sei er cin- verstanden, und die Nothwendigkeit trete an die Regierung heran, nicht dazu überzugehen, wie bisher im Drange derx Beit geschehen sei, theilweise die Bahnen zu erwerben, sondern die Regieru"g werde, wenn sie mit einem solchen Geschäfte vorgehe, dem Hause eine große Perspektive zeigen, und cine ganze Gruppe von Bahnen kaufen.

Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, wenn der Minister dem Hause eine weitere Perspektive eröffne, so müsse es ver- langen, daß er si zuerst mit der Mehrheit verständige und mit ihr vereinbare, bevor er zum Handeln übergehe. Statt dessen sche man ihn nach allen Seiten handeln, bevor er si noch der Uebereinstimmung mit der Mehrheit über eine folche generclle Ermächtigung versichert habe, und daß, wenn erx dem Hause eine Perspektive eröffne, er zugleih mit fertigen Vor- schlägen vor dasselbe zu erscheinen beabfihtige. Einjtweilen, bis zur Diskussion der Anträge der Budgetkommisstdn, müss er Verwahrung dagegen einlegen, daß aus den leßten Worten des Ministers eine Uebereinstimmung mit den Ansichten auf der linken Seite des Hauses entnommen werde.

Hierauf wurde die Diskussion geschlossen. Persönlich be- merkte der Abg. Dr. Virchow, daß er nicht gesagt habe, die Regierung wolle die Privatbahnen ruiniren, sondern nur, daß die Politik der Regierung diesen Erfolg habe.

Kap. 15, Etat der Niederschlesis{ch:-Märkischen Bahn, wurde bewilligt, desgleichen der Etat der verschiedenen anderen König- [ichen Staatsbahnen. Bei Kap. 20 (Hannöversche Staatsbahn) erklärte der Staats-Minister Maybach auf Ansrage des Abg. Rickert, daß die Regierung die Bedeutung der s{malspurigen Sekundärbahnen zwar nicht verkenne, derartige Projekte aber kaum werde unterstüßen können, da der Regierung eine so große Zahl von Subventionsgesuchen normalspuriger Sekundär- bahnen von niht geringer Bedeutung vorliege, so daß die disponiblen Fonds denselben auf lange Jahre nicht gerecht zu werden vermöhten.

Der Abg. Windthorst (Meppen) brachte die wiederholten Unfälle auf der Köln-Mindener Bahn zur Sprache und glaubte sie dadurch zu erklären, daß auf dieser Strecke zu ]chnell gefahren werde, namentlih durch die Bahnhöfe. Wich- Her als die Naschheit der Fahrt sei die Sicherheit der Rei-

enden. | Der Staats-Minister Maybach erwiderte, der höchst be- dauerliche Unfall bei Porta, welcher dur einen Radreifen- sprung veranlaßt worden sei, habe niht auf ein Versehen eines Beamten zurückgeführt werden können; übrigens habe er sofort nach dem Bekanntwerden des Falles einen besonde- ren Kommissar nah der Unglücsstelle gesandt, dessen spe- ¡ieller Bericht ihm aber noch niht vorliege. Darüber, daß bei einzelnen Zügen zu {nell gefahren werde, könne er den Vorredner insofern beruhigen, als die Fahrgeschwindigkeit nah den besonderen Verhältnissen der Gegend festgescbt sei. Er fönne übrigens nur wünschen, daß bezügliche Wahr- nehmungen möglichst zu seiner Kenntniß gebracht würden, da er stets Veranlassung nehmen werde, Untersuchungen eintreten zu laffen.

Zum Etat der „Nassauischen Bahn“ (Kap. 22) beshwerte fi der Abg. Dr. Virchow, daß deren Direktion den Stations- Buchhändlern den Verkauf der „Frankfurter Zeitung“ verboten habe, und daß der Handels-Minister eine Beschwerde darüber zurückgewiesen habe. Es sei echt polizeisiaatlih, den Reisenden ihre Lektüre verbieten zu wollen. :

Der Handels-Minister Maybach bemerkte, {on im vorigen Sommer und auch früher seien zahlreihe Beschwerden eingegangen, daß auf den Bahnhöfen sozialdemokratische Vlätter kolportirt würden. Außerdem hätten sih Klagen über

die Verbreitung unsittliGer Schriften erhoben. Die Regierung habe fih hierdurch veranlaßt gesehen, Blätter, welche gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die Sittlichkeit verstießen, zu verbieten. Was die „Frankfurtec Zeitung“ angehe, so sei sie verboten von der Bahndirektion im Einvernehmen mit der dortigen Regierung. Dies Blatt sei übrigens auch im Reichslande verboten.

Der Abg. Windthorst (Meppen) hielt die vom Minister bezeihneten Schriftenkategorien ebenfalls für solche, die zu ver- bieten seien, hielt aber die Eisenbahn-Direktionen nit für die zur Prüfung geeignete Jnstanz. Speziell liege hier ein Miß- riff vor, die „Frankf. Z3tg.“ widerstreite weder der Sittlich- eit noch der öffentlichen Ordnung. JFhr Verbot schädige namentlich das Handelspublikum, für welches die „Frankf. Ztg.“ sehr wichtig sei.

Der Handels-Minister Maybah war mit dem Vorredner

darin einverstanden, daß niht die Bahnverwaltung zu entscheiden habe, ob ein Blatt der öffentlihen Ordnung ge- fährlich fei. Aber im vorliegenden ¿Falle habe die Negierung in Cassel dies als Landespolizeibehörde entschieden, nicht die Bahndirektion. Die handelspoliti}che Bedeutung des genann- ten Blattes erkenne auch er an. ____ Der Abg. Dr. Häpel be:weifelte, ob die Polizei rechtlich in der Lage sei, den Verkauf nit verbotener Blätter auf den Bahnhöfen zu untersagen. Der Handels-Minister sei und bleibe verantwortlich dafür, daß die öffentlichen Bahnhöfe ge- mißbrauht würden zum Zummelplaßz der politischen Polizei. Er sage das, obgleich ihm die „Frankf. Ztg.“ unsym- pathish sei.

__ Der Abg. Dr. Lasker war ebenfalls mit dem Verbote UNzU- frieden und bedauerte, daß der Minister die Angelegenheit der unsittlichen Bahnhofslitcratux vermischt habe mit der poli- tischen Frage eines Zeitungsverbotes. Wenn der Minister die „Srankfurter Zeitung“ für handelspolitisch beahtenswerth erachte, 10 liege es vielleicht daran, daß sie für das Staatsbahn- System eintrete.

___ Der Handels-Minister Maybach bemerkte, das Verbot sei nicht erfolgt auf Grund eines Gesetzes, fondernauf Grund eines Paragraphen in dem Kontrakte der Direktion mit dem Colpor- teur, wona leßtere ermächtigt sei, Druckschriften vom Ver- kaufe auszuschließen. Von dieser Vollmacht habe die Direktio1 Gebrauch gemacht.

_ Der Aba Dr, Majunke beklagte si, daß in Nheinland, Westfalen und Oberschlesien ¡hon seit Fahren und ähnlih im Elsaß ultramontane Blätter vom öffentlihen Vertriebe auf den Bahnhöfen ausges§Glo}sen wären.

_Der Abg. Windthorst (Meppen) behielt \ich vor, cinen auf das Verbot bezüglichen Äntrag beim Etat des Ministeriums des Fnnern einzubringen, zu welchem Ressort die Sache mehr zu gehören scheine.

Der Abg. Graf Limburg-Stirum erklärte, er sei der Mei- nung, daß der Handels-Minister volllommen forrekt gehandelt habe; er habe gethan, was Jeder in seinem Hause zu thun berechtigt fei. __ Ein Maun, der gegen den ersten Neichs- beamten so auftrete, wie Herr Sonnemann und sein Blatt, mache solhe Maßregeln nöthig.

Der Abg. Frhr. von Schorlemer-Alst betonte, die Staats- bahnen seien nicht Privateigenthum des Ministers, also vom Hausrecht könne nicht die Rede fein. Man könne do nit jedes Vlatt verbieten, das der Regierung unangenchn fei. Die Regierung solle ihre Aufmerksamkeit lieber der unsittlizen Literatur zuwenden, die immer nochch große Verbreitung auf Bahnhöfen finde. Aus der Polizei- gewalt, die in den Zeitungsverboten si bekunde, spreche gerade leine Empfehlung für das Staatseisenbahnsystem, zumal, da jolhe Maßregel nicht die Zeitung, sondern die Freiheit des Publikums träfen, das man wie unmündige Kinder behandle.

Nach einigen Bemerkungen der Abgg. Dr. Lasker und Graf Limburg-Stirnm erklärte der Handels-Minister Maybach, daß in Folge der beutigen Debatte nochmals untersucht werden würde, ob der Zeitung Unrecht geschehen sei. Wenn dies der Fall sei, so werde das Nöthige dagegen veranlaßt werden,

Nach cinigen weiteren Bemerkungen der Abgg. Richter und Windthorst (Meppen) wurde Kap. 22 genehmigt.

_ Xen Kap, 26, Tifel 1 Oberschlesische Bahn, klagten die Abgg. von Lyskowski und Hundt von Hafften darüber, daß die Kohlentransporttarife aus den {chlesishen Steinkohlen- werken fo hohe seien, daß z. B. in Ost- und Westpreußen die englische Kohle billiger sei, als die schlesishe. Auch dieser Titel wurde bewilligt, worauf sich das Haus um 41/, Uhr vertagte.

2 On der vorgestrigen (48.)Abendsißung, welcher

der Staats-Minister Maybach und mehrere Kommissarien bei- wohnten und die um 71/2 Uhr vom Vize-Präsidenten Klotz eröffnet wurde, seßte das Haus der Abgeordneten die Berathung des Eisenbahnetats fort. Bei Kap. 22 der Ausgaben (Niederslesisch-Märkische Bahn) erwiderte der Han- dels-Minister auf eine Anfrage des Abg. Lüders, daß auch die Staatsregierung in der großen Zahl selbständiger Eifenbahn- direktionen eincn Luxus erblicke und daß sie deshalb eine Ver- minderung derselben beabsichtige. Die Berlin-Weßlarer Bahn werde eine einheitliche Verwaltung erhalten. Er hoffe übri- gens, 1m näthsten Zahre einen anderweitigen Orgzanifations- plan für die Staatsbahnen vorlegen zu Eönnen, der diesen Gegenstand zur Erledigung bringen und das Verftchrsinteresse wesentlih berücksihtigen werde. s : , Der Abg. Berger (Witten) bedauerte das Ueberwiegen des juristischen Elements in den Direktionen. Er verlange nit die vollständige Beseitigung dieses Elements, wohl aber eine Gleichstellung der Verwaltungs- und der technishen Beamten mit den Juristen. Nedner wünschte überhaupt die Zulassung der Techniker und Maschinen-Fngenieure zu den höheren Be- amtenstellen.

Der Handels-Minister hielt die Beschwerde nicht für be- gründet. Eine Bevorzugung des juristischen Elements finde nicht statt, es werde das auch ‘nit beabsichtigt. Das Kapitel wurde bewilligt.

-Vei Kap. 24 (Ostbahn) beschwerte sih der Abg. Dr. Kolberg darüber, dab das Handels-Ministerium dem Projekte des Baues ciner Sekundärbahn Allenstein-Kobbelbude den Vorzug vor dem Projekt Allenstein-Braunsberg gegeben habe. Leßtere Stadt habe durch den Bau der Bahn nach Eydkuhnen nicht Vortheile, sondern Schaden gehabt. Braunsberg sei durch die

stbahn heruntergekommen. Die Mehrkosten können nicht das bestimmende Montent für die Entscheidung gewesen sein, denn e Strecke sei nur ca. 3 Meilen kürzer. Der Zweck einer Sekundärbahn sei ja überhaupt nur der, die Gegend für den

erkehr zu eröffnen und sie zu heben. Die Ostbahn selbst werde aber durch den Bau einer Bahn Allenstein-Kobbelbude

wenig Vortheil erzielen. Er bitte deshalb um Herstellung der Sekundärbahn Allenstein - Braunsberg. Nachdem der Abg. Nöstel (Gerdauen) der Negierung empfohlen hatte, an dem ursprünglihen Projekte festzuhalten, wurde das Kapitel be- willigt.

Die Budgetkommission beantragte :

„Dem Landtage im künftigen Jahre eine Zusammenstellung der Ergebnisse der Schienensubmissionen vorzulegen und zuglei) Mittheilungen darüber zu machen, wie weit si bei solhen und andere: Submissionen für die Staatseisenbahnverwaltung Koali- tionen von Lieferanten zum Zwecke der Erzielung höherer Preise bemerkbar gemacht haben.“ j

Der Abg. Nichker (Hagen) mate auf die erhebliche Ueber- produfktion der deutshen Schienenwerke aufmerksam, welche dieselben nöthige, eiwa 3 Millionen Centner jährlich mehr zu exportiren, als importirt würde. Um diesen Export zu er- leihtern, habe fi cine Koalition deutscher Schienenfabrikanten gebildet, die bei allen Submissionen von deutschen Eisenbahn- verwaltungen die Preise um etwa ein Achtel höher hielten, als die englischen Werke, während sie nach dem Auslande billiger verkauften. Deutschland müsse also zu Gunsten des billig kaufenden Auslandes eine sehr erhebliche Last tragen. Noch habe die Negierung die Möglichkeit, dur Zulassung der englischen Konkurrenz diese Preise einigermaßen zu reduziren, sobald jedo, wie beabsichtigt, der Centner Schienen mit 1 M Zoll belastet werde, würde diese Konkurrenz gänzlih ausge- schlossen.

_ Der Abg. Nöstel erinnerte an die im vorigen Fahre gefaßte Resolution, welche die Negierung um eine generelle Prüfung und eventuelle Reform des Submisstonsverfahrens ersuchte.

Der Regierungskommissar, Geheimer Ober - Negierungs- Nath Rapmund ern iderte, daß die Regierung mit der Auf- stellung allgemeiner Bestimmungen beschäftigt sei.

Der Abg. Berger bemerkte den Abg. Richter, daß die Ueberproduktion nur durch den plöglich gesteigerten Bedarf hervorgerufen sei, den vorzugsweise auch die Beseitigung der Eisenzölle veranlaßt habe. Die Koalition habe nur den Zweck, die vorhandene Arbeit gleihmäßig an alle Unternehmer zu vertheilen, statt sie in die Hände eines Einzigen fallen zu lassen. Die ins Aus!and gelieferten billigeren Schienen seien von viel s{lechterer Qualität als die für die preußischen Bahnen gelieferten. Drücke man die Eisenwerke noch weiter herunter, so entziehe man dadurch gleichzeitig den Eisenbahnen erheblihe Transporte, weil zur Herstellung eines Centners Eisen 10 Centner Rohmaterialien gehören.

__ Der Abg. Nichter (Hagen) hielt es für zweckmäßiger, den Eisenbahnen dadurch zu helfen, daß man ihnen billigere Schie- nen licfere. Der Redner wollte näher auf die Eisenzollfrage eingehen, wurde aber wiederholt von dem Vräsidenten darauf aufmerksam gemacht, daß die Geschäftslage ein detaillirtes Ein- gehen auf diese Materie um so weniger räthlih mache, als der Reichstag dieselbe binnen Kurzem ausführlih erörtern werde. Redner bedauerte, daß cine so wichtige Frage über das Knie gebrochen werden müsse, da man den umfassenden Eisenbahnetat auf eine einzige Abendsitzung zufsammengedrängt habe. Der Abg. Dr. Cohn sprach seine Befriedigung darüber aus, daß die von der Regierung ausgearbeiteten allgemeinen Bestimmungen über das Submissionsverfahren, soweit die- selben bereits bekannt geworden, den Wünschen der Sachver- ständigen vollkommen entsprechen. Die Resolution der Budget- tommission wurde mit großer Majorität angenommen und die folgenden Titel bis Kap. 31 bewilligt.

ZU Kap. 32 beantragte die Budgetkommission,

die Negierung möge dafür Sorz:e tragen, daß dem Landtage mehrere Exemplare der Jahresberichte derjenigen Eisenbahngesell- sbaften zugehen, denen der Stagt auf Grund gesekliher Ver- pflihtungen Zuschüsse zu leisten hat, sowie derjenigen, deren Betrieb durch den Staat geführt wird.

Der Regierungskommissar erklärte sih mit dieser Reso- lution einverstanden.

__ Ver Abg. Nichter (Hagen) fragte, ob eine Verfügung in Betreff der literarischen Beschäftigung der Eisenbahnbeamten in neuester Zeit erlassen sei.

Der Staats-Minister Maybach erwiderte, er sei nicht dagegen, daß si die Beamten auch wissenschaftlich beschäftigen ; er wünsche nur im Allgemeinen zu wissen, worüber sie schreiben wollten, damit ihre Arbeit niht absolut im Widerspruch mit den Ab- sichten der Regierung stehe. Die Broschüre von Schwabe über Sekundärbahnen stelle eine solche Menge von Lokallinien auf, daß er sih der Anfragen gar niht erwehren könne, weil nan glaube, die Broschüre enthalte seine Auffassungen.

Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, dann würde doch wohl die einfache Erklärung genügen , die Arbeit sei eine Privat- arbeit ; cine solche Censur, wie sie der Minister einführe, würde alle wissenschaftlichen Bestrebungen der Beamten lahm legen. Die Resolution wurde genehmigt, ebenso die folgende :

die Staatsregierung aufzufordern, „in den Erläuterungen zum nächstjährigen Etat über die Aenderungen Auskunft zu geben, welche die Uebernahme des Betriebes auf den Staat bei der Hinter- pommerschen Eisenbahn in den Ausgaben herbeigeführt hat“; sowie weiter „in Erwägung zu nehmen, ob es niht finanziell und wirthschaftlich richtig ist, den Scbnellzugsverkehr auf der Berlin-

Dresdener Bahn mindestens außerha!b der eigentlichen Reisesaison

einzustellen.

Das Ausgaben-Extraordinarium beläuft sich auf 181 383 897 /( Fn Kapitel 10 Tit. 1 werden für einen Nangirbahnhof in Nummelsburg 600 000 6 gefordert. Ge- mäß dem Kommissionsantrage wurde eine erste Rate von 300 000 6 bewilligt. Zum Umbau der Güterbahnhöfe in Berlin (Tit. 5) wurden ftatt der geforderten 470 000 4 nur 360 000 6 bewilligt, zur Erweiterung des Bahnhofes Han- nover (Tit. 20) statt 300 000 nur 250 000 / Tit. 23 (zur Erbauung einer Gasanstalt auf Bahnhof Fulda 65 000 M) wurde gestrihen, Tit. 29 (zur Anlage eines Centralbahnhofes in Frankfurt a. M. fernere Rate) von 2 500 000. A6 auf

2 000 000 a ermäßigt und dabei nahstehende Resolution an- genommen.

Den Plan des Centralbaluhofes in Frankfurt a. M. einer erneuten Prüfung zu unterziehen, und dakei auf die größte Spar- samkeit NckXicht zu nehmen aud dem Landtage in oessen nächster Session den definitiven Plau vorzulegen und zuglei mit- zutheilen, i.1 welchen Perioden die Regierung die Vollendung der Anlage beabsichtigt. s

Schließlih genehmigte das Haus noh folgende zu diesem Etat beantragte Resolutionen der Kommission: Die Regierunz aufzuford:rn 1) künftig die Einnahmeans läge

aus dem Perfonenverkehr und dem Güterverkehr näher zu begrün- den, insbesondere durch zahleumäßige Angaben üker die von neuen Strecten zu erwartenden Einnahmen und über den Einfluß von Konkurrenzbahnen. 2) Ucber die Rentabilität wirth\{Gaftlid selbst-

ständiger Staatseisenbahnstrecken, für welche niht selbständige

Ctatsfapitel bestehen, alljährlich ausführliche fo weit dies nit mögli ift {äßungsweise Mittheilungen in vem Betriebsberichte,

und kürzere Mittheilungen in den Motiven ¿zu dem Etat bei Forderungen für Mehrausgaben bei solhen Strecken zu machen.

3) Bei der nätften Etatéberathung eine Uebersi(t mit;u- theilen über die Zabl der angemiethbeten Dienstwohnungen in großen Städten, und bei Etatéforderungen für Neubauten, inwie- weit in folchen beabsichtigt wird, Dienstwohnungen einzuriten.

4) Künftig bei Erwägung von Tarifänderungen für die Staatss babnen, welche auf die Einnahmeergebnuisse von Einfluß sein könzuen, auch das Finanz-Ministerium binzuzuziehen.

9) Künftig bei der Kentabilitätsberehnung der Staatsbaßnen in den Anlagen zum Eisenbahnetat auc in Betracit zu ziehen:

Bei dem Anlagekapital die im Jahre ver dem Etatsjahre und im Laufe des Etatsjahres hinzufommenden Aufwendungen für die während des Etatsjahres im Betrieb befindlihen Streen, sowie die lammtlihen Bauzinsen bei Berechnung des Ueberschusses des Etatsjahres die Ausgaben der Sentralverwaltung und die Ausgaben für Persionen, tcsgleiben die Unterschiede zwiscben den Grneuerungsfonds im Etat und dem normalen Berschleiß an Bahnanlagen und Betricbsmitteln, cndlih die Ausgaben in dem Ertraordinarium, welce n nit als zur Vermehrung des Anlagekapitals bestimmt darstellen.

Es folgte der Gejebentwurf, betreffend die Feststellung Des Staats3haush alts3-Etats, welcher in Einnahme und Ausgabe auf 711 500 758 /( festgestellt wurde, und zwar auf 652 622 066 f an fortdauernden und 58 878 692 6 an ein- maligen Ausgaben, und der Geseßentwurf, betreffend die Er - gänzung der Einnahmen, in welchem die Höhe der An1- leihe statt auf 73750 000 M4 auf 67 950 000 M. fixirt wurde. Das Haus genehmigte beide Geseße und vertagte ih um 11, Uhr.

Des ©

ißung Ç , welcher der J1 t1z-Minister Di

In der heutigen (48.) auses der Abgeordneten 7 Leon hardt, der Minister für die geisilihen 2c. Angelegenheiten Dr. Falk, der Minister des Innern Graf zu Eulenburz, der Handels-Minister Mayb2ch, der Finanz-Minister Hobrect und mehrere Regierungskommifsarien beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß ein Geseßentwurf, betreffend eine Ab- änderung des Geseßes vom 95. Dezember 1869 über die Hannoverische Kreditanstalt eingegangen sei.

Darauf trat das Haus in die dritte Berathung des Staatshaushalts-États pro 1879/80 ein. Der Abg. Richter (Hazen) richtete an die Staatsregierung dic Anfrage, ob sie nicht einen Gefegentwurf einbringen wolle, durch welchen die neue Veranlagung der Gebäudesteuer in Hindblick auf die geplante Steuerreform um ein Vierteljahr h! geschoben werden solle. Die jebige finanzielle Lage der Hausbefiger in den Städten sei nicht dazu angcthan, eine Erhöhung der Steuern ertragen fönnte. Der Finanz- Minister Hobrecht erkaunte zwar das Gewicht der Grünte des Vorredners bei der Frage einer Erhöhung der Gebäude- steuern, dieselben seien aber von keiner Bedeutung für den Zeitpunkt der Revision, der geseßlih festgestellt sei. Die Gebäudesteuer solle allerdings im Allgemeinen erhöht, aber auch

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gerechter vertheilt werden, inden sie für viele Orte ermäßig werde. Er könne demnach die Bitte des Vorredners nit erfüllen. Der Abg. von Ludwig bekämpfte ebenfalls die Aus- führungen des Abg. Richter (Hagen), die nur zu Gunsten der Städte und zum Schaden des platten Landes ausfallen müßten.

Bei dem Etat der Eisenbahn erwaltung lag ein Antrag des Abg. Dr. Virchow vor:

„Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

Die Königliche Staateregierung aufzufordern, dafür So tragen, daß der Verkauf von Zeitungen, deren Erscheinen d Gefeß nicht untersagt ist, auf den Eifenba Verwaltung nicht gehindert werde.“

Der Staats-Minister Maybach erklärte,

hnstationen dur

e | Jii Cu daß nach seiner «zMMformation vor seinem Amtsantritt eine Verfügung an di

e Direktionen der Staatsbahnen erlassen sei, wonach offen- fundig reihsfeindliche Blätter auf den Bahnhöfen nit feil geboten werden sollen. Diese Versügung habe er selbst in Bezug auf sozialdemokratishe und unsittlihe Schriften und auf die Photographien von Hödel und Nobiling in Erinnerung gebracht. Der Betriebsinspeftor in Castell und die Negierun in Wiesbaden hätten die „Frankfurter Zeitung“ für nicht reis freundlih gehalten und demgemäß von dem Debit auf den Bahnhöfen ausges{lo\sen. Sein Standpunkt sei der, daß das reisende Publikum in seiner Auswahl nur in Bezug auf ge- seglih verbotene Lektüre beschränkt werden dürfe. Er sei mit der Tendenz des Antrages Virchow einverstanden und habe eine entsprechende Verfügung bereits erlassen. Die beiden Abgg. Windthorst erklärten, sie begrüßten diese Erklärung mit Freuden, und der Abg. für Meppen konstatirte, daß diese Auf- fassung des Ministers nicht nur für die „Frankfurter Zeitung“, sondern generell maßgebend fei. Der Antrag Virhow wurde angenommen.

Der Abg. Richter (Hagen) erläuterte und begründet hierauf bei Sch{uß des Blatts folgenden von ihm gestellten Antrag:

„Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, in einer befonderen Denkschrift eingehend und ziffermäßig im Ein- zelnen darzulegen, welche Gründe die Beschränkung von Differential- tarifen seit dein März 1878 namentli in Bezug auf Holz, Mebl Weintrauben und Hammel veranlaßt haken und welche Wirkungen si aus diefen Maßnahinen für die betreffenden Konsumenten: und Produzeutenkreise, sowie für Eisenbahnea und SgHiffahrt ergeben baben“.

Die in der heutigen Börscn - Beilage abgedrudte labellarische Uebersicht der Wochenausweise deutscher Zettelbankenck vom 31. Januar schließt mit folgenden summarischen Daten ab: E

Ö 2 S, dem Landtage

Es betrug der gesammte Kassenbestand 641 248 000 /6 oder 8 643 000 6 mehr als in der Vorwoche. Der Wechselbestand in Höke von 562 349 000 {6 zeigt eine Abnahme um 4 089 000 Á, während die Lombard- forderungen im Betrage von 82 857 000 /¿ eine Zunahme un 1 093 000 6 nachweisen; ferner betrug der Notenumlauf 761 881 000 6 oder 10 531 000 M weniger als in der Vor- woche, während die sonstigen täglich fälligen Verbindlichkeiten mit 230 109 000 4 ein Anwachsen um 13 481 000 6 und die an eine Kündigungsfrist gebundenen Verbindlichkeiten mit 49 686 000 6 eine Zunahme um 64009 4 der Vorwoche gegenüber ergebett,

Der Kaiserliche Konsul in Cincinnati, Dr, jur. von Mohl, hat sich von hier aus vor einigen Tagen auf seinen Posten begeben.

Der General-Lieutenant von Strub berg, Com- mandeur der 19, Division, hat sich nach Hannover zurüd- begeben.

Bayern. München, 8. Februar. (AT1g. D) U die Kammer der Abgeordneten gelangien im Laufe des heutigen Tages drei neue Negierungsvorlagen: die Geseßentwürfe, betreffend 1) die Einführung des Geseßes vom

8. August 1878 über den Verwaltungsgerichtshof , 2) die Be-