1879 / 35 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 10 Feb 1879 18:00:01 GMT) scan diff

handlung der Geseßentwürfe über das Gebührenwesen und die Erbschafstssteuer (Wahl von Ausschüssen für beide Gegen- stände, welhe auch während der Vertagung der Kammern in Thätigkeit sein könne), und 3) die Kosten zur Dur&führung der Aenderungen in den Bezirken der inneren Verwaltung, sowie zur Ausführung e E und des Reichs-Gerichtsverfassunas-Geseßes. | i

ft 8. Ee (W. T. B.) Anläßlich der Justiz- und Verwaltungsorganisation hat die Regierung von den Kammern für Neu-, Erweiterungs- und Herrichtungsbauten einen Kredit von im Ganzen 890 340 4 verlangt. Hiervon sollen durch den Verkauf von verfügbar werdenden Amtsgebäuden 53 450 # und der Rest dur eine Anleihe gedeckt werden. : I

Die Abgeordnetenkammer hat den Geseßentwurf über die Bewilligung eines Kredits von W Millionen nah den Anträgen des Ausschusses mit 135 gegen 9 Stimmen an- genommen, ebenso den Antrag auf Beschleunigung der Ab- lieferung der Einnahmen an die Centralkasse. Hierauf wurde nach längerer Debatte der Antrag Kopp bezüglich einer Herabminderung der Militärausgaben troy des Wider- spruchs des Kriegs-Ministers angenommen.

Oefterreich-Ungarn. Wien, 8. Februar. (W. T. B.) Die „Pol. Korr.“ meldet aus Konstantinopel: Die Frage des Kostenersatßes für die türkischen Kriegsgefangenen ist dahin entschieden worden, daß die Pforte die bis zur Unter- zeihnung des Berliner Vertrages erwachsenen Erhaltungs- kosten vergütet, daß aber hiervon ein entsprehender Betrag für die von den Gefangenen in Rußland geleisteten Arbeiten abgezogen wird. Die Frist für die Ratifikation des definitiven Friedensvertrages ist auf vierzehn Tage festgescßt. Jn amtlichen Kreisen wird entschieden bestritten, daß es sih bei den in der Nähe von Xanthi vorgekommenen Krankheits- fällen um die Pest handle, es sei positiv, daß dort lediglich der Flectyphus aufgetreten sei. .

9. Februar. Die „Montagsrevue“ schreibt, sie glaube nicht zu irren, wenn sie annehme, daß eine offizielle Mit- theilung des Prager Friedens auch von österre:chisher Seite an die dänische Regierung nie erfolgt sei. Artikel 5 des Prager Friedens sei der lebte, nicht dunkle aber do unauf- geklärte Punkt in dem Verhältnisse Oesterreich - Ungarns zu Deutschland gewesen. Eine Klärung herbeizuführen, den Angelpunkt mögliher Differenzen zu beseitigen, dem Vertrauen der Gegenwart auch das Vertrauen in die Zu- kunft hinzuzufügen, sei ein Gebot der Staatsklugheit wie ein Gebot der loyalen Auffassung der Beziehungen beider Staaten zu einander gewesen. Wenn für Deutschland der materielle Werth des Erceichten auch ein größerer sein möge, so sei für Desterreih-Ungarn der ideale Werth gleichfalls ein nicht unerheblicher. Der Freundschaftsbund zwischen Deutsch- land und Desterreih:Ungarn sei niht von Jndividuen und von der wechselnden Strömung der Tagesmeinung abhängig; er ruhe vielmehr auf der gefesteten Basis klarer staatsrecht- licher Beziehungen, gegenseitigen Volksvertrauens und realer dauernder Jnteressen beider Staaten.

Die durch den Fürsten Lobanoff und Karatheodory Pascha gestern Abend erfolgte Unterzeihnung des rus- jish-türkishen Friedensvertrages wird durch aus Konstantinopel hier eingegangene Nachrichten bestätigt.

Pest, 8. Februar. Das Abgeordnetenhaus hat eute den Anleihegeseßentwurf in der Spezialdebatte unverän- dert angenommen.

Grofibritanuien und Irland. London, 7. Februar. Die Ernennungen des Earls of Dufferin zum Botschafter in St. Petersburg und des Lord Augustus Loftus zum Gouverneur von Neusüdwales sind heut amtlih publi- “ert worden.

9. Februar. (W. T. B.) Das „Reutersche Bu- reau“ meldet aus Konstantinopel: Die Uebereinkunft Englands mit der Pforte wegen käufliher Ueberlassung der auf Cypern befindlihen Staatsgüter sei zum Ab- {chluß gelangt; ein großer Theil der Liegenschaften verbleibe im Vrivathesiße des Sultans.

Nach Liverpool ist, um die Ordnung unter den Stri- enden aufrecht zu erhalten, eine aus 300 Mann Jnfanterie ind 80 Mann Kavallerie bestehende Truppenabtheilung bgesendet worden. von der Admiralität zur Untersuchung der Ursachen der Explosion eines Geshüßes auf dem „VHUNDEeVver Ciligeseble Kommission hab in ihrem Berichte konstatirt, daß das Geschüß ein Mal verfagt hatte, und daß es in Folge dessen noch einmal geladen und ab- gefeuert wurde, so daß si also gleichzeitig zwei Ladungen in dem Geschütze befanden. ies

Frankreich. Paxis, 8. Februar. Das „Jouvnal officiel“ vom heutigen Tage veröffentlicht die Ernennun g des Deputirten Cyprien Girerd zum Unter-Staatssekretär im Ministerium der Landwirthschaft und des Handels.

(W. D. B) Der Prasident GL6voy heuie das diplomatishe Corps und sprach seine hohe Befriedigung über die ausgezeihneten ziehungen aus, in denen Frankreich zu den auswärti- gen Mächten stehe. Er könne die Versicherung hinzufügen, daß die Regicrung der Republik alles ihr nur Mögliche thun werde, um jene Beziehungen zu kConsglidiren, und er bitte die Vertreter der fremden Mächte, ihren Negierungen seinen Dank zu übermitteln für die Bereitwilligkeit, mit welcher dieselben die Stellung ihrer Vertrcter bei der Regierung der französischen Republik geregelt hätten.

Îtalien. Nom, 8. Februar. (W. T. B.) Der italie- nische Gesandte Graf Maffei ist auf seinen Posten nah Athen zurüdckgekehrt. Das Ministerium hat heute der Kammer einen Gesehentwurf, betreffend die der Ge- meinde Florenz zu gewährende Entschädigung, vorgelegt. Nach dem Gefeßentwurf soll der Gemeinde Florenz eine jähr- liche Rente von 2 900 000 Lire unter der Bedingung zuge- billigt werden, daß dieselbe auf alle weiteren Entshädigungs- ansprüche verzihtet.

Die ,„Opinion e“schreibt : Jndem die italienishe Regierung dem rumänischen Gesandten erklärt habe, daß sie sich nicht von den übrigen Mächten trennen werde und demzufolge die Unabhängigkeit Numäniens vor [vollständiger Ausführung des Berliner Vertrages nicht anerkennen könne, habe dieselbe do die Gelegenheit erariffén, Rumänjen ihre Sympa- thien auszufbreWen und dessen legitime Forderungen in der Frage der Abgrenzung der Dobrudsccha gegen Silistria hin zu unterstüßen.

6

L

Mi V

N: V C

empfing dabei BE-

9. Februar. (W. T. B.) Der König hat heute den An der Abnahme sind hauptsählich fokge vv c Sta}-lartikel betheiligt:

rumänishen Abgesandten Nosetti in Audienz | empfangen.

Türkei. Konstantinopel, 7. Februar. (W. T. B.) Wie aus Regierungskreisen verlautet, scheint die Pforte in den Gegenvorschlägen, die sie den ihr unterbreiteten finan- ziellen Projekten gegenüber gemacht hat, niht abgeneigt, eine auswärtige Kontrole der Zollverwaltung zuzuge- stehen, welche so eingerichtet werden könnte, daß den bei den Finanzoperationen betheiligten Fnteressen alle wünschens- werthen Garantien gewährt würden. Die in Rede stehenden Finanzpläne haben die Zolleinkünfte des osmanischen Reiches zur Basis und bezwecken ausschließlih die Zurücckziehung des Papiergeldes und ein Arrangement mit den Jnhabern tür- kischer Fonds. s - S

8, Februar. Der russisch-türlifhe Friedens3- vertrag ift vom russishen Botschafter, Fürsten Lobanoff, und vom türkishen Minister des Auswärtigen, Karatheodory Pascha, heute Abend unterzeichnet worden. Die Russen beginnen bereits morgen mit der Näumung des türkischen Gebiets, die binnen 35 Tagen beendet sein soll. —Die Ueber- gabe von Podgorißa an die Montenegriner ist nach hier vorliegenden Nachrichten gestern erfolgt, Seitens der Montene- griner wurden mehrere türkishe Gebietstheile geräumt.

Jn Folge von Reklamationen einiger Mächte, darunter gtaliens, hat die Pforte über das von französishen Kapi- talisten durch den Marquis von Tocqueville gemachte Fi- nanzprojekt und über die bedingungsweise Ueberlassung einzelner Revenüen ihren auswärtigen Vertretern Aufklärungen zugehen lassen. Nach dem bezüglichen Vertragsentwurf wird die Pforte mit den Jnhabern türkischer Schuldtitel direkt verhandeln.

Griechenland. Athen, 9. Februar. (W. T. B.) Die griechishe Regierung hat eine Quarantäne von 21 Tagen für alle Provenienzen aus dem Asowschen Meere an- geordnet. Die grie hisch-türkische Grenzregulirungs- Kommission ist gestern in Prevesa zusammengetreten. Der türkische Kommissar, Moukhtar Pascha, erklärte, daß er keine Znstruktion erhalten habe, auf der Basis des Berliner Ver- trages zu verhandeln. Die griehischen Kommissare verlangen dagegen, daß die Verhandlungen auf der Basis dieses Ver- trages geführt werden. Heute treten die Kommissare aber- mals zu einer Berathung zusammen. Die Vermittelung der europäischen Mächte für die griehisch:türkishe Grenzregulirung wird als unvermeidlich betrachtet.

Montenegro. Cettinje, 9. Februar. (W. T. B.) Ein Telegramm des Kommandanten Bozo Petrovic aus Pod- gorißza bestätigt, daß die Montegriner ohne jeden Anstand Spuz, Podgoritza und Zabliak mit den dazu gehörigen Gebictstheilen beseßt haben.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 9. Februar. (W. T. B.) Nach einem offiziellen Telegramm aus Kon- stantinopel von gestern Abend is der russisch-türkische Friedensvertrag unterzeichnet worden. Unmittelbar darauf ist die Verständigung davon an die resp. Truppen- Commandeurs ergangen. Die Nückehr der Truppen geht sofort vor sih. Bezügliche Bestimmungen sind bereits früher getroffen worden. Die Ratifikation wird unverzüglih nach Eingang des Friedeusinstrumcnts erfolgen.

Osffizielles Telegramm aus Astrachan, von gestern: Jn Wetljanka und Umgegend kein Kranker. Aus dem Flecken Nicolajewsk, Distrikt Tsarewo, Gouver- nement Saratow, 600 Werst von Astrachan, wird ein Krank- heitsfall gemeldet, der zweifelhaft ersheint; der Gouverneur erwartet näheren Bericht von den Aerzten. Jm Dorfe Seli- trennoje und innerhalb des Quarantäne-NRayons sind einige neue Fälle der Epidemie vorgekommen, die tödtlich ver- liefen. Der Gouverneur hat sich sofort an Ort und Stelle begeben. 9 Grad Kälte.

9. Februar, Nachmittags. (W. T. B.) Der General- Gouverneur Graf Loris-Melikoff ist, wie aus Za- rizin telegraphisch gemeldet wird, heute Vormittag 10 Ühr mit seinem Gefolge dort eingetroffen und von den Behörden und einer sehr großen Volksmenge begrüßt worden. Zur Verstärkung des Sanitätskordons kommen fortdauernd Truppen in und um Zarizin an. Aus verschiedenen Theilen des Reichs, namentlich aus Moskau; gehen große Sendungen von Lebensmittelu und Medikamenten cin, die für das Gouverne- ment Astrachan bestimmt sind. Die Kälte hat in Zarizin seit eiwa zwei Tagen wesentlich nachgelassen.

10. Februar. Wie dém „Golos“ aus Zarizin, von 9. d. M., telegraphirt wird, traf mit_ demsclben Zuge, mit welchem Graf Loris-Melikoff ankam, auch ein Sanitäts- detahement, bestehend aus dem Professor Jacoby, 5 Stu- denten der medizinishen Akademie und dem Bevollmächtigten Jusseffowitsch, in Zarizin ein. {5 Be S E23

Offizielles Telegramm aus Astrachan, vom 9, d. Mts.: Jn Wetljanka und den umliegenden Ortschaften kein Kranker. Jn Selitrennoje erkrankte am 8. d. M. ein junges Mädchen an der Epidemie. Ueber den gestern gemeldeten Krankheitsfall in Nicolajewsk liegt noch kein weiterer Bericht vor. 8 Grad Kälte. -- #8 a

Amerika. Washington, 8. Februar. (W.- T. B.) Vor der Kommission zur Untersuchung der bei der leßten Präsidentenwahl vorgekommenen Wahlfälshungen wurde heute Tilden vernommen. Derselbe stellte auf das Be- stimmteste in Abrede, daß er von der Einleitung von Ver- handlungen zum Zwecke der Bestehung der Wahlcomités in ¿xlorida und Südkarolina Kenntniß gehabt, oder daß er solche Verhandlungen geargwohnt habe.

9. Februar. (W., T. B) Die Nepräseäntanten- kammer hat die Bill, betreffend die Armee-Neorganisa- tion, angenommen. Fn derselben wird das Zusammenzichen von Truppen in den Wahlpläßen an den Wahltagen für un- zulässig erklärt.

Getverbe und Handel.

Nach amtlicher Nachricht aus Konstantinopel ist __das für das Sandschak Gallipoli erlassene Verbot der Ausfuhr von Cerealien fernerweit auf die Dauer von zwei Monaten und das Ausfuÿrverbot für das Vilajet Trapezunt bis zur nächsten Ernte verlängert worden. ‘S SZAN

Der Auswcis des britischen Handelsamtes für Januar bekundet aufs Neue eine erhebliche Abnahme in der Ein- und Aus- fuhr des Landes. Im Ausfuhrwerth zeigt sih gegen Januar 1878 eire Verminderung von 73% und gegen Januar 1877 von beinabe 11%, nämli £ 14 196518 gegen £ 15 423 911 in 1878 und £ 15 946 080 in 1877, Der Rädckgang zeigte sih noch immer

bauptsäglich im Werthe der Ausfuhr, weniger in der Quantität.

Kohlen und Coak, Kupfer, Baumrollgarn, Baumwollfabrikate, Metallwaaren, Eisen und Stahl, Zucker, Wollen- und Kammgarn- stoffe. Eine mäßige Zunahme haben aufzuweisen: Kurz waaren, Jute und Leinenfabrikate, Dampfmaschinen und Seidenstoffe. Die Einfuhr verminderte sch im Januar gégen den entsprehenden Monat der beiden vorhergehenden Jahre um 132 resp. 20%, nämli von £ 32 899 380 und £ 30 609 956 auf £ 26 367 046. Etwa 33 Millionen £ der Gesammtverminderun

der Einfuhr im Betrage von 47 Millionen £ vertheilen \sich auf folgende neue Artikel : Kaffee, Totalfîumme £ 417 876. (— £ 155 254), Weizen, Totalsumme £ 1 866 634 (— L 558 270), Getreide und Mehl, Totalsumme 1895012 (— £ 1 155 303), Baumwolle, Totalsumme £ 3 870531 (— 703 6283), Kartoffeln, Totalsumme £ 43078 (— L 97787), Sämereien, Totalsumme £ 616515 (— £ 655 145), Thee, Totalsumme L 912283 (— £ 79719), Fremde Weine, Totalsumme 276 527 (— £ 174235), Bau- und Brennholz, Totalsumme £ 306514 (— £ 169 502). Andererseits figuriren Zucker, Talg und Schafs8wolUe mit einer mehr oder minder erheblihen Zunahme in der Verschiffung.

Brüssel, 8. Februar. (W. T. B.) Die Nationalbank hat den Diskont von 3F auf 3% herabgeseßt.

London, 10. Februar. (W. T. B.) Die hiesigen Ma- \chinenbauer haben wegen der Reduktion der Löhne um 7X °/ die Arbeit eingestellt.

Glasgow, 8. Februar. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 208 309 Tons gegen 170 700 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb bcfindlichen Hochöfen 86 gegen 88 im vorigen Fahre. | j

Washiugton, 9. Februar. (W. T. B.) Die Einfuhr von Vieh aus Canada nach den Vereinigten Staaten ist auf 3 Monate, vom 6. Februar ab gerechnet, verboten.

Verkehrs:Znstalteu.

Triest, 10. Februar. (W. T. B,) Der Lloyddampfer „Iris“ ist mit der ostindish-chinesishen Ueberlandpost heute aus Alexandrien hier eingetroffen.

Southampton, 8. Februar. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Frankfurt“ ift hier angekommen.

Nom, 8, Februar. (W. T. B.) “Die „Gazzetta ufficiale“ veröffentlicht den bereits gemeldeten Erlaß des Ministers des Innern vom 6. d. M., betreffend eine 29tägige Quarantäne für alle Provenienzen aus den Häfen des Schwarzen und des Asowschen Meeres, sowie aus den türkischen, griechisL©en und montenegrinishen Häfen. Gleichzeitig is angeordnet, daß auch die Provenienzen aus Aegypten, Tripolis und Tunis den Bestimmungen dieses Erlasses unterliegen.

Madrid, 8, Februar. (W. T. B) Die Regierung hat nunmehr auch für alle Provenienzen aus dem Aegäischen Meere die Quarantäne angeordnet. Alle Kauffahrteischiffe und alle Reisenden haben si in besonderen Quarantäne-Anstalten wähs- rend eines Zeitraumes von 7 Tagen der vorgeschriebenen Desinfektion zu unterziehen.

Kopenhagen, 9, Februar, (W. T. B.) Der Eistrans- port zwischen Korsör und Nyborg ift eingestellt.

New-York, 8. : Februur. (2. T. B) Der Dampfer „Denmark“* von der National-Dampfschiffs-Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.

Berlin, 10. Februar 1879,

Paris, 10, Februar. (W. T. B.) In tem Prozesse gegen den Direktor der Münze zu Bordeaux, Delebecque, wegen Unterschlagung von Silberbarren hat der Assisenhof zu Bor- deaux den Angeklazten zu 6jähriger Einschließung und 115 000 res, verurtheilt.

Im Verein für die Geschichte Berlins sprab am Sonnabend Hr. Dr. Bolle über die Vögel in Berlin, deren hier mindestens 75 Arten vorkommen (während Paris nur 54 aufzuweisen habe). Von Raubvögeln seien am häufigsten der Wander- falke, den Hühnerhabiht, der Thurm- oder Nüsselfalke, der Sperber; autnahmsweise selbst der Schlangenadler und der Stein- und Secadler. Von den Eulen sind die Schleier- eule und die mittlere Ohreule häufig; ebenso der Steinkauz. Von anderen Vögeln wurden außer dem Sperling und den Schwal- ben aufgezählt: das Hausrothshwänzchen, der Steinshmäßter , die weiße Bachstelze, Tauben im Zustande der Verwilderung und zahlreiche Singvögel. Vom Specht kommen 3 Spezies vor, von den Raben- vögeln der Kolkrabe und die Nebelkrähe, Der Storch hat Berlin längst verlassen. Die Enten sind versGwundenz Möwen und Eie- vögel sind seltene Gäste,

Der zweite Vortrag war von Hrn. Ferd. Meyer und behandelte das Thema: „Voltaire und seine Wohnstätten in Berlin“. Der Redner gab aber gleichzeitig eine vollständige Charakteristik Voltaire's und eine auéführlihe Schilderung seines Verhältnisses zum Könige Griedrich I1.!z

Die französische Schauspieler-Gesellscchaft im Saal- Theater des Königlichen Schauspielhauses brahte am Sonnabend „Los Esfrontés“ von Emile Augier zur Aufführung. Das Lustspiel ersien zuerst am 10. Januar 1861 auf der Bühne des- Théâtre - Français und wird den. besten Arbeiten Augiers zugezählt. Der Diwhter geißelt darin mit beißendem Spotte und großem tFreio muth die Shwächen der damaligen französishen Gesellschaft, ein Umstand, der das Stück für mehrere Monate zum Gegenstand leb- hafter Besprehung machte und auf dem Repertoire erhielt. Auch hier in Berlin ist dasselbe seit Jahren von früheren Aufführungen her bekannt und mit Beifall aufgenommea worden; es ist scenisch fehr wirksam gearbeitet und zei{Gnet si dur feine Charakteriftik und gewählten, humorvollen Dialog aus. Die Darstellung des Stückes darf die gegenwärtige Gesell- schaft zu ihren besten Gaben zählen Von den weiblichen Rollen treten zwei, die der Marquise d’Auberive und Clémence Charricr in den Vordergrund. In der leßteren fand Mdme. Subra Gelegenheit, ihr anmutbendes gefälliges Talent für dieses Rollenfah an den Tag zu legen, während Mdme. Claire Bel die s{chwierige Rolle der Marquise d’Auberive zu voller Geltung brachte. Ungleiw mehr Bedeutung und Gewicht als in die weiblichen Rollen hat der Dichter in die männlichen gelegt ; auf ihnen zumeist beruht die cigenartige Wirkung des Lustspieles. Den Bankier Charrier, einer jener Finanzmänner die sih damals zu ihren Zwecken mit Naffinement die Tagcépresse jdienstbar zu maten suchten, gab Hr. Blunio mit Geschick und Verständniß. Den Marquis d’Aubrive stattete Hr. Leon Noël mit vornehmer Würde und weltmännischer Tournüre aus, und Hr. Esquier entwarf in seinem Giboyer ein charakteristio des, sorgfältig ausgearbeitetes Bild eines Pariser Bobême. Neben ihnen zeichnete sih Hr. Leclère dur die ansprehende Verkörperung der Rolle des Journalisten de Sergine aus. Auch die Herren Ma- trat (Henry Charrier) und Schaub (Vernouillet) trugen ihrerseits zum Gelingen des Ensembles bei, Die Darstellung fand bei dem vollbeseßten-Hause-wiederhelt-Tlebhafte—Anerkennung-

Ihre Majestät die Kaiserin beehrte die Vorstellung mit Ihren Besuche.

Redacteur: J. V.: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

Drei Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

(1183)

zum Deutschen Reihs-An

i Nr. 6 des „Central - Blatts für das Deutsche Reih“, herausgegeben im Reichskanzler-Amt, hat folgenden Jn- halt: Allgemeine Verwaltungsfachen : Bekanntmachung, ketreffind Rinderpest; Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. Zoll- und Steuerwesen: Errichtung einer Uebergangsftelle. Münz- und Bankwesen: Uebersicht über die Ausprägung von Reichs - Goldmünzen; Goldankäufe der Reichsbank. Handels- und Gerwerbewesen : Bekanntmachung, betreffend die Abänderung der Bestimmungen über die Prüfuug der Apothekergehülfen. Marine und Sciffahrt: Begian von Seesteuermanns- und Seeschiffer- petfungen; Erscheinen des nautischen Jahrtuchs für 1881.

ofulatwesen: Ernennungen; Ermächtigung zur Vornahme von C Len,

Nr. 0 des „Amtsblatts der Deutschen Reiwhs- Post- und Telegraphenverwaltung" hat folgenden Suda; Verfügungen : vom 30. Januar 1879; Ausstellung der Nachnahme- Postanweisungen über die für Nacbnahmesendungen vom Auslande eingezogenen Beträge; vom 5. Februar 1879; Post-Dampfschiff- verbindungen zwischen Dänema:k, den Faröer und Island.

D L D bex „Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie“, Organ des Hydrographischen Bureaus und der Deutschen Seewarte, herausgegeben von der Kaiser- lichen Admiralität, 7. Jahrgang, 1879, hat folgenden Inhalt: Erläuterung zu der Stromfkarte der Rana tral, nah Beobach- tungen vom 28. Oktober bis 9. Dezember 1877. Von A. Franztius. (Mittheilung von der Deutschen Seewarte.) Aus den Reiseberichten S. M. S. „Ariadne“, Korv.-Kapt. von Werner. 1) Wind- und Stromverhältnisse im südlichen Stillen Ozean. April-Auguit 1878. 2) Hydrographische Notizen über einige Jnfeln im südlichen Stillen Ozean. Djzeanographische Becbachtungen im Atlantischen Ozean (1876 und 1878) an Bord S. M. S. „Elisabeth“, Kapt. z. Sce von Wickide. Eingänge von meteorologischen Journalen bei der Deutschen Seewarte im Monat September 1878 (Berichte von 10 Swiffen). Aus den Reifeberihten der Bremer Bark „Pallas“, Kapt. D. Balleer. Reise von Newcastle (N.-S.-W.) bis Singapore. Mai-Juli 1878. (Mittheilung von der Deutscen Seewarte.) Der Arcipel der Neu Hebriden. Zusäte zu der Segelanweisung für die Dstküste von China. Vergleicbende Uebersicht der Witterung des Monats Oktober 1878 in Nordamerika und Centraleuropa. (Mit- theilung von der Deutscen Seewarte.) Die Nachwirkung magnetischer Einflüsse in eise:nen Schiffskörpern. Kleine hydro- raphische Notizen: 1) Busäye zu der Beschreibung der Häfen von

over N eNenE 2) Strömungserscheinungen zwischen Malta und Port Said. Dezember 1878. 3) Wind- und Strömungsver- hältnisse zwishen Madeira und den Kap Verde'schen Inseln im No- vember 1878. 4) Segelanweisung für den Hafen von Port Moorowie. Südküste von Australien. 5) Die Inseln Bampton und Renard. Ostküste von Australien. Tabellen. Karten- beilagen. Anhang: Segelanleitung für die Emsmündung und die ostfricsishen Infeln mit ihren Seegaten. Deutsche Küste der Nord- see. Zusammengestellt von Korv.-Kapt. Holzhau:r auf Grund der Vermessungen im Jahre 1878.

__— Nr. 6 des „Justiz - Ministerial - Blatts“ enthält eine Allgemcine Verfügung vom 3. Februar 1879, betreffend die Aus- führung des Vertrages mit den Vereinigten Staaten von Nord- amerifa wegen Auslieferung flühtiger Verbrecher.

Statistische Nachrichten.

, Gemäß den VeröffentliGungen des Kaiserlichen Gesund beitsamts find in der 9, Jahreswohe von je 1000 Le- woßnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 24,4, in Breslau 27,7, in Königsberg 33,0, in Cöln 29,3, in Frankfurt a. M. 23,0, ia Haunover 17,1, in Caffel 20 2, in Magdeburg 31,6, in Stettin 24,0, in Altona 21,5, in Straß- burg 36,0, in München 33,0, in Nürnberg 30,8, in Augsburg 38,7, in Dresden 23,4, in Leipzig 16,4, in Stuttgart 20,3, in Braunschweig 28,3, in Karlsruhe 29,1, in Hamburg 27,0, in Wien 29,8, in Buda- pest 38,7, in Prag 39,2, in Triest 41,0, in Basel 25,8, in Brüssel 30,1, in Paris 29,0, in Amsterdam 23,1, in Kopenhagen 22,4, in Stocholm 21,4, in Christiania 23,4, in St. Petersburg 48,4, in Warschau 24,0, in Ddessa 44,5, in Bukarest 40,0, in Rom —, in Turin 28,9, in Athen —, in Lissabon 38,1, in London 26,2, in Glasgow 29,3, in Liverpool 35,7, in Dublin 49,1, in Edinburgh 24,6, in Alexandria (Egypten) 34,8. Ferner aus früheren Wochen : in New- Vork 24,0, in Philadelphia 21,4, in Boston —, in Chicago —, in San Franzisko 19,8, in Calcutta 49,9, in Bombay 30,8, in Madras —.

__ Vährend der Berichtéwohe herrshten an allen deutschen Beobachtungsstationen _öftlihe (nord- und beim Beginn dec Woche auch südöstlibe) Luftströmungen, nur gegen das Ende der Woche machten sich in Berlin wieder südöftlihe, in München und Cöln nordwestliche Windrichtungen geltend. Die im Anfange der Woche milde Temperatur sank in der zweiten Wocbenbälfte allgemein, in Konitz bis unter —18 Grad C. Niederschläge erfolgten wenig. Der Gang des Luftdrucks hielt sich mit geringen Schwankungen auf seinem beim Wochenbeginn eingenommenen Standpunkt.

Die Sterblichkeitsverhältnisse der meisten größeren, besonders der deutschen Städte, haben sich im Vergleich ju Vorwoche etwas un- günstiger gestaltet. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißfzahl für die deutschen Städte stieg von 25,5 der Vorwoche auf 25,8 (auf 10C0 Bewohner und aufs Jahr berechnet). Insbesondere erscheint die Sterblichkeit des Säuglingéalters gesteigert, so daß von 10 000 Kindern unter einem Jahre im Jahresdurchschnitt 84,4 starben, gegen 79,6 der vorhergegangenen Woce.

Unter den Todesursachen erscheinen von den Infektionskrankheiten Masern und Scharlachfieber in fast gleicher Höhe wie in der Vor- woche, Keu&husten, Darmkatarrhe, Brechdurhfälle der Kinder, typhöse Fieber, namentlich Flecktyphus vermehrt und nur diphtherische Affektionen in verminderter Zahl, Die Masern verlaufen in Nürn- berg, Fürth, Frankfurt a. M , Pest, Bukarest gutartiger, auch das Scarlachfieber trat in Essen, Elbing, Beuthen, Celle seltener, in Berlin und Duisburg vermehrt auf. Diphtherishe Affektionen for- derten in den meisten größeren Städten, wie in München, Augsburg, Dresden, Hamburg, Danzig, Straßburg, Wien, zablreihe Opfer ; in Berlin ist ein erheblicher Nachlaß der Epidemie kenntlich. Todes- fälle an Unterleibêtyphus wurden etwas häufiger, auch der lecktyphus zeigt si in mehreren Städten; so werden vereinzelte

odesfälle daran aus Met, Bielefeld, Posen, Danzig, Berlin ge- meldet; doch hat die Gpidemie in Berlin größere Auédehnung ge- wonnen ; _e8 erkrankten in der Berichtswohe 44 Personen am Fle&- tvphus, in Breslau 3. Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder erscheinen in Berlin, Müncben, Hamburg, Breslau und

t. Petersburg in vermehrter Zahl. Die Pockenepidemie i: London forderte in der Bericht8woche wieder 28 Opfer, doch war die ahl der Neuerkrankungen etwas kleiner als in’ der vorangegangenen Woch-. Auch in Genf, Warschau, Dublin, St. Petersburg stieg, in Wien, Budapeft, Paris sank die Zahl der Blatterntodesfälle.. Aus Prag, Odessa, Lissabon werden nur vereinzelte e e ge- meldet —— Die weiteren Nachrichten über die Pest lauten nicht un- gunstig. Neue Ausbruchheerde sind nicht konstatirt worden. Sowohl die aus Moékau wie aus Salonichi gemeldeten Erkrankungen waren Flecktyphen und keine Pestfälle.

e ———

Erste Beilage

2

Das Kaiferliche statistiscke Amt veréffentliht in dem tür;li herausgegebenen Dezemberheft der Monatéhefte zur Statistik des Deutschen Reihs für 1878 auf Grund der unter Aufsicht des eng- lisben Handeltamts im custom house zu Londpn bearbeiteten monat- lihen „Acconnts rela'ing to trade and navigation of the United kingdom“ eine Uebersicht der Einfuhr derhauptsäGlicfsten britishen und irischen Roherzeugnisse und Fabrikate nach Deutschland im Jahre 1878, verglihen mit dem Vor- jahre. Der Gesammtwerth der in dieser Uebersicht namentlih auf- geführten Artikel beli-f sich auf rund 278,0 Mll. Mark gegen 287,0 Mill. Mark in 1877 und 303,7 Mill. Mark in 1876, bat fich also gegen 1877 um 9,0 Mill. Mark und gegen 1876 um 25,7 Mill. Mark vermindert. Von der nachgewiesenen Abnahme des Verkehrs gegen 1577 entfallen namentlich auf: Roheisen 1,4 Mill. Mark (10,5 %/), Materialeisen 1,5 Mill. Mark (19/5), Metallwaaren 0,6 Mill. Mark (13,5%/6), Kohlea und Koks 2,3 Mill. Mark (14,7 9/6), Baumwollengarn 6,5 Mill. Mark (12,7 /), Baumwollenwaaren 3,6Mill, Mark (14°/4), Wollenwaaren aller Art 1,1 Mi. Mark (3%), Heringe 1,6 Mill. Mark (9,7 °%/). Dagegen ist der Einfuhrwer:h folgender Artikel in größ:rem Umfange gestiegen : Rohkupfer um 1,0 Mill. Mark (29,0%), Eisenbahnshienen um 2,6 Mill. Mark (66,6 %/60), Dampf- und audere Maschinen um 3,0 Mill. Mark (20,0 %), Halb- seidenwaaren um 1,3 Mill. Mark (118/69), Wollengarn um 2,7 Mill. Mark (7,3z°/0), Oel aus Sämereien um 1,1 Mill, Mark (10,9%). Im Einzelnen sind von den wichtigeren Gegenständen dieser Einfuhr folgende ihrem Gesammtwerthe nah namentlich hervorzuheben : Roh- fupfer in Blêöcken und Platten für 4429 620 4 (1877 3450 740 46), Roheisen für 11 973 040 M (1877 13 385 880 M), Eisenbahnschienen für 6528 540 Æ (1877 3 879 520 M), Reifeisen und Eisen- und Stahlplatten zu Kesfeln 2c. für 2 633 240 M (1877 3 430 420 Á), Guß- und Schmiedeeisen und andere Eisen- und Stahlartikel sür 2988 580 M (1877 3 636 600 M), Metallwaaren und Messerschmiedewaaren für 3 797 440 M (1877 4449 920 A), Dampfmaschinen für 4070 640 4 (1877 2702 680 A), andere Maschinen für 13 986 760 M (1877 12299420 M), Kohlen und Koks für 16203240 M (1877 19029820 X), Baumwolle 1garne für 44500860 (1377 51 018 940 A), Baumwollenwaaren für 22351 2€0 M (1877 26 084 660 6), Leinengarn für 5 168 340 A (1877 4 693 980 M), leinene Ellenwaaren aller Art exkl. Segeltuch für 4667 720 M (1877 5 217 800 4), Juteartikfel mit Ausnahme der Säcke für 11 024 120 A (1877 10 954 060 A), Seide, gesponnen und geiwirnt, für 2974780 ÆA (1877 2665740 A), Halbseidenwaaren für 2 421 020 Æ (1877 1 119 900 M), rohe Schafwolle für 4548 640 A (1877 4897080 M), Wollengarn für 39832820 M (1877 37 086 269 4), wollene Tuche und Decken, auch gemischt mit anderem Material, für 25280040 M (1877 24094200 M), Kammwoll- waaren, rein und gemist, für 10 327 480 Æ (1877 12 476 220 4), Fußteppihe für 1 265 240 (1877 1430200 6), Alfalien für 4 801 820 M. (1877 9 9720204 4), Del aus Sämereien für 11204400 Æ (1877 10178200 M), Heringe für 14943 180 A (1877 16 582 280 6)

(Statist. Korr.) Dem 1877 verstorbenen Direktor der Pariser Sternwarte, Le Verrier, gebübrt der Ruhm, zuerst in Europa den elektrishen Telegraph zu Witterungsdepeshen und Sturmwarnungen benußt zu haben. Dies geschah im Jahre 1856, anfänglich „mit sehr besheideren Mitteln, sowohl was das Material, als die leitenden wissenschaftlichen Grundsäße angeht. Seitdem wurde nach und nach in fast allen Kulturländern Europas und vereinzelt in anderen Erdtheilen die Witterungstelegraphie ein- aeführt und von einigen Staaten (Frankrei, England u. a.) in so umfassender Weise der Schiffahrt und der Landwirthschaft dienstbar gemacht, daß deren Einrichtungen als mustergültig bezeichnet werden dürfen. Können die ausgegebenen Witterungsprognosen und War- nungen: auch niht auf absolute Sicherheit Anspruchß machen, und werden sie es, der Natur der Sache nah, niemals fönnen, fo find doch die erzielten Erfolge heute {hon von der allergrößten Wichtig- keit, so daß sie nit allein die darauf verwandten Mittel rechtferti- en, sondern auch zur Einführung und weiteren Ausbildunz dieses

weiges des meteorogolisWen Dienstes nachdrücklich herausfordern. So wurden z. B, in England Sturmwarnungen gerechtfertigt durch nachfolgende L Stürme starke Winde überhaupt 1870; 46,7 9% 21,7 % 68,4 % ee. O1 20 826,

Seitdem das Deutsche Reich in der Kaiserlihen Seewarte zu Hamburg eine Centralstelle für maritime Meteorologie erhalten hat, ist auch hier das System der Witterungsprognosen und Sturmwar- nungen weiter ausgebildet und vervollkommnet worden, und es er- freut si dieser Zweig des meteorologishen Dienstes seit mehr als zwei Jahren einer vortrefflichen einheitlihen Organisation. Welchen Umfang die Thätigkeit der Seewarte in dieser Rihlung angenommen hat, geht daraus hervor, daß im Jahre 1877 an 307 Tagen 2888 Aussichten für Wetter, Wind und Temperatur, im Jahre 1878 aber an 304 Tagen 2010 Aussichten für die Küste, 2219 Aussichten für das Binnenland (davon 1853 für beide gemeirsam) ausgegeben wor- den sind. Diese Wetterprognosen gelten für Deutschland, insbeson- dere für Norddeutschland und vor Allem für die Küste, die Sturm- warnungen aus\{ließlich für leßtere, über welche mehr als 40 eigens eingerichtete und mit den üblichen Signalen und Apparaten aus- gestattete Signalstellen vertheilt sind.

Daß es einec fo umfassenden Thätigkeit niht an Erfolzen fehlen kann, ift naheliegend. Thatsächlih ergiebt eine Vergleichung der ausgegebenen Aussihten mit den wirklich eingetretenen Witte- rungsverhältnifsen, daß v-n den Prognosen bezw. Warnungen mit den nafolgenden Thatbeständen übereinstimmten (a = für die Küste, b = gleich für das Binnenland)

im Jahre 1877 im Jahre 1878 Aussichten für gut theilweis nicht gut theilweis nicht Procent PFocon w ) Me (

Wetter . E O 14 | S 2s x 20 9

j

Wini: ott | M 18 9 ( E 202 l s

erlin, Montag, den 10. Februar

Temperatur . 75 19 6 \ e 7

überhaupt 69 19 12 22 è Werden, wie zulässig erscheint, diejenigen Fälle, in denen die Aussichten nur theilweis mit den nachfolgenden Thatbeständen über- einstimmten, zur einen Hälfte den günstigen, zur andern den ungün- stigen A teicet so sind von den ausgegebenen Prognosen einge-

troffen (a = Küste, b = Binnenland) Le : 1877

m a für Wetter. . . p/ 77 9% ( ¿ für. WidiC . . 0M que

Jahre 1878 79 ‘/o 80

für Temperaiur E 8E D x

40 E : Dieses glänzende Ergebniß ist nit allein für die Wissenschast ein Triumph, fondern hat auc für wichtige materielle Interessen der Nation eine weitgehende Bedeutung. Schiffe, welche beim Passiren

zeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

ASID,

noch den sicheren Hafen erreichen oder si auf die Begegnung des Sturmes vorbereiten, und auslaufende Schiffe werden dur die Witterungstelegramme gar häufig vor dem Hereinlaufen in ei:en Sturm abgeha!ten. Erhaltung von Menschenleben, Fahrzeugen und deren Ladung ist der unberecenbare praktische Nuten der Witterungs- telezraphie und der Sturmwarnungen, deren Bedeutung noch dadur erhött wird, daß sie au den von St1 rmfluthen gefährdeten Strand- gebeten zu Gute kommen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

. Jabhresberiht der Gesellsbaft für nützliche Forschungen zu Trier, von 1874 bis 1877, berausgegeben ven Dr. Yadner. Mit 3 Tafeln und meteorologi’chen Takellen. Trier, 1878. Fr. Linßsche Buchdruckerei.

Das vorliegende, ziemlih umfang- und inhaltreiche Heft bringt nach den Gefellshaftsnachrichten zunächst einen sehr sorgfältigen Katalog der in Trier ges{lageren römischen Münzen aus der Münz- fammlung der Gesellschaft, aufgestelli von dem Herausgeber. Die Tabelle beginnt mit Münzen dez Marcus Aurelius Claudius IL. Gothikas 268—270 und endet mit Jovinus, tyrannus 411 413, Dann folgen Nachträge _ zu Bohls Trierishen Münzen von dem Kammer - Präsidenten Settegast in Coblenz und Berichte über Mürzfunde, Ausgrabunzen römischer Wälle, S -raßen und anderer Baureste, Grabbügel, Funde von Statuen, Inschriften 2c., wie solche namentli bei dem Moselbahnbau gemacht worden sind. Die Mittheilungen über die Tumuli im Fahrwaide bei Wadern find dur einen Situationsplan und Abbiidungen der aufgedeckten Krüge und Waffen illustrirt. Daran {ließt sich eine Athandlug über die Ruinen bei Commlingen im Thale von Niedermennig auf der Maserei. Der Bau liegt beinahe eine Stunde von der Römerstraße von Met über Tawern nach Trier, jedoch aur è Stunden von dem Gonzer Palaste entfernt, aus dem Valentinian 1. bekauntlich viele Geseße datirt hat, so daß die Annahme, hier habe eine Villa dieses Kaisers, nämli die Villa Complatum gestanden, nicht zu gewagt er- seinen mag.

Von den weiteren Beiträgen sind zu nennen: der „Bericht über die Funde auf dem runden Witthum und am Jupiterkreuze, beide in der Nähe von Sinz unweit Nennig“ und „Einige Notizen über die römische Niederlassung im Kammerforste zwischen Serrig und Beurig an der Saar“, sowie die Puklikation des im Vermodern begriffenen, bisßer «- nd nit an die Oeffentlichkeit ge- langten Scheffen - Weistumbs zu Bischofs - Orohn. Unter der Ueberschrift „Naiurhistorishes“ ferner maht der Landes- eologe H. Grebe „Eeologishe Mittheilungen über das Bor- ommen des Grünfteins (Diabas) in der Trierishen Gegend“.

Von besonderem Interesse aber ist die Beschreibung des Römer- thcrs, der bekannten Porta nigra zu Trier, nebst Mittheilungen über die Freilcgung desselben im Jahre 1876, von Seyffarth, Das aus der leßten Zeit der Römerherrscaft herrührende Ttor ist eins der bedeutendsten römishen Bauwerke diesseits der Alpen. Dasselbe ist ganz aus großen Sandsteinquadern von gräüu- licher Färbung e:baut und besteht aus zwei, durch zwei s{chmale Zwischenbauten verbundenen Hauptgebäudetheilen von je 20m Länge und 9 m Breite, die nach der Außenseite hin zur Flankirung der Thore und der dem Thore \ih anschließenden Stadtmauern halb, freisförmig, nach der Stadtseite zu gradlinig geschlossen sind. Sie bestehen aus einem 9 m hohen Unterbau und drei darüber liegenden, mit Fensteröffnungen versehenen Stockwerken. Die beiden Lhoröffnungen, die in dem Unterbau der beiden Zwischen- bauten angebracht sind, sind 4 m breit und 6 m bo. Die Fagçaden des Gebäudes sind im spätrömisch-dorishen Style aus- gebildet und durch vorspringende Halb- und Dreiviertelsäulen in Felder getheilt, zwischen denen in den oberen Stockwerken mit Nund- bögen geschlossene Fensteröffnungen mit Pilastereinfassungen angebracht sind. Das Gebäude macht den Eindruck der Nichtvollendung und ist wahrscheinlih in Folge der Vertreibung der Römer nit fertig ge- braht worden. Sämmtliche Architekturtheile, als Säulen, Ge- simse 2c. sind niht zur Ausarbeitung gelangt, woraus man {ließen darf, daß die leßtere erst nah Fertigstellung des Baues im Rohen er- folgen follte. Jeder der Hauptbauten enthielt im Innern 4 über einander- [liegende große Räume, welche die ganze Länge und Breite einnahmen. Leßtere haben wohl zur Umwandelung der Porta in eine Kirche Veran- lass1.ng gegeben. Dieser Umwandelung aber ist die Erhaltung des großartigen Bauwerks zu verdanken. Man verlegt dieselbe in die Zeit des Erzbischofs Poppo (Markgrafen von Oesterrei), 1016—1047. Die Veränderung bestand darin, daß die beiden nah Außen belegenen Thüröffnunzen durch Mauern geschlossen, stadtseitig eine große, nah dem _ oberen Stockwerke führende Freitreppe, außerhalb eine bis zum 1. Stock reibende Mauer zur Herstellung einer Terrasse angelegt und das Ganze in der Höhe des Unterbaues verschüttet wurde. Zu Anfaug dieses Jahrhunderts wurden diese Umgestaltungen, mit Ausnahme eines Choranbaues aus der leßten Zeit der romanischen Periode auf Befehl Napoleons I. bescitigt und der über dem nord- weftlichen Theile errichtete Kirhthurm abgebrochen. Die Freilegung des verschütteten unteren Theils wurde in den Jahren: 1815, 16 und 17 auf Anordnung der Königlichen Regierung bewirkt. Da das Ge- bäude aber auch nach dieser Freilegung noch immer mit seiner gan- zen Sockelhöhe im Boden tak. wodurch der Gesammteindruk sehr beeinträchtigt wurde, so genehmigten das Ministerium der geistlichen 2c. Angelegenheiten und das Ministerium für Handel 2c. auf den Antrag der Königlichen Regierung zu Trier, daß die durch das Thor führende Straße rampenförmig bis auf das in der Römerzeit bestandene Terrain abgetragen werde, zu welcher Aus- führung Se. Majestät der Kaiser und König die hierfür be- antragten Geldmittel zu bewilligen geruhten. Bei der im Jahre 1876 beendigten vollständigen Freilegung des Bauwerks durch Aus- shachtung des Terrains wurde innerhalb des Thores eine aus reinem Moselkies konstruirte Römerstraße vorgefunden; außerhalb aber scheint dieselbe zerstört worden zu sein, denn erst in 25 m Entfernung fand sich die Fortsezung. Auf der Stadtseite fand man 0,60 m über dieser Römerstraße cine wahrscheinlich aus der fränk\\{en Zeit hber- rührende, aus großen Kalksteinplatten gebildete jüngere. Zu beiden Seiten des Thores find bei der Freilegung auch die noch aus der Römerzeit herrührenden Stadtmauern in ihren Substruktionen aufgedeckt wor- den. Das Thor hat namentlich dadur große Beschädigungen er- fahren, daß in der fränkishen Zeit die eisernen Klammern, wéldbe die Quadern untereinander verbanden, zur Gewinnung dieses Eisens durch Einhauen von Löchern herausgenommen worden sind. Dem Aufsatze liegt ein lithographirter übersichtlihcr Plan des Grund- risses der Baulichkeiten bei.

Einen fehr großen Raum nehmen die Aufzeibnungen der Ge-

schenke, Ankäufe und sonstigen Erwerbungen ein, mit welhen das Provinzialmuseum und die Bibliothek in den 4 Berichtsjahren hbe- reichert worden ift. Den Schluß des Hefts bilden die tabellarishen Hauptresultate der Witterungébeobachtungen, welhe an den metecrologishen Sta- tionen in Trier und Birkenfeld in den Jahren 1874—1877 angestellt worden sind, von bezw. Prof. Flesch in Trier und Dr. Steinhaeuser in Birkenfeld,

der Signalstéllen das Sturmwarnung-Signal beachten, können meist