1879 / 36 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 11 Feb 1879 18:00:01 GMT) scan diff

ih i wiederhole es der Meinung bin, daß die Regierung in einer sehr ernsten Frage mit ernstem Sinne so gehandelt hat, wie sie es gethan hat. Se Es bleibt mir no{, meine Herren, ein Blick auf mi selbst, nämlich auf meine Stellung als Minister der Unterrihtsverwaltung, denn gegen den gingen do eigentlih die Angriffe in erster Linie und in ihrer ganzen Kraft. Nun, meine Herren, ih verdanke es den Mahnungen, die an mich in diesem Hause gerichtet worden sind, wenige Tage, nachbdem ic das Amt übernommen, die meinen Blick lenkten in erster Linie auf die in dringendftem Maße der Besserung bedürftigen Zustände der Schule in Oberschlesien. Jh habe da- mals, indem ich dem an mi gerihteten Appell Folge leiftete, zur Untersubung des Schulwesens Kommissionen eingerichtet, die nicht blos aus Beamten bestanden; ih babe im ersten Jahre meiner Amtéführung 4 neue Seminare in Oberschlesien errichtet und die | dazu erforderliden Präparandenanstalten demnäcbst folgen laffen, und es sind mehr denn 20 Schulinspektoren, die lediglich diesem Amte ihre Kraft zuwenden, in jenem Bezirke angestellt. Meine Herren! Das sind die Maßnahmen, die ih nehmen konnte. Ich habe neulih gesagt, wenn Vorwürfe erhoben würden, sei es öffentli, fei es, daß ih fie privatim erführe, gegen diejenigen Lehrer, die unter den Anordnungen und durch die Anordnungen ihre Ausbildung gefunden hätten, die meinerseits getroffen worden sind, daß ich in dieser Beziehung sofort mih bemühe, das Thatsäch- liche festzustellen, was den betreffenden Anschuldigungen wirklich zu Grunde liegt. Der Grund ift ja ganz einfa: ergeben fich da wirk- lih Schäden, so habe ich die Verpflichtung, zu erwägen, woher kommen fie, kommen fie au aus deinen eigenen Anordnungen? Und wenn i zu dieser Meinung gedeihen sollte, würd: es meine Pflicht sein, Aenderungen eintreten zu laffen. So habe i denn vor jener Verfügung der Regierung zu Oppeln aus Anlaß anderer Mitthei- lungen eine Recherdbe anftellen laffen, und das Ergebniß dieser Recherhe ift gegangen durch den Ober-Präsidenten der Provinz Swlesfien. Gestatten Sie mir, Ihnen eine Stel'e aus dem Bericht vorzulesen, den ih darauf von dem Herrn Ober-Präsidenten erhalten habe. (F8 heißt also in dem Bericht: : Eine Thatsache wird dur das von dem Herrn Regierungs- äsidenten beigebrawte Material ich schalte ein, es iît traurig ings außer Zweifel gestellt: es sind hauptsählih ‘dem den Dienstjahren nach jüngere Lehrec, welche en in und außer dem Amte Anstoß erregege Siebt iltersangaben in den Anlagen des Berichtes näher i die bemerkenswerthe Thatsache, daß unter den nden die überwiegende Mebrzahl zwar zu den jüngeren, zu den jüngiten, d. h. alio nit zu derjenigen _Ka- rie gehört, welhe ihre Seminarausbildung in den leßten 6 bis erhalten hat. Hieraus läßt si mit Sicherheit der ziehen, daß, woher auch immer tiec Quellen der mehr- beregten betrübenven Erscheinungen fließen mögen, sie doch jeden- fallé nit in dem gegenwärtigen Unterrichtssyftem zu suchen sein können. Es wäre auch s{lehterdings niht abzusehen, wie dies möglich sein sollte, da die Bildungs-, Erziehungs- und Unterrictê- auf den Scbul.ehrerseminaren namentli in Bezug auf

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erschlesiens unter meist tüchtiger Leitung iedigendes geleistet wird. i

der das schreibt, ift der Ober-Präsident von Putt-

wissen alle, daß der Mann in eirer langen amt-

en In und in der Uebung der parlamentarischen Pflichten

erwiesen hat als einen Mann von konse:v@iver Anschauung und

ständiger Gefinnung und man wird ihm gewiß nicht den Vorwurf

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r Liebedicnerei machen, wie wir einen solcben gestern hier gehört ben. Wern ih an solcher Stelle ein folhes Wort hêre, dann tiebt es mir es ift ja wohl für Femand, der so viel angegriffe:z t, wie ih, erlaubt zu sagen dann giebt es mir einen Trost, daß wirkli mit dem, was ic für recht gehalten habe und noch für t baïte, auf keinem falswen Wege gewesen bin, daß ih die Hoff- ung hegen darf, daß die Lehrer, die unter den von mir gegebenen Vestimmungen und getroffenen Einrichtungen ausgebildet werden, beffer sein werden als die Lehrer, auf die sih die Verfügung der Regie- g zu Oppeln bezieht. Ja, meine Herren, ob die Hoffnung erfüllt wird, veiß ih nicht; von mir und der Unterricht8ver raltung hängt

iht ab, die Gesihtepunkte, die ib neulih betont habe, haben

ihre Macht in si selbst und die können das Beftangelezte ver- ridten und zersiören. Es müssen eben verschiedene Faktoren dazu helfen, und nun, meine Herren vom Centrum, fordere ih Sie auch [A ¿g einmal zu belfen. Heute ïlang durch die Rede n Scorlemer doch immerhin das ernfte Be- 0 T me Sie es - [wuden Und

) J ansehe ih darf sie so nennen, Hr. Abg. Windthorst sagte vorgeflern, aub „unsere Presse“,

n Richtungen, die giebt sih den Anschein, als ob

Sittlichkeit und Hüter der Religiösität sei. Nun,

im Hinblick auf Ihre Presse ist es in erster Linie,

ÿ ich die Aufforderung an Sie stelle, ih meine nicht eine positive, 23 Sie etwas thun follen, Sie sollen eben nur etwas unterlafsen, nämlich die Preffe weiterzuführ:n in dieser agitatorishen und ver- ender ise. Meine Herren! Meine Landëleute haben die Schwie- feiten der jeßigen Lage nicht so aufgefaßt wie unsere Landéleute en westlihen Provinzen, und ich glaukte, der Hr. Abg. Franß mi nit eines Irrthums zeihen, wenn ih meine, es ift mehr

l geschehen, daß die Klage in den schlesishen Blättern oder

in den westliwen Pro- der ein? Agitation in Bewegung geseßt wurde, daß die in gar nit in Fluß kommen wolle; die Schlesier ftänden

ni uf der Höhe ihrec westlichen Brüder, die Shlesier

: vertrauensf\elig; sie seien ungeeignet sich solchen

ließen. (Zuruf.) Meire Herren, Sie rufen mir

fie u! Ich fürchte, wir müssen fagen, fie waren es auch. fe Agitationen, die so ins Werk geseßt wurden, die Klagen, die hi ben wurden, daß die Sc(blefier noch lange nicht so weit wären, wie ihre Brüder in den westlihen Provinzen, haben ihre Früchte getrager. Wenn ih mir vergegenwärtige das was ih ge- jehea und gehört habe aus ten Zeitungen, die neunenswerth in Be- traht fommen, wenn ich zurüddenke an die Jahrgänge der Schlesischen Zeitung, ebenso der Neifser Zeitung oder wie die Blätter alle heißen, dann muß ich Ihnen, Sie können mi ja, wenn Sie die Jahrgänge nacsechen, kTontrcüiren, ob ih unbegründete Urtheile fälle, dann kann ih nit anders sagen, als ich muß ungefähr folgendes Urtheil fällen über diese Presse: Ueberall, au bei den allerunsculdigsten Maßnahmen, wird immer der Kulturkampyf gewittert. Thatsachen, die Sie irgeadwie zu Ihren Zwecken verwenden können, sei es, daß sie Ihnen genehm find, sei es, daß Sie sie bekämpfen, die bauschen in einer Weise auf, die fäârben Sie, je nahdem die Sache ift, brennenden Farben oder mit düfteren, daß man Hinter ihnen gar mehr das Gesicht der Wirklichkeit erkennen kann. Es werden allzuviele Tage der leßten Jahre sein, daß diese nichi die Autorität des Staates angriffen, sie würdigten in jeder Weise und nachdrusvoller oder nachdruäévoll, wie es seiner Zeit die sozialdemokratischen er gethan haben. (Unruhe im Centrum; Rufe: Das nicht wahr!) Oh ja! Geben Sie sich nur die Mühe ;re eigenen Erzeugnisse zu lesen, wenn Sie nit vielleiht durch

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gedrängt werden, ohne

Ihnen

| obwebl Sie einen folcben Einfluß Haben ,

viele S(reiben derselben {hon abgestumpft sind in Bezug auf Aker was das aller!chlimmste ist: die- Berufs, oder weil fie

entgegengetreten, werden angegriffen vom perfönlihen Standpunkt. Wenn eine folche Persönlichkeit in solhem Sinne fignalisirt ift, da finden sich ja leider Gottes die Leute, die ein besonderes Späherauge auf diese Persôn- lichkeiten haben, fi bineindrängen, wenn es Beamte sind bis in

Pflichtverlezungen in Bezug auf Amts3geheimnisse. Die kleinste Kleinigkeit, die vcrkommt, wird an die große Glodcke ge- bangen. Das ganze Leben folher Männer wird per- [ustrirt und Alles, was irgend vorgekommen ist, was diese Männer berabwürdigt und verächtlih ¿erscheinen läßt, kommt in die Presse. Und haftet wirklich Jemandem cin Febl oder Fleck an, dann wird dafür gesorgt, daß dieser Fleck niemals vergefsen wird, immer und immer wieder kommen derartige Erinnerungen.

Nun, meine Herren, ih weiß nicht, vielleiht kann ih es theilweise behaupten, ob das überhaupt der Geist Ihrer Presse ist, aber der Geift der \{lesis hen Presse ist es geworden. Und nun, meine Herren, Sie, die folhe Hüter der Sittlich- keit des Volës sein wollen, Sie dulden eine sole Presse, Sie nennen sie die Ihrige, und obwobl Sie und ih meine kei ein:elnen Per- fönlihkeiten in diesem hohen Hause ift dieser Einfluß ein direkter bindern Sie nit ? Glauben Sie denn, daß Sie so Ihr Ziel, die Hebung der Sittlich- keit, die Förderung der Religiösität erreichen? Müssen Sie nicht anerkennen, daß ein solhes Gebahren, wie ich es hier, ih Tann nit sfagen f\childere, sondern vur andeute, gerade den umgekehrien Erfolg hat, die Sittli(keit zu zerstören? Ift es nicht ganz erklärlih, daß unter solwen Ver- bältnifsen felbst urtheiléfäbhige Menschen in ihrem Urtheil irrig werden? Die urtbeilëlcse Maße aber, die wirklih in Oberschlesien groß ist, muß ja die Unterscheidung zwishen dem Eclaubten und dem Verwerflichen, zwishen Anstand und Unfsitte, zwischen Ret und Unreht verlieren! Meine Herren, ih habe neulih angedeutet, daß ich überzeugt sei, die Erregungen, die mit dem Kampf der Gegenwart zusammenkängen, brächten auch solde Erscheinungen mit, wie sie besproen worden sind, d. b., ib meine, es ist eine der mehrfaten Ursachen in dieser Beziehung. So graben Sie do diese Quelle ab. Wenn Sie das thun, dann werden Sie meiner Aufforderung, mir zu h:lfen, wirkli nachgekommen sein. Wenn Sie das thun, dann würde es auc Jedermann klar werden, daß es Ihnen allewege um die Sade zu thun ift, und nit blos darum zu thun ift, Angriffêwaffen zu erheben gegen einen verhaßten Minister. i: Der Abg. Dr. Ategidi . bemerkte, die Centrumspartei wolle die freisinnigste und auch die konservativste Par- tei, die wahre Stüße der Krone sein. Jeßt erkläre fie, den eFrieden zu wollen und werfe der Regierung vor, daß sie den Frieden nicht wolle. Die Verhandlungen mit Rom hätten aber in der Bevölkerung die Besorgniß erregt, daß die Regie- rung zu friedliebend sein könnte. Diese Besorgniß habe die Rede des Ministers vom 15. v. M. zerstreut. Ertraue dem jetzigen Papste die geistige Ueberlegenheit zu, daß er zwischen Kern und Schale des Dogmas zu unterscheiden wissen werde. Er habe die feste Ueberzeugung, daß, wenn cinfach und praktish von beiden Seiten die Verhältnisse erwogen würden, ein Friede wohl mögli sei. Aber die Kirhe sei nur ein Gast im Staate. Es wäre daher unerhört, wenn dieser Gast die Vorschriften bestimmen wollte, unter welcher sie die Gastfreundschaft ge- nießen wolle. Der Gastgeber habe allein das Recht zu sagen, unter welchen Bedingungen er das Gastreht einräumen wolle. Der Staat habe allein die Grenzen zu bestimmen, innerhalb welcher die Kirche zu wirken habe, die Kirche habe hierzu kein Recht. : Der Abg. Frhr. von Schorlemer-Alst bemerkte, der Vor- redner habe gesagt, die Kirche genieße nur ein Gastrecht im Staate. Er behaupte dagegen, daß die Kirche älter jei, als alle Staaten, und daher auch dasselbe Recht besitze, wie dieser. Wenn der Abg. Dr. Aegidi ferner gesagt habe, das Centrum sei bald freisinnig, bald konservativ, so bemerke er, die Centrumspartei vertrete die richtigen Ansichten auf beiden Gebieten. Nur eines sei fie nicht: Die Centrumspartei sei niemals fervil. Was sodann die Ausführungen des Ministers anlange, fo meinte Redner, daß die von ihm verlesene Ver- fügung der Regierung zu Oppeln dem Kultus-Minister gewiß jehr unangenehm gewesen sein möge. Er begreife das au sehr wohl. Er (Redner) habe aber niemals bezweifelt, daß die Aera Falk solhe Früchte zeitigen würde.

Der Abg. Dr. Virchow erklärte, die Antwort des Ministers in Bezug auf die Verfügung der Regierung zu Oppeln habe ihn nit ganz befriedigt, der Minister habe die Pflicht, wenn solche Zustände existirten, dem Lande gegenüber die Sache vollständig objeftiv aufzuklären. Vershleiert dürfe sie niht werden. Dem Minister könne man einen Vorwurf für diese Zustände doch nicht machen. Die Verhältnisse seien dort aller- dings sehr schwierige, nihts destoweniger stehe er niht an, zu erklären, daß, wenn das Alles rihtig sei, was in jenem Erlaß erklärt würde, der Minister die dringende Pflicht habe, die Sace näher zu untersuhen. Er stimme darin überein, ohne religiöse Freiheit keine politische Freiheit ; der Unterschied zwischen ihm und dem Centrum bestehe darin, daß das leßtere die Religion immer im Sinne des Systems ar ffasse. Dadurch werde doch nihts an bürgerlicher Freiheit gewonnen. Er wolle eben nur die religiöse Freiheit als Jn- dividuum, nicht als Masse. Er möchte daher bitten, ihm klar zu machen, welchen Fortschritt an bürgerliher Freiheit wir dadur erlangen sollten, daß der Staat durch Vertrag cine Einigung mit Rom erziele. Seine Partei halte es sogar für gefährlih, wenn der Staat eine Kirche anerfenne und fie ver- träte. Er erblicke daher in Preußen noch immer kein System, und das Centrum begehe einen Fehler, wenn es gegen ein System ankämpfe, es könne nur gegen Perfonen kämpfen.

Der Kultus-Minister Dr. Falk erklärte, daß er über den beregten Gegensiand mit der Regierung in Oppeln in Erörte- rung getreten sei und daß er dafür forgen werde, daß Ab- hülfe geshaffen werde.

Der Abg. Windthorst-Meppen erwiderte, das Centrum wolle Niemand einen Zwang auferlegen, was er glauben solle; zum katholishen Glauben gehöre aber, daß die katholijhe Kirche eine göttliche Fnstitution sei. Zu diesem Standpunkt könne nh aber der Vorredner nicht -erheben. Er sei auch für eine freie Kirche in freiem Staat und wenn der Vor- redner mit ihm dafür eintreten wolle, daß die katholishe KirWe in Preußen dieselbe Freiheit erlange wie in England und Amerika, dann würde es ihm sehr angenehm sein. Redner bat, gegen die Glaubensanshauungen Anderer toleranter zu sein, und er sei erstaunt, daß der Abg. Virchow als Arzt niht ein Wort der Mißbilligung gegen das Verfahren des Ministers gegen die Grauen Schwestern ge- funden habe. Der Minister habe seine Verwunderung darüber ausgesprochen, wie das mehrerwähnte Aktenstück in die Oeffent- lihfeit gelangt sei. Es sei das ein Beweis dafür, daß er von der Richtigkeit seines Systems doch nicht so ganz Überzeugt zu sein scheine. Er hoffe, daß dieser Vorgang zu einer gründlichen Srajung und Umkehr führen

werde. Der Niedergang unserer Schule datire vom Schulauf- sihtsgeseß, es müsse unter allen Umständen fallen. Der Pfarrer müsse wieder Schulinspektor werden. Zu einer guten Schule gehöre religiöser Unterricht und religiöse Erziehung. Er fordere den Minister auf, ernstlih zu prüfen, ob das System so fort-

_… Nachdem der Kultus-Minister Dr. Falk kurz seine Aus- führungen no einmal erläutert hatte, wurde die Diskussion geschlossen und vertagte sich das Haus um 11 Uhr.

In der heutigen (49.) Sibuxag des Hauses der Abgeordneten, weldler der Minister für die geist- lichen 2c. Angelegenheiten Dr. Falk, der Minister des Jnnern Graf zu Eulenburg, der Finanz-Minister Hobreht und mehrere Regierungskommisjarien beiwohnten, genehmigte das Haus in erster undzweiter Berathung unverändert, ohne Debatte, die Gesetz- entwürfe, betreffend eine Abänderung des Geseßes vom 25. Dezem- ber 1869; betreffend die Hannoverische Landeskreditanstalt und betreffend die Abänderung der Wegegeseßgebung für die Pro- vinz Schleswig-Holstein und die Herbeiführung eines Aus- gleihs in der Wegebaupfliht zwishen den Herzogthümern Schleswig und Holstein. Darauf seßte das Haus die dritte Berathung des Etats mit dem Etat des Kultus-Ministeriums fort. Der Abg. Graf Bethusy- Huc griff in seiner Eigenschaft als oberschlesischer Abgeordneter auf die Debatte in der gestrigen Abendsizung zurück und erklärte, daß die Veröffentlihung der Verfügung der Oppelner Regierung, nachdem an kompetenter Stelle Ne- medur gegen die Mißstände eingetreten sei, nicht im Jnteresse der Scule und der Religion, sondern zum Zwecke des Skan- dals erfolgt sei. Er wies sodann auf Grund statistisher Daten nach, daß an den in dieser Verfügung gerügten Mißständen die aus der Falkshen Aera hervor- gegangenen jüngeren Lehrer nur in äußerst geringem Maße partizipirten und legte in längerer Ausführung dar, daß namentlich in Oberschlesien das sogenannte wasser- polnische Fdiom die dortige niedere Bevölkerung zurück- gehalten habe von dem Fortschritt in der Bildung, den fie thren Anlagen gemäß hätte machen können. Daran sei zum großen Theil die Geistlichkeit Schuld, indem sie durch Ausschließung resp. Vernachlässigung der deutshen Sprache dem Volke das nöthige Bildungsmittel und den Gebildeten das Verkehrsmittel mit demselben raube. Diesen leßteren Behauptungen trat der Abg. Dr. Franz entgegen, indem er eine historishe Darstellung der bisher in Oberschlesien bezüglih des Volksunterrihts Seitens der Regierung befolgten Systeme zu geben versuhte. Als den Hauptmangel des heutigen Systems bezeichnete der Redner, daß alle Maßregeln dcs Ministers durch den Kulturkampf beeinflußt seien und die Kreisschulinspektoren für seine politishe Nichtung agitirten. Der Abg. Kantak behauptete, die polnishe Sprache der Oberschlesier sei für den Shulunterricht eben}o verwendbar, wie die Sprache der übrigen Polen. Der Abg. Hundt von Haften seßte dagegen auseinander, daß die polnische Sprathe überhaupt keine Kultur- sprache sei, da die Literatur des volnischen Volkes bis zum 16. Fahrhundert sich nur der lateinishen Sprache bedient, und die polnische Poesie fich erst nah der Theilung Polens entwickelt habe.

Der Titel 2 wurde genehmigt. Desgleichen die übrigen Titel desselben Kapitels, sowie die Kap. 114a, 115—117. Beim S@luß des Blattes begann die Debatte über Kap. 118: Bisthümer.

Das Personal der Reihs-Post- und Tele- graphen-Verwaltung im aktiven Dienst belief sich Ende 1878 auf 62 100 Köpfe. Davon hatten 47 051 einen eigenen Hausstand. Die Zahl der Ehefrauen bezifferte sih auf 44 298, diejenige der Kinder auf 112 848. Zu den Haus- ständen gehörten 10 203 Verwandte und 12 574 Dienstboten. Im Ruhestande befinden sich aus dem Bereich der Post- und Telegraphen-Verwaltung 4324 Beamte und Unterbeamte mit 3148 Ehefrauen, 5800 Kindern, 659 Verwandten und 753 Dienstboten. Die Zahl der Wittwen von Post- und TZelegraphenbeamten 2c. betrug 3489 mit 5630 Kindern, 312 Verwandten und 191 Dienstboten. Hiernach berechnet si die Gesammtzahl aller Angehörigen 2c. der gedahten Verwaltung auf 266 329 Köpfe.

(Fortseßung des nihtamtlihen Theils in der 1. Beilage.)

Aus dem Wolffshen Telegraphen-Bureau.

Braunschweig, Dienstag, 11. Februar. Der Landtag tritt heute wieder zusammen. Das Regentschaftsgesez wird voraussichtlich hon in den näÿhsten Tagen zur Verhandlung tfommen. Die Kommission, welhe nunmehr ihre Berathungen beendet hat, wird die Regierungsvorlage mit unwesentlichen Veränderungen dem Landtage zur Annahme empfehlen.

Wien, Dienstag, 11. Februar. Dem Minister des Innern is aus Warschau unterm 10. d. das nachstehende Zelegramm des Statthalterei-Raths Dr. Biesiadecki zugegan- gen: Die österreichishe und die deutshe Kommission haben fich heute im Beisein der Konsuln dem General-Gouverneur vorgestellt. Die Abreise nach Moskau erfolgt Dienstag Mittag. Die hier über den Stand der Pest vorliegenden Nachrichten lauten sehr günstig.

Haag, Dienstag, 11. Februar. Die Regierung? hat den Generalstaaten einen Geseßentwurf, betreffend die Besteuerung der niederländishen und der auëländishen Werthpapiere, mit einer Steuer von 1 pro Mille des börsenmäßigen Werthes, fowie einen zweiten Geseßzentwurf vorgelegt, wonach die in der todten Hand befindlihen Besißthümer zur Steuer heran- gezogen werden sollen.

St. Petersburg, Dienstag, 11. Februar, Vormittags: Am Sonntag fand, wie der „Russishe Jnvalide“ meldet, in der Manege des Fngenieurschlo}ses in Gegenwart Sr. Majestät des Kaisers eine Wachparade des Grenadier-Regiments statt. Nach derselben hielt der Kaiser eine Ansprache an die Offi- ziere, in welcher er die erfolgte Unterzeihnung des definitiven Friedens mittheilte und den Anwesenden seinen Dank für die von ihnen geleisteten Dienste aussprach. Weiter gab ter Kaiser der Hoffnung Ausdruck, daß es ihnen in Zukunft erspart bleiben möge, Blut zu vergießen, doch sei er überzeugt, daß die Truppen nöthigenfalls das Vaterland zu vertheidigen wissen würden. Am nächsten Sonntag findet anläßlich des Friedenss{lusses mit der Türkei eine Parade im Winter- palais statt.

Washington, Diensiag, 11. Februar. Der Senat hat gestern den Geseßentwurf, welcher die Negierung zur Ausgabe von auf 10 Dollars lautenden, mit 4 Prozent verzinslichen Depot-Certifikaten ermächtigt, angenomtnen.

Nedacteur: J. V.: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner, Drei Beilagen

Berlin:

ihre Bureaus, und wean das Auge scharf gezug ist, Eindruck zu i die geneigt find zu Indiékretionen oder au

“l “t Mori amor Uven aus Per omen /

gehen könne.

(einshließlich Börsen-Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

N 3G. Nichtamfkliches.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 10. Februar. (W. T. B.) Da es dem Grafen Taaffe niht gelungen ist, ein parla- mentarishes Ministerium zu bilden, begiebt ih derselbe auf seinen Statthalterposten zurück. Die Einnahmen an direk- ten Steuern im Jahre 1878 betrugen nach einer Meldung der „Polit. Korresp.“ 93 358 000 Fl. oder 1 286 000 Fl. mehr als im Jahre 1877; die indirekten Steuern ergaben eine Einnahme von 172 391 000 Fl. oder 1 282 000 Fl. mehr als im Jahre 1877.

Die „Wiener Abendpost“ {reibt : Mit der Unterzeich- nung des russisch-türkishen Friedens, mit der Ueber- gabe von Spuz, Podgoriza und Zabliac an Montenegro und mit der Räumung der an die Türkei zurückfallenden Gebiets- theile Seitens der Montenegriner find die wesentlichsten Schwierigkeiten beseitigt, welche sich der von den europäischen Mächten beschlossenen Ordnung der Vrientverhältnisse bisher in den Weg stellten und jedenfalls darf das bizher Erreichte als eine gewisse Bürgschaft für den rasen Fortgang und die entsprehende Lösung der noch zu erfüllenden Aufgaben be- trachtet werden.

Die „Polit. Korresp.“ meldet aus Konstantinopel | vom 9. d. M. Abends: Die russisch-türkischen Verein- |

barungen umfassen: 1) den Friedensvertrag, 2) eine Note Rußlands an die Pforte, 3) das Protokoll. Die Hauptbestim- mungen der 12 Artikel des Friedensvertrages sind folgende:

Der Berliner Vertrag tritt rechtsgültig an die Stelle jener |

Bestimmungen des Vertrages von San Stefano, mit denen fih der Berliner Kongreß beschäftigte. Die von dem Berliner Kongresse niht berührten Punkte des Vertrages von San Stefano werden durch den gegen- wärtigen Vertrag geregelt. Die Kriegsentshädigung ist auf 802 500 000 Frcs. festgeseßt, der Zahlungsmodus und die Garantien für die Zahlung werden einer weiteren Ver- einbarung vorbehalten. Eine Entschädigung von 26,500,000 Frs. ist für die in der Türkei ansässigen, durch den Krieg geshädigten Russen bestimmt ; Reklamationen derselben können erst nah einem Jahre eingebraht werden. Die Zahlung der Verpflegungskosten für die Kriegsgefangenen erfolgt inner- halb 7 Jahre in 21 Raten. Die Einwohner der an Ruß- land abgetretenen Gebietstheile können ihren Grundbesiß ver- faufen und das Land binnen 3 Jahren verlassen. Für alle Vorkommnisse vor dem Abschluß dcs Vertragcs wird gegen- seitig vollständige Amnestie gewährt. Die früheren Handels- verträge und Kapitulationen mit Rußland treten wieder in Kraft. Die Ratifikationen werden womöglich innerhalb 14 Tagen ausgetauscht. Jn der Note des Fürsten Lobanoff an die Pforte wird angezeigt, daß die russishen Truppen den Rückmarsch sofort nach Austausch der Natifikationen beginnen und in längstens 35 Tagen beendigen würden. Das Pro- tokoll bestimmt: 1) die Anerkennung dcr Bestimmungen des Berliner Vertrages, implizirt keine Abänderung und verändert dessen Charakter und Tragweite niht. 2) Die Entschädigung von 26 500 000 Frcs. für die russishen Unterthanen in der Türkei ist das Maximum; die Ansprüche an diese Summe werden dur eine russishe Kommission unter Theilnahme eines türkishen Delegirten geprüft. 3) Die Auslafsung des in dem Vertrage von San Stefano befindlichen Artikels be- züglich der Kriegsentschädigung für Rumänien, Serbien und Montenegro ist durch die Unabhängigkeit dieser Staaten be- gründet; denselben bleibt es unbenommen, sich dieserhalb mit der Pforte dirckt ins Einvernehmen zu seßen. 4) Die Amnestie hindert keinen der beiden kontrahirenden Theile, Polizeimaßregeln gegen Personen zu ergreifen, welche ihm

gefährlih werden könnten. Unmittelbar nach der Unter- |

zeichnung des Vertrages erklärte Fürst Lobanoff in Gegen-

wart Karatheodory Paschas, die Räumung von Adrianopel |

und der Umgebung werde troß der vertragsmäßigen 35tägigen Frist unverzüglih beginnen. Thatsächlih haben die Ruffen bereits am 9. d. Vorbereitungen zum Abmarsche von Adria- nopel getroffen, Reouf Pascha begiebvt sih heute dorthin. Mahmud Nedim Pascha hat den Gouvcrneursposten in Mo}sul abgelehnt. Aus Salonichi meldet dasselbe Blatt vom 9. d.: Türkischerseits ist amtlih konstatirt worden, daß die im Dorfe Samirowa oder Schikowa (Distrikt Xanthi) ausge- brohene Krankheit der Typhus ist. Seit 3 Monaten sind dort von 700 Einwohnern 250 am Typhus gestorben, 100 sind noh Trank.

Großbritannien und Jrland. London, 11. Februar. (W. T. B.) Ein gestern von Kaufleuten der City abge- haltenes großes Meeting verhandelte über die kommerzielle Nothlage und beschloß die Ueberreihung einer Denkschrift an den Premier Earl Beaconsfield, worin die Einleitung einer Enquete darüber beantragt wird, bis zu welhem Grade der gegenwärtige Nothstand durh den Freihandel verschuldet worden feî.

Nach vom Kap eingegangenen Nachrichten, vom 27. v. M., hat eine englische, aus einem Theil des 24. Regiments, 600 Eingeborenen und einer Batterie bestehende Truppen- abtheilung von einem auf 20000 Mann geschäßten Streithaufen der Zulukaffern eine mit {weren Verlusten verbundene Niederlage erlitten. Ein aus 102 Wagen, 1000 Ochsen, 2 Geschüßen, 400 Geshüßkugeln, 1000 Gewehren, 250 000 Patronen, sowie anderen großen Munitions- und Pro- viantvorräthen bestehender Transport fiel in die Hände der Feinde, ebenso die Fahne des 24. Regiments. Die Schlacht fand in der Nähe des Flusses Tugela statt. Die Zulus hatten 5000 Todte, die englische Truppenabtheilung aber is fast vollständig vernichtet. Der Verlust der Engländer an Todten beträgt 60 Offiziere und 500 Mann. Port Natal ist von den Zulus ernstlih bedroht. Der General-Gouverneur vom Kap hat um Verstärkungen aus England gebeten.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 11. Februar. (W. D. B.) Das amtlihe Blatt veröffentliht einen vom Ministerium des Fnnern er angenen Cirfkularerlaß an die mit der Ausstellung von Reisepässen beauftragten Gouverneure, worin dieselben mit Anweisung versehen werden

Berlin, Dienstag, den 11. Februar

reih Reisenden darüber auszustellen sind, daß sie innerhalb der leßten 20 Tage nicht in von der Epidemie heimgesuchten Gouvernements sih aufgehalten haben, und wonach die be- | treffenden Certifikate von einem deutschen oder österreichischen | Konsul visirt sein müssen. _ _Offizielles Telegramm aus Astrahan, von | gestern: Außer der gestern gemeldeten Erkrankung eines jungen Mädchens ist in Selitrennoje ein neuer Krankheitsfall nicht vorgekommen.

Süd - Amerika. Bua y. Montevideo, 8. De- zember. Der in der Republik Uruguay seit dem 1. Januar 1869 in Geltung befindliche Civil-Kodex bestimmt, daß die Eheshließungen von Katholiken durch die fkatholi- | schen Geistlichen, diejenigen von Afkfatholiken dur die Frie- | densrihter vorzunehmen sind. Die Schließung gemischter | Ehen ist der katholishen Kirhe überlassen und wird regel- Eon Ertheilung eines bischöflichen Dispenses abhängig | gemacht. __ Diese Bestimmungen haben seither sowohl Seitens der in der Stadt Montevideo und im weiten Landgebiete der Banda Oriental lebenden Akatholiken, als auch Seitens der mit denselben unbekannten Friedensrihter nur geringe Be- rücksihtigung gefunden. In den meisten Fällen begnügten \sich die im Lande lebenden Nicht - Katholiken damit, ihre Ehen unter Nicht- beahtung der Landesgeseße vor ihren Geistlihen oder Konsuln einzugehen, woraus eine re{tlihe Unsicherheit für die Frauen und Kinder aus solhen nah Landesgeses ungültigen Ehen erwuchs. Jn den seltenen Fällen aber, wo Ehe- \hließungen von Akatholiken dur die Friedensrichter er- folgten, nahmen diese durch keine Tare gebunden über- i hohe Gebühren von mindestens 25 span. Thl. = _. Den anerkennenswerthen Bemühungen des Minister- Nesidenten von Holleben und des Konsuls Diehl is es gelungen, durch dankbar zu erkennendes Entgegenkommen der

lichen befriedigende Erledigung dieser seit Jahren fühlbar ge- wordenen Mißstände zu erwirken.

Dur eine von dem obersten Gerichtéhofe zu Montevideo unterm 19. September erlassene Verordnung, welche für die Gebühren der Friedensrihter bei Ehes&ließzungen von Akatho- lifen eine Taxe im Maximum von 16 span. Thl. (64 M) festsebt, ist nicht allein der Willkür der Friedensrichter ein Ziel geseht, sondern auch gegenüber dem bisher üblichen Minimum eine erheblihe Ermäßigung der Sporteln erreicht.

Von noch größerer Bedeutung aber sind die Seitens der Regierung von Uruguay unterm 24. September und 28 Okto- ber erlassenen beiden Dekrete, durch welche denjenigen Akatholik:n, deren Eheschließungen im Widerspruche mit den Landesgesezen nicht von den Friedensrihtern, sondern von ihren Geistlihen oder Konfuln vorgenommen sind, die Mög- lihkeit gewährt wird, durch einen Civilatt vor den Friedens- rihtern im Fnlande, vor- den Konfuln von Uruguay im Aus- lande, den fraglichen Ehen vom Tage der pastoralen oder fonsularishen Abschließung an volle Gültigkeit und den Kin- dern nachträglih alle Rechte der legitimen zu verschaffen. Die gleiche Nechtswohlthat wird selbst den Wittwern, Wittwen und Waisen aus derartigen Ehen gewährt in diesem ¿ralle allerdings vorbchaltlich der bereits erworbenen Erbschaft3- t dritter sich binnen sechs Monaten gerichtlih meldender

ersonen.

Auch die in den gedachten Dekreten bestimmten ¿Fristen von aht Monaten für die im JFnlande und von einem Jahre für die im Auslande abzugebenden Erklärungen, für welche eine Gebühr von je 8 span. Thl. = 32 A zu entrichten ift, dürfte allen berehtigten Ansprüchen vollständig genügen.

Für die jeßt oder früher in Uruguay ansässigen Deutschen sind diese Dekrete der Landesregierung von hohem Werthe, da in leider zaßlreihen Fällen deutshe Akatholiken ihre Ehen, wenn auhch nit vor den Konsuln, so doch vor den akatholi- schen Geist.ihen in Uruguay eingegangen sind, und denselben nunmehr der Weg geboten ist, diesen seither ungültigen Ehen nachträglih zu voller Gültigkeit zu verhelfen.

In Zukunft werden ähnliche Uebelstände kaum wieder vorkommen, da die erwähnten Dekrete die künftige Vornahme von Eheschließungen durch die akatholishen Geistlihen oÿne vorhergegangenen Civilakt bei Strafe verbieten und fkon- sularishe Standesakte für den Bereich von Uruguay als werthlos erflären,

Uebrigens werden die Wohlthaten der obigen Dekrete von den Friedensrihtern ausnahmsweise auch auf gemischte Ehen angewandt, welche zwischen Katholiken und Akatholiken vor ihren Konsuln oder afatholishen Geistlihen abgeschlossen sind. Hiervon abgesehen wird es bei gemischten Ehen, wie bisher, so auch in Zukunft den Nupturienten nur übrig bleiben , sofern sich weder der eine noh der andere Theil zu dem unwürdigen Auswege der Verleugnung seiner Konfession verstehen will, die erforderlihen Schritte behufs thunlichster Erlangung des bischöflihen Dispenses zur priesterlichen Trauung zu thun. Eine Abhülfe der auf dem Gebiete der emischien Ehen hiernach unleugbar noch vorhandenen Miß- fände dürfte nur durch generelle Einführung der obligatori-

1879.

Verhältnisse des Marktes von August bis Dezember s{ließen. So betrachtet, ist folgende Uebersicht nicht ohne Interesse: Dur{{schnittlih wurden in Preußen gezahlt : im im im im Erntejahr Kalenderjahr Erntejahr Kalenderjahr 1877 - 5

für je 100 kg 1876/77 77/78 1878

877 1877 Ábi t. ti Á. 22,69 23,00 21,80 20,20

g 18,50 17,70 15,40 14,30 Gerste . 16,80 15,90 16,60 15,70 E 16,00 14,60 13/90 Kurioffeln . 635 6,35 5,85 5,65 E, 7,20 6,05 4 4.00 Heu. . E 8,05 7,10 5 70 5,20 Soweit die hieraus sich ergebende rückläufige ® reisbewegung im Inlande ihren Ursprung hat, ift sie vorzugsweise im Ausfall der Ernten begründet, soweit sie aber vom Stande des Weltmarktes beeinflußt wurde, darf zu ihrer Erklärung wohl au an das Weichen der russisben Valuta erinnert werden.

Die „Zeitung des Vereins deutsher Eisenbahn-Verwal- tungen“ enthält eine Statistik des Personen- und Güter- verkehrs der in Berlin mündenden Eisenbahnen von 1853 bis 1377, der wir Folgendes entnehmen. Es famen und gingen Reisende ab dur&fcnittlih tägli:

1853 3 937 1866 10 513 1872 20 479 1875 28 062 1876 26 695 1877 25 460

Den Hauptantheil hatten in 1877 mit 5601 resp. 4738 Reisenden die Berlin-Potsdam-Magdeburger und die Niedersclesis{ch- Märkische Eisenbahn. Im Güterverkehr sind auf allen Berliner Bahnhöfen angekommen und abgegangen:

Weizen . Roggen

Z davon Güter Steinkohle Tonnen. 577 059 1107 351 3372 795

Einwohnerzabl

1853 425 550 1861 547 200 1871 824 580 1874 932 760 6 218 319

höchsten Behörden des Freistaats, nunmehr eine im Wesent- |

V Civilehe zu erreihen sein, wozu indeß bei der Macht er klerikalen Partei in Uruguay für jeßt keine Aussiht vor- handen ift.

Statistische Nachrichten.

__ Die mittleren] Preise der] wichtigsten Lebens- mittel in Preußen während des Kalenderjahres 1878, Statist. Korr.) Die Mittheilungen, welche das Königliche statistische

ureau in Berlin allmonatlich über den Stand der Marktpreise veröffentliht, werden von demselben zu zwei vershiedenen Jahres- übersihten vereinigt. Die eine umfaßt das Erntejahr, d. i. die Zeit von August bis Ende Juli und zeigt die Bewegung der Preise in ihrer Abhängigkeit vom Ausfall der Ernte; die andere erstreckt \ich über das Kalenderjahr und dient vor Allem den Zwecken des bürger- lichen Lebens. Zur Hälfte decken - sih die beiden Zeitabshnitte und da die Monate Januar bis Juli ihnen gemeinsam find, so läßt ein

1877 1021 110 5 592 041 1 __ Von 1853 bis 1863 stieg die Einwohnerzahl um 33 Ber Güterrerkehr um 183 °%/%, von 1863 bis 1874, dem Höbepunkte des Güterverkehrs, liegt eine Steigerung von 56,4 resp. 281,0 9/5 vor. Von 1874 bis 1877 ift die Einwohnerzahl um 9,5 °% gestiegen und die S der angekommenen und abgegangenen Güter um 10,7 % gefallen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der „Wifsenschaftl. Beil. d. Leipz. Ztg.“ ein Altarbild von Lucas Kranacch dem Jüngeren, dem Bürgermeister von Wittenberg, aus dem Jahre 1584 aufgefunden worden. Die Königlihe Landesversorganstalt zu Colditz be- wahrte in einem ihrer Expeditionsräume seit vielen Jahren dieses unscheinbar gewordene Bild auf, das zuvor mebrere Iahrhunderte [lang den Altar der Schloßkapelle geziert hatte. Derselbe alterthüm- lie Rahmen umschließt es noch jeßt: dunkelbraun, vielfach gektehlt und von her;förmig:r Gestalt, 1 m 10 cm hob und 1 m breit. Das Altarbild f\tellt „Die heilige Dreieinigkeit“ dar; davon erhielt die evangelishe Swloßkapelle, die bis dahin den Namen omnium sanctoram geführt hatte, 1581 die neue Benennung sanctae trinitatis, Der Leichnam Jesu is vom Kreuze abgenommen und ruht in Schooß und Armen Gott-Vaters, zu dessen Reten der Geist in Gestalt der Taube {webt. Engelsgestalten füllen die Run- dunz des Bogens und tragen die Marterwerkzeuge. Das Bild ist auf Holz gemalt.

Bern, 3. Februar. (Alz. Ztg.) Die neueste Veröffentlibung des eidgenössischen statistishen Bureaus ftellt in eingehender Weise die Resultate der Bevölkerungsbewegung in der Schweiz im Jahre 1877 dar. Dieselben weisen auf allen Gebieten einen Rückgang gegenüber dem Vorjahr auf. Trauungen fanden ftatt 21871 gegen 22376 im Vorjahre, Geburten ohne Todtgeburten 89 244 gegen 99786, Sterbefälle 65353 gegen 66 819; oder auf je 1000 Cinwohner Trauungen 7,9 gegen 8,1 im Vorjabre, Geburten 33,9 gegen 34,3, Sterbefälle 23,5 gegen 24,2. Während die Abnahme der Trauungen und Geburten auch hier hauptsädlih mit der öfono- mischen Krisis in Verbindung gebracht wird, will der Bericht den Rückgang der Sterbefälle namentli durch die meteorologisben Erschei- nungen des Berichtjahres (milde Jahrestemperatur 2c.) erklärt wissen. Dabei hatten allerdings speziell die Infektionskrankbeiten eine bedeu- tend größere Zahl von Opfern gefordert als im Vorjahre; so die Poen 105 gegen 8 im Vorjahre, Masern 471 gegen 93, Scharlach 1805 gegen 715, Dyphtberitis und Croup 1433 gegen 1197, dagegen Typhus nur 1093 gegen 1325. Außerordentlih groß ift verhältniß- mäßig die Zahl der Eh-scheidungen in der Schweiz. Im Jahre 1877 gab es deren 1036 gegen 1102 im Vorjahr, oder auf je 100 im gleihen Zeitraume vorgekommene Trauungen 4,7, resp. 4,9, während von mehreren, zum Vergleih angegebenen Ländern nicht eines die Hâlfte dieses Verhältnisses erreicht.

Gewerbe und Sandel.

Der Aufsichtsrath der Pommerschen MasGinenfabrik hat nach der Vorlegung des Rehnungsabschlusses Seitens der Dis- rektion die Dividende für 1878 auf 2 %/o festgesetzt.

Der Aufsichtsrath der Königsberger Vereinsbank gs Dividende für das verflossene Geschäftsjahr auf 6/9 fest- geschßt.

Der Hallesche Bankverein (Kulish, Kämpf & Co.) wird für das Jahr 1878 eine Dividende von 74% an seize Com- manditisten vertheilen.

In einer kürzlich stattgehabten Sißung des Aus\chu}ses der Württembergischen Notenbank in Stuttgart ist die Divi- dee pro 1878 auf 51/6 9% (gegen 51/10 % im Vorjahre) festgeseßt worden.

Aus Reval wird dle Zablungs8einstellung der dortigen Produkten- und Spiritusfirma Georg Eggers gemeldet. Die Passiva werden auf 14 Millionen Rubel angegeben. eres, Der Verwaltungsrath der London and Hanseatic- Bank s{chlägt vom Rechenschaftsberiht die Vertheilung einer Divi- dende von 4 sh, 10 d. per Aktie für das zweite Halbjahr vor, was mit der ¡bereits vertheilten Interimsdividende ein FJahreserträgniß von 6°/a ergiebt. Dem Reservefond follen 5000 £ überwiesen wer- den, wodurch er die Höhe von 38 000 £ erreiht; 4295 £ würden auf neue Rechnung vorgetragen werden.

Verkehrs-Anstalten.

Triest, 10. Februar. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Iris“ ist mit der ostindish-chinesishen Ueberlandpost beute aus Alexandrien hier angekommen.

Plymoutß, 10. Februar. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Gellert" ift hier cingetroffen.

New-York, 10. Februar. (W. T. B.) Der Dampfer des

zufclge ift wieder

wegen der Certifikate, die den nach Deutschland und Oester-

Vergleich der Mittelpreise im Kalender- und im Erntejahr auf die

Norddeutschen Lloyd „Oder“ ist hier eingetroffen.