1879 / 37 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 12 Feb 1879 18:00:01 GMT) scan diff

der Dorimund-Gronau-Enscheder Eisenbahngesellschaft zu Dort- mund, wie au etwa sih als zweckmäßig ergebender Anshluß- bahnen von industriellen und gewerblichen Etablissements an diese Verbindungsbahn zu gestatten, wollen Wir der erwähnten Gesellschaft zum Vau und Be- triebe der vorbezeihneten Erweiterung ihres Unter- nehmens Unsere Genehmigung unter den nachfolgen- den Bedingungen ertheilen und gleichzeitig das Recht zur Enteignung und vorübergehenden Benußung der zur Her- stellung der Verbindungsbahn erforderlihen fremden Grund- stücke nah dem Geseße vom 11. Juni 1874 hierdurch ver- leihen. s

Die neue Anlage bildet einen integrirenden Bestandtheil des Rheinischen Eiscnbahnunternehmens. Auf dieselbe finden

die Bestimmufigen der Gesellschastsstatuten und deren Nach- träge Anwendung.

Zur Herstellung der Anschlußbahnen an industrielle und ge- werbliche Etablissements ist in jedem einzelnen Falle die Zustim- mung des Ministers für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten und, wenn nöthig, die besondere Verleihung des Enteignungsrechtes nachzusuchen.

TI

Die Rheinische Eisenbahngesellschaft ist verpflichtet, nach Bestimmung des Handels-Ministers auch anderen Bahn- verwaltungen sowohl den Anschluß an die Verbindungsbahn, als auch die Mitbenußung, d. h. das Befahren derselben mit eigenen Lokomotiven und Zügen gegen eine angemessene, beim Mangel der Einigung vom Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten festzuseßzende Entschä- digung zu gestatten. Auch ist sie ihrem Erbieten gemäß gehalten, die zwischen der Westfälishen und Dortmund-En- scheder Eisenbahn zu bewirkenden Transporte auf dex Verbin- dungsbahn prompt durchzuführen und an Ueberführungs- gebühren unter Verzicht auf Zurehnung einer Expeditions- gebühr höchstens einen Streckensay von zwölf Kilometer nah Maßgabe ihres jeweiligen Lokaltarifs zu erheben.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Jnsiegel.

Gegeben Berlin, den 5. Februar 1879.

(L. 8) Wilhelm.

Graf zu Stolberg. Dr, Leon hardl. Dr, Fall: von: Kameke. Ver: Friedenthal. von Bülow: Hofmaun. Graf zu Eulenburg. Maybach. Hobrecht.

Ministerium für die landwirthschaftlihen Angelegenheiten.

Die Königliche Regierung (Landdrostei) ist durch die diesseitige Cirkularverfügung vom 30. November 1872 ange- wiesen worden, dem Auswärtigen Amte stets Abschrift der hierher zu erstattenden Berichte über das Auftreten, bezw. Erlöschen ansteckender Viehkrankheiten zugehen zu lassen. Jm Anschluß hieran bestimme ih, daß die Königliche Regierung (Landdrostei) mir in Zukunft von jedem einzelnen Falle des Auftretens und demnächstigen Erlöschens der Lungenseuche unter dem Rindvieh in ihrem Verwal- *. tungsbezirke eine kurze Anzeige macht und jedesmal Abschrift des betreffenden Berichts mittels Briefumschlags an das Aus- wärtige Amt sendet.

Bezüglih dex übrigen ansteckenden Thierkrankheiten abgesehen von der Rinderpest, bezüglih deren es bei den be- stehenden Vorschriften verbleibt bedarf es einer solchen Anzeige ferner nicht.

Berlin, den 1. Februar 1879.

Der Minister für die landwirthschaftlihen Angelegenheiten. Friedenthal. An sämmtliche Königliche Regierungen und Landdrosteien.

Evangelischer Ober-Kirchenrath.

Der Konsistorial-Rath Lüke zu Coblenz ist an das König- lihe Konsistorium der Provinz Schlesien und der Konsistorial- Rath Grundschöttel zu Magdeburg an das Königliche Konsistorium der Rheinprovinz verseßt werden.

BelanmtmaG Ung:

Im §. 24 des Geseßes vom 3. Juli 1878, betreffend den Reichs-Spielkartenstempel, ist den Spielkartenhändlern und den Fnhabern öffentlicher Lokale die Verpflichtung auferlegt wor- den, die Spielkarten, welche sie zur Zeit des Jnkrasttretens dieses Geseßes, also am 1. Fanuar 1879, in Vorrath hatten, bei Vermeidung der in den 88. 12 und 14 1. c. angedrohten Strafen der Steuerbehörde anzumelden, und zwar nah Nr. 2 der Bestimmungen des Bundesraths über die Nachversteuerung der Spielkarten (Anlage B. zu der Bekanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom 6. Juli 1878) bis spätestens am 3. Ja- nuar 1879,

Dieser Bestimmung ist nit überall nachgekommen worden, so daß noch jeßt vielfah Anmeldungen von Spielkarten zur Nachversteuerung eingereiht werden. Jn solchen Fällen ist nach §8. 24 und 25 I. c. Strafverfahren einzuleiten.

Mit Rücksicht jedoh darauf, daß die Ueberschreitung des vorerwähnten Termins häufig in Unkenntniß der erlassenen Vorschristen oder in einem entshuldbaren Versehen begründet ist, hat der Herr Finanz-Minister genehmigt, daß in denjenigen Fällen, wo Spielkartenhändler und Jnhaber öffentlicher Lokale mit dem preußischen Spielkartenstempel vorschriftsmäßig ab- gestempelte Spielkarten bis zum 15. Februar d. Js. zur Nach- stempelung freiwillig anmelden, unter den obigen Voraus- sezungen von Einleitung des Strafverfahrens Abstand ge- nommen werden darf.

Die Betheiligten fordern wir auf, etwa noch niht mit dem Reichssteinpel versehene Spielkarten bis spätestens zum 15. Februar d. Js. bei uns (am neuen Packhof 5 g.) zur Nach- stempelung anzumelden.

Berlin, den 27. Januar 1879.

Königliches Haupt-Steuer-Amt für ausländische Gegenstände.

Beklanntma@Gung, betreffend die Verwaltung des Bergregals in der Grafschaft Falkenstein. Unter Bezugnahme auf unsere Bekanntmachung vom 24. Mai 1874 bringen wir hiermit zur öffentlihen Kenntniß, daß von dem Königlichen - Hofjägermeister Herrn Grafen v. d. Asseburg-Falkenstein zu Meisdörf die Verwaltung seines Bergregals in der Grafschaft Falkenstein dem König-

lihen Bergmeister Schneider zu Femde an Stelle des nah Kirchen verscßten Königlichen Bergraths Riehn zu Stol- berg a. H. übertragen worden ist. Halle, den 8. Februar 1879. Königliches Ober-Bergamt.

Nichtamtliches. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 12. Februar. Se. Majest¿t der Kaiser und König nahmen heute den Vortrag des Civil- Kabinets entgegen und eröffneten um 2 Uhr Nachmittags im Weißen Saale des Königlichen Schlosses den Reichstag.

«Fhre Majestät die Kaiserin-Königin stattete heute Sr. Königlichen Hoheit dem PrinzenzGeorg einen Besuch ab, um Höchstdenselben zu Seinem Geburtstage zu beglückvünschen.

Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittag militärishe Mel- dungen entgegen, empfing den General-Feldmarschall Grafen von Roon, sowie ferner den Ober-Präsidenten der Provinz Westpreußen, Staats-Minister Dr. Ahenbach und - demnächst den preußischen Gesandten am Königlich bayerishen Hofe, Wirklichen Geheimen Rath Grafen von Werthern-Beichlingen.

Der Verweser des Kaiserlih russishen Ministeriums des Fnnern hat von dem Gouverneur von Astrachan, halte 27. Januar / 8. Februar, folgendes Telegramm er- alten :

«n der Stanize Wetljanka wie auch in den Dörfern Stariza, Prischib, Udatschnoje, Nikelkskoje, Michailowskoje und S\selitrennoje herrschen keine epidemischen Krankheiten. Wie der Kreisrihter von Kamyschin, im Gouvernement Ssaratow, und der von Zarew berichten, is in der Slobode Nikolajewskaja ein Sterbefall und ein zweifel- hafter Erkrankungsfall vorgekommen; um denselben näher zu bestimmen, sind Aerzte dorthin abgegangen, von denen ih Telegramme erwarte. Die Slobode Nikolajewskaja liegt im Kreise Zarew, 600 Werst von Astrachan entfernt. Heute habe ih von dem Arzte und dem Kreisrichter von Jenotajewsk eine Depesche erhalten, in welcher sie mir mittheilen, daß unweit des Dorfes Sselitrennoje in einem kleinen kirgisischen Nomadenlager, welches sich innerhalb der Grenzen der von mir gezogenen Quarantänelinie befindet, neue Fälle der Er- krankung an einer zweifelhaften Krankheit und felbst Sterbe- fälle vorgekommen sind. Es befindet sich jeßt ein Arzt dort, und unabhängig davon hält ein Militärkommando Wache, dessen Pflicht es ist, jeden Verkehr mit dem Lager zu verhüten, bis Eigenschaft und Charakter der Krankheit genau festgestellt sein werden. Morgen beabsichtige ih mi in die Kreise Jeno- tajewsk und Tscherny-Jar zu begeben; auf die Aufforderung des General-Adjutanten Grafen Loris-Melikoff werde ih mi dem neuernannten General-Gouverneur vorstellen ; wenn es möglih ist, und wenn ih mich mit seiner Auffassung der Sache bekannt gemacht habe, beabsichtige ih, alle Ortschaften innerhalb der Quarantänelinie zu besuchen, welche besondere / Aufmerksamkeit verdäenèn, um die den Umständen nach erfor- derlichen Maßregeln zu ergreifen. Jh werde meine Berichte niht unterbrehen, da ih die Orte sür die Nachtruhe dort wählen werde, wo sih Telegraphenstationen befinden, so daß Ew. Excellenz täglih Telegramme zugehen können. Das Wetter ist klar bei 9 Grad Frost.

Jm weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Herrenhauses wurde nah kurzer Diskussion Titel 3 des Entwurfs einer Hinterlegungsordnung und chließ- lich die übrigen Titel, sowie Eingang und Ueberschrift des Gesetzes in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung angenommen. ;

Es folgte als zweiter Gegenstand der Tagesordnung der mündliche Bericht der Agrarkommission über den vom Hause der Abgeordneten angenommenen Entwurf eines Ergänzungs- gclebes zu dem GWejege vom 27. April 1879, be- treffend die AblofuUng dex den getstlihen und Schulinstituien, sowie den frommen und milden Stiftungen zustehenden Realberechtigungen. Der Berichterstatter Herr Schuhmann empfahl, dem Gesetzentwurf in Uebereinstimmung mit dem Hause der Abgeordneten die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen, und das Haus trat diesem Antrage ohne Debatte bei.

Dritter Gegenstand der Tagesordnung war der Bericht der Kommission für Handel und Gewerbe über den Entwurf eines Geseßes, betreffend die Abänderung der Wege- geseße im Regierungsbezirk Cassel. Die Kommission hatte die einzelnen Paragraphen des Geseßes mehrfachen Ab- änderungen unterworfen, welche zum Theil redaktioneller, zum Theil erläuternder Natur sind. Der Referent, Herr Dr. Weigel, beantragte, dem Gefseßzentwurf in der abgeänderten Fassung zuzustimmen. An der Generaldebatte betheiligte sich außer dem Referenten niemand; in der Spezialdiskussion wurden die §8. 1 bis 7 nah dén Beschlüssen der Kommission ohne Debatte genehmigt. Zu §. 7 halten die Herren von Dechend, Dr. Weigel und Genossen (die gesammten Mitglieder der p a Lt nahträglich noch den Abänderungsantrag ein-

ebracht :

G A den S8. 7 und 8 einen neuen Abscchn!tt mit der Ueberschrift: „Eigenthum an Landwegen 2c.“ und einen neuen 8. 7a. einzuschalten, dahin lautend: §. 7a. Das Eigenthum an Landwegen 2c. steht je für ihre Gemarkungs- resp. Bezirks\trecken denj nigen zu, welche nach §. 1 und § 4 Abs. 1 dieses Gesetzes zum Bau und zur Unterhaltung verpflichtet sind.“

Der Referent Herr Dr. Weigel befürwortete die Annahme dieses Antrages, welcher eine bemerkenswerthe Lücke in diesem Gese auszufüllen bestimmt sei. Auch der Regierungs- kommissar Geheime Ober-Regierungs-Rath Schult sprach \ich zu Gunsten dieses Antrages aus, während \sich Graf zur Lippe und Herr Dr. Dernburg, welche die rechtlihen Anschauungen, von welchen die Antragsteller ausgingen, bekämpften. Bei der Abstimmung über deir Antrag wurde derselbe mit ent- schiedener Majorität verworfen, und dann die übrigen Para- graphen des Geseßes, sowie die Ueberschrift und Einleitung desselben ohne Debatte genehmigt.

Es folgte als vierter Gegenstand die einmalige Schluß- berathung über den Geseßentwurf wegen Aufhebung der 88. 29 bis 48 des lauenburgishen Geseßes vom 24. Funi 1871, betreffend die Ausführung des Bun-

desgeseßzes über den Unterstüßungswohnsißz. Auf

Antrag des Referenten, Herrn Bitter, wurde das Geseß ohne Debatte in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen.

Der leßte Gegenstand der Tagesordnung war der münd- lihe Bericht der Petitionskommission über verschiedene Petitionen.

Herr von Jerin berichtete über die Petition des Veteranen Karl Schönrock zu Blesen um Gewährung einer Veteranen- unterstüßung. Derselbe beantragte, die Petition der König- lichen Staatsregierung zur Berücfsihtigung zu überweisen, und das Haus trat diesem Antrage ohne Debatte bei. Herr Geysmer berichtete über die Petition des Auktionskommissarius Böhm in Elbing, betreffend einen durch sämmtliche Jn- stanzen abgewiesenen angeblichen Rechtsanspruh des Petenten und beantragte Uebergang zur Tagesord- nung. Das Haus beschloß ohne Debatte demgemäß. Die Kreisausshüsse der Kreise Torgau und Schweiniß petitionirten um Aufhebung der Wegebaulast in den ehemals sächsishen Landestheilen. Der Berichterstatter, Graf von Kospoth-Burau , beantragte, die Pelition der Königlichen Staatsregierung zur Erwägung bei der Regelung der all- gemeinen Wegegeseßgebung zu überweisen, und das Haus trat auch diesem Antrage ohne Debatte bei. Eine Petition des Peter Wiebe sen. zu Herrenhagen um Vorrichtungen zur Ver- meidung von Weichselübershwemmungen wurde auf Antrag des Berichterstatters Herren Geysmer durh Tagesordnung crledigt. Weiter lag eine Petition des Kreisausschusses zu Jnsterburg vor, um Ermäßigung einer vom Forstfiskus geforderten Entschädigung für steriles Waldland, welches vom Kreise zum Bau der Tilsit- ZFnsterburger Eisenbahn unentgeltlich hergegeben worden ist. Der Berichterstatter Herr Hausmann beantragte, diese Petition der Königlihen Staatsregierung zur Berücsichtigung zu über- weisen. Der Regierungskommissar erklärte sih gegen diesen Antrag, während Herr von Simpson-Georgenburg und Graf Krassow denselben befürwortete. Das Haus nahm den Antrag {hließlich mit großer Majorität an. Die übrigen Petitionen wurden von der Tagesordnung abgeseßt und um 3?/, Uhr die Sißung auf Donnerstag Nachmittag 1 Uhr vertagt.

Jm weiteren Verlaufe der gestrigen (49.) Sigzung seßte das Haus der Abgeordneten die dritte Berathung des Etats, und speziell des Etats des Kultus-Mini- steriums fort. Bei Kap. 118 Tit. 3 (Bisthum Gnesen- Posen), brachte der Abg. Dr. von Stablewski eine Reihe von ällen zur Sprache, in wie harter und grausamer Weise die Maigeseße in der Provinz Posen ausgeführt würden ; nament- lih gelte das von folhen Gemeinden, in denen sich ein vom Staate eingeseßter Pfarrer befinde. Die Klage des Redners darüber, daß der Königliche Kommissarius der Diözese Gnesen- Posen sih die Rechte der geistlihen Oberen angemaßt habe, berihtigte der Regierungskommissar Ministerial - Direktor Lucanus dahin, daß gewisse weltliche Befugnisse demselben ge- sezmäßig zuständen, derselbe habe lediglich die Rechte der Vermögensverwaltung ausgeübt, die von den geistlihen Rechten sehr verschieden und ihm geseßlih übertragen wären.

Der Abg. Dr. Franz kam nohmals auf seine vorherigen Ausführungen zurück und ergänzte die Beshwerden des Abg. von Stablewski durch ähnliche Beispiele aus dem Bezirke des Bisthums Breslau. Der Regierungskommissar Geheime Ober-Regierungs-Rath Dr. Hübler wies diese Beschwerden unter Hinweis auf die Be “immungen des Geseßes vom 31. Mai 1875 zurü.

Der Abg. Bachem führte beim Titel (Bisthum Cöln) in einem Spezialfalle (Zushuß für den Domorganisten in Cöln) Beschwerde über die Ausführung des Sperrgesetes, die formell rücksihtslos und materiell ungeseßlih sei, wie denn überhaupt gerade in der Kultusverwaltung die größte Härte geübt werde. Wenn man dadurch die Autorität der Staats- gewalt zu wahren glaube, sei man im großen Jrrthum, denn hinterher hätten in den meisten Fällen die Gerichte das Vor- gehen des Ministers als geseßlih ungerechtfertigt anerkannt. Der Regierungskommissar Ministerial - Direktor Lucanus fonstatirte dem gegenüber, daß in dem besonders hervor- gehobenen Falle bereits Nemedur eingetreten sei.

Zum Kapitel der Gymnasien und Realschulen brachte der Abg. Dr. Franz einen Fall zur Sprache, wonach Dr. Stein in Falkenstein nicht zum Schuldirektor bestätigt sei, troßdem er einstimmig vom Magistrat dazu erwählt gewesen sei.

Hierauf erwiderte der Kultus-Minister Dr. Falk, die Be- stätigung sei nur deshalb nicht erfolgt, weil durch die Ver- handlung mit dem Betreffenden nicht die Ueberzeugung habe ge- wonnen werden konnen, daß er bei seiner kurzen Amtsführung bereits so weit entwidelt sei, um die Einrichtung und Leitung einer ganz neuen Schulanstalt in einem Orte von so s{hwie- rigen Verhältnissen übernehmen zu können, wie sie in Fal- kenstein notorisch vorlägen. Er bezweifle nicht, daß der Dr. Stein im Laufe der Zeit dahin kommen würde, daß derartige Bedenken nicht gegen ihn erhoben werden könnten.

Der Abg. Cremer beschwerte sich über die literarische Thätigkeit eines noch heute im Amte wirkenden Schulmannes, der in einer Brochüre unter Andern Säße ausgesprochen, wie die: „Die Spekulation auf den Himmel lasse die Menschen in Unwissenheit und Trägheit versinken, der Mensh müsse dabei zu unvernünftigen, unverständlichen Thieren werden.“ (Nedner verlas dabei die betreffende Stelle.) Diese Brochüre sei den Mitgliedern des Hauses zugesandt. Wie sei es mög- lih, daß sih der Verfasser so etwas herausnehmen konnte! Freilich die Haltung des Ministers, zumal seine Berufung auf die Schriften von Kuttenfeind und ähnliche hätte in minder klaren Köpfen die Anschauung wachrufen können, daß man in den höchsten Regierungskreisen die humanistishen Jdeen der Brochüre billige.

Der Kultus-Minister Dr. Falk erwiderte: Man habe viel- fah behauptet, daß er die Ansichten der von ihm genannten Schriften theile; er habe aber nur auf sie verwiesen, um die schlechten Zustände in früherer Zeit nachzuweisen, und habe das traurige Resultat bedauert, daß sich Schüler in diefer Weise gegen die Anstalt wandten, der sie ihre Bildung ver- dankten. Eine Billigung der Ansichten dieser Schriften habe er niht ausgesprochen, das sei eine allerdings seitdem sehr beliebie Verkehrung seiner Worte, wenn nicht etwas Schlimmeres.

Bei Kap. 122, Prüfungskommissionen , wollte der Abg. Schröder (Lippstadi) vie Kosten für- die Prüfung der Theo:- logen in Bezug auf ihre allgemeine Bildung, wie sie in den Maigeseßen gefordert werde, absezen. Es fei mit der allge- meinen Bildung ein heikles Ding, der ganze Bildungsshwindel sei nicht viel werth und {limmer als der Gründungss{hwindel. Er möchte an das bekannte Wort Zieglers erinnern, als er zur Theilnahme an einem Volksbtildungsverein aufgefordert 10. SIegler 00e, s uan in hn brang, ant einem solchen Bildungsverein theilzunehmen :

er sei dazu

bereit, das eine bedinge er sich aber aus, daß man ihm wenigstens einen Menschen ungebildet lasse, der ihm die Stiefel wichse. (Abg. Richter-Hagen: Js niht wahr!) Die Prüfung in der allgemeinen Bildung werde {hon im Abitu- rientenexamen abgelegt, weshalb fordere man sie von den Theologen noch einmal bei ihrer Fahprüfung? Jn der Raffinerie der Fahprüfungen pflege der gesunde Menschen- verstand durlhzusickern und nur die reine Wissenschaft zurück- zubleiben, die in ihrem Servilismus Alles beweise, selbst das, was dem gesunden Menschenverstand ins Gesicht s{hlage.

Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, wenn dem Vor- redner vorhin, als er eine Geschihte von Ziegler erzählte, von ihm und anderen zugerufen sei: „Nicht wahr!“ so sollte da- mit nicht gesagt sein, daß sie überhaupt niht wahr sei; sie sei nur nicht in der rihtigen Verbindung erzählt. Ziegler habe nicht mit Beziehung auf den Bildungsverein, sondern auf den Sozialismus gesagt, er möhte nicht den Triumph des Sozialismus erleben, denn er brauche mindestens Jemand, der ihm seine Stiefel wise.

Zum Etat der Universität Berlin betonte der Abg. Dr. Löwe (Bochum) die Nothwendigkeit, hier eine Morgue zu errihten. Auch für die Nahrungsmittelprüfung bedürfe es einer Lehrstation an der Universität.

Der Regierungskommissarius Geheime Regierungs-Rath Dr. Göppert erwiderte, daß Verhandlungen im Gange seien, aber noch nicht hätten beendet werden können, da mehrere Ressorts in Frage kämen, deren Entscheidung noch ausstehe.

Zum Etatstitel „Zuschüsse zu Gymnasien“ legte der Abg. Dr. Weber (Erfurt) dem Kultus-Minister die Klagen ans Herz, die jeßt „wieder aus Lehrerkreisen 1n großer Zahl über die Ungleichartigkeit der Gewährung oder Nichtgewährung der Wohnungszuschüsse für Lehrer an nichtköniglihen Schulanstalten vorlägen.

Der Regierungskommissar Ministerial - Direktor Greiff fonstatirte, daß die Zuschußpflicht des Staates eine subsidiär- sei und daß es daher in jedem Einzelfalle erst einer Unter handlung mit der betheiligten Kommune über deren Prästationsfähigkeit bedürfe.

Der Abg. Porsch bestritt, daß die Simultanschule in Oppeln einen erfreulichen Fortschritt gemaht habe, wie dics von Seiten der Regierung bei der zweiten Lesung des Etats behauptet sei. Nur der Mangel anderer Lehranstalten führe ihr Schüler zu. Er protestire sodann gegen die von dem Abg. Virchow gegen die Bevölkerung Oberschlesiens erhobenen Anschuldigungen.

Der Abg. von Goldfus brachte einen Uebelstand zur Sprache, der sih im Bezirk der Breslauer Regierung noch finde, daß nämlich durch die Neglements über Schulversäumniß- strafen eine ungleihe Strafskala für protestantische und für katho- lische Kinder existire. Hier müsse durch eine Deklaration oder auf sonst einem Wege Remedur geschaffen werden.

Der Regierungskommissar Geheime Regierungs-Rath Raffel erklärte, daß eine Nemedur auch von der Regierung gewünscht werde, aber die Verhältnisse lägen so eigenartig, daß die Nemedur nicht reglementarish, sondern nur geseßlih erfolgen könne. Hierauf vertagte sih das Haus um 3%, Uhr.

Fn der gestrigen Abendsizung, der der Kultus- Minister Dr. Falk und mehrere Regierungskommissarien bei- wohnten und die um 71/7 Uhr vom Vize-Präsidenten Kloß eröffnet wurde, seßte das Haus der Abgeordneten die dritte Berathung des Kultusetats fort. Zu Kap. 126 Tit. 4 (Kunst und Wissenschaft) beantragte Abg. von Bunsen, zur Vermehrung der Sammlungen des Berliner Museums 15 000 mehr zu bewilligen, die Position also auf 325 000 46 zu erhöhen.

Der Abg. Dr, Momsen befürwortete diesen Antrag,

während der Regierungskommissar , Geh. Ober - Finanz- Rath Scholz der Annahme desselben àus finanziellen Gründen widersprah. Der Etat sei seit dem Jahre 1872 von ungefähr 16000 Thlr. auf 108000 Thlr. erhöht worden. Außerdem beabsihtige die Regierung keines- wegs, den Fonds dauernd zu verkürzen, diese Verminderung solle vielmehr nur eine vorübergehende sein und im nächsten Jahre vielleicht hon in Wegfall kommen. Der Antragsteller 30g hierauf den Antrag zurü. ___ Der Abg. Schmidt (Stettin) kam auf seine Behauptungen in zweiter Lesung hinsichtlich des geodätishen Jnstituts zurü; vasselbe habe nur zwei Publikationen veröffentliht, wenigstens seien von 22 Publikationen nur zwei selbständige Arbeiten. Abg. Knebel wünschte dringend Abhülfe der großen Mißstände, hüt sih bei dem Rheinischen Provinzialmufseum herausgestellt ätten.

Beim Kap. 127 („Kultus und Unterricht gemeinsam“) kam der Abg. Frhr. von Schorlemer-Alst auf einen Vorgang in zweiter Lesung, betreffend die Verseßung des Gymnasial-Direktors Peters von Münster nah Coesfeld, zurück und bezeichnete die Aeußerung des Geh. Negierungs-Rath Stauder, daß er damit einverstanden gewesen sei, als unrichtig. Der Negierungs- tfommissar rechtfertigte seine früheren Erklärungen unter Hin- weis auf die Berathung der zweiten Lesung.

Der Abg. Franz tadelte das Vorgehen des Kommissars für die kirhlihe Vermögensverwaltung, von Schuckmann in Breslau, der den Nonnen keine Wohnung im Kloster ver- miethen wolle. Wenn die Oberin der Nonnen nun eine kleine Summe bei Seite geschafft habe, um den Nonnen ein Asyl im Auslande zu verschaffen, so sei das doch niht wunderbar.

Der Regierungskommijsar Geh. Ober- Regierungs-Rath Hübler bemerkte, die bei Seite geschaffte Summe sei nicht klein, sie betrage mehrere Hunderttausend Mark. Den Nonnen sei der Aufenthalt im Klojter nicht entzogen worden. Es handle sich nur darum, ob neben der Verwendung der Räume zu anderwei- tigen Lehrzwecken dieselben auch noch zum Aufenthalte der Nonnen ausreichten.

Mehrere Abgeordneten beantragten den Schluß der De- batte; der zweite Vize-Präsident Graf Bethusy-Huc konstatirte daß sih die Majorität für den Schluß ausgesprochen habe. :

Der Abg. Frhr. von Schorlemer-Alst richtete an den Präsi- denten die Frage, ob er bei der Protlamirung der Majorität sih mit dem Bureau ins Einvernehmen gesetzt habe.

Der Vize-Präsident Graf Bethusy-Huc erklärte, er müsse

“den Vorredner bitten, solhe Fragen in Zulunst zu unter-

lassen. Wenn der Präsident eine Majorität proklamire, so thue er das auf sein Gewissen und seine Gefahr. Den andern Herren, die ihn nicht getragt haben, wolle er mittheilen, daß er beide Schriftführer befragt habe. :

Der Abg. Frhr. von Schorlemer-Alst entgegnete, die letzte Auskunft des Präsidenten habe ihn befriedigt; übrigens bemerke er, daß er als Abgeordneter berechtigt sei, jede Frage an den Präsidenten zu stellen.

Der Vize-Präsident Graf Bethusy-Huc erklärte, er habe, so lange er diesen Plaß einnehme, anzunehmen, daß er das Vertrauen des Hauses und jedes einzelnen Mitgliedes habe, daß er bona fide und den Bestimmungen der Geschäftsordnung gemäß die Debatten leite. Eine solche direkt an ihn gerichtete Frage, ob er die Bestimmungen der Geschäftsordnung be- obachte, müsse er als ein Mißtrauensvotum betraten, zu dem er dem einzelnen Abgeordneten die Berehtigung bestreite. Der Rest des Kultusetats wurde ohne weitere Debatte erledigt.

Bei der Berathung des Etats- sowie des Anleihegesetzes bemerkte der Abg. Dr. Virchow, daß das Haus diesmal von einer im vorigen Jahre befolgten Praxis, die Anleihen zum integrirenden Theil des Etats zu machen, abgewichen sei; er Ne, daß daraus fein entscheidendes Präjudiz gemacht werde.

Der Regierungskommissar, Geheime Ober-Finanz-Rath Scholz, bemerkte, _daß diesmal die Anleihe mit dem Etat stehe und falle, weil sie ganz in denselben aufgenommen sei; im vorigen Jahre hätte sich nur ein Theil der Anleihe im Etat befunden, daher die Verschiedenartigkeit der Behandlung.

Das Hans genehmigte darauf den Etat in der Höhe von 711 506 758 M in Einnahme und Ausgabe, und zwar 652 622 066 6 an fortdauernden und 58 878 692 4 an ein- maligen Ausgaben, sowie das Etats- und Anleihegeset definitiv.

Hierauf wurden mehrere Petitionen wegen Abänderungen der Forstservitutablösungs-Geseßgebung für die Provinzer Hessen-Nassau und Hannover berathen. Auf den Antrag der Agrarkommission wurden einige Petitionen der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen, andere durch Uebergang zur An erledigt, worauf sih das Haus um 9?/, Uhr vertagte.

Jn der heutigen (51.) Sißung des Hauses Der Abgeordneten, welcher der Handels-Minister May- bach, der Finanz-Minister Hobreht und mehrere RNegierungs- fommissarien beiwohnten, genehmigte das Haus in dritter Berathung ohne Debatte und unverändert die Gesetz- entwürse, beireffend eine Abänderung des Geseßzes vom 25. Dezember 1869, betreffend die Hannoversche Landeskredit- anstalt und betreffend Abänderung der Wegegeseßgebung für die Provinz Schleswig-Holstein und die Herbeiführung eines Ausgleichs in der Wegebaupflicht zwischen den Herzogthümern Schleswig und Holstein. Darauf trat das Haus in die Be- rathung des Generalberihts der Budgetkommission. Die Anträge der Kommission lauten :

„Das Hars der Abgeordnetcn wolle beschließen :

I. Die Köni liche Staatsregierung zu ersuchen, in Zukunft auf Ersparnisse bei den laufenden Ausgaben der Staatsverwal- tung, inébesondere durh Vereinfachung des Geschäftsganges und Verminderung der Zahl der Beamten Bedacht zu nehmen.

111. Die Königliche Staatsregierung aufzufordern: Mit Rück- siht auf die gegenwärtige Finanzlaze von fostbaren, nit unum- gänglih nothwendigen Neubauten Abstand zu nehmen und bei den beschlossenen Bauausführungen, insbesondere bei der Herstellung von Bahnhofsgebäuden, Dienstwohnungen 2c. jeden fostspieligen See und jede über das Bedürfniß hinausgehende Anlage zu ver- melden,

11. Die Königliche Staatsregierung aufzufordern: 1) vom Ankauf von Vollbahnen unter den gegenwärtigen finanziellen und wirth\chaftliben Verhältnissen Abftand zu nehmen; 2) dagegen eingehende Untersuchungen darüber auzustellen, in wieweit der Bau von lokalen Unschlußbahnen niederer Ordnung ge- eignet ist, die Rentabilität der vorhandenen Eisenbahnen, insbe- sondere der Staatsbahnen, zu heben und den Absatz von landwirth- \haftliden Erzeugnissen und sonstigen Rohprodukten zu erleichtern; 3) dem Landtage in der nächsten Session eine Darlegung zu machen, in wieweit die Interessent-n bei dem Bau solcher Lokalbahnen durch Maßregeln der Gesetzgebung und Verwaltung beziehungswe.se durch Staatsmittel unterstützt werden können.

IV, Zu erklären: Im Interesse einer geord:cten Finanz- wirthschaft ift es geboten: das Geseß vom 25. Mai 1873, betref- fend die Klassen- und Einkommensteuer, dabin abzuändern, daß es ermögliht wird, in dem Staatshaushalts-Etat jährlich soviel an Klassen- und Einkommensteuer in Ansaß zu bringen, als zur Deckung des jeweiligen Ausgabebeda1fs erforderlich ist.

V. Zu erklären: Die im Interesse des Deutscen Reichs und Preußens angestrebte Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reichs liegt nur dann im preußishen Staatsinteresse, wenn die volle Gewähr dafür gegeben wird, daß der hierdurch, fei es durch Heratminderung der Matrikularbeiträge unter den im Etat von 1879/80 vorgesehenen Saß, sei es durch direkte Ueberweisung verfügbarer Einnahmen vom Reih, für Preußen diéponibel werdende Betrag, insoweit über den- selben niht mit Zustimmuna der Landesvertretung im Etat eine anderweitige Verfügung getroffen ist, jährlih unrerkürzt zur Herab- minderung der Klafsen- und klassifizirten Einkommensteuer ver- wendet werde.

VI, Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, dahin zu wirken, daß in Zukunft das Etatsgesey für das Deutsche Reich früher festgestellt wird, als das Etatägeset für Preußen.“

ZUnächst wurden Nr. T. und Il. zur Diskussion gestellt. Der Referent Abg. Rickert wies hierbei auf die beschränkte Zeit hin, welhe der Budgetkommission zur Verfügung ge- standen habe, um ihre {were Aufgabe zu vollenden, und deshalb sei ihr Bericht auch nit mit der in früheren Jahren beobachteten Gründlihkeit und Autorität angefertigt worden. Er sprach sodann dem Bureaudirektor des Hauses den Dank für die Unterstüßung der Kommission dur Beschaffung des erforderlichen Materials aus. Der Abg. von Meyer (Arnswalde) erkannte an, daß die übermäßige Vermehrung der Beamten als ein großer Uebelstand anzuerkennen sei. Die neue Verwaltungs- reorganisation habe die Verwaltung nur s{werfälliger gemacht und dieselbe thatsächlih desorganisirt. Die Grundsäße der Sparsamkeit müßten praktisch ausgeführt, nicht nur in Reso- lutionen ausgedrückt werden. Deshalb halte er die zur Dis- kussion stehenden Theile der Kommissionsanträge für unnöthig. Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte dagegen, daß es namentlich die Parteigenossen des Vorredners gewesen seien, welche in Oppo- sition zu der Haltung der Fortschrittspartei durch Ausdehnung des finanziell verde:blihen Staatsbahnsystems das Beamten- heer ungebührlih vermehrt habe und auf diesem Wege noch fortzufahren beabsichtige. Wein der Vorredner seine eben ausge}jprochenen Ansichten in die Praxis übersezen wolle, dann müsse er diese Tendenz seiner Partei ändern. Der Abg. Frhr. von Zedliß-Neukirh suchte auf ziffernmäßigen Grund- lagen nachzuwei)en, daß das EStaatsbahnsystem keineswegs finanziell verderblich gewirkt habe. Den Ausführungen des Vorredners hielt er entgegen, daß die Steigerung der Beamtenzahl bei den Staatsbahnen nur in dem Verhältniß der kilometrishen Ausdehnung dieser produktiven Anlagen erfolgt sei. Auch seine Partei wünsche Sparsamkeit in der Verwaltung, aber sie wünsche dieselbe niht fo weit

drastish geschildert worden sei. Der Regierungskommissar, Geheime Regierungs-Rath Haase führte aus, daß, wenn man von dem Plus der Beamtenstellen diejenigen abziehe, welche auf Verlangen des Hauses von außerctatsmäßigen zu etats- mäßigen gemacht oder aus den annefktirten Provinzen mit herüber genommen seien, sich dieses Plus auf nur 27 Stellen belaufe. Nach einem Schlußworte des Referenten wurden die Resolutionen 1. und Il. angenommen, worauf das Haus zur Diskussion der Nr. II1. mit den dazu gestellten Anträgen überging. Der Abg. Dr. Lasker und Genossen beantragten: „Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:

An Stelle der Resolution II1. 1. Seite 54 des Generalberihts Nr. 220 der Drucksachen zu seten:

IIT. zu ertlären, daß

unbeschadet der Fraze, ob und in welher Weise das Staats- bzhnsystem über den bisherigen Umfang auszudehnen fei,

1) die derzeitige Finanzlage des Staates nicht gestattet, auf dem ebiete des Eisenbahnwes-ns mit Unternehmungen vorzu- gehen, bei welchen die Rentabilität niht genüzend gesichert ift;

__2) es dringend erforderli ist, die Ziele und Grundsäte der Eisenbahnpolitik Seitens der Königlichen Staatsregierung klar darzulegen und eine Verständigung über dieselben zwischen der Staatsregierung und dem Landtage herbeizuführen“

und der Abg. Freiherr von Hammerstein und Genossen :

„Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: An Stelle der Resolution Ill. 1. Seite 54 des Generalberihts Nr. 220 der Druksachen zu seten :

111, Die Königliche Staatsregierung aufzufordern :

1) die Durchführung des Staatsbahnsystems als Ziel der preußishen Eisenbahnpolitik unv:rrückt im Auge zu behalten.“

Der Referent Abg. Riert gab zu, daß wegen der allzu knappen Zeit, welche der Kommission zu Gebote gestanden habe, das Material für die Feststellung der Rentabilität der Staatsbahnen in dem Bericht nicht vollständig sei, er müsse aber erklären, daß die Majorität der Kommission die vom Handels- Minister nachträglich vorgelegte bezügliche Nachweisung als auf rihtigen Grundlagen beruhend, nicht anzuerkennen vermöge, ob- wohl die Kommission das Bestreben des Handels-Ministeriums in den leßten Jahren, die Rentabilität der Staatsbahnen zu heben, anerkenne. Aus diesem finanziellen Gesichtspunkte, nicht aus einem prinzipiell dem Staatsbahnsystem feindlichen, sei die Resolution 1k, die er zur Annahme empfehle, hervor- gegangen. Der Abg. Dr. Nasse führte aus, daß die Frage, ob Staatsbahnen oder Privatbahnen, bei uns {hon entschieden sei und daß es sich nur darum} handele, im gemeinen Jnteresse den Uebergang vom gemischten in das Staatsbahnsystem möglichst rasch zu vollziehen. Nach der jeßigen Sachlage müsse der Ressort-Minister je mehr nicht genügend rentable Bahnen in Betrieb treten, im Finanzinteresse des Staates durch Kon- kurrenz und Machtentfaltung der Staatsbahnen den Konkur- renzprivatbahnen möglichst viel zu entziehen suchen, andererseits müsse er aber auch das Interesse des in den Privatbahnen angelegten Privatkapitals schüßen, endlih müsse er das Jnteresse der die Bahnen benußenden Konsumenten wahrnehmen. Eine gerechte Berücksichtigung aller dieser widerstreitenden Jnteressen bei eincr Centralstelle sei durch- aus unmöglich und dieselben könnten nur durchein reines Staats- bahnsystem mit einander in Einklang gebracht werden. Dem einheit- lihen Bahnsystem Preußens würde das übrige Deutschland ebenso folgen, wie es bei dem Bank- und dem Zollsystem ge\chehen sei. -Die gegenwärtige finanzielle Lage sei besonders für eine jolhe Operation geeignet, denn jeßt würden die Privatbahnen zu mäßigem Preise erworben werden können und even- tuel würde ein zweckmäßiges Expropriationsgeseß ein- treten. Die Verständigung mit der Regierung wegen ihrer Eisenbahnpolitik müsse in concreto bei bestimmten Projekten erfolgen. Der Abg. Richter (Hagen) machte dem Vorredner gegenüber geltend, daß derselbe durchaus feine flaren und entscheidenden Gründe für das Staatsbahnsystem vorgebracht habe und auch der Minister habe in den Kommissionsberathungen, jo wie bis jezt im Plenum keine entschiedene Stellung zu dieser Frage genommen. Er verzichte deshalb darauf, jeßt auf die Frage näher einzugehen. Der Minister Maybach stellte in Nücksicht auf die vorgerückte Stunde seine Erklärung für morgen in Aussicht.

Um 1 Uhr vertagte sih das Haus bis Donnerstag 10 Uhr.

Nach der vom Reichs - Eisenbahn - Amt auf- gestellten, in der Ersten Beilage veröffentlichten Nach:veisung über im Monat Dezember v. F. beförderte Züge und deren Verspätungen wurden auf 57 größeren Eisen- bahnen Deutschlands (exkl. Bayerns), mit einer Ge- sammtlänge von 26 868,35 km, an fahrplanmäßigen Zügen befördert: 11 545 Courier- und Schnellzüge, 75 974 Perfonen- züge, 41257 gemischte und 70751 Güterzüge; an außer- fahrplanmäßigen Zügen : 1180 Courier-, Personen- und ge- mischte, und 22 789 Güter-, Materialien- und Arbeits- züge. Jm Ganzen wurden 569 893 956 Achskilometer be- Weat, von denen 166 (11 879 auf die Mana bigen

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Züge mit Personenbeförderung entfallen. verspäteten von den 128 776 fahrplanmäßigen Courier-, Personen- und gemischten Zügen im Ganzen 2411 oder 1,87 pCt., (gegen 1,41 pCt. in demselben Monat des Vorjahres, und 0,57 pCt. im Vormonat). Von diesen Verspätungen wurden jedo 1240 durch das Abwarten verspäteter Anschlußzüge hervor- Sevi fei, so daß aus im eigenen Betriebe der betreffenden Bahnen liegenden Ursachen 1171 Verspätungen oder 0,91 pCt. (gegen

0,35 pCt. im Vormonat) der beförderten Züge entstanden. Jn demselben Monat des Vorjahres verspäteten auf 57 Bahnen durh im eigenen Betriebe liegende Ursachen 926 e, gleih 0,73 pCt., sonach 0,18 pCt. weniger. Jn Folge der Lan wurden 460 Anschlüsse versäumt (gegen 308 in demselben Monat des Vorjahres und 160 im Vormonat).

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren Dr. Chojnacki in Osche, Dr. C. Stern in Schweß, Dr. Blie- sener in Stolp, Dr. Hesse in Essen.

Stettin, 10. Februar. Das „Amtsblatt“ veröffentlicht eine Bekanntmachung, betreffend die bei der Revision der Amt s- bezirke (zufolge §. 64 der Provinzialordnung vom 29. Juni 1875) vorgenommene endgültige Feststellung der Amtsbezirke im Kreise Cammin. Eine Extrabeilage enthält den Pro- vinzial-Haushaltsetat pro —1, April 1879 bis —dahin 1880. Derselbe {ließt in Einnahme ab mit 2 997 900 4; die Aus- gaben des Ordinariums belaufen sih auf 2347 900 M, des Extraordinariums auf 650 000 M

Bayern. München, 10. Februar. (Allg. Ztg.) Die Kammer der Reic,sräthe ist dem Beschlusse der Kammer der Abgeordneten bezüglih der Wuchergeseße einstimmig,

ausgedehnt zu sehen, daß die Kargheit bei den Staatsgebäuden eintrete, welhe neulich in Betreff der Justizgebäude so

demjenigen bezüglih der Strafgewalt des Reichstags mit allen gegen 9 Stimmen beigetreten.