1879 / 39 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Feb 1879 18:00:01 GMT) scan diff

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Frandckenstein 74, Abg. von Seydewiß 80 Stimmen, ein gee war unbeschrieben. Alle drei kamen E zur engeren Wahl. Jn dieser wurden 243 Zettel abgegeben; wovon auf den Abg. von Stauffenberg 90, auf von Séydewiß 78 und auf zu Franckenstein 75 entfielen. Eine absolute Majorität war nit erzielt und fand deshalb eine engere Wahl zwischen den Abgg. von Stauffenberg und von Seydewiß statt. Hierauf wurden 220 Zettel abgegeben, von den 52 un- beschrieben waren; Abg. von Stauffenberg erhielt 88, von Seydewit 80 Stimmen. el

Der Abg. Freiherr Schenk von Stauffenberg war dem- nach gewählt und erklärte sich zur Annahme der Wahl bereit.

Ein Vertagungsantrag des Centrums wurde abgelehnt.

Der Abg. Windthorst bezweifelte die Beschlußfähigkeit des Hauses, welcher Ansicht sih der Präsident mit Rücksicht auf die eben abgegebenen 220 Zettel nicht ans{hließen zu können meinte. Die Mitglieder des Centrums verließen darauf den Saal, so daß das Haus bei der Wahl des zweiten Vize- piripe nicht mehr beschlußfähig war, es wurden nur 150

ettel abgegeben.

En vertagte sich das Haus um 6 Uhr auf Montag

11: 1dr.

Jm weiteren Verlaufe der gestrigen Sißung des Herrenhauses folgte der mündliche Bericht der Justizkom- mission über den Geseßentwurf, betreffend die Dienstver- hältnisse der Gerichtsschreiber. Der Referent Herr Wever beantragte, dem Gesehentwurf in der von dem Hause der Abgeordneten beschlossenen Fassung unverändert die ver- fassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen und das Haus stimmte dem Antrage ohne Debatte zu, indem es den Geseß- entwurf en bloc annahm. L

Es folgte sodann der Bericht der Justizkommission über den Entwurf eines Ausführungsgeseßes zum deut- \shen Gerichtskostengeseß und zu den deutschen GeÞ- bührenordnungen für Gerichtsvollzieher und für Zeugen und Sachverständige. Auch dieser Geseßentwurf, über welchen Herr Adams berichtete, wurde in dec vom Abgeordnetenhause beshlossenen Fassung vom Hause en bloc angenommen.

Der vierte Gegenstand der Tagesordnung war der Bericht der Matrikelkommission. Auf Antrag des Referenten Grafen zur Lippe erklärte das Haus die Siße der Herren Hobrecht, Dr. von Forckenbeck und Dr. Teßmann für erledigt, und ersuhte den Minister des Jnnern, für die Städte Berlin, Breslau und Greifswald thunlichst bald ander- weite Präsentationswahlen veranlassen zu wollen ; ferner be- {loß das Haus, daß Dr. Hermann Schulze in Heidelberg (bisher Vertreter der Universität Breslau) niht befugt sei, Sig und Stimme im Herrenhause auszuüben, und daß von einer Einladung desselben zu den Sißungen Abstand zu nehmen fei. A

Es folgte der mündlihe Bericht der Agrarkommission über den Gesetßentwurf, betreffend die Bildung von Wassergenossenshaften. Der Referent Herr Schuh- mann berichtete über die vom Herrenhause vorgenommenen Aenderungen dieses Geseßes und empfahl die Annahme dieser veränderten Fassung. Jn der Generaldiskussion verwies Herr Dr. Beseler auf die Mängel unserer Genossenschaftsgeseß- gebung im Allgemeinen und hegte Bedenken, dur dieses Gesey diese Mängel auch auf diese Materie zu übertragen. Er stellte zu §. 28 des Geseßes einen Antrag, auf den wir bei der Spezialdiskussion noch näher zurüclommen werden. Graf Brühl bemerkte, er glaube nicht, daß das Geseß von großem Segen sein werde. Das Geseh sei nicht geeignet, solche Genossenschaften zu Stande zu bringen, viel eher sie zu verhindern. Der gefährlihste Punkt an diesem Geseh sei die Solidarhaft. Der Staats-Minister Dr. Friedenthal erwiderte hierauf, es würden sich vielleicht für die freien Genofsenschasten vortheilhaftere Konstruktionen finden lassen, als die Vorlage vor- schlage ; es sei aber sehr shwer, an die srüheren Formen des Ge- nossenschaftswesens anzuknüpfen, für welche viele Voraus- sezungen weggefallen seien. Vielleiht werde das bei Bildung künftiger Realgenossenschaften möglih werden. Man müsse eben zu praftishen Erfahrungen gelangen, selbst auf die Ge- fahr hin, einen Jrrthum zu begehen. Er bitte deshalb, das Gesez nach den Beschlüssen der Kommission anzunehmen. Nachdem noch Herr Bredt das Geseß nach den Beschlüssen der Kommission zur Annahme empfohlen, und Herr von Simpsca-Georgenburg, ungeachtet er mannihfahe Bejorg- nisse aussprach, da er das Gefeß für cine Verbesserung halte, gleichfalls die Annahme desselben empfohlen, wurde die Ge- neraldiskussion geschlossen. Fn der Spezialdiskussion wurden die 88. 1 bis 21 ohne Debatte nach den Beschlüssen der Kommission genehmigt. §8. 22 lautete nah den Anträgen der Kommission in seinem ersten Alinea :

„Auf Antrag eines Fünftels der Genossen {nah der Personen- zahl oder dem Stimmrecht) muß der Vorstand die Genossen zu- jammenberufen. Erfolgt diese Berufung aicht binnen 8 Tagen, oder ist der Tag der WLersammlung auf mehr als 4 Wochen hin- ausgerückt worden, so hat jeder der Antragsteller das Recht, die Zusammenberufung durch einen öffentlichen otar herbeizuführen."

Hierzu beantragte Herr von Heyniß, statt der 8 Tage zu seßen „14 Tagen.“ Dieser Antrag wurde nach einer kurzen Bemerkung angenommen.

Für den §8. 23 schlug die Kommission folgende Fassung vor:

„Die Bestellung des Vorstandes kann zu jeder Zeit ducch Be- {luß der Genossenschaft widerrufen werden, unbeschadet der Rechte auf Entschädigung aus bestehenden Verträger. Zur Gültigkeit eines auf die Gitfezuna des Borstandes (8. 22) oder den Wider- ruf der Bestellung gerichteten Beschlusses der Genossenschaft ift es jedoch erforderlich, daß in der Ladung auf diesen Gegenstand der Beschlußfassung auëdrücklih hingewiesen ist.“

Hierzu beantragten die Herren Dr. Beseler und Dr. Baumstark, hinter dem Worte „daß“ der vorleßten Zeile hin- zuzufügen : : j

„derselbe, falls im Statut nichts anderes bestimmt ist, mit einer f vid von zwei Dritteln ver Genossenschaft gefaßt is und DAB 1

Der Staats-Minister Dr. Friedenthal erklärte sich für diesen Antrag, und nachdem noch die beiden Antragsteller seine Annahme befürwortet, wurde der Antrag mit großer Mehrheit angenommen.

Die 88. 24 bis 64 fanden ohne Diskussion die Zustim- mung des Hauses nah den Vorschlägen der Kommission.

Zu 8. 65, welcher nach den Anträgen der Kommission folgendermaßen lautete :

„Der Eintritt in eine neu zu bildende Genossenschaft zur Ent- oder Bewässerung von Grundstücken kann gegen widersprechende Eigenthümer der bei dem Unternehmen zu betheiligenden Grund- \tüde erzwungen werden: 1) wenn das Unternehmen Zwecke der Landeskultur ve: folgt, und 2) nur bei Ausdehnung auf die in dem

Eigenthum der Widersyrehenden befindliche Grundfläcbe zweck- mäßig ausgeführt werden kann, und wenn 3) die Mehr- heit der Betheiligten, nah der Fläche und dem Katastral- Reinertrage der zu betheiligenden Grundstücke berechnet, sich für das Unternehmen erklärt hat. Bei der unter Ziffer 3 erwähnten Ab- stimmung köunen nur die Eigenthümer der bei dem Unternehmen zu betheiligenden Grundstücke mitwirken. Hinsichtlich solcher Grundstücke, für welhe das Unternehmen eine erhöhte Ertragê- fähigkeit niht in Aussicht stellt oder deren besondere Benugungs- art für den Eigenthümer von größerem Vortheile ist, als die dur das Unternehmen beabsichtigte Verbesserung, findet ein Zwang zum Eintritt nicht ftatt.“ i : beantragte Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode, in der Nr. 3 zu Eingang stati „die Mehrheit“ zu seßen „drei Fünftel“. Der Minister Dr. Friedenthal und sein Kommissar, Geheimer Regierungs-Rath Fastenau, sowie die Herren Bredt und von Voß ertlärten sih gegen den Antrag, während er von dem Antragsteller und den Herren Graf Brühl und Graf von der Schulenburg-Beeßendorf befürwortet wurde. Bei der Ab- stimmung wurde der Antrag mit geringer Majorität ver- worfen. Die 88. 66 bis 98 wurden ohne Debatte den Vorschlägen

| der Kommission gemäß angenommen. Jn §. 99, welchen die

Kommission in folgender Fassung zur Annahme empfahl: „Mit Geldstrafe bis zu 150 4, oder mit Haft wird bestraft: wer als Vorsteher oder Liquidator einer Genossenschaft es unter- läßt, den Ein- oder Austritt von Mitgliedern der Genossenschaft oder von Vorstandêmitgliedern (§8. 17, 18, 29), die Abänderung der Statuten (8. 19), die Auflösung der Genossenschaft (§. 32), die Bestellung von Liquidatoren oder das Ausscheiden derselben oder das Erlöschen ihrer Vollmacht (§8. 35, 87) anzuzeigen oder anzumelden, die Auflösung der Genossenschaft bekannt zu machen (88. 32, 86) oder die Eintrazungen der Betheiligung (§8. 28) recht- zeitig zu beantragen.“ : j \ beantragte Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode die Worte „oder mit Hast“ zu streichen, da eine derartige Strafe nicht der Würde eines Ehrenamtes entsprehe. Das Haus genehmigte einstimmig diesen Antrag. | : Endlich wurde auf Antrag des Referenten der 8§. 100 in folgender Fassung angenommen : „Alle dem gegenwärtigen Gesetze entgegenstehenden Vorschriften werden aufgehoben.“ / E Nachdem noch Titel und Ueberschrift des Gesezes ange- nommen, wurde die Shlußabstimmung für die nächste Sißung vorbehalten und dann um 4 Uhr 20 Minuten die Sigung vertagt.

In der heutigen (13.) Sizung des Herren- hauses, welche der Präsident Herzog von Ratibor um 121), Uhr eröffnete und der eine größere Anzahl von Negierungskommissarien beiwohnten, sollte zunächst die noch- malige Abstimmung über die gestern angenommenen Abände- rungsanträge zu dem Geseßentwursf über Wasser- genossenschaften erfolgen. Hierbei entspann sich in Betreff des Amendements der Herren Ur. Beseler und Dr. Baumstark zu §. 23 eine Diskussion zwischen den Herren Dr. Dernburg, welcher das Haus um Ablehnung des Antrages bat, und dem Dr. Beseler, der nohmals seinen Antrag be- fürwortete, eine Debatte. Dann wurden die einzelnen Ab- änderungsanträge und schließlich mit diesen das ganze Gefeß in zweiter Abstimmung angenommen.

Der zweite Gegenstand der Tagesordnung war der Be- richt der Justizkommission über den Gesehentwurf, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Ver- mögen. Der Berichterstatter Herr Dr. Dernburg beantragte E nes der Kommission, dem Gesetzentwurf die verfassungs- mäßige Zustimmung zu ertheilen. Das Haus trat dem An- trage ohne Debatte bei. i

Es folgte der mündlihe Bericht der Kommission für Staatshaushalts- und Finanz-Angelegenheiten über den Ge- jezentwurf, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Ver- besserung märktisher Wasserstraßen. Dex Re- ferent Herr von Tettau beantragte, dem Geseßentwucf in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung unverändert zuzustimmen. Fn der Generaldisiussion oat Herr von Knebel - Döberiß, den Gesehentwurf zu verwerfen, weil er ein neuer gefährlicher Schritt auf dem Wege sei die Staatsbedürfnisse durch Anleihen zu decken. Es sei wohl der Zeitpunkt gekommen, um einem solchen System Sällstand zu gebieten. Er verweise zur Begründung seiner Meinäang auf die Anleihe für Erbauung der Klinik, auf die mißlichen Verhältnisse in der Balancirung des Etats, auf den Nachtrags- Fiat für die Richtergehälter und endli auf den General- beriht der Budgetkommission des Abgeordnetenhauses, in welchem nachgewiesen, daß seit dem Fahre 1868 ins- gesammt eine Milliarde und 400 000 #6 neue Arleihen gemacht scien. Was aus dieser Anleihe gedeckt werden solle, das seien keine neue Anlagen, sondern nur öffentliche Unterhaltungskosten, die aus den laufenden Einnahmen zu decken seien ; dies könne allmählih und auf etatsmäßigem Wege geschehen. Man möge nicht so kostbare Shulgebäude aufführen, dann werde man auch Mittel zu diesem Zwecke übrig haben. Man könne ja die Mittel aus dem Parlamentsbaufonds nehwen und später wieder an denselben zurüczahlen, Der Regierungskommissar Geh. Ober-Regierungs-Rath Schul entschuldigte die Abwesenheit des Handels: Ministers, der bei den Verhandlungen des Ab- geordnetenhauses zugegen sei, und bezog sih in Betreff der Einwände des Vorredners auf die dem Geseßzentwurf von der Regierung beigegcbene Begründung. (Schluß des Blattes.)

Die Rede, roelche der Handels-Minister May hach in der gestrigen Sißung des Hauses der Abgeordneten bei der Berathung des Generalberihts der Budget- kommisson gehalten hat, findet sih in ihrem Wortlaut in der Ersten Beilage.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen (52.) Sizung seßte das Haus der Abgeordneten die Berathung des Generalberihtes der Budgetkommission fort, Der Abg. Richter (Hagen) wandte sih gegen die Ausführungen des Ministers, vertheidigte das gemischte, d. h. das Privat- und Staatsbahnsystem, und erklärte, daß die ganze bis- herige Eisenbahnpolitik ‘der Regierung verwerflich sei. Da die Kommission einen Generalberiht der jeßigen Finanzlage er- stattet habe, so sei es doch natürlih, daß auch eine der größ- ten Sumn:en des Etats, nämlich die 169 Millionen Mark des Eisenbahnetats, die Kommijsion zur Betrachtung der Bahnen eführt habe und zu den Eisenbahn-Resolutionen, die vom Berichter taiter der Budgetkommission gestellt seien, und deren Fassung nur zufällig von ihm herrühre. Dex Minister sage, man solle keine akademische Reden halten, sondern handeln. Dies sei zwar richtig, aber die Handlungen des Ministers,

die Verhandlungen, die seit seinem Amtsantritt wegen An-

faufs der Köln-Mindener, Berlin-Stettiner, Magdeburg-Hal- berstädter, Berlin-Potsdam-Magdeburger und anderer Bahnen stattgefunden hätten, fowie die Veranlassung zu- den Resolu- tionen gewesen. Die Unbestimmtheit , ob die Regierung diese Bahnen ankaufen wolle oder nit, bewirke, daß auf den Bahnen jede Verbesserung, jeder nöthige Ankauf unterbliebe, daß alle Beamten mit Unlust arbeiteien und daß alle Ver- hältnisse in Wirthschaft und Verkehr erschüttert würden. Das eige sich auch in dem Börsenverkehr, welher das wirth- chaftlihe Leben wiederspiegele. Der Minister habe elbst gesagt, daß ein Ankauf von 2000 km Bah- nen beabsichtigt werde. Das bedeute mithin die Vermeh- rung der Staatsbahnen um ein Drittel; der Erhöhung der Staatsschuld um 786 Millionen Mark, also um zwei Drittel; cine Vermehrung der Staatsbeamten um 6—7000 Köpfe. Die Tragweite solcher Erweiterung möge man sich wohl überlegen. Redner hoffe, daß die gegenwärtige Phase s{hließlich zu einer Anerkennung des gemischten Systems führen werde. Bayern und Sachsen hätten schon jeßt unter ihrem in Folge des dro- henden Reichseisenbahnprojektes übereilig eingeführten Staats- bahnsystem {wer zu leiden, auf diese Staaten könne si der Minister also nicht berufen ; aber auch die von ihm erwarteten Vortheile würden bei Einführung des Staatsbahnsystems aus- bleiben. Schon heute ständen 17 000 km unter Staatsverwal- tung. Die 2000 km, welche man noch ankaufen wolle, seien hon geeignet, die Staatsschuld zu erhöhen, und das System des Han- dels-Ministers werde die Staatsschuld auf 6 Milliarden bringen. Was das bedeute, bitte er, besonders auch die Grundbesißer zu bedenken, welche sehr bald die kolossale Konkurrenz der Staatspapiere mit den Hypotheken auf dem Geldmarlt empfin- den würden. Nicht das gemischte System, sondern die unverantwortlihe Handhabung des Konzessions- wesens trage die Schuld an dem Schwindel auf einem Gebiete, wo ihn gerade die Konzessionsgeseße hätten fern halten können. Wie die nichtrentabeln Staatsbahnen, so hätten auch die nihtrentabeln Privatbahnen für die betreffen- den Landschaften zwar ihre Vortheile, aber für unrentable Privat- unternehmungen büßten jeßt die Aktionäre im Mangel von Dividenden; für unrentable Staatsbahnen aber büßten die Steuerzahler. Wichtig sei, daß in Preußen wiederholt der Anlauf gemacht sei, das Staatsbahnsystem zur Durchführung zu bringen. Aber es seien jedesmal auch die Gegenströmungen erfolgt, jo daß man si schließlih immer wieder zu dem gemischten System habe bekennen müssen. Schon der Abg. Dr. Achenbach habe seiner Zeit ausgesprochen, daß nur in ceichen Zeiten der Staat selbst Eisenbahninoustrie treiben könne. Damals aber hätten wir Geld in Fülle gehabt. Der Minister sprehe von Decen- tralisation, dabei sei niemals so viel centralisirt, generalisirt, \chablonisirt worden, als augenblicklich. Der Minister spreche ferner von dem Hofstaat der Privatbahnen. Nun jeßt hätten wir {hon 101 Direktoren bei Staatsbahnen, die würden sich aber bei dem ausshließlihen Staatsbahnsystem noch außerordentlich vermehren. Von dem Sachverständigen- Beirath halte er nicht viel, auf anderen Gebieten habe man von solchem Beirath nicht viel Segen bemerkt. Dieses Kolle- gium solle um Nath gefragt werden, obwohl es ganz und gar aus vom Staate ernannten Persönlichkeiten bestehen solle. Bis zu einer gewissen Grenze habe auch er nichts gegen die reichsgeseßlihe Regelung des Tarifwesens, wie der Abg. Lasker sie wolle, in keiner Weise aber könne er den Standpunkt des Abg. Nasie als berechtigt anerkennen. Die Gefahr eines Mißbrauchs der politischen Seite des Eisen- bahnsystems sei sehr groß, besonders heute, wo wesentliche Ver- assungsrechte, wie die Redefsreihcit, bedroht wären. Jn einem (olcher, Moment dürfe das Haus nicht daran denken, das Stacts- bahnsystem zu billigen und der Regierung ein kolossales Beamten- heer zu Wahlbeeinflussungen zuzuführen. Dazu komme die nur zu sehr nahweisbare Unrentabilität der Staatsbahnen. Der Minister habe dem Hause zur Auswahl 4 verschiedene Be- rechnungen vorgelegt, aber alle diese Nechnungen seien fals und hätten nur Makulaturwerth. Die Staatsbahnen ver- zinsten sih heut noch nicht mit 33%, Proz. ; im nächsten Fahre werde das Verhältniß noch s{lechter sein, da die Kohlen- und Schienenpreise sicher wieder steigen würden. Auch das Steuer- bewillgungsrecht des Hauses werde dur die Staatsbahnpläne des Ministers in Fraze gestellt. Kurz, nach allen Seiten hin sei für ihn das Projekt des Ministers Maybach un- annehmbar. j n

Um 2 Uhr 5 Minuten brach der Abg. Richter seine Rede in Anbetracht des Umstandes ab, daß um 2 Uhr eine Sißung des. Reichstags angeseßt sei, indem ex sih in der nächsten Sitzung des Hauses seine Rede fortzuseßen vorbehalte.

Der Präsident von Bennigjen {lug die nächste Sizung für heut Abend 8 Uhr vor. ;

Der Abg. Dr. Hänel bat entschieden für heut von einer Abendsißung abzusehen. Jn seiner parlamentarischen Lauf- bahn sei es ihm noh nicht vorgekommen, an einem Tage drei Sizungen, und zwar von Morgens 10 Uhr ab, beizuwohnen.

Der Abg. Pr. Lasker trat diesen Ausführungen bei. Es andle sich niht darum, sich nur zu versammeln, sondern fa emäß zu verhandeln, und das werde in einex dritten Sizung an einem Tage unmöglih sein; die Frage sei keine Geschästsführungsfrage, sondern eine medizinishe. Der Abg. von Rauchhaupt trat ebenfalls energish gegen den Vorschlag des Präsidenten ein, und wurde derselbe, troßdem auch Abg. Windthorst (Meppen) sich dafür erklärte, shließlich verworfen, worauf sih das Haus um 21/4 Uhr vertagte.

Jn der heutigen (53.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Handels-Minister May- bach, der Finanz-Minister Hobreht und mehrere Regierungs- kommissarien beiwohnten, jegte das Haus die gestern abge- brochene Berathung des Generalberihts der Budgetkommission fort, und zwar erhielt der Abg. Richter (Hagen) zur Bollendung seines unterbrochenen Vortrages das Wort. Er präzisirte den Standpunkt seiner Partei zu den Anträgen der Kommission dahin, daß dieselben dem prinzipiellen Standpunkte der Fort- \chrittspartei entspräcen, aber demselben au üicht präjudizirten. Der Antrag Lasker lege zuviel Gewicht auf die Rentabilität der Bahnen, während doch die allgemeinen wirthschaft- lichen und politischen Gesichtspunkte bedeutend wichtiger seien. Er begrüße aber mit Freuden, daß nach dem Antrage Lasker die nationalliberale Partei bei aller Disferenz der Meinungen über das Endziel der Eisenbahnpolitik doch nicht eine Politik von Fall zu Fall treiben wolle. Allen Denjenigen, welche sich noch nicht klar darüber geworden seien, nah welcher Seite hin sie sich in Betreff der Eisenbahnpolitik entscheiden sollten, müßten für die Anträge der Kommission stimmen, welche der jeßigen Finanzlage des Staates entsprächen. Er bitte, dîie- selben anzunehmen. Der Regierungskommissar Geheime Ober- Regierungs-Rath Brefeld wies auf Grund ziffermäßiger An-

aben nach, daß die von der Kommission aufgestellte Renta- ilitätsrehnung vollständig falsh sei. Das Gemälde, welches der Vorredner von den Verhältnissen entworfen habe, wenn die Pläne des Handels-Ministers verwirkliht würden, sei niht richtig. Es sei unvermeidlich, daß bei jeder Transaktion, welche die Besitverhältnisse von Aktiengesell- schaften alterire, sich Börsenspekulationen zeigten. Daraus dürfe der Abg. Richter der Staatsregierung keinen Vorwurf machen. Der Abg. Frhr. von Hammerstein bezeichnete als weck seines Antrages, eine Aeußerung von maßgebender

telle über die prinzipiellen Fragen des Eisenbahnwesens zu provoziren. Da diese Seitens des Ministers Maybach erfolgt jei, so ziehe er seinen Antrag zurück. Der Abg. Richter (Hagen) nahm denselben aber wieder auf, um die Zahl der- jenigen zu konstatiren, welhe für denselben stimmen würden. Die Abgg. Dr. Lucius (Schleusingen), von Rauhhaupt und Frhr. von Hammersiein erklärten aber, jeßt niht für diesen Antrag stimmen zu wollen. Der Abg. Frhr. von Heereman sprah zunächst dem Handels-Minister seinen Dank für die Offenheit aus, mit welcher er dem Hause seine Jntentionen dargelegt habe. Gegen das Projekt des Ministers lasse si hauptsählih einwenden, daß der Staat entweder die Pri at- bahnen zu sehr hohen Preisen ankaufen müsse, wodurch die Rentabilität bedeutend herabgedrückt werden würde, oder er müsse den Werth der Privatbahnen künstlih herabdbrücken ur:d dadurch zahlreiche legitime Jnteressen verlezen. Dagegen sei eine ge- seßlice Regelung des Tarifwesens wünschenswerth. Der Re- ferent Rickert empfahl nochmals die Annahme der von der Budgetkommission vorgeschlagenen Resolution ad Il.

«Fn der Abstimmung wurden die M zu TII, 1, fowie die Resolution 111. 1 selbst abgelehnt; die Resolutionen 111. 2 und 3 angenommen. Bei Schluß des Blattes begann die Berathung der Re-

solutionen 1V. und V. und der dazu gestellten Anträge.

Nach der im Reichs - Eisenbahn- Amte agus- gestellten, in der Ersten Beilage veröffentlihten Nachweisun a Über die im Monat Dezember 1878 auf deutschen Eisenbahnen excl. Bayerns vorgekommenen Unfälle waren im Ganzen zu verzeihnen : 29 Entgleisungen und 19 Zusammenstöße fahrender Züge, und zwar wurden hiervon 21 Züge mit Personenbeförderung von je 6325 Zügen dieser Gattung Einer und 27 Güterzüge resp. leer fahrende Maschinen betroffen ; ferner 70 Entgleisungen und 22 Zusammenstöße heim Rangiren und 149 fonstige Betriebs- ereignisse (Ueberfahren von Fuhrwerken auf Wegeübergängen, Defekte an Maschinen und Wagen 2.).

«Fn Folge dieser Unfälle wurden 2 Personen (1 Beamter und eine fremde Person) getödtet, 20 Personen {1 Neisender, 12 Beamte, 4 Arbeiter und 3 fremde Personen) verleßt, 5 Thiere getödtet, 1 Thier verleßt und 41 Fahrzeuge erheblich und 339 unerheblich beschädigt.

Außer den vorstehend en Verunglückungen von Personen kamen, größtentheils durch eigene Unvorsichtigkeit bhervoraerufen, noch vor: 40 Tödtungen (13 Beamte, 8 Arbeiter und 19 fremde Personen), 83 Verlegungen (48 Beamte, 23 Arbeiter und 12 fremde Personen) und 5 Tödtungen bei beabsichtigtem Selbstmorde.

Faßt man sämmtliche Berunglücklungen exkl. Selbst- mörder zusammen, so entfallen auf:

A. Staatsbahnen und unterStaatsverwaltung stehende Privatbahnen (bei zusammen 15616 km Betriebslänge, 21311 km Geleislänge und 349 267 565 geförderten Achs- tilometern) 95 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Sächsischen Staatsbahnen (16), die Bergish-Märkische (15) und die Westfälische Eisenbahn (11); verhältnißmäßig, d. h. unter Berücksihtigung der geförderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Geleislängen sind die meisten Verunglückungen auf der Westfälischen, der Nassauischen und der Bergish-Märkischen Eisenbahn vorgekommen.

B. Größere Privatbahnen mit je über 150 km Länge (bei zusammen 10 189 km Betriebslänge, 13 497 km Geleislänge und 213888 670 geförderten Achskilometern) 49 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Cöln- Mindener (9), die Rheinische (8) und die Breslau-Schweidniß- Freiburger Bahn (6); verhältnißmäßig sind jedoch auf der Breslau-Schweidniß-Freiburger, der Posen-Kreuzburger und der Rechte Oder-Ufer-Bahn die meisten Verunglückungen vorgekommen.

C. Kleinere Privatbahnen mit je unter 150 km Länge (bei zusammen 1063 km Betriebslänge, 1136 km Geleislänge und 6 737 721 geförderten Achskilometern) 1 Fall, und zwar auf die Tilsit-Fnsterburger Eisenbahn.

Von den im Ganzen beförderten 12 572 954 Personen wurde 1 verleßt, und zwar fand diese Verunglücung auf der Tilsit-Fnsterburger Eisenbahn statt.

Von den im Betriebsdienste thätig gewesenen Beamten M von je 9157 Einer getödtet und von je 2136 Einer verleßt.

Ein Vergleich mit demselben Monate des Vorjahres er- giebt, unter Berücksichtigung der in beiden Zeitabschnitten ge- förderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Ge- leislängen, daß im Durchschnitt im Monat Dezcmber 1878 bei 16 Verwaltungen mehr und bei 20 Verwaltungen weniger und in Summa ca. 2 Proz. mehr Verunglückungen vorgekommen sind, als in demselben Monate des Vorjahres.

Unter Abänderung des §. 21 ad 9 der Regierungs- Jnstruktion vom 23. Oktober 1817 und der bezüglichen Be- stimmungen der Geschäftsanweisung für die Regierungen vom 31, Dezember 1825 ist durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 9, Januar d. J. hinsihtlich der zum Gebiete des Hohbaues gehörigen Bauten im Ressort der Forstverwaltung Nachstehendes bestimmt worden :

1) den Regierungen resp. der Finanzdirektion zu Han- nover wird die Visposition über ihre etatsmäßigen Forstbau- fonds mit der Maßgabe eingeräumt, daß aus denselben die Kosten aller nothwendig werdenden Neubauten bereits vor- handener Bauwerke und der an denselben erforderlichen Re- ParatureR, soweit folche niht den Nugznießern obliegen, be- \tritten werden müssen, sowie der Ankauf superinventarischer

augegenstände in Fällen der Abnahme und Uebergabe eines

Dienst-Etablissements, sofern deren Werth zusammen den Be-

trag von 300 # nicht erreicht.

2) Ueber jene Bauausführungen werden nah genereller Anweisung des Ministers von den Regierungen resp. der Finanz-Direktion zu Hannover Baupläne angefertigt, deren endgültige Genehmigung von den Präsidenten der Regierungen resp. der Finanz-Direktion ertheilt wird.

3) Die Genehmigung des Ministers is künstig nur ein- zuholen : a. für außergewöhnliche, durh Brand-, Sturm- oder

Wasssershäden erforderlich werdende Bauten, b. für die Er- richtung bisher noch nit vorhanden gewesener Gebäude oder Etablissements, c. zum Ankauf superinventarischer Baugegen- stände, in Fällen der Abnahme und Uebergabe eines Dienst- Etablissements jedoch nur dann, wenn der Werth zusammen 300 M erreiht oder übersteigt.

4) Die Einreichung der Kostenanshläge an das Mini- sterium zur Genehmigung resp. Superrevision hat künftig nur stattzufinden: a. für Neu- und Reparaturbauten, welche die Summe von 3000 # überschreiten, b. für Neubauten bisher nicht vorhanden gewesener oder in Folge von Brand-, Sturm- oder Lame Den neu zu errichtender Gebäude, c. für alle Erweiterungsbauten, ad þ. und c. auh wenn dieselben einen geringeren Kostenbetrag als 3000 44 erfordern.

Ein Cirkularerlaß des Finanz-Ministers vom 30. Januar d. «F. enthält die näheren Bestimmungen über die Ausführung der vorbezeichneten Allerhöchsten Ordre.

Se. Dur(hlaucht der Fürst Carl zu Carolath- Beuthen ist hier eingetroffen.

Der General-Lieutenant Freiherr von der Bee, Inspecteur der 3. Feld-Artillerie-Fnspektion, ist von Hannover hier angekommen.

Es sind Nachrichten von S. M. Kanonenboot „C yclo p“, 4 Geshüße, Kommandant Kapt. Lt. von Schuck- mann I., d. d. Tientsin, den 14. Dezember 1878, eingetroffen.

Bayern. München, 12. Februar. (Allg. Ztg.) Der Ausschuß der Kammer der Abgeordneten für den Eisenbahn-Geseßentwurf hat gestern Abend über die Fragen der Vicinalbahnen berathen und in dieser Be- ziehung folgenden, vom Abg. Stenglein vorgeschlagenen An- trag mit 14 gegen 5 Stimmen angenommen : daß die König- liche Staatsregierung die Frage in Erwägung ziehen möge, ob und in welcher Weise Art. 2 des Gesetzes vom 29. April 1869, die Ausdehnung und Vervollständigung der bayerischen Staats- bahnen, dann Erbauung von Vicinalbahnen betreffend, einer Abänderung behufs Erleichterung der Leistungen der Jnter- essenten zu unterziehen, oder ob derselbe gänzlih aufzuheben, dann wie die Verhältnisse des Vicinaleisenbahn-Baufonds und der auf Grund der allegirten Geseßesbestimmung bereits er- bauten Vicinalbahnen geseßlih zu ordnen seien.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 13. Februar. Die „Wiener Abepyndpost“ weist auf die Bedeutung der bei Eröffnung des deutschen Reichstags gehaltenen Thronrede hin, und hebt hervor, der Kaiser Wilhelm habe sih in dieser wihtigen Kundgebung an die Spiße der europäischen Friedensmächte gestellt; bei der Machtstelung Deutschlands sei diese Kund- gebung mehr als eine Friedensbotschaft, sie sei zugleih eine Friedensbürgschaft.

Die „Pol. Korr.“ meldet aus Bukarest, von einem afuten Charakter der Arabtabia-Frage sei keine Rede. Rumänien weise die Beschuldigung, daß die Be- seßung von Arabtabia beleidigend sei für die russishe Armee, mit dem Bemerken zurück, daß Arabtabia bei dem Einzug der rumänischen Truppen von den russishen Truppen gar nicht beseßt gewesen sei. Rußland habe in den leßten Tagen die TFnitiative zu einem Ausgleich ergriffen, indem es Rumänien vorgeschlagen habe, die Truppen zwei -Kilometer von Silistria Ren, bis die Berliner Signatarmächte entschieden ätten.

14. Februar. (W. T. B.) Die Rekonstruktion des gegenwärtigen Kabinets mit dem Baron von Stremayr als Minister-Präsiventen und dem Grafen Taaffe als Minister des Innern ist, wie die „Presse“ und das „Frem- denblatt“ übereinstimmend melden, vorläufig gescheitert.

Triest, 13. Februar. (W. T. B.) Der heute aus Kon- stantinopel eingetro\fene Lloyd-Postdampfer „Achill e“ erhielt niht die Erlaubniß zu landen und frei zu verkehren, nur die Post wurde verabfolgt; an Bord des Schiffes wurden 2 Sanitätswächter zurü@ckgelassen.

Pest, 13. Februar. (W. T. B.) Jn der heutigen Kon- ferenz der liberalen Partei erklärte der Minister für öffent- liche Arbeiten und Kommunikationen, Pechy, daß das Ge- rücht von einem angeblihen Verkaufe der im Besiß des Staates befindlichen Theißbahn - Aktien vollständig un be- gründet sei.

Schweiz. Bern, 11. Februar. (N. Zürch. Ztg.) Aus den Verhandlungen des Bundesrathes. Die Direktion der Gott- hardbahn hat das Gesuch gestellt, es möchte für das bereits emittircte Obligationenkapital von 48 Millionen Franken, ferner für die noch abzunehmende vierte Serie des bisherigen Obligationenkapitals im Betrage von 20 Millionen Franken, endlich für ein noch zu kontrahirendes Anleihen im Betrage von 6 Millionen, zusammen also für 74 Milliönen Franken, ein Pfandrecht ersten Ranges sowohl auf ihre bereits im Betriebe stehenden Linien, als auch auf ihre im Bau begrif- fenen resp. später in Bau zu nehmenden Linien bewilligt werden. Das Gesuch wird im Bun esblatt und in den Pu- blikationsorganen der Gotthardbahngesellshaft öffentlich ve- kannt gemacht und eine Frist bis zum 12, März für Ein- reichung etwaiger Einsprachen beim Bundesrath angesetzt.

Großbritannien und Jrland. London, 13. Fe- bruar. (W. T. V) Jn Vbérdause gab heute Carl Beaconsfield und im Unterhause der Schaßsekretär Northcote identishe Erklärungen ab, in welchen sie ihr Bedauern über die Niederlage der englischen Truppen am Kap aussprachen und zugleih hervorhoben, daß die Regierung entschlossen sei, die Scharte wieder auszu- weten. Was die Ausführung der Bestimmungen des Ber- liner Vertrages angehe, so würde dieselbe in befriedigen- der Weise fortgeseßt. Die russishen Truppen hätten bereits mit der Räumung des von ihnen besezten Gebietes begonnen und würde dieselbe voraussihtlich zu der durch den Vertrag festgeseßten Zeit beendigt sein. Hinsichtlich Cypern s konsta- tirten Beaconsfield und Northcote, daß die Regierung die dor- tigen Staatsdomänen angekauft habe und jährlih 5000 Pfd. Sterl. für dieselben zahle. Was die Expedition gegen A f- ghanistan anlange, so sei der Zweck derselben er. eit; der Schuh der nordwestlichen Grenze und die Wahrung der Un- abhängigkeit Afghanistans seien jeßt möglich.

Jm Unterhause erklärte der Schaßkanzler Northcote auf eine Anfrage Mure’'s: Die Regierung habe sich niemals eweigert, Verstärkungen an Truppen nach dem Kap zu ent- enden, sobald solche verlangt worden seien. Northcote nahm jodann Gelegenheit, die Erklärungen Ea1l Beaconsfields bezüglich | der Niederlage der englishen Truppen im Kaplande zu er:

gänzen, und führte aus, daß dieselbe keine militärishe, aus Mangel an Energie erklärlihe Niederlage sei. Es empfehle sih, das Urtheil über jenen Vorfall bis nach Eingang der Details zu suspendiren ; die Bravour der Truppen sei lobens- werth gewesen. Von den bezüglihen Schriftstücken seien einige bereits vorgelegt worden, andere würden in kürzester Zeit fo!gen. Was die Beziehungen Englands zu den auswärtigen Mächten ang?-he, so könnten dieselben als befriedigend ange- sehen werden. Die Ausführung des Berliner Ver- trages, den alle als die Basis eines dauerhaften Friedens ansehen müßten, habe einen regelmäßigen und sichern Fort- gang genommen. Der russisch-türkishe Vertrag sei ebenfalls unterzeihnet und hätte die leßten Spuren des Ver- trags von San Stefano beseitigt. Die ruïsishen Truppen hätten bereits die Räumung des okkupirten Gebietes begonnen. Der Gebietsaustaush zwischen den Kriegführenden fei voll- kommen durchgeführt und Podgorißa ohne jedes Blutvergießen übergeben worden. Die Okkupation Bosniens und der Herzegowina sei ausgeführt worden, beide Provinzen befänden sich vollkommen ruhig; die Pazifizirung Kretas sei vervollständigt worden. Die Unterhandlungen hinsichtlich der Regulirung der Grenze Griechenlands hätten dem Berliner Vertrage gemäß begonnen.

Auf verschiedene weitere Bemcrkungen erklärte Northcote : Die Regierung beabsihtige niht, ein Spezialbudget für Cypern vorzulegen; sie wünsche sehnlichst cine baldige Ord- nung der Gerichtsverwaltung der Jnsel. Was Ostrumelien anlange, so sei vorgeschlagen worden, nah dem Abzug der russischen Truppen eine anderweite Beseßung desselben vorzu- nehmen. ODesterreich und England hätten im Allgemeinen diese Jdee gebilligt, die übrigen Mächte hätten sich in dieser Angelegenheit indifferent verhalten; die Sache sei niht über den Punkt hinausgelangt, den sie be- reits auf dem Berliner Kongresse erreiht hätte. Be- tresss der Bestreitung der Kosten für den Krieg in Afghanistan habe die indishe Regierung vorgeschlagen, England solle auf eine Reihe von Jahren 2 Mill. Pfd. Sterl. zinsenfrei vorschießen.

«3m Verlaufe der Sißzung beantragte Nolan eine Resolution, in welcher der Regierung darüber ein Tadels- votum ausgesprochen wird, daß Seitens derselben bezüglich der irishen Verhältnisse kteinerlei Mittheilung , gemacht worden sei. Der Generalsekretär von Jrland, Lowther, vertheidigte die Haltung der Regierung betreffs Jrlands und erklärte, die Universitätsfrage könne nur behandelt werden, wenn die Regierung mit einiger Sicherheit darauf rechnen kónne, daß die Vill durhgehen würde; bis jeßt sei keine Aus- sicht vorhanden, die Bill bezüglih der Bodenbesißfrage in «zrland durchzuführen. Der Marquis von Hartington äußerte, er glaube, die Jrländer allerdings Grund zu manchen Beschwerden hätten, doch empfahl er, den Antrag Nolans zurüczuziehen. Der Antrag wurde s{hließlih mit 72 gegen 25 Stimmen abgelehnt.

Im Oberhause wies Earl Beaconsfield den Vor- wurf zurü, daß der S ultan nicht aufrichtig verfahre und zur Durchführung der Reformen unfähig sei. Die Reformen seien bereits durchgeführt, und über weitere Arrangements werde verhandelt. Alle Staatsdomänen auf Cypern, mit Ausnahme der Privatbesizungen des Sultans, befänden fich im Besiße der englishen Regierung. Die Einkünfte aus Cypern im ersten Fahre der Verwaltung würden niht nur die Kosten der Civilverwaltung decken, sondern noch einen bleibenden Uebershuß ergeben. Earl Beaconsfield sprach \ih ferner lobend über die Energie und das Geschick Layards aus, Weiter bedauerte er, daß er in Folge der Anstrengun- gen leidend sei und einen kurzen Urlaub nehmen müsse. Er hoffe, daß der Nothstand in England bald abnehmen werde. Unter den angekündigten Geseßvorlagen befinden sih Entwürfe, betreffend die Militärdisziplin und betreffend die Strafprozeßordnung, ferner ein Bankerottgeseß, ein Bank- geseß, ein Geseßcntwurf über die Verwaltung der Grafschaften Und andere.

14. Februar. (W. T. B.) Der ehemalige Kriegs- Minister Peel ist gestorben. Jn Folge des Ablebens der Großherzogin Alice von Hessen wird Fhre Majestät die Königin in dieser Saison keine Levers abhalten; auch wird vor Oftern kein Damenempfang stattfinden.

Frankreich. Paris, 12. Februar. Das „Journal officiel“ veröffentliht zwei Berichte des Kriegs- Ministers Generals Gresley an den Präsidenten der Republik. Das erste dieser beiden Aktenstücke führt aus:

Nach dem Geseß vom 24. Juli 1873 soll das Kommando eines Armee-Corps regelmäßig nie länger als auf höchstens drci Fahre übertragen werden. Ausnahmsweise wurden durh Beschluß des Ministerraths vom 2. September 1876 die Corps-Kommandanten, deren Frist abgelaufen war, in ihren Aemtern erhalten, und dieselbe Begünstigung ward auch zwei anderen Corps-Befehlshabern am 15. Mai 1877 und am 4. Viai 1878 zu Theil. Jn allen diesen Fällen wurde aber über die Dauer der in dieser Weise verlängerten Funktionen nichis bestimmt. Jeßt hält es der Ministerrath für angemessen, zu den Vorschriften des Geseßes von 1873 zurüdzukehren, und General Gresley beantragt daher die Enthebung neun solher Corps-Kommandanten von ihren Posten. Demgemäß werden denn auch die Corps-Be- fehlshaber Generäle Clinhant, Montaudon, De'igny, Bataille, Douay, Herzog von Aumale, du Barail, Cambriels und Bourbaki zunächst zur Disposition gestellt. Zwei von ihnen werden lediglih nach anderen Corps - Kommandos verseßt, nämlich Clinchant nah Chalons. und Cambriels nach Cler- mont-Ferrand. Ueber die anderen Corps-Kommandos wird folgendermaßen verfügt: es kommen die Generäle Wolff nah Besançon, Lefebvre nach Lille, Carteret-Trécourt nah Amiens, Cornat nah Le Mans, Doutreldine nah Orleans, Galliffet nach Tours, Osmont nah Rennes, Schmiß nah Limoges und Farre nach Lyon, i : :

Der zweite Bericht des Kriegs-Ministers entwickelt die Nothwendigkeit des Fnstituts von General-Jnspe?teuren der Armee, welche, nachdem fie elbst ein Corps-Kommando bekleidet und also den ganzen Heeresmehanismus genau kennen gelernt, im Aufsichtswege sür die weitere gedeihliche Durchführung der neuen Heeresverfassung thätig wären. Demgemäß werden drei der soeben abgeseßten Corps-Komman- danten, nämlih die Generäle Herzog von Aumale, Deligny und Douay zu General-Fnspecteuren ernannt.

Daran schließt sich ferner eine Bewegung unier den Generalprokuratoren der Republik (Ober-Staatsanwälte). Fünf Generalprokuratoren, nämlich derjenige am Kassations- hofe (Generaljtaatsanwalt) und diejenigen an den Appellhöfen

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