1879 / 47 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 24 Feb 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Nach Feststellung des Protokolls der vorigen Sißung wurden Voclagen, betreffend die Entwürfe von Geseßen über das Pfandrecht an Eisenbahnen und die Zwangsvollftreckung in dieselben, über die Konsulargerichtsbarkeit und wegen des Uebergangs von Geschäften auf das Reichsgeriht, sowie eine Vorlage, betreffend die Regelung der deutsh-\{weizerischen Grenze bei Konstanz, den zuftändigen Ausshüssen überwiesen.

Hierauf wurde über die geschäftlihe Behandlung einiger, die Revision des Zolltarifs betreffenden Fragen Beschluß ge- aßt. as Es folgte die Ernennung von Kommissarien zur Bc- rathung von Vorlagen im Reichstage.

Endlich wurden mehrere Eingaben vorgelegt und theils den zuständigen Ausschüssen, theils der Zolltarif-Revisions- kommistion überwiesen.

Der Bundesrath hat in seiner Sißung vom 1. d. Mts. beschlossen : 1) die Feststellung des Nettogewichts des mit dem Anspruch auf Abgabevergütung in Kisten ausgehenden ran- girten Würfelzuckers kann probeweise in der Art erfolgen, daß Sei Posten bis zu 100 Kisten mindestens 18 Kisten davon ausgesondert, und aus diesen durch Herausnahme je einer Seite mindestens 3 Kisten gebildet und verwogen werden ; bei größeren Posten ist eine entsprehende größere Anzahl von Kisten zu bilden; 2) das deklarirte Nettogewichht wird der Be- rechnung der Steuervergütung zu Grunde gelegt, wenn daßselbe das bei der Probeverwiegung ermittelte Gewicht bei keiner der neugebildeten Kisten um mehr als 2 Prozent übersteigt ; 3) ist der Unterschied erheblicher oder ergiebt sih, daß das deflarirte Nettogewicht für jede neugebildete Kiste das ermittelte Netto- gewicht überschreitet, ohne jedo die Grenze von 2 Prozent zu erreichen, fo ist die ganze Post netto zu verwiegen.

Jm weiteren Verlaufe der vorgestrigen (8.) Sizung seßte der Reichstag die erste Berathung des Handelsver- trages zwishen Deutschland und Desterreich- Ungarn fort.

Nach dem ersten Redner (dem Abg. Dechelhäuser, nicht Findeisen, wie in Nr. 64 d. Bl. irrthümlih mitgetheilt ist) pra der Abg. von Kardorff die Meinung aus, daß er wegen der engen Verbindung zwischen Deutschland und Oesterreih prinzipiell Desterreih größere Vortheile zuerkennen möchte, als allen anderen Staaten, denen man die Meistbegüünstigungs- tlausel zugestanden habe. Die deutschen Unterhändler seien von den österreichischen Unterhändlern darauf hingewiesen worden, daß die deutshe Zollpolitik eine entschieden frei- händlerische sei und deshalb sei dieser Vertrag das günstigste gewesen, was sie hätten erreichen können. Es sei eine falsche Deduftion, wenn man sage, an diesen {lehten Zeiten seien nit die Handelsverträge s{huld, vielmehr müsse man behaupten, an den früheren günstigen Zeiten seien diese Verträge un- f{huldig gewesen. Die Zifferstatistik, aus welher man die roße Förderung des Verkehrs in den 60er Jahren nahweise, jei thatsächlich unzuverlässig. Die Thatsache, daß der Ver- kehr fi in Deutschland gegenwärtig im Rückgange befinde, fei doh„unleugbar. Seiner Meinung nah verschulde dies das Zollsystem in Verbindung mit dem Differentialsystem. Die mit dem leßteren verknüpften Uebelstände führten zum Staatseifenbahnfysiem ; außerdem aber bedürfe die deutshe Jndu- strie nach verschiedenen Richtungen des staatlichen Schußes. Die Wandlung, die man dem Reichskanzler zum Vorwurfe mache, treffe in anderer Weise doch auch den Abg. Delbrü, der in den 60er Jahren noch ein \s{hutzöllnerisches Gutachten ab- gegeben habe. Mit der Redewendung von der siebenzigjäh- rigen preußischen Zolltradition lasse sich das deutshe Volk nicht imponiren. Sehe man sich do einmal die siebenzig- jährigen Traditionen näher an. Sei denn der preußische Staat, der damals noch zerrissen und zerstückelt gewesen sei, überhaupt in der Lage gewesen, irgend eine rationelle Zoll- politik treiben zu fônnen? Müßte niht damals noch in allen Staatsmännern die Erinnerung wach, die Erfahrung lebendig sein, die Friedrih der Große mit seiner Einrichtung der Douane gemacht hätte, die gerade wegen der Zerftücke- lung des preußischen Staats, wegen seiner Grenzen \o un- gemein viel Zollplackereien herbcigeführt hätte, so ungemessenen Scmuggel, daß man froh gewesen sei, die Einrihtung los zu werden ? Redner wandte sich sodann in längeren Ausfüh- rungen gegen den Abg. Bamberger und betonte, daß, wenn die Regierung die Arbeiten der Enquete-Kommissionen nit veröffentliht habe, so geshehe das, um die Spekulation zu verhindern. Auf die Getreidezölle übergehend, so sei Redner der Ansicht, daß dieselben allerdings den Zwischenhändlern, den Getreide-Jmporteuren zum Nachtheil gereichen würden, da diese jene Abgaben zu tragen haben würden : aber das könne doc nit abhalten, eine Maßregel, die für das allgemeine Wohl dienlih sei, ins Leben zu rufen. Der Land-

1 i dur diese Zölle wesentlißze Vortheile

führung dieser Zölle sei nothwendig, um

deren Beseitigung

5 in der nächsten Zeit doch nicht zu erhoffen sei, zu

dann aber 2) besonders, um als Kampfmittel J reih, namentli aber gegen Rußland zu dienen.

m Allgemeinen bitte Redner, die Frage nicht allzusehr prinzipiell aufzubauschen; es handle sich um Verständigung auf Grund praktischer Verhältnisse. Die Freihandelspartei, wie Abg. Bamberger gethan, mit der nationalliberalen Partei zu identifiziren, sei unrichtig; er (Nedner) wisse, daß ein großer

il derjelben die Wirthschaftspolitik des Reichskanzlers zu unterstüßen bereit sei. Jnnerhalb der Freihandelspartei fei eine große Wandlung vorgegangen: die starr auf ihrem Stand- stehen gebliebenen Führer seien allein geblieben. müsse doch einen Versuch machen, der allge- Erwerbslosigkeit entgegen zu treten. Deutschland keine Kolonialpolitik treiben , deren Gefahr

Kapp dem Hause früher so klar dargelegt habe. müsse man den inländishen Arbeitsmarkt verstärken s bezwedcke das System des Reichskanzlers. Das deutsche f habe jchon entschieden für die Politik des Reichskanzlers der lebhaften Agitation der Fortschrittsvartei und der briefe“ des Abg. Richter. Die Fortschrittspartei habe fte i Sigße verloren, die konservative erfreue sich jen Zuwachses. Nach 14jähriger Freihandels- nge das deutshe Volk auf Aenderung dieser Grund- Friedri List, einer der besten deutshen Männer, er Mitwelt ebenso ges{chmäht worden, wie diejenigen, eute die Wirthschaftspolitik des Reichskanzlers unter- stüßten und do :olle ihm das deutsche Vaterland heute dank- bare Anerkennung. Er hoffe, daß auch über die Bestrebungen seiner Partei die kommenden Generationen anders urtheilen würden, als seine Gegner heute.

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sebe, in der allgemeinen Debatte nochmals das Wort zu neh- men, da sein Name so oft genannt, und so oft auf seine Aus- führungen Bezug genommen sei. Zweierlei schicke er als per- fönliche Bemerkungen voraus, er werde niemals auf einer An- siht verharren, die er als falsch anerkenne, was ihm zudem um fo weniger s{wer werde, als er seinem Bildungsgange mehr Praktiker als Theoretiker sei. Zu den \{wersten Er- fahrungen seines Lebens werde es ferner gehören, wenn er genöthigt sein würde, sich von dem Wege zu trennen, den der Reichskanzler in seiner Wirthschaftspolitik ein- \{lage. Wenn das einträte, würde es jedenfalls - mit shwerem Herzen seinerseits geschehen, in keiner Weise aber werde das die Verehrung mindern, welche er für den Schöpfer des Deutschen Reiches empfunden habe, noch empfinde und, wie er glaube, auch Zeit seines Lebens empfinden werde. Der legte Redner, wenn er ihn richtig verstanden, habe \ich auszuführen bemüht, daß Preußen vor Gründung des Zoll- vereins gar nicht in der Lage gewesen sei, eine Handelspolitik zu haben, wegen der Zerrissenheit seines Gebiets. Er sei nun allerdings anderer Meinung. Er glaube, vaß damals Preußen nicht nur in der Lage gewesen sei, eine Handelspolitik zu haben, sondern daß es sie auch in der That sehr bestimmt gehabt habe. Redner gab einen Gesammtüberblick über die geschäftlihe Entwickelung des deutschen Zollsystems seit dem Jahre 1818 und hob hervor, daß er den Verhand- lungen des französfishen Handelsvertrages selbst eine politische Bedeutung nicht beimesse; politis fei die Frage erst etwa zwei Monate vor dem definitiven Abschlusse des Vertrages geworden, damals habe Desterreih einen ganz regelrechten Zollkrieg gegen Deutschland eröffnet, und hier sei die Regierung po- litish in die Aktion getreten. Er sage dies, um zu kon- statiren, daß zwischen seinen Angaben und denen des Reichs- tanzlers fein Widerspruch vorhanden sei. Jn Bezug auf den neuen Tarif von 1865 und die sih anschließenden Han- del3verträge sei nun aber der Vorwurf erhoben, daß daher der mwirthshafilihe Nothstand datire. Er müsse ih deshalb etwas mit dem Resultat jener wirthschaftlihen Operationen beschäftigen. Es sei ziffernmäßig erwiesen, daß- ein Zollausfall von 15 bis 16 Millionen erfolgt sei. aber, wie stehe es dem gegenüber mit den Einnahmen? Jm Durchschnitt der Jahre 1860—1864 habe sich der Betrag pro Kopf der Bevölkerung auf 2129/9 belaufen, im Dur(- shnitt der Jahre 1873—1877 auf 2872/7 4, alfo in der zwei- ten Periode sei der Ertrag um etwa 75 F pro Kopf oder 33 Proz. höher, als vor dem Vertrage von 1865. Es sei immer als die höchste Aufgabe der Finanzpolitik angesehen worden, mit niedrigen Zollsäßen hohe Einnahmen zu erzielen. Er glaube, diese Aufgabe sei nach den genannten Zah- len fo leidlich gelöst, Wenn der Abg. von Kar- dorf sich mit Mißtrauen gegen die Zahlen der. offi- ziellen Statistik ausgesprochen habe, so müsse er diese ihm gegenüber doch in Schuß nehmen. Früher glaubte man an die statistischen Zahlen, wie an ein Evangelium, heute halte man wieder umgekehrt gar“ nihts davon. Er Ttönne die folgenden Zahlen als rihtig bezeihnen und wähle Beispiele aus der Textilindustrie. Es sei in der ersten Periode vor der Tarifrevision auf je 100 Köpfe 304 Pfd. Einfuhr an Baumwollenstoffen pro Jahr gekommen. Nach der Zollrevision sei die Einfuhr auf 605 Pfd., beim Flahs von 51 auf 232 Pfd., bei. der Seide von 61/2 auf 161/, und beim Wein gar von 63 auf 319 Pfd. in der- zweiten Periode gestiegen. Er könne diesem Zuwachs gegenüber es nit gelten lassen, daß die wirthschaftlihe Nothlage durch diese wirthschaftlihe. Geseßgebung verschuldet sein solle. Denn überall, auch da, wo andere Systeme befolgt seien, zeigten sih diejelben Symptome des Nothstandes, so zum Beispiel in dem streng proteftionistishen Amerika wie im freihändlerishen England. Gewiß theile er die Meinung, daß der Arbeitslosigkeit abge- holfen werden müsse, aber das werde au geschehen, ohne ge- waltsame Aenderung der deutshen Zollgeseßgebung durch Besserung der allgèmeinen Verhältnisse.

Der Abg. Stumm wandte sih gegen die Ausführungen des Vorredners und des Abg. Bamberger und betonte, daß die gegenwärtige Nothlage der Jndustrie allerdings durch die bisherige Handelspolitik veranlaßt worden sei. Die Art und Weise, wie von freihändlerisher Seite alle möglihen Dinge, die mit dem österreihishen Handelsvertrage in gar keinem Zusammenhang ständen, hier vorgebracht seien, crinnere an das Sprüchwort: Qui s'excuse, s’accuse, Die Herren \{öben dem Reichskanzler und denen, die auf seinem wirthschaftlichen Standpunkte ständen, das in die Schuhe, was ihnen zur Last falle. Er meine die Frage der Stabilität der deutschen handelspolitishen Zustände. Er habe {hon im Jahre 1877 bei Gelegenheit der Ausgleihungsabgabe auf die Beun- rubigung hingewiesen, die in den leßten 15 Jahren in solher Weije Plab gegriffen habe, daß kein Jndustrieller mehr eine Rechnung für die Zukunst machen könne und habe betont, daß die Nation wissen müsse, ob ihre Vertretung gewillt sei, binnen 15 Fahren fünf Mal die deutsche Handelspolitik vollständig zu ändern. Heute werde dem Hause zugemuthet, durch Ab- lehnung der Regierungsvorlage einen Zustand zu schaffen, in welchem das Ausland neben freier Einfuhr auch noch durch Ausfuhrprämien begünstigt nach Deutschland hereinkommen jolle. Wenn irgend etwas den {hußzöllnerishen Fnterefsen und Neigungen in Deutschland gedient habe, so sei es die Majorität des Hauses von 1877. Der Abg. Bamberger sei für die Aus- gleihsabgabe gewesen, im Gegensaze zum Zollparlament habe er behauptet, die Deutschen seien in der Fabrikation von Gußwaaren nicht so weit vorgeschritten, wie die Franzosen und es fei für den deutschen Nationalwohlstand gleichgültig, ob ein Einwohner von Saarbrüen seine Jndustrie in Deutschland oder in Frankreih betreibe. Dadurch könne das Ausland nicht beftärkt werden, Deutschland entgegen zu fommen. Die Herabsetzung der eigenen Zölle, damit alle aus- ländishen Waaren hereinkämen, während das ganze Ausland nichts von Deutschland herausbekomme, sei nicht mehr Frei- handel, sondern Freizöllnerei. Die Freihändler wollten den allgemeinen freien Austaush der Waaren durch Konzessionen in den Verträgen herbeiführen. Die Reichsregierung habe aber bei dem Vertrage mit Oesterreih keine Konzessionen er- langen fönnen, weil sie „keine Kompensation“ gehabt habe. Er selbsi sei nicht einfah ein Freund der Schutzöllner. Er werde niht irgend einer Maßregel das Wort reden, weil sie von List oder Carey gebilligt werde, fondern er nehme aus beiden Systemen die rihtigen Grund- jäte und suche sie auf die praftishen Verhältnisse anzuwenden. Seine Partei habe mit Nücsicht auf die konkreten Verhältnisse Deutschlands selbst extreme Forderungen bewilligt, die von dem Schutßzollprinzip entschieden abwihen. Man müße

Der Abg. Dr. Delbrück erklärte, daß er sich veranlaßt

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nehmen, und ein großer prinzipieller Standpunkt auf diesem Gebiete sei niht zu rechtfertigen. Er wünsche vaher, daß man Jeden nicht gerade todtschlage, aber doch aus den Vereinigun- gen so weit möglih auss{ließe, der mit dem S(hlagworte Schugzzöllner komme. Wenn Jeder zum Wohle der Nation von seinen Prinzipien etwas nahgebe, wie der Abg. Oecel= haeuser dies gethan habe, so werde man zu einem praktischen Resultat kommen und alle im Volke und im Reichstag ver- breiteten dunkeln Befürchtungen zerstreuen. Dann werde aud die wirthschaftlihe Debatte den ihr jeßt eigenen heftigen und gehässigen Ton verlieren. Man dürfe allerdings niht so vor- gehen, wie man es im preußischen Abgeordnetenhause bezügli der Eisenenquête gethan habe, deren Mitglied zu sein er die Ehre gehabt habe. Der Abg. Richter habe ja neulich die Frage etwas s{üchtern berührt, shüchterner, als er von ihm'gewohnt sei. Der Abg. Bamberger sei shon etwas weiter gegangen, indem er erklärte, die Kommission sei in einer Weise zusammengeseßt gewesen, daß man mit derselben ein bestimmtes Programm durzuseßen hoffte. Jm preußishen Abgeordnetenhause und in der Presse sei dieje Behauptung in noch viel s{härferer Weise hervorgetreten, und wenn au dort der Abg. Serlo be- reits eine Berichtigung habe eintreten lasen, so sei dies do bei der allzu sehr ausgesprochenen Höflichkeit dieses Herrn nicht mit der wünschenswerthen Energie geshehen. Sagÿliche Angriffe gegen das, was die Kommijsion gethan habe, seien von feiner Seite erhoben worden, es handele si bei der ganzen Angelegenheit nur um persönliche Verdähhtigungen. Redner ging sodann auf die Frage der Eisenenquete und auf die Ver- handlungen des preußishen Abgeordnetenhauses näher ein und wollte sodann die Zusammensetzung der Eisenenquete- kommission rechtfertigen, was der Präsident aber als nicht zur Sache gehörig erklärte.

Der Abg. von Helldorff betonte, daß von konseroativer Seite der Gegenstand bisher rein sachlich besprochen worden sei. Die Debatte habe sfich aber allmählich zu einer Debatte über die gésammte Frage der Handels- und Steuerpolitik er- weitert, die das Haus in nächster Zeit beschäftigen werde. Er wolle es nur kurz aussprehen, daß seine Partei ihre Stel- lung zu diesen Fragen darlegen werde, sobald dieselben in fester ¿Form an das Haus heranträten, und es durch Vorlagen dazu bécielen werden würde. Nur, damit aus seinem Schweigen nicht falsche Folgerungen gezogen würden, hebe er hervor, daß seine Partei aus diesem Grunde heute diese Fragen nicht diskutiren könne, umsoweniger, als die Debatte doch nur mehr oder we- niger den Charaïter eines Monologs von zweifelhafter Frucht - barkeit angenommen habe.

Damit {loß die Debatte. Persönlih bemerkte der Abg. Richter (Hagen), er habe niht aus Schüchternheit im Allge- meinen die Sache der Enquetekommission gestreift, sondern weil er in der That sih nicht getraute, die Aufmerksamkeit des Hauses in solchen Einzelheiten auf die Eisen-Enquete- kommission zu lenken. Er werde sich vorbehalten, rihtig zu stellen, was der Vorredner ihm als Angriff untergelegt Lal,

Der Abg. Stumm bemerkte, daß, da er nah der Ein- leitung seiner Bemerkungen von dem Präsidenten „zur Sache“

erufen worden sei, er die sachlihe Widerlegung habe unter- assen müssen, zu der er eben schreiten wollte.

Hiermit wurde die erste Berathung geschlossen. Jn der zweiten Spezialberathung wurde Artikel T. genehmigt; zum Artikel 11, welcher die Meistbegünstigungsklausel enthält, be- merfte Abg. Richter (Hagen), daß ein Vertrag mit dieser Klausel ohne Konventionaltarif wenig Vortheil bringe; Zta- lien habe gegenüber dem autonomen Tarife Oefterreihs einige Vortheile erreicht, die Deutshland auch zu Gute kämen, aber sie beträfen Citronen, Mandeln und Feigen, die bekanntlih in Deutschland nicht wücsen, also werde Deutshland von dieser Klausel wenig erreihen. Mit Frankreih bestehe jett au kein Konventionaltarif, der deutshe Handel sei von den erhöhten Zöllen plöglih übecrrascht worden und in große Unsicherheit gekommen.

Der Abg. Dr. Hammacher erkannte diesen Nachtheil an. hoffte aber, daß man bald zum Abschluß eines neuen Ver- trags mit Frankreih kommen werde. :

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats-Minister von Bülow, erklärte, eine bestimmte Antwort im Augenblick nicht geben zu können ; er halte aber das Zustandekommen eines Vertrages mit Konventionaltarif zwishen Frankreih und Deutschland für unwahrscheinlich. 4

Der Abg. Richter (Hagen) bemängelte diese Aus- kunft, welhe die durch das Bekanntwerden der Projekte des Reichskanzlers geschaffene Unsicherheit noch vermehre. Noch niemals sei es vorgekommen, daß mehr Geld in der Bank liege, als Noten ausgegeben seien, ein Zeichen, daß die Geschäste still lagen.

Den Artikel Ul, nach welchem Ausfuhrprämien, welche über die wirtlich gezahlte Steuer hinausgehen, nit gezahlt werden follen, wünschte Abg. von Kardorff strikte durhgeführt : aber thatsählih werde für Sprit eine solche Prämie gezahlt ; die Steuer betrage nur 6 Kreuzer pro Hektoliter, die Ver- gütung aber 11 Kreuzer.

Der Regierungsfommissar Geheime Ober-Regierungs- Nath Huber erkannte diese Thatsache an, die für den Zucer noch viel mehr zutreffe; der Zustand habe sich aber durch die neueste Geseßgebung gebessert, und die Regierung werde, falls Verleßungen wegen des Artikels vorkommen follten, ihre Pflicht thun. E

Der Abg. Richter (Hagen) empfahl die Beseitigung der Exportprämien überhaupt im Jnteresse der Finanzlage.

Artiïel [V. verdietet die Erhebung von Durchgangsab gaben.

Der Abg. Richter (Hagen) bat um Auskunjt, ob es nah Ablauf des Vertrages in der Absicht der Regierung liege, Durchgangs3abgaben einzuführen ; eine folche Antwort würde zur Beruhigung dienen. s

Der Präsident des Reichskanzler-Amts, Staats-Minister Hofmann erwiderte, es würde viel beruhigender sein, wenn man der Regierung niht immer weitergehende Pläne zuschriebe, besonders solite es die Pflicht jedes Abgeordneten sein, sih solher Uebertreibungen zu enthalten. Die Frage der Ueber- gangsabgabe sei eine sehr shwierige. Deutschland dürfe im nteresse der freien Hand den anderen Staaten gegenüber in seiner Handelspolitik den Grundsaß nicht aufstellen, daß es

Durchgangsabgaben nicht wolle. Eine solche bindende Er- klärung würde die Stellung Deutschlands den anderen Staaten gegenüber s{ädigen. L

Der Abg. von Kardorff hielt es für nothwendig, daß man mindestens temporäre Durchgangsabgaben frei lasse, um auf einen andern Staat eine Pression ausüben zu können ; z. B. fei der rufsishe Sprit in Hamburg billiger als der deutsche in Folge der Durchgangsfreiheit. i

Der Abg. Richter (Hagen) kemerkte, nun solle sogar ein

einzelner Abgeordneter an der Beunruhbigun der Jndustri \{uld sein. Vor dem Schreiben des aa vom 15. De: zember habe niemand an die Möglichkeit von Durchgangs- abgaben gedacht. Nachdem dieser Brief in der weitesten Weise verbreitet sei, proklamire man für die Zolltarifkfommission das Amtsgeheimniß, und son jeßt appellire der Reichskanzler über die Köpfe der Abgeordneten hinweg in seinen Bauernbriefen an g u: h

Der Präfident von Forckenbeck bezeichnete „Bauernbriefe“ als nit in der Stets fi ide dine

Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, der Abg. von Kar- dorff habe diesen Ausdruck ihm gegenüber gebraucht.

Der Präsident von Forckenbeck erwiderte, wenn er den Aus- drud gehört hätte, dann würde er ihn auc gerügt haben. Der Abg. Richter (Hagen) erklärte, er verstehe unter Bauernbriefen Briefe an Bauern. Nachdem diese geschrieben, müßten die Ab- geordneten dem Volke klaren Wein einschenken. Nicht um der Nachbarn Deutschlands willen, sondern in dem eigenen Jnteresse Deutschlands habe das Haus die Durhgangsabgaben abge- schafft, wenn der Reichskanzler sie jeßt wieder einführen wolle, jo wolle man eben noh weit hinter 1865 zurücgehen.

Der Abg. Dr. Bamberger bedauerte die Warnung des Reichskanzleramts-Präsidenten, daß die Abgeordneten si nit allgemein gegen Durchfuhrzölle aussprechen sollten, damit diese in Zukunft weiteres Material für Handelsverträge gäben. Die Kunst, den Gegner in Negoziationen zu übervortheilen, wahse im Allgemeinen mit dem Grade der Barbarei des Staates , der sie anwendbar machen wolle. Die neueste Zoll- geshihte beweise es: je w niger entwidelt die öfono- mische Lage eines Staates sei, je weniger derselbe fürhten müsse, durch die Erhaltung eines Rechtes, durch die guten Beziehungen die eigenen Angehörigen zu schädigen, desto stärker sei er, wenn er es auf das Leßte an- tommen lasen wolle. Zu glauben, daß man dur extra-

vagante Schilderung dessen, womit man drohen könne, einen anderen Staat besiege, darauf müsse man si von vornherein nit einlassen. Aber man s{chwäche sich auch damit, wenn man mit Repressalien drohe, von denen Jeder wisse, daß man sie doch nit anwenden werde. Deutschland, im Herzen von Europa gelegen, sei gerade auf diesen Transithandel hinge- wiesen und habe {hon lange vor Einführung der jeßigen Ver- En auf solche Durchfuhrbeshränkungen verzihten Beim Art. V. bedauerte der Abg. Möring, daß man die Handelsreisenden mit ihren Mustern jezt ungünstiger behandle als früher, während do Alles beim Alten bleiben solle. Der Regierungskommifsar erklärte, Beschwerden seien noch nicht an die Regierung gelangt, eine ungünstigere Be- handlung dürfe nah dem Vertrage nicht stattfinden.

_ Der Abg. Graf Udo Stolberg-Wernigerode wiederholtz seine Bitte, daß man auf eine gänzliche Beseitigung des [hlesishen zollfreien Nohleinenverkehrs Bedacht nehmen möge.

__ Art. XV. fordere öffentliche Tarife, verbietet geheime Rückvergütungen (Nefaktien).

Der Abg. Richter (Hagen) erwiderte dem Abg. Grafen Stolberg auf seine neulice Bemerkung wegen der Differential- er wohl nur die Bemerkung

tarife für ausländisches Holz, daß des Neichskanzlers wiedergegeben habe, die im Abgeordneten- hause schon lange als unrichtig dargestellt sei; für ausländisches Holz beständen gar feine Differentialtarife.

., Der Abg. Graf Udo Stolberg-Wernigerode blieb bei seiner Behauptung, _daß folche Ausnahmetarife für 400 deutsche Stationen beständen, nach welchen ausländisches Holz um mehr als die Hälfte billiger gefahren würde. H

Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte dem Vorredner, daß er Ausnahme- mit Differentialtarifen verwechsele, wie dies mehrfah geschehe, daher entständen denn auch die großen Klagen ohne jeden Grund.

__ Der Abg. Stumm wollte einen Unterschied zwischen beiden zZarifarten gar nit zugeben, während der Abg. Richter (Hagen) einen solhen nachzuweisen versuchte.

„Der. Abg. - Dr. Hammacher fragte, ob die Regierung dem

Reichstage ein Strafgeseß zur Verhinderung der Refaktien vor- legen werde. ; Der Staats-Minister Hofmann erklärte, diese Frage werde im Eisenbahntarifgeses, welches in Vorbereitung sei, geregelt werden; auch österreichisher Seits werde ein solches Geseg erlassen werden.

Der Abg. Dr. Lasker spra die Ansicht aus, daß auch ohne Geseß die Negierung im Wege der Aussicht diesen Ar- tikel ausführen könne, was der Staats-Minister Hofmann bestätigte. A

Art. XVIT. verbietet die wagen.

‘Der Abg. Freiherr von Stauffenberg beflagte, daß den deutschen Gläubigern der österreichischen Bahnen damit jedes Dbjekt zur Exekution entzogen sei. ,__ Der Staats-Minister Hofmann diese Konzession sei der Art. XV. wegen des Verbotes der ge- heimen Refaktien zu erlangen gewesen; übrigens werde die Frage des Pfandrechtes an Eisenbahnen in einem bereits vor- bereiteten Gesetz geregelt werden.

Nachdem auc die Abgg. Dr. Lasker und Dr. Bamberger si dem Abg. Frhrn. von Stauffenberg angeschlossen hatten, wurde dieser Artikel, sowie alle übrigen Artikel des Vertrages un- verändert genehmigt, worauf fih das Haus um 5 Uhr auf enjstag 11 Uhr vertagte.

Beschlagnahme von Eisenbahn-

entgegnete, nur gegen

Jn der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „N. 1, Sl A“ findet sich unter der Rubrik „Gewerbe und Handel“ eine Uebersicht über die gegenwärtige Lage der auf handelspolitishem Gebiete vertragsmäßig bestehenden wehselseitigen Beziehungen zwischen Deutschland, Belgien, England, Frankreich, Fta- lien, Oesterreih-Ungarn und der Schweiz, auf welche wir an dieser Stelle aufmerksam machen.

Für die Zeit vom 1. April 1878 bis zum Schlusse des Monats Januar 1879 sind (verglichen mit der Einnahme in demselben Zeitraum des Vorjahres) im Reiche an Ein- nahmen (einshließlich der freditirten Beträge) aus Zöllen Und gemeinschaftlihen Verbrauchssteuern zur An- \chreibung gelangt: Zölle 90 595 713 M (— 2030 365 (), Rübenzuckersteuer 44 052 857 # (— 1 868 065 H), Salz- steuer 30 376 912 M (— 187 890 C), Tabakssteuer 870 872 (— 143521 M), Branntweinsteuer 31233055 M (+ 1687835 A6), Uebergangsabgaben von Brannt- wein 92426 M. (+ 1469 M), Brausteuer 13 916 473 M (— 400 303 S), Uebergangsabgaben von Bier 774626

(+ 8900 ), Summe 211 912 934 A (— 2931 940 M).

Die zur Reichskasse gelanate Jst -Einnahme abzüglih der Bonifikationen und Verwaltungskosten beträgt bis Ende des Monats Januar 1879: Zölle 81 041 173 (+ 187 235 M), Rübenzudckersteuer 42 693 474 #4 (— 3 201 310 Áé), Salzsteuer 27 860 361 (+ 244687 A), Tabatssteuer 713 074 i (— 121 972 A), Branntweinsteuer und Uebergangsabgabe von Branntwcin 30 672 675 # (+ 579 180 é), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 12 463 475 (— 338177 M), Summe 195 444 232 (— 2650357 M).

Jn den deutschen Münzstätten sind bis 15. Februar 1879 geprägt worden, 1 250 539 960 # Doppelfkronen , 404 938250 M Kronen, 27 969 145 M Halbe Kronen , hiervon auf Privatrechnung 364 129150 #4 Vorher waren geprägt: 1 249 402 240 M Doppelkronen, 404 942 710 Æ Kronen, 27 969 925 M Halbe Kronen, hiervon auf Privatrehnung 362701110 M Summa 1 683 447 355 M

__— Nath einer im Reihs-Eisenbahn-Amte ange- fertigten Uebersicht über den derzeitigen Umfang und die Art der Heizung der Personenwagen auf den Eisen- bahnen Deutschlands (exkl. derjenigen Bayerns) is nun- mehr auf jämmtlihen Eisenbahnen in allen der Personen- beförderung dienenden Zügen die Heizung eingeführt. Nur 4 Bahnen untergeordneter Bedeutung sehen mit Rücksicht auf ihre kurzen Strecken, sowie wegen {wacher Personenfrequenz davon ab.

Es kommen verschiedene Heizungsmethoden zur Anwen- dung. Werden die in den Personenwagen vorhandenen Pläße zum Maßstabe genommen, so erstreckt sich: a. die Dampfheizung auf 67 691 Pläße = 9,3 Proz., b. die Heizung mit präparir- ter Kohle auf 210613 Pläße = 28,9 Proz., c. die Heizung mittelst eiserner Oefen auf 164023 Pläße = 22,5 Proz, d. die Heizung mittelst Wärmflaschen resp. Kasten, welche mit heißem Sande bezw. mit heißem Wasser gefüllt sind, auf 80 606 Pläße = 111 Proz., e. sonstige Einrichtungen auf 20 535 Pläße = 2,8 Proz. Die sodann noch vorhandenen 185 371 Pläße = 25,4 Proz. der Gesammtzahl sind mit Heizungsvorrihtungen nit versehen, befinden fh aber zum Theil in Personenwagen, welche während des Winuterdicnstes niht benußt werden. Die Mehrzahl der Verwaltungen beginnt mit der Heizung in der Zeit vom 1. Oktober bis 1. Dezember, wenn während dieser Termine die Temperatur auf einen be- stimmten Grad, und zwar auf. + 4 Grad am Tage und 0 Grad in der Nacht herabsinkt. Die Heizung wird einge- stellt in der Zeit vom 1. März bis ultimo April.

is zum an Goldmünzen:

_— Die Aufnahme oder Veröffentlihung von Fr estungsrissen ohne besondere Erlaubniß wird nach §. 360, Nr. 1, Str. G. B. unter Einziehung der Riffe als Ueber- tretung bestraft. Jn Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichs-Oberhandelsge richt, als höchster Landesgerihts- hof von Elfaß:Lothringen, durch Erkenntniß vom 25. Ok- tober 1878 folgende Rechtssäße ausgesprochen : 1) Jede Zeichnung it für unerlaubt zu halten, welche Festungen oder einzelne Festungswerke ihrer wirklichen Beschaffenheit nah in mehr oder weniger ausführliher Weise darstellt. Ein Eingehen auf die Frage, ob solche Zeichnungen vom militärishen Stand- punfte aus gefährlich oder ungefährlih seien, ist dem Richter nicht zu gestatten, vielmehr hat diese Frage nur die zuständige Militärbehörde, welche um besondere Erlaubniß anzugehen ist, zu entsheiden. 2) Die Einziehung der aufgenommenen eejstungsrifse kann im Falle der Verlezung des 8. 360 Nr. 1 Str. G. B, selbständig erkannt werden, obglcih der Beschul- digte freigesprohen oder die fragliche Uebertretung ver- jährt ijt.

Der General-Feldmarschall Graf von Roon if gestern Mittag 1 Uhr hier verschieden.

Die hohen Verdienste des Verstorbenen, Durchführung der Armee-Reorganisation, Aller Gedächtniß und sichern bares Andenken.

Der Königliche Gesandte in Weimar, Graf zu Lim- burg-Stirum, ist auf seinem Posien wieder eingetroffen.

Se. Dur@&lauct der Prinz Friedrich von Hohen- zollern, Oberst-Lieutenant und Commandeur des 2. Garde- Dragoner Regiments, hat sich mit Urlaub nach Süddeutsch- land begeben.

__ Bayern. München, 22. Februar. (W. T. B. Kammer der Reichsräthe hat den Gesetzentwurf über die Besteuerung des Gewerbebetriebs im Umherziechen Wit einer einzigen unerheblichen Abänderung in Bezug auf die Ermäßigung der Wanderlagersteuer, im Ucbrigen in der Fas- sung der Abgeocdnetenkammer einstimmig angenommen.

ÆWürttemberg. Stuttgart, 22. Februar. (W. Der Landtag i Reskriptes vertagt worden.

_ Hamburg, 2. Februar. (Wes. stand der gestrigen Tagesordnung der Bürgerschaft bildete das Einführungsgesez zu der deutshen Gerichts-

n, namentlich bei / } sind noch fris in ihm für alle Zeiten ein dank-

Die

Ztg.) Den Hauptgegen-

disponirende Artikel 14 desselben. Die Linke haite beantragt, | die vom Senate verlangte Ernennung der Richter aus\chließ- lih durch den Senat unter der Bedingung zu genehniigen, |

daß der Senat dafür der Entfernung der bisherigen Ver- | tretung der Gerichte in der Bürgerschaft zustimae. Jn der | Sißung vom 12. d. M. hatte die Abstimmung Antrag die Beschlußunfähigkeit der Bürger|chaft ergeben. Vor Beginn der gestrigen Berathung kam nun aber ein Schreiben des Senats zur Verlesung, in welchem derselbe den | Vorschlag der Linken acceptirte und das Versprechen abgab, falls ihm die ausscließlihe Ernennung der Nichter dur unveränderte Annahme der von ihm beantragten Fassung des S. 14 zugestanden werde, einen Antrag auf Revision des Artikels 30 der Verfassung einbringen zu wolien, dur welchen die Vertretung der Gerichte in der Bürgerschaft beseitigt werde. Die Abstimmung ergab die Annahme des Scnats- antrages mit großer Majorität.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, (Str. Aut. C.)

20. Februar.

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| Der Elsaß-Lothringische Lan desaus- | \chuß hat in seiner Sißung vom 8. Februar einstimmig fol- | gende Nesolution angenommen : | Der Landesauss{huß sieht mit Genugthuung , ie | Reichsregierung eine wirthschaftlihe L der |

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dustrie Nechnung getragen werden wird, und er

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Wunsch aus, daß die Annahme eines neuen allgemeinen Tarifs

Ce B.) Se D, j ist heute Nachmittag mittelst Königlichen |

schon in nälster Zeit der Landwirthshaft und der cFndustrie den nothwendigen Ersag biete, dessen sie fich zur Zeit nicht zu erfreuen haben. Der Landesausshuß wiederholt bei dieser Gelegenheit den bereits in seiner Sißung vom 14. Juni 1876 geäuperten Wunsch, es möge die Reichsregierung bei der Ab- 1chließung neuer Handelsverträge in Folge der Annahme des neuen allgemeinen Tarifs auf die Einführung der Klausel von der meistbegünstigten Nation verzihten, da dieselbe der Regierung die Freiheit zu handeln entzieht, indem sie in be- dauerlicher Weije die Fnanspruhnahme besonderer Vortheile von einer Nation wie die ersaßzweise Gewährung derselben an eine folche verhindert.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 22. Februar. (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus nahm in seiner heutigen Sißung den Geseßentwurf, betreffend die Desinfektion der Vieh- transporte, an und beschloß nach längerer Debatte, unter Verwerfung eines Antrages auf Uebergang zur Tagesordnung, in die Spezialdebatte über die Grundsteuerregelungs-Novelle einzugehen. Auf eine an ihn gerichtete Anfrage theilte der Finanz-Minister Depretis den Thatbestand über den Einbruch von Wasser in das Bergwerk Wieliczka mit und konstatirte, daß hierbei Niemandem eine Vershuldung beizumessen sei; die Arbeiten in dem Salzwerke seien niht unterbrohen wor- den. Der Abgeordnete 2s{hok brate eine Interpellation ein, betreffend eine wünshenswerthe Zolleinigung mit Serbien und das Hineinziehen von Bosnien und der Herzegowina in diese Einigung.

_— Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht eine von gestern datirte Ministerial-Verordnung, wonach den aus Bulgarien tommenden Reisenden der Uebertritt auf das öster- reichische Gebiet nur gegen eine vidimirte Bestätigung gestattet ist, daß fie sich 20 Tage vorher in einem seuchenfreien Distrikte aufgehalten haben. Die österreichischen Abgeord- neten, welhe gegen den Berliner Vertrag gestimmt hatten, haben eine Versammlung abgehalten und in derselben einstimmig eine Resolution des Jnhalts angenommen, daß die Kosten der Ofkkupation Bosniens, jo lange die Frage der Vertheilung der Kosten für die Verwaltung Bosniens auf beide Reichshälften niht ihre verfassungsmäßige Lösung gefunden habe, auf dasjenige Maß zu beschränken seien, welches sich aus den militärischen Bedürfnissen der Okku- pationstruppen ergebe. Die Versammlung beschloß, die Reso- lution sämmtlihen verfassungstreuen Abgeordneten mitzu- theilen und denselben die Unterzeichnung der Nesolution frei- zustellen.

Die „Polit. Korresp.“ meldet: Nach einem Telegramm des österreihishen ärztlihen Delegirten, Ür. Bifiadecki, aus Zarizin hat sih die internationale ärztlihe Kom- mi}jton in drei Gruppen getheilt; die eine begiebt sich nah Wetljanka, die zweite, welcher die österreichishen Aerzte ange- hören, besucht die Ortschaften des reten Wolgau-Ufers, wäh- rend die dritte, aus den ungarishen Delegirten gebildete Gruppe, sich na den Ortschaften des linken Wolgau-Ufers be- geben wird. Als Zusammenkunftsort für alle drei Gruppen ist Zamjanoffskaja bestimmt, woselbst die Aerzte eine 10 tagige Dbjervation bestehen werden. Aus Bukarest: Die ru- tänischen Truppen haben Arabtabia vollständig geräumt,

obschon von russisher Seite bisher keine Erklärung vorliegt, daß Nußland die Position niht beseßen lassen werde. Man giebt fi hier der Hoffnung hin, daß die Russen bis zu der von den Mächten getroffenen Entscheidung Arabtabia als neu- tral betrahten würden. Aus Kon stantinopel: General Stolypin hat der internationalen Kommissiou in Philippopel mittheilen lassen, daß nah den ihm zugekommenen Jnforma- tionen, zahlreiche weitere Demonstrationen, wie die in Tschirpan vorgekommenen, in verschiedenen Orten Oft- rumeliens zu gewärtigen scien; zuglei zeigte General Stolypin der Kommission die Repressivmaßnahmen an, die er getroffen habe. Ueber die anMoukhta r Pasha in Prevefa zu crlassenden neuen Jnstruktionen haben neuerdings wiederholt Be- rathungen auf der Pforte stattgefunden. Jn Folge der Inter- vention des serbischen Vertreters Christics sind mehrere Serben, welche wegen Verdachts einex Verschwörung gegen die Sicherhei des türfishen Staates vor einigen Tagen verhaftet worden waren, in Freiheit geseßt worden. Der türkishe Gesund- heitsrath hat ein telegraphishes Cirkular an alle Sa- nitätsverwaltungen der Mittelmeerstaaten gerichtet, worin über die Gesundheitsverhältnisse in der Türkei ausführliche und befriedigende Auskunft ertheilt, auf die Rußland gegen- über getroffenen sanitätlihen Vorkehrungen hingewiesen und

| dem Befremden darüber Ausdruck gegeben wird, daß man

der Türfei gegenüber so strenge Maßregeln ergriffen habe.

(W. T. D) Kapstadt, vom 4. d. M., verharren die englishen Tru p- N fon { Pen noch immer in der Defensive, doch haben die Zulus über diesen | H Feine wei 9 s a f :

| noch keine wciteren Angriffe gemacht. | sons h i ß J i inne. General Chelmsford mit dem Generalstabe sucht die Verbindung mit Pearson herzustellen.

Zu dem Ausstellungsgebäude für i | ntattfindende internationale Ausstellung wurde der Grundstein gelegt.

Pest, 22. Februar. Der „Pester Korresp.“ zufolge nimmt die Begebung der ungarischen Rente cinen be- friedigenden Fortgang. Die älteren Titres dürften mit den Ablauf dieses Monats plazirt sein und die Begebung der

neuen dürfte zu Anfang des kommenden Monats beginnen. Die ungarische Finanzverwaltung sci entschlossen, die günstige ( Dispofition des europäischen Geldmarktes zu benußen, un versa] sung, und zwar der über die Ernennung der Richter | den zu bedeckenden Geldbedarf dur fortge)eßte Nentenbege- bung zu beschaffen.

Großbritannien und Jrland. London, 22. Februar. Nach hier eingegangenen Nachrichten aus der

Die Kolonne Pear-

hat noch immer die verschanzten Positionen bei Efowe

23. Februar. (W. T. B.) ZJhre Kaiserlihe und

Königliche Hoheit die Kronprinzessin Victoria hat Sich gestern zum Besuche Jhrer Königlihen Hoheit des Herzogs und der Herzogin von Edinburgh nah Eastwell begeben. Se. Königliche Hoheit der Prinz von Wales ist nah dem Kontinent abgereist. Der Gouverneur des Kaplandes Sir Barthle Frère, meldet, daß man gegenwärtig keine Be

sorgniß in Betreff der Lage Pearjons habe, in einer starken Position: stehe.

da derselb

(W. T. B.) Eine von einer

Kalfutta, 23. Februar.

großen Anzahl von Mollahs in J-llalabad abgehaltene

Versammlung hat \sich gegen eine religiöse Kundgebung zu a { ( 6 K d

Gunjien Schir A li's ausgesprochen.

Melbourne, 22. Februar. (W. T. B.) tür die im nächsten Fahre hier v)

5 s heute

Australien.