1879 / 65 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 17 Mar 1879 18:00:01 GMT) scan diff

und Seine Gemahlin, von Teck, Prinzessin von Cambridge. Se. Durchlaucht

Prinz Philipp von Sachsen-Coburg-Gotha und Gemahlin, «Fhre Königliche Hoheit die Prinzessin Philipp von Sacsen-

Se. Dur@laucht der

Prinzessin August, d) [ippe's von Frankreich, Se.

Christian zu Schleswig-Holstein mit Sciner Gemahlin, Prin- zessin von Großbritannien und Jrland, Jhre Königlichen Ho-

beiten die Prinzessin Friedrich Carl und Prinz Friedrich | Leopold, Jhre Kaiserlihe und Königliche Hoheit die Kron- | gri l | Zöllen auf

prinzessin und Se. Königliche Hoheit Prinz Wilhelm, Jhre

Königliche Hoheit die Prinzessin von Wales mit ihren Kindern, | den Prinzessinnen Victoria, Louise, Maud und der: Prinzen | George von Wales, Jhre Majestäten der König und die Kö- | | zollsystem in Deutshland. Man suche den Grund des Dar-

nigin der Belgier.

Der Eintritt jeder einzelnen Abtheilung in die St. | geshah unter dem Schmettern der Fanfaren | l n, j l | del, die Gründungen der Jahre 1871 bis 1873 erwähne man

Georgsfkapelle

der Staatstrompeter der Königin. Die Orgel intonirte einen

Marsch, undden Zügen gingen die Heroldevon York und Lancaster, | sowie die Hoschargen in aufsteigender Linie bis zu den beiden |

böchsten, dem Lord-Chamberlain und Lord-Steward voran. Diese schritten unmittelbar vor Jhrer Majestät der Königin. Der Monarchin folgien Jhre Königlichen Hoheiten die Prin- zessin Bcatrice und der Prinz Albert Victor von Wales. Die

Königin nahm FJhren Plat vor einem Tabouret rechts vor | Se. Königliche Hoheit der Herzog von Connaught, | der Hohe Bräutigam, wurde von Seinen beiden älteren Brü- | dern, Jhren Königlichen Hoheiten dem Prinzen von Wales | | im Gegenthcil unabhängig von allen Zollfragen, die Ueberlegen-

dem Altar.

und dem Herzoge von Edinburgh, als Zeugen begleitet und

nahm den Plag zur Rechten, an den Communion Rails, ein. | ( jesundlk j i | Ueberaus bezeichnend sei, daßdas neueste Zollprojekt der Regierung | in jenen Gegenden die [ebhafteste Zustimmung gefunden habe,

Der Zug der Hohen Braut wurde von den Mitaliedern der deutschen Botschaft, dem deutshen Militärbevollmächtigten am Hofe von St. James zweiten Botschafts-Sekretär Grafen von Arco, dem ersten

Botschafts-Sefretär Freiherrn von den Brincken und dem deut- | Die Hohe | der und r)pefu! „furhibare | Höhe hätte erreichen können. Die Aufhebung der Eisenzölle sei

schen Botschafter Grafen von Münster eingeführt. ; Braut wurde von Jhrem Vater, Sr. Königlichen Hoheit dem

Prinzen Friedri Carl, und Sr. Kaiserlihen und Königlichen | Hoheit dem Kronprinzen an den Altar zur linken Seite des | ( C Die Trauung geschah na dem | Jiituale der englischen Hochkirde. Kanonenschüsse verkündeten |

Hohen Bräutigams geleitet.

den Moment, in welchem das Brautpaar chelih verbunden wurde. Die Trauung verrichtete der Erzbishof von Canterbury.

Nach der Ceremonie umarmte Jhre Königliche Hoheit die Herzogin von Connaughi in tiefer Rührung Jhre Hohen Eltern ; dann neigte Sie Sich vor Jhrer Majestät der Königin, Aller- bödstwelhe Sie als neues Familienmitglied in die Arme \{loß. Jhre Majestät trug bei dieser Gelegenheit den preußi- schen Luisen-Orden, Se. Majestät der König der Belgier den Hohen Orden vom Schwarzen Adler. Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedri Carl hatte die Uniform des 3. (Zietenschen) Husaren-Regiments, Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz die des Kürassier-Regiments Königin (Pommersches) Nr. 2 angelegt.

Laut Telegramm aus Olympia vom 14. sind auf der Ostseite des Tempels zwei Metopenstücke (ein Herakles- Topf und ein s{öner Frauenkopf) sowie der Kopf des knieenden Mädchens vom Ostgiebel gefunden worden, ferner die Funda- mente des Prytancion, wohlerhalten, und endlich die alter- thümlihe Bronzefigur eines Jünglings, welche als Griff eines Gefäßes gedient hat.

Im Bereiche des Amtsbezirks des deutshen Konsulats in Moskau sind nah den bis zum 12. d. M. reichenden Nachrichten auch bis dahin verdächtige Krankheitsfälle nicht vorgekommen. Ein am 20. v. M. in Twer am Typhus erfolgter Todesfall hat zwar zu der Vorsicht Anlaß geboten, die Mitbewohner des Sterbehauses unter ärztlihe Beobachtung zu stellen, do hat denselben, da sie sämmtlich innerhalb der Beobachtungszeit gesund geblieben, der freie Verkehr wieder gestattet werden können.

An Stelle der früher beabsihtigten *) Entsendung von 4 bemannten Dampfkuttern der russishen Marine von Kron- stadt nah Zarizyn zum Zweck der wirksameren Durchführung der Quarantänemaßregeln an der untern Wolga hat, wie der „Kronstädter Bote“ meldet, Graf Melikoff zwei Privatdampfer gemiethet, mit deren Führung von Kronstadt abkommandirte Stabsoffiziere der Marine beauftragt werden sollen.

Im weiteren Verlaufe der vorgestrigen (20.) Sißung seßte der Reichstag die zweite Berathung des Etats pro 1879/80 fort. Beim Titel 1 (Zölle und Verbrauchchs-

steuern, Einnahme 251 698 360 4) führte der Abg. Kablé |

(Straßburg) aus, das Reichsland sei mit den 15 Prozent der olleinnahmen, die demselben als Verwaltungskosten zurück- erstattet würden, zu s{lecht gestellt; im Verhältuiß zu anderen

Bundesstaaten sei dasselbe mit Ausgaben für die Erhebung |

von Zöllen und Verbrauchssteuern, mit Besoldungen und Pensionen überlastet; es müsse in dieser Beziehung Abhülfe geschaffen werden.

Der Präsident des Reichskanzler-Amtes- Staats-Minister Hofmann erwiderte, die Ueberlastung werde im Bundesrath anerkannt. Um das Mißverhältniß auszugleichen, sei zufolge eines früheren Beschlusses des Bundesraths seit mehreren «Fahren immer ein größerer Theil der zur Besoldung von

Beamten aufzuwendenden Beiträge des Reichs den Reichs- |

landen zur Verfügung gestellt. Die statistishen Erhebungen darüber, wie diese Beiträge sich zu den aufgewendeten Kosten verhielten, seien abges{lossen und lägen dem Bundesrath vor. Die Regelung der Frage sei aber sehr s{hwierig, weil au in anderen deutschen Staaten Mißstände nah bestimmten Grundsäßen auszugleichen seien. Der Bundesrath sei jeßt damit teshästigt und werde die Frage bei ihrer hohen Wi&- tigkeit unzweifelhaft bald erledigen. Einen bestimmten Zeit- punkt hierfür fönne er aber nit angeben.

Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, in der Lage von Elsaß-Lothringen , daß die Rückvergütung auf die Erhebungs- fosten unzureid end sei, befänden fich au andere Staaten. Soviel er wisse, sei von Braunsweig seit Fahren ein Antrag beim Bundesrath eingebracht worden, die Vergütung nah anderen Grundsägen zu regeln; die Sache gber mache wenig

Ez ur f *

*) Siehe „Reicht-Anzeiger“ vom 5. d. M.

Zhre Königliche Hoheit die Herzogin |

Major von Vietinghoff , dem | 21 1 i und ge 1 s | Ohne das Schußzollsystem, das sich früher ja auch noch auf

| der Zollpolitik der Regierung folgen.

Fortsc,ritte. Wenn die Verfassung abgeändert werden müsse in Bezug auf die Grundsäße der Vergütung, so sei er der Ansicht, daß auch dahin eine Aenderung zu treffen sei, daß diese Frage nit, wie bisher, einseilig vom Bundes-

Coburg-Gotha, Tochter Sr. Majestät des Königs der Belgier, | rathe, sondern dur Geseg und Etat geregelt werden solle, Prinz August von Sachsen-Coburg- | Gotha mit Seiner Gemahlin, Jhrer Königlichen Hoheit der | Tochter weiland König Louis Phi- | Königliche Hoheit der Herzog | von Cambridge und Jhre Kaiserliche und Königliche Hoheit | die Herzogin von Edinburgh, Tochter Sr. Majestät des Kai- | sers aller Reußen, Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz |

daß also diese Grundsäße unter Mitwirkung des Reichstages festgestellt werden müßten. Die an und für fich wichtige Frage der Vertheilung der Zollverwaltungskosten trete zurü in einem Augenblicke, wo das ganze Zollsystem auf eine anvere Grund- lage gestellt werden solle. Gegenwärtig seien in Deutschland von 457 Waarenklassen, die das Zollregister nachweise, 192 zoll- pflihtig. Von 1028 Miltionen Mark Einfuhrwerthen zoll- pflihtiger Gegenstände würden 1877 107 Millionen Mark Zölle erhoben, also etwa 10 Proz. vom Werth. Man habe also in Deutschland nichts weniger als Freihandel. en größten Zollertrag brähten die Finanzzölle; Verzehrungsgegenstände, die meist Finanz- zólle seien, habe man 13s Zölle auf Fabrikate und Halb- fabrikate in Deutshland, w.lhe durhweg Schußzölle seien. Man habe also jetzt shon ein recht stattlihes Shut-

niederliegens der Erwerbsverhältnisse in dem angeblichen Frei- handel. Den Hauptgrund, «die Ueberprodukltion, den S{hwin-

niht. Man habe damals in vielen Jndustriezweigcn die An- lagen erweitert, weit über den inneren Bedarf hinaus. Wenn beispielsweise die Schienenwerke in Deutschland auf eine Pro- duktion von 12!/, Mill. Ctr. cingerihtet seien, man aber in

| Deutschland, selbst wenn jährlich 100 Meilen neucr Eisen-

bahnen gebaut würden, nur 41/2 Mill. Ctr. jährlich brauche, wo solle da die Prosperität dieser Jndustrie herkommen ? Heute redeten vielfach dieselben Leute von der Armseligkeit und der Konkurrenzunfähigkeit der deutschen Jndusirie, welche damals Gründungsprospekte unterschrieben hätten, in denen sie gerade

heit und die große Gesundheit der Industrie, versichert hätten.

wo damals am Meisten gegründet und geshwindelt worden sei.

das Eisen erstreckt habe, würde es unmöglich gewesen fein, daß der Schwindel und die Ueberspekulation eine so furchibare

1873 jei auf die Jnitiative des Reichskanzlers, und zwar in erster Reihe im Jnteresse der Landwirthschaft erfolgt. Nah Auf- hebung dieser Zölle sei die von den Gegnern prophezeite Ueber})chwemmung mit ausländischen Eisenwaaren nicht ein- getroffen, im Gegentheil, die Einfuhr habe abgenommen, die Ausfuhr habe zugenommen; im Jahre 1875 seien 6 Millionen Centner mehr ausgeführt, als eingeführt. Dicse 6 Millionen seien 1876 auf 8 Millionen gestiegen, und die Ausfuhr sei noch immer im Steigen. Die Landwirthschaft habe man jeßt fünsilih für den Schußzoll und für Viehzölle gewonnen. Dieselbe solle der Jndujtrie die Kastanien aus dem Feuer holen und Hand- und Spanndienste leisten, um für den Han- del mit dem Auslande überall Zollbarrieren zu errihten. Nichts stehe mehr -den Traditionen deutsher Zollpolitik entgegen, als eîn ¿ÆŒrnzoll; nur so lange noch fein Korn eingeführt sei, habê es ‘einen solhen gegeben. Als zuerst bei ungünstigen Ernten eine stärkere Korneinfuhr nothwendig geworden sei, habe man den Zoll derart suspendirt, daß von 1846—1857 nur von 71/2 Prozent des eingeführten Korns der Zoll erhoben sei. Schon 1857 sei der Zoll auf 6 herabgeseßt, weil die Einfuhr die Ausfuhr zu übersteigen be- gonnen habe. Heute glaube man an die Zollpolitik von 1864 anknüpfen zu müssen, wenn man einen Zoll von 20 bis 25 Pfennigen vorshlage. Jn den landwirthschaftlihen Vereinen agitirten die Landräthe für Kornzölle. Der Abg. von Kardorff habe sich um die Aufhebung der Mahï- und Sch(lachtsteuer sehr verdient gemacht und in einer bezüglihen Rede den König Friedri Il. citirt, der über beide Steuern sage, er werde sie nie einführen, sie vertheuerten den Armen das Leben und er der König sci der Anwalt der Armen. Und heute wolle der Abg. von Kardorff und seine Freunde Die Agitation für Kornzölle habe ein doppeltes Gesicht; einmal sollten dieselben das Getreide zwar nit vertheuern, und dann wieder werde auf die Vertheuerung das ent}prehende Gewicht gelegt. Beide Argumente aber in ein und derselben Rède zu ver- einigen, fei bisher nur dem Abg. von Kardorff gelungen. Es sei ein Faktum, daß die deutschen Landwirthe bei weitem nicht so viel Getreide bauen, als man zur Ernährung des Volkes brauche. Man sei ja gezwungen , Getreide außerhalb zu kaufen. Die Aecker könnten doch in Deutschland nicht im Verhältnisse des Bevölkerungszuwachses vermehrt werden, und dieselbe Be- völkerung erhebe {on bei steigender Kultur für die größere Viehzahl und Fleishnahrung größere Ansprüche an die land- wirthschaftlihe Produktion. Solle alles Korn, was man in Deutschland brauche, hier produzirt werden, dann dürfte man beispielsweise auch nicht 140 000 ha, auf denen 4 Millionen Centner Weizen wachsen könnten, mit Zuckerrüben, theilweise für das Ausland bepflanzen, oder Kartoffeln für die Ausfuhr in natürlicher Gestalt oder in Gestalt von Branntwein bauen. Gerade weil die Landwirthschaft einen fo großen Kreis der Bevölkerung umfaßse, lägen hier die Verhältnisse anders als sonst bei Schußzöllen. Die Landwirthe stellten auch die Mehrzahl der Konsumenten dar; ein Land- wirth, der nicht mehr Korn produzire, als cr fon- sumire, für den sei der Kornzoll überhaupt gleich- gültig. Nach einer Verechnung im westpreußishen Central- verein hätten nur 400 000 Besißer an der durch die Zölle

| erwarteten Erhöhung der Getreidepreise cin Jnteresse; die

übrigen Besißer bauten so wenig, daß sie selbst gezwungen wären, oft Saatgcetreide zu kaufen. Nur für Besißungen über 30 Morgen könne ein Kornzoll überhaupt Bedeutung haben. Nehme man 3. B. ein Gut von etwa 100 Morgen an; dies

| werde im Stande sein, circa 200 Ctr. Getreide zu verkaufe n

bei einem Zoll von 25 Z würde das also eine Einnahme von 50 M, bei 5 F 10 M sein. Könne man daher mit solhen Beträgen die Agitation, die erregt worden sei, recht- fertigen? Einen bleibenden Kornzoll fürchte er niht, wohl aber die bleibenden Nachtheile von der jeßigen Bewegung. Man erwecke Anjprüchhe und Vorstellungen von dem, was der Staat leisten solle, die kein Staat befriedigen könne. Habe man do von Frankrei gesagt, daß bei dem Glauben des franzöfishen Volkes an die Staatsvorsehung jede Regierung vor der Unzufriedenheit zittern müsse, welche der Opposition aus einer shlehten Ernte zuwachse. Desto schwächer sei ein Staat, je mehr Ansprüche er befriedigen solle. Die Geister, welhe man jeßt wachrufe, ließen sich nacher niht mit 25 H Z Zoll nah Hause

neben 56.

iden. Die Bewegung, welche jeßt in Stadt und Land ent- ehe, erscheine ihm äu bedenklich. Der Abg. Windthorst habe gerathen, die Frage ter Getreidezölle nicht eher zu er- örtern, als bis dem Hause bestimmte Vorlagen zugegangen wären. Nun, - er (Redner) verehre in diesem A den Meister parlamentarischen Takts, von dem er sehr viel in dieser Beziehung gelernt hade, und dieser Kampf sei ein neuer Kulturkampf, bei welchem er wie der Abg. Windthorst jede Gelegenheit für die Getreidezölle benuße, um auf die Gefahren, mit denen Deutschland die Suzzollpolitik bedrohe, hinzuweisen. Er sehe äußerst trübe in die Zukunft der inneren Entwicklung. Wenn man jemals erkennen sollte, daß die maßgebende Wirthschastspolitik sich zu einer Jnteressenpolitik des Groß- kapitals gestalte, möge es nun repräsentirt werden dur Großgrundbesißer, Großindustrielle oder große Forstbesißer, so würde die sozialistishe Agitation daraus eine Kraft ziehen, vor der alle Sozialistengeseze wie Zwirnfäden zerreißen müßten, eine Kraft, die die verderblihsten Einwirkungen auf die Gesammtentwickelung Deutschlands haben müsse. Der Abg. von Treitshke habe neulih gemeint, die heranziehende Reaktion sei nicht so \{limm, wie diejenige aus den 50er Jahren; er halte sie indeß für s{limmer. Er sei nit der Lobredner der Herren von Manteuffel und von Kleist:Reßow, ihre Politik habe Deutschland damals nah Innen und Außen geschädigt, do habe jenes Re- giment fich niemals an FInteressentenparteien gewandt und Jnteressenkämpfe herausgefordert. Es trenne die einzelnen Parteien hier sehr Vieles von einander, aber wenn die Bezeichnung „staatserhaltende Parteien“ mehr sein solle als ein Polizeibegriff, dann seien aus allen Parteien Diejeni- gen, welche von einem einheitlichen politishen Jnteresse erfüllt würden, verpflichtet zusammenzustehen und den Bestrebungen der Regierung auf die Vertheuerung unentbehrliher Nahrungs- mittel des Volkes überall entschiedenen und kräftizen Wider- stand entgegenzuseßen.

Der Abg. von Kardorff wandte sih gegen den Abg. Del- brück. Derselbe habe bei Gelegenheit der Vertheidigung der Handelspolitik, welche seit Abshluß des französishen Handels- vertrages gegolten habe, zu beweisen gesucht, daß der wirth- schaftlihe Wohlstand Deutschlands gestiegen sei und zwar durch die Vorführung der Statistik über die Einfuhr von Rohstoffen für die Textil-Jndustrie. Die Ziffern seien für die Baumwolle außerordentli glänzend; er (Redner) habe indeß schon damals angeführt, daß die Zahl der Spindeln in Deutschland durch die Annexion Eisaß-Lothringens fast ver- doppelt worden sei. Ein Argument habe der Abg. Delbrück anzuführen unterlassen: in der Periode von 1860—1864 sei die Einfuhr von Baumwolle allerdings gering gewesen, aber hauptsächlich deshalb, weil der amerifanishe Sezessions- krieg die Ausfuhr von Rohbaumwolle aus den Süd- staaten nicht gestattet habe. Wenn man deshalb diese Periode außer Betracht lassen wollte, würde vielleicht eher ein Rückgang als ein Fortschritt zu konstatiren sein. Wenn der gesteigerte Jmport an Wolle ebenfalls als ein Zeichen der Zunahme des Wohlstandes angeführt worden sei, so habe er Jchon damals auf die Abnahme der deutschen Schafzucht hingewiesen, die sich von 1860 64 bis 1873/77 von 33 auf 23 Millionen Schafe vermindert habe ; außerdem seien die Qualitäfen der Wolle geringere geworden; früher vererbte ein Paletot bis auf den Enkel, heute sei man froh, wenn er 1—2 Fahre halte. Diese Fabrikationsmethode, welche, wie Professor Reuleaur richtig sage, nur geringere Qualitäten an- fertige, führe einen ungeheuren Mehrverbrauch von Roh- material herbei und erkläre so den gesteigerten Import. Der Wollverbrauh habe 1860 betragen 222 Pfund, er sei bis 1867 auf 316 Pfund, bis 1877 bis auf 351 Pfund gestiegen, wie stelle sich aber der Wollverbrauch in anderen Staaten ? England habe 1860 860 Pfund, 1877 aber 1110 Pfund gebrauGt, in FrankreiGß und in den nordamerika- nishen Freistaaten steigerte fich der Verbrauch von 1860 bis 1877 von 300 auf 430 Pfund. Damit stehe die Steigerung in Deutschland in gar keinem Verhältniß. Er komme also zu dem Schlusse, daß s\ich der Abg. Delbrück in Bezug auf die Wirkung seines Systems einer verhängnißvollen Selbsttäushung hingegeben habe. Jeßt komme er zum Abg. Richter (Hagen). Er halte es nit für rihtig, Prinzipien- tragen, ‘wie Getreidezölle u. \. w , beim Etat in fo weitläufiger Weise zu erörtern, wie der Abg. Richter (Hagen) es gethan habe; das Haus werde bei der. Zolltarifdebatten, wenn be- stimmte Vorschläge gemacht . seien, dazu Gelegenheit haben. Wenn der Abg. Richter ihm vorgeworfen, er habe von den Grün- dungen und deren schädlihen Folgen nicht gesprochen, so habe er ihm nicht gut zugehört. Er habe ausdrüdlih gesagt, daß die Krisis in Amerika aus denselben Ursachen mit hervorgegangen sei, wie in Deutschland: Die Ursachen lägen im zu raschen Eisenbahnbau, in der übermäßigen Grün- dung von Eisenwerken und in der großen Belastung des Geld- marftes mit Lettres au porteur. Ferner habe der Abg. für Hagen gemeint, daß sich s{chon eine allgemeine Reaktion gegen das Projekt des Reichskanzlers fühlbar mache; er sei in industriellen Kreisen vielleicht besser bekannt wie der Vorredner, aber davon habe er-nihts bemerft ; im Gegentheii, das Projekt: des Reichskanzlers gewinne täglich an Anhängern. Die leßten Wahlen hätten dem Abg. Richter doch beweisen sollen, daß seine Chancen ab-, nicht zunehmen. Der Vorrcducr have dann Zwictracht zwischen JFndustrie und Landwirthschaft zu {äen ge- sucht, und man könne sih ja denken, daß es ihm angenehm wäre, wenn diese beiden Zwiiingsschwestern, die auf einander angewiesen seien, sich verfcindeten. Ferner habe ihm der Vorredner einen Wechsel seincr Anschauung nadchzu- weisen gesuht, indem cr mit Unreht auf seine Aeuße- rungen bei der Aufhebung der Mahl: und Schlattsteuer ver- wiesen habe. Wenn er der Ueberzeugung wäre, daß dem Volke die Nahrungsmittel vertheuert würden, ohne daß gleichzeitig ein ständiges Aequivalent geboten würde, so würde er niemals für einen folhen Zoll fein. Es werde aber dem Volke ein Aequivalent geboten in der Verstärkung der Nachfrage nah Arbcit. Grenzzölle vertheuerten die Nahrungsmittel nur, wenn das Land sie nicht produziren könne; das Land könne aber die Nahrungsmittel produziren, deshalb brauchen sie nicht vertheuert zu werden. Frage man die Landwirthe in allen Provinzen, fie würden sagen, daß dur die Anwendung der Agrikulturhemie nnd durch die Ausdehnung der Drainage, selbst wenn die Bevölkerung in der bisherigen rapiden Weise zunehmen sollte, das Land dieselbe noch lange Zeit crnähren könne. Wenn der Abg. Richter ferner beklage, daß so viele Aecker für Zurrüben- und Kartoffelbau benußt würden, so fordere er ihn auf, mit jedem intelligenten Landwirth zu sprechen ;- e- würde erfahren, daß die Brennereiwirthschaft und der Zucker- rübenbau dazu gedient haben, den Körnerertrag zu potenziren,

indem die ungeheuren, dur jene Wirthscaftsarten geschaffe- nen Düngermasjen die Möglichkeit eines intenfiven Betriebes sicherten. Zum ersten Male habe der Abg. Richter heute die Existenzberehtigung der Konservativen anerkannt, und dann auf die soziale Revolution hingewiesen, die aus den Kornzöllen entstehen würde. Was würden für Zustände entstehen, wenn die gegenwärtigen Nothstände bestehen blieben, ohne daß man

ihnen entgegenträte. Würde si dann nicht wiederholen, was mnn |

vor 100 Fahren in Frankreih erlebte? Die rothen Revo-

die Schußzollpolitik Collberts wieder herzustellen.

das importirte, um eben fo viel vertheuere.

richtig. Jn Nordamerika bestehe ein Zoll von 20 Cts, auf | die Gallone Petroleum; sei deshalb das Petroleum im Preise | Der Preis | lihem Maße.

gestiegen? Redner könne diese Frage verneinen. des Petroleums betrage überhaupt nur 3 bis 5 Cts. pro Gallone. Also stehe die Berehnung des Abg. Richter mit der Wirkiichkeit in Widerspruch.

Der Abg. Dr. Delbrück erwiderte, zunächst bleibe er bei seiner Behauptung, daß es unzweifelhaft ein Maßstab für das wirthschaftlihe Gedeihen eines Landes sei, wenn man die

Zunahme oder Abnahme des Verbrauhs an Rohstoffen in | In Deutschland habe sich | nun seit Anfang der sechsziger Jahre die Woll- und Baum- |! wollindustrie entschieden gehoben, denn es sei eine sehr erheb- |

den einzelnen Jahren vergleiche.

lihe Vermehrung des Woll- und Baumwollverbrauchs zu fonstatiren. Was zunächst die Baumwolle anlange, so habe

es im Jahre 1861 die Summe von 2 235 000 Spindeln in | Deutschland, im Jahre 1875 (ohne Elsaß-Lothringen) 2 721 000, | Diese Angaben |

also 486 000 oder 22 Prozent mehr gegeben. Ar berehtigten zu der Folgerung einer wesentlich gesteigerten Produktion und eines ebenso gesteigerten Verbxauches.

1/2, Pid. mehr oder weniger pro Schaf mache gleich einen be-

pro Schaf habe si die heimishe Produktion im Jahre 1864 | auf 664 430 Ctr., die Einfuhr auf 300 463 Ctr., der Gesammt- | verbrau also auf 964 893 Ctr. gestellt. Jm Jahre 1877 stellte sich | die heimishe Produktion auf 550 000 Ctr., die Einfuhr auf | 766 765 Cir., zusammen also wurden 1 316 765 Ctr. verbraucht, das bedeute eine Zunahme von 36 Proz.; also au hier | sih die Ver- | hältnisse ebenfalls in Bezug auf den Verbrauch von Wolle |

halte er feine Behauptung aufrecht, daß

weit günstiger als früher gestaltet hätten. Nun berufe \ich

der Abg. von Kardorff auf ein geflügeltes Wort des gewiß | ausgezeichneten Technikers und Kritikers, welher im Auftrage | Sicherlich wolle | aber Herr Reuleaux dieses Wort nicht auf alle Jndustrien | angewendet wissen, auf Wolle ganz bestimmt nicht, die Woll- |

der Regierung nach Philadelphia gegangen sei.

industrie nähme heute noch denselben eminenten Rang ein, wie vor 10 oder 15 Jahren. Die Zahlen, welche der Ab- geordnete für Dels von anderen Ländern genannt habe, könne er augenblucklih nit kontroliren. Ebenso wolle er au vor- läufig niht auf die Frage der Getreidezölle eingehen. Wenn aber der Hr. Abgeordnete behauptete, Deutshland sei sehr wohl im Stande, das Getreide, welches es brauche, selbst zu produziren, wenn es eben all seinen Getreideacker auch mit Getreide bepflanze, und wenn er dann in der That hoffe, daß der Getreidezoll die Wirkung haben werde, daß alles Aderland zum Getreidebau unter den Pflug komme, so folge do daraus mit mathematischer Gewißheit, daß er in Folge des Zolls bestimmt eine Vertheuerung des Getreides, dieses Nahrungsmittels des Volkes, erwarte. :

Der Abg. Sonnemann gab zu, daß die deutshe Baum-

wollenindustrie dur die Annektion Elsaß-Lothringens eine durch- |

greifende Veränderung erfahren habe, ob aber deshalb das ganze Handelssystem Deutschlands geändert werden jolle, sei ihm zweifelhaft, namentlich wenn man Frankreich mit seinem Schußtzollsystem ansehe. Jn England sei die Baumwollen- industrie ebenfalls zurückgegangen. Die deutshe Wollproduk- tion sei in keiner {lehten Lage, da wir 1878 104000 Ctr. eingeführt und 312 000 Ctr. ausgeführt hätten. Die Behaup- tung des Abg. von Kardorff, der französische Convent habe sich veranlaßt gesehen, den Zolltarif zu ändern, sei unrichtig. Nicht der Convent, jondern die französische Nationalversamm- lung habe 1791 die Erhöhung der Zölle eingeführt. Wenn Deutschland Eingangszölle auf Rohstoffe erhebe, wenn es seine Lebensmittel vertheuere, dann werde die deutsche Konkurrenz- fähigkeit mit anderen Ländern zurückgehen. Die Schugßzölle würden das Land in Geldverlegenheit bringen, es würde bald im Lande an zirkulirendem Metallgeld fehlen, und dann werde die Schußzollpartei zur Notenpresse greifen. Seit dem leßten Etat habe der Bundesrath zwei Enqueten über die Eisen- und die Textilindustrie veranstaltet. Hierzu sei der Bundesrath vollständig berehtigt, und das Haus selbst habe die Mittel dazu bewilligt. Ueber die Resultate der Enqueten sei bis heute noch nichts bekannt ; es werde ja sehr viel interessantes Material zu Tage gefördert sein; aber man vernehme doch nur die Jnteressenten ; die ein Gegeninteresse hätten, würden nit ver- nommen. Die Vernehmung der Jnteressenten, denen man vorher schon sage, ihre Jnteressen ständen \{hlecht der Vor- sibende der Eisenenquetc-Kommission habe ja seine Meinung schon fixirt lautete etwa so: Wollt ihr die Thür zugemacht, den. Schlüssel ein- oder zweimal herumgedreht oder noch einen Riegel vorgeschoben haben? Jn England und Frankreich hätten solhe Enqueten unter der Kontrole und Kritik der Oeffentlich- keit gestanden. Ferner habe man in Frankreih auch die Han- delskammern vernommen. Wie würde es mit dem aufge- häuften Material gehen? Wenn die Pause des Reichstages vorüber sein werde, würde man einige Bände von Berichten bekommen und es würde dann nicht mehr Zeit sein, sie zu fontroliren. Darauf hin solle dann ein Zolltarif aufgestellt werden. Ein solches Verfahren scheine ihm unangemessen. Es widerstrebe ihm absolut, auf ein solhes Enqueteverfahren hin neue Zölle zu bewilligen. Man sei nicht dabei geblieben, für dicse Jndustrie allein höhere Zölle zu verlangen, sondern seit dem Briefe des Reichskanzlers vom 15. Dezember sei man von dem System der Untersuhung zu dem der Nichtunter- suhung übergegangen. Eine eilig berufene Tarifkommission, in der si vielleiht ahtbare, aber volkswirthschaftlich jedenfalls niht bedeutende Herren befänden, solle die ganze O untersuchen, über die keine Enquete veranstaltet sei, und darauf hin eine Tarifvorlage mahen. Ein solches E müsse im Publikum den Glauben erwecken, daß der leßte

| geringen Konkurrenzfähigkeit Deutschlands spreche.

| schädlichen Einfluß.

Schachzug in der Zollfrage nur den Zweck haben solle, eine

| Majorität zu bilden, damit die gehörige Summe indirekter Steuern bewilligt werde. Gegen dieses System der Festsezung | | von Zöllen ohne gehörige Untersuchung der betreffenden Jn- | | dusirien hätten sih 48 deutshe Handelskammern entschieden | | verwahrt, und vollständig mit-Reht. Jm Namen der großen | | deutshen Handelsstadt, die er vertrete, könne er erflären, | daß man dort ohne Parteiunterschied einstimmig dieses Verfahren i | auf das Entschiedenste verurtheile, und in den industriellen | lutionäre Marat und Robespierre seien R Zrwalen, | er Abg. Richter habe ferner eine Berehnung aufgemaht, wonach ein |! Zoll von 25 S auf Getreide das ganze Getreide, nit blos | Das sei niht | D

Kreisen der Umgebung seines Wahlkreises sei man derselben Meinung.

Diejes System würde dazu führen, eine Menge bereits be- stehender Fndustrien vollständig zu ruiniren. öffnete Zollkrieg leite die Nation und die Regierungen von dem richtigen Wege ab und verwirre die Geister in unglaub-

nicht gehe, könne man es umgekehrt machen. Man schade schon sehr viel dadur, daß man immer von der

Es sei höchst carakteristish, daß wenige Monate nah dem Sozialisten-

geses von dem obersten Beamten des Landes eine Bewegung | ausgehe, die eine ähnlihe Richtung verfolge. Wäre er (Redner) | wirklich ein Feind des Vaterlandes, so müßte er si eigentlich | c ei 5 5 V Tro . Toft A of or N | | C tg D n L L E dehalb protestire e degenr Vie ere Jul uet Lebe rieté | Motivirung der über erlin verhängten Mabregeln, aus de:

G | E geride Bericht enthalte keine erheblihen Thatsachen zur L A . ex | Begründung derselben. ; Der Abg. Richter (Meißen) bemerkte, wenn die deutshe | 7/58 g E

der Regierung.

Landwirthschaft an Stelle des Rüben- und Kartoffelbaues Ge- treidebau seßen wolite, so würde dieselbe, namentli in den

4 Á - | ôstlihen Provinzen, deren Kultur dur Brennereien sehr ge- Was die Wolle anlange, so sei zunächst zu berücksichtigen, daß | in cinem Lande, welches selbft viel Wolle produzire, der Ver- | brauch nicht genau zu fixiren sei. Die Landwirthe in Deutsch- | land_ rechneten im Durchschnitt auf das Schaf 21/2 Pfd. | Jn Oesterreich und Frankreih sei es vielleiht anders, und | G i ve- | [aß gebe, so müsse es die Kosten des Krieges tragen. Die deutenden Unterschied. Nach dieser Annalme von 21/, Pfd. |

wonnen habe, {wer geschädigt werden. Man brauche für den Export von Sprit und Zucker aber den auswärtigen Markt; deshalb dürfe man sih nicht in einen Zollkrieg einlassen. Man müsse vielmehr in den Zöllen einen Mittelweg einschlagen ; denn wenn Deutschland andern Ländern zu Repressalien An-

rcihen. Für die Berehnung der nothwendigen Höhe des Schußzolles habe ‘man verschiedene Methoden vorgeschlagen.

ferner feststellen, wie viel ein jeder Gegenstand im Auslande da,

im Jnlande betcügen und die Differenz dieser Summen als Zoll erheben. Auf die Landwirthschaft angewendet, würde dieses System zu Zöllen führen, die Ni-mand in diesem Hause billigen würde. V

sih nun eine große Erhöhung der inländischen Getreidepreise

so werde der ausländishe Produzent auch noch die Ueber- gangsabgabe tragen müssen, der inländische Preis aiso nicht steigen; wenn aber im Fnlande “in Folge shle{hter Ernten die Nachfrage nah Getreide sehr stark sein werde, dann werde Deutschland den Zoll selbst bezahlen, und dann werde man sofort hier die Abschaffung dieser Zölle Vom Getreidezoll werde der \ viel baue, wie er braute, niht berührt; ebenjo habe der Zoll auf das zur Saat nöthige, also jedes siebente Korn keinen, oder so weit er ausländishe und un- entbehrlihe Sämereien betreffe, einen der Landwirthschaft

sumenten hätten. Glaube nun Jemand, daß der Bauer,

stehenden Zoll von 5 F vertheuert würde? Auf Kleider

habe man einen Zoll von 90

sondern hier anfertigen lasse. schaft ein Zoll von 25 S Z nügen, r treide nah Berlin um 27 H billiger gefahren di als deutshes? Die Beseitigung der Differentialtarife

sei der Landwirthschaft also nöthiger, als Schußzölle. Die | E S ) nter wt L Präsident Tisza und der Minister des Jnnern, Baron von | Wenckheim, befanden, nah Szegedin abgereist.

von ter Zolltariffommission in Aussiht genommenen Säße aber seien einem intensiveren Betrieb der Landwirthschaft

geradezu hinderlich, da sie veredelte Produkte und Rohprodukte, | fettes und mageres Vieh in gleiher Höhe besteuerten, wäh- | rend doch mageres Vieh so niedrig wie mögli, fettes Vieh |

aber möglichst hoh besteuert werden müßte. Er fände also weder die auf Schußzölle für die Landwirthschaft geseßten Hoffnungen, noch andererseits die gegen diese Zölle gehegten Befürchtungen gerechtfertigt, und empfehle deshalb, nah beiden Richtungen hin \ih zu mäßigen.

Der Abg. von Unruh (Magdeburg) wandte sih gegen die Ausführungen des Abg. von Kardorff. Er bestreite zunächst die Richtigkeit der Behauptung, daß der Rückgang der deutschen Industrie von der mit dem Jahre 1865 inaugurirten Zoll- politik datire, durh die Bemerkung, daß die Thatsache der Schwindelperiode deutli für das Aufblühen der Jndustrie in den Jahren 1865 bis 1871 sprehe. Wo solle die von dem Abg. von Kardorff gewünschte größere Nachfrage nach Arbeit herkommen?# Wenn man keinen Export und feine mit dem Auslande fkonkurrirenden Fndustrie- zweige gehabt hätte, so würde eine Absperrung der Grenzen durch Zölle die Nachfrage nah Arbeit nicht haben heben fönnen. ' Thatsählih fei aber dieser Export und diese Konkurrenz vorhanden. Ein neuer Schußzoll könne nur die Folge haben, die Waare wie den Rohstoff zu vertheuern, und dadurch verhindere derselbe den Export. Wenn das Haus aber die deutshe Exportindustrie lahm legte, odcr gar todt machte, so würde damit eher erreicht werden, daß die Arbeit billiger, als daß sie theurer würde. Der größte Scha- den werde der Jndustrie durch die unaufhörlihe Beunruhi-

ung zugefügt, in welche bald dieser, bald jener Zweig der- ct E werde. Hierauf vertagte sih das Haus um 4! 9 T.

In der heutigen (21.)Sißung dcs Reichstages, welcher der Präsident des Reichskanzler-Amts Staats-Minister

l Nur eine vollständige Verkennung der ganzen | heutigen Verkehrsverhältni}se fónne darauf kommen, dur Er- | höhung der Schußzölle der nothleidenden Jndustrie aufzuhelfen. |!

Der jett er- |

Hr. von Kardorff habe gesagt, wenn die Sache | Dann verstehe | | er das Wesen der Jndustrie nicht; habe diese einmal einen | Markt verloren, dann gewinne sie ihn nicht so {nell wieder. |!

| demotratischen | ge}ebes gegen sie sei namentlich in Berlin eine musterhafte ge- | wesen. Der Redner führte sodann verschiedene Tl | Fllustration an,

beantragen. |

fleine Landwirth, der so | unte! : 1 | stande, welche in die gedruckte Rangliste aufgenommen werden,

| in Fortfall kommt, und daß die Personalbogen für die

Ebenso wenig berühre der Zoll die Land- | wirthe, die in ihrer Nähe eine dichte Bevölkerung als Kon- |

| Hofmann und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundes- rath und Kommissarien desselben beiwohnten, trat das Haus in die Berathung der Darstellung der Anordnun- gen, welhe von der Königlich preußischen Staatsregierung mit Genehmigung des Bundesraths zufolge der Bestimmung | in §. W8 Abs. 2 des Geseßes gegen die gemeingefähr- | lihen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 getroffen worden sind.

Zunächst erstattete der Abg. Melbeck einen mündlichen Bericht der Petitions-Kommission über Petitionen be- treffend die Wiederaufhebung des auf Grund des 8. 8 des Gceseßes vom 21. Oktober 1878 über Berlin und Umgegend verfügten Belagerungszustandes. Der Referent befürwortete den Antrag der Kommission, welcher lautet:

„Der Reichstag wolle beschließ:n: die Petitionen: des Ver- sicherungéinspektors Karl Schramm, gegenwärtig zu Hottingen- Zürich, des Schankwirths Julius Hahn, des Maurerpoliers Wil- belm Koerner, desselben und G:noffen, des Schuhmabers Karl Woelkly aus Berlin, gege2wärtig zu Hamburg —, des Restaurateurs Karl Graßnick aus Weißensce, der Ehefrau des RMestaurateurs Karl Graßnick, Amalie, geb. Kulmick, zu Weißensee, insoweit sie sich auf die Wiederauf- h-:bung des auf Grund des §. 28 des Gesetzes vom 21. Oktober 1878

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verfügten Belagerungszustand:8 beziehen, dur die Plenarberathung iber den Necbenscbaftsberiht für e ledixt 31 SEN s Lea E uber den ? ed en]@a tóveriMt fur er edtgt zu ertiaren, inlowett ne aber, unabhängig hiervon, sih auf di: Wiederaufhebung der ver- fügten Ausweisung der Petenten bezieten, wegen nicht innegehalte- nen Instanzenzugcs über dieselben zur Tagesordnung überzugehen.“ Tp Nh Liebt e) P Él 5 5 ie oine nügon! ¿T 3. ÆZtebvtneqt er arte, er vermite eine genugende

Was darin enthalten iei, sei ent- beruhe auf mangelhafter Jnfor- Reichsregierung. Die Haltung der jozial- Partei nach Erlaß eines Ausnahme-

weder irrelevant - oder mation der

jatsachen zur

wie der Belagerungszustand in Berlin ge-

handhabt werde. Er wurde im Verlauf feiner Rede zweimal

| vom Präsidenten zur Sache gerufen. Derselbe drohte ihm au | shließlih an, wegen des materiellen Jnhalts seiner Rede den Ds S UE S N : : i L | Antrag beim Hause auf Entziehung des Wortes zu stellen.

deutshe Landwirthschaft bedürfe allerdings eines intensiveren | s x E E Sto Betriebes, aber dur Getreidezölle könne man dies nicht er- | Graf zu Eulenburg stellte zunächst die geseßlihe Grundlage | kiar, auf welcher die Regierung diese Maßregeln angeordnet i S E : Dae. GT Man wolle tie Gegenstände im Verhältniß des Maßes von Arbeits- | m auf die kraft, welches ein jeder erfordere, besteuern. Aber dabei würde | hängten O Js : 5 C 54 : s C; : A H j ; fs Q g S o ë S 0 s » o dieQualifikation der Arbeit nicht berücksichtigt werden. Man wolle | Sozialdemokratie erwiesen, daß die Frage aufgeworfen sei, aa âgt Bn E | ob es niht zu empfehlen sei, von dem 8. wo er am billigsten sei, koste, sodann berechnen, wieviel die Her- | s Hey Ó 7

î o Cts A Tos ; ; 5 5 o nte ! P ° . A e | stellungsfosten eins{ließlih eines kleinen Unternehmerprofits | geses habe einen prophylaktishen Charakter, man könne es

| niht erst wenden, . we! : : | verleßungen fonsftatirt seien ; dazu hätten die gemeinen Straf- j L H hs Oroifs norm Er, | geseße genügt. Das thatsächhlihe Material des Berichts habe iele landwirthschaftliche Kreise versprähen | nicht in Abrede gestellt werden können. : L it pte e | noch eine Reihe von Thatsachen an, welche den Bericht er- e ches Getre Vas 1 e J Ne E S von EUET AELerga In auf ies SELODE ‘Ge | gänzen. Nach dcm Schluß der Diskussion wurde der Antrag jei nicht richtig. Sobald die Preise des ausländischen Ge- | der Petitionskommijsion angenommen,

treides in Folge dortiger guter Ernten sehr niedrig ständen, | Präsident, daß der Reichstag von der Darlegung dcr Re-

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath Staats-Minister

wies auf die exceptionelle Lage Berlins in ; jozialistishe Gefahr hin. Die ver- Maßregeln hätten \ih so wohlthätig gegen die E : 1 28 des Sozialisten- ge}eßes auch anderswo Gebrauch zu machen. Das Sozialisten- hon offenbare Geseßes-

anwenden, _ wenn

Der Minister führte

und Tkonstatirte der

gierung Kenntniß genommen habe. Darauf fette bei dem Schluße des Blattes das Haus die zweite Berathung des Etats fort.

Dur eine Allerhöchste Ordre vom 13. d. M. ist be- stimmt worden, daß die Führung von Personalbogen für diejenigen Beamten der Militärverwaltung vom Friedens-

Offiziere, Sanitäts-Offiziere und Militärbeamten des

| Beurlaubtenstandes fortan nur den Zwecken der Kontrole zu

dienen haben. Selbst wenn bei ciner strafgerihtlihen Verhandlung

A N Z i S | (vor den Geschworenen oder der Gerichtsabtheilung) durch Be- welcher in Thüringen seine Butter zu Markte bringe, fie um | einen Pfennig theurer verkaufen würde, weil ein Zoll von 4 A darauf eingeführt sei, oder daß der Käse durch den be- |

{luß des Gerichts die Deffentlichkeit des Verfahrens ausge]hlojjen wird, so hat, nah einem Erkenntniß des Ob er- Tribunals vom 20. Februar 1879, der Angeklagte kein

| Necht über eine etwaige Verlegung dieses Beschlusses ih zu Le bigahle aber deghalb | Recht über eine etwaige Verlegung Bes ) niht einen Rock hier diesem Zollsaß entsprehend theurer, | wenn er ihn sich nämlich niht aus dem Auslande \chicken, | Was solle der Landwirth- | wenn russishes Ge- | werde |

beschweren.

Aus dem Wolffshen Telegraphen-Bureau.

Wien, Montag, 17. März. Der Kaiser ist gestern 8'/, Uhr Abends mit G:-folge, unter welhem sih der Minist:-

Nach den leßten von der „Neuen freien Presse“ veröffentlihten Be- rihten aus Szegedin sind daselbst von den vorhandenen 10 000 Baulichkeiten bisher 8200, darunter ungefähr 4800 Wohnhäuser, eingestürzt und, soweit bekannt, 1900 Menschen ums Leben gekommen. :

Pest, Montag, 17. März. Die Rettungsmaßregeln in den von der Uebershwemmung bedrängten Gegenden werden energish fortgeseßt; die Theiß ist um 30 cm gesunken und auh der Wasserstand in den Nebenflüssen ist im Abnehmen begriffen. Die beschädigten Dämme bei Cfongrad sind wieder hergestellt; man hofft, bei unausgeseßter Thätigkeit von 1500 Mann auch die Dämme bei Szentes zu erhaiten.

Konstantinopel, Montag, 17. März. Aus Philippopel wird gemeldct, daß der Finanzdirektor Schmidt in Begleitung des französishen Kommissärs Coutouly vorgestern von dort abgereist ist, um den Bezirk Slivno zu inspiziren. Der General Stolipini hatte sih schon früher dorthin begeben, um Unruhen zu verhüten.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage. )Z

Nr. 11 des „Central - Blatts für das Deutsche Rei ch“, herausgegeben im Reichskanzler-Amt, hat folzenden In- halt: Allgemeine Verwaltuagssachen: Zweites Verzeichniß der auf Grund des Geseßes gegen die gemeingefährlihen Bestrebungen der Sozialdemokratie ergangenen Verbote von Vereinen und Druck- schriften ; Verbot ausländisher Druckschriften; Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. Marine und Swiffahrt: Ab- änderung des Verzeichnisses der Kommissionen für die Prüfung der Seesteuerleute und der Seeschiffer ; Ertheilung vcn Flaggenattesten ; Beginn einer Seesteuermanns- und Seeschifferprüfung. Zoll- und Steuerwesen: Nachweisung der Einnahme an Wechsel stempel- steuer in den Monaten April 1878 bis Februar 1879. Münz- und Bankwesen: U bersiht über die Ausprägung von Reichs - Gold-