1879 / 77 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 31 Mar 1879 18:00:01 GMT) scan diff

dem Abg. Reichensperger (Olpe) vorgelegten Geseßent- WwUrfs, betreffend den Zinsfuß und die Wechselfähig- keit, und des von den Abgg. von Kleist-Reßow, von Flott- well und Frhr. von Marschall vorgelegten Geseßentwurfs, den Wucher betreffend. : /

Zunächst motivirte der Abg. Reichensperger (Olpe) seinen Antrag mit dem Hinweis ut die wirthschastlih verderbliche und demoralisirende Wirkung des Wuchers, wie er jeßt noto- rish herrsche, auf weite Schichten der Bevölkerung. Der Redner hob hervor, daß in den meisten Kulturstaaten die Geseßgebung dieses Uebel einzuschränken versucht habe, und führte aus, daß die von ihm vorgeschlagenen Bestimmungen die freie Be- wegung des gesunden Verkehrs durhaus nicht hemmten. Die Wucherfreiheit sei keineswegs ein Erforderniß der modernen Kultur. Beim Schlusse des Blattes dauerte der Vortrag des Redners fort.

Die Königliche Akademie der Wissenschaften hielt am 27. d. M .eine öffentlihe Sißung zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers und Königs, welcher als Vertreter des vorgeordneten Ministeriums der Unter-Saatssekretär Sydow beiwohnte. Der vorsißende Se- kretar, Herrn Auwers, hielt die Festrede, in welcher er der von regierenden Herrschern durch eigene Mitarbeit bei astro- nomischer Forshung um diese Wissenschaft erworbenen Ver- dienste gedachte. Alsdann trug der Sekretar der philosophish- historischen Klasse, Herr Curtius, den Bericht über die größeren wissenschaftlichen Unternehmungen dieser Klasse für das ab- gelaufene Jahr vor, in welhem von der Weiterführung der Sammlung der lateinischen und der griechishen Jnschriften, den Vorarbeiten zu einer Herausgabe der griehishen Kommen- tatoren des Aristoteles, den Arbeiten des mit der Akademie verbundenen Kaiserlihen Archäologischen Instituts und der begonnenen Herausgabe der politishen Korrespondenz Königs Friedrihs des Großen Rechenschaft gelegt wurde.

Die Königliche Akademie der \chönen Künste zu Mailand ladet durch Bekanntmachung vom 12. Februar d. Js. die Architekten und die der Baukunst sich widmenden jungen Leute zur Bewerbung um den Preis Vittadini ein. Der Gegenstand isst die Vollendung der Südseite des Domplaßes mit Jnbegriff der Fronte des Palazzo di Corte. Dem Bewerber wird völlige Freiheit der Behandlung des Entwurfs nach seiner Ansicht unter der Be- dingung gelassen, daß cr die Ausshmückung der drei Je

onten des gedachten Palastes gegen den kleinen Plaß nicht abändert, und dessen westlichen Flügel niht weiter als bis 25 m, von der Ecke der gegenwärtigen Front ab ge- rehnet, beshädigt. Jn Betreff der Grundrisse und der Pro- file des Palazzo Reale sche man das Werk: Fabbriche cospicue di Milano von Ferdinando Cassina.

Die Pläne für das Ganze müssen mindestens im Maß- stabe von 1 : 100, die Frontansiht mindestens in demjenigen von 1 : 50 sein.

Der Preis beträgt 1000 Lire.

1) Die Entwürfe sind nit später als am 15. Juli 1879, Nachmittags 4 Uhr, an den ökonomischen Jnspektor der Königlichen Akademie einzureihen. Diese übernimmt nicht deren Abholung von den Postämtern. Die nicht rechtzeitig mannes Entwürfe werden niht zur Bewerbung zuge- assen.

2) Jedem Entwurfe ist ein versiegeltes Schreiben beizugeben, Aife außerhalb eine der Aufschrift der Zeihnungen gleiche Aufschrift trägt, und innerhalb den Namen des Verfassers und die genaue Angabe seines Aufenthalts.

3) Die Entscheidung wird von einer außerordentlichen Kommission mittelst auf Gründe gestüßten und unterschriebenen Gutachtens getroffen, welhes dann der endgültigen Ge- nehmigung des akademischen Raths unterbreitet wird. Vor der Entscheidung bleiben die Entwürfe dem Publikum einige Tage ausgestellt, nah der endgültigen Entscheidung trägt der gekrönte Entwurf die Aufschrift: Premio al concorso per legato dell’ ingegnere architetto Innocente Vittadini (Preis für die Bewerbung um das Vermähtniß des Architckten Innocente Vittadini), und bleibt während der öffentlichen Schaustellung der {hönen Künste im Herbste ausgeitellt.

4) Die nicht gekrönten Bewerber können nah vorange- gangenem Uebereinkommen mit der Präsidentschaft ihren eigenen Namen auf ihre Entwürfe während der auf die Ent- scheidung folgenden Ausstellung seßen; sie müssen dann ihre Arbeiten binnen sechs Monaten nah der Verkündigung der Entscheidung zurücknehmen, weil die Akademie niht länger für deren Aufbewahrung bürgt.

5) Der gekrönte Entwurf bleibt Eigenthum der Akademie, welche denselben ohne Einwilligung des Verfassers nicht an die Stadt oder den Staats\schaß abtreten kann.

In den deutshen Münzstätten sind bis zum 22. März 1879 geprägt worden, an Goldmünzen: 1 255 504580 # Doppelfronen , 405 178 270 #4 Kronen, 27 969 145 M Halbe Kronen , hiervon auf Privatrehnung 369 333 790 (E Vorher waren geprägt: 1254813 480 #4 Doppelkronen, 405 290 370 4 Kronen, 27 969 925 # Halbe Kronen, hiervon auf Privatrehnung 368 460 010 M Summa 1 688 651 995

Eine Person, welche, ohne zur Ausübung der ärzt- lichen Praxis approbirt zu sein, sich die Bezeihnung „Natur- arzt“ beilegt, ist, nach einem Erkenntniß des Obe r-Tribu- nals vom 5. März 1879, wegen Gewerbekontravention aus §. 147 der Reichs-Gewerbe-Ordnung zu bestrafen. „Die Auf- zählung der verschiedenen Kategorien von Aerzten im 8. 29 der Gewerbe-Orduung ist, wie die Hinzufügung der Worte „Oder mit gleihbedeutenden Titeln“ ergiebt, nicht limitativ aufzufassen, und daß die Bezeihnung als „Naturarzt“ für thatsächlich geeignet erachtet werden kann, den Glauben zu er- wecken, daß der den Titel Gebrauchende eine geprüfte Medi- zinalperson sei, ist von dem Königlichen Ober-Tribunal bereits wiederholt nachgewiesen worden.“

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich säh- fische Staats-Minister der Finanzen, Freiherr von Könnerißt, ist hier eingetroffen; der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich württembergische Wirkliche Geheime Kriegsrath von Horion ist von hier nah Stuttgart wieder abgereist.

Aus dem Wolffshen Telegraphen-Bureau.

St. Petersburg, Montag, 31. März. Am Kaiserlichen Zofe ist anläßlih des Ablebens des Prinzen Waldemar von reußen eine viertägige Hoftrauer angelegt worden.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlihung:n des Kaiserlichen Gesund- beitsamts find in der 12, Jahreswohe von je 1000 2:c- wohnern, auf den Jahresdur{s{nitt berechnet, als geftorben emeldet: in Berlin 27,0, in Breslau 30,6, in Königsberg 30,2, in Cöln 31,5, in Franffurt a. M. 30,2, in Hannover 24,0, in Caffel 24 8, in Magdeburg 29,8, in Stettin 30,7, in Altona 18,7, in Straß- burg 42,2, in Münten 39,3, in Nürnberg 29,3, in Augsburg 26,9, in Dresden 23,0, Os 23,2, in Stuttgart 25,2, in Braun Hweig —, in Karlsruhe 20,8, in Hamburg 22,9, in Wien 35,8, in Buda- pest 44,5, in Prag 39,5, in Triest 40,2, in Basel 22,7, in Brüssel 32,8, n Paris 29,0, in Amsterdam 28,4, in Kopenhagen 22,4, in Stockholm 18,7, in Christiania 23,9, tin St. Petersburg 48,3, in Warschau 22,9, in Odessa 34,8, in Bukarest 40,3, in Rom 28,0, in Turin 26,8, in Athen —, in Lifsabon —, in London 30,0, in Glasgow 25,4, in Liverpool 28,2, in Dublin 33,8, in Edinburgh 15,4, in Lte ypten) 37,3. Ferner aus früheren Wochen : in New- Bork 22,8, in Philadelphia 17,8, in Boston —, in Chicago —, in San Franzisko 16,6, in Calcutta 31,5, in Bombay 39,9, in Madras 31,6, y

Beim Beginn der Berichtswoche herrshten an den meisten deutschen Beobachtungsstationen \üdlihe Luftströmungen, die bald in westlihe, in Berlin in nordwestlihe übergingen. Der Wind ging am 18. in München, Mtigrütladt, Bremen und Cöln, an den anderen Stationen am 19. nach Oft und blieb in dieser Wind- rihtung bis zum Schluß der Woche. Die Temperatur der Luft war in den südteutshen Stationen und in Cöln eine höhere, an den nord- und mitteldeutschen sank sie erheblich unter das Monats- mittel. Niederschläge waren selten. Der Gang des Luftdrues, in den ersten Tagen steigend, sank vom 18. ab und zeigte mit geringen Schwankungen bis zum Wochensclufse finkende Tendenz. 5

Im Vergleich zur Vorwoche erscheinen die Sterblichkeit8verhält- nisse der meisten größeren Städte nicht günstiger. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutshen Städte stieg auf 27,9 von 27,2 der vorhergegangenen Woche (auf 1000 Bewohner und aufs Jahr berechnet) und weist eine geringe Steigerung der Sterblichkeit des Säuglingsalters nah, so daß von 10 000 Lebenden 87,4 Kinder unter 1 Jahr (aufs Jahr berechnet) starben gegen 86,0 der Vorwoche. Die Sterblichkeit der höheren Altersklafsen (über 69 Iahr) hat ein wenig abgenommen.

Unter den Todesursachen hat von den Infektionskran7heiten nur das Scharlachfieber wieder größere Ausdehnung gewonnen, nament- lich in Ratibor, Essen, Straßburg. Masera wurden im Allgemeinen seltener, nur in Straßburg, Posen, Pest häufiger. Diphtherische Affektionen erfuhren allgemein einen erhebliheren Nachlaß, nur in Königsberg, Straßburg, Wien, Pest, Paris traten sie mit größerer Heftigkeit auf. odesfälle an Unterleibstyphus wurden in den meisten Städten seltener, auhß die Flecktyphusepidemie in Berlin und Breélau ift in entschiedenem Rückgange. Die Zahl der N:u- erkrankungen sank in Berlin auf 21 (von 57), in Breëlau auf 7 (von 9). Todesfälle daran werden aus Berlin 13, aus Bres- lau 3, aus London 3, aus Wien und Alexandrien je 1, aus St. Petersburg 11 gemeldet. Das Rüfallsfieber forderte in Breslau 4 Opfer, doch ist au hier die Zahl der Neuerkrankungen kleiner geworden. Jn London herrs{cht der Keuchhusten in hohem Grade, auch akute Entzündungen der Athmungsorgane rafen viele Opfer weg. Darmfkatarrhe der Kinder erfuhren nur in München eine nam- haste Steigerung. Den Podcken erlagen in London, Pest, Paris je 15 Personen, in Dublin 14, in Wien 10, in Barcelona 10, in St. Petersburg 49; in Genf, Prag, Warschau kamen nur vereinzelte Todesfälle daran vor.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Aus der Pfalz wird der „AUg. Ztg.“ unter dem 24. März geshrieben: Die Stadt Frankenthal besitzt aus der Zeit des leßten Kurfürsten der Pfälz zwei Thore, welche, eine Zierde der Stadt, neuerdings und nicht das erste Mal Gefahr liefen, modernen Neuerungen zum Opfer zu fallen. Wie wir hören, hat die Einwohnerschaft eine Petition an die Königliche Regierung aus- gefertigt, gs der um Erhaltung der beiden historishen Denkmale ge-

eten wird.

Das soeben ausgegebene Dezemberheft der Monats-

berihte der Königlih preußishen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (Berlin, in Kommission in Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Harrwiß und Goßmann) hat fol- genden Inhalt: Conze, über eine Gestalt auf griechischen Votivreliefs. Moser, Methode und Apparat zur Bestimmung geringer Dampf- spannungen. Gesammtsißung am 12. Dezember. Gesammtsitzung am 19. Dezember. Sitzung der philofophisch-historishen Klasse am 9. Dezember. Anzeige der Wahl von au8wärtigen Mitgliedern. Anzeige der Wahl eines Korrespondenten. Eingegangene Büther. Namenregister zum Jahrgang 1878. Sachregister.

Die sranzösische Akademie der Wissenschaften hat dem Genfer Alerander Agassiz, Professor an der Universität Cambridge (Nordamerika), einem Sohne des berühmten Zoologen, für scine Untersubungen über die Embryologie der Echinodermen und der Fische den dreijährigen Preis Serres im Betrage von 7000 Fr. zuerkannt.

Gewerbe und Handel.

Die „Zeitshrift für Gewerbe, Handel u. Volksw.“ (Beuthen O. S.) veröffentlicht die Statistik des Kohlenbergbaues im Dex - De rgum LLALLTLE Breslau für das Jahr 1878 Jas es: amtlihen Mittheilung des Königlichen Ober-Bergamts zu

reslau.

Das leßte Quartal des Jahres 1878 brachte da1ach dem \hle- sishen Steinkohlenbergbau durch den gewöhnlichen Bedarf des Win- ters etwas Leben, so daß die Gesammtförderung desselben im Laufe des Jahres 207 634 168 Ctr. erreihte und die des Vorjahres um 5 262 865 Ctr. oder 2,6% übertraf, ohne jedo die 1876 mit 2E 596 Ctr. gehabte, bisherige größte Jahresproduktion zu erreichen.

Die Steigerung kam hauptsächlich auf Niedershlesien, wo die- selbe gegen das Vorjahr 3 451 225 Ctr. oder 8,6 °/9 betrug, wo aber auch die Férderung gegen das dort im Jahre 1874 erzielte günstige Ergebniß am stärksten zurü&#gegangen war und hiergegen im Jahre 1878 immerhin roch um 3 441 975 Ctr. oder 7,3 %/9 zurüdblieb.

Die verhältnißmäßig geringe Zunahme in Oberschlesien um 1 811 640 Ctr. oder 1,10% gegen das Vorjahr kam etwa nur zu einem Drittel der Vermehrung des Absatzes zu statten, indem bei dem niedrigen Preisftande große Mengen Staubkohle als unverkäuflich weggeraE werden mußten und so verloren gingen.

Die Nachfrage war im 4. Quartale des Jahres besonders leb- haft, so daß am Jahres\{lusse ein ungewöhnlich niedriger Kohlen- bestand, 2 943255 Ctr. auf den Halden der \{lesishen Steinkohlen- gruben verblieb. (Am Schlusse der Jahre 1877, 76, 75, 74 betrug der Bestand beziehungêweise 4650 260, 4872 549, 3557037 und 6 693 691 Ctr.) Dabei herrschte jedoch eine so krankhafte Empfindlich. keit des Marktes, daß einige Tage Thauwetter im Dezember ge- nügten, um die über spanntesten Anforderungen an die Leistung der Gruben mit einer empfindlihen Stockung der Bestellungen wechseln zu laffen.

Der Absaÿ an Steinkohlen durch Verkauf erreihte im 4. Quar- tale mehr als 54,5 Mill. Ctr. und überstieg den des Es Zeit- raum des Vorjahres um fast 2 Mill. Ctr., den des 3., 2. und 1. Quartals 1878 beziehungsweise um 7è, 14 und 84 Mill. Ctc. Die Schwankung war also ungewöhnli groß. :

Die Preise zogen namentli auf den Waldenburger Gruben durch das Wintergeshäft im 4, Quartal zwar etwas an, geriethen aber gegen Jahres\{luß unter den bezeichneten Umständen wieder in die weihende Richtung. Der Durhschnittserlös für den Centner verkaufter Steinkohle, welcher im 3. Quartal das Minimum von 225 A erreiht hatte, hob sich im 4. Quartale auf 22,8 K und stellte fih für das Jahr 1878 auf 22,3 gegén beziehungsweise

25,5, 28,9 und 32,4 in den Jah-:en 1877, 76 und 75. Derselbe fiel also noch unter den Mittelpreis des Jahres 1868 mit 23,1 4 und näherte sih dem 1864 gehabten Minimalstande von 20 „s.

Nah den wegen der späteren Verschiebungen bei dem Trans- porte unsicheren Notirungen der Grubenverroaltungen gingen 158 Millionen Ctr. (1274 von Oberschlesien, 304 von Niederschlesien) an inländisde Abnehmer u. z. 125 an eigene und fremde Kokereien, 204 an Eisenhütten, 109} an andere Abnehmer. Hierbei erfuhr Oberschlesien gegen 1877 eine Einbuße um fast 1 Million Ctr., während Niederschlesien \sich in gleiher Höhe behauptete. Die Aus- fuhr nah dem Auslande betrug 30 Millionen Ctr. (25,6 nah Oesterreich, 4,45 nah Rußland und Rumänien), wobei Oberschlesien mit 2044 und Niedershlesien mit 9,63 Millionen betheiligt waren.

Der Abschluß der O stpreußischen Südbahn - Gesfell- \cchaft für das Jahr 1878 ist befriedigender, als erwartet werden konnte. Die Einnahmen haben sid im Jahre 1878 mit Einscluß des UVebertrags aus 1877 auf 6 342003 Æ gestellt gegen 6 733 457 4. im vorangegangenen Jahr; hiervon waren zunächst 2533 414 4 Be- triebskosten zu deen, 40,2% der Einnahme gegen 40,6 % im Jahre 1877. Den stattgehabten Ersparnissen ist es zu danken, daß troß der Mindereinnahmen des Jahres 1878 (nach den provisorischen Auf- stellungen 699 000 4, nach der definitiven Abrehnung nur 391 000 4) das S(lußresultat des Jahres 1878 güastiger ausgefallen ist, als das des vorangegangen Jahres. Nah Verzinsung und Amor- tisation der Prioritäts-Obligationen, nach Dotirung des Reserve- und Erneuerungsfonds verbleibt ein Gewinnbetrag, welcher die Vertheilung von 143% auf die Stamm-Prioritäten ermöglicht, während aus dem Gewinn des Jahres 1877 nur 133% zur Tilgung der Stamm-Prioritäten-Coupons verwendet werden konnte. Nach dem Abs{luß für das Jahr 1877 blicben noch auf rückstäudige Cou- pons zu zahlen pr. 1871 34%, pr. 1872 5%, pr. 1873 5%, pr. 1874 14%. Aus dem Eewinn des Jahres 1878 werden nun außer dem laufenden Coupon der Stamm-Prioritäten gezablt: pr. 1871 34%, pr. 1872 5%, pr. 1873 1%, in Summa mit Einschluß des 1878er Coupons 141%, und es bleiben nur noch rückständig auf den Coupon pr. 1873 49/6, auf den Coupon pr. 1874 149%, in Summa 54/0, die zu tilgen find, bevor cine Dividende auf die Stammaktien vertheilt werden kann. :

Frankfurt a. M., 29. März. Dem Berichte der Direktion der Frankfurter Nückversiherungs-Gesellschaft ent- nehmen wir, daß die Prämieneinnahmen für geleistete Rükoersiche- rungen in den Zweigen der Feuerversicherung und Lebensrersicherung ih auf 629 721 M. beliefen, wogegen für Feuershäden und Sterbe- âlle aus 1878 392 285 #& zu vergüten waren. Nach Bestreitung aller Ausgaben, welhe dem Jahre 1878 zur Last fallen, ist ein Rein- gewinn von 137 551 M erzielt worden; wovon, nach Zuwendung von 10 %/9 in die Gewinnreserve, die Summe von 125 144 M als Divi- dende an die Aktionäre vertheilt wird. Einschließlih der Jahres- Union erhält demgemäß jede Aktie 13 A oder 15L 0%/% der Baar- einlage.

ondon, 31. März. (W. T. B.) Die Getreidezufuhren betrugen in der Woche vom 22. bis zum 28. März: Engl. Weizen 4383, fremder 40764; engl. Gerste 806, fremde 9574; engl. Malzgerste 16171; engl. Hafer 770, fremder 45 150 Qrits.; engl. Me hI 16 488, fremdes 6989 Sack und 3505 Faß.

Glasgow, 29, März. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sih auf 234 500 Tons gegen 170 500 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen: Hochöfen 90 gegen 87 im vorigen Jahre.

Verkehrs-Anstalten.

New-York, 29, März. (W. T. i Der Dampfer „Den- mark“ von der National-Dampf\schiffs-Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.

Berlin, den 31. März 1879.

In der ersten Etage des Deutshen Gewerbemuseums ist gegenwärtig eine Ausstellung weiblicher Handarbeiten ver- anstaltet, die, aus Beiträgen des Badischen Frauenvereins zu Karlsruhe und aus solchen der Frau M. Beeg, geb. v. Aufseß, zu Nürnberg bestehend, sowohl bei der Frauenwelt, deren Beachtung sie in erster Linie herausfordert, wie aub, abgesehen von von diesem zunächst betheiligten Kreise, bei jedem Freunde unseres modernen Kunftgewerbes auf ein reges Interesse renen darf. Der Badische Frauenverein, der unter dem Protektorat und der lebhaftesten per- sönlichen Theilnahme und Förderung Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin eine vielseitige segensreiche Thätigkeit entfaltet, giebt hier in einer kleinen Auswahl mannigfach gearteter Stücke ein wenn auch nicht ershöpfendes, so doch immerhin sehr dankens- werthes Bildseiner für die Ausdehnung weibliher Erwerbsfähigkeit wie für die Verbreitung eines gründlich gebildeten und geläuterten Kunstgeshmacks in gleichem Maß e eR Bestrebungen, während die im Ganzen zwar minder opulente, dabei aber keineswegs weniger beachten8werthe Ausstellung der Frau Beeg den Beschauer mit einer der trefflihften Meisterinnen echt weiblicher Kunstfertigkeit bekannt macht. Beide Gruppen, die durch einen Vergleich miteinander ihre eigenthümlihen Vorzüge nur desto deutliher offenbaren, beshränken fih im Wesentlichen auf das Gebiet der Stickerei und repräsentiren die verschiedenen Gattungen dieser Tehnik, die Buntstickcrei in Platt- und Kreuzstich, die seit kurzem immer mehr in Aufnahme kommende Leinenstickerei, die der mannigfachsten Behandlung fähige Ap lika- tionsarbeit und die zahlreihen Nüancen eines jeden dieser Zweige durch eine Anzahl M durhweg in hohem Grade gediegener Beispiele, die sich zum größ:ren Theil an vorhandene ältere Vt.fter anlehnen und durch deren geschickte L neue und oft sehr

[ücklihe Wirkungen zu erzielen wissen. Während die Arbeiten des Badischen Frauenvereins hierbei vor allem auf Stattlichkeit und vor- nehmen Reichthum der Gesammterscheinung ausgehen und die hervor- ragen dsten derselben sich thcils durch stylvolle Komposition der Muster, theils durch reiche und bisweilen sehr eigenartige und im- ponirende Farbeneffekte auszeichnen, ift es bei den rbeiten der Frau Beeg in Zeichnung und Farbeaftetung gerade dieser intimere Reiz einer beweglichen und lieben8würdig ansprehenden Erfindung, der ihnen ihr besonderes individuelles Gepräge verleiht und einige ihrer Stickereien, wie namentlich mehrere fleine, mit größter Delikatesse in Seide gestickte Decken, zu echten Kunstwerken stempelt.

St. Petersburg, 26. März. (Journ. de St. Pet.) Der „Regierungsbote“ hat aus Riäsan folgende Depesche erhalten :

In Folge der heftigen Schneestürme am 21. und 22, d. M. find hier bis jeßt 22 Leichen Erfrorener aufgefunden worden. Der Eisenbahndienst ist eingestellt. Viele Pferde find während des Orkans umgekommen.

Im Residenz-Theater wird Charlotte Wolter si morgen dem hiesigen Publikum in einer weiteren Rolle zeigen, welche sie in B erlin noch nit gespielt hat, und welche zu den eigenartigsten und gern gesehensten ihres Wiener Repertoires gehört: es ift dies die Titelrolle in dem Schauspiel „Marie Anne“.

Im Konzert-Hause beginnen die Konzerte des König- lichen Hof-Musik-Direktors Bilse jeßt an den Sonn- und Feier- tagen um 7 Uhr und an allen Wochentagen um 74 Uhr.

Redacteur: J. V.: Riedel.

Berlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner, Drei Beilagen

(einschließlich Börsen-Beilage).

Ber lin:

(278)

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Siaais-Anzeiger.

Berlin, Montag, den 3/1. Mürz

Nichtamlflicßes. Deutsches Neich.

Preußen. Wiesbaden, 28. März. Jn der heutigen 7. Plenarsitzung des Kommunal-Landtages mate, nah Verlesung des Protokolls der vorigen Sitzung, der Vorsißende der Versammlung Mittheilung von dem gestern erfolgten Tode Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Waldemar von Preußen. Die Kommunalstände erhoben sich zum Zeichen der Theilnahme von ihren Pläßen und ermächtigten den Vorsißenden, Sr. Kaiserlihen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen per Telegramm ihr tiefes Bedauern auszudrücken; der \tellvertre- tende Kommissarius bat, sih dieser Kundgebung anschließen zu dürfen.

Nach Eintritt in die Tagesordnung wurde der Bericht der Eingabenkommission über das Gesuch des F. A. Schindler in Nassau verlesen, und beschlossen, dasselbe dem ständischen Ausschusse zur Untersuhung und Berülcksichtigung zu über- weisen.

Ueber ein Gesuch der Wittwe Mönges um Unterstüßung ward zur Tagesordnung übergegangen.

Ein Antrag der Fabrikanten Schaefer und Beher zu Biedenkopf und F. Müller Wittwe in Gladenbach, um Abänderung des Reglements der Nassauischen Brandver- siherungsanstalt in Bezug auf Kunstwollfabrikation, wurde auf Bericht der Eingabenkommission durh Uebergang der Tages- ordnung erledigt.

Die Wegebaukommission berichtete über das Gesuch ver- schiedener Gemeinden des Kreises Biedenkopf, betreffend den Bau einer Verbindungs-Chaussee, und wurde dasselbe dem ständischen Ausschusse überwiesen. Ein Gesuch des 5. QUN merih, um eine Unterstüßung wegen eines verlorenen Pferdes, wurde ebenfalls dem ständishen Ausschusse zur möglichsten Berücksichtigung überwiesen.

Die Fdiotenanstalt in Scheuern bittet, ihr wie bisher einen Zuschuß zu gewähren und denselben möglichst zu ver- doppeln. Der Antrag wurde genehmigt und 1200 M Bei- hülfe bewilligt.

Hierauf wurde Seitens der Finanzkommission folgender Antrag gestellt :

„Aus Veranlassung der bevorfiehenden Feier der goldenen Hocwzeit Ihrer Kaiserlid Königlichen Majestäten und im Ans&lusse“ an die bei Vorlage des diesjährigen Finanzctats Fundgegebcnen Intentionen des fkommunalständi- iden Verwaliungêausschusses wolle dec Kommunal - Landtag bescließen: 1) den kTommunalstäntischen Verwaltungêauss{huß zu be- auftragen, in Veranlassung der am 11. Juni cr. zu erhoffenden Feier der goldenen Hochzeit Jhrer Kaiserlihen und Königlichen Majestäten Alierhöcstdenselben in geeigneter Weise die Gefühle innigster Freude und dankbarster unverbrücßli{ster Ergebenheit vor- zutragen; 2) um in dem Sinne Ihrer Kaiserlihen und König- lihen Majestäten dem seltenen Feste ein dauerndes Denk- mal zu seßen aus den verfügbaren kommunalständishen Mit- teln einen Betrag von 50000 é. zur Begründung einer Pensions- kasse für die Wittwen und Waiscn von tfommunalständishen Beamten zu widmen, welhe, Falls Ihre Majestäten es genehmigen, den Na- men: „Wilhelm Augusta-Stiftung für die Wittwen und Waisen der Beamten des kommunalständishen Verbandes Wiesbaden“ führen soll, 3) Den kommunalständischen Verwaltungsauësshuß zu beauf- tragen, die näheren Vorschriften für die V-rwendung des Stiftungs- fonds zu dem angegebenen Zwecke und dessen Erweiterung zu ent- werfen und in der nächsten Session des Kommunal-Landtags zur Be- [chlußfassung vorzulegen.

Der Antrag wurde einstimmig angenommen.

Demnächst wurde der Bericht der Finanzkommission über den Etatsentwurf für das Etatsjahr 1879/80 vorgetragen und durch Genehmigung desselben die den verschiedenen Fort- bildungs- und Pflege - Anstalten bisher bewilligten Zu- schüsse wiederum bewilligt, darunter neu eine Summe von 408 6 für die Anstalt für Epileptische in Bielefeld.

Die Wahl der Landesbank-Beiräthe für 1879 geschah

dur Akklamation, und wurden die bisherigen Beiräthe wiedergewählt. _ Hiermit war die Tagesordnung crledigt, und da alle Ge- schäfte bereits zu Ende geführt sind, so wurde Seitens des stellvertretenden Landtagskommissars Namens Sr. Majestät des Königs der 10. Landtag geschlossen.

Der Vorsißende Graf von Matuschka \chloß den Land- tag mit einem Hoch auf Se. Majestät den König.

Vayern. München, 27. März. Die „Allg. Big.“ meldet : Durch Allerhöchste Entschließung hat Se. Majestät de nig zu genehmigen geruht, daß zum Zweck der Unter- stüßung hülfsbedürftiger Wittwen und gro ß- Jähriger Waisen Pprotestantischer Pfarrer aus den Konsistorialhezirken diesseits des Rheins in den zehn Jahren 1879 bis 1888 einshließlih jährlich eine Sammlung freiwilliger Gaben in den sämmtlichen protestantischen Kirchen des Königréichs diesseits des Rheins vorgenommen werde. Die eingehenden Sammelgelder sind bei dem „auperordentlihen Hülfsfonds für protestantische Pfarrerswittwen und -Waisen zu fapitalisiren und nur die Zinsen alljährlich nah Bedürfniß zu Unterstüßungen der be- zeihneten Art zu verwenden.

Sachsen-Weimar-Eisenach. Weimar, 29. Mürz. (W. T. B.) Der hiesige Gemeindevorstand hat Namens der hiesigen Bürgerschaft Jhren Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kronprinzessin die innigste Theilnahme an dem herben Verluste, den Höchst- dieselben erlitten, ausgesprochen.

, Hessen. Darmstadt,- 30. März. (W. T. B.) Wie die „Darmstädter Zeitung“ meldet, ist in Folge des Ablebens des Prinzen Waldemar von Preußen eine Hoftrauer für die Zeit bis zum 5. April“ angeordnet worden,

Bremen, 29. März. (Wes.- Ztg.) Der Reichskanzler

hat an den Senat die Aufforderung gerichtet, von den im Gesammtansclage von 10000 M. für die Ausarbeitung des orrektionsplanes für die Unterweser erforbextiden Kosten ein Drittheil für Bremen ‘zu“ übernehmen“ und ' dasselbe, fowie vorshußweise auch das von der Königlich preußischen egierung übernommene zweite Drittheil dem von der Reihs- kommission mit der Ausarbeitung des Korrektionsplanes be- auftragten Ober-Baudirektor Franzius hierselbst zur Verfügung

zu halten. Wegen des leßten Drittheils, um dessen Uebernahme in gleicher Weise die Großherzoglih oldenburgische Regierung angegangen ist, liegt eine definitive Entscheidung noch nit vor. Vorbehältlich der Zustimmung der Bürgerschaft, und

| ferner unter dem auch von Preußen für sich gemadhten Vor-

behalt, daß irgend welhes Präjudiz für die Vertheilung der Baukosten selbst hieraus für Bremen nicht hergeleitet werden dürfe, hat der Senat sih hiermit einverstanden erklärt. Nachdem auch die Finanzdeputation bei der Nachbewilligung dieser 6666?/, vorbehältlih der von Preußen zu erstatten- den 33331/, M nichts zu erinnern gefunden hat, ersucht der Senat die Bürgerschaft um ihre Genehmigung.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 29. März. (W- T. B.) Nach einem Erlaß des Ober-Präsidenten werden die Bekanntmachungen von Elsaß-Lothringen, welche bisher auf Grund der Verordnungen des General- Gouverneurs vom 9. September und 18. Oktober 1870 in der „Straßburger Zeitung“ veröffentlicht wurden, künftig in der „Gemeindezeitung für Elsaf-Lothringen“ und in den Amtsblättern veröffentliht werden.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 29. März. (W. T. B.) Die „Polit. Korresp.“ meldet: Aus Konstantin opel vom 28.: Eine besondere mobile Truppendivision unter dem Kommando von Redieb Pascha is bestimmt, um in Nume- lien etwa entstehende Unruhen zu unterdrücken und das Land von Marodeurs zu reinigen. Mazhar Pascha ist mit der Einführung der von England vorgeschlagenen Reformen in Kleinasien betraut. Aus Bukarest: Von Seiten einer Großmacht ist der rumänischen Regierung eine dringliche Note in Betreff der Judenfrage zugegangen.

30. März. Die „Montagsrevue“ schreibt, der Vor- {lag Nußlands, die Vollmachten der euro päishen Kom- mission in Ostrumelien zu verlängern und dem von der Pforte einzuseßenden Gouverneur zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung ein gemischtes Truppenkontingent zur Verfügung zu stellen, dürfe als von allen Mächten im Prinzipe angenommen betrachtet werden.

Triest, 30. März. (W. T. B.) Bei den heute statt- gehabten Mu nizipalwahlen in den 6 Bezirken des Terri- toriuums wurden in 5 Bezirken die von der Landbevölkerung aufgestellten Kandidaten gewählt, im sechsten Bezirk drang der Kandidat der Progressopartei mit einer Majorität von nur 6 Stimmen durch.

Pest, 29. März. Das Oberhaus hat heute den Gesehz- entwurf, betreffend die Jnartikulirung des Berliner Ver- trages, ohne Debatte angenommen.

A gram, 29. März. Nachrichten aus der Savegegend melden ein stetiges Sinken des Wassers, so daß die Ueberschwemmungsgefahr ‘als beseitigt betrachtet werden kann. Nur auf der bosnishen Uferseite stehen noch einzelne Weiler und Gehöfte unter Wasser.

Niederlande. Haag, 27. März. (Leipz. Ztg.) Jhre Majestäten der König und die Königin werden sich am 15. April von hier nah dem Loo begeben, wo dieselben bis zum 21. April zu verweilen beabsichtigen, an welchem Tage die Majestäten ihren feierlihen Einzug in die Hauptstadt Amsterdam halten werden.

Belgien. Brüssel, 28. März. (Cöln. Ztg.) Der Senat hat heute in seiner Mehrheit mit 32 Stimmen das Budget des öffentlihen Unterrichts bewilligt. Für die Minderheit, welche mit 24 Stimmen dagegen eintrat, gab Hr. d’Anethan die Erklärung ab, daß man dem Minister Vanhumbeedck, dessen Person ernstlihen Grund zu Miß- trauen und Unruhe gebe, in seinen Bestrebungen keine Unter- stüßung gewähren könne, da er darauf ausgehe, der Schule alle und jede religiöse Grundlage zu rauben und so ein jedes Christenthums bares Geschlecht heranziehen werde. Der Minister antwortete auf dieses an ihn persönli gerichtete Mißtrauensvotum in aller Ruhe: seine persönlichen Ansichten hätten mit der Budgetdebatte durhaus nichts zu schaffen. Die Zweite Kammer hat das Unterrichtsbudget vor 14 Tagen mit 57 gegen 49 Stimmen bewilligt.

Großbritannien und Jrland. London, 30. März. (W,. T. B.) Nach einer Meldung aus Capetown, vom 11. d. M., hat die Fregatte „Shah“ am 5. die ersten Verstärkungen in Natal ausgeschifft. Der „Tamar“ kam am 10. mit dem 57. Regiment: ebendaselbst an; dasselbe soll zunächst den Versuch machen, die Garnison in Ekowe zu debloiren.

Frankreich. Paris, 28. März. (Fr. C.) Se. König- liche Hoheit der Herzog von Connaught hat heute dem en der Republik im Elysée einen Besuch abh- gestattet.

M ¿ranz Cow schrebt: Die Haltung des Senats dem Peyrat’shen Antrage gegenüber hat bewiesen, daß die Republikaner “von dec Deputirten- kammer Unrecht hatten, eine große prinzipielle Frege, wie die vorliegende, zu entscheiden, ohne wenigstens ihre Gesinnungsgenossen im Senate zuvor sondirt zu haben. Die liberale Majorität des leßteren Hauses ist noch lange nicht so hieb- und stihfest, daß man blind auf sie bauen kann ; der ge- meinsame Feind lauert im Hinterhalte, und wenn erst einmal ein Jeder Stellung genommen hat, ist die Umkehr sehr ershwert und die Gefahr eines Konflikts gegeben. Man hat dies auh nahträglih eingesehen, und darum. sind heute die Vorstände sämmtlicher Fraktionen der Linken beider Häuser zu einer gemeinsamen Berathung - “unter - dem Vorsite des Senators Peyrat zusammengetreten, niht ganz vollzählig, jedoch immer noch in Stärke von 31 Köpfen. Ueber zwei Punkte war man, von den Vertretern des linken Centrums abgesehen, die sich wegen Mangels an Jnstruktionen der Abstimmung enthalten zu sollen glaubten, ohne lange Debatte einig, daß nämlich 1) die Revision der Verfassung durch den Kongreß sih streng auf den Art. 9 beschränken und 2) die Rüdkehr beider Kammern nach Paris gleichzeitig er- folgen müsse, das Abgeordnetenhaus also nicht etwa, weil sein Lokal im Palais Bourbon bereit ist, in Paris tagen dürfe,

A S 1879.

so lange nicht auch dem Senat ein angemessenes Unter- fommen in der Hauptstadt geboten sei. Es blieb also nur noch die dritte Frage übrig, welche rechtliche erolgen die Auf- hebung des Art. 9 nah sh ziehen würde und ob dann der Siß der Kammern durch ein ordentliches Geseß geregelt werden müßte. Ueber diesen Punkt wurde von Pelletan, Brisson, Jules Simon, Laborde und Testelin mapydcherkei hin und her gespróhen, aber fein Beschluß gefaßt. ZUules Simon, für seine Person entschiedener An- hänger der Nückehr nah Paris, verhehlte sich und der Ver- jammlung gleihwohl niht, daß der sofortigen Durchführung diejer Maßregel noch manche Schwierigkeiten entgegen stehen werden und daß es noch einige Zeit und Ueberwindung er- fordern dürfte, die Majorität des Senats dafür zu gewinnen. Herr Peyrat überbrachte das Resultat dieser Berathung noch ganz frisch dem Ausschusse für diese Vorlage, der ebenfalls heute zusammentrat und vor welchem der Konseilspräsident Waddington und zwei andere Minister nochmals für das von der Deputirtenkammer beschlossene Projekt cine Lanze brachen. Das linke Centrum und seine Vertreter entwickein aber in dieser Frage einen ungemein zähen Widerstand; da ihre prin- zipiellen Einwendungen sih nur allzuleicht widerlegen ließen, wersen ste jeßt allerlei tehnishe Schwierigkeiten auf und selbst der „Temps“, in der Sache ein Freund des Peyratschen An- trags, schäßt diese materiellen Schwierigkeiten so hoh, daß er die Befürchtung äußert, die Rückehr nach Paris werde sich kaum vor Januar 1880 bewerkstelligen lassen.

Léon de Maleville, Senator auf Lebenszeit und Mitglied des linken Centrums, ist in Montauban gestorben. Aus Nizza wird der Tod des Geschihßtsschreibers, früheren Volksvertreters und Ministers Achille Tenaille de BaU= labelle gemeldet.

29. März. (W. T. B.) Heute hat hier eine Ver- sammlung von Delegirten französisher Agri- kultur-Genossenschaften stattgefunden, in welcher etwa 60 Departements vertreten waren. Es wurde eine Resolution angenommen, in welcher sih die Versammlung gegen die Erneuerung der Handelsverträge und für die Einfüh- rung von Generaltarifen ausspriht. Die Versammlung verlangte, daß die Erträgnisse der Zölle zur Reduktion der indirekten Steuern auf Verbrauchsgegenstände, namentlich auf Zucker und Getränke, verwendet werden sollen. Ferner wurde verlangt, daß die Landwirthschaft der Gegenstand von Schußmaßregeln werde, ebenso wie die «Fndustrie cs sei. Alle Erzeugnisse der ausländischen Landwirthschaft sollen einem Kompensationszoll: unterworfen werden, in der Höhe der Steuer, wie sie für ähnliche französische Produkte gezahlt wird. FÜr jeden Centner Weizen aus dem Auslande soll ein Zoll von 3 Frs. gezahlt werden, so lange der Preis des Weizens 30 Frs. nicht erreiht. Diese Rejolutien wird morgen dem Präsidenten der Nepublik überreicht werden.

830. März. (W. T. B.) Der Präsident der Ne publik hat heute Vormittag die Delegirten der Agrikultur Genossenschaften Frankreihs empfangen und denselben die Versicherung ertheilt, daß fein Handelsvertrag geschlossen wer- den würde, bevor die Kammern sich über die Frage der Handelsverträge entschieden hätten.

Der „Temps“ erfährt, daß der französischen Regierung ein Cirkular der russischen Regierung bis jeßt noch nicht zuge- gangen sei. Dagegen habe fie telegraphishe Mittheilungen bezüglih einer gemischten Okkupation Ostrumeliens erhalten. Das Blatt bemerkt, daß die französishe Negierung sih bei einer solhen Okkupation nicht betheiligen werde. Bezüglich der griehisch-türkishen Grenzfrage theilt der „Temps“ mit, daß der Minister der Auswärtigen Ange- legenheiten, Waddington', mit dem Entwurfe einer neuen Grenzlinie zwishen Griechenland und der Türkei be- schäftigt sei, welher von den Mächten gebilligt werden und die Zustimmung der Pforte erhalten könnte.

Versailles, 29. März. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Senats legte der Senator Laboulaye den Bericht der Kommission für Berathung der Vorlage, betreffend die Rückverlegung der Kammern nach Par18, vor. Von Seiten der Nechten wurde die Verlesung des Berichtes verlangt, von Seiten der Linken diesem Ver- langen widersprohen. Die Majorität des Senats entschied sich indeß schließlich für die Verlesung. Der Bericht ent- widckelt die Gründe, die dafür \prehen, daß der Siß der Kammern in Versailles bleibe und daß keine Veränderung der Verfassung vorgenommen werde. Der Bericht {ließt dem- gemäß damit, daß der Antrag auf Einberufung des Kongresses abzulehnen jei. Die Diskussion über diese Angelegenheit wurde auf nächsten Dienstag festgeseßt.

Italien. Rom, 29. März. (W. T. B.) Die „Gazzetta officiale“ meldet, daß der König die gegen Passanante erkannte Todesstrafe in lebenslänglihe Zwangsarbeit umge- wandelt hat.

30, März. (W. T. B.) Die Deputirténkammer genehmigte heute den Geseßentwurf, durch welchen die Re- gierung zur provisorischen Fortführung der bisherigen Finanzverwaltung bis zum 15. April c. ermächtigt wird, und seßte sodann die Debatte über das Einnahme- budget fort.

Wie der „Esercito“’ meldet, wäre statt des zum Militär- Attaché in Berlin ernannten Obersten Orero der Generalstabs-

auptmann Pallavicini zum Vertreter Jtaliens bei der ommission für die Regulirung der Balkangrenze bestimmt worden.

Numänien. Bukarest, 29. März. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat heute die Regierungsvorlage, be- iresend das Tabaksmonopol, troß der eifrigen Besürwor- tung derselben durch den Finanz-Minister mit 66 gegen Stimmen abgelehnt.

Außland und Polen. St. Petersburg, 29. Mürz, Wie das heutige „Journal de St. Pétersbourg“ anzeigt, at Se. Majestät der Kaiser vorgestern, am 15., den zum außer- ordentlichen und bevollmächtigten Botschafter am Kaß rlich rus- sischen Hofe ernannten General Chanzy in feieyyer Audienz empfangen und die Beglaubigungsschreißben desselben ent: gegengenommen, : 0