1879 / 79 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 02 Apr 1879 18:00:01 GMT) scan diff

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40 000 Pfd. Sterl. an Zoll gezahlt worden, da sich die An- E Ene hat, daß der Theezoll demnächst erhöht werden würde.

1. April. (W. T. D) Die amilie „London Gazette“ publizirt die Ernennung des Generals Hamley zum Kommissar Englands für die Feststellung der bulgarischen Grenze. :

Im Unterhause erklärte heute auf eine Anfrage Richards der Unter - Staatssekretär im Departement für Jndicn, Stanhope: Der Staatssekretär für Jndien, Cran- brookt, stehe in fortdauerndem Verkehre mit dem Vizekönig von Jndien, Lord Lytton; es sei kein Grund vor- handen, anzunehmen, daß dem Könige von Birma ein Ultimatum übersandt worden, oder daß weitere Truppen für Britisch-Birma gefordert seien.

Bombay, 1. April. (W. T. B.) Jn einer Seitens der hiesigen englishen Behörden veröffentlihten Bekannt- machung der indishen Regierung heißt es: Die Re- gierung habe die in Birma garnifonirenden Truppen nur zum Zweck des Schußes der englischen Unterthanen ver- stärkt; im Uebrigen halte die Regierung an ihrer rein de- fensiven Haltung fest und werde jeden Bruch vermeiden, falls sie zu einem folhen nicht durch offene Angriffsakte des Königs von Birma genöthigt werden sollte.

Aus dem Wolffshen Telegraphen-Bureau.

Washington, Dienstag, 1. April. Im Monat März d. F. hat die Staatsschuld der Vereinigten Staaten um 893 000 Dollars zugenomn:en. Im Staatsschaße befanden fich ult. März 420 787 000 Doll. in Gold.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Ter Magdeburgische Kunstverein hat den Bericht (den 22. während seines Bestehens) über seine Wirksamkeit während der Jahre 1877 und 1878 vertffentlicht. Die von dem Verein veran- staiteten Auésiellungen d.r beiden leßten Jahre, welche wie früher Mitte April eréffnct und am 25. resp. 24. Mai geschlossen wurden, waren rei beschickt. Der Katalog von 1878 enthielt 621, der vom Jahre 1877 736 Nummern. Angekauft find davon 95 Kunstgegenstände, Lund zwar vom Kunsiverein f\elbsff 27 Gemälde upd eine Statuette, während 67 Gemälde durch unentgcltlice Vermittlung des Vereins in den Besiß anderer Käufer übergingen. Der Katalogpreis dieser verkausten Kunsfiwerke kbeläufst fich im Eanzen auf 74652 M Ungewcehnlich niedrig stellten sich dagegen die Einnahmen aus den erßobenen Entréegeldern, welche sihch für das Jahr 1877 auf rot. 3157 ÆA und im Iahre 1878 nur auf rot. 3007 M, wäßrend für verkaufte Kataloge zusammen rot. 999 A. eingingen. Die Einnahme der Jahre 1877 und 1878 bezifferte sich auf rot. 20 507 4; darunter Beiträge der Mitglied-r 10 650 A Die Aus- gabe belief sich auf 19817 Æ, darunter für Bilderankauf zur Ver- loosung 11 155 Æ, so daß am 1. Januar 1879 ein Bestand ein Be- stand von rot. 689 A. verblieb. Das Vereins8vermögen betrug am 1. Januar 1879 8700 # Das Verzeichniß der Mitglieder des Magdeburgischen Kunstvereins für die Jahre 1877/78 führt 862 Mitglieder auf, welche mit 924 Vereinsaktien betheiliat waren.

Paris, 31. März. Der Historiermaler Thomas Couture, geb. 1815, ift auf scinem Schlosse Villiers le Bel gestorben. Seinen Namen machte er sich durch das Bild: „Les Romains de la décadence“, das er im Salon ron 1847 auéftellte und welches damals großes Auf- sehen erregte.

Gewerbe und Sandel.

Vom Berliner Pfandbrief-Institut sind bis Ende März 1879 42220800 Æ prozentige und 8842500 A 5 prozentige, zusammen 51063300 A4. Pfandbriefe ausgegeben, wovon noch 41 478 600 Æ 4# prozentige und 8180 700 Æ 5 pro- zentige, zusammen 49 659 300 A Pfandbriefe verzinslih sind. Es find zugesichert, aber noch niht abgehoben 1 736 100 4; im Laufe des Monats März 1879 angemeldet 3 Grundstücke mit einem Feuer- versicherungêwerthe von 471 350 M

In der 37. Generalversammlung der Aktionäre des „Deut- sch{henPhönirxr“, vom 29 v. M., wurde Bericht erstattet über die Ge- shäfteergebnisie des Jahres 1878, die im Allgemeinen als günstig bezeichnet wurden. Es konnte als Dividende ein Betrag von 682 000 Æ bereit geftellt werden, so daß auf jede Aktie Li't. A. 124 M und auf jede Aktie Litt. B. 62 Æ entfallen.

Mannheim, 31. März. Der Aufsihtsrath der Rhe in i- \chen Hypothekenbank hat nah dem Antrage der Direktion bes{lofsen, 10% des Aktienkapitals zum 1. Juli d. J. einzuberufen. Die Erhöhung deé Aktienkapitals" wurde insbesondere dadur motivirt, daß per 31, Dezember 1878 ein Pfandbriefkapital von 37 571 400 Æ zirkulirte und für den wahsenden Geschäftsumfang des Instituts eine Vermehrung der Betriebsmittel wünschenswerth sei. Das Grundkapital der Bank beträgt 6 000000 Æ, wovon bisher 40/5, alfo 2400090 Æ, eingezahlt waren. Durch die Einzahlung von 10%, erböbt fi das Kapital auf 3 060000 A Die Reservefonds der Bank betragen mit Einschluß der Summen, welche aus dem Jahre 1878 neu hir zukommen, 590297 # In der heutigen E mlung wurde die Dividende auf 7,08%, fest- gejeßt.

New-York, 31. März. (W. T. B.) Weizen-Verschiffun- gen der leßten Woche von den atlantischen Häfen der Ver- einigten Staaten na England 107 000, do. nach dem Kontinent 120 000, do. von Kalifornien und Oregon nach England 35 000 Qrtrs. Visible Supply an Weizen 20 000 000 Busbel.

Verkehrs-Anstalten.

New-York, 1. April. (W. T. B.) Der Dampfer „Hel- vetia“ voy der National-Dampfscchiffs-Compagnie (C. Messingsche Linie) ift hier eingetroffen.

Berlin, den 2. April 1879.

Preußische Klassen lotterie. (Dhne Gewähr.)

Bei der heute angefangenen Ziehung der 1. Klasse 160. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen:

1 Gewinn à 15 000 #4 auf Nr. 73 048,

1 Gewinn à 9000 Æ auf Nr. 73 447.

2 Gewinne à 3600 # auf Nr. 25 717. 73 950.

2 Gewinne à 1500 M auf Nr. 40712. 59 809.

5 Gewinne à 300 M auf Nr. 30404. 40390. 47 276. 48 844. 48 929,

__ Veber die gestern, am 64. Geburtstage des Fürsten Bismarck, in Cöln ftattgehabte feierliche Enthüllung des Denkmals desselben berichtet die „Cöln. Ztg.“ wie folgt: -

Heute Morgen, schon lange vor der festgeseßten Stunde, in welcher der Stadt das rollendete Standbild tes deutshen Reichskanzlers

übergeben werden sollte, war der Augustinerplaß von einer zablreichen Menge umlagert. Die ringsumliegenden Häuser hatten geflaggt und deren Fenster waren mit Zuschauern diht beseßt. Die Spißen der Bebörden und die zu dem Akte der Uebergabe besonders eingeladenen Gâste fanden fi gegen 11 Uhr im Portale des Kasinogebäudes ein, u. A.: Vertreter der Stifter, die Wittwe des ersten Stifters, Frau Andreae, als Verireter des zweiten Stifters Hr. Freiherr v. Dier- gardt zu Morsbroih, und der Bildhauer Schaper, welcher das Bildniß 1\chuf (der Gießer Hr. Gladenbeck war leider durch Krank- Feit verhindert, zu erscheinen), der Divisionës-Commandeur und General- Lieutenant v. Zytlinsfi, der Gouverneur, General - Lieutenant v. Cranach, der Regierungs-Präsident v. Bernuth, der Präsident des Appellbofes Dr, Heimsoeth und der General-Prokurator - Freiherr v. Seckendorff, der Provinzial-Steue: direktor v. Freusberg, der Ober-Postdirektor Eickholt, der Polizei-Präsident v. König, der Ober- Bürgermeister Dr. Beer, die Beigeordneten, das Stadtverordneten- kfollegium, viele h3here Offiziere und Andere.

Gegen 11# Uhr wurde die Statue enthüllt und stand auf dem mit Guirlanden, S{leifen und Kränzen gezierten Podium in ihrer imposanten Haltung, s{hönen künstlerischen und wahren Auffassung, fesselnd und allgemeine Bewunderung abzwingend, frei auf dem in d:r Mitte des hübschen Platzes liegenden grünen Square. Der Zug der an der Feier der Uebergabe Theilnehmenden seßte sich nun unter Leitung des Ober-Bürgermeisters, der die Wittwe Andreae führte, in Bewegung, umschritt den grünen Plaß und stellte sih dicht an der Hohenstraße, gegenüber dem Denkmal, auf.

Zunächst ergriff Hr. Lau-Insp-ktor Pflaume als Vertreter der Stifter des Denkmals das Wort zur Uebergabe defselben an die Stadt : ; :

„Was unser verstorbener Mitbürger und Freund, Kommerzien- Rath Christoph Andreae, in seinen leßtwilligen Bestimmungen zur Zicrde der Stadt Cöln verfügt hat, es ist heute vollendet, und mir ist die Ehre zu Theil geworden, das Standbild unseres großen Reichékanzlers Ihnen, Herr Ober-Bürgermeister, als dem Repräfsen- tanten der Stadt Cöln, zu übergeben. Möge dieses Denkmal, dem Sie, verehrte Herren Stadtverordnete diesen {ôönen Play gern gewährt haken, lange Jahrhunderte hindurch Zeugniß ablegen, nicht sowohl von den Thaten unseres großen Reichékanzlers, die mit strahlenden Lettern auf jeder Seite der Geschichte unserer Tage für ewige Zei- ten verzeichnet sind denn diese werden dereinst durch andere Denk- male verherrlicht werden —, sondern von der tiefen Vereh?ung, die jedes ete deutshe Herz für den Fürsten Bismark erfüllte! Dieser tiefgefühlten Verehrung hat unser verstorbener Mitbürger in diesem Standbilde Ausdruck geben woüen, und sein Freund, Hr. Freiherr von Diergardt, {loß fich diesem Wunsche an. Als folcwes nehmen Sie es, Herr Ober-Vürgermeister, in Ihre Obhut zur Zierde unserer Stadt, zur Ehre ihrer Bürger !“

Der Ober-Bürgermeister Dr. Becker erwiderte folgendermaßen :

„Verehrte Anwesende! Durch lettwillige Verfügung des Kom- merzienra1hs Christoph Andreae in Cêln und durch eine Schenkung des Freiherrn Friedrih v. Diergardt in Bonn, zu denen noch zwei kleinere Gaben aus Halberstadt und Nürnberg geflofsen sind, ist es unserer Stadt möglih geworden, einin öoffentilihen Plaß mit dem ch2rnen Standbilde des Mannes zu \{müdcken, dem sie heute vor vier Jahren in aufrichtiger Vaterlandéliebe, in dankbarer Aner- kennung feines thatenreiden und ruhmvollen Wirkens für die Her- stellung des Deutschen Reiches und für die Ehre, Freiheit und Wohlfahrt des Vaterlandes ihr Ehrenbürgerrecht verliehen hat. In demselben Sinne, dem Einiger Deutschlands zu Ehren, ge- währte Herr Andreae die Mittel und nahm die Stadt solche an, um ihm ein Denkmal zu errichten; und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Absiht senes Freundes Andreae verdoppelte Freiherr v. Diergardt deren Betrag. So ift das Standbild des deutshen Reichskanzlers, Fürsten Otto v. Bismarck entstanden. als ein Deukmal der großen Zeit, in welcher seine feste Hand in die Geschicke Europas eingriff und richt blos von unserm Vater- lande eine aus \{nöôder Eroberungslust geplante S{m1ch abwehrte, sondern dem deutschen Vaterland als Siegespreis die heißersehnte Einigung und Unabhängigkeit einbrachte. Daß solchem Denkmal auf diesem Rheinufer zumeist der Naum gebührt, bedarf keiner Erörte- rung; und daß dieser Naum in den Mauern dieser Stadt gesucht wor- den ist, diese Auêzeihnung weiß die Bürgerschaft zu würdigen, deren Losung seit unvordenklichen Tagen lautete: „Et fall s8ß of fur, Halt faß am Ri, do köllsher Bur!“ Indem ih mi anschicke, dieses Denkmak für die Stadt zu übernehmen, drängt es mi, vorerst denen zu danken, die es gestiftet haben und die in ihren nächsten und theuersten Angehörigen gegenwärtig sind; noch besonders danke ih Ihnen, verehrte Frau, deren hocherziges Entgegenkommen der Aus- führung des De: kmals jede Schwierigkeit benommen hat. Ich danke Ihnen, Hr. Bildhauer Schaper, dessen Griffel das Bildniß schuf, dem leider durch Krankheit fern gehaltenen Hrn. Gladenbeck, der den Thon in Erz umwandelte, Ihnen, Hr. Bauinspektor! Pflaume, der den Willen der Stifter in derselben Weise zu verwirklichen nie müde wurde, niht minder den Herren Professoren Schrader und Wittig, die mit Herrn Pflaume als Kunstrichter die Vorberathungen zu einem gutcn Abschluß brachten; aber auch allen Künstlern, die im edlen Wettstreit zur Lösung der Aufgabe beigetragen haben. Endlich danke ih den Werkleuten, von dercn Fleiß und Sorgfalt die gelungene Au führung in allen Theilen Zeugniß ablegt. So übernehme i nun das Standbild des Reichskanzlerë, Fürsten Otto von Bismarck, Namens der Stadt Cöln, die es zu hüten und den spätesten Nach- kommen in Ebren zu überliefern zu ihren {önsten Pflichten zählen wird. Sich felbst ehrt fie, indem sie den Einiger Deutschlands ehrt. Das walte Gott! Nun, geehrte Anwesende, immen Sie mit mir ein in ein Hoch auf den, dem wir bei solchen Festen immer den ersten Zoll der Liebe darbringen, den R.präsentanten der deutschen a ey Se. Majestät, unser allergnädigster Kaiser Wilhelm ebe hoh!“

Begeisterten Widerhall fand dieses Hob, in das die zahlreiche Menschenmenge in tausendfachem, lautem Ruje unter Hüte- und Tücherschwenken einfiel. Eine Familie ersdbien noch später auf dem Plate und ließ durch zwei muntere Knaben einen s{chönen Kranz vor dem Denkmal niederlegen. Die einfache Feier hatte damit ihr Ende erreicht.

Der Vorstand des Vereins gegen Verarmung in Berlin hat seinen Rechenschaftëberibt für die Jahre 1877/78 er- stattet und bei H. S. Hermann hicrselbst im Drucke erscheinen lassen. Die Entwickelung des Vereins hatte im Jahre 1877 erheb- liche Fortschritte gemacht. Die Mitgliederzahl war von 10 344 auf 12 538 gestiegen und auch in der Einnahme an Beiträgen und Ge- schenken war eine ansehnlihe Steigerung eingetreten. Während die Einnahme im Jahre 1870 75031 # betrug, hat sie im Jahre 1877 108783 & h. im Jäbre 1878 104210 M betragen. Diesen Erfolg verdankt der Verein den An- strengungen, welche von den Lokalcomité's zur Gewinnung neuer Mitglieder und zur Vermehrung der Einnahmen gemaht worden sind. Das Jahr 1878 hat sich nicht auf der Höhe des Vorjahres erhalten; unter dem Drucke der ungünftigen Erwerbsverhältnisse ist ein Rückgang eingetreten, sowohl in Bezug auf die Mitgliederzahl, wie in Bezug auf die Einnahmen an regelmäßigen Mitglieder- beiträgen. Die Mitgliederzahl hat um 1330, die Einnahme an Bei- trägen um 6371 A abgenommen. Dagegen hat die Einnahme an Geschenken, sowohl bei dem Vorstande, wie bei den Lokalcomités sich um etwas erhöht. Die Mittel, über welhe der Verein bisher zu verfügen hatte, stehen in keinem Verhältniß zur Größe der Stadt und zu den Anforderungen, welche an den Verein gestellt wer- den. Es gedenkt daher der Vorstand ¡des Vereins von Neuem? im Laufe dieses Jahres mit einem Aufrufe zur allgemeinen Betheiligung vor die Bürgerschaft zu treten, um den Verein wiederum auf eine höhere Stufe der Leistungsfähigkeit emporzuheben. Der Bericht begrüßt es angesihts der vielfachen und vergeblichen Anstrengungen, welche bisher zur Vereinigung der Wohlthätigkeits- vèreine gemacht sind, als ein erfreuliches Ereigniß, daß die Direktion

der von Kottwißs{hen Armen-Unterstüßungs-Anstalt fich bereit ge- funden habe, die Recherchen auf die bei der Anstalt eingehenden Ge- suche durch die Lokalcomités des Vereins ausführen zu laffen. Ein weiterer und folgenreiher Schritt zur einheitlihen Be- handlung des öffentlihen Unterstüßungëwesens toird, wie der Bericht weiter mittheilt, in nächster Zeit gethan werden durch die Verwirklichung eines von der Armendirektion an den Verein gerichteten Antrages, der dahin geht, daß zwischen den beiderseci- tigen Organen eine engere Verbindung hergestellt werde, um sih einerseits in der Ausübung der Armenpflege gegenseitig zu ergänzen, und um anderntheils die Unzuträglichkeiten zu vermeiden, welche dur die zusammenhangslos neben einander gehende Armenpflege entsteben müffe. Es soll eine solhe Verbindung dadurch herbeigeführt werden, daß den Vorsißenden der Lokalcomités des Vereins die Theilnahme an den f pa l der Armenkommissionen mit berathender Stimme gewährt und dem gegenüber auch den Armen- Kommissionsvoritehern eine gleihe Befugniß bei den Lofal- comités des Vereins eingeräumt wird. Die Schwierigkeit, die verschiedenen Bestrebungen der öffentlidben Armenpflege und Wohlthätigkeit in einen festen Zusammenhang zu bringen, liege nicht in dem Widerstande der Behörden und der großen Institute, fonderu vorzugsweise in den vielen fleinen Wohlthätigkeitsvereinen, welche in ihrer Organisation unsicher und mangelhaft und zum Theil auch über Zweck und Methode einer rationellen Wohlthätigkeit völlig im Unklaren seien. Eine Centralisation nach dieser Richtung hin, so führt der Bericht aus, dürfte nur dann Ausficht auf Ecfolg haben, wenn den Frauen eine bestimmte und feste Mitwirkung in den Lokalcomités des Vereins eingeräumt werde. Jn welcher Art diese Mitwirkung zu begrenzen sei, werde dur besondere Bestimmungen festzu- stellen sein. Im Allgemeinen würde die Thätigkeit der Frauen darauf ge- rihtet scin müssen, die von dem Verein unterstüßten Familien in Bezug auf ihre wirthschaftlißen Verhältnisse im Auge zu behalten, sie zu berathen und, wo es Noth thue, mit urmittelbarer Handreihung und s{neller Aushülfe zu unterstüßen. Durch eine solhe Vervollständi- gung der Organisation des Vereins, die auch im Interesse des Ver- eins selbst dringend geboten erscheine, werde es möglih werden, die allgemeine Zerfahrenheit des Armen:Unterstüßungswesens in geord- nete Bahnen überzuleiten. Andererseits aber finde die Ueberzeugung, daß die regellose, ohne Prüfung und ohne Kontrole ausgeübte Privat- wohlthätigkeit rom Uebel und daß es nothwendig sei, fest organisirte Vereine zu bilden, welche, in Ergänzung der geseßlichen Armenpflege, da, wo es Noth thue, angemessen unterstüten, unberechtigten An- sprüchen aber energisch entgegentreten, in immer weiteren Kreisen Eingang. Die Zahl der Vereine, welche nah den Grundsäßen des hiesigen Vercins gegen Verarmung in anderen Städten si bildeten, sei fortdauernd im Steigen begriffen.

__ Der Major von Humbert auf Hohen-Kränig, Kreis Königsberg in N./M. bei Schwedt a./D., hat auf seiner Gutsfeldmark, auf der Höhe des steilen linken Oderufcrs ein Hei dengrabfeld aufgedeckt. Etwa einen halben Meter unter der Erde befanden sich in regcl- mäßigen Reihen von etwa einem Meter Abstand, von Außenwand zu Außenwand gemessen, Tleine, etwa einen Meter hobe Packungen von unregelmäßigen Feldsteinen der verscbied nsen Form, jedoch nicht über einen Quadz1atfuß höchstens groß Etwa 12 derartige Stellen wurden aufgedeckt. Im Innern befanden sich einz-lne große Urnen mit Stülpen darüber und mehreren kleineren Gefäßen darin, meist noch umsftellt mit leeren kleineren und größeren Gefäßen, darunter solche von ca. 14 bis 2 Liter Inhalt. Nur in den größten Centralurnen befanden sich die Reste des Leichenbrandes, aber sehr vermorsht und auf besonders hohes Alter deutend. Neben einem solchen großen Gefäße lag frei in der Erde ein unverbrannter Menschenschädel, von dem jedoch nur ein Theil der Zähne g.rettet werden konnte. Bei- gaben aus Stein oder Metall sind weder bei früheren Nachgrabungen noch jeßt gefunden worden. Man gewann dietmal ca. zwölf große und fleine thônerne Gefäße, dunkelbraun, von primitiver Form. Zweifellos handelt es sich um vorwendishe Objekte. Herr von Hum- bert hat die ihm gehörigen Fundstücke den städtishen Behörden ton Berlin für das Märkische Provinzial-Museum zum Ge- schenk gemacht.

HSrau Charlotte Wolter trat gestern im Residenz- Theater in der Rolle der „Marie-Anne“ in dem gleichnamigen Schauspiel von Dennery und Mallian auf, einer Rolle, welche die Künstlerin hier in Berlin noch nicht gespielt hatte. Das Stü, welches zuerst in Paris im Jahre 1845 auf der Bühne erschien, ge- hört jener Periode der französischen Literatur, in welcher das Stre- ben nach Sensationellem und Effektvollem vorherrshte. Haupt- vertreter dieser Richtung waren Eugen Sue und der ältere Dumas in ihren vielgelesenen Romanen. „Marie - Anne“ oder cin, Weib aus dem Volke“ is ein in grober Holzschnittmanier gehaltenes Rührstück, das zur Zeit seiner Entstehung in Frankreich großen Beifall fand und von da aus mit großem Erfolge auch über die Bühnen Deutschlands ging. Seitdem haben fih die Zeiten ge- ändert; der neue französishe Roman und das neue französische Drama spielen niht mehr in der ärmlihen Wohnung des Arbeiters und auf der Straße, sondern in dem elegazten Salon; aus dem einfachen Volksftücke mit seinen naiven Zumuthungen an den ergriffen sein wollenden Zuhörer wurde die Sittenkomödie mit ihren raffinirten Reizmitteln für den übersättigten Ges{mack. Die dramatische Technik hat bedeutende Fortschritte gemacht, aber {werlich die dramatische Kunst. Uebrigens hing der Erfolg des Stückes in Rede stets hauptsählich von - der Vertreterin der Citelrolle ab. Eine weniger berufene Darstellerin wie Fr. Wolter würde der Versuhung nicht widerstehen können, in der „Marie-Anne“ ein Bravourstück mit dick aufgetragenen In zu geben. Fr. Wolter aber erhob diese von dem oder vielmehr von den Verfassern in gro- ben Umrissen gezeidnete Figur in die höhere Sphäre eter drama- tisher Kunst. Jeder einzelne Zug, jede kleinste Nüance ershien von carakteristis:er Bedeutung für die künst- lerishe Individualisirung der meisterhaften Gestaltung des mit ergreifender Lebentwahrheit entworfenen Bildes. Es war daher natürlich, daß der Künstlerin für ihre vorzüglide Leistung die lebhafteste Anerkennung gezollt wurde. Die Beifallsspenden nah jeder Scene und jedem Akte wollten kein Ende nehmen. Der ge- feierte Gaft wurde ven den heimischen Kräften des Residenz-Theaters, Frl. Kafka und den Herren Keppler, Beckmann und Haa, welche jetes an seinem Theile zu einem wohlgelungenen Zusammenspiele bei- trugen, recht wirksam unterstüßt.

Im Germania- Theater begiant morgen, Donncrstag, der beliebte Komiker Hr. Ludwig Menzel ein auf längere Zeit be- L Gastspiel in „Der Vetter“ und „Das Schwert des

amotkles“.

__ Wie die „Neue Zeit“ mittheilt, wird der Königliche Hof-Musik- direktor Bilse im Sommer im Flora-Etablissement zu Charlottenburg Konzerte veranstalten. Dieselben werden da- selbft mit der ganzen, aus 70 Künstlern bestehenden Kapelle am 15. Mai beginnen und bis Mitte September tägli stattfinden, bei gutcm Wetter im Freien auf der Terrasse, bei ungünstiger Witte- rung im Kaisersaal. Die Seitens des Flora-Etablifsements von jest ab zur Ausgabe gelangenden Familien- resp. Jahresabonnements berechtigen ohne Weiteres zum Besuch sämmtlicher, auch der Vilse- {hen Konzerte, ohne daß eine Entréezahlung stattfindet.

_Im Concerthause wird heute die Sinfonie in C-moll von Reißmann tvoiederholt.

Redacteur: J. V.: Riedel.

Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner. Vier Beilagen (eins{ließlich Börsen-Beilage.)

Berlin:

Nichtamtliches.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 31. März. (Prag. Z.) Nah Rückkehr der gemeinsamen Minister aus Pest wurde hier ein Exekutiv-Comité für die Verwaltungs- angelegenheiten Bosniens eingeseßt. Das Comité, welches täglih unter Vorsiß des Reichs-Finanz-Ministers Frei- herrn von Hofmann Sißungen hält, erledigt sämmtliche, auf die Verwaltung der ofkkupirten Länder bezügliche Fragen. Das gemeinsame Ministerium hat die Einseßung dieses Exekutiv-Comités vorläufig als eine provisorishe Maßnahme in Aussiht genommen. Definitiv wird das Comité erst mit der Leitung der vosnishen Verwaltung betraut werden, wenn auch die beiden Landesregierungen ihre Zu- stimmung zur Bestellung dieses Ausschusses gegeben haben werden. Um diese Zustimmung einzuholen, werden die jüngst in Pest unterbrochenen Ministerkonferenzen hier unter Vorsiß Sr. Majestät des Kaisers demnächst wahrscheinlih schon in der Charwoche wieder aufgenommen werden. Jn diesen Berathungen sollen außerdem die Grundsäße festgeseßt werden, nach welchen die den beiden Legislativen vorzulegenden Geseß- entwürfe, betreffend die Verwaltung in den okfupirten Ländern, ausgearbeitet werden sollen.

Die „Wr. Abendpost“ schreibt : Zur shwebenden Tages- frage, der Frage der gemischten Okffupation Ostrumeliens, liegt heute nur ein Pariser Telegramm vor, welches neuer- dings der geringen Geneigtheit Frankreihs Ausdruck giebt, sih mit einem militärischen Kontingente an der in Rede stehen- den Maßregel zu betheiligen. Allem Ermessen nach liegt darin indeß nur eine praktische, niht aber eine prinzipielle Ableh- nung des russishen Vorschlags, der, wie vorauszuseßen ist, wohl die einmüthige Billigung der Proposition Seitens der Kongreßmächte, aber keineswegs auch die einmüthige Bethei- ligung an der Exekution derselben in Aussiht genommen hat. Mittlerweile werden in dem überwiegenden Theile der euro- päischen Presse die Bemühungen fortgeseßt, die Vortheile des beabsichtigten europäischen Arrangements ins Klare zu stellen.

Ein Telegramm der „Polit. Korresp.“ aus Kon - stantinopel vom 31. März meldet jeßt ebenfalls, daß die Pforte dem Projekte einer gemischten Okkupation Ost- rumeliens im Prinzipe zugestimmt, jedoch mancherlei Vor- behalte gemacht habe; u. A. beanspruche sie, daß die türkischen Truppen, deren Betheiligung an der Ofkffupation außer Frage steht, auch an der Beseßung der Balkanpässe partizipiren. Weiter wird derselben Korrespondenz aus Konstantinopel be- rihtet, am 30. März hat ein Ministerrath stattgefunden wegen der neuen Redaktion der Konvention mit Oesterreich. Die Mitglieder der internationalen Kommission für Ost- rumelien sind aus Philippopel hier eingetroffen. Dieselben werden am 5. April eine Sitzung halten, in welcher die erste Lesung des organischen Statuts für Ostrumelien stattfinden soll. Der Sultan hat die Demission des Groß- vezirs, Khereddin Pascha, nicht angenommen.

= L ŒW. T: D) In Abgeordnétèn- hause sind nachstehende Fnterpellationen eingebracht worden: Von den Abgg. Mayg und Genossen, ob es mit dem Wehrgeseßze vereinbar [{ei, daß österreichisches Militär zur Ofkkupation eines fremden, niht feindlihen und niht angrenzenden Landes (Ostrumeliens), verwendet werde ; von den Abgg. Auspiß und Genossen, ob die Meldungen über cine gemischte Okkupation Ostrumeliens ihre Rich- tigkeit hätten.

Im Herrenhause wurde in dritter Lesung der Geseh- entwurf über einen der Mährishen Grenzbahn zu gewäh- renden Vorschuß von 75 000 Fl. nah lebhafter Debatte an- genommen.

Pest, 31. März. Nach einer Wiener Meldung des „Lloyd“ wäre unser Auswärtiges Amt bisher noch nit in der Lage gewesen, eine bestimmte Erklärung darüber abzu- geben, daß unsere Truppen an der Ofkfkupation Ds\t- Rumeliens participiren werden. Aber alle Welt nehme és als gewiß an, daß Oesterreih-Ungarn sich von dieser Aktion niht aussch{chließen werde. Wenn in Oft - Rumelien ein euro- päisches Hülfscorps erschiene, in welchem die österreichische Armee nicht vertreten wäre, fo würde die Bevölkerung daselbst in ihrer primitiven Anschauung auf die Fdeen gerathen, daß in jenem Europa, welches an Stelle Rußlands die Schiksale der Balkan-Halbinsel dirigirt, Desterreih-Ungarn keinen Plaß habe. Oesterreih dürfe nicht fernbleiben, damit nicht der Ein- fluß der Russen, Cngländer und Ftaliener allein vorwalte. Die Kostenfrage werde wohl nicht in Betracht kommen, da Andrassy schon ursprünglich die Erhaltung der europäischen Okkupationstruppen, als den okffupirten Provinzen obliegend, beantragt habe. Unter den Vorfragen, welche noch zu lösen seien, befinde sih z. B. die, wie die Vertheilung der einzelnen Truppenkontingente stattzufinden habe. Wenn es aber zur gemischten Okkupation komme, werde wohl Oesterreih-Ungarn nit fehlen.

__ Schweiz. Bellinzona, 31. März. (N. Zür. Ztg.) Die Regierung hat den Großen Rath auf Freitag, den 4. April, zusammenberufenn, ¡um die Zurückziehung der Ein- prame gegen die Verpfändung der Gotthardbahn zu be- antragen.

Niederlande. Haag, 31. März. (Köln. Ztg.) Das den Generalstaaten vorgelegte Budget des Kriegs- Ministeriums für 1879 beziffert die Ausgaben auf zu- sammen 21 670 000 Gulden. Die neuen Festungsbauten sind mit 3 Millionen darin einges{lossen. Für die Offiziere soll eine Militärshule errichtet werden; auch die Anschaffung neuer Artilleriegeshüße wird als nothwendig bezeihnet.

Frankreich. Paris, 30. März. Jhre Königlichen Hoheiten der Herzog und dice Herzogin vonConnaught haben sich am Sonnabend Morgen in Bordeaux an Bord der Yacht „Osborne“ eingeschifft. i ;

Die „Fr. Korr.“ schreibt: Die Frage, ob in Versailles bleiben oder nah Paris zurückkehren, ist eine so brennende geworden, daß, wie es scheint, man sich kaum getraut, im

ugenblicke ernstilih an sie heranzutreten. Jn dieser Verlegen- heit ist davon die Rede, die Verhandlungen einstweilen zu

, Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

M D.

Berlin, Mittwoh, den 2. April

1879.

verschieben, und zwar bis nach den Osterferien, also bis in den Mai. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß ein solcher Antrag eine Mehrheit findet, denn man verzweifelt daran, die maß- gebenden Persönlichkeiten vom linken Centrum jeßt umzu- stimmen. Die Erbitterung in den Reihen der Republikaner über das linke Centrum ift groß. Die „République française“ wirft ihm vor, daß es unter dem Vorwande der Klugheit und Umsicht alle Leidenschaften wachruft, sowohl diejenigen, welche sich ofen aussprehen, wie die, welche sich verheimlihen. Gegen Herrn Laboulaye richtet sich insbeson- dere die Verstimmung. Mit unverkennbarem Wohlgefallen weisen die konservativen Blätter darauf hin, daß seit den Wahlen vom 5. Januar, welche die Republik fest begründeten, vier Krisen durhgemacht worden sind, und daß man jeßt vor der fünften stehe.

Auf der Tagesordnung der Deputirtenkammer stand gestern die erste Berathung des Gesehentwurfs, betreffend die Klassirung des von der Regierung projektirten Ergänzungs - netzes der Landeseisenbahn. Die Vorlage wurde auf den Antrag des Berichterstatters Wilson als dringlich zuge-

wurfe einige allgemeine Erläuterungen. Derselbe, sagte er, habe einen ganz neuen Charakter. Bisher erfüllte die Re- gierung aus eigener Machtvollkommenheit alle Formalitäten und Vorstudien für eine neue Eisenbahn und legte dem Parlament den fertigen Plan vor, ohne daß dieses ih ein Urtheil über das Ensemble bilden konnte. Die gegenwärtige

sie einen Gesammtplan vor, der als Ganzes und in allen seinen Einzelheiten geprüft werden kann. Jede Linie wird in

nüßig erklärt und dann ausgeführt werden. Was die zahl-

fung zu überweisen.

Leiden der FJndustrie, deren Ursprung auswärts - zu

Unternehmen heranzutreten, zumal es immer in seiner Macht stehen wird, die Durchführung je nach Umständen

was nicht die Kammer für das laufende Jahr votirt hat, und

Ausführung eine vorsichtige sein. Andere finden wieder, daß wir noch nicht {nell genug vorgehen. Sie vergessen, einmal, daß die betreffenden Entwürfe noch nicht votirt und daß wir

niger als drei Jahre müssen vergehen von dem Tage, da das Pro- jekt bewilligt ist, bis zu dem Tage, da der erste Spatenstich erfolgen

min niht auf Sicherheiten verzihten will, die unentbehrlich sind; die Republick will hier, wie überall, niht auf Sand,

die Wünsche der Bevölkerung hören, die Erklärung der Ge- meinnüßigkeit erwirken, dann die definitiven Pläne entwerfen, das Gutachten der Fachkörperschaften einholen, die Gründe expropriiren und zu den Ausgeboten s{hreiten. Jm Fahre 1877 wurde für 8 Millionen, im Jahre 1878 für 30 Mil- lionen gebaut; 1879 wollen wir 100, 1880 160 Millionen

bis 600 Millionen jährlich betragen; noch nie zuvor it Frankreich ein solher Baüplab géwesen, und diesmal soll Alles mit Ordnung und Rechtschaffenheit vor sih gehen. (Beifall.) Der Kammer liegt also ein Pro-

die Frage des Betriebs. Für gewisse Arbeiten glaubte ih die Mitwirkung der großen Eisenbahngesellshaften in Anspruch nehmen zu follen; dagegen wurden Bedenken geltend gemacht, welche die Regierung, wenn die Kammer sih nur bestimmt a1:5spriht und niht in der Rolle einer Sphinx hüllt, zu achten wissen wird. Die Sache ist dringlih, denn gewisse Linien sollen hon in einigen Monaten eröffnet werden, und man muß wissen, wem ihr Betrieb anvertraut werden soll. Mit diesen beiden Problemen des Baues und des Betriebes wird aber die Kammer ein großes Werk vollbracht und sich um das Land wohl verdient gemacht haben. - (Beifall links und im Centrum). Nach einigen Bemerkungen des Bonapartisten Haentjens, der namentlih auf cine noch größere Beschleunigung der Ar- beiten drängte, da die industrielle Krisis sich mit jedem Tage vershlimmere, wurde die Spezialdebatte eröffnet. Zu dem Art. 1, welcher 162 Linien umfaßt, liegen allein über 100 Amen - ements vor, die nun der Reihe nach zur Prüfung elangen. Der Ausschußentwurf wurde, nahdem ihn der

inister selbst in einigen Theilen bemängelt hatte, mit 207 gegen 176 Stimmen abgelehnt, und die Debatte verlor ih in Detailfragen. Einige Spezialanträge wurden an den Minister verwiesen, andere verworfen. (Fortseßung der Debatte am Montag.)

Der „Cöln. t wird „uter deu 30. v. M. ge- schrieben: Mit dem ifenbabnprotette des Ministers der öffentlihen Arbeiten, dessen Erörterung gestern (am 29.) im Haufe der Deputirten begonnen ward, ist das Geschäftsprogramm der nationalen Vertretung um ein gut Stück |reiher geworden. ‘Nach der e Dgnaae desselben würde Frankreih ‘das vollkommenste Eisénbahnneß der Welt besißen; és würde sowohl die lokalen Jnteressen als die all- gemeinen darin gewahrt sehen; es würde im Falle eines Krieges die Pulsane en des Landes zu strategishen Zwedcken bis auf den leßten Tropfen ausnüßen können. Ob die gegen- wärtige Periode, die nur von Geschäftsflauheit und indu- striellen Rückgängen zu erzählen weiß, diesem Plane günstig sei, ob die politische Konstellation der jungen Republik | dies

lassen. Der Bautenminister de Freycinet gab zu dem Ent- | 1 t V D neue / im Dienste der Bahnen ständen, angelegt, die bestehenden

Regierung will aber mit dem Parlament die Ehre und die Ver- | antwortlichkeit ihres Werks theilen. (Sehr gut!) Darum legt |

der Reihenfolge, wie das Parlament es bestimmt, für gemein- | Pa

| Stimmen angenommen. reichen Amendements betrifft, die sich ohne Zweifel einstellen | werden, so wird es sich empfehlen, fie mir zunächst zur Prü- | i Das Programm, welches ursprünglich | nur 7000 km Eisenbahnen umfaßte, erstreckt fich jeßt auf | 11 000 km, wobei die schon votirten 3000 km niht mit ‘ein- | gerechnet sind: nimmt man noch die projektirten Kanäle und | Brücken hinzu, so wird man einer Ausgabe von un- | gefähr 5. Milliarden gegenüberstehen. Allein troz der |

suchen is, befindet sich Frankreich auf der Bahn eines | Aufschwunges, der ihm gestattet, an ein so bedeutendes |

auch dann noch akn geseßliche Fristen gunden sind; nit we- | fann. An diesen Fristen kann nichts geändert werden, wenn |

sondern auf Felsen bauen. Wir müssen Enqueten eröffnen, |

ausgeben. Von 1881 an soll die Ausgabe für öffent- | lihe Arbeiten, Kanäle und Häfen mit eingerehnet, 500 |

gramm für zehn oder zwölf Fahre vor. Dazu tritt nun aber |

gestatte, ob man nicht besser daran thue, die Republik erst

völlig unter Dach zu bringen, indem man sie ihren Kreislauf durchmachen lasse; ob das Land überhaupt zu einer sich auf Milliarden belaufenden Ausgabe sein Amen sage, das sind Fragen, die sich Mancher mit Kopfschütteln vorlegt. Aber von allge- meinem europäischen Gesichtspunkte aus ist der Plan Freycinets in jeder Beziehung zu beahten: er zeigt erstens, daß die Re- publik ihre Lorbern nicht allein auf dem Gebiete politischer Diskussionen sucht; daß sie eine lange Periode des Friedens vorausseßt, in der allein ein fsolhes Werk reifen kann ; es ist ferner ein Beweis, daß Frankreich der Geschäftsstokung auf eigene Faust den Krieg erklärt und dadurch den übrigen Na- tionen Anlaß und CSelegenheit giebt, auf ihrem Gebiete nicht zu verzagen und die Hebung der Jndustrie gleichfalls zu ver- fuhen. Der Bauten-Minifster stellte eine unglaubliche Ver- mehrung der Werkstätten in Aussicht: nah vier Jahren würde sih die Ausgabe des Staates auf 500 bis 600 Millionen be- laufen; ein ungeheures Feld für die Unternehmungslust \fich eröffnen ; alle Eisenbahnlinien, die von landwirthschaftlichem, industriellem und kommerziellem Fntercsse seien, sollen ausgebaut, in den Departements und den Gemeinden neue Straßen, die

Kanäle verbessert und durch neue vermehrt werden, und \chließlih sollen sämmtliche Verkehrsmittel in ihrem Wirken so geregelt werden, daß in Zukunft statt der Nebenbuhler- schaft ein Zusammenarbeiten zu gemeinsamem Zwecke, der Be- förderung des allgemeinen Staatswohles, entstände. Versailles, 1. April. (W. D. B.) Jn der heutigen Sitzung des Senats, in welher 283 Mitglieder anwesend waren, wurde der Antrag auf Vertagung der Berathung der Vorlage, betreffend die Rückverlegung der Kammern nach Paris und die Revision der Verfassung, mit 157 gegen 126

Spanien. Madrid, 30. März. (Ag. Hav.) Die Zeitungen veröffentlichen das Wahlman ifest der gemäßigten Partei. Dasselbe beschwört, nahdem és dás Kabinet Canovas fritisirt und dem gegenwärtigen Lob gespendet, die Wähler sich an der Wahl zu betheiligen. Das ebenfalls erschienene föderalistishe Manifest ist das einzige, welches Wahlenthaltung anempfiehlt. Hr. Canovas befindet sih auf dem Wege der Besserung. Die Nachricht, daß man in Santiago de Cuba eine Vershwörung entdeckt hätte, wird jeßt formell dementirt.

talien, Nom, 1. April... ŒW. T. B) Gäribaldi

| spricht sih in einem von ihm veröffentlihten Schreiben

zu verzögern oder zu beschleunigen. Nichts wird geschehen, | gegen die Gründung einer italienishen Ansiedelung in

Neuguinea aus und fordert die Jugend Ftaliens auf,

wenn das Programm verwegen {einen kann, so wird die | in Jtalien zu bleiben, das bei den noch s{chwebenden inneren

und äußeren Fragen ihrer Arme bedürfe. : : Wie die „Gazzetta d’Ftalia““ mittheilt, hat der Papst

| unter dem 24. d. M. die seit circa 71 Jahren vakant gewesene,

bisher dur Stellvertreter verwaltete Würde eines Großmeisters des Souveränen militärishen Drdens des Heiligen Johannes von Jerusalem, dem bisherigen Bailli Giov. Batt. Ceschi di Santa Croce zu Trient, Kaiserlih öster- reichishem Kämmerer, übertragen.

Türkei, Konstantinopel, 1. April, (W. D. B) Der Sultan hat ein Jrade unterzeihnet,. durch welches der Patriarch Hassun als christlihes und bürgerliches Ober- haupt der armenishen Glaubensgenossenshaften anerkannt wird. Ueber die finanzielle Frage shweben die Ver- handlungen mit Paris und London noch; der von den britishen und französishen Kommissaren beanspruchte ent- hei dende Einfluß bietet gegenwärtig die Haupt})chwierigkeit. Die Pforte hat ein besonderes Reformprojekt für die europäischen Provinzen ausgearbeitet. Der franzö- sische Botschafter, Fournier, ist gestern vom Sultan in Abschiedsaudienz empfangen worden.

Nußland und Polen- St. Petersburg, 30. März. Das Geseßblalt veröffentliht nachstehenden Ukas Sr. Majestät des Kaisers:

An den Dirigirenden Senat.

Indem Wir die von einer bei dem Justiz-Ministerium konstituirten besonderen Kommission entworfenen und im Reichérath geprüften Vor- lagen bezüglih einer Abänderung der Geseßesbestimmungen über die persönlihe Haft für Civilforderungen als Unseren Absichten ent-

| sprechend befinden, befehlen Wir: 1) Die persönliche Haft als

Mittel zur Beitreibung von Geldschulden von säumi- en Schuldnern ist im ganzen Reih, mit Ausnahme der im Artikel 4 dieses Ukases benannten Gebiete, aufzuheben und ist für die Zukunft beizubebalten: a. Der Präventivarrest der Schuldner bei Eintreibung von Wechselshulden; b. die durch die Gesetze bei Insolvenzangelegenheiten vorgesehene Haft und e. die Sicherung der Forderungen durch persönlichen Arrest der Schuldner in Klagefacben, welche in .….der: „Dur: den: Nas …… vom Zahre - 1723 festgeseßten Form vor Gericht geführt werden. 2) Der Artikel 1 dieses Úkases findet aub auf diejenigen Civilforderungen Anwen- dung, welche vor Emanirung desselben anhängig gemacht worden, wenn auch die bezüglih derselben ergangenen Urtheile und Verfügun- gen über persönliche Haft der Schuldner {hon in Vollzug geseßt sind. 3) Den Kreditoren der auf Grund des vorstebeuden Artikels aus der Schuldhaft befreiten Schuldner wird das Recht zugestanden, bei den Gerichten in Betreff dieser Schuldner die Ergreifung der- jenigen Maßnahmen zu beantragen, welche in dem am heutigen Tage von uns bestätigten Gutachten des Reichsraths über einige Abände- rungen in dem Modus der Behandlung von Civilforderungen vorge- sehen sind. 4) In den Baltischen Gouvernements und im König- reih Polen bleibt die Schuldhaft bei Civilforderungen einstweilen noch wie bisher bestehen. i z s Der Dirigirende Senat uni gus ermangeln, zur Ausführung

dieses das Erforderliche zu veranlassen. ; A

i (Das Mrg nal Me von Sr. Kaiserlichen Majestät Höchsteigen- ändig unterzeichnet. x St. Petersburg, am 7. März 1879,

e Alexander.“

Wie der „Russ. Jnvalide“ mittheilt, hat am 27. März

in Gegenwart des Großfürsten-Thronfolgers in dem Dorfe vanovo im Distrikt Lgow, Gouvernement Kursk, die feier- lihe Beiseßung des Feldmarschalls Fürsten Bariatinsky

stattgefunden.