1879 / 95 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 23 Apr 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Unter dem 21. April wird geschrieben: „Zum morgigen Tage, an welchem unsere durhlauchtigste Landesherrschaft das gest der silbernen Hochzeit feiert, werden sih die fünf

reisdireftoren des Landes und die Bürgermeister der vier Hauptstädte in Dessau zusammenfinden, um die durch frei- willige Sammlungen im ganzen Lande aufgebrahte Summe zur Errichtung einer gemeinnüßigen Stiftung zu über- reichen und gleichzeitig die ehrerbietigsten und innigsten Glück- wünsche für das hohe Paar darzutringen. Diese Deputation wird in Abwesenheit der hohen Landesherrschaft, welche lediglich aus Rücksicht auf das Land und ganz besonders auf die Stadt Dessau, welche den Tag durch besondere Aufmerk- samkeiten und Ovationen zu verherrlichen \sich nit versagt haben würde, ihren Silberfesttag in fremden Landen verleben wird, von Sr. Excellenz dem Herrn Haus-Minister von BLD ge in Vertretung Sr. Hoheit des Herzogs empfangen werden.“

Die Betrachtungen, welche in dem Etatsbericht über die Staatsshulden-Verwaltung gemacht werden, ergeben, der „Magd. Zig.“ zufolge, die Thatsahe, daß eine Belastung dcs Staates mit Schulden eigentlich niht mehr existirt. Es betragen die Aktiva: Staatspapiere (Courswerth) 4778 916 M 10 F, Hypothek-Kuüupitalien 1 970 096 M 50 „, sonstige Forderungen 7800 4, Summa 6 756 812 M 60 F; und die Passiva: Prämienanleihe 3 180 000 4, kündbare Ka- pitalien à 5 Proz. 108 900 4, à 4 Proz. 78 600 M, à 31/» Proz. 35 911 4, unverzinslihe 1 273 648 M, Kassenanwei- sungen 81 000 A, in Summa 4 758 059 M, also Uebershuß 1 998 753 M 60 S, wovon indessen in Folge Landtagsbe- s{lusses 50 Proz. der mit voll angenommenen Forderung an Mägdesprung-Neudorf von 810 000 4, also 405 000 4, wieder in Abgang kommen.

Cie p O E

M A t D A Säu

Oesterreich-Ungarn. Wien, 22. April. (2D, 4 D) Dcr Kaiser nahm heute die anläßlih der Feier der silbernen Hochzeit ihm dargebrachten Glüdwünsche des österreichischen Episkopats, des österreichischen Herrenhauses und Abgeordnetenhauses, der Vertretung der Stadt Wien und der Landes- und Städtedeputationen, sowie der Schüßendepu- tationen entgegen. Auf die Glückwünsche des Ep isfo- pats erwiderte der Kaiser, der Episkopat habe jederzeit einen werkthätigen Beweis seiner Anhänglichkeit gegeben, und nur mit dankbarer Anerkennung könne er der un- ablässigen Bemühungen des Episkopats gedenken, Religiosität und Sittlichkeit zu fördern, das Pflichtgefühl zu beleben und die Treue für den Kaiser und die Monarchie wah zu erhalten. Der Deputation des Herrenhauses er- widerte der Kaiser, das Herrenhaus habe \ich in frohen wie in trüben Tagen als ein Hort der dynastishen Treue be- währt, gleihwie dasselbe seinen Beruf im Staatsleben mit Vaterlandsliebe und Hingebung zu erfüllen wisse. HZU der Deputation des Abgeordnetenhauses äußerte der Kaiser, es sei ihm jederzeit erfreulich, die Versicherungen der treuen Anhänglichkeit der Völker durch das Organ ihrer geseßlichen Vertreter zu empfangen; zur besonderen Genugthuung gereiche es ihm, daß das Abgeordnetenhaus am Schlusse seiner Wirk- samkeit die Gelegenheit zur Bekundung seiner loyalen Theil- nahme an der Feier seines silbernen Hochzeitsfestes in \o herz- licher Art finde. Bei dem Empfange der Deputation der Stadt Wien durch den Kaiser erwiderte dieser auf die Ansprache des Bürgermeisters, welher die Glückwünsche der Stadt Wien anläßlich der silbernen Hochzeit darbrachte, er erinnere si dankbar des begeisterten Fubels, mit welchem sein liebes Wien die Kaiserin vor 25 Jahren bei dem festlihen Einzuge be- grüßt habe; es sei derseibe herzlihe Ton, dieselbe Liebe und Treue, mit welcher diese mehr und mehr aufblühende Stadt ihn seit seiner Kindheit umgeben habe, welche fie ihm seit seiner Thronbesteigung in Leid und Freud bezeigt habe und welche sie, so Gott wolle, seinem Hause auch bewahren werde bis zu seinen spätesten Tagen. Der Kaiser dankte \{chließ- lih in seinem und der Kaiserin Namen auf das Herzlichste und fügte hinzu, er habe die glänzende Feier seiner silbernen Hocgell nur gestattet, um seine warme Theilnahme für die

ntwickelung des Gewerbefleißes und der shönen Künste aufs Neue zu bekunden.

Im weitcren Verlaufe des Tages nahm der Kaiser die Glückwünsche der Deputationen der Länder und Städte entgegen. Die Vertreter der auswärtigen Mächte übermittelten die Glückwünsche ihrer Souveräne. Es sind sehr viel Fremde in Wien eingetroffen ; die festlihe Auss{chmückung der Stadt hat begonnen.

Gestern fand im Ministerium des Aeußern unter Vorsitz des Grafen Andrassy eine gemeinsame Ministerkonfe- renz statt. Ueber den Stand der Verhandlungen zwischen den Regierungen berichtet die „Budap. Korr.“ : „Bezüglich der bos- nischen Administrationsfrage dürfte in kürzester Zeit zwischen den beiderseitigen Regierungen eine Verständigung erzielt sein. Ganz unabhängig hievon wird die Frage der Einverleibung Bosniens, sowie auch Dalmatiens in das gemeinsame Zoll- gebiet besprohen. Staatsrechtlihe Schwierigkeiten sind nicht vorhanden, andererseits erscheint aber die Durchführung der Einverleibung nicht leiht. Es haben in den jüngsten Tagen Vertreter der beiden Finanz-Ministerien hier Berathungen ge- pflogen, um die Modalitäten in Betreff der Monopole und der Verzehrungssteuern sür den Fall einer Zolleinigung mit Bosnien zu besprehen und festzustellen. Die Ministerkonfe- renzen werden in den nächsten Tagen fortgeseßt.“

Die „Polit. Korresp.“ meldet: Aus Konstantinopel: Die ostrumelische Kommission hat den leßten Punkt des organ i- schen Statuts für Ostrumelien, betreffend die Regelung der Vakuffrage, nunmehr ebenfalls erledigt. Jn der nächsten Woche wird die Kommission die leßte Lesung des Statuts vor- nehmen. Aus Belgrad: Die Arnauten plünderten bei ihrer Jnvasion alle Ortschaften, welche sie passirtcn, und rich- teten bedeutenden Schaden an. Die serbishe Regierung hat die Pforte verantwortlih hierfür gemacht.

Niederlande. Amsterdam, 22. April. (W. T. B.) Das Jhrer Majestät der Königin von der Bevölkerung ge- widmete Hochzeitsgeschenk wurde heute von dem Bürger- meister überreiht. Beide Majestäten werden heute Abend in Begleitung Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs von Sachsen eine Rundfahrt dur die Straßen der Stadt machen, um die Jllumination in Augenschein zu nehmen.

Großbritannien und Jrland. London, 21. April. (Allg. Korr.) Wie die „Army and Navy Gazette“ er- fährt, trifft die englishe Regierung Vorkehrungen zur Ver- wirklihung des britishen Protektorats über Klein-

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asien. Dem zum General-Konsul für Anatolien ernannten Major Wilson sollen mehrere Offiziere als Gehülfen bei- gegeben werden.

Der Strike der Kohlengrubenarbeiter in Dur- ham gewinnt mit jedem Tage an Ausdehnung, troßdem die Grubenbesißer fih erboten, die ursprünglich beabsichtigte Lohn- herabsezung von 20 resp. 121/2 Proz. vorläufig auf 10 resp. 71/2 Proz. zu beschränken und die Differenz von 10 resp. 5 Proz. einem Schiedsgerichte zur Entscheidung zu unter- breiten. Der Verband der Grubenarbeiter bes{hloß, die Offerte der Prinzipale zum Gegenstande einer Ballotage zu machen, und dieselbe hat bis leßten Sonnabend ca. 22 000 Stimmen für und nur 222 gegen die Fortseßung des Strikes ergeben. Mittlerweile hat in Folge des Strikes ein weiteres großes Hüttenwerk, die Conjett Jron Compagny, welche 5000 Eisenarbeiter und über 3000 Kohlengrubenarbeiter beschäftigt, ihren Betrieb gänzlich eingestellt. Da weitere Aus- shreitungen der Strikenden besorgt werden, hat ein Kaval- lerie-Regiment Ordre erhalten, nah Durham abzugehen.

Der am Montag Abend in Plymouth eingetroffene P o st- dampfer „Durban“ bringt ausführlih.re Mitthei- lungen über die Niederlage der Engländer bei

Jntombe: 4

Wie aus diescn Nachrichten hervorgeht, befand sw cic 193 Mann starke Compagnie des 89. Regiments auf dem Wege von Derby nach Lüneburg, um eine Transportkolonne von 27 Wagen zu eskortiren. Etwa vier englische Meilen ron Umbelinis Kraal ent- fernt, wurde die Kolonne dur den reißend anges{wollenen Intombe- fluß aufgehalten, und der Befehlshaber, Kapitän Moriarty, war ge- zwungen, drei Tage am Ufer des Stromes zu warten, bis die Ge- wässer das Ueberschreiten desselben gestatten würden. Troß der un- glüseligen Ereignisse bei Jsandula verabsäumte Kapitän Moriarty in kaum entsculdbarer Nachlässigkeit, aus den Wagen ein festes Lager herzustellen oder geeignete Maßrcgeln zu treffen, daß die Mannschaften bei einem etroaigen Ueber{alle des als tapfer be- kannten Hävptlinas Umbelini fih vertheidizen könnten. “30, er vertheilte seine Mannschaft sogar auf beide Ufer, als wenn ihm durhaus gar feine Gcfabr drohe. Glülicherweise ift dieser Maßregel die Rettung eines Theils der Mannschaft wenigstens zu verdanken. Offenbar hat Kapitän Moriarty nicht einmal Posten ausgestellt oder sonstige Vorsichtsmaßregeln getroffen, denn plößlich wurde das Lager von einer Horde Zulus, deren Stärke verschieden, auf 4000 und 9000, angegeben wird, bei Naht überfallen und die Leute fo vollständig überruwmpelt, daß viele in ihren Zelten ersla- gen wurden. - Den Angriff soll Umbelini selbs geleitet haben. 43 Soldaten und Unteroffiziere wurden gctödtet, 20 andere werden vermißt und sind wahrscheinlich in den r.ißenden Fluthen umgekom- men, als sie auf der Flucht sich an das andere Ufer retten wollten. Als man von dort aus die Megzelei wahrnahm, wurde sofort um Hülfstrupyen nach Lüneburg gesandt, die glücklicherweise auch früh genug eintrafen, um das kleine Häufchen zu unter|tüßen, das unter Befehl eines Sergeanteu Booth noch Stand hielt. Die ganze Pro- viantfolonne mit 300 Ochsen fiel aber in die Hände des Feindes. Kapitän Moriarty befindet fich unter den Getödteten.

Lieutenant Harward berichtet über die Angelegenheit

folgendermaßén:

Während der Nacht hörte ih in der Ferne einen Schuß fallen und ftand deshalb auf, um das auf der Lüneburgseite des Flusses kam- pirende Detachement durch die Schildwache wecken zu lassen und auch Kapitän Moriarty Meldung zu machen. Dieser befahl, daß die Leute unter Waffen bleiben sollten. Eine Stunde später erscholl plößlich der Ruf: Wache heraus! Ich sprang sofort aus meinem Zelte und sfah, als der Nebel sich gerade hob, eine dihte Masse Zulus nur zw.ihundert Shr&# vom Wagenlager en:fernt, doch war das garze Thal, ztvei bis dre englische Meilen weit, mit Feinden angefüllt. Jh ließ meine Truppen sofort hinter einem Wagen Schutz nehmen und rictete mein Feuer auf die Flanken des Feindes, der das auf der andern Seite des Flusses befindliche Lager zu umgehen suchte. Gleich darauf bemerkte ich aber, daß die Zulus das Lager schon ge- nommen hatten und die Ochsen forttrieben. Die Unsrigen zogen fi nach dem Flusse zurück, der mit Flüchtigen angefüllt war, und ih suchte nun fo viel wie möglih ihren Rückzug durch unser Feuer zu decken, nichtsdestoweniger wurden aber viele von den Specren der Zulus gctroffen, die aub s{on unser Ufer erreiht hatten. Um meinen Leuten nun noch Gelegenheit zu geben, sih zurückzuziehen, ehe ihre Munition erschöpft war, gab ih die Stellung hinter dem Karren auf, gerade früh genug, um einem Ansturme des Feindes zu entgehen. Gleich darauf entstand ein Handgemenge, und da es mir niht möglich war, meine Leute wieder zu sammeln, so bestieg ih mein Pferd, um Lüneburg zu erreichen, von wo sofort Unterstüßung auêgesandt wurde. Im Ganzen sind nur 44 Soldaten dem Ueber- falle entgangen.

Ueber die Vorbereitungen zum Entsaze der be- lagerten Truppen in Ekowe meldet der „Cape Argus“:

Am Tugcelaflusse wird jeßt die Kolonne organisirt, welche die Garnison von Gfkowe entscten soll. Auf die Art und Weise, wie dies geschieht, kommt jeßt viel mehr an, als im Allgemeinen zu- gegeben wird, nur das wird von Jedem eingestanden, daß die Ent- seßung vorgenommen werden müsse, möge sie kosten, was sie will. Die Truppenmach({t Cetewayo’s, welche den Briten den Weg ver- sperrt, wird auf ctwa 15 000 Mann geschäßt; die Entsaßtruppen werden, wenn alle verfügtaren Kräfte benußt werden, numerisch etwa halb so stark sein. Es sind jeßt acht Wochen, seitdem Oberst Pear- son in der Missionsftation des Bischofs Schröder eingeschlossen ist. Anfänglich hat man zwar einige {wache Versuche gemacht, eine Verbindung herzustellen, dieselben find aber nicht weit gediehen. Einen folden Versu wollte auch Lord Chelmsford machen, der sich an der Spiße von 370 Reitern nach Ekowe dur{schlagen wollte, auf allgemeines Zureden den Plan aber aufgab, weil derselbe gar zu waghalsig und gefährlih war. Oberst Pearson soll, da auch Oberst Law nicht vom Tugela abgerückt ist, jeßt {on ziemlich ungeduldig geworden sein, um fo mehr, als sein Proviant zu Ende geht und unter seinen Leuten Krankheiten ausgebrochen sind. Er hat es deshalb unternommen, selbst einen Ausfall zu machen, und zu dem Zwecte eine neue Straße angelegt, die etwas näher ift, als die alte Straße nach dem Tugela. Indessen wird die Entseßung jet wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen, denn von den Hülfstruppen find bereits 3000 Mann, theils Europäer, theils Ein- geborene, seit einigen Wochen in der Nähe von Fort Pearson ver- sammelt, und die übrigen Ergänzungstruppen sind {on auf dem Wege von Durban. Die ganze Kolonne besteht dann aus fünf vollzähligen Linienbataillonen, Artillerie, Kavallerie, den Natal - Freiwilligen und den besten der eingeborenen Trup- pen. Wenn diese Streitmaht nicht den Weg nach Ekowe forciren fkann, dann sfteht den __ Engländern ein Feind gegenüber, mit welchem sie nicht hätten anbinden sollen. Der Vormarsch wird langsam und vorsichtig geschehen. Eine Postenkette unter Major Barrow mit 300 Mann ist bereits von Fort Tenedos bis nah der Sr. Andreas Missionsstation1 - vorgeschoben worden. Bis dahin ist die Straße sehr gut, wie sie aber jenseits ist, weiß man nicht; wahrscheinlich werden die Zulus jedo die Unthätigkeit der Englärd:r benußt haben, um die Wege vollständig unpassirbar zu machen, wenigstens find derartige Meldungen von den Spionen geuade worden. Jm Allgemeinen find die Zulus kéine Freunde von

trategishen Arbeiten und verachten alle Vertheidigungêsmittel, ausge- nommen ihren Schild, Dennoch aber sollen sie viele Gräben quer dur das Land gezogen haben, die nicht nur das Vordringen der Engländer aufhalten, sondern auch den Zulus als Schutmittel dienen sollen. Auch fürchtet man, daß die bei Ifandula genommenen Geschüße, deren Lafeten vom Feinde zurückgelassen find,- irgendwo gegen die vor- rüdendezn Truppen aufgefahren sein werden. Merkwürdig ist nur,

daß die Zulus die GesHüße nit bereits gegen Dberst Pearson an- gewandt haben, der fih dann gar nicht so lange würde haben halten können; au ist es vollständig unbekannt, was der Feind mit den erbeuteten 1500 Gewehren und der Viertelmillion Patroaen gema(t hat. Würden die Entsaßtruppen mit eben so viel Tranéporiwagen ausgerüstet fein, wie bei früheren Gelegenheiten, so würde die Tête der Wagenkolonne s{chon den halben Weg nach Ekowe zurügelegt haben, wenn der leßte Karren- noch nit einmal Fort Tenedos ver- laffen hat, indessen gestattet man sich eiae solhe Extravaganz nicht mehr, und zwar {on aus dem Grunde nicht, weil man nicht mebr so viel Wagen zur Verfügung hat. S

Von anderer Seite wird gemeldet, daß die Ent- seßungstruppen am W. März vom Tugelaflusse auf- gebrochen find. ,

Die Avantgarde wird von Oberst Law befehligt und besteht aus den Seesoldaten der Schiffe „Shah“ und „Tenedos“, zwei Sieben- pfündern und einem Gatlinggeshütßze, zwei Compagnien der Buffs, fünf Compagnien des 99., dem ganzen 91. Regimente und :wei Compagnien berittener Eingeborenen. Dann folgen etwa 100 Karren und zwei Bataillone eingeborener Infanterie, sowie unter Befehl von Oberst Pemberton das 57. Regiment, das dritte Bataillon des 60. Süßzen- Regiments, die Seefoldaten der „Boadicea“ und endlich General Chelmsford und Kommodore Richards mit ihren Stäben. Ekowe soll fo s{nell wie mögli erreiht und dann auf 30 Tage mit Pre- viant versehen werden; außerdem will man unterwegs bei Inyont und auf den Hügeln von Inyezomi feste Lager anlegen. Die Trup- pen sind mit Proviart für zwölf Tage ausgerüstet. Am Donnerstag (? 13. März) signalisirte Oberst Pearson, daß die Zulu-Armee 35 C00 Mann zähle, daß er 100 Kranke und 50 Verwundete habe und nur mit 500 Mann die anrückenden Truppen unterstützen könne. (Wie aus Kapstadt gemeldet wird, ist die Befreiung der bclagerten Truppen am 4. April geglückt. Vergl. telegr. Depeschen.)

Jm Basutoland haben zwei Gefechte stattgefunden, das erste am 21. März zwischen einer Truppe freundlih ge- sinnter Basutos und den Rebellen in der Nähe der Quellen des Buffaloflusses. Bei diesem Gefechte verloren die Feinde 30 Todte und 1500 Ochsen. Bei dem zweiten Kampfe am 23. März bei Silver-Spruit wurden die Rebellen glei{chfalls geschlagen und verloren 50 Mann und 80 Pferde.

Die Versammlung der Transvaal Boers, über die nähere Mittheilungen noch fehlen, soll von etwa 4000 Personen besucht gewesen sein und beshlossen haben, unter allen Umständen darauf zu bestehen, daß ihre Unabhängigkeit wieder hergestellt werde.

22. April. (W. T. B.) Das - amtlihe Blatt ver- öffentl:cht die Ernennung Gould’'s zum englischen Minister-Residenten bei der Regierung von Serbien,

Das „Reutersche Bureau“ meldet über einen Sieg der Engländer aus Capetown, vom 8. d. Mits.; Am Morgen des 3. April griffen 11000 Zulus das Lager des Generals Chelmsford bei Gingholovn an, wurden aber mit großen Verlusten zurückgeworfen. Fn der Nacht des 4. April bewerkstelligte General Chelmsford hierauf die Entsetzung von Ekowe. Der Gesammtverlust der Engländer an Todten und Verwundeten betrug 220 Mann, während die Zulus 2500 Mann verloren. Ekowe wurde ge- räumt, und die Garnison ging über den Tugelafluß zurück. Es war das Gerücht im Umlauf, die Boers von Trans- vaal hätten gedroht, Pretoria zu belagern und sich des Gou- verneurs Bartle-Frère als Geißel zu bemächtigen, wenn die u ihnen erhobenen Forderungen nit zugestanden werden ollten.

Jm Unterhause wurde heute das Telegramm über den Sieg des Generals Chelmsford vom 3. April verlesen und mit großem Beifall aufgenommen. Der Schatkanzler Northcote erwiderte auf eine Anfrage Fawcetts : der Vize- könig von JFndien, Lord Lytton, habe unter dem 3. d. M. telegraphirt, daß er keinen Vormarsch gegen Kabul ohne eine Ermächtigung dazu unternehmen werde; - dagegen dürfte sich vielleiht ein weiteres Vorschieben der Front als nothwendig erweisen, um hierdurch einen Druck auf die Unterhandlungen “auszuüben. Auch die Beseßung von Gandanak könnte aus sanitären Gründen geboten werden. Kavoneci sei gegenwärtig in Gandanak; die Verhand- lungen zwischen ihm und Fakub Khan dauerten noch fort, und könnten deshalb noch keine Details über dieselben mitgetheilt wer- den. Nitchie beantragte die Ernennung eines Aus \chusses, der die nachtheilige Einwirkung, welche die von anderen Län- dern für Zucker gewährten Exportprämien auf die eng- lishe Zuckterindustrie ausüben, ‘untersuhen und darüber be- rihten soll, ob eine Abhülfe auf dem Wege der Gesetzgebung möglich sei. Gleichzeitig empfiehlt Ritchie die Einführung eines entsprehenden Ein gangszolls. Der Unter-Staatssekretär Bou rke erklärte sich zwarbereit, der Ernennung eines Ausschusses zuzustimmcn, fügte indeß hinzu, daß die Regierung für die Ein- führung eines Eingangszolles auch nicht die geringste Unter- stüßung in Aussicht stellen könne. Zugleich beantragt Bourke, der einzusezende Auss{huß solle die Einwirkung der Export- prämien auf die englische e untersuchen und dar- über berihten, welches ittel erwünscht sei, um die etwa bestehertden Uebel zu beseitigen. Der Behauptung Lowe's, daß die Regierung von der hohen Stellung herabtrete, die sie bisher in der Frage des Freihandels eingenommen, trat der Schatkanzler Northcote entgegen, indem er s gegen einen die Exportprämien ausgleihenden Eingangszoll aussprah und darauf hinwies, daß eine Untersuchung unter allen Uinständen sehr nüßlich sei, weil sie die Frage aufkläre. Dur die Gestattung einex Unter- suchung geschehe au nichts, was die bisher stets vertretenen Prinzipien beeinträchtige. Der Antrag Ritchie's wurde dar- auf abgelehnt. Zu dem Antrage der Regierung wurde von Forster ein Zusaßantrag des Jnhalts eingebracht, daß sich die Untersuhung niht auf ausgleichende Zölle erstrecken solle. Die Vertreter der Regierung sprachen si gegen diesen Zusaßantrag ‘aus, welcher darauf mit 70 gegen 46 Stimmen abgelehnt wurde. Der Antrag der Regierung wurde ange- nommen. ;

423. April. (W.- T. B.) Wie dex „Stañdard erfährt, würden von der Regierung noch weitere Truppen- verstärkun gen, wahrscheinlich gegen 1200 Mann, nah dem Kaplande gesendet werden.

Frankreih. Paris, 21. April.

(Fr. Korr.) Die radikalen Blätter jubeïn über den Sieg Blanqui1 §. Die Republik, sagt die „Névolution française“, tritt

mit dem ‘heutigen Tage in eine neue Bahn. Es is ein Richterspruch, sagt die „Marseillaise“, welchen die Nadiî- falen von Bordeaux gefällt haben. „Dem Rathe ihrer ge- wöhnlihen Führer folgend, hatte die Majorität der Kammer eine demüthigende und willkürlihe Gnade dem ausgiebigen Akte der Versöhnung und Eintracht, welchen die Nation er: wartete, vorgezogen. Sie hatte ohne jene instinktive Billigkeit gerechnet, welche die Volksmassen beseelt. Und so sehen sich diese pflihtvergessenen Vertreter jeßt vor die Alternative geé- stellt, entweder allem Rechte zum Trote, das freie Verdikt der

Wähler umzustoßen, oder allen Verbannten, allen Ge- fangenen die Pforten des Vaterlandes angelweit zu öffnen. Die „République frangçaise“ schreibt : „Jn Bordeaux ist Hr. Blanqui mit einer Majorität von nahezu 1500 Stim- men gewählt. Er is nit wählbar und doch gewählt. Dieses Resultat war schon seit einigen Tagen mit Sicherheit voraus- zusehen.“ Wenn also das „Journal officiel“ heute nit eine Begnadigung melde, „welche die Vernunft {on längst gefor- dert habe“ (das ist in der That nit geschehen), so habe man jezt wirklich eine Blanqui-Frage, die morgen \{werer als heute, in ae Tagen noch shwerer als morgen zu lösen, in einigen Wochen s{lechterdings unlösbar sein würde. „Gewiß wäre es besser gewesen, das Resultat nicht erst abzuwarten, und wir geben auch zu, daß dem Kabinet seine Aufgabe leichter fiele, wenn die Wahlziffern umgekehrt wären; andererseits wäre es aber aystößig, wenn man sih gegen das Urtheil des Wahlkörpers steifen wollte, nachdem man nichts gethan hat, die Frage rehtzeitig zu beseitigen.“ Die „République“ empfiehlt ließli, das Kabinet möge dieses Hinderniß „mit einem ent- shlossenen Akte aus dem Wege räumen, welcher seinen auf- rihtigen Freunden das Herz erleichtern und die boshaften Hoffnungen aller seiner Freunde zertrümmern wird.“

21. April. (Cöln. Ztg.) Die Stimmzettel, die bei der gestrigen Wahl in Bordeaux für Blanqui abgegeben wurden, werden für nichtig erklärt und Lavertujon zum gen Deputirten anerkannt werden. Sollte es über diese Wahl in der Deputirtenkammer zum Streite fommen, so wird erf aut mit Nachdruck für die Achtung vor dem Gesetze eintreten. !

Spanien. Madrid, 22. April. (W. T. B.) Nath den bis jeßt vorliegenden Nachrichten über die Resultate der Co r- teswa hlen haben die Konservativen und Liberalen in Ma- drid, Barzelona, Sevilla und den baskishen Provinzen ge- siegt. Die Anhänger der Regiernng in der neuen Kammer werden auf 300, die Mitglieder der Opposition QUE Ca. 112

geschäßt.

Nußland unò Polen, St. Petersburg, 21. April. Der „St. Petersburger Herold“ schreibt : Die in RNostow am Don vorgekommenen Exzesse erweisen sich nach heute vorliegenden Korrespondenzen als einfahe Straßen- tumulte ohne jeden ernsten Hintergrund. Unterm 3, (15.) wird uns ven dort geschrieben :

Die beklagenswerthen Ruhestörungen in unserer Stadt sind, Gott sei Dank, auf keine Umtriebe zurückzuführen. Der ganze Skandal entstand dadur, daß ein Betrunkener lärmte und sich der Polizei widerseßte. Ein berittener Polizeisoldat faßte ihn bei den Haaren und zerrte ihn zu der Polizeistation, während ein anderer Polizeisoldat den Sträubeaden mit der Nagaika \{lug. Das Straßenpublikum stürzte sich auf den Polizisten. Von hier wälzte sich das Publikum, welches nur aus den niedersten Ständen bestand und des” Feiertags wegen nicht in normaler Verfassungsart war, dem Hauptpolizeigebäude, der Wohnung des Polizeimeisters, zu ; hier stürmte der Pöbel das Haus, sowie zwei Polizei-Stadttheil- häuser und warf sämmtliche Papiere, Akten, Möktel und Betten durch die zertrümmerten Fenster heraus, so daß noch am folgenden Aue Fepen von Papieren, sowie Federn auf den Straßen umher nattertien.

Im Polizeigebäude, wo Alles ohne Ausnahme demolirt wurde, hat, fo betrunken der wüthende Pöbel aub war, doch derselbe das Porträt Sr. Majestät des Kaisers mit Ehrfurcht respektirt, indem er dasselbe ganz allein unangetaîtet ließ.

Eine Korrespondenz der „Now. Wr.“ erzählt die Veran- lassung des Tumults der Hauptsache nah in derselben Weise. Auch zwei Korrespondenzen der „Nowosti“ lassen erkennen, daß der Ausbruch der Unruhen auf die erregte Festesstimmung des Pobels zurückzuführen ist,

283. April. (W. T. B.) Graf Shumwaloff ijt nah Wien abgereist, ohne eine eigentliche Spezialmission zu haben. Er wird dort natürlih sich Sr. Majestät dem Kaiser vor- stellen und nochmals besonders gute Wünsche seines Sou- veräns überbringen, deren Uebermittelung sonst auch bereits auf dem gewöhnlichen Wege stattfindet. Der Graf, der als persönlicher Ausdruck sih verständigender Politik gilt, wird Gelegenheit haben, in diesem Sinne sich in Wien erläuternd zu äußern, ohne daß er zu irgendwelchen Spezialverhand- lungen beauftragt ist. Von Wien begiebt sich Graf Shumwaloff auf scinen Posten nach London zurü.

Wie die „Neue Zeit“ vernimmt, is das hohe Kri- minalgericht zur Aburtheilung des Attentäters Sol owje ff

, bereits zusammengeseßt und Go aus 6 Mitgliedern unter

dem Vorsiße des Großfürsten Konstantin Vikolajewitsch.

Amerika, New-York, 20. April. (Allg. Korr.) Der Schatsekretär Sherman hat die Annahme der WISRUnnen des Syndikats der Bankiers auf 40 000 000 oll. Fundirungscertifikate verweigert, weil er zu dem Ent- shlusse gelangt ist, dieselben zur Vertheilung unter das zeih- nende Publikum zu reserviren. Mr. Sherman wird in einigen Tagen die übrigen Zehn-Vierziger Bonds zur Amortisation einberufen. Er wird dem Publikum eine Frist von 60 Tagen gewähren, um die 40 000 000 Doll. Fundirungscertifikate zu zeihnen, und nah Ablauf dieser Frist die Offerte des Syn- dikats der Bankiers für den etwa noch übrig gebliebenen Be- trag annehmen. Der Kriegs-Minister Mc Crary hat ein Cir- kular erlasscn, welches anbefiehlt, daß die Jndianer unter ührung von Sitting Bull, da fie aufgehört haben, ameri: anische Unterthanen zu sein, im Falle ihrer Rückkehr nach den Vereinigten Staaten ergriffen und als Kriegs gefangene behandelt werden sollen.

Asien. Birma. (Allg. Korr.) Meldungen aus Man- dalay vom 19. d. Mts. zufolge, hat König Thibo in einer Versammlung seiner sämmtlichen Räthe erklärt, daß bislang A ihn bestimmt habe, den englischen Forderungen nachzugeben, daß er aber hinfort von Vorschlägen für einen Aus- gleih_ mit England weder hören noch \prehen wolle. Die Unzufriedenheit unter den Senior-Ministern is im Zunehmen

begriffen.

Aus dem Wolffshen Telegraphen-Bureau.

___ Moskau, Mittwoch, 23. April. Das Hochwasser ist hier im Abnehmen begriffen, dagegen laufen aus anderen Gegen- den Rußlands Nachrichten von Uebershwemmungen ein. Der Schaden soll ein recht erheblicher sein.

Neichstags- Angelegenheiten.

tre entwurf, betreffend die Besteuerung des Tabaks.

(Sé{hluß. S. Nr. 93 u. 94 des Reichs-Anz.).

Ordnungsstrafen.

___ §. 40. Die Uebertretung der Bestimmungen dieses Gesetzes, fowie der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften wird, fofern nit die Defraudationsstrafe odér eine der im §. 36 Absatz 2 und 8, 38 vorgeschriebenen Strafen verwirkt ist, mit einer Ordnungsstrafe bis zu einhundertundfünfzig Mark geahndet. o

Unbeschadet der verwirkten Ordnungsstrafen kann die Steuer- behörde die Beobachtung der Vorschriften im 8. 22 Ziffer 1 bis 3, d und 7 über die2 Behandlung der Tabafpflanzungen und im 8. 13 über die Verpackung des Tabaks durch Androhung und Einziehung von exekutivishen Geldstrafen bis zu dreihundert Mark erzwingen, auch das zur Erledigung Nöthige auf Kosten des Säumigen beschaffen.

S. 41. Mit Ordnungsíftrafe (8. 40) wird ferner belegt :

1) wer einem zur Wahrnehmung des S*euerinteresses ver- pflihteten Beamten oder dessen Angehörigen wegen einer auf die Erhebung oder Kontrolirung der Tabaksteuer bezüglichen amtlih:n Handlung oder Unterlassung einer solhen Geschenke oder andere Vortheile anbietet, verspriht oder gewährt, sofern niht der That- bestand der Bestebung (8. 333 des Strafgeseßb: ch8) vorliegt ;

2) wer sich Handlungen oder Unterlafsungen zu Schulden kom- men läßt, durch welche ein solcher Beamter an der rechtmäßigen Ausübung seincs Amts in Bezug auf die Tabaksteuer verhindert wird, sofern nit der Thatdestand der straffaren Widersebßlihkeit (8, 113 des Strafgeseßbuchs) vorliegt.

Zusammentreffen RERT E Pee P E Tanten gegen

e VWeieBe.

S. 42. Treffen mit einer Zuwiderhandlung gegen die Bestim- mungen dieses Geseßes andere strafbare Handlungen zusammen oder ist mit der Defraudation zugleich eine Verletzung besonderer Vor- schriften dieses Geseßes verbunden, so finden die Bestimmungen des Strafgeseßbuchs (§8. 74 bis 78) Anwendung.

Im _Falle mehrecer oder wiederholter Zuwiderhandlungen gegen dieses Geseß, welche nur mit Ordnungsstrafe bedroht sind, soll, wenn die Zuwiderhandlungen derselben Art sind und gleichzeitig entdeckt werden, die Ordnungsftrafe gegen denselben Thäter, sowie gegen mehrer: Theilnehmer zusammen “nur im einmaligen Betrage festgeseßt werden.

Vertretungsverbindlichkeit für verwirkte Geldstrafen.

S. 43. Tabakpflanzer Und diejenigen, auf welche die gesetzlichen Verpflichtungen des Tabafpflanzers übergegangen sind (8. 5, HJY, ¡owie Tabakhändler, Kommissionäre, Makler und Fabrikanten haben für die von ihren Verwaltern, Gehülfen, Ehegatten, Kindern, Gesinde und sonst in ihrem Dienste oder Tagelohn stehenden oder fich ge- wöhrlih bei der Familie aufhaltenden Personen nach diesem Gesetze verwirkten Geldstrafen, sowie für die Steuer und entstandenen Prozeßkoften subsidiarisch zu haften. Wird nachgewiesen, daß die Zuwiderhandlung ohne ihr Wissen verübt worden, so haften sie nur für die Steuer.

__ LTabakpflanzer und diejenigen, auf welche die geseßliHen Ver- pflihtungen des Tabakpflanzers übergegangen sind, haften bezüglich des von ihren zur Verwiegung zu stellenden Tabaks in allen Fällen für die S'euer, welche infolge einer unerlaubten Handlung oder Unterlassung der bezeichneten, von ihnen zu vertretenden Personen vorenthalten ift, sofern dieselbe von dem eigentliÞh Schuldigen nicht beigetrieben werden kann.

Umwandlung der Geld- in Freiheitsstrafen. ___§. 44. Die Umwandlung der nicht beizutreibenden Geldstrafen in Freiheitsstrafen erfolgt gemäß 88. 28 und 29 des Strafgesetz- buchs; jedo darf die Freiheitsstrafe im ersten Falle der Defraudation sech8 Monate, im ersten Rükfalle ein Jahr, im ferneren Rüfalle zwei Jahre nicht überschreiten.

j E Verjährung.

S. 45. Die & trafverfolguug von Defraudationen gegen die Tabaksteuer und von Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen der 8. 27 und 38 dieses Gesetzes verjährt in drei Jahren, die Straf- verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen dieses Gese, welche mit Ordnungsstrafen bedroht sind, in einem Jahre, ron dem Tage an gerewnet, an welchem sie begangen sind.

Der Anspruch auf Nachzahlung defraudirter Gefälle erlis{t in drei Jahren.

§. 46. In Betreff der Feststellung, Untersuhung und Entschei- dung der Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieses Ge- seßes und die dazu erlassenen Berwaltungsvorschriften, sowie in Be- treff der Strafmilderung und des Erlasses der Strafe im Gnaden- wege kommen die Vorschriften zur Anwendung, nach welchen ih das Verfahren wegen Zuwiderhandlungen gegen die Zollgeseße bestimmt.

Die nach den Vorschrijten dieses Gesetzes verwirkten Geldstrafen fallen dem Fiskus desjenigen Staates zu, von dessen Behörden die Strafentscheidung erlassen ist.

__§. 47. Jede, von einer nah §. 46 zuständigen Behörde wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes oder die dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften einzuleitende Untersuchung und zu erlassende Strafentsceidung ka n auchß auf diejenigen Ne, welhe anderen Bundesstaaten angehören, ausgedehnt werden.

„Die Strafvollstreckung is nöthigenfalls durch Requisition der zuständigen Behörden und Beamten desjenigen Staates zu bewirken, in dessen Gebiete die Vollstrekungsmaßregel zur Auéführung kommen soll.

Die Behörden und Beamten der Bundesstaate1 sollen si gegenseitig thätig und ohne Verzug den verlangten Beistand in allen geseßlichen Maßregeln leisten, welhe zur Entdeckung oder Bestrafung der Zuwiderhandlungen gegen dieses Geseß dienlich sind.

S. 48. Die diesem Gesetz entgegenstehenden Vorschriften des Zolltarifs unter Nr. 25 v und das Geseß, die Besteuerung des Tabaks betreffend, vom 26. Mai 1868, werden von dem im §8. 1 und 8. 2 bestimmten Zeitpunkte an aufgehoben, vorbehaltlich der Bestimmung im leßten Satz des 8. 31.

11 Bestimmungen über den Handel und Verkehr mit

Rohtabak und Tabakfabrikaten.

S. 49. Jede Person (Firma, Handelsgesellschaft oder Korpora- tion), welche innerhalb des Zollgebiets Handel mit Rohtabak betreibt, oder Rauch-, Kau- oder Schnupftabak, Cigarren oder Cigarretten ge- werbsmäßig für eigene Rechpung selbst anfertigt, oder durch andere anfertigen läßt, oder endlih mit Tabakfabrikaten Handel treibt, ist gealten, alljährlich zuvor bei der zuständigen Steuerbeh:rde einen L'zenzschein zu lösen.

Bei dem Ansuchen um Ertheilung der Lizenz sind die Räume für die Aufkewahrung, die Fabrikation und den Verkauf des Tabaks oder der Tabakfabrikate anzumelden. Diese Räume unterliegen der steueramtlichen Kontrole. 5

§. 50. Die lizenzirten Rohtabakhändler, Tabakfabrikanten und aba mit Tibakfabrikaten haben Geschäftsbücher zu führen, aus

enen

A, zu u Rohtabakhändlern der Bezug und Abgang von Roh- abat;

b, bei den Fabrikanten der Bezug von Rohtaba i, der Abgang an solchem sowohl behufs der Ueberlassung an Dritte, als auch behufs Entnahme zur Fabrikation, der Zugang an selbst- erzeugten oder sonst erworbenen Paten und der Abgang von Fabrikaten, endlih der Verbleib der Fabrikationsabfälle ;

e, bei den Engroshändlern mit Tabakfabrikaten der Zu- und Uübgang an solchen; ed

d, ats den Detailhändlern mit Tabakfabrikaten der Zugang an olchen

zu ersehen ist. ch

S. 91. Den Beamten der Steuerverwaltung ist die Einsicht in die Geschäftsbücher gestattet, auch dürfen diese Beamten eine Revi- sion der vorhandenen Bestände an Rohtabak, Halb- und Ganz-

fabrikaten in den Geschäftsräumen vornehmen. Die hierbei erforder- lichen Handleistungen hat der Fabrikant auf Erfordern zu leisten oder auf feine Kosten durch Andere leisten zu lafsen.

S IS Alljährlih bis zum 15, Februar hat

a, der RNohtabakhändler und der Tabakfabrikant den im Laufe

des leyten Kalenderjahres bezogenen Rohtabak.

b, der Händler mit Tabakfabrikaten die in demselben Zeitraum

bezogenea Tabakfabrikate na Gattung und Gewicht der zuständigen Steuerstelle anzuzeigen. Die Richtigkeit der Anmeldung kann von der Steuerbchörde gemäß der in S. 91 enthaltenen Bestimmungen geprüft werden.

S. 93. Ur den Lizenzshein, welcher auf den Jahreszeitraum vom 1. April bis 31, März lautet, ist eine Gebühr zu entrichten, die nah der Menge der im leßten Kalenderjahre bezogenen Roh- teh edungsweise Tabakfabrikate bemessen wird, und zwar auf jährlich:

a, 10 Æ, fowie weitere 5 M für jede angefangenen 100 Gentne Rohtabak über eine Men von 100 Seele Macao fe Rohtabak. händler; -

b. 10 Æ, sowie weitere 5 M für jede angefanzenen 20 Centner Rohtabak über eine Menge von 20 Centner hinaus für Tabak- sabrifanten : '

c. 10 M, sowie weitere 5 Æ für jede angefangenen 5 Centaer Tabakfabrikate über eine Menge von 5 Setne Lina für Händler mit Tabakfabrikaten.

Meut lizenzirte Händler und Fabrikanten entrichten für den erften Lizenzschein nur den Jahres\1ß von 10 # Derselbe Say ift von allen Händlern “und Saulen für den ersten nach Eintritt der Wirksamkeit dieses eseßes zu entnehmenden Lizenzschein zu entrihten. Vor der Ertheilung eines Lizenzscheins darf das Han- ALEDeTpRE od.r der Fabrikbetcieb niht begonnen oder fortzeseßt verden.

_§. 56. Die Bestimmungen in den 88. 44 bis 47 finden auf die vorftehend ertheilten Vorschriften sinngemäße Anwendung. Die Verjährung der Strafverfolgung erfolgt in dersclben Zeit, wie die Verjährung von Tabaksteuerdefraudationen. °

Urkundlich 2c.

Gegeben 2c.

Entwvrf eines Gesetzes, betreffend die Erhebung einer Nachsteuer vom Tabak und von Tabakfabrikaten. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König

von Preußen 2c.

verordnen im Namen des Reichs, na erfolgter Zustimmung des

Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

8. 1, Die zur Zeit des Eintritts der Wirksamkeit des Gesetzes vom... , im freien Verkehc befindlichen Rohs- tabake, Halb- und Ganzfabrikate von Tabak unterliegen einer Nach- steuer, gleichviel, ob der Inhaber ein Handel- und Gewerbtreibender ist oder nicht.

Die Nachsteuer keträgt für 109 kg Netto von Tabakblättera, Tabakftengeln, Halb- und Ganzfabrikatea von Tabak 74 M

8. 2. Eine Nachsteuer wird nicht erhoben, wenn die bezeichneten Gegenstände binnen einer hierzu bestimmten Frist unter amtlicher Kontrole über die Zollgrenze geschafft oder unter Beobachtung der bestehenden Zollvorschriften in eine öffentlice Niederlage oder auf eine unter amtliher Kontrole stehende Privatniederlage gebracht und zu dem Ende, soweit nöthig, einstweilen unter Steuervers{hluß ge- stellt worden.

S. 3. Von der Nachsteuer sind befreit:

2, die eigenen Vorräthe, wenn die Gesammtmenze eines und desselben Inhabers 10 kg Netto nicht übersteigt.

Inhabêr größerer Mengen haben keinen Anspruch der sonst von der Nachsteuer freigela\senen Quantitäten ;

b, diejenigen Mengen, welche unter amtliher Kontrole ver- nihtet werden.

8. 4. _Die Entrichtung der Nachsteuer liegt dem Inhaber der nacsteuerpflichtigen Tabake ob, welcher dieselben, gleichviel, ob er sie in seinen eigenen oder in fremden Räumen aufbewahrt, spätestens aht Tage nach Verkündigung des neuen Tabaksteuergesetes bei der nächsten Steuerbehörde schriftlich anzumelden hat.

_§. 9. Die Beträge der zu entrichtenden Nachsteuer werden, so-

A 00, nah vorgängiger Revision, durch die Steuerbehörde fest-

geseßt.

auf Abzug

16 Die bei der Revision erforderlihen Handleistungen hat der Inhaber der nasteuerpflihtigen Tabake auf Verlangen zu leisten oder auf seine Kosten durch Andere leisten zu lassen.

Auf Antrag des Steuerpflichtigen kann die Kreditirung der Nachsteuer nach Maßgabe der vom Bundesrath zu erlassenden Be- stimmungen bewilligt werden.

_§. 6. Bis zu dem Zeitpunkte der Beendigung “der Nach- versteuerung dürfen Rohtabake und Tabakfabrikate nur unter steuer- amtlicher Bezettelung versendet werden. Hiervon sind jedochß Sen- dungen unter 1 kg ausgenommen. Dergleichen Sendungen müssen in ein dem revidireaden Steuerbeamten vorzulezendes Verzeichuiß eingetragen werden.

8. (. Wer den Bestimmungen dieses Geseßes zuwider Tabak oder Tabakfabrikate nicht anmeldet oder unrichtig anmeldet oder ver- sendet, macht sih der Nachsteuerdefraudation schuldig und unterliegt derselben Bestrafung, welhe für die Defraudation eines der Nach- steuer gleihkommenden Eingangszollbetrages bestimmt ist,

S. 8. Die in Beziehung auf die Entdeckung, Verfolgung und Untersuhung und Bestrafung von Zolldefraudationen bestehenden Be- stimmungen finden auh auf Nachsteuerdefraudationen Anwendung.

Urkundlich 2c.

Gegeben 2c.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Schulprogramme ohne Abhandlungen. Friedrichs- Gymnasium. Jahresberiht über das Schuljahr von 1878—79. Vom Direktor Professor Dr. Kempf. Berlin, 1879.- Die Anstalt besuhten 821 Schüler. Sie entließ zu Ostern v. J. 18, zu Michaelis 5 Abiturienten. Friedrichs8-WerdersheGewerbeschule in Berlin. Dieselbe bildet ihre Schüler für die Studien auf technischen Hochschulen ; in ihren mittleren Klassen verfolgt sie zugleich das Ziel der Vorbildung für den bürgerlichen Beruf. Sie ist keine Fadschule, so..dern eine Bildungsanstalt, welche das geistige Vermögen ihrer Schüler zu derjenigen Entwicklung bringen will, welche die noth- wendige Vorausseßung einer freien und selbständigen Erfassung des Lebensberufes bildet. Sie pflegt neben den sprachlih-historischen Fächern besonders die mathematish-naturwissenschaftlihen und das Zeichnen; das Lateinische ist von ihrem Lehrplane autges{lossen. Der Kursus der Gewerbeschule ist neunjährig. Das dur die Abiturientenprüfung an der Gewerbeschule erworbene Zeugniß berechtigt unmittelbar zu den Studien auf den technischen Hochschulen und zu den Prüfungen für den Staatédienst im Bau- und Maschinenfah, und nach einer Ergänzung in Betreff des Lateinischen auch zu den Studien und den Staatsprüfungen für das Bergfach, zum Studium der Mathematik, der Naturwissenschaftin und der neueren Sprachen auf den Königlichen Universitäten und zu den nachfolgenden Staatsprüfungen, zum Eintritt in die Offizierlaufbahn unter Dispensation von der Fähnrichsprüfung, in den Postdienst mit Aussicht auf Beförderung in die höheren Dienststellen, in die König- lichen Forstlehranstalten und in das reitende Feldjäger-Corps. Die

ulafsung zum einjährig-freiwilligen Militärdienste wird auf ein Zeugniß über einen einjährigen erfolgreichen Besuch der Sekunda ge- währt. —— Nach dem Jahresberichte des Direktors Gallenkamp über die Friedrichs-Werdersche Gewerbeschule betrug die Anzahl ihrer Schüler im verflossenen Scbuljahre im Sommersemester 1878 im Ganzen* 580, im Wintersemester 1878—79 im Ganzen 582. Michaelis 1878 verließen na vorschriftsmäßig abgelegter Abiturientenprüfung 4, am Schluß des laufenden Schul jahres ebenfalls 4 Schüler die

Anstalt.