1901 / 282 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 28 Nov 1901 18:00:01 GMT) scan diff

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Noch: Hafer.

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13,78 14,29 14,25 15,18 14,21 14 85 14,44 15 00 15,00 14,34 14,27

14,49 14,50 14,33 13,99 14,28 13,80

Bemerkungen. Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der Dun eyes wird aus den unabgerundeten Zahlen Ein liegender Strich (—) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.)

f L berechnet in ben leßten iechs Epalten, daß entsprehender Bericht feblt.

der Jnfanterie von Goßler, Minister für - andel und Ge- werbe Möller, Staatsjekretär des Reichs-Schaßamts Frei- herr von Thielmann. Nummer d. Bl. berichtet.

des tags Stel Mala Er (nl.): ex

Deutscher Reichstag. 98. Sigzung vom 27. November 1901. 1 Uhr. Am Tische des Bundesraths: Kriegs-Minister, General

Ueber den Anfang der Sihung wurde in der gestrigen

Es folgt die Verlesung der nahstehenden Jnterpellation

der Herr Reichskanzler bercît, Auskunft zu geben über die

Vorfälle, welche zu dem am 4. November 1901 in Insterburg statt- echabten Zweikampf zwishen dem Leutnant Blaskowiß und dem Sethiatd Hildebrandt geführt haben; insbesondere darüber Mit- theilung zu machen : x

ob die Bestimmungen vom 1. Januar 1897 zur Ergänzung der

Einführungsordre zu der Verordnung über die Ghrengerichte

der Offiziere eingehalten worden sind? A Welche Maßregeln gedenkt der Herr Reichskanzler zu ergreifen, um den Vorschriften, daß mehr als bisher ten Zweikämpfen der Offiziere vorgebeugt werden soll, wirksamere Geltung zu ver- schaffen ?*“

Nachdem auf die Frage des Präsidenten der Kriegs- Minister, General der Jnfanterie von Goßler sih zur sofortigen Beantwortung bereit erklärt hat, erhält zur Begrün- dung der Interpellation das Wort der ]

Abg. Bassermann: Am 4. November 1901 hat in Insterburg ein Zweikampf stattgefunden zwischen dem Leutnant Blaskowih und dem Oberleutnant Hildebrandt. Der Ausgang war tödtlich; Leutnant Blaskowiz is der Verwundung durch einen Schuß in den Unterleib erlegen. Der Nachruf des Offizierkorps be- zeichnet den Verstorbenen als einen treuen und guten Kameraden. Der Vorgang hat in allen Volkskreisen , auch in Offiziers- freisen lebhafte Erregung hervorgerufen und die bittersten Kritiken veranlaßt. Wir haben aus diesem Anlaß die vorliegende Inter- pellation eingebracht. Der erste Theil will Klärung \{chaffen über die thatsählichen Vorgänge, welche zu dem Duell geführt haben, und welche nicht klar gestellt sind, weil die Oeffentlichkeit bei den friegsgerihtlihen Verhandlungen nicht immer bestand. Es scheint, als ob die Allerhöchsten Vorschriften vom 1. Januar 1897 nicht volle Beahtung gefunden haben. Jf das nicht der Fall, dann ist die letzte Frage, die wir gestellt haben, nur um so mehr berechtigt. Ich habe zunächst die Aufgabe, den Thatbestand, soweit er erkannt ist oder si fonstruieren läßt, vorzutragen. Der Leutnant TaEOES ein Offizier von 25 Jahren, war Bataillons-Adjutant und galt als be- fähigter Offizier. Er stand vor seiner Hochzeit und hatte einige Tage vor dem Duell seinen Junggesellen-Abschied im Kasino gefeiert. Bei diesem Abschied am 31. Oktober ist, wie feststeht, ziemlich viel getrunken worden; auch naher noch hat der Leutnant in dem Hotel „Königlicher Hof“ bis 4 Ubr weiter getrunken, zuleßt eine Flasche Sekt. Er ist dann auf der Straße liegen geblieben; später ist er gefunden worden in einer Thüröffnuna bockend und s{hnarchend, und zwar von anderen Offizieren, die ibn nah seiner früheren Junggesellenwohnung führten. Dort ist es nun in dem Gang, in dem Flur, zu unangenehmen Auseinandersezungen gekommen. Es sind zunächst Aeußerungen derber Natur, die besser niht gefallen wären, von den leitenden Offizieren gethan worden, daran {lossen ih Thâtlichkeiten des Leutnants Blaskowiyz. Ueber diesen Theil der Afäâre ist Bestimmtes niht bekannt, weil die Oeffentlich keit bei der späteren Verhandlung ausges{lossen war. Es scheint

estzusteben, daß der Artillerie-Oberleutnant Hildebrandt durch gewisse eußerungen den Leutnant Blaéëkowitz gereizt hat. Die Herren haben den letzteren dann zurückgelassen; fie haben den Versuch gemacht, cinen Offizier des Infanterie-Regiments Nr. 147, dem Blaëkowiy an- gebörte, zu treffen. Sie begegneten dem Leutnant Schmidt und gingen zu dem Blaskowißz zurück, der in dem Flur wieder eingeshlafen war. Gr wird erweckdt und von Schmidt nah Hause gebracht; er {eint dabei niht ganz unzurechnungsfäbig gewesen zu sein. Die beiden Artillerie-Offiziere machten sofort Anzeige beim Ehrenrath seines Regi- ments. Am anderen Morgen hatte ih der Leutnant Blaskorwit nah der Bahn begeben, um nach Deutsh-Evlau zu seiner Braut zu fahren. Der Vater giebt cine Schilderung von dieser Neise, wonach sein Sobn von harmloser Fröhlichkeit erfüllt war. Jn Deutsch-Évlau wird er durch ein Telegramm zurückckgerufen, die Folge der Anzeige beim Ehrenrath. Es ist als festgestellt anzusehen, daß der Ebrenrath einen Versöbnungsvorschlag nicht gemacht hat, und so das Duell mit scinem unseligen Ausgang veranlaßt worden ist. Der Oberleutnant Hildebrandt kat wegen Zweikamvfs eine Strafe von mvei Jahren erbalten. Den Zweck des Auss{lufscs der Oeffentlichkeit kann ih mir nicht erklären. Jit eine Gefährdung dienstlih r Interessen zu besorgen gewesen ? Meines Erachtens nit denn {con in allen Zeitungen war die Mittheilung enthalten, daß Zwistigkeiten und Thätlichkeiten zwischen den Be- theiligten vorgekommen waren. Es hat sich lediglih darum gehandelt, daß in sinnloser Trunkenbeit der Leutnant Blaëkowiy Schläge aus- getbeilt hat; nah der späteren Verhandlung lag allerdings vielleicht nicht sinnlose Trunkenbeit vor. Volle Klarheit ist aber niht ge- schaffen worden; wir sind bloß auf Zeitungsberichte angewiesen, und deswegen haben wir die erste Frage gestellt. Wir beabsichtigen mit der Interpellation keine Erörterung über die prinzipielle Berechtigung oder Nichiberecchtigung des Duells. Darüber find ja prinüpielle Aeußerungen aller Parteien \honu vor einizen Jahren im Reichstage erfolat. Wir wollen mit allen Mitteln für die Einschränkung eintreten. (Zuruse links: Weiter nichts?) Eineclei, ob man das Duell prinzipiell verwirft oder nicht, die auf dem Wege des Duells gesvhie Genug- thuung der verletzten Ehre gelten lassen will, dieses Duell durfte nicht iltatlfinden. Der Leutnant Blaskowiti bat eine durhzechte Nacht mit seinem Leben bezahlen müssea. Als Jurist ift für mih das Eine

angenommen werden kann; oder wenn auch die Zurehnungsfähigkeit nit ganz ausgeschlossen wird, er hat gehandelt unter dem Uebermaß des Einflusses der geistigen Getränke, genossen bei dem Liebesmahl im Kasino und nah demselben. Die Hauptfrage ist für uns die: Sind

die Vorschriften über das ehreader lite Verfahren von 1897 ein-

gehalten worden oder nicht? Aus diesen Vorschriften ist der feste Wille

des Allerhöchsten Kriegsherrn zu ersehen, die Duelle in der Armee ein-

zushränken. (Redner zitiert den Eingang der erwähnten Verordnung.)

Zum gütlichen Ausgleich soll die Hand geboten werden, und dem Ghren-

rath wird das ernste Bemühen in dieser Richtung zur besonderen Pflicht

erflärt, auch wird dem Regiments-Kommandeur darüber hinaus noch

ein Recht auf Abänderung des ehrengeri{htlichen Spruches

und auf Anbahnung eines Ausgleihs gegeben. Unsere Frage

wird* in dem vorliegenden Falle nicht bejaht werden können.

Er hat einen Ausgleihsvors{lag niht aufgestellt, er erklärte

sih dazu außer stande. Das scheint mir nah der Sachlage nicht

gerechtfertigt. Entweder war Blaskowitß unzurehnungsfähig oder so

{wer betrunken, daß er die Tragweite seiner Handlung niht mehr

ermessen konnte. Ein alter Offizier hát sich in der „Kreuzzeitung“

zu ganz ähnlichen Ansichten bekannt. Auch eine militärärztliche Stimme hat in der „Täglichen Rundschau“ \sih auf denselben Boden gestellt. War das der Fall, so mußte der Ehrenrath auch einen Aus-

gleihsvorschlag machen. Da dieser niht von ihm erzwungen werden kann, so lag es in der Hand des Obersten, der ja in den leßten Tagen seinen Abschied bekommen hat, einen Ausgleich anzubahnen. Aber auch das ist nicht gesehen; er hat den Spruch des Ehrenraths bestätigt. Wie weit die höheren Instanzen betheiligt find, ist nicht klar. Wäre man ausgegangen von dem Willen, der in den Bestimmungen von 1897 seinen Ausdruck gefunden hat, so hätte man einen Auégleichs- versuch machen müssen. Aber noch in einer anderen Richtung sind die Allerhöchsten Bestimmungen nicht befolgt. Kein Duell darf statt- finden, ehe das ehrengerihtlihe Verfahren seinen Abschluß gefunden hat. Es fönnte in diesem Verfahren auf Warnung erkannt werden oder auf {lichten Abschied und auf Entfernung aus dem Offizierstande, wenn es ih um \{chwere Verfehlung handelt. Wäre biernach verfahren worden, so wäre ebenfalls das Duell ver- mieden worden. Daher ift die Frage berehtigt, ob und aus welchen Gründen diese Nichteinhaltung erfolgt ist. Wurde verfehlt gegen Sinn und Geist und Wortlaut der Kaiserlihen Verordnung, fo reht- fertigt sh von selbst unsere dritte und leßte Frage. Die Vorfälle, wée zu dem Duell geführt haben, sind betlagenswerth im Interesse der Armee und des Offizierkorps. Es ist jammervoll, daß ein junges Menschenleben über einen Zwist, dem jede sahlihe Basis feblt, der lediglich durch die Anregung des geflossenen Alkohols ent- standen, im Duell ershossen werden mußte, und namenloser Jammer über eine Familie gebraht wurde. Es muß dem Aller- bhôöcsten Willen klar und unzweideutig Geltung verschafft werden. Wir sind stolz auf unser Offizierkorps, wir wissen aber auch, wie {wer es namentli in fleinen langweiligen Garnisonen ist, den guten Geist des Offizierkorps aufrecht zu erhalten. Wir müssen auf die hervorgetretenen Schattenseiten hinweisen, um mit der Kriegêsverwal- tung gemeinsam die Mißstände aus der Welt zu hafen. Es muß verwirklicht werden, was der Kaiser in der erwähnten Verordnuag grun festgelegt hat: „Jch will, daß den Duellen in Meiner Armee Einhalt gethan werde!“

Kriegs-Minister, General der Jnfanterie von Goßler: Ich erkenne an, daß der Herr Interpellant in woblwollender und gerehter Weise die traurige Angelegenheit besprochen hat. Ih glaube aber dem Zweck der Interpellation damit nit zu dienen, alle Einzel- beiten, und war Einzelheiten, die niht einmal vor dem Gericht zur Sprache gebracht worden sind, hier anzuführen. Jh würde damit meines Erachtens über den Rahmen meiner Kompetenz hinausgehen. I{ch meine auch, die Nebenumstände sind an sih bedeutungslos; man muß vielmebr die Thatsachen möglichst klarstellen und sih dann nah Klarstellung der Thatsachen fragen, was hätte geschehen sollen und bâtte geshehen müssen. Jch stimme dem Herrn Vorredner darin bei, daß dieses Ereigniß im bêöchsten Maße beklagenswerth ift, und daß es einen jungen Offizier getroffen hat, der bis dahin vorwurfsfrei diente und eine gute Zukunft versprah. Auch die Milderungsgründe, die der Herr Vorredner an- geführt bat, erkegne ih an. Leutnant Blabkowiy befand sich in einer sehr hochgradigen geistigen Erregung, und zwar im Hinblick auf seine bevorstebende Hochzeit mit einem von ihm geliebtea Mädchea. Diese Grregung muß ihn in einer Weise beeinflußt haben, daß er die Selbstbeherrihung, die ihm sonst zu eigen war, verloren und fich Offizieren gegenüber, die in echter Kameradschaft sih seiner annahmen, als er bilflos war, zu Ausschreitungen hat hinreißen lassen, die nicht zu rechfertigen sind. Wenn ich die Thatsachen nun in ihrer vollen Nacktheit darstellen darf ich habe die Milderungösgründe vorausgeshickt —, so ist der Thatbestand folgender: Ein junger Leutnant betrinkt sich in einem öffentlichen Lokal, ist niht mehr im stande, nah Hause zu gehen und sinkt auf der Straße zusammen. Andere Offiziere finden ihn in

Meine Herren, diese Details weiter aufzurollen, halte ih für überflüssig. Es fragt sich nur, was in Anbetracht eines {olchen That- bestandes geschehen sollte. Ich für meine Person, meine Herren, bin darüber keinen Augenblick im Zweifel, daß bei einer derartigen Ver- anlassung die Möglichkeit eines Ausgleihs vorhanden sein mußte. Jst doch dur die Vernehmung des Leutnants Blaskowiß festgestellt, daß er sh nicht erinnere, Kameraden in der Nacht beleidigt zu haben und daß er die Erklärung abgegeben hat, er sei bereit, um Verzeihung zu bitten. (Hört! Hört!) Meine Herren, auf dieser Grundlage mußte ein Ausgleih stattfinden. (Sehr .rihtig)) Im übrigen ist insofern richtig verfahren worden, als der Ehren- rath bestimmungsgemäß die Sache in die Hand genommen hat. Durch diese Erklärung des Leutnants Blaskowit, bei der die Zurechnungs- fähigkeit zunächst keine Rolle spielt denn seine Erklärung war ja für den Ehrearath maßgebend —, war die Grundlage gegeben, ihn zu veranlassen, die Beleidigten um Verzeihung zu bitten. Daß sih daran gegen ihn die ehrengerihtlihe Untersuhung knüpfen mußte, weil er die Standesehre verleßt hatte, das verstand sich von felbst. (Sehr richtig! rechts.) Wie das Ehrengericht dann entschieden haben würde, ob Entlassung mit \{lichtem Abschied oder Entfernung aus dem Offizierstande verhängt worden wäre, das mußte die nähere Unter- suchung ergeben. Meine Herren, diese meine persönliche Ansicht wäre jedo von verhältnißmäßig geringer Bedeutung, wenn niht die entscheidende Stelle, der Allerhöchste Kriegsherr selbst, nah sehr eingehender Prü- fung zu der bestimmten Entscheidung gekommen wäre, daß den Ab- sichten und dem Sinne der Allerhöhsten Ordre vom 1. Januar 1897 nit entsprochen worden sei. (Hört! Hört!) Seine Majestät haben dieser Seiner Willensmeinung in der ernstesten Form Auédruck ge geben und sind Willens, der Autorität der Ordre vom 1. Januar 1897 volle Geltung zu verschaffen. Die näheren Einzelheiten entziehen ih natürlich der öffentlichen Diékussion, denn es sind lediglich Aus flüsse der Allerhöhsten Kommandogewalt. (Bravo!) Ich glaube, meine Herren, wir können Seiner Majestät nur dankbar sein, daß Er uns auch hier mit gewohnter Energie den richtigen Weg ge- zeigt hat. Was die weitere Frage der Interpellation anbelangt, welhe Maß regeln der Herr Reichskanzler zu ergreifen gedenke, um den Zwei- kämpfen der Offiziere mehr als bisher vorzubeugen, so- liegt meines Erachtens die beste Abhilfe darin, daß die Ordre vom 1. Januar 1897 im vollen Maße durchgeführt wird, worauf nah dem von mir soeben erwähnten Vorgange mit Sicherheit gerehnet werden kann. Ih wüßte auch niht, welhe Ergänzungen dieser Allerhöchsten Ordre ih vorshlagen scllte. Die Ordre is hervorgegangen aus den Berathungen einer Immediat-Kommission hervorragender älterer Offiziere, und sie steht voll und ganz auf geseylichem Boden. Ich habe bei einer früheren Gelegenheit die Ehre gehabt, dem hohen Hause die historishe Entwickelung des Duells vorzutragen. Jh darf daran erinnern, daß in früheren Zeiten nach Anordnung des Allerhöchsten Kriegsherrn der Tod, später die Kassation auf dem Duell stand, und daß diese strengen Strafen es nicht vermocht haben, das Duell auszurotten. Meine Herren, ih begrüße es als einen sehr wesentlichen Fortschritt, daß die Strafbestimmungen über das Duell in das Strafgesepbuch aufgenommen worden sind, und daß dadurch ein gesetzlicher Boden vorbanden ist. Der Offizier ist wie jeder Bürger des Staats dieser Strafbestimmung unterworfen; er hat aber auch dieselben Rechte, und ih würde es geseßlih nicht für zulässig und rihtig halten, den Offizier in dieser Beziehung anders zu behandeln als jeden anderen Bürger des Reichs. Daß die Armee die Pflanzstätte des Drells sei, wie vielfa behauptet wird, ist vollständig unzutreffend. (Sehr richtig! rechts.) Diese Auffassung wird dur die Statistik begründet und be- stätigt. Es haben Fattgefunden Duelle zwischen aktiven Offizieren : im Jahre 1894 vier, 1898 drei, 1899 aht, 1900 vier, 1901 fünf. Wenn Sie diese Zahlen mit denen der Offiziere im Etat vergleichen, so ist die Zahl der Duelle doch so minimal, daß ih für das Offizier- korps den Anspruch erheben darf, daß der gute Ton bei ihm vor- berrsc{end ist. (Beifall) Ih möhte auch nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß in weiten Kreisen der bürgerlichen Bevölkerung die Frage tes Zweikampfs lange niht mit dem Ernst aufgefaßt wird, wie in der Armee, und daß gerade der Offizier eventuell in die Lage fommt, diesen Anschauungen Rechnung tragen zu müssea. Jch habe bereits bei früheren Gelegenheiten. dem Gedanken Aus-

diesem Zustande, und in dem Gefühl echter, wahrer Kameradschaft beschließen sie, sich seiner anzunehmen und ihn nah Hause zu bringen. Das tragische Geschick will es dann, daß die Kameraden den Leutnant Blaskowiy in diejenige Wohnung Albrechtstraße 5 bringen, die er vor kurzem aufgegeben hatte, um die neue Wohnung zu bezieben, in der er scine Ebe beginnen wollte. Dicser Umstand hat den Kon-

vraslisher Natur in seinem trunkenen Zustande als Beleidigung auf-

flar: Gntweder hat er im Zustande der LagureBanngsEgfee! ge handelt, so daß au keine Beleidigung und kein Bewußtsein dersel

faßte und diese Beleidigung durh einen Schlag rächte.

flikt eigentlich verursaht, indem Blaskowiy in der Trunkenheit, hier- | über ungehalten, widerspenstiz wurde, cine gutgemeinte Warnung |

druck gegeben, daß ih den Wegfall der Zwistigkeiten, das Aufbôren | der Duelle von ter zunehmenden Gesittung und dem Ernst der Lebenb-

aufíassung abhängig mathe. Ich bin überzeugt, daß, wenn auf diesem

Wege fortgeschritten wird, diese Frage sich von selbst erledigt. Ih

würde aber wünschen, daß die Beleidigungen s{hwerer bestraft werden | wie bisber. (Sebr richtig!) In anderen Staaten ist mit den Strafen wegen Beleidigung in der Regel cin erheblicher Vermögenëverlust verbun- den. Ich möchte auch noch darauf hinweisen, wie tief bedauerlich ift, daß vielfach in öffentlichen Blättern die Armee und das Offizierkorps auf das \hmäblichste angegriffen werden. Auch in dieser Beziehung kann ih

das vornehme und ruhige Verhalten des Offizierkorps diefen Be- [eidigungen gegenüber nur anerkennend hervorheben. (Beifall rechts.) Meine Herren, wenn es zu einer Besprechung der Interpellation kommen sollte, dann bitte i auch die Herren, in dieser Hinsicht Mäßigung zu beobahten. Ih versprehe mir von einer Verschärfung der Gegensäße gar nichts; im Gegentheil, diese Frage will durchaus rubig behandelt sein. Spannen Sie den Bogen zu \{arf, dann tritt Selbsthilfe cin, und das is der gefährlihste Weg, den es giebt. (Beifall rets.)

Abg Dr. Bachem (Zentr.): Wir werden dem Kriegs-Minif vor allem Seiner Majestät zu Danke verpflichtet fein für die 4 Fest. stellung, -daß in diesem Falle mit voller Entschiedenheit den S {riften der Kaiserlichen Verordnung von 1897 gemäß eingeschritten worden ist. Man darf na den eben gehörten Erklärungen annehmen daß bei solchen Betrunkenen-Geschichten einjDuell niht mehr vorkommen wird. Die volle Energie, mit welcher eingeschritten worden ist, hat auch der Kriegs-Minister aus begreiflicher Nüksichtnabme nicht mitgetheilt, wir dürfen fie aber wohl aus gewissen Zeitungsnachrichten s{ließen. Aber damit sind wir doch noch nicht am Ende derjenigen Erörterungen welche an diese Interpellation angeschlossen werden müssen. Wie ist es denn mögli, daß gegenüber einer fo klaren Kaiserlichen Verordnung dem Sinne und dem Wortlaut so widersprohen werden konnte ? Wie ist es möglich, daß auch die höheren Instanzen diefer Verkennung zum Opfer fallen konnten? Der Interpellant läßt es offen, ob es nicht doch Falle giebt, in denen troß dieser Verordnung ein Duell unver- meidlih ist; darin liegt der Kern der Sache. Sobald Sie nur einen cinzigen Fall anerkennen, seßen Sie die Entscheidung über die Nothwendigkeit des Duells in den subjektiven Standpunkt des Beleidigten. Dieses subjektive Moment würde die Beseitigung des Duells für immer hindern. Und ih bedaure, daß der Interpellant durhblicken läßt, daß solhe extremeu Fâlle eristieren können. Das ist und bleibt eine Halbheit. Jeder Fall, der vorkommt, auch wenn die Zahl der Fälle geringer wird, u die Oeffentlichkeit immer mehr aufregen und beunrubigen wenn fie ficht, daß es einen Stand giebt, der sih berechtigt laubt, über diese Allerhöchsten Vorschriften hinwegzuschreiten. Es handelt ih hier garniht um cine gewöhnliche Verfehlung. Noch nie hat einer extlärt : in diesem Falle darf ih stehlen, oder in diesem Falle darf i untershlagen; aber hier heißt es nackt und dürr: in diesem Fall darf ih mi duellieren und darf über die Kaiserlihen Vorschriften hinweg- gehen. Das Duell foll auf übermäßiges Trinken zurückzuführen sein. Das ftimmt, aber daraus ist kein Schluß erlaubt auf das gesammte deutsche Offizierkorps. Meine Erfahrungen als Reserve-Offizier bestätigen mir nicht, daß Fälle ertremer Trunkenheit vorgekommen sind; die mancherlei Fälle erhöhter Fröhlihkeit kommen dabei natlirlih nicht in Betracht; im großen Ganzen hält si das Offizier- Torp8 von diesem deutschen Laster in der lobenêwerthesten Weise fern und weit mehr fern als andere Stände. Aber im deutschen Offizier- korps hält sih immer die Meinung aufrecht, daß in gewissen Fällen das Duell unvermeidlih sei, und ein solcher Fall liegt hier vor. Die jungen Leutnants haben unzweifelhaft unter dem Drude gehandelt wir müfsen uns duellieren, und nur deshalb haben sie sich duelliert. Steht die Kabinetsordre auf geseßlichem Boden, wie ih mit dem Kriegs-Minister anerkenne, so war gar keine Möglichkeit gegeben, daß ein Duellfall als unvermeidlih anzusehen war. Deshalb Tomme ih nicht zu dem uegativen Schluß des Kriegs-Ministers. Es muß etwas Weiteres geschehen, um die Kabinetsordre zu ergänzen. Ih habe sie früher auch für genügend gehalten, aber solhen Fällen wie den cben gei eren gegenüber kann ich dabei nit mehr bleiben. Wenn in solchen Fällen Offiziere zur Pistole greifen, so genügt es nit, die Verordnung neuerdings energisch einzushärfen, es muß viel- mebr flar gemacht werden, daß fein Offizier sein Fortkommen in der Armee schädigt, wenn er ein Duell aus solchem Anlaß ablehnt. Ich bitte daher den Kriegs-Minister, nohmals ernstlihst mit sich zu Rathe zu gehen. Nur auf dem angedeuteten Wege werden wir das Duell beseitigen. Was im englischen Heere möglich war, muß auch in Deutschland möglich sein. i i

Abg. Schrader (fr. Vgg., {wer verständlih): Auf dem ein- geschlagenen Wege wird in der That das Duell nicht zu beseitigen sein. So lange niemand in der Armee sein darf, der niht die Noth- wendigkeit des Duells prinzipiell zugiebt, so lange wird au die Kaijerlihe Verordnung niht durchgreifend wirken können: vielmehr wird nicht selten im Zweifelsfalle die Unvermeidlichkeit des Duells und nicht die Kaiserlihe Verordnung bei den Entscheidungen der Shrenräthe das Ausfchlaggebende sein. Im bürgerlidden Leben it das Duell ja leider au heute stärker verbreitet als früber. Es liegt das daran, daß der Reserve-Offizier den Anschauungen des

Offizierkorps über das Duell sich auch in der bürgerliben Svbäre |

glaubt unterwerfen zu müssen, will er niht aufhören, Reserve-Offizier zu fein. Sowle die Duelle aus der Armee verschwinden, verschwinden sle auch im bürgerlichen Leben. Jt es denn nun ganz unmögli, in

»

der Armee das Duell auszurotten? Man spricht von cinem Privi-

legium; weite Kreise halten es für ein privilegium odiosum, aber |

niht für cin Mittel, die verleßte Ehre wieder herzustellen.

Dex darin liegende Zwang wird auch in Offizierskreisen sehr | [chwer empfunden, und seine Aufbebung würde sie erleichtert | würde das strenge |

aufathmen lassen. Zu Unzuträglichkeitea Duellverbot in der Armee keineswegs führen; is der Wille dazu da, der Weg scheint wahrlih vorhanden zu sein. Damit, die

_—

Sache der Entwickelung der Kultur und der Sitte zu überlassen, |

kommen wir nit weiter, denn welcher Offizier wird wagen, der ent- gegengeseyten Meinung seines Vorgeseßten gegenüber auf seiner Meinung bon der Unnöthigkeit des Duells zu beharren ? Auf diesem Wege wird das Duell niht abgeschafft, sondern verewigt. Wie in England könnte auch bei uns vorgegangen werden; der Erfolg würde nicht ausbleiben. Es würde keinen s{höneren Ruhmestitel für einen Kriegs-Minister geben, als den, der Urheber einer solhen wahrhaften Kulturmaßregel zu sein; er würde fich damit nicht bloß um uns, sondern um die ganze Welt verdient machen. . „x Abg. Graf von. Bernstorff- Lauenburg (Rp.): Wenn sich ein ioler Fall zuträgt, wie der in Rede stehende, so wirft sich allerdings von selbst die Frage auf, ob die entschiedene Stellungnahme des Reichs- tage în der Duellfrage und die ergangene Kaiserliche Ordre auch wirklih die gebührende Beachtung gefunden haben. Hier sehen wir, daß ein Stand oder Bestandtheile desselben sih noch immer für be- reWtigt balten, alle diese thatsählihen Momente zu ignorieren. Auch ih spreche dem Kiiegs-Minister die Bitte aus, recht sehr in Erwägung ju nehmen, ob niht doch mit energischeren Maßregeln vorgegangen werden kann. Wir müssen vor Allem dahin kommen, eine shärfere Strafe für Beleidigungen zu statuieren.

Abg. Haase- Königsberg (Soz.): Der Kriegs-Minister hat in cigenthü \ 10e i K genthümlihem Gedankenzusammenhange gegloudt, cine Warnung vor Angriffen gegen das Offizierkorps an das Haus zu richten. Diese nung war ganz überflüssig. Jh stehe der Trunkenheit q nicht gzrade günstig gegenüber. Die Zunahme der Fälle von j vellen, welche in der Trun enheit ihren Ursprung haben, beweist, daß s Offizierkorps ebenso wie in den andern Ständen dem Alkohol ge- Wdigt wird. Die Verordnung von 1574 und von 1897 steht, was us te wieder darüber gesagt worden ist, nicht in vollem Ein- Nase mit den Geseyen. Es is danach vorgeschrieben. daß bei Dag e Uung des Zweikampfes die Standeesitte gewahrt wird. de oel doh nur, der Ghrenrath habe auf shärfere Bedingungen d iéhung zu balten, weny der Fall nah seiner Ansicht schwer- Std hrend es Grundsay der allgemeinen Strafjustiz ist, daß die Fa fe zu einein Delikt nicht in einem Mißverbältniß steben darf wed em Falle waren die Betheiligten nah dreimaligem Kugel- bis el bereit, sich zu versöhnen, ader es wurde ihnen die Fortseyung © zur Kampfunfädigkeit auferlegt, und s{ließlich wurde einer der

Da liegi ja gerade d se i feffer! f ei baid dan E L in Ee Peter Redner kommt auf einen Details er erzählt und dann ; Arr a ae or rien, e Tee mit einer Abbitte für beigelegt erklärt; der Ron oiimantene enerál von Treitschke aber erwirkte eine Ordre des Königs von Sachsen, welche diesen Sciedsspruch des Ehrenraths annullierte, und der betreffende Leutnant wurde mit {lihtem Abschied entlaffen, weil er nicht gefordert hatte. Der Kommandeur des betreffenden Regiments hat seinen Offizieren später den Rath gegeben, in Zukunft mindestens auf Säbel zu fordern. ist der Sieg der rohen, barbarischen Auf- fassung, die im Duell zur Geltung kommt Leute, welche innerlich durh- aus verlumpt waren, Schurken haben si durchaus eine Stellung im bürgerlichen Leben zu behaupten gewußt, ledigli, weil sie bereit waren, stets mit der Pistole Gegner niederzuknallen. Das ist der privilegierte Ehrbegriff. Die Ehre des Einzelnen in der Gesellschaft muß gewahrt werden, und darum halte ih die Schiedsgerichte für eine durchaus berehtigte Einrichtung ; aber Einen niederzuknallen deshalb weil er einer menschlichen Uebereilung zum Opfer gefallen ist, das e 2A nur der, dem der Begriff der wahren Ehre nicht aufgegangen ist. Wenn die Herren sih gegenseitig niederknallen, so möchte das ja das große, in ihren Augen gemeine Volk nichts angehen aber wir gehen deswegen immer und immer mit Energie gegen diesen Unfug vor, weil die Behörden mit zweierlei Maß messen. Gingen fie nur mit der Hâlfte der Energie gegen die Duellanten vor, die gegen Véranstaltungen der Arbeiterbevölkerung entfaltet wird, es würde längst besser geworden fein. Ergeht eine Kaiserliche Ordre, welche einfach befindet, daß kein Offizier einen Zweikampf ein- gehen darf, so wird das Duell bald der Geschichte angehören. Und das wird um so schneller gehen, wenn fein Offizier in der Armee mehr geduldet wird, der einen Zweikampf eingeht. Und ent- sprechend s{nell werden die Duelle dann aus aus der bürgerlichen Gesellschaft vers{wunden sein. Mit der Verordnung von 1897 ist nichts Wesentliches für Abshaffung des Duells geschehen. Die das glauben, sind auf dem Holzwege. Vor allem muß au die Be- strafung den Charafter einer Ehrenstrafe verlieren. Werden die Duellanten einfa wie der Arbeiter, der einmal mit dem Bierseidel einem Anderen ein Loh in den Kopf s{hlägt, ins Gefängniß geworfen wird vielleicht mit ihnen so umgesprungen wie mit dém ehrenwerthen Redakteur, der über die Straße in Ketten transportiert wurde, würde endli der Herr Kriegs-Minister niht immer wieder Begnadigungen befürworten, so würden wir auf dem Wege der Beseitigung des Duell- unwesens weiter kommen. S ige __ Königlich sächsis{Wer Bevollmächtigter zum Bundesrath Major Krug von Nidda: Meine Herren! Der Herr Vorredner hat geglaubt den all in Insterburg mit dem Fall des Oberleutnants Hoffmann zu Meß in ursächlichen Zusammenhang bringen zu müssen. J wüßte eigentlich nit, wie hier Beziehungen zu {afen wären. E3 wäre doc ein mertwürdiges Offizierkorps, das sich durch mindestens unwahrscein- lih klingende Zeitungsberihte, wie fie über den Fall Hoffmann er- schienen find, derartig beeinflussen ließe, daß es dana seine Stellung zu der Duellfrage einnähme. Der Thatbestand, den der Herr Abg Haase vorgebracht hat, entspriht ja im wesentlihßen dem, was in dietem Sommer in den Zeitungen aller Parteien zu lesen war. (Also! bei den Sozialdemokraten.) Dieser Thatbestand ist aber gerade in wefentlichen Einzelheiten nicht der rihtige. Nach der Schilderung des Herrn Vorredners hat es den Anschein, als sei damals der Oberleutnant Vofsmann von dem jungen betrunkenen Offizier, der in das Nebenzimmer die sogenannte „Leichenkammer“, wie der Herr Vorredner sich aus- drückte, geschafft worden wäre, leiht am Kopf getroffen worden, und zwar anscheinend unabsihtlih. Die Akten dagegen ergeben, daß der junge Dffizier sih auf den Oberleutnant Hoffmann gestürzt und ihn mehrfach derart ins Gesicht geschlagen hat, daß man es im Neben- zimmer hat flatsden hören. Ob das nun ein leihter Stoß oder eine {were thätlihe Beleidigung ist, darf ih wohl Ihrem Ermessen meine Herren, anheimgeben. Dieser Vorgang hat sich abgespielt in Gegenwart mehrerer fremder Offiziere, mehrerer Fähnriche und Vize- Feldwebel der Reserve. Es ist dann niht weiter getafelt worden und der Sache weiter keine Bedeutung beigemessen worden, wie der Herr Vorredner gemeint bat, sondern der Oberleutnant Hoffmann hat, nachdem der betrunkene Offizier nah Hause gebracht war, sofort einen Kameraden beauftragt, am anderen Morgen sich zu dem Beleidiger hinzubegeben, aber „nit, um sich lediglich zu vergewissern“ wie gefagt worden ist, „ob der Leßtere sich des Vorgangs erinnert und ihm zu eröffnen, daß die Angelegenheit eventuell dem Ehrenrath unter- breitet werden solle“, sondern diesen Auftrag mit dem Zusaß ertheilte „falls Jener sih weigere oder absihtlih gehandelt habe, folle er ihm eine Forderung überbringen“. Das ist weder in den Zeitungen noch vom Herrn Vorredner gesagt worden. Hierauf hat der junge Offizier den Oberleutnant Hoffmann in dessen Wohnung um Entschuldigung gebeten. (Zurufe links.) Warten Sie nur ab! Der Herr Vorredner hat gemeint, der Oberleutnant Hoffmann habe die ibm dargebotene

üellanten tödtlich getroffen. Herr Bassermann hat die Vorschriften ei& erordnung über den Ebrenrath und über den gütlihen Aus- | da d vorgelesen, aber die Hauptsache ausgelassen; es heißt näml ch ae der Beleidigte die gebotene Hand der Vermittlung nur anzu- | en habe, „soweit Stanadeösitten und Standesehre cs zulassen“.

Hand der Versöhnung angenommen. Meines Erachtens ist doch zwishen dem von mir aktenmäßig festgestellten Thatbestande und diefer Aeußerung ein gewaltiger Unterschied, denn Hoffmann hat die ibm dargebotene Hand nicht angenommen, weil sie ibm garnicht an- geboten wurde, sondern er hat den ersten Schritt gethan und hat als Beleidigter den Beleidiger um die Hand der Versöhnung bitten lassen. Ich meine, der Unterschied ist augenscheinlich. Die Akten über dieses Ereigniß sind dann auf dem Dienstwege an den komman- dierenden General von Treitshke in Leipzig gegangen, welcher die ehrengerichtlihe Unterfuhung des Falles für nöthig gehalten bat nit aber deshalb, wie der Herr Vorredner wobl gemeiut bat, weil aus der Form des Auftrags an den Kartellträger bervorgegangen wäre, daß dem Oberleutnant Hoffmann eine gütlihe Erledigung willkommen gewesen wäre, sondern weil er sich gegen den § 7 der Allerböhstcn Kabinetsordre vom 1. Januar 1897 vergangen hat, welcher vorschreibt, daß der Betreffende unter Unterlassung aller weiteren Schritte feinem Ehrenrathe Mittheilung zu machen hat und zroar sofort. Er hat aber die Schritte selbst unternommen und nit durch deu Ebrenrath unternehmen lassen, dessen Präses er die Angelegenheit sofort dienstlich melden mußte. Das ist der Grund, weswegen das ehrengerihtlihe Verfahren eingeleitet worden ist. Bei dem Regiment, bei welchem das Verfahren stattgefunden batte, ist dann eine derartige Stimmenzersplitterung über die Auf- fassung ter Angelegenheit vorgekommen es hat beinake die Hälfte der Richter auf Verlezung der Standesehre, also auf Gntlafsung mit s{lichtem Abschied votiert daß der kommandierende General hierauf erst eine Ordre Sciner Majestät erwirkt hat, das Ehren- geriht eines anderen Regiments, welhes der Sache unparteiisch pegenversteve, möge einen neuen Spruch fällen. Dieses Ebrengerichk at dann cinftimmig erkannt, daß Hoffmann die Standesehre verletzt, daher mit s{lihtem Abschied zu entlassen sei. Dies ist also nab den Akten eine ganz andere Darstellung, als wir sie vorber gehört haben, und es ift der Fall vollkommen korrekt von dem komman- dierenden General behandelt worden.

Abg. Munckel (fr. Volkép., sebr {wer verständlih): Der Oberleutnant Hoffmann hatte tie Ueberzeugung, daß der junge Offizier niht mit Bewuktsein gehandelt babe, und wollte demnach zunächst festitellen, ob er fich in dieser Ucberzcugung nicht irre. Das ist ibm bestätigt worden. Im Ehbrengericht bat fh au cine ver- ständige, wenn auch fleine Mehrheit gefunden, die den Fall mit der Entschuldigung für erledigt erklärte. Das hat der lommandierende General nit für genügend erahtet. Und cin unparteiisches, unbe- fangenes i will niht noch ein Wort mit „un“ hinzufügen Gericht hat dann anders entschieden und cinem Mann, der persênlih zum Frieden geneigt war, wie jeder verständige Mensch, den schlichten Ablchicd aus der Armce ertheilt. Wenn die Besprechung des Falles nur ia dieser Hinsicht Klarstellung gebracht bätte, dann wäre ih mit dem Ergebniß zufrieten. Im übrigen sind wir fast einig. Die Fälle bedürfen nit der Beurtheilung, sondern die Verurtheilung ift all-

durh den Spruch des Ebhrenraths verbindert, der ei fri

lihen Ausgleih für ausgeschlossen hielt ; das würde die, “áe noch etwas erschweren, ändern würde es daran allerdings nichts. Daß wir vor einem Mißstand stehen, wissen wir seit Jahren. Das Votum des Reichstages war einmüthig oder mindestens fast ein- müthig gegenüber der Unsitte des Duells. Dieses Haus ist ja sehr bes eiden, aber so bescheiden wie in diesem Falle war das Haus noh nie. Daß wir dur unser Votum die Kabinetsordre von 1897 erreicht haben, schien ein ungeheurer Fortschritt, und nun sehen wir, daß diese Ordre den Fall Blaskowißz mögli gemacht hat. Ich finde die Hauptveranlassung der Duelle nicht in den Personen, die die Geseße falsch anwenden, sondern in dieser Kabinetsordre felbst. Die Worte darin, die Herr Haase zitiert hat, Herr Basser- mann aber zu zitieren vergaß, lauten dahin, es solle die Augs söhnung den Offizieren nur dann erlaubt sein, wenn Standesehre und gute Sitten es zulassen. Jch kann mir einen Fall nit denken wo die gute Sitte verböte, die um Verzeihung bittende Hand anzu- nehmen. Wenn der Oberst die Standesehre so verstand, wie er es that, wer will ihm daraus einen Vorwurf mahen? Was Standes- ehre ist, ist ein subjektives Ermessen. Wenn ein Offizier glaubt jede im viertel oder halben Bewußtsein geschehene Berührung des Gesichts verlange nah der Standesehre Blut, fo ist er über diese Auffassung Niemand Rechenschaft huldig. Herr Bassermann will nihts weiter als Maßregeln, daß die Duellzahl noch weiter heruntergeht. Ich sage, das Duell muß sein oder es Dandlung vor, so wird sie nach dem Gesetz bestraft werden müsse

Macht denn das Duell die Sache? Man inöcte die Babidinee strafen vershärfen; ih glaube, die gegenwärtigen Gesetze reihen aus wenn man sie nur gehörig anwendet. Keiner der Offiziere wird, wenn nicht das Stra geseßbuh schärfer ist, das Duell unterlassen. Das Duell ist das vornehme Vergehen. Wer wegen Duells eine Festungss\trafe erlitten hat, kann sich darauf berufen wie auf ein halbes Adeleprädikat. Er is satisfaktionsfähig. Die Ehren- gerihte machen das WVerbrehen gegen das Gefeß, das Duell erst fertig und versehen es mit allen Schußwehren. F eitungsbaft ijt die vornehmste Form der Bestrafung. Der Offizier, der sih nicht duelliert, wird mit \{li{chtem Abschied entlassen. Da ift es für ihn besser, er duelliert sich und geht auf ein paar Monate oder sogar auf zwei Jahre auf Festung und avanciert danah ruhig weiter als sich „mit shlichtem Abschied entlassen zu lassen, womit immer ein gewisser Vorwurf verbunden ist. Selbit das theoretische Auftreten gegen das Duell, die Erklärung, dem Geseße leben zu wollen und niht dem Standesvorurtheil, macht den Offizier unmöglih. So lange das Duell als vornehmes Vergehen von oben her anerkannt wird, wird es Mode bleiben. Jch habe mal die Idee auftauchen hören, man solle das Duell in die tiefsten BVolks\schichten als Sitte verpflanzen; wenn es da Boden fände würden es die Vornehmen aufgeben. Man erkläre es für ritterli, um Verzeihung zu bitten und die dargebotene Hand zur Verzeihung anzunehmen. Man foll nah christliher Lehre einem Feind verzeihen warum nicht einem betrunkenen Freunde Man entferne Den aus der Armee, der diesen Koder der Ritterlichkeit niht anerkennt. Der Nitter von La Mancha hatte auch ritterlihe Ideen, aber es war ein irrender Vitter. Der Oberleutnant Hildebrandt hat jeßt das Be- wußtsein, einen geliebten Kameraden todtgeschossen zu haben. Jch möchte diesen Vorwurf niht auf meiner Brust haben. Blut ift C L Se 4 dicker als Wasser, und dieser Blutfleck vird nicht weggewis evor niht das ganze Insti ggewis,

e veggeriumt A ; ch ganze Institut weggewischt _ Abg. Bebel (Soz.): Die Verordnung von 1897 hat nur de

Zwed, auf eine möglichste Einschränkung des Duellwesens cia s Dffizieren hinzuwirken; von einer Beseitigung ist niht die Rede. Wäre dies die Absicht gewesen, dann brauchte der Kaiser nur eine Ver- ordnung zu erlassen, in der er erflärte: es darf unter teinen Umständen mehr ein Duell zwischen Offizieren stattfinden. Während des deutsch- französischen Krieges durften nach einer Kaiserlichen Verordnung Wilhelm's 1. keinerlei Duelle stattfinden. (Widerspruch des Kriegs- PMinisters.) Der „Reichsbote“ hat diese Mittheilung gebracht und sie ist unwidersprochen geblieben. Im Laufe der preußischen Geschichte ist wiederholt von den Landesherren g gen das Duell eingeschritten worden. Duellanten wurden sogar mit dem Tode bestraft, also als Mörder behandelt. Auch Josef 11. von Oesterreich ging shonungslos gegen Duellanten vor. Es ist unrichtig, daß die Kaiserliche Berordnung mit dem bestehenden Recht und Gesetz in vollem Einklang steht. Das Gegentheil ist der Fall. Der Kaiser steht niht über dem Gese,

über der Verfassung; er hat nicht das Recht, irgend eine Verordnun zu erlassen, die mit dem Geseß und der Verfaffung in Widerspru) steht. Das Gesetz und die Verfassung werden aber verleßt, wenn der Kaiser eine Verordnung erläßt, wie die von 1897, worin er die Duelle wenn auch unter bedingten Umständen, zuläßt. Der Kaiser kann. wenn er überhaupt in dieser Weise eine Verordnung erlassen will, nur sagen : die Duelle sind kraft des deutschen Strafgesezes und des Piilitär-Strafgeseßzes verboten, und kein Offizier darf es mehr wagen, gegen diese Geseße zu verstoßen. Wenn die Volksvertretung dem Kaiser das Recht einräumt, als oberster Kriegsherr Ver ordnungen zu erlassen, die im Widerspruch mit den bestebenden Ge segen stehen, was kann ihn dann abhalten, auch andere Gesetze auf dem Verordnungswege aufzuheben, oder wenigstens zu durch- lôchern ? Diese Verordnung ift ungeseßlih: sie durfte nicht erlassen werden. Da der oberste Kriegsherr nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, so müßte der Kriegs-Minister zur Verantwortung ge zogen werden. Leider geht auh das niht. Solange wir nicht ver- fassungsmäßig das Recht haben, Minister, die solhe Verorduungen gegenzeihuen, verantwortlich zu vernehmen oder strafrechtlich zu ver- folgen, steht auch der Say auf dem Papier, daß der Reichskanzler verantwortlich ist. Für den Kriegs-Minister ist es nicht angenebm, eine Sache zu ‘vertreten, die immer mehr in Mißkredit kommt. Diese sich mchrenten Fälle zeigen, daß Vieles in der Armee nicht in Ordnung ist. Das Unsinnige ist, daß die Duelle eine Art Lotteriespiel sind, und daß vielfach der Unschuldige sein Leben einbüßt, wie in dem bekannten Ehebruchsfall. Der Duellunfug steht in screiendem Widerspruch mit Jhrem Rechtsstaat. Wäre die Volksvertretung in dieser Sache wie in anderen energischer, so würde man aud in den entscheidenden Kreisen anders handeln. In dem sähsishen Falle kommt niht § 7, sondern § 1 in Betracht, wonach Offiziere, die niht auf gütlihem Wege eine Streitigkeit zum Austrage bringen können, verpflichtet sind, Anzeige zu machen. Es ist niht allein der Oberleutnant Hoffmann mit s{hlihtem Abschied ent- lassen worden, sondern auch der Oberst des Regiments hat seinen Abschied nehmen müssen. Was den Insterburger Fall anbetrifft. so frage i, wie ist es denkbar, daß ein junger Leutnant, der vor seiner Verheirathung steht, mit Wissen und Willen einen Kameraden beleidigen kann. Mit diesen Dingen wirds nicht früher besser als bis nicht mit dem ganzen Duellunfug aufgeräumt wird. Der Bestand der Armee hängt nicht vom Duell ab, au die Ehre des Offiziers hat damit nichts zu thun. Daß auch die bürger- lichen Duelle mit den militärishen vershwinden werden, unterliegt feinem Zweifel. Das Duellwesen spielt äuch im bürgerlichen Leben cinc viel zu große Rolle; ih erinnere nur daran, daß im Prozeß Sternberg der Vber-Staatsanwalt Braut wegen einer amtlichen Acußerung vom Vertheidiger gefordert wurde. Das ist unerbört! Daß auch der Interpellant gegenüber dem Duellwesen keine bestimmte Stellung einnimmt, erklärt sich aus seiner doppelten Eigenschaft als Korpsitudent und Offizier. Für die Stellung der Studentenschaft ¡um Duell ift der 8. C.„Komment von außerordentlicher Wichtigkeit : die Bestimmungen desselben steben in Widerspruch mit dem Straf

geseßbuch. Die Mitglikder werden in bestimmten Källen unter Androhung entechrenden Ausschlusses gezwungen, \sch dem Duell

zu unterwerfen. Wa3 würden Sie dazu sagen, wenn cine sozial

gemein. Ich hätte nur noch cinen Wonsh: nah den Zeitungs- berichten war nit bloß der Leutnant Blaskowitz sceinerscits zum Frieden aeneciat, sondern seine ritterlih ausgestreckte Hand ich spreche mit den Worten ter Kabinetsordre sollte au ritterlich von |

| dem angebli VBeleitigten in Empfang genommen werden. Das ift |

| zu thun, die mit dem Gesey in Widerspruch stehen

demokratisSe Verbindung ibre Mitalieder dazu verpflichtete, Dinge zu l t Freilich, die Leute des 8. C. find în erster Linie Staatsanwälte, Michter, döhere Polizeibeamtie, unsere Minister, ih glaube sogar der Reichskanzler Hoffentlich haben meine Ausführungen den Erfolg, dak die gesammten

muß nicht sein. Liegt eine Kränkung einer Person oder eine infame

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