1879 / 107 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 08 May 1879 18:00:01 GMT) scan diff

Zur Tafel hatten die Spißen der Behörden von Frank- furt a. M. und verschiedene Notabilitäten aus Wiesbaden Einladungen erhalten. :

Die Abreise Sr. Majestät des Kaisers ist auf heute Abend festgeseßt worden.

Jhre Majestät die Kaiserin-Königin hat in Baden-Baden den Besuch Jhrer Königlichen Hoheiten des Grafen und der Gräfin von Trani, nicht, wie irrthümlih ge- meldet, des Grafen und der Gräfin von Flandern, empfangen

Der Bundesrath trat gestern zu einer Sizung usammen. Heute versammelten sih die vereinigten Aus- desselben für Zoll- und Steuerwesen und für Zustiz- wesen.

Der Séhlußbericht über die vorgestrige Sizung des Reichstags befindet sih in der Ersten Beilage.

In der heutigen (40.)Sigzung des Ne:hstag 8, welcher der Präsident des Neichskanzler-Amts, Staats-Minister Hosmann und mehrere andere Bevoi!mächtigte zum Bundes- rath und Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Prä- sident mit, daß eingegangen sei: das zu London am 29. März 1879 1:nterzeihnete Uebereinkommen zwischen dem Deutschen Reiche und Großbritannien, betreffend das Eintreten des Deutschen Reichs an Stelle Preußens in den Vertrag vom 20. Dezember 1841 wegen Unterdrückung des Handels mit afrtkranti]chen Negern.

Darauf seßte das Haus die erste Berathung des Geseß- entwurfs, betreffend den Zolltarif des deutschen Zoll- gebiets, fort. Zunächst erhielt das Wort der Kommissarius

des Bundesraths, Geheime Regierungs-Rath Burchard. Er |

führte aus, daß die Regierungen in Folge der Haltung der dieser Vorlage gegnerish gesinnten Abgeordneten von ihrer ursprünglich beabsichtigten Taktik, die Widerlegung der gegen die Details der Tarifvorlage erhobenen Vorwürfe des Abg. Delbrück bis zur Spezialdiskussion aufzuschieben, abzugehen genöthigt seien, und {hon der Abg. Frhr. v-n Varnbüler habe den Anfang mit einer solchen Detailwiderlegung gemaht. Er wies sodann nach, daß der Vorwurf, die Tarifkommission habe durch Normirung des Zollsaßes für Baumwollen- garne den armen Fishern 1hre Netze vertheuert, unbegründet sei. Der Einwurf des Abg. Delbrü, die durch den Tarif unmöglih gemahte Rückfuhr von leeren Selters- wasserflaschen betreffend, sei sachlich unbegründet, da in den Vorbemerkungen zur Vorlage generell gesagt sei, daß die Rück- fuhr leerer Umhüllungen, die gefüllt ausgeführt seien, ohne Rücksicht auf den Stoff, aus welchem sie beständen, voraus- geseßt, daß ihre Identität feststehe, zollfrei sei. Der von dem- jelben Abgeordneten angefohtene Saß auf Druckwalzen für Kattundruck beruhe auf den eingeholten Gutachten der Jnter- essenten. Demnach treffe der Vorwurf mangelnder Sachkennt- niß die verbündeten Regierungen nicht. Was den Export betreffe, so seien die Regierungen geneigt, auf Grund D Prinzips Der. Joeutitalt, vou dem fle zux Zeit niht abgehen könnten, alle dem Veredelungs- und Dur(- fuhrverkehr wünschenswerthen und möglichen Erleichterungen zu gewähren, aber sie könnten dieses in der Geseßgebung bis- e aufrecht erhaltene Prinzip niht durch das des Aequivalents eßen.

Der nächste Redner aus der Mitte des Hauses, der Abg. Dr. Lasfer, entwidelte seinen dem Abg. v. Bennigsen ent- gegengesezten Standpunkt. Er wies zunächst den Vorwurf als unbegründet zurück, daß die bisherige Wirthschastspolitik

von den absoluten Freihändlern, die im Hause in der Mino- |

rität feien, gemacht worden wäre, und behaup:ete, die Majorität des Reichstages unter Führung der Regierung und des noch jetzt im Amte befindlichen Ministers Hofmann hätte diese Politik bestimmt. Wichtige Enqueten habe diese Majorität be- s{lossen, um die Nothlage einzelner großer Jndustrie- Zweige zu untersuhen. Man müsse aber wohl unterscheiden, ob eine unparteiishe Regierung in richtiger Erkenntniß der Lage der Judustrie die Jnitiative zu einer solhen Bewegung in die Hand nehme, oder ob sie entstehe aus der Bewegung der JZnteressenten, die fich zur Erreihung ihrer Zwecke zu widernatürlichen Koalitionen verbinden und dann als mächtige Partei die Regierung auf ihre Seite ziehen. Unter jeder Be- dingung sei es zu tadeln , daß dieser Tarif ohne genügende Sachkenntniß, wie ja der Abg. von Varnbüler selbst zugegeben habe, aufgestellt sei, möchten die Freihändler oder die Regierung die Schuld dafür tragen. Des Reichstags Aufgabe sei es jeßt, selbst mit Aufopferung der Badezeit, diesen Fehler möglichst wieder gut zu machen. Die Regierungspresse handle nicht flug, wenn sie für die auss{hließlihe Plenarberathung der Vorlagen plaidire. Durch die landwirthschaftlihen Zölle werde der alte Gegensaß zwischen Stadt und Land wieder wah gerufen. Zur Ruhe werde dieser Kampf auch mit diesem Tarif niht kommen. Die Nothlage der wirthschaft werde übertrieben dargestellt, namentlih sei das in der lezten Rede des Reichskanzlers geschehen. Die statistischen Zahlen, welche neulich der Regierungskommissar, Geheime Regierungs-Rath Tiedemann, über die Subhastationen des ländlihen Grundbesißes angeführt habe, seien nicht stringent beweisend. Jedenfals dürfe man nicht der Landwirthschaft durch Erlaß der Grundsteuer ein Kapital von circa einer Milliarde schenken und diese Summe aufbringen durch Zölle auf die nothwendigsten Lebensmittel, welhe gerade den ärmsten Mann relativ am stärksten träfen. Das würde eine Finanzpolitik der Besißer jein. Der Redner erklärte sich sodann entschieden gegen das Programm des Reichskanzlers, die direkten Steuern voll- ständig durch indirekte Steuern zu erseßen. heißen, die besizenden Klasen von Steuern unverhältnißmäßig zu entlasien auf Kosten der ärmeren. Er wolle zwar die eigenen Einnahmen des Reiches erhöhen bis zum Erjaß der Matriku- larbeiträge dur geeignete Steuern, müsse si aber entschieden gegen die dem Reiche und den Einzelstaaten unheilvolle, vom Reichskanzler geplante Ueberschußpolitik erklären.

Bei Swluß des Blattes hatte der Präsident des Reichskanzler-Amtes, Staats-Minister Hofmann das Wort.

Die dur Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 20. Juni v. Js. befohlene Verlegung der 4. Escadron 2. Branden- burgischen Ulanen-Regiments Nr. 11 von Kyriß nach Perleberg hat am 1. d. Mts. stattgefunden.

Se. Dur@Ÿlaucht der Prinz Friedrih von

Anhalt, Seconde-Lieutenant im 2. Garde-Regiment 3. F., |

ist von einem mehrwöchentlihen Urlaub nah Frankreih und talien hierher zurüdgefehrt.

Land- |

| theilung, daß der Kaiser die Wahl Angelis

Denn das würde |

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren Dr, granz Hentschel in Wartha, Dr. Chantraine in Aachen, Dr, Kraft in Bonn, Dr. Baumann in Bayenthal, Dr. Aly in Barmen und Dr. Draeck in Wachtendunk.

Bayern. München, 7. Mai. (W. T. B.) Die hiesige Gewerbekammer hat im Einverständniß mit der Hamburger Gewerbekammer die Abhaltung des Delegirtentages defi- nitiv auf den 3. bis 6. Juni d. J. anberaumt. Diesbezüg- liche Anträge und Wünsche sind bis spätestens den 24. d. Mts. hierher einzureichen.

Hessen. Darmstadt, 7. Mai. Die „Darmst. Ztg.“ meldet: Der Prinz Alexander von Battenberg be- giebt sich auf besonderen Wunsch des Kaisers von Ruß- land morgen nah Livadia. Jn dcr Begleitung des Prinzen befindet sih der Lieutenant Frhr. von Riedesel.

Der „Kölnischen Zeitung“ vom 7. d. M. zufolze hat der Prinz Alexander von Battenberg wegen s:iner Reise nach Livadia die bulgarishe Deputation er- sucht , ihre Abreise von Tirnowa vorläufig zu verschieben. Der Prinz wird dieselbe niht vor der Rückehr aus Livadia empfangen. Wo der Empfang der Deputation stattfindet, ist noch ungewiß und wird ihr seiner Zeit mitgetheilt wer- den. Die von den Bulgaren an den Prinzen von Battenberg gerichtete A dresse lautet:

„Die Vertreter des bulgarishen Volkes haben, in Würdigung Ihrer edlen Eigenschaften und durchdrungen von der festen Ueber- zeugung, daß Ew. Hoheit die Interessen Bulgariens nicht blos be- berzigen, sondern auc mit allen Kräften vertheidigen werden, wie Sie dies {on in dem Befreiungskriege gethan haben, der Weisheit und den erhabenen Gefühlen Ew. Hoheit die künftigen G escicke ihres Vaterlandes anvertraut und Ew. Hoheit von freien Stücken und ein- stimmig zum Fürsten von Bulgarien gewählt. Eine T eputation wird fi mit tem Wakhlakte zu Ew. Hoheit begeben, nahdem uns dur die dermalige Regierung unseres Landes mitgetheilt worden ist, daß Ew. Hoheit un® mit der Zusicherung ihrer Annahme beehrt hat. Wir bringen Ew. Hoheit unsere unterthänigen Glückwünsche und die Versicherungen“ unserer tiefsten Ergebenheit dar und bitten Gott, daß er uns die Freude schenken wolle, Sie bald in cinem Lande zu fehen, das bo beglüdt ift durch die von ihm getroffene Wahl.“

Die Adresse ist unterzeichnet : Anthimos Bischof von Widdin, Präsident der Nationalversammlung, Gregor Bischof von Rust- schuf, Karaimlew, Vizepräsident.

Der Prinz hat diese Depesche heute mit dem Ausdruck seiner Dankbarkeit für die darin ausgesprochenen Gefühle und für feine Wahl, sowie mit dem Ausdruck seiner Sympathie für Bulgarien beantwortet.

__ Oesterreich: Ungarn. Wien, 7. Mai. (W. T. B) Nach einer Meldung der „Pol. Korr.“ sind in Oesterrei im 1. Quartal 1879 an direkten Steuern 22 355 000 Fl. gegen 21 508 000 Fl. im gleihen Zeitraum des Vorjahres eingegangen, daher mehr 847 000 Fl. Die indirekten ÄAb- gaben ergaben im ersten Quartal 1879 41 401 000 Fl. gegen 38 219 000 Fl. in dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, da- her mehr 3 182 000 Fl. Der Reinertrag bei beiden Steuer- gattungen stellt sich demnach im ersten Quartal 1879 gegen die gleihe Periode 1878 Uin 4029 000 Fl. höher, Der Kronprinz von Schweden und Norwegen is heute Nachmittag aus Bukarest hier eingetroffen.

Die „Pol. Korr.” meldet: Aus Athen vom 6. d.: Anläßlich der von Frankreich ergriffenen Jnitiative zur Nege- lung der griehishen Grenz frage verlangt die griechische Regierung zunächst Verhandlungen in Konstantinopel auf Grund des 183. Protokolls des Berliner Kongresses. Die Re- gierung verwahrt sih dagegen, neue direkte Verhandlungen mit der Pforte einzugehen, bevor die Pforte die Gültigkeit dieses Protokolls formell anerkannt habe. Aus Konstantinopel v. 7.: Die Russen haben die Räumung Ostrumeliens begonnen und haben die Vorbereitungen für die Räumung Bulgariens ihren Anfang genommen. Die zur Ausbil- dung der bulgarishen Miliz bestimmten russischen Fn - struktions-Bataillone sind aufgelöst worden. Viele russishe Offiziere haben die Erlaubniß erhalten, noch vor dem Abmarsch ihrer Truppentheile mit Urlaub nah Rußland zurückzukchren. Vorgestern hat eine Demonstration von hier weilenden Griehen vor dem französishen Botschafts- hotel stattgefunden, Aus Tirnowa: Die Deputation der bulgarischen Nationalversammlung tritt ihre Reise, um dem Prinzen von Battenberg seine Erwählung zum Fürsten von Bulgarien zu notifiziren, erst nach der Rückkehr des ¿Fürsten Dondukoff-Korsakoff an, welhe am 10. d. erfolgen soll. Demnächst sollen in Folge der von bulgarishen Banden im Distrikte von Tirnowa gegen Türken verübten Exzesse Lager- übungen der gesammten bulgarischen Miliz statt- finden. Es sind türkishe Agenten hier eingetroffen, um die Auswanderung der türkischen Bevölkerung nah Kleinasien zu veranlassen. Die „Polit. Korresp.“ veröffentlicht weiter die Note der griehishen Regie- rung, mit welcker seiner Zeit die Mediation der Mächte in der Frage der Regulirung der griehisch-türkischen Grenze nahgesuht wurde.

Triest, 7. Mai. (W. T. B) Jn der heutigen Sitzung des Stadtrathes machte der Vertreter der Regierung die Mit- zum Po- desta niht bestätigt habe; der Vorsißende beraumte vaber eine Neuwahl für die nächste Sißung an.

Schweiz. St. Gallen, 5. Mai. (Bund). Der neugewählte Große Rath zählt 97 Liberale und 64 Ultramontane.

Großbritannien und Jrland. London, 5. Mai. (Allg. Corr.) Aus Calcutta wird unterm 2. d. M. gemeldet : „Die heutige „Gazette of Jndia“ veröffentlicht eine vom Kon- seil des Generalgouverneurs angenommene Resolution, welche auf die Nothwendigkeit besteht- Ersparnisse in der Civil- verwaltung zu bewirken, und im Allgemeinen Einschrän- fungen empfiehlt. Es wird hervorgehoben, daß der er- wartete Uebershuß von 2 000 000 Pfd. Sterl. für den Hungersnoth - Versiherungsfonds in Folge der durch den Wechselcours entstandenen Verluste auf 13 000 Pfd. Sterl. herab- geschmolzen sei. Die Resolution erklärt, die indishe Regierung jei entshlossen, die Finanzen in einer befriedigenden Ver- faung zu behaupten. Alle Departements werden demnach angewiesen, Einschränkungen vorzunehmen. Es sollen feine neuen Ausgaben unternommen, keine ncuen Posten geschaffen oder Bauten ohne besonderen Befehl der Regierung begonnen werden. Man erwartet, die Hauptersparniß werde in dem Departement für öffentliche Arbeiten bewirkt werden. Die

reproduktiven Arbeiten sollen ebenfalls wesentlih reduzirt werden. Die gegenwärtige Verordnung findet keine An- wendung auf militärishe Ausgaben.

Dex „Times“ wird aus Durban unterm 13. d. ge-

meldet :

Lord Chelmsford kam mit seinem Stabe und Oberst Richards am 9. hier an. Er wurde vom Prinzen Napoleon und den General- Majoren Lisset,, Newdegate, Mar}hall und Crealock empfangen. Oberst Pearfon ift hier. Prinz Napoleon ist dem Generalstabe beigegeben. Gegenwärtig ist er unpäßlih. General-Major Crealock begiebt si in Kurzem nach dem Tugcla, um den Befehl über die aus zwet Brigaden bestehende untere Kolonne zu übernehmen. Die erste Bri- gade unter Oberst Pemberton wird in Inydezam ein mit Proviant für einen Monat versehenes verschanztes Lager bilden; die zweite unter Oberst Pearson wird sich am Amatukulu mit Proviant für zwei Monate verschanzen. General-Major Newdegate begiebt \sich am 11. ds. nach Kambula. Er wird eine aus den ersten und den zweiten Bataillonen des 24., 58., 91, und 21. Regiments und den Dragonern und Lanzenreitern gebildete Kolonne befehligen. Zwei Compagnien eines jeden Regiments sind für den Garnisonêdien# lestimmt. Oberst Wood behält das unabhängige Kommando über die fliegende Kolonne. Dakbulemanzi, der Bruder Cetewayo's, zog Mr. Dunn wegen einer Uebergabe zu Rathe; er sagt, andere werden seinem Be. spiele folgen, wenn Dunns Antwort erfolgt ist. Man \:6t große Hoffnungen auf die Abtrünnigkeit unter den Zulus. Die Antwort Dunns, der gegenwärtig in Durban weilt, wird in Kurzem erwartet.

Aus der Kapstadt wird der „Daily News“ unterm 15, d. geschrieben :

„Es werden alle Anftrengungen gemacht, um die Vorbereitungen für einen erfolgreihen Vormarsch zu vollenden. Es handelt si nur um die Frage, ob er mögli ist, bevor das Wintergras im Zulu- lande verbrannt ist. Die Zulus sollen sih mit ihren Familien nach dem Baschlande zurückgezogen haben und dort Kraale bauen. Es kursirt das Gerücht, Cetewayo habe sich öftlich na seinec früberen Position zurückgezogen. Ein großer Theil seiner Armee soll, wie es heikt, gegen eine Fertseßung des Krieges abgeneigt sein. Andererseits

verlautet, daß sich Theile des Stammes Amatonga den Zulus an--

ges{chlossen haben. Die Kapzeitungen äußern noch immer Unzufrie- denheit über die Leitung des Feldzuges. Lord Chelmsford beabsich- tigt, Greytown zur Basis der Operati:nen in der Nähe von Middle- drift zu machen. Die Oberïien Wood und Pearson sind zu General- Majoren avancirt.*

Mit Afghanistan scheint ein AusgleiH bevorzu- stehen. Der „Times“ wird unterm 4. d. M. aus Gan- damuk telegraphirt: „Der Emir JFakub Khan hat Kabul verlassen und begiebt sich in leihten Tagmärshen nah Gan- damuk, Jn seiner Begleitung befinden sich Mustahfee Habi- bullah, General David Schah und die Söhne Sirdar Schirif Khans. Einer der letzteren is mit der Schwester des ver- storbenen Thronerben Abdullah Jan verheirathet und wurde beim Tode Schir Ali's von der Königin als Rivzlkandidat vorgeschoben. Sirdar FJbrahim Khan, ZJakubs ältester Bruder, und Ahmet Ali Khan, dessen Neffe, sind als Gefangene nach Ghazin geschick worden. Leßterer ist der Sohn des Lieblingssohnes Schir Ali’'s, dessen Verlust in dex Schlacht im Fahre 1865 ihn so sehr betrübte und den er au eventuell zu seinem Nachfolger bestimmt hatte. Sirdar Scir Ali Khan, welcher im Dezember als Abgesandter des verstor- benen Emirs nah Taschkend figurirte, wird Kabul während der Abwesenheit des Emirs regieren. Der leßte Gouverneur 4 Omar Khan wird demnächst als Gefangener nah

abul geschickt werden. Asmutullah Khan, Häuptling des Ghilzeistammes, ist mit einem ansehnlichen Gefolge in unserem Lager eingetroffen und hat seine Dienste der britischen Negie- rung angeboten.

6. Mai. (W. T. B.) Jn der heutigen Sizung des Unterhauses erwiderte auf eine Anfrage Monks der Unter- Staatssekrctär Bourke: die von dem französischen Minister der Auswärtigen Angelegenheiten bezüglih der Mediation in der griechischen Frage gemahten Vorschläge seien an- genommen worden; die Details derselben seien noch Gegen- stand von Unterhandlungen, eine Mittheilung der bezüglichen Korrespondenz daher unthunlih.

Wie dem „Reutershen Bureau“ aus der Kapstadt. vom 22. April, gemeldet wird, haben die Vorbereitungen zum Einmarsche der englischen Truppen in das Gebiet der Zulus begonnen. Vier Regimenter rücken auf Dornbergs vor; der Einmarsch dürfte in etwa 14 Tagen erfolgen.

7. Mai. (W. T. B.) Der Staatssekretär des Aus- wärtigen, Marquis of Salisbury, erklärt in einer an die hiesigen Journale gerihteten Zuschrift, daß er kürzlih nicht gesagt habe, die A Truppen dürften nach dem 3. August sih nicht mehr südlih oder westlih vem Balkan befinden; feine Aeußerung habe vielmehr dahin gelautet, es dürften nah diesem Termine sih weder südlih noch westlih des Pruth noch russishe Truppen befinden.

Frankreich. Paris, 6. Mai. (Fr. Corr.) Die Nachricht von dem Tode des Generals Felix Douai ist nur um wenige Tage verfrüht gewesen. Gestern hat der Tod seinen langen Leiden ein Ende gemacht. Er war der jüngste der drei Brüder, von dener der eine bei Solferino, der andere bei Weißenburg gefallen ist. Nach dem „Rappel“ liegen fol- gende Geseßentwürfe fertig vor, um an die Kammern zu gehen: ein Entwurf einer Gemeindeordnung als Ergänzung des Mairegeseßes, ein Geseßz, welhes den Amne tirten die Gerichtskosten erläßt, ein Geseß über die Herstellung eines Kanals von Tancarville nah Havre und ein Bewaldungsgeseß. Eine Reihe anderer Entwürfe ist in der Vorbereitung.

Die „France“ erklärt, die Angabe des Pariser Kor- respondenten der „National-Zeitung“, daß die französische Re- gierung die Ausweisung des Herrn Nuiz Zorilla zurück- genommen hätte, obgleih das spanische Kabinet ihr eben erst dringende Vorstellungen gemacht habe, diesem Agitator den Aufenthalt in Frankreih nicht zu gestatten, für falsch. Nicht nur habe Spanien keinen Schritt dieser Art hier gethan, jondern habe seinerseits dem Herrn Lagunero, der sich genau in demselben Falle befand, wie der Führer der demokratischen Fortschrittspartei, die Rükkehr nah Spanien gestattet. Als Herr Waddington dies erfahren, als ferner der Direktor des Sicherheitswesens in Frankreich die Beobachtung gemacht habe, daß die spanische Regierung Herrn Ruiz Zorilla während der leßten Wahlperiode ungehindert und offen mit seinen zFreunden in Madrid telegraphisch verkehren ließ, habe man in Paris keinen Grund mehr absehen fönnen, dies:-m Parteiführer den Aufenthalt in Frankreich zu untersagen. Uebrigens sind, fügt die „France“ hinzu, die Beziehungen zwischen Frankreich und Spanien ganz freundschafilihe, und wenn die Bildung des Ministeriums Martinez Campos nicht die Berufung des Marquis von Molins nah Madrid nothwendig gemacht hätte, befände derselbe sih heute noch in Paris, welches er nur mit Bedauern verlassen hat.

Der Finanz-Minister Léon Say arbeitet an einem Berichte, in welhem er dem Präsidenten der Republik über

die Art und Weise, wie die nach dem Kriege kontrahirte Staatsschuld an die Bank von Frankreih in Höhe von 1 Milliarde 530 Millionen Franks nunmehr gänzlich getilgt worden ist, Rechenschaft legen wird. Der leßte Resi von 60 Millionen ist vor einigen Wochen abgetragen worden. Der nah dem Kriege für die Noten der Bank von Frankreich ein- geführte Zwangscours konnte bekanntlih {hon am 1. Januar 1878 aufgehoben werden. E

6. Mai. (Rép. fr.) Die Budgetkommission hat sih gestern im Palais Bourbon unter dem Vorsiß des Hrn. Henri Brisson versammelt und die Reihenfolge der Be- rathung festgestelt. Morgen wird sie den Finanz-Minister anhören.

/ Die Kommission für den Zolltarif wird sich nun- mehr wöchentlih dreimal versammeln. Gestern verlas Hr. Méline feinen Bericht über die Baumwollgewebe.

Der „Temps“ meldet: gleih nach dem Zusammentritt der Kammer werde Lockroy (von der äußersten Linken) eine Fnterpellation über die allgemeine Politik der Re- gierung stellen. R

(Journ. off.) Durch Dekret vom 4. d. M. werden für die Senatswahlen in Corsica zum Ersaze des verstorbe- nen Grafen Valery die Delegirtenwahlen auf den 18. Mai, die Wahlen selbst auf den 22. Juni, und zwar in der Haupt- stadt des Departements angesebt.

G W S B) General Türr hat an Garibaldi ein Telegramm gerichtet, worin er denselben daran erinnert, daß er unter dem Feldgeschrei: Jtalien mit Victor Emanuel! im Jahre 1860 die Freiwilligen nah Mar- fala gefübrt habe, und auf dic Ergebenheit hinweist, mit wel- cer sich König Victor Emanuel dem Wohle Jtaliens ge- widmet habe. Der jeßige König sei groß geworden in den Kämpfen für Ftaliens Einheit. Alle italienishen Minister von Cavour an bis auf Zanardelli hätten vollständige Freiheit der Aktion gehabt zur Erreichung patriotischer Ziele. Er bitte deshalb Garibaldi dringend, den Ungeduldigen und Unklugen das Losungswort von 1860 zu wiederholen. Victor Emanuel habe die Jtaliener geeinigt: es möge ja jeder Versuch einer neuen Unternehmung unterlassen werden, der zur Uneinigkeit führen könne. Garibaldi's ganzes Leben sei der Einheit und Größe Ftaliens gewidmet gewesen, er möge einen Bruch des Plebiszitvertrags verhindern, der das Haus von Savoyen mit dem italienishen Volke verbunden habe. Das sei der Wunsch, den er ihm zum 19. Fahrestag des Feldzugs der 1000 Kämpfer von Marsala darbringe, deren Leitstern er, Garibaldi, ge- wesen sei.

2 7. Mai. (W, T. B.) Jn einer heute stattgehabten Versammlung der Bureaux der Linken des Se- nates wurde einstimmig für die Rückkehr der Kammern nach Paris gestimmt und gleichzeitig ein Antrag angenom- men, dahin gchend, daß die Kammern provisorish ihre Sißungen im Tuileriensaale halten sollten. :

7. Mai. (Rép. fr.) Das „KXIX. Siècle“ meldet, daß Herr Ozenne, Generalsekretär im Handels: und Ackerbau- Ministerium, in Ruhestand verseßt worden is. L

8. Mai. (W. D. B.) Die „Röpublique fvançaise“ schreibt, in der Angelegenheit dez Erzbischofs von Aix, der sih in einem Hirtenbriefe über die Unterrichtsfrage des Amtsmißbrauchs shuldig gemacht haben sollte, sei die Ab- theilung für das Jnnere im Staatsrath beinahe mit Ein- stimmigkeit zu der Entscheidung gelangt, daß ein Amts- mißbrauch vorliege. Man nehme an, daß die Gesammtheit des Staatsraths, welhe am 15. d. M. zu einer allge- meinen Sißung zusammentrete, diese Entscheidung bestätigen werde.

Sauen, Madnd, „0 Mai. Qa: Hav) Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz Rudolf von Dester- reich ist nah der Provinz Valencia abgereist, wo derselbe in den Sümpfen von Alfaques zu jagen gedenkt.

Fie Betebig, 6. Mai, (W. L. B) Se, Königliche Hoheit der Prinz Carl von Preußen ist heute Mittag nah Florenz abgereist. Gestern zog Se. König- liche Hoheit verschiedene Notabilitäten der Stadt zur Tafel.

Türkei. Konstantinopel, 7. Mai. (W. T. B.) Mehr als 600 muselmännische Familien aus Bosnien und der Herzegowina haben dem Sultan eine Petition über- sandt mit der Bitte, ihnen auf türkishem Gebiete Landstriche anzuweisen, nach welchen sie auswandern könnten, da sie niht unter fremder Herrschaft bleiben wollen. Die türkische Regierung hat dies Ersuchen in Erwägung ziehen müssen, doch ist bis jezt noch nichts bestimmt hinsichtlih der Gebiete, in denen die Emigranten sich niederlassen könnten.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 6. Mai. (O N „Journal de St. Pétersbourg“ wende V gegen den Artikel der „Times! vom 1. Mai über die angeblih hier herrschenden Zustände. Auch sonst erregen hier die fabelhaften Schilderungen, welche die „Times“ und andere Blätter über hiesige Zustände brin- gen und die Stadt St. Petersburg als in größter Aufregung begriffen fortgeseßt schildern, wegen ihrer Abnormität Auf- sehen. Man meint hier, daß solche fabelhafte Schilderungen leiht den nihilistishen Agitatoren und sozialdemokratischen Bewegungen auch anderswo neue Anregung gewähren oder Vorschub leisten könnten. Thatsählih is das Aussehen der Stadt kein außergewöhnliches , vent an von Dev großen Zahl der Hausthürwächter absieht. Die in Be- zug auf die leßteren getroffenen Bestimmungen werden allerdings seitens der Polizei mit größter Strenge Que erbalten, Das „Four. de Sl P“ bezeichnet die St. Petersburger Nachrichten der „Times“ als ein Konglo- merat sämmtlicher unsinnigen Zeitungsgerüchte über die hiesi- gen Zustände; ebenso unwahr seien auch die dahin gehörenden Sensationsnachrihten anderer großer auswärtiger Zeitungen. Es jei kein Verbot über dus Halten von Waffen ergangen, vielmehr sei nur der Befehl ertheilt worden, den Besiz von Schußwaffen anzuzeigen. Aller Verkehr sei durhaus frei und ungehindert. Alle Mittheilungen des Artikels der „Times“ über gehemmten Straßenverkehr, über das Verbot des Theater- besuches ohne Erlaubnißschein, sowie über das Verbot, nah 10 0 Abends Lampen zu brennen, seien nihts als pure lächerlihe Erfindung; St. Petersburg lebe und arbeite ganz in früherer Weise ohne jede Aufregung und ungehindert im Leben und Verkehr. i

= Ua De „Agence NU}te meldet: das Schreiben des Kaisers Alexander an den Sultan, welches durch den General Obrutscheff überreiht worden ist, und dic Proklamation des Kaisers an die Ein- wohner von Ostrumelien hätten in Konstantinopel eine

sehr günstige Aufnahme gefunden. Der Sultan habe in Folge dessen den General Obrutscheff beauftragt, der Kommission in Philippopel mitzutheilen, daß er beabjihtige, von den ihm durch den Berliner Vertrag zustehenden Rechten jeßt keinen Gebrauch zu machen.

8. Mai. (W. T. B.) Ein Telegramm des Gou- verneurs von Astrachan aus Astrachan, vom 7. d. M., meldet: Fn Astrahan sind Fälle von Erkrankungen am Ausschlagtyphus vorgekommen; es sind entsprechende Maßregeln gegen die Weiterverbreitung der Krankheit getroffen worden. Jm Uebrigen ist der allgemeine Gesundheitszustand gut. 21 Grad Wärme. :

Amerika. Washington, 4. Mai. (Allg. Corr.) Der demokratische Caucus des Repräsentantenhauses hat definitiv beschlossen, eine Vorlage einzubringen, welche eine Modifizirung der politishen Phasen des Armeegesetes, behufs Beseitigung der Einwände des Präsidenten, enthält und dieselbe separat anzunehmen. Sein Vorgehen in Betreff der Kreditvorlage wird indessen verschoben werden, bis diese unabhängige Maßregel die Genehmigung des Präsidenten erlangt hat.

6. Mai. (W. T. B) Die RNepräsentanten- kammer hat heute die gestern von den Demokraten einge- brachte Bill angenommen, wonach bei der Präsidentenwahl die Anwesenheit von Bundestruppen in den Wahl- orten verboten ist. :

New-York, 3. Mai. Dur den Strike der Dock- arbeiter wurde die Abfahrt einiger Dampfer verzögert.

us Süd-Amerika. Santiago, 8. April. (Allg. Corr.) Die Kriegserklärung gegen Peru und Bolivia wurde in ganz Chile mit großer Begeisterung aufgenommen. Die Kammern haben die Regierung ermächtigt, im Jnlande und Auslande 6 000 000 Pesos leihweise aufzubringen oder Papiergeld in Höhe dieses Betrages zu emittiren. Es sind deshalb Unterhandlungen mit den Banken angeknüpft worden. Ein hier eingegangenes Telegramm meldet die Aufbringung eines peruanishen Transportschiffes nördlih von JFquique. 2000 Mann peruanishe Truppen und 100 Bo- [ivianer sind auf dem Marsche, um in Chile einzufallen, und 3000 Peruaner bilden die Garnison von Jquique. Die peruanische Flotte wird mit {weren Geshüßen armirt und empfängt in Callao Munition. Die Kriegsvorbereitungen A 0A in Chile, Bolivia und Peru auf das eifrigste be- trieben.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

London, Donnerstag, 8. Mai. Der „Times“ wird aus Gundamuk vom 8. d. M. gemeldet, Jakub Khan sei heute, begleitet von mehreren höheren Würdenträgern und Mit- gliedern seiner Familie, in dem englischen Lager eingetroffen.

Der Kronprinz von Dänemark hatte gestern eine Unter- redung mit Earl Beaconsfield.

Nc. 12 des „Armz-e-Verordnungs-Blatts“, heraus- gegeben vom Kriegs-Ministerium, hat folgenden Inhalt: Verleihung einer Auszeicnungeschnur an die zu den Uteroffizier-Vorschulen kommandirten Unteroffiziere. -— Aenderungen im Ererzier-Reglentent für die Jnfanterie. Disélokation der 4, Escadron 2. Branden- burgischen Ulanen-Regiments Nr. 11, Wohnungegeldzushuß bei Kommandos. Vervollständiaung der bei Ueberweisung in ein Festung8gefängniß erforderlihen Annahme-Ordre bezw. Requisition. Aufbewak;rung entbehrlicher Gelder der Militär-Krankenwärter in den Lazarethkassen. Deklaration des §. 35 des Geldverpflegungs- Reglements für das preußische Heer im Frieden. Einführung von Wurfhöbenmessern. MReise- und Umzugskosten für Offiziere des Beurlaubtenstandes beim Uebertritt derselben in den Friedens\tand. Konstruktionéänderungen am Kavalleriesäbel M/52, Nachweisung der während des ersten Vierteljahres 1879 bei den MReicbs- T legraphenanstalten vorzekommenen Veränderungen. -= Zulage für Wahrnehmung vakanter Assistenzarztstellen. Anwendung der Biegeproben für die Klingen der Kavallerie-Seitengewehre, Be- kanntmachung der Lebens8versicherungs-Anstalt für die Armee und Marine. BVorräthighaltung von Formularen zu Personalbogen.

Statistische Nachrichten.

Dem kürzlih ershienenen II. Heft des Jahrganges 1878 der „Württembergischen Jahrbücher für Statistik und Landeskunde“ en!» nehmen wir folgende statistischen Angaben über das Unterrichts- und Erziehungswesen im Königreich Württemberg während des Schuljahres 1576/77. Die Universität Tübingen zählte im Studienjahre 1876/77 in sieben Fakultäten im Ganzen 107 Lehrer. Davon gehörten an: der evangelisch-theolozischen Fakultät 16, der fatholish-theologishen Fakultät 14, der juristischen Fakultät 8, der medizinischen 21, der philosophishen 19, der ftaatswissenschaft- lien 9, der naturwissenschaftlichen Fakultät 13. Hierzu kamen 7 Lehrer für neuere Sprachen, Künste und Leibesübungen. Vorlesungen wurden 310 gehalten. Die Zahl der Studirenden betrug im Wintersemester 1876/77 898, von welchen 635 Württemberger und 263 Nichtwürt- temberger waren; im Sommersemester 1094. Hiervon twoaren 587 Württemberger und 507 Nichtwürttemberger. Bon levteren ge- börten anderen deutschen Staaten an 446, außerdeutschen Staaten Europas 54, außereuropäishen Ländern 7 (nämlich Amerika und Afrika je 3, Indien 1). Nach dem pro 1. Juli 1876/77 aufgestellten Etat stellten sih die Ausgaben für die Universität auf 582 609 M, die Einnahmen auf 73 694 A Der Staatszuschuß auf 508915 Der wirklihe Aufwand aus Staatsmitteln pro 1876/77 betrug 049 (28 M . Der Vetrag des Bevrmögens der an der Universität verwalteten Stiftungen hatte die : Höhe von 2514924 Æ gegen 2499133 A im Vorjahre. Das Gisammterträgniß aus diesen Stiftungen betrug 136 120 A An der land- und forstwirthschaftlihen Akademie inHohen- heim wirkten 26 Lehrer. Die Zahl der Studirenden betrug im Sommersemester 1877 78, von welchen 25 Württemberger und 52 Nichtwürttemberger waren. Das Polytechnikum in Stutt- gart zählte im Studierjahr 1876/77 in sechs Fahschulen an Lehrern 72. Die Jahresfrequenz an Studirenden betrug 506, von welchen 251 Württemberger und 255 Nichtwürttemberger waren. Von den 299 Nichtwürttembergern gehörten 136 Staaten des Deutschen Reichs, 101 anderen europäishen Staaten und 18 außereuropäischen Ländern an. Lorlesungen wurden gehalten im Wintersemc ster 100, im Sommer- semester 98. Der gesammte Aufwand betrug 277 545 #4 Hiervo1 waren eigene Einnahmen 50465 #, der erforderliche Staatszuschuß 227 080 A Gewerbliche Fortbildungs\chulen bestanden im Schuljahr 1876/77 in Württemberg in 157 Orten (113 Städten und 44 Dörfern) mit einer Gesammteinwohnerzahl von 644 513 Seelen. Diese 157 Schulen theilen sich hinsichtlich ihrer«inneren Einrichtung in folgende Gruppen: 1) Fortbildungs\chulen, in welchen Sonntags- und Ab: ndunterricht in gewerblichen und faufmännischen Fächern ertheilt wird, und offene Zeichensäle bestehen 7 ; 2) Fortbildungs- |chulen mit gewerblihem Sonntags- und Abendunterricht nebst offenen

Zeichenfälen 15 ; 3) Fortbildungssc{ulen mit Sonntags- und Abend- unterriht ohne ofene Zeichensâle 94; 4) Fortbildungs\{ulen mit gewerblihem Abendunterriht chne Sonntagsunterriht 5; 5) reine Zeichev schulen ohne weiteren Unterriht 36. Die Schülerzahl, welche 1875/76 in 152 Schulen 11 635 betragen hatte, belief fich 1876/77 in 157 Schuler auf 11 729 (infl. 598 Schülerinnen weiblicher Fort- bildungëshulen und 1012 Frauenarbeits\{hülerinnen), wovon 9635 unter und 2094 über 17 Jahre zählten. Die Zahl der Lehrer be- trug 710 ge-en g61 im Jahre 1875/76, so daß im Ductschnitt auf je 16—17 Schüler 1 Lehrer kommt. Die Gesammtsumme der Staats- beiträge belief si auf 107 876 Æ, wonach auf den einzelnen Schüler im Durcbichnitt 9 4 19 F kommen. Von den Unterrichtéfächern waren die besuchtesten: Freihandzeihnen mit 6124 Schülern, Rehaen mit 9143, deutsche Sprache mit 4608, Fachzeichnen mit 2658, Geome- trishes Zeichnen mit 2318, Bu&führung mit 1814, Volkswirthschaft mit 1297, Geometrie mit 1128 Schülern. Die besuteste Fort- bildungs\{ule mar natürlih die zu S:uttgart mit 91 Lehrern und 1308 Schülern. Die Kunstschule zu Stuttgart hatte 11 Lehrstellen und wurde im Wintersemester 1876/77 von 90 SHhü- lera besucht, von welchen 64 Württemberger und 26 Nichtwürttem- berger waren. Ihrer Berufëart nah waren die S{üler 15 Bild- bauer, 35 Maler, 2 Holzbildhauer, 3 Modelleure, 2 Kupferstecher, 3 Architekten, 21 Zeichner, 1 Lithograph, 1 Ciseleur, 2 Zeichenlebrer, 2 Lehrerinnen und 2 Dilettanten. Im Sommersemester 1877 be- suhten die Kunstshulz 64, Das Konservatorium für Musik in Stuttgart zählte im Winter 1876/77 668 Zöglinge (?5 mehr als im Vorjahre), von welchen 211 (71 Swhüler und 140 Schülerinnen) sich der Musik berufsmäßig widmeten, 457 als Di- lettanten; 403 aus Württemberz, 265 Nichtwürttemberger waren. Die Zahl der Lehrer betrug 42. An öffentlichen Gelehrten- schulen bestanden am 1. Januar 1878 90. Dieselben zerfallen in 4 niedere evangelisch-theologishe Seminarien, 9 Gymnasien, 9 Ly- ceen und 68 niedere Lateinshulen. Diese Schulen äblten im Ganzen 310 Swülerklafsen, 360 Hauptlehrerstellen und 8366 Schüler. Die Zahl der öffentlichen Realschulen belief sib am 1. Januar 1878 auf 76 mit 246 Klassen, 261 Lehrstellen und 7539 Schülern. Bei dem Volksschulwesen betrug die Zahl der Swull hrerstellen am 1, Januar 1878: 1) mit Gehalten von 900 Æ und weniger (nebst freier Wohnung oder Miethzinsentshädigung) 10, 2) mit Gehalten von 901—1000 Æ 1394, 3) mit Ge- halten von 1001—1100 Æ# 1028, 4) mit Gehalten von 1101—1200 Æ 253, 5) von 1201—1400 A 280, 6) von 1401—1690 108, 7) von 1601—1800 A 11, 8) von 1801—1900 Æ 2, 9) von 1901—2000 A 1, 10) von 2001 A und darüber 1, zusammen 2998 Lehrerstellen. Dazu kamen 25 ständige Schulamtsverweser- stell-n, 329 Unterlehrerstellen und 587 Lehrgebülfenstellen, so daß die Gesammtzahl der Lehrstellen sih auf 3939 bezifferte. Die Zahl der Lehramtskandidaten betrug am 1. Januar 1878 im Ganzen 1256. An den drei evangelischen Staats\bullehrer-Seminarien des Landes waren angestellt: 3 Rektoren, 3 wissenschaftlich gebildete Hauptlehrer (Professoren), 9 Oberlehrer, 4 Unterlehrer, 4 Hilfêlehrer; an den mit diesen Seminarien verbundenen Uebungsscbulen 3 Oberlehrer und 3 Lehrgehülfen. An dem evangelischen Staat8lehrerinnen-Semis- nar in Markgröningen waren angestellt 1 Rektor, 1 Oberlehrer, 2 Un- terlehrer, 2 Lehrerinnen. Die Zahl der Arbeits\chulen im Schuljahre 1875/76 betrug in ganz oder vorzugsweise evangelischen Gemeinden 953 mit 44453 Mädchen, darun'er 60 Schulen zuglei mit 408 Knaben; in ganz oder vorzugsweise kattolishen Gemeinden 993 mit 25 188 Mädcben, darunter 15 Schulen zuglei mit 1126 Knaben, zusammen 1546 Arbeitss{hulen mit 69641 Mädchen, worunter 75 Schulen zuglei mit 1534 Knaben, gezen 1539 Arbeits- schulen mit 64 545 Mädchen, worunter 113 Schulen zugleib mit 1786 Knaben im Sculjahre 1871/72, Die Gesammtzahl der Unterrichtsstunden während des Jahres beziffert sib für eine der unter der Aufsiht der evangelishen Oberschulbehörde stehenden Industrieshulen per Jahr auf 206 Stunden und per Woce auf ca. 4 Stunden, für eine der unter der Aufsicht der katholischen Ober- Schulbehörde stehenden Industries{hulen per Jahr auf 158 Stunden und per Woche auf ca. 3 Stunden. An Lehrkräftcn wirkten auf evangelisher Seite 1209 Lehrerinnen mit zusammen 59624 M Jahresbelohnung, so daß auf 1 Lehrerin ungefähr 49 4 31 4 kom- men, auf fatholisher Seite 643 Lehrerinnen und 1 Lehrer mit zu- sammen 25 792 A 21 9 Jahresbelohnung, also durbschnittlich je 40 A 5 S. Der Gesammt-Aufwand auf diesen Unterrihtszweig belief sih auf evangelisher Seite auf rot. 83226 K, für 1 Schule durbscnittlid 87 Æ 33 H, auf katholischer Seite auf 34 856 M, für 1 Schule durbschnittlih 58 M 77 &§. Hierzu kamen Staats- beiträge aus den betreffenden Etatsmitteln zusammen an 1114 Ge- meinden 23 810 Æ

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das soeben zur Ausgabe gelangte neueste (Mai-) Heft der „Deutschen Rundschau“, herausgegeben von Julius MRodea- berg, Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, bringt den Anfang einer Novelle von Louise von François „Der Katenjunker“; ferner einen Aufsaß über das Städtewesen in Italien unter dea römischen Kaisern, von dem Professor L. Friedländer in Königsberg; die (bis 1855 fortgeführte) Fortseßung der Münchener Bilderbogen, von Franz von Dingelstädt; die vom Professor du Bois-Reymond am Jahres- tage Friedrichs I[. in der Akademie der Wissenschaften zu Berlin ge- haltene Rede über Friedrich 11, und F. J. Rousseau; „Wissen und Schaffen“, Aphorismen zu Friedrih Vischers „Auch Einer“ (eine Reisebekanntschaft, Stuttgart, Ed. Hallberger), eine Kritik dieses Buchs; endlih 19 Sonetten aus und über Rom, von Paul Heyse. In der Berliner Chronik bespricht Karl Frenzel die Theater- und Herm. Kriezer die musikalishe Saison. Die Literarishe Rundschau behandelt die neuen Esseys von Karl Hillebrand (von Jul. Rodenberg), die Publikationen aus den Königlich preußisch-n Staatsarcbiven (von Paul Bailleu) und den Brief von Kloß über Lessing (von Alfred Schöne).

So eben erschien im Verlage der Hof- und Waisenhaus- Buchdruckerei zu Cassel das erste Nachtragsheft zu Seelig's Polizeiverordnungen (erste und zweite Ausgabe), entbaltend die bis zum Schlusse des Jahres 1878 für den Regierungsbezirk Cafsel ergangenen Polizeibestimmungen, heiauszegeten ron F. W. Seelig, Königlichem Ober-Amtsrichter. Das durch das Amtsblatt der Königlichen Regierun; zu Cassel angekündigte Buch enthält die seit 19. September 1876 bis Ende 1878 veröffentlihten Regie- rungs-Polizeiverordnungen und die seit Anfang 1878 ergangenen ktreis-, bezirf8- und Iofalpolizeilihe Bestimmungen. Diese Verfügun- gen beziehen sih auf die: 1) Ordnungépolizei, 2) Sichzrheitspolizei, 3) Gesundheitspolizei, 4) Marktpolizei, 5) Gewerbepolizci, 6) Sitten- polizei, 7) Feuervolizei, 8) Baupolizei, 9) Eisenbahn- und Straßen- polizei, 10) Wasser- und Schiffahrtspolizei und 11) Landwirthschaftz- polizei.

Ves (der, Zeitschrift für Bauwesen“ (Jahrs. 29), herausgegeben unter Mitwirkung der Königlih technischen Bau- deputation und des Arcitektenvereins zu Berlin. Redacteur: F. Endell, Bau - Inspektor im Königlihen Ministerium für

| Handel 2c. (Berlin 1879, Verlag von Ernst & Korn, Gropiussche

Buch- und Kunsthandlung) hat folgenden Inhalt: Amtliche Bekannt- machungen. Bauwissenschaftlihe Mittheilungen. Ori, ginal-Beiträge. Das zweite Garnison-Lazareth für Berlin, bei Tempelhof, von den Architekten Gropius und Schmieden in Berlin. Der Centralbahnhof zu Magdeburg, von den Baumeistern Heim und O. Peters in Berlin. (Schluß folgt) Das Bauwesen von Ostende. Reiseberiht vom Stadtbaum-ister J. Stübben in Aachen. Ueber Ausführ!ng einer Dammgrube in der Königlichen Gefchüt- gießerei zu Spandau, vom Regierungs- und Baurath Beyer in Bres- lau. Tauerapparat der Elbstrombau-Verwaltung, von Fr. - Bauer, kommifssarischem Wasserbaumeister in Magdeburg. Bau-

ausführung der Eisenbahnlinie Plattling-Eisenstein, vom Ingenieur A. BVürgermeister in Nürnberg. Graphishe Darstellung der