Nichkamfkliches.
Berlin, 12, Mai. Jm weiteren Verlaufe der vorgestrigen (42.) Sizung seßte der Reichstag die erste Berathung wegen Erhebung resp. Erhöhung der Brausteuer fort. Der Präsident des Neichskanzler-Amts, Staats-Minister Hosmann erklärte, die verbündeten Regierungen hätten diese Vorlagen nicht nur aus finanziellen Gründen eingebracht, sondern auch als einen Schritt auf dem in der Verfassung bezeichneten Wege zur Gemeinschaft der Bier- und Branntweinsteuer, die der Reichstag ja wohl auch als cin verfassungsmäßig zu er- strebendes Ziel anschen werde. Jn den Debatten der vorigen
Session über die Uebergangsabgabe auf Essig, der von Süd- |
deutshland nah Norddeutschland komme, fei die Beseitigung der jezt bestehenden inneren Zollshranken in Deutschland für Bier und Branntwein einstimmig als wünschenswerth an- ertannt. Auf diejes Ziel weise die nationale Wirthscha\ts- politik mit Nothwendigkeit hin. Es überrasche ihn daher, daß der Abg. Richter diejes Motiv nicht mehr gelten lassen wolle. Er verkenne freilich nicht die Schwierigkeiten, die diesem Ziele entgegenständen und die mit der vollständigen Uebereinstim- mung in Höhe und Form der Besteuerung noh nicht bescitigt seien. Aber erst auf Grund einer gleihmäßigen oder wenig- stens ähnlihen Geseßgebung könne man die finanziellen Schwierigkeiten, die aus der Ungleichheit des BVierkonsums hervorgingen, belämpfen. Diese Schwierigkeit werde freilich durch gleichzeitige Erstrebung der Branntweinsteuergemeinschaft it dem Maße verringert, in welchem Norddeutschland mehr Branntwein konsumire als Süddeutschland. Deshalb spreche Art. 35 der Verfassung auch von Bier und Branntwein. Man habe aber hier im Reich diese Steuergeseßgebung nur für Norddeutschland in der Hand und könne daher die Brannt- weinsteuer, die in Norddeutschland höher sei, nur dur Herab- seßung auf ein gleiches Niveau mit dem Süden bringen. Der Abg. Richter wolle do aber eine Erhöhung der Brannt- weinsteuer. Eine Vermehrung des BranntzweingenuUsses durch die Biersteuer fürchte er nicht; in Bayern sei der Branntwein- genuß troß der hohen Viersteuer verhältnißmäßig weit ge: ringer als in Norddeutschland. Es ständen aber auch Maß- regeln zur Beschränkung des Branntweingenusses in Aussicht, so die Beschränkung der Schankkonzession in dem Entwurf einer Abänderung der Gewerbeordnung, jowie Gewerbesteuern auf den Ausschank von Branntwein, velche durch die Landesgescbgebungen einzuführen seien. Diese eigentliche Branntweinkonsumtionssteuer, deren Nothwendigkeit die veroundeten Regierungen erkannt hätten, habe den Vorzug, daß dadurch der wünschenswerthe Ausgleih der Geseßgebung Nord- und Süddeutschlands nit alterirt, während der- selbe durch Erhöhung der Branntweinsteuer ershwert würde. Deshalb empfehle sih zunächst die Negelung der Brausteuer. Was der Abg. Richter über die Erhöhung der Viatrikular- beiträge sage, tresfe nicht zu, da ja die Aversen nicht eigen t- liche Matrilularbeiträge, sondern Steuerquoten seien. Die Borlage solle gerade mit zur Beseitigung der Matrikulc.r- beiträge dienen. Er möchte daher mit dem Abg. Richter bitten, diese Vorlage nicht dilatorish zu behandeln und diese unzweifelhast nöthige Erhöhung nicht zum Nachtheil des Ge- werbes hinauszuschieben.
Der Bundeskommissariuus Obexr-Zollrath Boccius be- nierkte, der Absatz 2 des §. 2 bezwecke nur, den Steuerbehör- den nicht die Verpflichtung aufzuerlegen, ihrerseits die Re- vision bei den Bierverlegern und Schankwirthen vorzunehmen. Zu den Malznühlen sollten solche Mühlenwerke nit gerechnet
und also einer Revision niht unterworfen werden, die, ob- |
gleih zum Zerkleinern von Malzkörnern geeignet, nach ihrer soustigen Beschaffenheit und den Umständen die Steuerintraden niht gesährdeten. Auch an den Bedenken gegen den 8. 17 dürfte die Vorlage nicht scheitern. Jn Süddeutschland, speziell
Bayern, gelte das Bier als eine fehr ergiebige Quelle für |
Kommunalsteuern. Die Kommunalsteuer auf Bier betrage in verschiedenen Städten bis zu 50 Proz. der Staatssteue::. Trogdent habe fich die Bierproduktion und -Konsumtion dort sehr entwidelt. Die hohe Steuer hindere diese niht; sie fei in Bayern nicht etwa erst als Krönung des Gebäudes darauf geseßt, nachdem der Konsum diese Höhe erreicht h1be; sie be- seche dort in ihrer jeßigen Höhe seit 1811; der Steuerbetrag sei aber von 1818 bis 1877 von 224 _5 auf 443 „3 pro Kopf gestiegen. Auch in England und anderen Ländern habe die hohe Biersteuer die Entwicklung des Konsums nicht gestört, Er bitte daher, die Entwürfe anzunehmen.
Der Abg. Richter (Meißen) erklärte, die Annahme dieser Vorlage biete keineswegs große Nachtheile. Er würde es be- dauern, wenn man die Brausteuervorlage so tief begrabe: würde, daß an ein Auferstehen in kürzerer Zeit gar nicht zu denken sei, denn es würde dadurch die Entwicklung der in- direkten Steuergeseßgebung, die er und seine Parteifreunde dringend wünschten, auf die bedenklihste Art ins Siocken Ne- rathen. Jn den legien Tagen habe man von dem Defizit in Preußen und den Maßregeln zu seiner Deckurg ausgiebig ge- sprohen. Soviel ihm bekannt sei, würden auch in anderen norddeutshen Staaten, zum Beispiel in seinem engeren Heimathlande, dem Königreih Sachsen, sih im Laufe der gegenwärtigen Finanzperiode Defizits ent- wideln, die nicht dadurh zu beseitigen wären, daß man die Zahlung der Matrikularbeiträge erspare. In Sachsen fei durchaus eine Einnahmequelle aus indirekten Steuern nicht zu entbehren, wenn man nicht die direkten Steuern auf ein unerträgliches Maß steigern wolle. Iach seiner Berehnung würde man in Saßhsen sehr bald eincn weiteren Zuschlag von 25—30 Prozent auf die direkten Steuern
legen müssen, um das Defizit zu decken, und dabei seien schon jeßt die direkten Steuern mit einem Zuschlage von 50 Proz. belastet. Solche Zustände wären aber auf die Dauer uner- träglich, deshalb müßte man auf Abhülfe durch indirekte Steuern denken. Die Kraft des Neichs beruhe aber auf der der Einzel- staaten. Die Vorlagen empföhlen {ich aus tehnishen Gründen auch wegen des Vorzugs des Mahlsteuersystems, das sich in Bayern und Württemberg sehr bewährt habe. Der Schritt, den man mit der Vorlage auf dem Wege zur Uebereinstim- nung der Bier- und Branntweinsteuern in Nord- und Süd- deutschland thue, sei nur ein kleiner, da in den süddeutschen chiaaten die Systeme der Biersteuer noch ganz verschieden: seien und blieben, in Bayern auch die Biersteuer das FUnda- zent aller indirekten Steuern bilde, wozu man in Nord- deutschland nicht so bald gelangen könnte. Wollte mau Bier- und Branntweinsteuer zuglei) reformiren, so müßte man auch ein gleichmäßiges Besleuerungsprinzip für beide cin- führen. Ein solches wäre nur in der æabrifatsteuer zu finden. Dann müßte man aber im ZJnteresse der Gerechtigkeit gegen die Landwirthschaft, auch beim Zuder die Favrikatsteuer ein-
führen. Für diese Steuerreform habe man aber noch niht genügende Kontrolapparate : Apparat für Branntweinfabrikaisteuern sei noch unvoll- kommen. Das Fabrikat aber erst bei seinem Uebergang in den Konsum zu besteuern, würde ein sehr s{hwieriges kom- plizirtes Verfahren beanspruchen. Wollte man chließlich die Getränke erst im Ausschank besteuern, so käme man auch zur Weinsteuer, da das Getränk der Wohlhabenden nicht unbe- steuert bleiben dürfe, wenn das der minder Wohlhabenden besteuert werde. Eine Vermehrung des Branntweinkonsums werde durch die B'ersteuer nicht eintreten, weil die Brauer bei der jeßigen Geschäftslage nicht mit einem Schlage die Steuer auf den Konsumenten abwälzen könnten. Das wäre wohl 1873 bei der großen Steigerung des Konsums möglich gewesen. Endlich sei auch eine Verschlehterung des Bieres niht zu fürchten. Jn Bayern würden 7 Pfund Malz per Hektoliter Bier weniger verwendet, als in Norddeutschland, und doch eine bessere Qualität erzeugt, weil bessere Materialien zur Herstellung verwendet würden. Wollten die norddeutschen Brauer dies nachahmen, so wäre das nur eine segensreiche ¿rolge der Biersteuer. Er bitte daher, die Vorlagen in einer Kommission wenigstens so weit durchzuberathen, daß sie im nächsten Jahre zum Abschluß kommen könnten.
Der Abg. von Schmid (Württemberg) führte aus, der Präsident des Neichskanzler-Amts habe mit Offenheit und Ent- schiedenheit als Ziel der Brausteuerreform die Unifizirung der Brausteuer hingestellt. Wenn es auch nach Annahme Dieses Geseßes noch sehr weit bis zur Unifizirung sei, so bilde das Geseß doch die erste Etappe und den Grundstein dazu. Die Ansicht, daß es sih nu: um eine Frage von finanzieller Be- deutung handele, sei etwas optimistish. Die Finanzirage stehe allerdings in erster Linie; es sei {hon darauf hingewiesen worden, daß in Bayern und in etwas geringerem Maße in
Württemberg das ganze Schuldenwesen auf der Brausteuer
basirt sei. Wenn nun auch für Norddeutschland die Brausteuer erhöht werde, so sei damit die finanzielle Frage noch nicht erledigt; es komme dabei noch die Nationalsitte in Betracht, die der Brausteuer im Süden eine ganz andere Bedeutung gebe, als im Norden. Auch die landwirthschaftlichen Verhält- nisse müßten bei einer Unifizirung der Getränkesteuer in Be- tracht gezogen werden. Eine Unifizirung der Branntweinsteuer, die ja der Unifizirung der Brausteuer absolut folgen müßte, würde, wenn man die Branntiweinsteuer des ehemaligen Nord- deutschen Bundes pure übertragen wollte, in Süddeutsczland gar nicht ertragen werden können; denn in Norddeutschland beständen große Brennereien, in Süddeutschland kleine, dem dortigen Wirthschaftsbctriehe angepaßte
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nereien, die von der norddeutshen Vranntweinsteuer voll-
ständig vernichtet würden. Schon cinmal fei in Württemberg |
die preußishe Branntweinsteuer eingeführt, 1852 bis 1865 habe sie bestanden, sei aber bei dem hestigen Sturme gegen dieselbe wieder abgeschafft worden. Aus diesem Grunde scheine es ihm politish niht richtig, die Unifizirung der Brau- und Branntweinsteuer fo cinsah als Ziel hinzustellen; die politi- schen Gründe, die 1871 zur Aufnahme des Artikels 35 in die Versailler Verträge führten, hätten heute noch ih: Gewicht, und die süddeutshen Staaten würden wohl thun, ihre landes- geseßlichen Rechte an der Brausteuer niht ohne Weiteres aufzugeben. Hier müßte es heißen: in necessaris unitas, in dubiis libertas,
Der Staats-Minister Hofmann wies darauf hin, daß das von ihm aufgestellte Ziel sich natürlich nur mit Zustimmuna der süddeutschen Regierungen erreichen ließe; ein Zwang werde niht ausgeübt werden. Aber die verbündeten Negierungen und der Reichstag müßten dieses Ziel der Unifizirung stets im Auge behalten und die s{hweren Hindernisse, die si ent- gegenstellten, zu beseitigen suchen. Das Erste, was der Neichs- tag dazu thun könne, sei die Umgestaltung der Brausteuer, wie sie hier vorgeschlagen sei. Db und welche Modifikationen hei der Branntweinsicuer einzuführen sein würden, sei eme ¿Frage der Zukunft. Daß die norddeutsche Branntwein\{euer im Süden durchgeführt werden könne unter Berücksichtigung der lokalen Verhältnisse, scheine ihm die Einführung derselben im Elsaß zu beweisen.
Der Abg. Frhr. Nordeck zur Nabenau erklärte ebenfalls einc Einheit der Gesebgebung bei der Bier- und Branntweinsteuer für nothwendig, ehe die Einheit der Einnahmen in Aussicht ge- nommen wecden könne. Der jegige Zustand, daß der Spiritus in Süddeutschland niedriger besteuert sei als in Norddeuts{- land, schädige bedeutende Fndustriezweig?, z. B. die Essig- bereitung, für welhe in Süddeutschland die geringe Spiritus- steuer vergütet werde. Redner hat deshal5 um Auskunft über die Nesultate der Kommission, welche cingeseßt sei zur Be- rathung der Frage, iu wie weit eine Denaturirung des Spi- ritus mögli jei, um den zu gewerblichen Zwecken dienenden Spiritus frei zu lassen.
De!: Präsident Hofmann bemerkte, daß der Bericht der Kommisj"ion schon in der Redaktion begriffen, aver ihm noch nicht zugegangen sei. l
Die Braustieuervorlagen wurden hierauf einer Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen.
Es folgte die ersie Berathung der Geseßentwürfe, be- iressend die Besteuerung des Tabaks und die Ex- bebung einer NaHsteuer vom Tabkhak und von Ta: vakfabrikaten.
Die Debatte leitete der Bevollmächtigte zum Bundesrathe Staats-Minister Ho brecht mit folgenden Worten ein:
Meine Herren! Erlauben Sie mir, die Berath.ng des Tabak- steuer-Geseßeutwurfs mit wenigen Worten einzuleiten. Ih werde dabei nit vera:ssen, daß der Versu, aus der Besteuerung des Tabaks yöhere Erträge zu erzielen, den Reichstag \chon wiederholt beschäftigt hat und daß auch die allgemeinen Fragen, welche bei der Beurtheilung dieser indirekten Abgabe ebenso wie bei anderen, mit denen Sie bescâftizt sind, {on in der Generaldi-kussion der ver- gangenen Tage ihre Würdigung gefunden haben. Unsere dieëjäbrige Berathung is gewissermaßen die Fortseßung der im vergangenen Jahre hier \tattgehabten Diskussion, welche abgebrochzn wurde, als cs sih um die Frage der Wahl des geeignetsten Systems für die Besteuerung handelte.
Sie erinnern sih, daß damals auf den Antr=g der verbündeten Regierungen, speziel um das Material für die Beurtheilung dieser Frage zu sammeln, eine Enquetefor1mission eingeseßt worden ist, deren Befugnisse leider mehr, als es unsererseits gewünscht wurde, beschränkt worden ist.
Die praktisch wirklich angewendeten Formen der Besteuerung sind zahlreich, fast so zahlrei, wie die Staaten, in denen der Tabak besteuert wird, aber wenn man von weniger wichtigen, unbedeutenden Ünterschieden absieht, so lassen sie sid doc) in einige wenige Haupt- formen zusammep fassen; es ist das Monopol, es ift die Fabrikai- steuer, es ist das cnglishe Systew der reinen Verzollung und es ift die Rohtabaksteuer. Noch eine andere Form, die praktis meines Wissens nirgend zur Anwendung gekommen ist, aber von einer
auh der Siemenssche |
Br-n-
beabtenswerth en Seite empfohlen und au zu einem praktisch aus- führbaren Geseßentwurf ausgearbeitet worden ist, hat die Enquete- kommission in Berücksichtigung gezogen, cs ist das sogenannte Roh- tabakmonopol.
Die Gründe für und wider diese einzelaen Formen sind im Generalbericht der Kommission sehr sorgfältig und augsführ- lih auseinandergeseßt. Der Bericht befindet sich in Ihren Händen. Jch weise nur auf die Hauptgesißtspunkte hin, welche für die verbündeten Negierungen bei ihrer Entschlußfassung entsceidend waren. Die Würdigung dieser Gründe wird ja doch erst in der Spezialdiskussion möglih sein. Dabei is von vornherein die in England cingeführte Form ausgeschblossen worden. Dgs dortige System beruht auf dem vollständigen Verbote des inländischen Zabakbaues und das ift ein Schritt, den die verbündeten Negierungen in Deutschland am wenigsten thun wollten, denn für ihre Aufgabe war keine Nücksicht so wichtig als die auf die Schonung und Echal- tung des inländischen Tabakbaues, der bei uns so auëgzedehnt und blühend ist und der eine so große Zahl fleißiger Menschen besonders gerade in dem kleinsten Grundbesitze ernährt, und gerade die Interessen dieser zu wahren, war eine Hauptrüctsicht, die man bei der Waßl der Form der Tabaksteuer verfolgt hat.
Das Nohtabakmonopol hat den Zweck, dem Pflanzer die Aus- lage der Steuer zu ersparen, indem der Staat die gesammte inlän- dische Kreszenz cuffauft und bei dem Wiederverkauf sich für seine Auslazen, für den Kaufpreis bezahlt macht und zugleich die Steuer in dem Erlöse einzieht. Es wird dabei zugleich der an sich ja sehr löblihe Zweck verfolgt, die Steuer nah dein Werthe der Waare möglibst abzustusen. Nun hat aber eine eingehende, sorgfältige Prüfung ergeben, daß, wenn der Staat nicht hierbei ganz außer- ordentlichen Verlusten ausgeseßt werden o n e weitgehende Befugnisse eingeräumt werden müssen. Es schließt O uncroli6 an das Monopol des Eintaufs © ns Verkaufs des inländischen Rohtahaks, also an die Uebernahme der Verpflichtung, diese ganze Prodvultion zu erwerben und wieder zu
veräußern, die Nothwendigkeit, auch eine Herrschaft auszuüben auf die Fabrikation. Man ift zu der Ueberzeugung gekommen, daß die Gefahren großer Verluste für den Staat nur abgewendet werden fönnen, wenn mit dem Monopol des Rohtabakhandels auch das Monopol der Fabrikation verbunden wird. Nun steht aber auch die inl: ndishe Produktion in weselscitiger Abhängigkeit von dem ausg- ländiscben Import, und es zeigt sih sehr bald, daß auch über den eine ausgedehnte Herrschaft beansprubt werden muß, und daß vollends, wenn es sih darum handelt, einen Werthzoll zu erheben, eine große Einschränkung des freien Verkehrs nothwendig wird. So ergiebt fich also das Resultat, daß bei dieser Form der Besteuerung fast sämmt- liche Cinshränkungen eingeführt werden müssen, die das reine Mo- nopol lâstig machen, dem reinen Monovol Feinde macen, ohne daß man doch die großen Vortheile des vollständigen Monopols zu errei- chen im Stande wäre.
Die Fabrikatsteuer, die dritte Form, hat in den nordamerikani- schen Freistaaten bekanntlich sehr g“instige Resultate in finanzieller Beziehung geliefert, und verlangt dabei verhältnißmäßig geringen Aufwand an Kontrolmitteln und an Kosten ter Erhebung. Es wurde auf diese Stenerform besonders hingewiesen, als im vergangenen Jahre derselbe Gegenstand hier zur Berathung kam. Die forgfäl- tigste Prüfung dieser Steuerform und ob und wie weit fich dieselbe auf Deutschland übertragen läßt, hat einen Hauptbestandtheil der Arbeiten der Tabakéenquetekommission gebildet. Das Ergebniß war auch hier ein negatives. Man gewann die Ueberzeugung, daß mit den bescheidenen und gerirgen Kontrolmaßregeln, mit denen man sich in Amerika begnügt, die Steuer unter unseren Verhältnissen in Deutschland nicht erhoben werden könne, und daß diejenigen Kon- trolen, welche, worüber man allgemein einig war, zur Durchführung dieser Skeuer in Deutschland unentbehrlich wäre und welce zu diesem Zwelke sorgfältig autgearbeitet worden sind, cine ganz un- erträgliche Belästigung des Handels, des Verkehcs und der Fabri- kation herbeiführen würden, abgeschen davon, daß die Kosten der Grhebung wesentlich steigen würden. Der Grund für diese Erschei- nung ift in der Hauptsacve ein sehr einfacher, er liegt darin, daß wir es hier mit einer sehr viel größeren Dichtigkeit der Bevölkerung zu ‘hun haben, besonders gerade in den Distrikten, in denen der Taka? gebaut wird.
Dann koanmt freilich noch ein zweites Moment hinzu, ein Unter- {icd in den Gewohnheiten, in den Anschanuungen und Charakter- eige1schaften beider Bevölkerungen. Der Widerwille, sich einem Steuergeseß und den Härten desselben zu fügen, ist in Amerika bet dew Cinzelnen unverhältnißmäßig geringer, als bei uns.
Wenn nun diese Formen ausgescblossen sind, dann hande’t es si) um die Entscheidung über das Monopol oder über die Roh- ¿c.baksteuer. Beide Formen haben noch einen gemeinsamen Vorzug vor den anderen voraus; beide haben den Vorzug, daß sie eine Ab- stufung der Steuerlaît nach dem Verhältniß der Leistungsfähigkeit der Konsumenten begünstigen. Sie dienen dieser Absicht freilib auf sehr verschiedenen Wegen. Veim Monopol wird der Zweck dadur erreicht, daß die Detailpreise der Waare nah Verhältniß der Qualität von der Regierung festgeseßt worden. Die Nohtabaksteuec wiederum ift diejenige Steuerform, welche, so- weit es bei einer Abgabe auf Verbrauc®artikel überhaupt möglich ist, den geringsten Eingriff in die Freiheit der Produktion, des Han- dels, der Fabrikalion maht und welche daher dem freien Handel und Verkehr den weitesten Spielraum läßt. Nun liegt es im eigenen Interesse der Fabrikation und des Handels, die Abstufung der Preise der verschiedenen Leistungsfähigkeit, den verschiedenen Ansprüchen und der verschiedenen Kaufkraft des Publikums möglichst an- zupassen; es liegt im cigenen Interesse des freien Werkehrs, für den anfspruchsvolleren und leistungsfähigeren Theil des fonfumirenden Publikums die Preise so hoh wie mögli zu stellen,
| um für vie große Masse der weniger hemittelten, für den anspruchE-
loferen Theil des Publikums den Absatz möglichst auszudehnen. Dieses Bestreben, wird auch nicht beeinträchtigt durch die Nothwendigkeit, die ausgelegte Steuer, selbst wenn sie ganz gleich bemessen ist, wiedererstattet zu erhalten, denn sür den Handel und Verkehr it es ja ziemlich gleidW;gültig, ob die Auslage arithmetisch glei avf die Waare vertheilt wird oder in verschiedenen Abstufungen, wenn sie nur im Ganzea wieder erstattet wird. — Daß es dabet bei der Preisbestimmung im Detail Faktoren giebt, die von einem noch größeren Einfluß sind, als die Steuer, ja, selbs als der Rohmate- rialwerth, dafür gestatien Sie mir einige Zahlen anzuführen.
C8 beträgt nümlich nach den genauen und forgfältigen Ermit- telungen der Kommission im Durchschnitt der Jahre 1871—1877 der Materialwerth des Rohtabakverbrauhs im Zollverbande rund 66 Millionen Mark jährli, Steuer und Zoll haben zusammen jähr- lih durdscnittiich 14 Millionen betragen, das mat zusammen 80 Millionen Mark. Nach eben so forgfältigen Ermittelungen und Zusammenstellungen beträgt die Summe, welche die Konsumtion jährli in Deutf{land zahlt, 223 Millioren Mark, also fast das Dreifache des Rohmaterialwerths und der Abgaben. Ih habe das angeführt, um zu zeigen, in welchem Umfange und Maß der Verkehr und Umsaß im Stande ift, in der Abstufung des Preises auch eine Abstufung der Steuerlast herbeizuführen. Wenn es sich nun um die Gnischeidung zwischen Monopol und Rohtabakstener handelte, so fiel für das Monopol der Umstand bedeutend ins Gewicht, daß es keine Besteuerungsfqrm giebt, die im Stande ist, bei möglichst ge- rechter Belastung des konsumirenden Publikums so große Erträge für den Staat zu gewinnen, Ich muß hierbei bemerken, daß das Verlangen der Gegner des Monopols, eine ot U oen de ©& e Sun Uma madt oder doch unsern Nachkommen erschwert, im Falle des Bedürfs nisses auf diese reiche Quelle von Mehreinnahmen zurück- zugreifen, unerfüllbar ist; daß ‘cine solche Form gar nicht von uns gewählt werden sollte, au) wenn sie möglich ist; es läßt si gar nicht in dieser Weise der Zukunst präjudiziren. Das aber ist eine berechtigte Forderung, daß wir jeßt eine Steuerform annehmen, die an sih die Möglichkeit des Fortbestehens hat und für unsere Gegen
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wart Befriedigung {aft und Ruße in die Bewegung bringt, deren Nachtheile ja Allen hinreichend bekannt sind.
Die verbündeten Regierungen haben sich einstimmig für die Rohtabaksteuer entschieden, und ¿zwar aus verschiedenen Gründen. Abgesehen namentlich von dem Umstande, daß es nidt möglich ge- wesen ist, besonders bei den bes{ränkten der Gnquetekommission ein- geräumten Befugnissen das nöthige Material zur Beurtheilung namentlich des Umfangs der eventuellen Entscbädigungspflicht zu be- \chafen, gauz abgesehen davon, liegt es auf der Hand, daß das Monopol auf längere Zeit hinaus nur geringe und ungenügende Er-
äge liefern würde. e man zu dem Resultat kam, zu dem die verbündeten Re- gierungen gekommen sind, sich zu Gunsten der Rohtabaksteuer zu entscheiden, so konnte es keinem Zweifel unterliegen, den Gescß- entwurf, der dem Reichstage im vergangenen Iahre vorgelegt und sehr sorgfältig ausgearbeitet und durhdaht war, auch der dies- jährigen Vorlage zu Grunde zu legen. E
C8 bedarf dabei einer Erläuterung wohl nur das Verhältniß zwischen dem Zoll und der Steuer. Die Enquetekommi|sion hat drei Säße des Zolls von 50, 60, 70 M für den Centner als durch» führbar und möglich bezeichnet und diesen Sâßen entsprechend Steuer- äte für den E inländischen Takak von 33, 40 und 50 M in NBYorscblag gedrachk. s
E ficb die verbündeten Negic rungen nicht für den höchsten Say cntschiedcn haben, obwohl sie darüber einig und ih meine au mit dem Reichstag einig sind, daß der Tabak gerade ein Verbrauchs- artikel sei, der sich vor allen anderen Dingen zu einer aus8ziebigen und starken Besteuerung eignet, und bei dem man kaum eine andere Grenze als die des finanziellen Interesses zu ziehen hätte, — wenn sie sich doch darauf beschränkt baben, Ihnen den Mittelsatz _zu empfehlen, so beruht dies einsah auf der Erwägung, daß es fh empfiehlt, den Sprung nicht zu slark zu machen, und zweitens vor- zugêweise in der Rücksicht einer mögli@sten Schonung des inländischen Tabakbaues. Diese Rücksicht war besonders auch für die Bemessung des Verhältnisses zwischen Zoll und Steuer maßgebend. Das wird freilich bei allerforgfältigfter Beachtung der hier sich einander gegen- überstehenden Inter-sjen niht möglich sein, mit voller Sicherheit zu verhüten, daß der Einfluß dieser erhöhten Steuer- und Zollsäte, daß der doch nicht möglicherweise zu einer ungeahnten uüd unbeagh- sichtigten Auêdehnung des inländischen Tabakbaues oder zu einer noch viel weniger beabsichtigten Beschränkung desselben bren Tonne ber Die Mt Und Diese Gabe it ganz Uno Ga O N _auézuschließen, es erübrigt tabei nur die Wirkung fo forgsältig wie möglich zu beobachten und, wenn cs nöthig ift, so zeitig als möglih Korrektur eintreten zu lassen. Jeden- falls find die verbündeten Regierungen von der Reberzeugung aus» gegangen, daß das jeßt gewählte Verhältniß, [o weit es sich Üder- jehen läßt, die Gefahr einer Benachtheiligung der inländischen Pflanzer ausschließt, die Gefahr einer Schädigung ihres gesicherten Absatzes. Abgesehen davon, daß die Steuer für inländischen Tabak nah dem Gewicht im fermentirten Zustande bemessen ADUEO, D Den Interessen des Pflanzers auch noÿ nah zwei anderen Gesichtspunkten hin Rechnung getragen worden. Das ist erstens in den 88. 19 und 20, da sind es die Bestimmungen wegen des Zahlungstermins, die Bestimmungen wegen des Ueberganges der Haftyliht von dem Pflanzer auf den Käufer, die Bestimmungen wegen des Kreditirens. Die zweite Bestimmung, welche das Interesse des inländischen Pflanzers nach Möglichkeit berücksichtigt, ist die Bestimmung über die Zulassung der Flächensteuec bei dem Tabakbau in geringem Umfange. Bc dieser Flächensteuer ist der Saß niedriger bemcsen, als es bei einer richtigen Vergleichung mit der Gewichtösteuer eigentlih der Fall sein sollte.
&s kommt ferner in Betracht von den Aenderungen, die der diesjäkt,rige Entwurf gegen den vorjährigen enihâlt, wesentlich der Zusatz der in Vorschlag gebrachten Lizenzsteuer ; die Lizenzgebühr, die, wie Ihnen ja kekannt ift, sich bei den meisten Steuerformen des Ausland?8 ebenso angewendet findet, hat öffentlich vesondere Anfech- tungen erfahren, weil man darin nits anderes hat erblicken wollen, als ein Mittel, um das Monopol einzuführen, wenn man es auch augenblicklih nicht ausfpriht, Ich meine aber, bei einer ruhigen Erwägung müssen Sie sich überzeugen, daß diese Nücksiht nicht ab- halien könate, die Lizenzsteuer einzuführen, wenn fie sonst vernünftig ist; dean wie ih {hon vorhin sagte, ich bin der Meinung, daß man wedcr kann noch darf die Möglichkeit einer künftigen Cinführung dieses
Steucrmodus abschneiden wollen, aber ebensowenig wird, wenn man das Monopol nicht ohnehin einführen wird, ihm dadur etwa Vorschub geleistet, daß man die Materialien zu einer Verc- aung ver z4 zahlenden Gntshädigungen etwas sorgfältiger sammelt. Meine Herren, der Vortheil, der darin liegt, wird für die Fraze in Zukunft sicher nicht entscheidend sein. Andererseits aber hat die Lizenzsteuer erstens einen im Verhältniß auch nit zu unterschätzen- den finanziellen Werth und zweitens einen sehr bedeutenden Werth, insofern eine Kontrole des inländischen Tabakkonsums und dadurck auch eine Sicherheit gege grobe Defrauden gewährt wird, wie man sie sid auch auf anderem Wege nicht zu verschaffen im Stande ist.
Die meiste Anfechtung wird, wie ih v:rmuthe, die dritte wesent- lihe Veränderung gegen den vorjährigen Entwurf erfahren, das ist die Ihnen vorgeschlagene Nacbsteuer. Ich glaube, daß die Behand- lung dieser Frage eigentlich eine Diskussion für sich erfordert, und L Aa mih auch nur auf wenige allgemeine Bemerkungen be- \hränken.
Wenn ein Zoll erhöht wird, so ist Na die Spekulation immer darauf geri{tet, den betreffenden Artikel noch zu dem bisherigen niedrige- ren Saße so viel als möglich einzuführen, und es entsicht daraus der Staatskasse der Nachtheil, daß sie nicht sofort in den vollen Genuß der Eingänge des höheren Zollsaßes tritt. Diesem Nachth-il der Staatskasse steht aber cin Vortheil gegenüber, der durchaus nit verfannt werden soll, der Vortheil, daß der Uebergang von den bis- herigen mäßigeren Preisen zu den höheren Preisen fich allmälig voll- zieht, ohne harte Stöße. Meine Hercen, die Regierungen haben dies Teineëwezs verkannt, und wenn fie Ihnen in diesem Falle doch vor- ges{lagen haben, sid mit der Einführung etner Natsteuer einver- standen zu erklären, so liegt der Grund darin, daß hier Momente hinzutreten, die bei gewöhnlichen Zollerhöhungen nicht vorliegen. Der eine Umstand ist der, daß in der That die Einführung von niedrig verzolltem Tabak in einem Umfang stattgefunden hat, wic derartige, Spekulationen font wohl nur selten vorkcmmenz; der zweite Umstand ist die Rüctsiht auf den inländischen Tabakhau. Das Ven cute Duntt V 0 E S Einfuhr aus- ländishen Tabaks im Durchschnitte betragen U O D O Ven (O O q fann die Zahl hier im Augenbli nicht finden, sie beträgt 900000 Ctr. und eine Kleinigkeit, ein Unbedeutendes über diese Summe, Nun find Im vergangenen Jahre 406 188 Centner über diesen Durchschnitt importirt, bis zum Schluß des Jahres 1878, und in diesem Jahre seit dem 1. Januar 535 678 Ctr. über die Durcbscnitts\umme tür diese Zeit. Cs befinden stch also in diesem Augenblick 941 866 Ctr. mehr auéläudishen Tabaks in dem Zollverbande, als durschnittlih unm diese Zeit vorhanden ist, d. h. reichlich ein ganzer Jahreébedarf über die Vorräthe, die sonst vorhanden sind. Dieser Vorrath läßt mit Sicherheit erwarten, daß also auf Jahr und Tag hinaus über- haupt von einer Zolleinnahme nicht die Rede sein kann; denn wenn jedenfalls zur Assortirung der Läger und sonst zur &Fortführ:1ng des Geschôft3s immer noch kleinere Beträge eingeführt twerden, so wird es doc nur in sehr geringem Umfange gesehen. Es hängt aber die Frage zusammen mit der Ausführung dieses Gesetzes über- haupt, wenn wir in Rücksicht ziehen auß noch den inländishen Tabak- bau. Denn, meine Herren, ih glaube zwar nidt — es wäre zu weit gegangen, wenn ih sagte, der inländische Tabakbau träte mit seiner vollen neuen Steuer in Konkurrenz mit dem so gecing ver- zollten ausländischen Tabak, aber daß die Möglichkeit des Absatzes für die nächste Ernte des inländishen Tabaks in hohem Gräde beeinträchtigt wird und daß die Lage des inländischen Tabakbauces in bedeutendem Umfange geschädigt wird dur diese Konkurrenz, daß es meiner Uebe: zeugung nach nicht möglich sein wird, für die dies-
ç jährige Kreszenz die volle Steuer zu erheben, wenn man dem jeßt imwpottirten auétländishen Tabak [keinen Nachtragézoll auflegt, das \cheint auf der Hand zu liegen, und es hat eben die Folge, daß das Gesetz, dessen Annahme wir hoffen, nit in diesem Jahre zur Wirkung kommt, sondern im nächsten Jahre. Nun gebe ich zu, daß man bei Durchführung der Nachskteuer, die übrigens an sih gar nichts Unerhörtes ist — Sie wissen, daß bei den Zollanshlüssen, die früher stattgefunden haben, eine Nachbestererung. eingetreten ist — ih sage, daß man bei der Durchführung dieser Nachsteuer auf sehr große Schwierigkeiten {sößt. Ib verkenne auch nit, daß sich Über mance der Bestimmungen streiten läßt, und grade in dieser Beziehung will ich die Möglichkeit nit in Abrede stellen, daß in der kommissarischen Berathung Aen- derungen na der einen oder anderen Seite gemacht werden, denen die verbü:. deten Regierungen gewiß zustimmen werden. Aber im Prinzip sprecen die gewihkigsten Gründe für die Nacbsteuer.
Ich will nur noch das hinzufügen, dak, als zuerst die Gefahren eines so starken Imports zum Gegenstande unserer Berathung wurden, der Gedanke auftaubte, und er ist in neuester Zeit von fehr beachten8werther Seite wieder nahe gelegt worden, der Gedanke, durch rasche Feststellung des Auéführungstertnins den auêländischen Import nah dem alten niedrigen Satze abzuschneiden. Meine Herren, dieser Gedanke konnte von den verbündeten Regierungen in keiner Weise verwerthet werden, denn dazu waren sie nicht ermächtigt ; das durften sie auch in der Hoffnung einer künftigen Iudemnität dafür nicht riskiren, dem Tabakshandel zu sagen, wir werden den Antrag stellen, daß von beute ab ein höherer Zoll eingeführt werde, ¿. B. vom 1. Februar ab, rihtet Eure Geschéfte dana ein! Denn da hâtte es gesehen müssen, wenn es wirksam scin sollte.
Meine Herren, die Verantwortung hbiefür durften die verbündeten
Negierungen nicht übernehmen: wenn sie es aber spâter in Vorschlag gebract hätten, so wäre damit nur wenig gewonnen worden, Ich glaube aber, daß dieser Vorgang insofern nütlich sein wird, als er dazu führen wird, daß der Reichstag cinem Gesetzentwurfe jeine Zu- {timmung geb:n wird, den die verbündeten Megierungen, w'e ich ver- muthe, in Turzem einbringen werden und der dahin geht, eine Turze Form für die rasche Festsebung des provisorischen Ausführungs- termins zu gewinnen. Für den vorliegenden Fall aber hat der Ge- danke sih nicht verwerthen lassen. __ Der gesamnte Ertrag, den man sich verspriht von der Tabak- steuervorlage, ist wie Sie wissen 46 Millionen, und wenn Sie dag- mit in Vergleich ziehen die Summe, die gegenwärtig für Tabak aus- gegeben wird, 223 Millionen, fo findet im ganzen eine Steigerung der Ausgabe für den Tabakverbrauch von 223 auf 269 Millionen d. h. um etwa ein Fünftel siatt. Ih weiß wohl, daß sich diejes Plus nicht vollkommen gleih und in gleichem Verhältniß vertheilt, aber ich habe {on angeführt, daß, soweit eine Abstufung, eine bil- ligere Belastung der ärmeren Bevölkerung möglich ist, auch auf diese gerechnet werden darf.
Auf die Frage des Bedürfnisses der Steucrerhöhung gehe i hier nit weiter ein, weil ih annehme, daß die, soweit es mögli war, in der allgemeinen und jeßt ja ges{chlossenen Diskussion über die Tarifvorlage ihre Erledigung gefunden hat. Wer die Möglich- keit einer Neform unserer direkten Steuer aub in dem allcrbeschei- deniten Umfange nicht von vornhereiu von der Hand weisen, sie nicht hindern will, der wird sih nit ents{lagen können, dieser Crhöhung unserer indirekten Einnahmen seine Zustimmung zu geben.
Der Abg. Frhr. von Marschall erklärte, daß der Tabak in einer Steuerreform, die auf eine größere Heranziehung der indirekten Steuern hinauslaufe, eine bedeutende Nolle spielen müsse, sei ießt auch den deutschen Tabakinteressenten klar ge- worden. ‘Dieselben wollten gern Opfer bringen, aber sie hofften eine Berücksihtigung ihrer Jnteressen insofern, als sie endlich etwas Definitives in den Tabaksêsteuerverhältnissen geschaffen wünschten. Man sei jeßt in einer besseren Lage als im vorigen Jahre, weil man die Ergebnisse der vortrefflichen Tabakenquete babe, welche sich leider die Hegierung bei Ausarbeitung der Vorlage nicht genügend an- geeignet habe. Die Regierung scheine mit den Ergebnissen derselben nicht zufrieder. zu sein, da sie die Enquete auf dem Wege der Lizenzsteuer noch fortseßen wolle. Die Enquete habe bewiesen, daß die steuerlihe Vernachlässigung Deutschland wirthschaftlih sehr genüßt, die hohe Bedeutung des inländi- schen Tabakbaues werde hier ziffffermäßig klar, und man müsse sich hüten, durch plößliche allzuhohe Steuersäßte hier zerstörend einzugreifen. Fn seiner Heimath werde zwci Drittel alles deutschen Tabaks gebaut, und das von den Negierungen in diesen Tagen so oft und lebhaft betonte Jnteresse für die deut’che Landwirthschast könne auch der deutsche Tabakbau für sich in Anspruch nehmen, um so mehr, als er gerade in den Händen der ärmeren Vouern fei, Der Finanz-Minister Hobreht glaube, daß es für die Besteuerung des Tabaks eigentlich gar keine Grenze gäbe. Er sei anderer Meinung. Die RNohtabak- steuer sei doch eigentlich die roheste Art der Besteuerung, weil sie auf den Werth der Waare gar keine Nücksicht nehme. Daraus folze für ihn, daß sie nothwendig innerhalb gewisser Grenzen bleiben müsse, und kein so plößlicher und großer Sprung gemacht werden dürfe, wie es in dieser Vorlage ge- schehe. Für die englishe Tabaksteuer komme lediglih der ausländishe Tabak in Betracht, der fh leicht den Bedürf- nissen des Konsums akkomodire; Deutschland habe in erster Linie seine inländishe Produktion zu berücksihtigen, welche nach Lage und Witterung von verschiedenem Werthe sei. Durch eine so hohe Steuer, wie die Vorlage vorschlage, würden {chou jeßt die shlechteren heimischen Tabaksorten unverkäuflich und in ungünstigen Fahren auch die besseren. Er halte eine Steuer von 40 M überhaupt und besonders heute zu hoh. Auch das Verhältniß der Tabaksteuer zum Tabakzoll von 40 zu 60 H sei kein richtiges, da schon jeßt, wo das Verhältniß von 2 zu 12 wäre, die Klage erhoben werde, der inländische Tabak könne nicht mehr mit dem ausländischen konkurriren. Eine wichtige Frage sei: wer die Steuer trage? Es sei näm- lich ein großer Unterschied, ob die Steuer wirklich, wie beab- sicht, eine Verbrauchssteuer werde oder ob sie auf die Schul- tern des Bauern falle, der sie am wonigsten tragen könne. Je weiter von dcr Konsumtionslinie man die Steuer erhebe, um fo größer werde diese Gefahr. Er müsse erklären, daß der §. 19 der Vorlage, wonach mit dem 31. März der Bauer für die Steuer haftbar werde, ruinös für den deutschen Tabakbau sei. Allerdings kämen hier steuertehnishe Be- denken in Betracht, aber eine Geseßgebung, die aller- Os M al n Muter fue eFinanzwirthschast zu gelten pflege, die türkische bestimme, daß der Tabalkbauer die Steuer nicht entrichte. Man könne sich begnügen, die Material- kfontrole durch Verwiegen des Tabaks bei dem Bauer durc- zuführen und müsse auch in steuerfreien Lagern den Bauern die *Fermentation des Tabaks gestatten. Er komme zur Frage der Nachsteuer. Allerdings habe die Spekulation diese Ge- legenheit schr ausgenußt, alle Magazine seien voll von aus- ländischem Tabak, und die Regierung sage, sie müsse den kapitalarmen Fabrikanten {hüßen gegen Benachtheiligung durch den reichen. Viele mittlere Fabrikanten hätten ihm aber gesagt, sie wünschten, daß das Jnteresse der Regierung für fie sih in einer anderen Weise bethätigen möge, als durch
eine Nachsteuer von 37 s; darunt.r litten am meisten die kleinen Fabrikanten, die sich nicht das nöthige Geld odex die
erforderlihenBürgschaften verschaffen könnten, Allerdings würde, wenn man von der Nachsteuex absehe, dadur der schon im nächsten «zahre zu einer hohen Steuer heranzuziehende inlän- dische Tabak gegen den noch mindestens auf länger als ein Jahr hinaus steuerfreien ausländischen Tabak in eine un- günstige Lage gerathen, aber die Lage würde durch eine so hohe Nachsteuer noch viel ungünstiger werden. Bei derselben würde der Konsum sofort erheblich sinken, viele Fabrikanten würden ihren Vetrieb einstellen und ihre Arbeiter entlassen, dem inländishen Tabak würde es in Folge dessen über- haupt an Käufern fehlen. Eine Nachsteuer von. 10 44 ließe sih vielleicht diskutiren, eine von 37 sei unerträglich. Man könnte ja den inländishen Tabak für dieses Miß-=- verhältniß, so lange dieses vorausfichtlih obrwalte, durch einen Steuererlaß entschädigen. Außerdem würde eine Nachver= steuerung unendliche steuertechnische Schwierigkeiten haben und zu unzähligen Chikanen und Belästigungen des Verkehrs Ver=- anlassung geben. Also: Schaffung eines definitiven Zustandes auf dem Boden der Gewichtssteuer, Herabseßung der inlän= dischen Steuer und entsprehende Normirung des Zolls auf ausländischen Tabak, Befreiung des Bauern von der Hast= pflicht für die Steuer nach dem 31. März, Abkehnung der Lizenzsteuer und wenigstens Verminderung der Nachsteuer, das sei sein Nesumé.,
Der Abg. Kiefer wies auf die hohe Bedeutung Badens. für den deutschen Tabakbau hin und bestritt entschieden auf Grund seiner persönlichen Erfahrung, daß unter den badischen Tabakinteressenten, troßdem man ihnen goldene Berge ver- sprochen habe, eine günstigere Stimmung für das Monopol herrsche. Das sei auch im Elsaß nicht der Fall, denn unter der Herrschaft des französischen Monopols habe der dortige Tabakbau keine Fortschritte gemaht. Jn Baden sei der Tabakbau der Nahrungszweig vieler kleiner Grundbesitzer N O otte B C ee Dot eine große und ausgedehnte Hausindustrie im besten Sinne des Wortes. Diese Hausindustrie würde vollständig beseitigt und vernichtet werden; wenn die Pfälzer Bevölkerung ihre Haus- industrie verliere, müßte sie auswandern. Jn der Zeit der Raubkriege Ludwigs X1V. habe man die wandernden Bettler Pfälzer genannt, weil sehr viele aus dieser Provinz stammten 5 hoffentlih werde sih zur Zeit der Einheit des Reiches nicht etwas wiederholen, was in jener vaterlands- und \huglosen Zeit sich ereignet habe. Der Tabak könne und solle eine er- giebige Einnahmequelle für das Reich liefern, aber damit sei noch nicht gesagt, daß man dabei so ungeschickt und rüdtsichts=- los als möglich verfahren könne. Die jetzige Besteuerung sei lächerlich lein, aber es sei doch nicht gut, wenn der Reichstag {ließlih bei der Schlußabstimmung den Saal mit schallendem Gelächter verlasse; denn für die Camphausensche Vorlage finde sich doch shließlih Niemand mehr. Wenn man sich die Liste der Staaten ansche, die im Bundesrath stimmten, da müsse man sagen, daß nicht alle das Jnteresse hätten, wie Baden. Sachsen zum Beispiel produzire nur 38 Ctr., Württemberg 2100 Ctr., Baden dagegen 190 000 Ctr. Badens Jnteresse sei also ein ganz anderes; die Bedeutung Württembergs durch seine Finanzmänner und Schriftsteller dürfe man aber nicht untershäßen. Man wende nun ein, daß Carl Mathy sich für das Monopol ausgesprochen habe. Aber wann? 1866, als derselbe gesehen habe, daß die deutsche Einheit nur durch einen Kampf mit den Franzosen zu erreichen sei, die Einnah- men des Monopols wollte er zu den Rüstungen verwenden. Das Monopol würde den Tabakhandel Bremens zer- O e O O U E O heraus- gebildet habe, sonderen mit {weer rbeit q schaffen sei. Nach den Ansichten der Jnteressenten würde eine Steuer von 20 f und ein Zoll von 50 ungefähr das Richtige sein. Wenn man jeßt nah Schuß der natio- nalen Arbeit rufe, soweit die Industrie den Schuß verdiene und thn nicht für Schwindelunternehmungen haben wolle, solle derselbe «gewährt werden, aber dann solle man nicht vor den Pfälzer Bauern stehen bleiben, dann möge man ihnen einen Schuß gegen die wohlfeilen amerikanischen Fabrikate geben. Redner erklärte sich dann mit Entschiedenheit gegen die Lizenzsteuer, die ein zu großes Eindringen in die inneren Verhältnisse des Kaufmannes enthalte, die immer nothwendig ein Geheimniß bleiben müßten. Man schone die Landwirth- schaft der Pfalz, die nicht fozialdemokratisch werde, so lange man ihr diese ehrlihe und lohnende Arbeit lasse. Was die Frage der Nachsteuer angehe, so hoffe er immer noch auf eine Ausgleichung der in Rede stehenden Verhältnisse.
Nach Annahme eines Vertagungsantrages theilte der Präsident mit, daß gegenwärtig elf bereits bestehende Kom- missionen noch mit Arbeiten beschäftigt seien; dazu kämen noch zwei neue, nämlich die Zolltarif- und die Brausteuer- gesez-Kommission, und eine 14. (für das Tabaksteuergeseß} stehe noch in Aussicht; er beabsichtige deshalb vorläufig nur drei Sißungen in der Woche anzuberaumen und die übrigen Tage für die Kommissionsarbeiten freizulassen. Gegen den Vorschlag des Präsidenten, am Montag nah dem Plenum schon die Kommissionen für den Zolltarif und die Brau- steuer zu wählen, wurde Widerspruch erhoben; die Wahk wurde deshalb verschoben. Hierauf vertagte sih das Haus um 41/;, Uhr.
I 9 de Central Bts fue das Deutsche Nei ch“, herausgegeben im MReichskanzler-Amt, hat folgenden Jn= holt: Allgemeine Verwaltungssahen: Werbot zweier auéländischen Druckschristen ; — Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. — Münz- und Bankwesen; Ucbersiht über die Ausprägung von Reichs - Goldmünzen; — Goldankäufe der Reichsbank. — Zoll- und Steuerwesen: Aenderungen in dem Verzeichniß der zur Abstemvelung, von Spielkarten ermächtigten Zoll- und Steuerstellen ; — Befugnisse zweier Steuerstellen; — Aufhebung einer Orts-Cinnehmerei, S Justizwesen: Bekanntmahung in Bezug auf dea Wohrsiß ver bei dem Reich8gerichte zugelassenen Rechtsanwälte. — Heimathwesen : Er» kenntniß des Bundesamts für das Heimathwesea. — Marine und Schiffahrt: Beginn von Sceesteuermanns-Prüfungen; — Grtheilung eines Flaggenattestes, — Eisenbahnwesen: Gröffaung der Bahnstrecken. St. Cgidien-Höhltcich-Stollberg und Höhkteicl-Lugau. — Konsulat- wesen: Ernennung; — Ermächtigungen zur Vornahme von Civils ftands-Akten ; — Lodesfall.
— Nr. 31 des „Amtsblatts der veutshen Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung“ enthält: Versügungen: vom 5. Mai 1879: Behandlung der“ ungestempelten Vostkarten und der ¡Formulare zu Postanweitungen, Postpacketadressen, Postbehärdigungs- scheinen und Postaufträgen, sowie dec Telegramm-Aufgabeformulare bei den Verkehrsanstalten; — vom 3. Mai 1879: Dampsschiffvers bindung zwischen Bremerbay-.n und Havanna.